Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

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- -- ■ iimiii i| || -- 
Nr. 187. erstes Blatt. Montag den 16. August 1915. 
42. Zahrgcmg. 
Weitere Fortschritte am „Martinswerk". — Der Nurzee-Uebergaug er¬ 
zwungen. — Sine starke Vorstellung bei Nowo-Georgiewsk erstürmt. — 
Die Stratze RadZYn.Modawa überschritten. — Zusammengebrochene 
italienische Angriffe. 
- Ae »eMe« AgkMWk. 
wtb Großes H a u p t« a r t i c r, 14. August 
1915. (Aurtl. Tel.) 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
In den A r g o n n e n wurden am Martinswerk 
neue Fortschritte gemacht. Tie Zahl der Gefangenen 
stieg aus 4 Offiziere, 240 BLann. 
- Oestlicher Kriegsschauplatz. 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls 
v. Hindenburg. 
Nördlich des Njemen in der Gegend von Alc- 
so>v, Kupischlh, Weschinty und Kowarsk entwickelten 
sich neue Kämpfe. 
Bor Kowno nahmen unsere Angrissstruppen 
den befestigten Wald von Dominikanka, dabej wur¬ 
den 350 Gefangene gemacht. 
Zwischen Narew und Bug erreichten unsere Ar¬ 
meen in scharfem Nachdrängen den S l i n a- und 
N urzec - Abschnitt, an dem der Gegner zu er¬ 
neutem Widerstand Halt geniacht hat. 
Fm Norden von Nowo-Georgiewsk wurde 
rinc starke Vorstellung erstürmt. Neun 
Offiziere, 1800 Mann und 4 Maschinengewehre fie¬ 
len in unsere Hände. ch 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls 
Prinz Leopold von Bayern. 
Verbündete Truppen nähern sich dem B u g nord¬ 
östlich von S o k o l o w. 
Westlich der Linie Lo s ic c-M r e ndz h rz ec 
versuchte der Feind ourü, hartnäckige Gegenstöße dis 
kolgung zum Stehen zu bringen; alle Angriffe wur- 
, b g cs ch läge n. 
HeeresgrtMic des Generalseldmarschalls 
f v. Mackensen. 
Ter in den Kämpfer des 10. und 11. August 
gcschlaoenc Feind fand gestern nicht mehr die 
k v a st, sich den unaufhaltsam vordrängcndcn ver¬ 
bündeten Truppen zu widersetzen. Die 
Armeen überschritten in der Verfolgung die Straß«; 
Nadzhn-Dawidy-Wlodawa. 
Oberste Heeresleitung. 
Wib Großes Hauptquartier, 15. August 
1915. (Amtl.Tel.) 
W estlicher K ri c g s s ch a u p l a tz : 
In den Argonnen wurde das „Martins- 
werk" ausgebaut, 350 in ihm gefallene Franzosen 
wurden beerdigt. 
Tie rneh'ic-chk. Beschießung der Stadt M ü n st e r 
im Fcchttolc beantworteten w:r nnt einer Beschießung 
des Eiienhahnviertels von St. D'-.st Das darauf¬ 
hin aus Markirch verlegte Feuer der Feinde wurde 
üngestcllt, als sich unsere Artillerie gegen die franzö- 
ischen Nnterkunftsorte wandte. 
Oestlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalseldmarschalls 
v. Hindenburg. 
Truppen des Generals v. Below warfen die 
Nüssen in der Gegend von Kupischkh nach Nordosten 
zurück. Sic machten 4 Offiziere und 2350 Mann zu 
Gefangenen und nahmen ein Maschinengewehr. 
Ein russischer Ausfall aus Kowno wurde zn- 
riickgeschlagen, 1000 Gefangene fielen in unsere Hand. 
Unsere Angriffstruppen arbeiteten sich näher an> 
die Festung heran. 
