Friedenspropaganda in Frankreich.
Genf, 27. August 1915. Laut einer Meldung
des „Temps" sind französische und Pariser Behör¬
den wieder einer^ großen durch geheime Flugschrif¬
ten betriebenen Friedenspropaganda aus die Spur
gekommen. Zunächst wurden in den Büroräumen
der „Courrier du jolbat" Nachforschungen angestellt -
und dort Flugschriften beschlagnahmt, (ctr. sft.)
Belgiens „Neutralität".
wtb Basel, 26. August 1915. Unter der Ueber-
schrift: „Zur belgischen Neutralität" schreibt der
„Basler Anzeiger": Von sehr geschätzter Seite wird
uns folgender, sehr interessanter und bezeichnender
Vorfall erzählt: Auf dem niederländischen Konsulat
einer größeren Schweizer Stadt erscheint ein aus
Frankreich zurückgekommener Biann, der zu einer
Mise nach Belgien einen niederländischen Paß ver¬
langt. Es stellt sich schließlich heraus, daß der Ge¬
suchsteller Belgier if> Unter den Ausweisschrif¬
ten befand sich ein Büchlein, das nach dem Aus¬
druck sür belgische Soldaten bestimmt ist.
Es enthält Abbildungen verschiedener Uniformen,
die betitelt sind: „nos allies" «unsere Verbündeten).
Es trägt das Ausgabedatum Juli 1911.
Me Geschichte ist völlig verbürgt. Die Personen,
durch die wir sie erfahren haben, sind bereit, mit
ihrem Namen sür die Richl^keft cinzustehen.
Der neue Bergarbeiter-AuSstand in Südwales.
Wtb London, 27. August 1915. Nach Blätter¬
meldungen sind 1 0000 Bergarbeiter in Süd¬
wales ausständig geworden. ,__ -
Der ItondelsKHe! seren WM.
Der U Boolkrieg.
wtb.Pondon, 27. Aug. 1915. Lloyd Agentur
meldet: Der englische Dampfer „Palmgran" ist
versenkt worden.
wtb. London, 27. August 1915. Nach einer
Lloydsmelduug ist der schwedische Dampfer „D i s i"
versenkt worden, die Besatzung aber gelandet.
Der Kries gegen Man!
Die geeignete Stellung.
wtb. London, 27. August 1915. „Daily Maill^
meldet aus Petersburg: Eine halbamtliche Mit¬
teilung besagt:Für unsre Armeen ist die Zeit ge¬
kommen, sich eine geeignete Stellung aus-
z u w ä h l e n, in der sie bleiben können und die,
nachdem die Regimenter wieder ausgefüllt und
Vorräte angesammelt sind, als Ausgangspunkt sür
den entscheidenden Vormarsch dienen kann.
Hindenburg wird jedenfalls den Russen das
„Auswählen" nicht leicht machen.
Minsk wird geräumt!
Aus Wien meldet der „Berliner Lokalanzeiger":
Die dem polnischen Nationa^omitee nahestehende
Petrikauer Zeitung „Dziennik Narodowy" meldet,
daß die russischen Zivilbehörden Minsk bereits
geräumt haben.
Minsk liegt urrgefähr 240 Kilometer östlich von
Grodno und 320 Kilometer nordöstlich von Brest-
Litowsk.
Russischer Generalstabs - Bericht.
wtb Petersburg, 26. Slug. 1915. In dem gestrigen
Geueralstcrbs bericht heißt es: In ideir Richtung auf
Jacobstadt und Dwinsk dauern die Kämpfe an. In der
Gegend von Wilna schlugen wir Teilangriffe deS Fein¬
des ab. Auf der Front zwischen Bobr und der Gegend
vcnr Brest-Litowsk setzt der Feind seinen Druck auf den
Hauptabschnitt unserer Stellung westlich des Waldes
von Bialowieska fort. Am 24. und 25. August schlugen
wir westlich von Brest-Litowsk feindliche Angriffsver¬
suche ab. Am rechten Ufer des Bug bemüht sich der
Feind nach Malaryto vorzudringen.
