Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

Friedenspropaganda in Frankreich. 
Genf, 27. August 1915. Laut einer Meldung 
des „Temps" sind französische und Pariser Behör¬ 
den wieder einer^ großen durch geheime Flugschrif¬ 
ten betriebenen Friedenspropaganda aus die Spur 
gekommen. Zunächst wurden in den Büroräumen 
der „Courrier du jolbat" Nachforschungen angestellt - 
und dort Flugschriften beschlagnahmt, (ctr. sft.) 
Belgiens „Neutralität". 
wtb Basel, 26. August 1915. Unter der Ueber- 
schrift: „Zur belgischen Neutralität" schreibt der 
„Basler Anzeiger": Von sehr geschätzter Seite wird 
uns folgender, sehr interessanter und bezeichnender 
Vorfall erzählt: Auf dem niederländischen Konsulat 
einer größeren Schweizer Stadt erscheint ein aus 
Frankreich zurückgekommener Biann, der zu einer 
Mise nach Belgien einen niederländischen Paß ver¬ 
langt. Es stellt sich schließlich heraus, daß der Ge¬ 
suchsteller Belgier if> Unter den Ausweisschrif¬ 
ten befand sich ein Büchlein, das nach dem Aus¬ 
druck sür belgische Soldaten bestimmt ist. 
Es enthält Abbildungen verschiedener Uniformen, 
die betitelt sind: „nos allies" «unsere Verbündeten). 
Es trägt das Ausgabedatum Juli 1911. 
Me Geschichte ist völlig verbürgt. Die Personen, 
durch die wir sie erfahren haben, sind bereit, mit 
ihrem Namen sür die Richl^keft cinzustehen. 
Der neue Bergarbeiter-AuSstand in Südwales. 
Wtb London, 27. August 1915. Nach Blätter¬ 
meldungen sind 1 0000 Bergarbeiter in Süd¬ 
wales ausständig geworden. ,__ - 
Der ItondelsKHe! seren WM. 
Der U Boolkrieg. 
wtb.Pondon, 27. Aug. 1915. Lloyd Agentur 
meldet: Der englische Dampfer „Palmgran" ist 
versenkt worden. 
wtb. London, 27. August 1915. Nach einer 
Lloydsmelduug ist der schwedische Dampfer „D i s i" 
versenkt worden, die Besatzung aber gelandet. 
Der Kries gegen Man! 
Die geeignete Stellung. 
wtb. London, 27. August 1915. „Daily Maill^ 
meldet aus Petersburg: Eine halbamtliche Mit¬ 
teilung besagt:Für unsre Armeen ist die Zeit ge¬ 
kommen, sich eine geeignete Stellung aus- 
z u w ä h l e n, in der sie bleiben können und die, 
nachdem die Regimenter wieder ausgefüllt und 
Vorräte angesammelt sind, als Ausgangspunkt sür 
den entscheidenden Vormarsch dienen kann. 
Hindenburg wird jedenfalls den Russen das 
„Auswählen" nicht leicht machen. 
Minsk wird geräumt! 
Aus Wien meldet der „Berliner Lokalanzeiger": 
Die dem polnischen Nationa^omitee nahestehende 
Petrikauer Zeitung „Dziennik Narodowy" meldet, 
daß die russischen Zivilbehörden Minsk bereits 
geräumt haben. 
Minsk liegt urrgefähr 240 Kilometer östlich von 
Grodno und 320 Kilometer nordöstlich von Brest- 
Litowsk. 
Russischer Generalstabs - Bericht. 
wtb Petersburg, 26. Slug. 1915. In dem gestrigen 
Geueralstcrbs bericht heißt es: In ideir Richtung auf 
Jacobstadt und Dwinsk dauern die Kämpfe an. In der 
Gegend von Wilna schlugen wir Teilangriffe deS Fein¬ 
des ab. Auf der Front zwischen Bobr und der Gegend 
vcnr Brest-Litowsk setzt der Feind seinen Druck auf den 
Hauptabschnitt unserer Stellung westlich des Waldes 
von Bialowieska fort. Am 24. und 25. August schlugen 
wir westlich von Brest-Litowsk feindliche Angriffsver¬ 
suche ab. Am rechten Ufer des Bug bemüht sich der 
Feind nach Malaryto vorzudringen. 