Zwischen Narew und Bug hielten die Rus¬ 
sen tu der gestern gemeldeten Linie hartnäckig Wider¬ 
stand. Der Nurzec-Uebergänz wurde am 
späten Abend von unseren Truppen erzwungen. Die 
Armee des Generals v. Scholz wachte gestern über 
1000 Gesangene, die Armee des Generals v. Goll¬ 
witz nahm 3550 Russen gefangen (darunter 14 
Offiziere) und erbeutete 10 Maschinengewehre* Der 
Ring um N o w o-G e o r g i e w s k schließt sich cuger. 
Auf allen Fronten wurde Gelände gewonnen. 
t Heeresgruppe des Generalseldmarschalls 
Prinz Leopold von Bayern. 
Lem Vordringen der Heeresgruppe setzte der 
Feind ebenfalls zähen Widerstand entgegen. Iml 
Laufe des Tages gelang es, die feindlichen Stellun¬ 
gen bei nördlich von Losicx und halbwegs, 
zwischen Losice und Miendrzyrzcc zu durch- 
Ltnrmszenen in der französischeu Kammer. 
wtb. Paris, 14. August. HTelegr.) Wie die Blätter 
melden, haben die Kammersitzungen vom Donnerstag 
ind Freitag einen sehr bewegten Verlauf genommen. 
In der Sitzung vom Donnerstag brachte der Sozialist 
Clauffat einen Beschlutzantrag ein, der die Regierung 
aufforderte, den Besitzern landwirtschaftlicher 
Maschinen zur Vornahme landwirtschaftlicher Arbeiten 
Urlaub vom Heeresdienst zu gewähren. Beider 
Beratung des Antrages erklärte der Sozialist B r is s o n , 
,iur ein General habe in seinem Kommandobereich die 
notwendigen Matznahmen getroffen, um die Ernte zu 
retten. Dies sei der republikanische General Sarrail 
zewesen. (Bei den Sozialisten und Radikalen erhebt 
sich stürmischer Beifall. Rechts ertönen Zwischenrufe: 
Was machen sie ans der heiligen Einigkeit? Protest 
links.) Erst nachdem Kammerpräsident Deschanel ein- 
zegriffen hat, kann Brisson fortfahren: die Oberste 
Heeresleitung habe nicht dieselbe Sorge um die Ernte 
der Nation getragen wie der Republikaner Sarrail. 
'lebrigens habe er gehört und mitangesehen, wie der 
Kriegsminister den General Joffre gegen das Parlament 
aufgehetzt habe. Kriegsminister Miilerand crtiärte 
Lrisson habe geträumt, als er hörte, er sMillcrand) habe 
Joffre gegen das Parlament ansgchetzi. Die Forderungen 
■ V“ Bcfchiutzantragcs Claussat müssten mit den Fordcr- 
brechen; der Gegner weicht. Allein die Truppen des 
Generalobersten v. W o h r s ch machten vom 8. bis 
14. August 4000 Gefangene — darunter 22 Lssiziere 
— und erbeuteten 9 Maschinengewehre. 
Heeresgruppe des Generalseldmarschalls 
v. Mackensen. 
Der geschlagene Feind versuchte gestern in der 
Linie Rozanka (nördlich von Wlodawa) südwest¬ 
lich von Slawatycze-Horodycz e-M r e n - 
drzyrzec wieder Front zu machen. Unter dem 
Druck unserer sofort cinsctzcnd-n Angriffe setzte der 
Gegner seit heute früh den Rückzug fort. 
Oberste Heeresleitung. ' 
Oesterreichrsch ungarisdie Tagesberichte. 
wtb Wien, 14. August 1915. Amtlich wird ge¬ 
meldet: 
Russischer Kriegsschauplatz: - 
Die im Raume westlich des Bug vordrin- 
gcnden verbündeten Armeen trieben auch gestern in 
der Verfolgung die Nachhuten des Gegners vor sich 
her. Oeftercichifch-ungarische Kräfte haben, beider¬ 
seits der B«chn Lukow-Brest-Litowsk vorrückend, den 
Raum westlich und südlich Micdzyrzeczc er¬ 
reicht. Deutsche Truppen gewannen die liegend 
von W i s z n i c e und drangen über W l a d ö w a 
hinaus. 