wtb. Petersburg, 27. August 1915. Wie der Große
Gcneralstab mitteilt, haben die Deutschen in Gegend
Schönberg am 24. und 25. d. M. den Angriff wieder
ausgenommen. In Richtung Dünaburg warfen wir
die Deutschen zurück. In Richtung Wilna hielten wir
den Feind an !den Stellungen vor Jewie auf. Wir
ziehen uns nach und nach längst der beiden Ufer
des Flusses Wilnja zurück. Desgleichen ziehen sich
unsere Armeen am mittleren Njemen und an der Front
zwischen dem Oberlauf des Bobr und des Pripjet nach
Osten zurück. Der Feind drängt nur in gewissen
Richtungen nach.
Russische Rüstungen in Bessarabien.
Budapest, 27. Aug. 1915. Nach einer Bukarester
Meldung aus Jassy werden seit drei Tagen die aus
Rußland nach Bessarabien verkehrenden Eisen¬
bahnzüge bei Kischinew von Militär begleitet. Die
Reisenden dürfen die Wagen nicht verlassen und
nicht an die verhängten Fenster herantreten. Die
Verfügung wird dahin erklärt, daß die Russen in
Bessarabien große Vorkehrungen getroffen
haben, (ctr. fft.)
Das russische Chaos.
Stockholm, 27. Aug. 1915. „Svenska Dagbladet"
hat einen Sonderberichterstater nach Rußland ent¬
sandt. Dieser meldet seinem Blatte: Einstimmig ist
nmn für die Fortsetzung des Krieges bis
zilm Aeußersten. Drei Umstände stützen dabei die
Hoffnung auf einen schließlichen Sieg: Erstens be¬
trachtet nmn Rußlands Reserven für unerschöpf¬
lich, die des Gegners jedoch für begrenzt; ferner
hofft man, die Zufuhr vomAuslande werde
durch die baldige Oeffnung der Dardanellen
vermehrt werden; schließlich glaubt mau, die russische
I n d u st r i e werde doch einmal imstande sein, den
Armeebedürfnissen zu genügen. Der Krieg hat in
Wahrheit aber die ganze Industrie in Po¬
len und Kurland zerstört. Man hat zwar
einen großen Teil der Maschinen ins Innere Ru߬
lands fortgesührt, um sie neu zu montieren und daun
für Kriegszwecke zu verwenden; aber der Transport
geschah auf so primitive Weise, daß im wilden Durch¬
einander, ohne zweckmäßige Verpackung und Adrcs-
senangabc, einzelne Maschinenstückc versandt wur¬
den, die sich nun auf den Bahnhöfen derart ange¬
häuft haben, daß cs unmöglich ist, die einzelnen Ma¬
schinenteile r,u finden, geschweige denn die Maschi¬
nen zusammenzusetzen. Daher wurden aus Amerika
kontraktlich für 150 Millionen Dollars Maschinen
bestellt, was über die Zahl der neuen Fabriken zur
Herstellung von Kriegsmaterial Aufschluß gibt. Der
Mangel an Eisenbahnen, Rohmaterial und beson¬
ders an geschulten Arbeitest und guten Ardeitslei-
tern wurde nicht erwogen. Dieser ist so groß, daß
Rußlands Hoffnung auf einen endgiltigen Sieg
hauptsächlich auf die Neuorganisation der Industrie
hin übertrieben erscheinen. Durch die „Bertei-
digungstaktik von 1812" hat Rußland seine
Schwierigkeiten nur vergrößert, ohne aber den
Feind irgendwie aufgehalten zu haben. Die Be¬
völkerung, die ihre Heimat nicht verlassen will,
wird von den Soldaten weg getrieben, was oft
«n Rückzga der Tnitztzen cMlvert. Es-siild Fälle
vorgekommen, daß Wälder angezündet wurden, bloß
um die dorthin geflohenen Flüchtlinge zu vertreiben.