wtb. Petersburg, 27. August 1915. Wie der Große 
Gcneralstab mitteilt, haben die Deutschen in Gegend 
Schönberg am 24. und 25. d. M. den Angriff wieder 
ausgenommen. In Richtung Dünaburg warfen wir 
die Deutschen zurück. In Richtung Wilna hielten wir 
den Feind an !den Stellungen vor Jewie auf. Wir 
ziehen uns nach und nach längst der beiden Ufer 
des Flusses Wilnja zurück. Desgleichen ziehen sich 
unsere Armeen am mittleren Njemen und an der Front 
zwischen dem Oberlauf des Bobr und des Pripjet nach 
Osten zurück. Der Feind drängt nur in gewissen 
Richtungen nach. 
Russische Rüstungen in Bessarabien. 
Budapest, 27. Aug. 1915. Nach einer Bukarester 
Meldung aus Jassy werden seit drei Tagen die aus 
Rußland nach Bessarabien verkehrenden Eisen¬ 
bahnzüge bei Kischinew von Militär begleitet. Die 
Reisenden dürfen die Wagen nicht verlassen und 
nicht an die verhängten Fenster herantreten. Die 
Verfügung wird dahin erklärt, daß die Russen in 
Bessarabien große Vorkehrungen getroffen 
haben, (ctr. fft.) 
Das russische Chaos. 
Stockholm, 27. Aug. 1915. „Svenska Dagbladet" 
hat einen Sonderberichterstater nach Rußland ent¬ 
sandt. Dieser meldet seinem Blatte: Einstimmig ist 
nmn für die Fortsetzung des Krieges bis 
zilm Aeußersten. Drei Umstände stützen dabei die 
Hoffnung auf einen schließlichen Sieg: Erstens be¬ 
trachtet nmn Rußlands Reserven für unerschöpf¬ 
lich, die des Gegners jedoch für begrenzt; ferner 
hofft man, die Zufuhr vomAuslande werde 
durch die baldige Oeffnung der Dardanellen 
vermehrt werden; schließlich glaubt mau, die russische 
I n d u st r i e werde doch einmal imstande sein, den 
Armeebedürfnissen zu genügen. Der Krieg hat in 
Wahrheit aber die ganze Industrie in Po¬ 
len und Kurland zerstört. Man hat zwar 
einen großen Teil der Maschinen ins Innere Ru߬ 
lands fortgesührt, um sie neu zu montieren und daun 
für Kriegszwecke zu verwenden; aber der Transport 
geschah auf so primitive Weise, daß im wilden Durch¬ 
einander, ohne zweckmäßige Verpackung und Adrcs- 
senangabc, einzelne Maschinenstückc versandt wur¬ 
den, die sich nun auf den Bahnhöfen derart ange¬ 
häuft haben, daß cs unmöglich ist, die einzelnen Ma¬ 
schinenteile r,u finden, geschweige denn die Maschi¬ 
nen zusammenzusetzen. Daher wurden aus Amerika 
kontraktlich für 150 Millionen Dollars Maschinen 
bestellt, was über die Zahl der neuen Fabriken zur 
Herstellung von Kriegsmaterial Aufschluß gibt. Der 
Mangel an Eisenbahnen, Rohmaterial und beson¬ 
ders an geschulten Arbeitest und guten Ardeitslei- 
tern wurde nicht erwogen. Dieser ist so groß, daß 
Rußlands Hoffnung auf einen endgiltigen Sieg 
hauptsächlich auf die Neuorganisation der Industrie 
hin übertrieben erscheinen. Durch die „Bertei- 
digungstaktik von 1812" hat Rußland seine 
Schwierigkeiten nur vergrößert, ohne aber den 
Feind irgendwie aufgehalten zu haben. Die Be¬ 
völkerung, die ihre Heimat nicht verlassen will, 
wird von den Soldaten weg getrieben, was oft 
«n Rückzga der Tnitztzen cMlvert. Es-siild Fälle 
vorgekommen, daß Wälder angezündet wurden, bloß 
um die dorthin geflohenen Flüchtlinge zu vertreiben. 
