*tf$«tw täglich mit ÄuSnafimt der Sonn, und Feiertag«,
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fit. 207.
Mittwoch de« S. September 1915.
42. Zahrgang.
Die Russen stellen sich. — Neue Niederlagen der Russen an der Wolhy-
nischen Grenze. — Blutig abgewiesene Angriffe der Italiener.
Set tzeiiM Soaesöertdftt.
wtb Großes Hauptquartier, 7. Sept.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Be; einem erfolgreichen Minenangriff gegen eine
feindliche Sappe nördlich von T i r m u i d e n wur¬
den einige Belgier gefangen genommen und ein
Maschinengewehr erbeutet.
Nördlich von Souchckz wurde ein schwacher
feindlicher Handgranateuangrifs abgewiesen; ein
feindlicher Vorstoß bei Sondernach in de» Bogesen
scheiterte.
Lebhafte Feuerkämpfe entwickelten sich in der
Champagne sowie zwischen Maas und M o-
f-l.
Bei einem feiMichen Fliegerangriff auf
Licht er selbe (nördlich von Roulers in Westflan¬
dern) wurden sieben belgische Einwohner getötet,
zwei verletzt.
Deutsche Kampfflieger brachten ein feindliches
Flugzeug über Cappel (südöstlich von St. Avold)
zum A b st u r z; die Insassen sind tot.
Oestliche,r Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls
von Hindenburg.
Die gestern auf Daudsewas (südöstlich von
Friedrichstadt) Vorstotzende Kavallerie brachte 79V
russische Gefangene und 5 Maschinengewehr«' ein.
Oestlich und südöstlich von G r o d n o hat der
Feind von westlich Skidel bis Wolkowysk Front, ge¬
macht. In hartnäckigen K ä m p s e n sind un¬
sere Truppen im Vordringen.über die Abschnitte
der Pyra und Kotra. Zwischen dem Njemen und
Wolkowyst gewann die Armee des Generals von
Gollwitz an einigen Stellen durch nächtlichen Ueber-
fall das Ostufer des Ros-Abschnittes. Es sind über
tausend Gesänge ne gemacht.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls
Prinz Leopold von Bayern.
Auch südlich von Wolkowysk bis zum Wald-
gcbiet südlich von Rozana 40 Kilometer südwestlich
von Slonim) nimmt der Feind erneut den Kamps
an: der Angriff der Heeresgruppe ist im Fortschrci-
ten.
' Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls
v. Mackensen.
Der Gegner ist aus seinen Stellungen bei
Chomsk und Drohiszyn geworfen .
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Der Kampf um den S e r e t h - A b s ch n i r t
dauert an. Oberste Heeresleitung.
Oestevreichisch-ungarischer Tagesbericht.
wtb Wien, 7. September 1915. Amtlich wird
gemeldet:
Russischer Kriegsschauplatz:
Tie Armee des Generals der Kavallerie v. Böhm-
Ermolli.hat gestern den Feind bei Podkamien
und Radziw'low geschlagen. Sie griff ihn itt
ganzer 4V Kilometer breiter und stark verschanzter
Front an und entriß ihm in heftigen, bis zum Hand¬
gemenge führenden Kämpfen das Schloß Podkamien,
die stockwerkförmig befestigte Höhe Makutra südöstlich
von Brody, die Stellungen von Radziwilow und
zahlreiche andere zäh verteidigte Stützpunkte. Diy
Schlacht dauerte an einzelnen Punkten bis in dick
heutigen Morgenstunden. Ter Feind wurde
überall geworfen und räumte st ellen¬
weise fluchtartig die Walstatt. Unsere
Truppen verfolgen. Die. Zahl der bis gestern abend
cingebrachten Gefangenen überstieg 3000.
In Ostgalizien hatte die Armee des Grafen
Bothmer starke Vorstöße des Feindes abzuwehren.
Hingegen ließen di, russischen Angriffe auf die Front
des Generals Pflanzer-Balsin nach. An der bessara-
bischen Grenze zog sich der Gegner in seine
ziemlich weit abgelegenen Stellungen zurück.
Bei Nowofielca beschoß eine russische Bat¬
terie ein auf rumänischem! Boden stehendeck
Bauerngehöft. In Wolhynien verlief dckr Tag
verhältnismäßig ruhig. An der I a s i o l d a erran¬
gen unsere Truppen abermals örtliche Erfolge. >
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die von uns erwartete Unternehmung des Fein¬
des in der Gegend des Kreuzbergsattels
blieb nicht aus. Gestern früh setzten etwa fünf Ba¬
taillone von verschiedenen italienischen Brigaden zum
Angriff auf unsere Bergstellungen zwischen dem
Burgstall und der Pfannspitze an. Dieser Angriff
wurde überall blutig abgewiesen; dev
Feind verlor mindestens 1000 Mann.
Im übrigen fanden im Tiroler Grenzgebiet, na¬
mentlich an der Tolomitenfront, und im Abschnitte
von Lavaronne-Folgaria die üblichen Geschützkämpfe
statt. Vielfach sind die Alpenvereinshütteni
beliebte Ziele der feindlichen Artillerie. Dieser Tä¬
tigkeit fiel gestern auch die Mondronhütte im Ada-
mellogebiete zum Opfer. An der Kärntner und
?üstenländischen Front hat sich nichts Be¬
merkenswertes ereignet.
Ter Stellvertreter des Chefs des Generalstabs:
von Hoefer, Feldpwrschalleutnam.