In den preisgegebenrn Gebieten ist a l l e s v e r -
ödet, und cs werden Jahrzehnte vergehen, che wie¬
der erträgliche Verhältnisse sich dort entwickeln wer¬
den. Me Obdachlosen werden zu Tausenden
ins Innere des Landes geschickt, ohne daß irgend¬
welche Fürsorg: für sie getroffen wurde. Es find
beispielsweise 10 000 Letten in einer Stadt weit im
Osten eingetroffen, die aber vom Gouverneur mit der
Bemerkung zurückgeschickt wurden, daß sie Deutsche
wären. AlleSünden der Regierung rächen sich, die Be¬
stechlichkeit der Beamten, die provokatorische Arbeit
der Geheimpolizei, deren letzte Tat das Moskauer
Programm war. Die Unterdrückung der nichtrussi¬
schen Nationalitäten löst das Band zwischen den ein¬
zelnen Teilen des Reiches und es findet sich kein ge¬
nügend willensstarker und selbstloser Mann, der es
auszusprechen wagt, daß nur der Frieden das
einzige Rettungsmittel ist. (ctr. bln.)
Die Judcnpolitik.
wtb Petersburg, 27. Aug. 1915. Ter „Rjetsch"
schreibt: Das Gerücht, nach welchem der Aufent¬
haltszwang für die Juden aufgehoben
worden sei, bewahrheitet sich keineswegs. Den flüch¬
tigen Juden wurde zwar dm: Aufenthalt in gewissen
ihnen sonst verbotenen Gouvernements, mit Aus¬
nahme von Petersburg und Moskau und den dazu
gehörigen Gouvernements gestattet, jedoch kann die
Polizei ihnen den Aufenthalt verbieten, wenn sie
nicht Nachweisen können, daß sie dort entweder Ge¬
schäfte, Arbeit oder Verwandte haben. Der neue
Handelsminister sprach die Befürchtung aus, daß die
Juden infolge der Befteiung den ganzen Handel an
sich reißen könnten. Ter Justizminister erwiderte,
es wäre beschämend für das russische Volk, anzuneh¬
men, daß ein geringer Bruchteil der Bevölkerung den
ganzen Handel an sich ziehen könne.
.Weichsel-Uebergang.
Bei ihrem Rückzuge in der zweiten Hälfte des
Juli aus Westpolen fanden die Russen in de» Fe-
stungcn Jwangorod und Warschau und der
sie verbindenden Weichsellinie eine feste Auf¬
nahme; den nachdrängenden deutschen Truppen war
zunächst Halt geboten. Meser Halt durfte aber nicht
lange währen, um dem Feinde die Möglichkeit zu
nehmen, die Massen seiner hinter die Weichsel zu¬
rückgegangenen Kräfte an anderer Stelle gegen eine
unserer Heeresgruppen auf den Flügel einzusetzen.
, Ein Angriff auf Jwangorod konnte raschen Er¬
folg in diesem Sinne nicht bringen, denn die Eigen¬
art der Festung ist ja gerade, daß ihr Verteidiger
mit schwachen Kräften allskommt. Daher beschloß
die Heeresleitung den gewaltsamen Weichselüber¬
gang nördlich Jwangorod in der Gegend der Ra-
domka-Mündung. Zur Ausführung wurden die
deutschen Truppen der Armee-Abtei¬
lung W o yr s ch bestimmt, die bisher gegen Jwan¬
gorod standen. Sie mußten demnach wesentlich
nach Norden verschoben werden. Eine derartige
Seitwärtsschiebung stärkerer Truppen stellt hohe
Anforderungen an alle Befehlsstellen. Der Links¬
abmarsch war in diesem Falle besonders schwierig,
weil er schnell erfolgen und der Stromübergang
sich ihm unmittelbar anschließen mußte, da sonst
nicht darauf zu rechnen war, den Feind zu über¬
raschen. In der Ueberraschung lag der Schwer¬
punkt und die Aussicht auf Erfolg.