In den preisgegebenrn Gebieten ist a l l e s v e r - 
ödet, und cs werden Jahrzehnte vergehen, che wie¬ 
der erträgliche Verhältnisse sich dort entwickeln wer¬ 
den. Me Obdachlosen werden zu Tausenden 
ins Innere des Landes geschickt, ohne daß irgend¬ 
welche Fürsorg: für sie getroffen wurde. Es find 
beispielsweise 10 000 Letten in einer Stadt weit im 
Osten eingetroffen, die aber vom Gouverneur mit der 
Bemerkung zurückgeschickt wurden, daß sie Deutsche 
wären. AlleSünden der Regierung rächen sich, die Be¬ 
stechlichkeit der Beamten, die provokatorische Arbeit 
der Geheimpolizei, deren letzte Tat das Moskauer 
Programm war. Die Unterdrückung der nichtrussi¬ 
schen Nationalitäten löst das Band zwischen den ein¬ 
zelnen Teilen des Reiches und es findet sich kein ge¬ 
nügend willensstarker und selbstloser Mann, der es 
auszusprechen wagt, daß nur der Frieden das 
einzige Rettungsmittel ist. (ctr. bln.) 
Die Judcnpolitik. 
wtb Petersburg, 27. Aug. 1915. Ter „Rjetsch" 
schreibt: Das Gerücht, nach welchem der Aufent¬ 
haltszwang für die Juden aufgehoben 
worden sei, bewahrheitet sich keineswegs. Den flüch¬ 
tigen Juden wurde zwar dm: Aufenthalt in gewissen 
ihnen sonst verbotenen Gouvernements, mit Aus¬ 
nahme von Petersburg und Moskau und den dazu 
gehörigen Gouvernements gestattet, jedoch kann die 
Polizei ihnen den Aufenthalt verbieten, wenn sie 
nicht Nachweisen können, daß sie dort entweder Ge¬ 
schäfte, Arbeit oder Verwandte haben. Der neue 
Handelsminister sprach die Befürchtung aus, daß die 
Juden infolge der Befteiung den ganzen Handel an 
sich reißen könnten. Ter Justizminister erwiderte, 
es wäre beschämend für das russische Volk, anzuneh¬ 
men, daß ein geringer Bruchteil der Bevölkerung den 
ganzen Handel an sich ziehen könne. 
.Weichsel-Uebergang. 
Bei ihrem Rückzuge in der zweiten Hälfte des 
Juli aus Westpolen fanden die Russen in de» Fe- 
stungcn Jwangorod und Warschau und der 
sie verbindenden Weichsellinie eine feste Auf¬ 
nahme; den nachdrängenden deutschen Truppen war 
zunächst Halt geboten. Meser Halt durfte aber nicht 
lange währen, um dem Feinde die Möglichkeit zu 
nehmen, die Massen seiner hinter die Weichsel zu¬ 
rückgegangenen Kräfte an anderer Stelle gegen eine 
unserer Heeresgruppen auf den Flügel einzusetzen. 
, Ein Angriff auf Jwangorod konnte raschen Er¬ 
folg in diesem Sinne nicht bringen, denn die Eigen¬ 
art der Festung ist ja gerade, daß ihr Verteidiger 
mit schwachen Kräften allskommt. Daher beschloß 
die Heeresleitung den gewaltsamen Weichselüber¬ 
gang nördlich Jwangorod in der Gegend der Ra- 
domka-Mündung. Zur Ausführung wurden die 
deutschen Truppen der Armee-Abtei¬ 
lung W o yr s ch bestimmt, die bisher gegen Jwan¬ 
gorod standen. Sie mußten demnach wesentlich 
nach Norden verschoben werden. Eine derartige 
Seitwärtsschiebung stärkerer Truppen stellt hohe 
Anforderungen an alle Befehlsstellen. Der Links¬ 
abmarsch war in diesem Falle besonders schwierig, 
weil er schnell erfolgen und der Stromübergang 
sich ihm unmittelbar anschließen mußte, da sonst 
nicht darauf zu rechnen war, den Feind zu über¬ 
raschen. In der Ueberraschung lag der Schwer¬ 
punkt und die Aussicht auf Erfolg. 
