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nt 6. Moroen-busoabe.
Donnerstag äen 2h Januar 1915.
Ler deutsche Tagesbericht,
vlb Großes Hauptquartier, 20. Jan.
1915, vormittags. (Amtliches Telegramm.)
Westlicher Kriegsschauplatz:
Im Abschnitt zwischen Küste und Lhs
fanden nur Artilleriekämpfe statt.
Bei Notre Dame de Lorette, nord¬
westlich Arras, wurde dem Feinde ein
200 Meter langer Schützengraben
entrissen, dabei sind zwei Maschinen¬
gewehre erbeutet und einige Ge¬
fangene gemacht.
In den Argon neu nahmen unsere
Truppen einige feindliche Schützen¬
gräben. An einer Stelle betrug unser
Geländegewinn der letzte» Tagen wieder
500 Meter.
Im Walde nördlich Sennheim
schritt unser Angriff gut fort. Der
Hirz-Stein wurde genommen, zwei
Offiziere, vierzig Alpenjäger wurden ge¬
fangen genommen.
Oestlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage im Osien ist unverändert.
Oberste Heeresleitung.
Ber Kries im Mn.
LuWWM auf Die MlW We.
wtb. Berlin, 20. Jan. 1915. (Amtl.
Tel.) In der Nacht vom 19. zum 20. Jan.
haben Marine-Luftschiffe einen An¬
griff gegen befestigte Plätze an der
englischen Küste mit Erfolg unter¬
nommen. Hierbei wurden bei nebeligem
Wetter und Regen mehrfach Bom ben
geworfen.
Die Luftschiffe wurden beschoffen, sind
aber unversehrt zu rückgekehrt.
Der stellvertret. Chef des Admiralstabs: Behncke.
Nachdem gestern gemeldet war, daß von der west¬
friesischen Insel Ameland aus zwei deutsche Luft¬
schiffe wcstwärls fahrend gesehen worden sind, konnte
man erwarten, baÜ> etwas über einen Luftangriff
gegen die englische Küste zu vernehmen. Nach einer
Amsterdamer Meldung aus Terschelling, einer
Ameland benachbarten Insel, sind nicht zwei, son¬
dern drei deutsche Luftschiffe am Dienstag mittag
dort durchgekcmmen. Wo sie an der englischen Küste
ihre Bomben abgeworfen und welche Erfolge sie er¬
zielt haben, wird man wohl noch erfahren. Wenn
das nebelige Wetter das überflogene Gebiet dem
Blick von oben nicht allzusehr entzogen hat, haben
die Luftschiffe sich jedenfalls in einer Weise betäti¬
gen können, daß den Engländern ein heilsamer
Schrecken in die Glieder gefahren ist.
Die Angst vor den Zeppelinen.
Die Furcht vor einem Luftangriff von Zeppelin¬
kreuzern und Flugzeugen hat in den Hauptstädten Eng¬
lands und Frankreichs zu komplizierten Vorsichtsma߬
nahmen geführt. Es wird darüber berichtet:
:: London, 20. Jan. 1015. Die Polizei erhielt fol¬
gende Instruktionen für den Fall eines Luftangriffs:
Jeder Schutzmann, der Zeuge einer Bombenexplosion
ist, hat sofort das Alarmzeichen zu geben und, wenn
nötig, die Feuerwehr zu rufen, sowie möglichst rasch die
nächste Polizeistation zu verständigen, die ihrerseits die
Meldung an die andern Polizeistationen, die Haupt¬
station und durch diese an die Admiralität und das
Kriegsamt weiterzugeben hat. Diese sorgt für die wei¬
teste Verbreitung des Alarms. Im Falle eines Alarms
werden Repetierpistolen an die Schutzleute verteilt.