Alle erdenklichen Maßregeln zur Geheim¬
haltung des Ueberganges wurden getafen. Alle
Bewohner im weiteren Bereiche der Uebergangs-
stellen mußten ihre Dörfer räumen, von denen
allerdings die Russen nur wenige übriggelassen hat¬
ten. Das meiste war planvoller Brandstiftung an¬
heimgefallen. Me Russen verfahren in letzter Zeit
immer noch nach dem Rezept von 1812. Ein-
gehende Untersuchungen nach verborgenen feind¬
lichen Fernsprechleitungen fanden statt, allerdings
ohne Erfolg, so daß der Führer nie ganz die Sorge
verlor, die Russen würden doch Kenntnis von dem
Unternehmen erhalten.
Die Armeeleitung hatte den Führer des Land¬
wehrkorps, General der Kavallerie Freiherr von
König, mit Anweisungen versehen, ihm die Aus¬
führung des Ueberganges übertragen und die nöti¬
gen Hilfsmittel, namentlich zahlreiche Brückenträns,
auch solche unserer Verbündeten, angewiesen, die
sich unter der Leitung ihres unermüdlichen Führers,
des K. und K. Pionier-Obersten Mischek, trefflich
bewährten.
Am 28. Juli abends waren alle Vorbereitungen
fertig: Erkundung der Anmarschwege für die Pon¬
tons zu den zehn Uebersetzstellen, die in mehreren
Gruppen in ziemlicher Entfernung voneinander ge¬
wählt waren, damit, wenn der Ucbergang an einer
Stelle nicht gelang, dieser an einer anderen gewähr¬
leistet wurde. Bereitstellung der Infanterie und
Artillerie, so daß sie ohne Kreuzung rasch ihre
Uebersetzstellen erreichen konnten. Besprechungen
mit den höheren Pionier- und Artillerieoffizieren
hatten im Hauptquartier des Führers stattgefunden,
und alles war bis auf die kleinste Nebenumständc
geregelt.
Am 29. Juli um 1.30 Uhr morgens sollten an
allen Stellen die Truppen das Weichselufer erreicht
haben, um sofort mit dem Uebersetzen beginnen zu
können. Die Weichsel hat in dieser Gegend eine
durchschnittliche Breite von 1000 Meter. Zahlreiche
Sandbänke durchziehen sie, so daß für Pontons die
Gefahr eines Auslaufens bestand.
Wie der Feind hinter dem Flusse stand, in wel¬
cher Stärke, in welcher Kräfteverteilung, war völ¬
lig unbekannt. Es galt einen Stoß ins Dunkle zu
führen. Begreiflich daher die Spannung. Bei ei¬
nem Gefecht unter gewöhnlichen Verhältnissen ent¬
wickelt sich solche allmählich entsprechend der lang¬
sam heranreifenden Entscheidung. Bei einem Flu߬
übergang setzt die Handlung mit der höchsten Span¬
nung ein. Eine knappe halbe Stunde muß die Ent¬
scheidung bringen. Es gibt nur ein. Entweder-Oder.
Entweder man erreicht das gegenseitige Ufer und
behauptet sich auf ihm, oder di« Truppen erhalten
beim Uebersetzen derartiges Feuer, daß sie nicht hin¬
überkommen, oder — was noch schlimmer ist — der
starke Feind wirft die zuerst übergesetzten Truppen,
die naturgemäß nur schwach sind, in den Strom zu¬
rück, was gleichbedeutend mit Vernichtung ist. Die
begreifliche Spannung wurde noch vermehrt durch
das Dunkel der Nacht und den fehlenden Gefechts¬
lärm, durch die völlige Lautlosigkeit, die dem
Sprunge vorausging.
1.30 Uhr vormittags. Jetzt brechen überall die
Truppen aus den letzten Deckungen am Ufer hervor.
Höchste Kraiftanstvenguüg bringt die schweren Pon¬
tons schnell vorwärts. Jetzt wird das Wasser er¬
reicht, jetzt swßen sie ab . . . Noch alles ruhig, ein
gutes Zeichen . . . 1.45 Uhr. Plötzlich stark ein-
sctzendes Artilleriefeuer. Der Feind ist an einer
Stelle also aufmerffam geworden, und bei seinen
ersten Schüssen hat unsere bereitstehendc Artillerie
das Feuer gegen das feindliche Uler ausgenommen,
dadurch der noch im Uebersetzen befindlichen In¬
fanterie einen wirksamen Feuerschutz gebend.