Alle erdenklichen Maßregeln zur Geheim¬ 
haltung des Ueberganges wurden getafen. Alle 
Bewohner im weiteren Bereiche der Uebergangs- 
stellen mußten ihre Dörfer räumen, von denen 
allerdings die Russen nur wenige übriggelassen hat¬ 
ten. Das meiste war planvoller Brandstiftung an¬ 
heimgefallen. Me Russen verfahren in letzter Zeit 
immer noch nach dem Rezept von 1812. Ein- 
gehende Untersuchungen nach verborgenen feind¬ 
lichen Fernsprechleitungen fanden statt, allerdings 
ohne Erfolg, so daß der Führer nie ganz die Sorge 
verlor, die Russen würden doch Kenntnis von dem 
Unternehmen erhalten. 
Die Armeeleitung hatte den Führer des Land¬ 
wehrkorps, General der Kavallerie Freiherr von 
König, mit Anweisungen versehen, ihm die Aus¬ 
führung des Ueberganges übertragen und die nöti¬ 
gen Hilfsmittel, namentlich zahlreiche Brückenträns, 
auch solche unserer Verbündeten, angewiesen, die 
sich unter der Leitung ihres unermüdlichen Führers, 
des K. und K. Pionier-Obersten Mischek, trefflich 
bewährten. 
Am 28. Juli abends waren alle Vorbereitungen 
fertig: Erkundung der Anmarschwege für die Pon¬ 
tons zu den zehn Uebersetzstellen, die in mehreren 
Gruppen in ziemlicher Entfernung voneinander ge¬ 
wählt waren, damit, wenn der Ucbergang an einer 
Stelle nicht gelang, dieser an einer anderen gewähr¬ 
leistet wurde. Bereitstellung der Infanterie und 
Artillerie, so daß sie ohne Kreuzung rasch ihre 
Uebersetzstellen erreichen konnten. Besprechungen 
mit den höheren Pionier- und Artillerieoffizieren 
hatten im Hauptquartier des Führers stattgefunden, 
und alles war bis auf die kleinste Nebenumständc 
geregelt. 
Am 29. Juli um 1.30 Uhr morgens sollten an 
allen Stellen die Truppen das Weichselufer erreicht 
haben, um sofort mit dem Uebersetzen beginnen zu 
können. Die Weichsel hat in dieser Gegend eine 
durchschnittliche Breite von 1000 Meter. Zahlreiche 
Sandbänke durchziehen sie, so daß für Pontons die 
Gefahr eines Auslaufens bestand. 
Wie der Feind hinter dem Flusse stand, in wel¬ 
cher Stärke, in welcher Kräfteverteilung, war völ¬ 
lig unbekannt. Es galt einen Stoß ins Dunkle zu 
führen. Begreiflich daher die Spannung. Bei ei¬ 
nem Gefecht unter gewöhnlichen Verhältnissen ent¬ 
wickelt sich solche allmählich entsprechend der lang¬ 
sam heranreifenden Entscheidung. Bei einem Flu߬ 
übergang setzt die Handlung mit der höchsten Span¬ 
nung ein. Eine knappe halbe Stunde muß die Ent¬ 
scheidung bringen. Es gibt nur ein. Entweder-Oder. 
Entweder man erreicht das gegenseitige Ufer und 
behauptet sich auf ihm, oder di« Truppen erhalten 
beim Uebersetzen derartiges Feuer, daß sie nicht hin¬ 
überkommen, oder — was noch schlimmer ist — der 
starke Feind wirft die zuerst übergesetzten Truppen, 
die naturgemäß nur schwach sind, in den Strom zu¬ 
rück, was gleichbedeutend mit Vernichtung ist. Die 
begreifliche Spannung wurde noch vermehrt durch 
das Dunkel der Nacht und den fehlenden Gefechts¬ 
lärm, durch die völlige Lautlosigkeit, die dem 
Sprunge vorausging. 
1.30 Uhr vormittags. Jetzt brechen überall die 
Truppen aus den letzten Deckungen am Ufer hervor. 
Höchste Kraiftanstvenguüg bringt die schweren Pon¬ 
tons schnell vorwärts. Jetzt wird das Wasser er¬ 
reicht, jetzt swßen sie ab . . . Noch alles ruhig, ein 
gutes Zeichen . . . 1.45 Uhr. Plötzlich stark ein- 
sctzendes Artilleriefeuer. Der Feind ist an einer 
Stelle also aufmerffam geworden, und bei seinen 
ersten Schüssen hat unsere bereitstehendc Artillerie 
das Feuer gegen das feindliche Uler ausgenommen, 
dadurch der noch im Uebersetzen befindlichen In¬ 
fanterie einen wirksamen Feuerschutz gebend. 