:: Gens, 20. Jan. 1015. Die Flüge der Zeppeline
und die kühnen Taten der deutschen Flieger haben den
Militärgouverneur von Paris veranlaßt, die umfassend¬
sten Abwehrmaßregeln zu treffen. 550 Flugappa¬
rate versehen den Bewach ungsdien st. Sie
find jeden Augenblick zur Verfolgung feindlicher Flie¬
ger bereit. Jeder Fliegerposten ist telephonisch mit einer
Schützengrabenlinie an der Front verbunden, und jedes
Passieren eines feindlichen Fliegers wird von dort um¬
gehend signalisiert. In der Nacht wird der Horizont
von großen elektrischen Scheinwerfern abgeleuchtet, die
an verschiedenen Punkten aufgestellt wurden. Aus
Gründen der Sicherheit hat man dagegen auf dem
Eiffelturm keine Scheinwerfer aufgestellt. Tie Flieger,
die Paris bewachen, unternehmen auch nachts ErLrn-
digungs- und Uebungsausflüge. Fortwährend denkt man
in Paris an die Zeppeline. Sie bilden eine unbekannte
Gefahr für die Bevölkerung. Für den Fall eines An¬
griffs dieser Lufiungeheuer auf Paris haben alle Flie¬
ger des Abwchrdienstes genaue Instruktionen erhallen.
Sie sollen sich über die Zeppeline erheben und stch mit
rhren Flugzeugen auf diese niederfallen lassen.
Eine intereffante Enthüllung.
Bon der Erkenntnis, daß Frankreich in dem ver¬
zweifelten Kriege gegen Deutschland eher Englands
Geschäfte besorgt als seinen eigenen Vorteil wahrt,
scheinen sich nach und nach weitere fran ösische
Kreise durchdrrngen zu lassen. Schon wird öffent¬
lich erörtert, welchen wirtschaftlichen Vorteil Eng¬
land bereits auf Kosten Frankreichs ernte, und von
da bis zu einem an die Wurzel der Tinge gehenden
Warum? und Wie lange noch? ist es bei den schon
so weit in der Erkenntnis Vorgedrungenen nicht
mehr zn weit. Und wenn sic erst alles wüßten!
Einen merkwürdigen Blick hinter die englisch-
französischen Kulissen gewährt der Schluß
eines Brieses aus Spanien, den die „Kölnische Zei¬
tung" veröffentlicht. Der Bericherstatter gibt da
Kenntnis von einem Vorgänge, der sich Anfang
September beim deutschen Vorstöße gegen Pa¬
ris ereignete und trotz ängstlicher Verheimlichung
zur Kenntnis beschränkter Kreise gelangt ist. Man
liest da:
Damals hatte Frankreich aufrichtige Frie¬
denswünsche und beauftragte einen Diploma¬
ten einer neutralen Macht, in diesem Sinne
vorbereitende Anträge in die Wege zu leiten. Jener
Diplomat, der vordem in London tätig gewesen
war irnd dort um den Finger gewickelt wurde, hatte un-
begreiflicherwcise nichts Eiligeres zu tun, als dem eng¬
lischen Botschafter in Paris fein Geheim¬
nis zu verraten, das in London eine ungeheure
Aufregung Hervorriff. Kitchener wurde nach Frankreich
geschickt und entriß der Pariser Regierung unter der
Drohung einer sofortigen B e s ch i e tz u n g der
französischen Küste den bekannten Vertrag, nur
im Einverständnis mit England Frieden zu schließen.
Jener hohe Diplomat mußte gehen. Frankreich aber,
das stolze Land einer wohlbewaffneten Deinokratie,
mußte sich dazu erniedrigen für die englischen
Rüstungslords unter Einschüchterungen ferne Va-
sallendienste fortsetzen, an denen es allmäh¬
lich verblutet.