Endlich löst sich die Spannung. Tie erste Mel¬
dung trifft ein: Soeben kehren die Pontons zurück,
die erste Staffel ist hinüber.
Man atmet auf. Nun sind wir drüben.
Und wo die Armee-Abteilung Woyrsch einmal Fuß
gefaßt hat, da hält sie.
Nun sind wir drüben. Dieser Gedanke
kehrt immer wieder, verstärkt sich immer mehr bei
jeder neuen Meldung, daß ein weiteres Bataillon
übergesetzt ist. Es ist hell geworden, unsere Artil¬
lerie" sprecht jetzt entscheidend mit bei den Känipfen,
die den letzten Widerstand des überraschten Fein¬
des Krachen sollen.
Me ersten 200 Gefangenen werden gemeldet.
Mes geht gut. Aber ein unerwartet schwerer
Kampf liegt noch vor uns. Wohl überraschten
wir die feindlichen Sicherungstruppcn unmittelbar
am Ufer. Seine Reserven weiter rückwärts gilt es
ater noch zu schlagen. Wie gefährlich dem Feinde
nwser Durchbruch seiner von ihm für unüberwind¬
lich gehaltenen Stromsperre erschien, erkannte man
bald. Aus Jwangorod und Warschau und von Lub¬
lin rafft« er immer mehr Truppen zusammen, «m
uns wieder zurückzuwerfen. War auch der Feind
überlegen, er mußte trotzdem angegriffen werden,
denn d«r Brückenkopf muß so erweitert werden,
daß die Stellen, wo wir den Brückenbau begannen,
vor feindlichem Feuer gesichert waren.
Nach tagelangen Kämpfen ist der Besitz des
Brückenkopfes voll gesichert, der Feind von
Stellung zu Stellung geworfen, seine Angriffskraft
gebrochen.
Inzwischen hatten unter Führung des Generals
der Infanterie v. Koeveß stehende österreichisch-un¬
garischen Truppen der Armee-Abteilung einen gro¬
ßen Erfolg vor Jwangorod errungen. Sic hatten
die sehr stark ausgebaute und zäh« verteidigte Fe¬
stungsstellung durchbrochen und dem auf das Ost¬
ufer flüchtenden Gegner noch 2300 Gefangene und
32 Geschütze abgenommen.
Die größte Genugtuung ward aber den Truppen
der Armee-Abteilung zuteil, als bekannt wird, daß
die Russen einen Tag nach dem Wcichselübergange
mit der allmählichen Räumung Jwango¬
rod S begonnen haben und im Begriffe sind, die
Warschau deckende Blonielinie und die Lub-
liner Stellung aufzugeben. So hat also die
Bezwingung der Weichsel einen großen Einfluß
auf weite Teile der Front ausgeübt.
Der Krieg mit Italien.
Italienischer Kriegsbericht.
wtb Rom, 25. Aug. 1915. Im Tonale-Abschnitt be¬
mächtigten sich unsere Truppen am 21. des vordersten
Teiles des Strinatales. Der Feind ließ sein Baracken¬
lager in unserem Besitz. Der die eroberten Stellungen
mit heftigem Artillerie- und Maschinengewehrseuer
wieder angreifende Feind wurde mit schweren. Verlusten
zurückgeschlageit und ließ viele Beute in unserer Hand.
Im Hochtale von Cordevole wurde der Feind durch unser
Feuer daran gehindert, durch Artilleriefeuer und Hand¬
granaten unsere Stellcmgen von Col di Lana zu beschä¬
digen. Am Jsonzo entwickelte der Feind eine starke
AÄillerietätigckeit. Ein Versuch, die von uns zerstörte
Bahnstrecke cm der Linie von Nabresina und östlich von
Monfalcone wieder herzustellen, wicrde verhindert.
Heute vormittag überflog ein feindliches Flugzeug Bres¬
cia und tötete durch Bomben sechs Zivilpersonen und
verletzte mehrere. Der Flieger entkam, gez. Cadorna.