Endlich löst sich die Spannung. Tie erste Mel¬ 
dung trifft ein: Soeben kehren die Pontons zurück, 
die erste Staffel ist hinüber. 
Man atmet auf. Nun sind wir drüben. 
Und wo die Armee-Abteilung Woyrsch einmal Fuß 
gefaßt hat, da hält sie. 
Nun sind wir drüben. Dieser Gedanke 
kehrt immer wieder, verstärkt sich immer mehr bei 
jeder neuen Meldung, daß ein weiteres Bataillon 
übergesetzt ist. Es ist hell geworden, unsere Artil¬ 
lerie" sprecht jetzt entscheidend mit bei den Känipfen, 
die den letzten Widerstand des überraschten Fein¬ 
des Krachen sollen. 
Me ersten 200 Gefangenen werden gemeldet. 
Mes geht gut. Aber ein unerwartet schwerer 
Kampf liegt noch vor uns. Wohl überraschten 
wir die feindlichen Sicherungstruppcn unmittelbar 
am Ufer. Seine Reserven weiter rückwärts gilt es 
ater noch zu schlagen. Wie gefährlich dem Feinde 
nwser Durchbruch seiner von ihm für unüberwind¬ 
lich gehaltenen Stromsperre erschien, erkannte man 
bald. Aus Jwangorod und Warschau und von Lub¬ 
lin rafft« er immer mehr Truppen zusammen, «m 
uns wieder zurückzuwerfen. War auch der Feind 
überlegen, er mußte trotzdem angegriffen werden, 
denn d«r Brückenkopf muß so erweitert werden, 
daß die Stellen, wo wir den Brückenbau begannen, 
vor feindlichem Feuer gesichert waren. 
Nach tagelangen Kämpfen ist der Besitz des 
Brückenkopfes voll gesichert, der Feind von 
Stellung zu Stellung geworfen, seine Angriffskraft 
gebrochen. 
Inzwischen hatten unter Führung des Generals 
der Infanterie v. Koeveß stehende österreichisch-un¬ 
garischen Truppen der Armee-Abteilung einen gro¬ 
ßen Erfolg vor Jwangorod errungen. Sic hatten 
die sehr stark ausgebaute und zäh« verteidigte Fe¬ 
stungsstellung durchbrochen und dem auf das Ost¬ 
ufer flüchtenden Gegner noch 2300 Gefangene und 
32 Geschütze abgenommen. 
Die größte Genugtuung ward aber den Truppen 
der Armee-Abteilung zuteil, als bekannt wird, daß 
die Russen einen Tag nach dem Wcichselübergange 
mit der allmählichen Räumung Jwango¬ 
rod S begonnen haben und im Begriffe sind, die 
Warschau deckende Blonielinie und die Lub- 
liner Stellung aufzugeben. So hat also die 
Bezwingung der Weichsel einen großen Einfluß 
auf weite Teile der Front ausgeübt. 
Der Krieg mit Italien. 
Italienischer Kriegsbericht. 
wtb Rom, 25. Aug. 1915. Im Tonale-Abschnitt be¬ 
mächtigten sich unsere Truppen am 21. des vordersten 
Teiles des Strinatales. Der Feind ließ sein Baracken¬ 
lager in unserem Besitz. Der die eroberten Stellungen 
mit heftigem Artillerie- und Maschinengewehrseuer 
wieder angreifende Feind wurde mit schweren. Verlusten 
zurückgeschlageit und ließ viele Beute in unserer Hand. 
Im Hochtale von Cordevole wurde der Feind durch unser 
Feuer daran gehindert, durch Artilleriefeuer und Hand¬ 
granaten unsere Stellcmgen von Col di Lana zu beschä¬ 
digen. Am Jsonzo entwickelte der Feind eine starke 
AÄillerietätigckeit. Ein Versuch, die von uns zerstörte 
Bahnstrecke cm der Linie von Nabresina und östlich von 
Monfalcone wieder herzustellen, wicrde verhindert. 
Heute vormittag überflog ein feindliches Flugzeug Bres¬ 
cia und tötete durch Bomben sechs Zivilpersonen und 
verletzte mehrere. Der Flieger entkam, gez. Cadorna. 