Italienifcher Kriegsschauplatz: 
Gestern abend wurden an verschiedenen Stellen 
der Südwestsront feindliche Angriffe abgcwicsen; so 
im Tiroler Grenzgebiete an der Fcdaja-Siellung 
und a« Ider Bopenalinie (südlich Schluderbach), im 
Görzifchen am Monte Dri Sei BusiOnnd auf 
den Höhen östlich Monfalcone. Ucbcrall blieben die 
alten Stellungen vollständig in un¬ 
serem Besitze. Nachts fuhr einer unserer Pan- 
zerzüge bis zur Einfahrt in den Bahnhof vor 
Monfalcone Vox und beschoß feindliche Jnfan- 
terie auf den Hängen von La Rocca und Trains bei 
den Adriawerken. 
Der Stellvertreter des Chefs des Gencralstabs: 
von Hoefr.r, Feldmarschalleutnant. 
wtb Wien, 15. August 1915. Amtlich wird ge¬ 
meldet: 
Russischer Kriegsschauplatz: 
Der Gegner machte gestern an der ganzen Front 
westlich des B»g in vorbereiteten Stellungen er¬ 
neut Halt. Die Verbündeten Truppen griffe» an 
und bahnten sich an zahlreiche» Punkten den Weg 
in die feindlichen Linien. Seit heute früh 
befinden sich die R u s s e n abermals im Rück;« g. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
An der Südwestfront herrschte im allgenieinen 
eine erhöhte Gefechtstätigkeit. Im G ö r z i s ch c n 
sandte unsere Artillerie einige Bomben nach San 
Canziano, worauf der Feind ans dem Orte ftüch- 
,ete. Wir zersprengten ein-größeres italieMches' 
Lagek bei C o r m o n s. Ein schwächerer gcgncn- 
schcr Angriff bei R c d i p u g l i a wurde durch un¬ 
ser Feuer schon im Keime erstickt . Gegen den Gör- 
zcr Brückenkopf unterhielten die Italiener mäßiges 
Geschützfeuer. Im Abschnitt von T o l m c i n bis 
zum K r n setzte gestern früh nach starker Artillerie¬ 
vorbereitung ein Anrgiff beträchtlicher Krästc ein, 
der allenthalben abgc wiesen wurde. 
Auch im Gebiet von Flitsch und an der Kärntner 
Front hatten die Geschützkämpse einen größeren 
Umfang als gewöhnlich. Nachts setzte der Feind 
sein Feuer auf unsere Kampslinie am Kleinen Pal, 
Freikofel und Großen Pal heftig fort. Ei» gegen 
unsere Stellung am Kleinen Pal um Mitter¬ 
nacht unternommener Angriff brach voll¬ 
ständig zusammen. Im Tiroler Grenzgebiet 
wurden mehrere italienische Angriffe aus unsere 
Grenzstellungen westlich des Kreuzbcrges, inr Ge¬ 
biet der Rotwand-Spitze, des Bacher-Tales »nd ^der 
Dreizinuen-HLtte, abgewiesen. Auf den Plateaus 
von Lavarone und Folgaria beschoß unsere schwere 
Artillerie di« feindlichen Werke E a m p o m o l o n 
und T o r a r o mit sichtlichem Erfolg. 
Der Stellvertreter des Chefs des Gencralstabs: 
von Hoefer, Feldmarschalleutnant. 
ungen der Landesverteidigung in Uebereinstimmung ge¬ 
bracht werden, denn sonst würde die Front von tootbaten 
entblößt. In diesem Sirine werde er den Antrag aus- 
legen und anwenden. Die Kammer nahm daraus den 
Antrag an. — Der Gesetzesantrag über die Beschränkung 
des Ausschanks von Alkohol in Frankreich wurde 
an den Ausschutz zurückverwiesen. Schlietzlich nahm die 
Kammer den bereits vom Senat gebilligten Gesetzesan¬ 
trag an, durch welchen Deutsche (abgesehen von Elsaß- 
Lothringern). Oesterreicher, Ungarn und Türken während 
der Kriegsdauer nicht für die Fremdenlegion ange¬ 
worben werden dürfen und während des Krieges be¬ 
reits Angeworbene aus der Fremdenlegion entfernt 
werden können. — In der Sitzung vom Freitag richtete 
bei der Erörterung der Kredite für die Unterstaats¬ 
sekretariate des Jntcndauturwesens und des Sanitäts¬ 
wesens der Deputierte Pe yroux Angriffe gegen 
dasSanitätswesen, das besonders zu Anfang des 
Krieges äutzerst mangelhaft gewesen sei. Millionen 
seien vergeudet und die gröbsten Fehler begangen worden. 