Die Mitteilung wird unter Berufung auf einen
offenbar damals in Paris täftgen Diplomaten einer
vermutlich nicht unbedeutenden neutralen Macht
mit einer Bestimmtheit vorgetragen, daß man sie nicht
übersehen kann. Mag sich auch seit jenem Zeit¬
punkte der französischen Bedrängnis im Felde eini¬
ges geändert haben, von der Drohung Englands
her, die Frankreich nötigte, den Soldaten Englands
zu spielen, muß ein Stachel in der französischen
Brust zurückgeblieben sein, und dieser Stachel muß
sich je länger desto mehr fühlbarer machen.
Der französische Bericht.
wtb Paris, 10. Jan. 1918. Der Bericht von Diens¬
tag nachmittag 3.30 Uhr lautet: In Belgien Schnee-
sturm und zuweilen aussetzende Kanonade. Es schneite
ebenfalls in der Gegend von Arras. wo unsere schwere
Artillerie wiederholt die feindlichen Batterien zum
Schweigen brachte. Wie gestern gesagt wurde, wickelte
sich in La B o i s e l l e S eine ziemlich heftige Aktion ab.
woselbst wir infolge einer Feuersbrunst in der Nacht
vom 17. zum 18. Januar unsere Stellungen räumen
mußten. Wir besetzten sie wieder am 18. Januar bei
Tagesanbruch. (Der deutsche amtliche Bericht vom 18. ds.
Mts. hat demgegenüber festgestellt, daß die Franzosen,
die sich im Kirchhof und im Gehöft südwestl. La Boiselles
um zweiten Male festgesetzt hatten, herausgeworfen war¬
en feien.) Der Feind hat auf diesem Teile der Front
seine Angriffe nicht erneuert. Im Abschnitt von S o i s.
sonS war die Beschießung von St. Paul in der Nacht
vom 17. zum 18. Januar von keinem Jnfanteriefeuer
gefolgt, und der Tag des 18. Januar war von einer
absoluten Ruhe. Im Tale der Aisne im Osten von
Soifsons und im Abschnitt von Reims Artilleriekämpfe.
Nördlich von Pont-ä-Mousson nahmen wir ein
neues Werk im Walde von Le Pretre, wo wir jetzt 500
Meter deutscher Schützengräben besetzt haben. In den
Vogesen Schneesturm und Kanonade, besonders im
Bande-Sept und im Abschnitt von Thann. — 11 Uhr
abends: Es ist kein besonderer Vorfall zu melden.
Das Leben in Reims.
Aus Genf wird dem „Berl. Tagebl." gemeldet:
lieber das Leben in Reims, das gänzlich unter dem
Feuer der deutschen Artillerie steht, berichten die
französischen Blätter: Im ganzen haben die Deut¬
schen dieselben Stellungen inne, wie vor vier Mo¬
naten. Sie beschreiben einen kreisförmigen Bogen,
der sich von Cronch bis Prunah über die Höhen von
Brimont. Fresnes, Berrv und Nogent l'Äbessc er¬
streckt. Das wirtschaftliche, finanzielle und Han¬
delsleben in Reims ist g l e i ch null. Die Banken
sind geschlossen, die Gerichte beschäftigungslos.
Reims ist ohne Licht, ohne Gas und ohne Elektrizi¬
tät. Mit seinen verlassenen Straßen, den geschlos¬
senen Läden und in der gespensterhaften Finsternis
macht es einen schrecklichen, öden, ver¬
lassenen Eindruck, (ctr. bln.)