Italienische Truppen-Einschiffungen. 
:: Me Londoner Zeitung „Daily News" berich¬ 
tet aus Genf, daß nach dort verbreiteten Nachrichten 
zur Zeit in Brindisi die Verschiffung umfang¬ 
reicher ialienischer Streitkräfte vor sich geht. Die 
Meinungen darüber, wohin die Truppen gebracht 
werden sollen, gehen auseinander. .Es heißt, daß 
sie entweder nach Öiallipoli oder aber auch nach 
Lhbien gebracht werden sollen. Nach den sichten 
Meldungen ist jedoch auch zu vermuten, daß die 
Italiener einen Angriff auf K l e i n a s i e n 
(Smyrna) beabsichtigen. , _ 
Der TürKenKrlei 
Der türkische Tagesbericht. 
wtb. Konstantinopel, 27. Äug. 1915. Das Große 
Hauptquartier meldet: An der Dardanellen¬ 
front ereignete sich am 26. August außer zeitweise 
aussetzendem Geschütz- und Gewehrfeuer bei Ana- 
forta "nichts. Bei S edd-ül-Babr zerstörte die 
Artillerie des linken Flügels, einen Teil der feind¬ 
lichen Schützengräben. Auf den übrigen 
Fronten hat sich nichts verändert. , 
Die Blutopfer an den Dardanellen. 
wtb London, 27. August 1915. (Nichtamtlich). 
Daily Chronicle schreibt in einem Leitartikel über 
die Dardanellen: Die Ergebnisse der neuen Landung 
Wurden mit schweren Verlusten erzielt. Es ist 
eine ernste Sache, daß zwei Versuche zur Ueber- 
windung der Halbinsel scheiterten, die in großem 
Maßstabe mit Hilfe neuer Truppen gemacht wurden. 
Wenn General Hamilton nicht ein anderes, noch 
unversuchtes Mittel weiß, scheinen wir neuerlich vor 
einem ergebnislosen, mühseligen Stellungskriege zu 
stehen, in dem kostspielige Angriffe der einzige Aus¬ 
weg sind. Es ist notwendig, sich auf weitere grau¬ 
same Opfer vorzubereiten. 
Die inneren Mitlrte. 
Der türkisch bulgarische Vertrag. 
Aus Sofia wird der „Telegraphenunion" ge¬ 
meldet: Zu den bisherigen verschiedenartigen Mel¬ 
dungen über die Unterzeichnung des türkisch-bulga¬ 
rischen Abkommens sei noch mitgetcilt: Die tür¬ 
kis ch-bulgarischen Verhandlungen sind 
in allen Punkten zur Zufriedenheit beider' Parteien 
diskutiert und erledigt. Die Verzögerung 
der Unterzeichnung des Protokolls seitens der bulga¬ 
rischen Regierung ist dadurch erfolgt, daß die hiesigen 
Vertreter des Vierverbandes erklärt haben, nian 
werde in Ententekreisen die Unterzeichnung des Ab¬ 
kommens zur augenblicklichen Stunde als etyert un¬ 
freundlichen Akt Bulgariens auffassen. 
Mese Drohung des Vierverbandes hat aus die hie¬ 
sigen bulgarischen Kreise allerdings $ßjr wenig Ein¬ 
druck gemacht. Doch erreichten die Ententevertreter 
wenigstens insoweit chren Zweck, als ein kurzer 
Aufschub bis zum endgültigen Abschlüsse des Ver¬ 
trages eingetreten ist. Dieser unqualifizierte Schritt 
der Ententediplomaten hat in reichstem Maße dazu 
beigetragen, die Abneigung gegen den Vierverband 
in allen bulgarischen Kreisen noch zu erhölien. Die 
Presse .fordert die Regierung ans, sich nicht von der 
Einschüchterungspolitik der Vicrverbandsniächte ein- 
engcn zu lasten und vckweist ironisch ans das Bei¬ 
spiel, das Serbien soeben gegeben habe. Die Blät¬ 
ter nehmen die Stellungnahme Serbiens als einend 
vollgültigen Beweis, daß es init btt Machtstellung 
der Bierverbandsmächte auf dem Balkan wirklich ;>k 
Ende sei. (ctr. bln.) 