Nach der Schlacht an der Marne wrirden die Verwunde¬ 
ten auf gut Glück sortgeschafft, die Sanitätszüge waren 
wenig zahlreich. Diese Fehler dauerten nach der Marne¬ 
schlacht fort. Die Zahl der Betten in den Lazaretten 
war um zwei Drittel zu gering, und man mutzte die 
Hotels :n den Badeorten in Anspruch nehmen. Der 
Besitzer eines solchen Lotels mit 100 Betten forderte 
450 000 Francs. (Hört, hört!) Der Redner kritisierte 
die Rekrutierung des Sanitätspersonals: Advokaten u. 
Angehörige der freien Berufe wären dazu verwendet 
worden, aber keine Heilgehilfen. An den Dardanellen 
hat das Lazarett von Mudros weder Decken, noch Wäsche, 
noch Trinkwaffer. Abg. Dr. Radare richtete darauf 
Angriffe gegen den Kriegsminister wegen des Sanitäts¬ 
dienstes in der Armeezone. Von allen Chirurgen sei 
festgestellt worden, dah in den Divisionsambulanzen 
Mangel an Material und kompetenten Aerzten herrsche. 
Die Ambulanzen seien viel zu nahe an der Feuerzone. 
In den Kämpfen bei Arras im Mai sei eine einzige 
Ambulanz tätig gewesen, welche 792 Verwundete ge¬ 
pflegt habe. Die übrigen Verwundeten der betreffenden 
Division hätten nicht verpflegt werden können. Die 
fragliche Ambulanz sei 14 Tage lang starkem Artillerie¬ 
feuer ausgesetzt gewesen. Die Verantwortung trage der 
Kriegsminister, welcher sich hinter den Entscheidungen 
der beratenden Oberkommission verschanze. Jedes¬ 
mal, wenn die Kommission für Hygiene sich^ an 
die Front begeben wollte, um zu sehen, wie der Sani¬ 
tätsdienst funktioniert, habe der Kriegsminister ihr 
etwas in den Weg gelegt." Abg. Jobert: „Darin 
besteht das gewöhnliche Verfahren des Kricgsministers." 
Na wäre: „Natürlich ist das seine Art. Man braucht 
sich da gar nichts vorzumachen. Herr Millcrand hat 
im Senat von den Ersatzärzten in Ausdrücken gesprochen, 
datz ich nicht wertz. ob ich ihn der Unwissenheit oder der 
Ungerechtigkeit anklagen soll." Lärm in der Mitte. 
Der Deputierte Moutet ruft, er habe dem Kriegs¬ 
minister drei Aerzte angegeben, die nicht in den 
Sanitätsdienst eingestellt worden seien. Ter Deputierte 
Boussenot erwidert, inan habe sie nicht eingestellt, 
da sic nicht gedient hätten. Moutet und Boussenot ge¬ 
raten in einen heftigen Wortwechsel. Als letzterer 
seinem Kollegen Schimpfworte zuruft, stürzt sich 
dieser wutentbrannt auf ihn. Deputierte können nur 
mit Mühe verhindern, datz cs zu einem Handgemenge 
kommt. Es herrscht großer Tumult. Rufe ertönen: 
Man mutz Dienstrang besitzen, um operieren zu dürfen. 
Na Ware ruft, man habe zu lange geschwiegen. Die 
„heilige Einigkeit" könne die Unzulänglichkeit des 
Sanitätswesens nicht zudecken. Erneuter Lärm. 