Soifsons als Vorspiel.
wtb Bern, 19. Jan. 1918. Der „Bund" wrvft zur
Kriegslage die Frage auf, ob es sich bei den K ä m p f e n
bei Soifsons um die Offensive der Franzosen
gehandelt habe, die tunlichst gefördert und ausgenutzt
werden sollte, um den Generalangriff vorzubereiten, oder
nur um die Sicherung der Position von
Soifsons. Das Blatt nimmt aber dann nach der letz¬
ten Klarstellung an, daß General Maunnoury in Aus¬
führung der Direktive vom 17. Dezember, die wahrschein¬
lich von militärischen und auch politischen Erwägungen
diktiert war, in seinem Abschnitte die Offensive ein¬
geleitet hat. Bezüglich der Kräftcfrage meint der
„Bund": Wenn, wie die Franzosen melden, nur drei
Brigaden beteiligt waren, dann hätte Maunnoury
den Angriff mit ganz unzureickendcn Kräften unter¬
nommen, und man müsse wiederum fragen, wo denn
die Reserven waren, um dem Angriffe den nötigen Rück¬
halt zu geben, von der rückwärts bereitstehenden Armee
ganz zu schweigen. Wir glauben daher nicht an diese
drei Brigaden, sondern halten die von der deutschen
Seite mttgeteilten Ziffern für richtiger und kommen so
auf mindestens die doppelte Truppen-
lärke. Tie Lage der Franzosen bei Soifsons hat sich
ehr zu ihren Ill-gunsten verickwben, weil sie fast alles
Terrain nördlich des Flusses verloren hoben. Wenn die
Franzosen nicht trachten, um jeden Preis das N o r d -
ufer wiederzugewinncn. wird hier mit einer
bleibenden Verschlechterunng ihrer Lage zu
rechnen sein, die sich auf der ganzen A i s n e f r o n t
fühlbar machen muß.
Der Kaiser und der Sieg bei Soifsons.
Der sonst ni Köln als Geistlicher amtierende
Graf S p e e erklär! in dorthin gelangten Mittei¬
lungen aus dem Großen Hauptquartier, daß er dem
Kailcr das ncucrbuute erste Kapelle iau' ein o--
bil gezeigt und mit dem Monarchen gefrühstückt
habe. Der Graf versicherte, dem Kaiser gehe cs
sehr gut, und er empfiirde große Freude über
den Sieg bei Soifsons. Es sei gar nicht
zu beschreiben, von welchem Mute die deutschen
Truppen beseelt seien, (ctr. bln.)
Die Drückeberger in Frankreich.
wtb Lhon, 19. Jan. 1915. Der „Prcogies de
Lyon" meldet aus St. Elienne: Eine amtliche Be¬
kanntmachung des Loire-Präfeften erklärt, die Mili-
tärbehöiden seien entschlossen, den Mißbrauch aözu
stellen, den gewisse zu den Waffen einberusene
Leute betrieben, indem sie sich ungerechtfertigt von
dem Frontdienst zurück st eilen und in Fabri¬
ken und Werkstätten einstellen ließen, in denen für
Armeczwecke gearbeitet wird, unter der Angabe, sie
übten einen Beruf oder ein Handwerk aus, das sie
in Wirklichkeit nie ausgeübt haben. Die Bekannt¬
machung fügt hinzu, es bedürfe hoffentlich nur des
Hinweises, "um die Drückeberger zu veran-
lasien, sich sofort zum Frontdienst zu melden.
Landesverräter aus Friedenssehnsucht.
Ein Münchener Künstler teilt von der Front aus
Nordfrankreich folgende Episode mit: Vor einigen
Tagen erschien der Bürgermeister einer von uns besetz¬
ten Ortschaft mit genauer Skizze von Häusern und allem
Wissenswerten einer Ortschaft, um die wir schon lange
kämpften, und übergab die Skizze mit dem Bemerken,
daß sich alle Bewohner (Franzosen) freuten, wenn
es vorwärts ginge, damit der Krieg ein Ende
nähme. Ich selbst habe die Zeichnung zum Stabe eines
Infanterieregiments bringen müssen und habe sie mir
auch angesehen, (ctr. bln.)