Italienische Truppen-Einschiffungen.
:: Me Londoner Zeitung „Daily News" berich¬
tet aus Genf, daß nach dort verbreiteten Nachrichten
zur Zeit in Brindisi die Verschiffung umfang¬
reicher ialienischer Streitkräfte vor sich geht. Die
Meinungen darüber, wohin die Truppen gebracht
werden sollen, gehen auseinander. .Es heißt, daß
sie entweder nach Öiallipoli oder aber auch nach
Lhbien gebracht werden sollen. Nach den sichten
Meldungen ist jedoch auch zu vermuten, daß die
Italiener einen Angriff auf K l e i n a s i e n
(Smyrna) beabsichtigen. , _
Der TürKenKrlei
Der türkische Tagesbericht.
wtb. Konstantinopel, 27. Äug. 1915. Das Große
Hauptquartier meldet: An der Dardanellen¬
front ereignete sich am 26. August außer zeitweise
aussetzendem Geschütz- und Gewehrfeuer bei Ana-
forta "nichts. Bei S edd-ül-Babr zerstörte die
Artillerie des linken Flügels, einen Teil der feind¬
lichen Schützengräben. Auf den übrigen
Fronten hat sich nichts verändert. ,
Die Blutopfer an den Dardanellen.
wtb London, 27. August 1915. (Nichtamtlich).
Daily Chronicle schreibt in einem Leitartikel über
die Dardanellen: Die Ergebnisse der neuen Landung
Wurden mit schweren Verlusten erzielt. Es ist
eine ernste Sache, daß zwei Versuche zur Ueber-
windung der Halbinsel scheiterten, die in großem
Maßstabe mit Hilfe neuer Truppen gemacht wurden.
Wenn General Hamilton nicht ein anderes, noch
unversuchtes Mittel weiß, scheinen wir neuerlich vor
einem ergebnislosen, mühseligen Stellungskriege zu
stehen, in dem kostspielige Angriffe der einzige Aus¬
weg sind. Es ist notwendig, sich auf weitere grau¬
same Opfer vorzubereiten.
Die inneren Mitlrte.
Der türkisch bulgarische Vertrag.
Aus Sofia wird der „Telegraphenunion" ge¬
meldet: Zu den bisherigen verschiedenartigen Mel¬
dungen über die Unterzeichnung des türkisch-bulga¬
rischen Abkommens sei noch mitgetcilt: Die tür¬
kis ch-bulgarischen Verhandlungen sind
in allen Punkten zur Zufriedenheit beider' Parteien
diskutiert und erledigt. Die Verzögerung
der Unterzeichnung des Protokolls seitens der bulga¬
rischen Regierung ist dadurch erfolgt, daß die hiesigen
Vertreter des Vierverbandes erklärt haben, nian
werde in Ententekreisen die Unterzeichnung des Ab¬
kommens zur augenblicklichen Stunde als etyert un¬
freundlichen Akt Bulgariens auffassen.
Mese Drohung des Vierverbandes hat aus die hie¬
sigen bulgarischen Kreise allerdings $ßjr wenig Ein¬
druck gemacht. Doch erreichten die Ententevertreter
wenigstens insoweit chren Zweck, als ein kurzer
Aufschub bis zum endgültigen Abschlüsse des Ver¬
trages eingetreten ist. Dieser unqualifizierte Schritt
der Ententediplomaten hat in reichstem Maße dazu
beigetragen, die Abneigung gegen den Vierverband
in allen bulgarischen Kreisen noch zu erhölien. Die
Presse .fordert die Regierung ans, sich nicht von der
Einschüchterungspolitik der Vicrverbandsniächte ein-
engcn zu lasten und vckweist ironisch ans das Bei¬
spiel, das Serbien soeben gegeben habe. Die Blät¬
ter nehmen die Stellungnahme Serbiens als einend
vollgültigen Beweis, daß es init btt Machtstellung
der Bierverbandsmächte auf dem Balkan wirklich ;>k
Ende sei. (ctr. bln.)