Aus Sofia wird der „B. Z." gemeldet: Der Ar 
schluß der türkisch-bulgarischen Verhandlungen ist 
ein "vernichtender Schlag für alle Balkanbestrebun'gcn 
des Vierverbandes. Seine in Sofia, Nisch und Athen 
unternommenen Schritte sind gegenstandslos und 
zwecklos geworden. Während sich in Nisch Regierung 
und Parliment mit der Antwort abquälen, die sie 
dem Vierverband geben wollen, ist durch den türkisch¬ 
bulgarischen Vertragsschluß die Enffcheidnng übtzr die 
bevorsteltzmden Balkanereignffse bereits g e s a l- 
len. Es heißt, daß die Verwirklichung des' 
Vertrages schon in vierzehn Tagen: 
erfolgen soll. Die Bulgaren gewannen so ans 
friedlichem Wege den Wiederbesitz eines Teiles des 
thrazischen Gebietes, das sie im ersten Balkankrieg er¬ 
oberten und das ihnen die Türken während des zwei¬ 
ten Balkankricges ohne Schwerfftreich wieder abge¬ 
nommen haben. Die Ereignisse auf dem 
Balkan beginnen, ohne daß es schon allen Augen 
sichtbar ist, ein schnelles T'empo ein Zu¬ 
schlägen. (ctr. bln.) 
Eine russische Darstellung der persischen Zuständ«. 
wtb Teheran, 27. August 1915. (Meldung der 
Petersburger Telegraphenagentur.) In Lu r sc st a n 
begannen am Orte selbstgebildete Räuberbanden 
unter Ausnutzung der von unseren Feinden hervor¬ 
gerufenen allgemeinen Anarchie eine heftige 
Bewegung gegen die Gendarmerie und übten so für, 
deren im letzten Jahre bewiesene Tatkraft bei der 
Unterdrückung verbrecherischer Elemente in Lursestan 
Rache. In Burutschird erlitten die Gendarmen eine 
noch nicht dagewesene Niederlage. Sie verloren 
zwei Kanonen, Train und Munition. Der schwe¬ 
dische Instruktor konnte kaum das Leben retten. 
Die Ränke unserer Feinde, die während des ganzen 
Jahres unter der Mitschuld der persischen Regierung 
andauertcn, weckten die anarchistischen Elemente des 
Landes. 
wtb Teheran, 26. August 1915. (Meldung der 
Petersburger Telegraphenagentur). Der russische 
und'der englische Konsul haben sich unter mili¬ 
tärischer Bedeckung nach Kengover in der Richtung' 
auf Hamadon zurückgezogen. Ihre Bcgleittruppen 
haben Verluste erlitten. 
Ter neue englische Versuch einer Verhetzung Ame¬ 
rikas gegen Deutschland ist mißlungen. 
wtb London, 27. August 1915. Die Blätter nicl- 
den übcreinstimmend aus Amerika, daß Grcy 
Bernstorffs Schritt in Washington sehr freun'< 
l i ch ausgenommen wurde und die Spannul„ 
verringerte. — Kardinal Gibbons sagte ,,, 
einem Berichterstatter, cs sei beklaqcnswer'. 
daß Amerikaner aus englischen Schiij 
fcn reisen. Amerikaner, die dies täten, begäbq^ 
sich mutwillig in G>chhr. Der Kardinal crklä.2^ 
sich energisch dagegen, daß das Land wegen eivi,. 
persönlichen Laune weniger Amerrkanuiji 
in einen Krieg hineingezogen würde. — „Sun^. 
„New Iork-Time", „Tribüne" und andere Blätter 
sagen, daß die Atmosphäre sich aufhcllc. Tic übrige 
Presse, namentlich des Südens und des Westens, 
äußert sich ganz ähnlich. — dem „Daily Chronicle" 
wird ans Ncw-Aork gemeldet: Alle verantwortlichen 
Leute betrachten die deutsche Note als einen Vor¬ 
gang, der die Atmosphäre erheblich klärt. 
Sie beseitigt die Gefahr eines diploniaiischcn Bru¬ 
ches und sichert die Fortsetzung der Verhandlungen 
über Versicherungen betreffs der Zukunft. 
Wie sauer muß wohl der englischen Presse die 
Feststellung dieser Tatsache geworden sein! 