Der Kries Segen Ranlaal
Der österreichische Tagesbericht.
wtb Wien, 20. Jan. 1915. Amtlich wird ge¬
meldet: 20. Januar 1915. Die allgemeine Lage ist
unverändert. An der Front in Polen fanden,
abgesehen von Patrouilleng. fechten, nur Artillerie¬
kämpfe statt. — Am Dunajec beschoß unsere Ar¬
tillerie mit Erfolg Abschnitte der feindlichen Jn-
fanterielinien und erzwang die R ä u m u n g eines
stark besetzten Meierhofes. Eine eigene Abteilung
drang bis an den Fluß vor, brachte dem Gegner
mehrere h u n de r t Mann V e r l n st e bei und
zerstörte noch die vom Feinde eingebaute
Kriegsbrücke über den Dunajec. — In den
Karpathen nur unbedeutende Gefecht?.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs,
v. H o e f e r, Feldmarschalleuinant.
Das Elend in Russisch-Polen.
wtb Kopenhagen, 20. Jan. 1915. „Warschawski
Dnewnik" meldet, daß Blonje von den Einwoh¬
nern verlassen sei und in der Umgebung der Stadt
schreckliches Elend herrsche. Die Stadt selbst
biete ein trauriges Bild. Der stellvertretende Gou¬
verneur van Warschau, Gresser, und Medizinalin¬
spektor Brand begaben sich nach Blonje, um sich mit
dem Eharafter der unter der Bevölkerung aufge-
tretenen Magenkrankheiten bekannt zu machen.
(Hungertyphus?). Sie stellten aber fest, daß keine
Gefahr vorliege.
Bevorstehender RüFzirg
der Russen in Südpolen?
Auch aus London wird jetzt, dem „Berl. Tgbl."
zufolge, gemeldet, man fürchte, die Russen wer¬
den in Eüdpolen wiederum 40 Kilometer zu¬
rückweichen, und zwar auf der Linie Radom-
Opatow, östlich der Lysa-Gora. Die Vorbereitungen
dazu seien getroffen, (ctr. bln.)
Die glänzende Verteidigung von Przemysl.
„Pesti Naplo" teilt der „D. Tgzrg." zufolge mit,
daß er von einem ungarischen Fliegeroffizier, der
am 10. Januar wieder nach Przemysl flog, folgen¬
des erfahren habe: Die Russen haben Teile
ihrer Einschließungsarmee zurückge¬
zogen. Ihre Unternehmungslust gegen die Fe¬
stung ist sehr abgeslaut. Dagegen erringen die Be¬
lagerten bei ihren Ausfällen stets große Er¬
folge. Sie beunruhigen und schwächen den Feind
ohne Unterlaß.. So unternahmen sie einen Aus¬
fall in der Richtung auf Dyrnow, brachten den
Russen nicht nur eine schwere Niederlage
bei, sondern nahmen ihnen auch 1200 Gefan¬
gene ab, die sie in die Festung einlieferten. Außer¬
dem erbeuteten sie die Ausrüstung einer gan en
Kompagnie russischer Pioniere. Bei ihren Ausfäl¬
len pflegen die Belagerten auch in der Regel mas¬
senhaft Waffen und Munition zu erbeuten?
(ctr. bln.)
Drei rn'fische Regimenter ausgerieben.
Von ihren: zum westgalizischen Kriegsschauplätze
entsandten Berichterstatter E. Lennhoff erhält die ,B.
Z. a. Mff folgenden Drahiber . über die Aufrei¬
bung dreier russischer Regimenter bei Zakliezhn:
Ueber die Kämpfe bei Zakliczyn erfahre ich noch
folgende Einzelheiten: Tie Russen hielten die dortigen
Stellungen für einen der Hauptstützpunkte der ganzen
Front. Sie griffen deshalb unermüdlich immer wieder
an. Besonders war es ihnen um eine Höhe zu tun.
zu deren Eroberung ein Waldraum durchschritten werden
mutzte. Unsere Truppen erhielten davon Kenntnis, daß
nach mehrtägigen vergeblichen Angriffen zu einer be¬
stimmten Nachtstunde ein entscheidender Sturm
dreier russischer Regimenter erfolgen sollte. Der Ar¬
tilleriekommandant ließ nun die gesamte verfügbare
Artille-i? sich auf den Waldraum einschiet-en und
42. Zahrgang.
eröffnete auf diesen ein derartig vernichtendes
Feuer, daß die drei russischen Regimenter f a st v ö l,
lig aufgerieben wurden. Allein von einem Ba
taillon fielen vier Kompagnieführer, (ctr. bln.)