Die Rechte protestiert, die Linke klapp ert mitPult- 
deckeln. Deschanel kann den Tumult erst beschwichtigen, 
als er die Männer bittet, derer zu gedenken, die 
kämpfen oder gefallen siiid. Naware ivill fortfahren, 
kann sich aber, da der Lärm von neuem aus¬ 
bricht, nicht verständlich machen. Die Sitzung wird 
eine halbe Stunde unterbrochen. Bei Wiederbeginn 
fordert der Deputierte Lenoir Vertagung auf den 
20. August. Der Antrag wird unter lebhafter Unruhe 
angenommen. 
wtb. Paris, 14. Aug. 1915. Auf der Tages¬ 
ordnung des heutigen Ministerrats stand die 
durch die fortgesetzte schroff regierungsfeindliche 
Haltung der Mehrheitsgruppen von Kammer 
und Senat geschaffene kritische innere Lage. 
Mittelsmänner sind bemüht, den Anfang der Krisis 
einzudämmcn und zu erreichen, daß Viviani mit der 
Umbildung des Kabinetts betraut werde. Einzelne 
Blätter zielen auf eine gleichzeitige Veränderung in 
der Obersten Heeresleitung ab, namentlich 
Herde in der „Guerre Sociale" der noch weit stärker 
als Clcmenceau dem Mißvergnügen der Bevölkerung 
mit den bisherigen Kriegsmethoden und deren unbe¬ 
friedigten Ergebnissen Ausdruck gibt. — „Petit 
Parisien" berichtet, daß zwischen Delegierten der 
radikal-sozialistischen Gruppe Viviani eine 
Besprechung stattgefunden hat, in der die Delegierten 
namens ihrer Gruppe erklärten, das Unbehagen, 
welches seit langem bestehe, könne nicht weiter¬ 
dauern. Die Gruppe sei der Ansicht, daß dieses 
Unbehagen nur durch den Rücktritt Millerands 
oder besser des ganzen Kabinetts beendet werden 
könne. Tic Gruppe habe die verschiedenen Fragen 
erörtert und wünsche Aufklärungen' über gewisse 
Punkte sowie über die Absichten der Regierung be¬ 
züglich eines Punktes, welcher die Gruppe von der 
Regierung trenne. Biviani erklärte, er werde den 
Ministerrat zu Rate ziehen. Tie Gruppe nahm von 
der Antworts Vivianis Kenntnis und beschloß, noch- 
als zusammenzutreten, um die Antwort der Re- 
.erung entgegenzunehmen. Inzwischen wurden die¬ 
jenigen Grnppenmitglieder, welche Mitglieder des 
Kabinetts sind, von der Gruppe über die Unter¬ 
redung mit Viviani und über die Ansichten der 
Gruppe iu Kenntnis gesetzt. (Worin die Meinungs¬ 
verschiedenheit zwischen der Gruppe und der Re¬ 
gierung besteht, gibt das Blatt in seinem Bericht 
nicht an.) 
8er Kries im MM. 
Amtliche französische Berichte. 
wtb Paris, 14. August 1915. Amtlicher Bericht von 
Freitag nachmittag: Im Artois wurde ein deutscher 
Angriffsversuch nördlich des Schlosses Carleul leicht an¬ 
gehalten. In den Argonnen erneuerten die Deutschen 
gestern am späten Nachmittage ihre Angriffe im Abschnitte 
zwischen der Stratze Binarville-Viennele-Chäteau und 
der Schlucht von La Houyette. Sie wurden nach sehr 
lebhaftem Kampfe mit Handgranaten und Petarden 
zurückgeworsen. An der übrigen Front ist nichts zu 
melden. — Abendbericht: Der Tag war verhältnismätzig 
ruhig. Im Gebiete von Nieuport wurde ein deutscher 
Angriffsversuch durch unser Feuer zurückgeworfen. Aus 
der übrigen Front nichts zu melden, außer Artillerie¬ 
aktionen im Artois und in den Argonnen, wo die Ka¬ 
nonade von einem Kampf mit Handgranaten und Pe¬ 
tarden begleitet war. 