Aus Sofia wird der „B. Z." gemeldet: Der Ar
schluß der türkisch-bulgarischen Verhandlungen ist
ein "vernichtender Schlag für alle Balkanbestrebun'gcn
des Vierverbandes. Seine in Sofia, Nisch und Athen
unternommenen Schritte sind gegenstandslos und
zwecklos geworden. Während sich in Nisch Regierung
und Parliment mit der Antwort abquälen, die sie
dem Vierverband geben wollen, ist durch den türkisch¬
bulgarischen Vertragsschluß die Enffcheidnng übtzr die
bevorsteltzmden Balkanereignffse bereits g e s a l-
len. Es heißt, daß die Verwirklichung des'
Vertrages schon in vierzehn Tagen:
erfolgen soll. Die Bulgaren gewannen so ans
friedlichem Wege den Wiederbesitz eines Teiles des
thrazischen Gebietes, das sie im ersten Balkankrieg er¬
oberten und das ihnen die Türken während des zwei¬
ten Balkankricges ohne Schwerfftreich wieder abge¬
nommen haben. Die Ereignisse auf dem
Balkan beginnen, ohne daß es schon allen Augen
sichtbar ist, ein schnelles T'empo ein Zu¬
schlägen. (ctr. bln.)
Eine russische Darstellung der persischen Zuständ«.
wtb Teheran, 27. August 1915. (Meldung der
Petersburger Telegraphenagentur.) In Lu r sc st a n
begannen am Orte selbstgebildete Räuberbanden
unter Ausnutzung der von unseren Feinden hervor¬
gerufenen allgemeinen Anarchie eine heftige
Bewegung gegen die Gendarmerie und übten so für,
deren im letzten Jahre bewiesene Tatkraft bei der
Unterdrückung verbrecherischer Elemente in Lursestan
Rache. In Burutschird erlitten die Gendarmen eine
noch nicht dagewesene Niederlage. Sie verloren
zwei Kanonen, Train und Munition. Der schwe¬
dische Instruktor konnte kaum das Leben retten.
Die Ränke unserer Feinde, die während des ganzen
Jahres unter der Mitschuld der persischen Regierung
andauertcn, weckten die anarchistischen Elemente des
Landes.
wtb Teheran, 26. August 1915. (Meldung der
Petersburger Telegraphenagentur). Der russische
und'der englische Konsul haben sich unter mili¬
tärischer Bedeckung nach Kengover in der Richtung'
auf Hamadon zurückgezogen. Ihre Bcgleittruppen
haben Verluste erlitten.
Ter neue englische Versuch einer Verhetzung Ame¬
rikas gegen Deutschland ist mißlungen.
wtb London, 27. August 1915. Die Blätter nicl-
den übcreinstimmend aus Amerika, daß Grcy
Bernstorffs Schritt in Washington sehr freun'<
l i ch ausgenommen wurde und die Spannul„
verringerte. — Kardinal Gibbons sagte ,,,
einem Berichterstatter, cs sei beklaqcnswer'.
daß Amerikaner aus englischen Schiij
fcn reisen. Amerikaner, die dies täten, begäbq^
sich mutwillig in G>chhr. Der Kardinal crklä.2^
sich energisch dagegen, daß das Land wegen eivi,.
persönlichen Laune weniger Amerrkanuiji
in einen Krieg hineingezogen würde. — „Sun^.
„New Iork-Time", „Tribüne" und andere Blätter
sagen, daß die Atmosphäre sich aufhcllc. Tic übrige
Presse, namentlich des Südens und des Westens,
äußert sich ganz ähnlich. — dem „Daily Chronicle"
wird ans Ncw-Aork gemeldet: Alle verantwortlichen
Leute betrachten die deutsche Note als einen Vor¬
gang, der die Atmosphäre erheblich klärt.
Sie beseitigt die Gefahr eines diploniaiischcn Bru¬
ches und sichert die Fortsetzung der Verhandlungen
über Versicherungen betreffs der Zukunft.
Wie sauer muß wohl der englischen Presse die
Feststellung dieser Tatsache geworden sein!