Pessimismus in Petersburg.
wtb Petersburg, 19. Jan. 1915. Der Militärkritiker
der „Nowoje Wrcmja" veröffentlicht über die Kriegslage
folgende Betrachtungen: Eine Aenderung der Taktik der
Deutschen in Polen ist vorauszusehen, da sie wahrschein¬
lich alle Mittel versuchen werden, um das Schützengra.
bensystem wie in Flandern zu verhindern. Es ist jedoch
grundfalsch, annehmen zu wollen, daß die Deut¬
schen an den Rückzug denken. Ohne irgendeinen be.
sonderen Grund werden die Deutschen sicherlich nicht ihre
starken und von mächtiger Artillerie unterstützten Stell
lnugen aufgeben, zumal sie auf dem rechten Flügel in
andauernder Fühlung mit den Oesterreichern sich befin¬
den, und hier jeglicher Unterstützung sicher sind. Die
Stellungen sind so stark, daß die Deutschen,
selbst wenn sie ihre Offensive aufgeben, hier zur Not
auch eine Schlacht «nehmen können, wenn sie ihnen rus«
sischerseits angeboten wird. Es ist jedoch aber nicht ein¬
mal wahrscheinlich, daß die Deutschen ihre Offensive ein¬
stellen werden. Wir glauben im Gegenteil, daß die
deutsch-österreichischen Streitkräfte in allernächster Zu¬
kunft aus ihrer verhältnismäßigen Ruhe herausgehen
werden, und daß uns eine allgemeine Vorwärtsbe¬
wegung auf der ganzen Front bevorsteht.
Eine rusiische Fürstin über Rußlands Schicksal.
Der Brref einer Fürstin aus der höchsten russischen
Aristokratie und Verwandtschaft des Zaren ist einem
Freund der „Münchener Post" zur Einsicht überlassen
worden. Das umfangreiche Schreiben ist am 1. Dezem¬
ber abgeschlossen und über Rom nach Deutschland ge¬
kommen. Die Fürstin schreibt, daß die russischen
V e r l u st e in ihren Kreisen bis Ende November und
nach Angaben des Kriegsministers auf 500 000 Tote
und 1 300 000 Kranke und Verwundete ge¬
schätzt worden seien, und daß deshalb tiefe Trauer in
allen Schichten der Bevölkerung herrsche. Ueber die Zahl
der Gefangenen würden gar keine bestimmten Angaben
gemacht. In den nicht zum engeren Zirkel des Zaren ge¬
hörenden Adelskreisen werde die Beteiligung am Kriege
als Rußlands Unglück bezeichnet, und Verwandte
des Zaren, vor allem Großfürstinnen deutscher Abkunft,
die schon vor dem Kriegsausbruch den Einfluß des Gro߬
fürsten Nikolai Nikolajewitsch brechen wollten, trachteten
trotz schlimmer persönlicher Kränkungen neuerdings da¬
nach. Bei P o i n c a r e § und Vivianis Peters¬
burger Besuch sei die Entscheidung gefal.