wit>. Paris, 15. August 1915. Amtlicher Bericht von 
Samstag Nachmittag: 
Im Artois nördlich des Schlosses von Carlcul und 
den Bahnhof von Souchez Kampf mit Petarden und 
Granaten. In den Argonnen wurden Angriffe des 
Feindes im Abschnitt von Marie Therese, durch unser 
Feuer zurückgeworsen. — An den Dardanellen 
führten englische Truppen ihre^ Landung mit Erfolg im 
Gebiet der Swabucht durch. Sic erzielten Fortschritte 
weiter südlich im Gebiet von Kaba Tepe, wo cs ihnen 
nach heftigem Kampfe gelang, auf den Höhen des Sa¬ 
rah Basr Massivs Futz zu fassen, über 650 Gesangene 
zu machen und sich 29 Maschinengewehre zu bemäch¬ 
tigen. Im Süden der Halbinsel mißlangen sämtliche 
türkischen Versuche, unsere Linien einzudrücken. Wir 
erzielten am 7. August leichte Fortschritte. — Abend¬ 
bericht: An der Dser Artilleriekämpfe vor Lombardzyde, 
St. Georges, Boesinghe und Woestey.^ festlich der 
Stratze nach Lille zerstörten wir durrch Minen die 
vordersten Schanzarbeiten des Feindes. Zwischen Mon- 
chy und Ransart flog ein Munitionslager in die Luft. 
Nördlich Laffigny bombardierten wir die deutschen Stel¬ 
lungen am Rolandsturm. Heftige Kanonade in den 
Argonnen und in den Vogesen. 
Joffres sinkender Stern- 
Der oft als unfehlbar bevorstehend angekündiotc 
und immer wieder ausgcbliebene Erfolg der fran¬ 
zösischen Offensivversuche hat iu Frankreich unver¬ 
kennbar Mißtrauen gegen den Generalissimus Joffre 
hervorgerufen. Der Führer dieser Kritiker an der 
bisherigen Kriegsführung ist Clemenceau. Er weist 
in einen: Leitartikel seines Blattes mit patriotischer 
Beklemmung ans eine Reihe von Enttäuschungen in 
den wichstgsten Abschnitten wie Argonnen, Cham¬ 
pagne, Woevrc und Artois hin und bedauert, daß der 
Gesamtbctricb infolge der Lockerung der Haupt¬ 
schraube ins Stocken'geraten sst. Er fordert ern Ja 
oder Nein auf die Frage, ob Joffre den bisherigen 
Kricgsplan durch einen besseren ersetzen kann. Diese 
auf allen Lippen schwebende Frage nmsse jede Persön¬ 
liche Rückst«cht in den Hintergrund drängen. Joffres 
Ansehen sinkt, der Glaube au sciue strategische Knust 
beginnt zu wanken. 
Der amtliche englische Bericht über den letzten 
Zeppelin-Angriff. 
wtb London, 14. August 1915. Ter „Presse-, 
bureau" meldet, daß iu der letzten stlacht zwei 
Zeppeline die Ostküste besuchten und Bomben ab¬ 
warfen. sechs Personen seien getötet, drciundzwanzig 
verwundet worden. Wahrscheinlich wurde ein Zep¬ 
pelin beschädigt. 
Der amtliche englische Bericht sagt vorsichtiger¬ 
weise „wahrscheinlich". Aber auch so enthält er 
seine Unrichtigkeit. Der amtliche deutsche! Bericht 
stellt fest, daß sämtliche Zeppeline unbeschädigt 
zurückgekchrt sind. 
■wib. London, 14. August 1915. Vermutlich in¬ 
folge der letzteren Luftangriffe ist eine neue Ber- 
ügung erlassen, welche die Beleuchtung von 
London weiter einschränkt. 