Ein offizieller Maulkorb sür Roosevelt. 
wtb Washington, 27. August 1915. Der Kriegs¬ 
sekretär hat an General Wood ein Telegramm ge¬ 
richtet, in dem er sein Bedauern darüber ausspricht, 
daß in dem Milizlager von Plattburg Gelegenheit 
zu einer Aufsehen erregenden Ansprache Rooscvelts 
gegeben wurde, in der dieser'gestern den Präsidenten 
Wilson tadelte und heftige Anklagen gegen 
Deutschland erhob. Der Kriegssekretär ordnet 
an, daß derartiges in keinem andern Lager gestaltet 
werden soll. 
Fünspfennigftttcke aus Eisen. 
Wichtige Bundesratsbeschlüsse. 
In der Sitzung des Bundesrates vom Donnerstag 
gelangten zur Annahme: Der Entwuff einer Verord¬ 
nung über die Vornahme einer Viehzwischen- 
zählung am 1. Oktober 1915, der Entwurf einer 
Verordnung über ein Schlachtverbot für trächtige 
Kühe und Sauen, der Entwurf einer Verordnung über 
den Verkehr mit Zucker im Betriebsjahr «915-16, der 
Entwurf einer Bekanntmachung, betr. die Ausprägung 
von Fünfpfennigstückeic aus Eisen, der Ent¬ 
wurf eiirer Verordnung über den Verkehr mit H ü l - 
senfrüchten, die Vorlage betr. die Herabsetzung der 
Kontingente der Zündwarenfabriken für das 
Betriebsjahr 1915-16, der Entwurf einer Bekanntmach¬ 
ung betr. die Angejst ellt en v/e.rsI ch c ru n g 
während des Krieges, und die Vorlage betr. Außer¬ 
krafttreten der Bekanntmachung über dir Höchstpreise 
für Speisekartoffeln vom 15. Februar 1915. 
Ter Beschluß des Bundcsrvts, Fünfpfenuig- 
stücke aus Eisen ausprägen zu lassen, soll, wie 
der „Tag" darlegt, eine angemessene Ausstattung des 
Verkehrs mit Zahlungsmitteln erleichtern. Tie Nach¬ 
frage nach Nickelmünzen ist im Zusammenhänge init 
den Rückwirkungen des Krieges außerordentlich ge- 
sfiegen, da große Mengen der kleinsten Münzen in 
den von unseren Truppen besetzten feindlichen Lau- 
desteilen umlausen und dort sestgehalten werden. Die 
Verwendung von Nickel und Kupfer zu neuen Aus¬ 
prägungen ist gegenwärtig unratsam, so daß die Her¬ 
stellung von Münzen aus Eisen als vorüber¬ 
gehende Aushilfe sich empfiehlt. Allerdings 
will nmn sich begnügen, nur Fünfpfennigstücke an¬ 
zufertigen, da die Zehnpfennigmünze in ihrer gegen¬ 
wärtigen Gestalt im Verkehr eine Rolle spielt, mit 
der die Nebenvegieruna einer andersgearteten und 
dennoch gleichwertigen 'Münze schlecht vereinbar ist. 
Das untergeordnete Fünfpfennigstück hingegen wird 
den Nebenbuhler aus Eisen ertragen können, ohne 
das öffentliche Leben zu revolutionieren. 
Wie verlautet, werden die neuen Fünfpfennig¬ 
stücke aus Eisen genau die Größe der alten haben. 
Ter Unterschied gegenüber den alten Fünfpfcnnig- 
stücken besteht darin, daß der Rand gerippt uod 
nicht, wie bisher, glatt sein wird. Außerdem 
die Jahreszahl, die bisher hinter dem Wort „Reich" 
am Rande steht, unter die Zahl „5" gesetzt werden. 
Das Metall, aus dem die neuen FünspfennigftLke 
hergestellt werden, besteht aus Siemens - Marmt- 
Stahl. Das neue „Kriegsgeld" wird im Laufe de) 
Oktobers zur Ausgabe gelangen. 
Ausnahmen vom Hcrstelluugsverbot vo» 
Baumwollstoffen. 
Die Heeresleitung hat sich entschlossen, im In¬ 
teresse der Ausrechterhaltung des Wirtschaftslebens 
künftig den vom Herstellnngsvcrbot von Baurnwoll- 
ftoffcn betroffenen ocin.bcn gewisse Banmwoll- ’
	        
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