len. Sie sei nach den Absichten der Kriegspartei von
tswolrki und Benckendorff vorbereitet worden. Dieser
ibe damals aus London berichtet, daß Englands Ver¬
bindung mit Belgien, Portugal und Japan jedes Risiko
ausschlretze. Einen Haupttrumpf beim Zaren habe der
Großfürst mit der angeblichen Versicherung BivianiS
auSgespielt, daß er mit Ausnahme von Jaures die ganze
Sozialdemokratie geschlossen hinter sich habe, und er da¬
für garantiere, daß alle revolutionären Ele¬
mente in Rußland während des Krieges ruhig
bleiben würden. Die Rüstungen mit den franzö¬
sischen Milliarden seien unter ausländischer Kontrolle er¬
folgt zur Beschämung aller wahren Patrioten. Die
dunklen Ahnungen jener Großfürstinnen, darunter auch
der Großfürstin Sergius, die ungeachtet schlimmer per¬
sönlicher Kränkungen die Kaiserfamilie vor dem Unheil
des Krieges hätten bewahren wollen, seien nun leider irt
vollem Umfange eingetroffen, (ctr. bin.)
Dieser Brief, der durchaus den Eindruck der
Echtheit macht, zeigt, welch pessimistische Stimmung
in Rußland herrscht, da die Verschwörung gegen
Deutschland nicht so verlaufen ist, wie es von den
Verschwörern erhofft wurde.
Der TiirKenkrleg.
Meuterei in der russischen Schwarzen Meer-Flotte.
wtb. Konstantinopel, 20. Jan. 1915. Das osma-
nische Nachrichten-Büro erfährt, daß 57 Matrosen
der russischen Schwarzen Meer-Flotte von dem Kriegs¬
gerichte in Odessa wegen M e u t e r e i zu je 3 Jahren
Festungshaft verurteilt wurden.
Die Goldene Medaille des Roten Halbmondes für
den Kaiser.
wt'o Konstantinopel, 19. Jan. 1918. Der Zentralral
des Roten Halbmondes hat gestern beschlossen, der dem¬
nächst stattfindenden Generalversammlung vorzuschlagen,
dem Deutschen Kaiser als Zeichen der Dankbar¬
keit für seine Spende von 40 000 Mark die goldene
Medaille zu verleihen; geyiäß einem bereits früher ge¬
faßten Beschlüsse wird derselben Generalversammlung
die Verleihung der Goldenen Medaille an Kaiser
Franz Joseph vorgeschlagen werden.
Die anderen HCcite.
Die Haltung Italiens.
Italien hat sich in letzter Zeit eine immer grö¬
ßere Kriegsbereitschaft verschafft. Damit soll nicht
gesagt sein, daß Italien auf ernste Verwickelungen
in nächster Zeit hinsteuert. Im Gegenteil, die
Wühlarbeit der Treiverbandsdiplomaten in Rom
hat eher abgeflaut, und die Kriegstreiber in Italien
selbst sind vorsichtiger geworden. Sie fühlen sich der
Volksstimmung nicht recht sicher. Die Volksstim¬
mung ist heute so und morgen anders. Eine neue
Tatsache, die noch nicht eingetreten ist, deren Ein¬
tritt sich jedoch vorhersehen läßt, wäre die Vollen¬
dung der seit langem betriebenen militärischen Vorbe¬
reitungen^ Italiens. Diese Land- und Seerüstungen
dürften bis Ausgang Februar ihren Abschluß jinden.
Daraus erklären sich die iwm"
Ankündigungen eines italienischen Eingreifens in
den europäischen Krieg. Die Verbreiter solcher An¬
kündigungen können mit einigem Grund geltend
machen, daß eine Großmacht wie Italien ihr Heer
und ihre Flotte nicht in Bereitschaft setzt, um dann
Gewehr bei Fuß stehen zu bleiben. Richtig ist jeden-
alls, daß auch enffchicden friedlich gesinnte Italiener
von ihrer Regierung ein gewandtes Ausnutzen der
Kriegsumstände zur Förderung der nationa. staat¬
lichen Interessen Italiens erwarten. Es könnten
daher in absehbarer Zeit von Rom aus Wünsche er¬
kennbar werden, denen sich durch die dann erlangte