Ein englisches Blatt über die schlechte militärische 
Lage. 
wtb London, 15. Aug. 1915. Die „Mornrng Post" 
schreibt m einem Leitartikel: Gewisse Leute machen 
verzweifelte Anstrengungen, ::,n den: Publikum die 
einfache Wahrheit über die n:ilitärische Lage 
zu verbergen. Täglich sicht man Zeitungspla¬ 
kate mit Angaben über die ungeheuren deutschen 
Verluste oder mit der Ankündigung, daß Hinden¬ 
burg zurückgcschlag» sei usw. Die einfache Wahrheit 
ist, daß die Russen seit Monaten Rück¬ 
zugsgefechte liefern, aus allen vorgeschobe¬ 
nen Stellungen verdrängt wurden, und mehrere 
große Städte, sowie ein sehr wichtiges Eisebähnsystcm 
dem Feinde überlassen habe::. Sie fallen jetzt auf 
eine vorbereitete Stellung zurück, die durch eine böchst 
gefährliche Bewegung bedroht ist; irgend welche Vor¬ 
wärtsbewegung ist für lange Zeit nicht anzunehmen. 
Unser guter Verbündeter hat schrecklich gelitten. 
England könnte sich, wenn es allein stände, auf 
den langsamen Druck der Flotte verlasse::, aber an¬ 
dere Faktoren sind da: Frankreich leidet furcht¬ 
bar, Belgien ist in den Staub getreten, Ru߬ 
land schwer geschlagen, Serbien vertedigt sich 
verzweifelt und erwartet einen neuen Angriff. Unter 
diesen Umständen muß England alle Kraft im Krieg 
einsctzen. 
Der MelM mm EnM 
Der U-Boot-Krieg. 
wtb London, 14. Aug. 1915. Meldung des Rew 
terschen Bureaus: Der Dampfer „Osprev" aus 
Liverpool wurde versenkt. Tie Besatzung 
wurde gelandet. „Lloyds" meldet, daß der Fisch- 
dampfcr „Humphrey" v e r s e::k t wurde. Die Be¬ 
satzung ist gerettet. „Humphrey" ist von einem 
Flugzeug vernichtet worden. 
wist London, 14. Aug. 1915. Wie „Lloyds" mel¬ 
det, wurden der britische Dampfer „E a i r o" aus 
Glasgow ::. das Fischerfahrzeug „A m c t h y st" ver¬ 
senkt. Die Besatzungen wurden gerettet. 
wtb Berlin, 14. Aug. 1915. Die „B. Z." mel¬ 
det aus Zürich: Eine Firma in Livorno erhielt die 
Mitteilung, daß in der Nähe von Larsick die laut- 
Vfer „Prince Albert" und „Prinzessin Niarie Jose" 
der belgisckicn Companie Oceaniquc torpediert 
wurden. Heber das Schicksal der Besatzung ist nichts 
bekannt, (ctr. bln.) 
wtd London, 14. Aug. 1915. Der englisch» 
F i s ch s a n g ist in den 7 Monaten von Januar 
bis Juli fast unr die Hälfe zurückgegangen. 
wtb London, 15. August 1915. Lloyds ineldct: 
Der britische Dantpfex „P r i n c eß Carolin e" 
(888 Tonnen) ist g e s u n k e n. 15 Mann der Be¬ 
satzung wurden gelandet, vier kamen um. Der eng¬ 
lische Trawler „G lo r i a" (264 Tonnen) ist eben¬ 
falls versenkt worden. Tic Besatzung wurde 
gerettet. 
wtb Lyon, 15. Aug. 1915. Wie „Nouvelliste 
aus Nantes erfährt, ist der Recdcrvcrband von Nan¬ 
tes telegraphisch benachrichtigt worden, daß der 
Dreimaster „Francois" im Süden von Island 
von einem deutschen Unterseeboot torpediert 
und versenkt worbe» ist. 
Kristiania. 15. August 1915. Laut Bergener 
Blätter melden russisch: Passagiere aus der„I r i s", 
daß das Schiff vorgestern "tm» einen: Uutersee- 
boot angehalten wurde. Der russisck>e Konsul in 
Bergen erklärt, daß der Kapitän des Unterseebootes 
die russische Paketpost über Bord werfen ließ und 
die Briefpost für das russische Auswätige- Amt mit¬ 
genommen habe. „Morgcnbladet" bezeichnet diese 
Meldung als h a l t l o s , da der Offizier die Briest 
i
	        
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