Ein offizieller Maulkorb sür Roosevelt.
wtb Washington, 27. August 1915. Der Kriegs¬
sekretär hat an General Wood ein Telegramm ge¬
richtet, in dem er sein Bedauern darüber ausspricht,
daß in dem Milizlager von Plattburg Gelegenheit
zu einer Aufsehen erregenden Ansprache Rooscvelts
gegeben wurde, in der dieser'gestern den Präsidenten
Wilson tadelte und heftige Anklagen gegen
Deutschland erhob. Der Kriegssekretär ordnet
an, daß derartiges in keinem andern Lager gestaltet
werden soll.
Fünspfennigftttcke aus Eisen.
Wichtige Bundesratsbeschlüsse.
In der Sitzung des Bundesrates vom Donnerstag
gelangten zur Annahme: Der Entwuff einer Verord¬
nung über die Vornahme einer Viehzwischen-
zählung am 1. Oktober 1915, der Entwurf einer
Verordnung über ein Schlachtverbot für trächtige
Kühe und Sauen, der Entwurf einer Verordnung über
den Verkehr mit Zucker im Betriebsjahr «915-16, der
Entwurf einer Bekanntmachung, betr. die Ausprägung
von Fünfpfennigstückeic aus Eisen, der Ent¬
wurf eiirer Verordnung über den Verkehr mit H ü l -
senfrüchten, die Vorlage betr. die Herabsetzung der
Kontingente der Zündwarenfabriken für das
Betriebsjahr 1915-16, der Entwurf einer Bekanntmach¬
ung betr. die Angejst ellt en v/e.rsI ch c ru n g
während des Krieges, und die Vorlage betr. Außer¬
krafttreten der Bekanntmachung über dir Höchstpreise
für Speisekartoffeln vom 15. Februar 1915.
Ter Beschluß des Bundcsrvts, Fünfpfenuig-
stücke aus Eisen ausprägen zu lassen, soll, wie
der „Tag" darlegt, eine angemessene Ausstattung des
Verkehrs mit Zahlungsmitteln erleichtern. Tie Nach¬
frage nach Nickelmünzen ist im Zusammenhänge init
den Rückwirkungen des Krieges außerordentlich ge-
sfiegen, da große Mengen der kleinsten Münzen in
den von unseren Truppen besetzten feindlichen Lau-
desteilen umlausen und dort sestgehalten werden. Die
Verwendung von Nickel und Kupfer zu neuen Aus¬
prägungen ist gegenwärtig unratsam, so daß die Her¬
stellung von Münzen aus Eisen als vorüber¬
gehende Aushilfe sich empfiehlt. Allerdings
will nmn sich begnügen, nur Fünfpfennigstücke an¬
zufertigen, da die Zehnpfennigmünze in ihrer gegen¬
wärtigen Gestalt im Verkehr eine Rolle spielt, mit
der die Nebenvegieruna einer andersgearteten und
dennoch gleichwertigen 'Münze schlecht vereinbar ist.
Das untergeordnete Fünfpfennigstück hingegen wird
den Nebenbuhler aus Eisen ertragen können, ohne
das öffentliche Leben zu revolutionieren.
Wie verlautet, werden die neuen Fünfpfennig¬
stücke aus Eisen genau die Größe der alten haben.
Ter Unterschied gegenüber den alten Fünfpfcnnig-
stücken besteht darin, daß der Rand gerippt uod
nicht, wie bisher, glatt sein wird. Außerdem
die Jahreszahl, die bisher hinter dem Wort „Reich"
am Rande steht, unter die Zahl „5" gesetzt werden.
Das Metall, aus dem die neuen FünspfennigftLke
hergestellt werden, besteht aus Siemens - Marmt-
Stahl. Das neue „Kriegsgeld" wird im Laufe de)
Oktobers zur Ausgabe gelangen.
Ausnahmen vom Hcrstelluugsverbot vo»
Baumwollstoffen.
Die Heeresleitung hat sich entschlossen, im In¬
teresse der Ausrechterhaltung des Wirtschaftslebens
künftig den vom Herstellnngsvcrbot von Baurnwoll-
ftoffcn betroffenen ocin.bcn gewisse Banmwoll- ’