Der Wechsel in den russischen Kommandostellen
ließ bereits daraus schließen, daß nunmehr eine an¬
dere Taktik als die des fortgesetzten Rückzuges ver¬
sucht werden soll. Wahrscheinlich hat auch von eng¬
lisch-französischer Seite ein Druck ans die russische
Regierung stattgefunden, nochmals unter allen Um¬
ständen das Gchlachtenglück zu wahren. Die inneren
Verhältnisse des Riesenreiches, in das plötzlich mit
iMgeheurem Druck eine Woge von 12 Millionen
heimatlosen Flüchtlingen geschleudert wurde, mögen
dazu veigetragen haben, die russische Heeresleitung
zu dem ihr sicher nicht angenehmen Entschluß zu
zwingen. Wie dem aber auch sei, die Russen haben
auf einer Front von ungefähr 100 Kilometern, die
sich von Nordwest östlich von Grodno und westlich
von Skidel über Wolkowysk erstreckt und bis Gro-
tana und noch dariiber hinausreicht, sich zur Schlacht
gegen die ^-resgruppen Hindenburg und Prinz
Leopold gestellt.
Dieser Versuch der Russen gilt hauptsächlich dein
Schutze von Wilna und soll sich der deutschen
Heeresflut entgegenstenrmen, die unaufhaltsam nach
Nordosten vordringt. Auf dem nördlichen Flügel der
neuen Front sind die Armeen Eichhorn Und Gollwitz
im Kampf mit den Russen. Der Rozana-Abschnitt
zvischen dem Njemen und Wolkowysk wurde von der
Armee Gollwitz durch einen wohlgelungenen nächt¬
lichen Ueberfall bereits an mehreren Stellen über¬
schritten, während die Armee Eichhorn über die Pbra
und Kotra vordringt. Der linke Flügel der Ruflen
wird von der Heeresgruppe des Prinzen Leopold arg
bedrängt, die durch das Waldgebicz südlich von Gro-
tano erfolgreich zum Angriff vorgcht. Entwickelt
der Feind auch unleugbar eine starke PeVteidiaungs-
krast, von Tag zu Tag wird der russische Nordflügel
immer mchr von der Heeresmitte abgedrängt.
Dir Heeresgruppe Mackensen hat die Russen, die
ans einer Front von 20 Kilometern zwischen
Ehomsk und Drohiczvn die nach Pinsk führenden
Straßen und die Bahnlinie zu verteidigen suchten,
geworfen und schreitet ostwärts vor.
Auf dem s ü d ö st l i ch c n Kriegsschauplätze be¬
finden sich die deutschen und österreichisch-ungarischen
Truppen in heißen Kämpfen um der: Besitz des Ost¬
ufers des S e r e t h. Weiter nördlich, an der
galizisch-wolhhnischen Grenze, gegenüber von B r o-
dv, erlitten die Russen eine empfindliche Nieder¬
lage. Der Weg der österreichischen Armeen Böhm-
Ermolli führt in der Richtung auf Tubno und
Rowno, die bekannten festen Plätze des wolhyni-
schen Festungsdreiecks. Sie hat also das gleiche
Ziel wie die Truppen, die nach der Eroberung von
Luck den Sthr überschritten haben und in östlicher
Richtung in der Verfolgung des geschlagenen Fein¬
des begriffen sind.
Auf dem westlichen Kriegsschauplätze kom¬
men tue Kämpfe über ihren rein örtlichen Charak¬
ter nicht hinaus. Sie beschränken sich hauptsächlich
ans Artilleriefeuer, Minenkampf und Luftgefechte,
die bisher für die Deutschen erfolgreich verliefen.
Ob.die gemeldeten lebhaften A r t i l l c r i k ä m p f e
in der Champagne und,zwischen Maas und Mosel
die Einleitung zu größeren Ereignissen sind, muß
der weitere Fortgang der Dinge lehren.
Freiheit der Meere und
Friedensverhandlungen.
In London muß doch schon eine starke Sehnsucht
nach Frieden herrschen; denn sonst hätte man nicht an
der Börse und in weiteren Geschäftskreisen so großen
Wert gelebt auf eine Bemerkung, die der Minister
Grey in semem jüngsten offenen Brief einfließen ließ.
Im Hrnblick auf die Ausführungen unseres Reichs¬
kanzlers meinte er, es wäre sehr vernünftig, die F r e ft
heit dev Meere znm Gegenstände von Beratun¬
gen, Begriffsbestimmungen und Abkommen nach die¬
sem Kriege zu machen, — „aber nichts als etwas
abgesondertes und nicht, so lange kein Friede und
keine Sicherheit gegen den .Krieg und deuffche Me¬
thoden zu Wasser und zu Lande bestehen." Man
sieht, Sir Edward Grey hat seine „grundsätzliche"
Bereitwilligkeit zu Abmachungen über die Meeres¬
sreiheft an zeitliche und sachliche Bedingungen ge¬
knüpft, die für die Verwirklichung vorläufig keine
Aussicht geben. Wenn mau'trotzdem in diesem
Satze eine Friedenstaube erblicken will, so hat man
offenbar ein starkes Verlangen nach Beendigung des
Krises.
Es ist begreiflich, daß das Reutersche Bureau, die
offizielle englische Nachrichtenfabvik, in der Mitteilung
aus Washington über Aeußerungen des Kardi-
nalsGibbons diesen Kirchenfursten ebenfalls auf
die Frage der Meeresfieiheit verweisen läßt. Der
Herr Kardinal soll danach gesagt haben: eine Ver¬
ständigung zwischen Großbritannien und Deuffchland
über die sog. Freiheit der Meere könnte im weiteren
Verfolge zu eimr Erörterung der Friedensbeding¬
ungen führen.
Der Bericht fit noch nicht beglaubigt, aber er kann
wohl zutreffend sein. Der Unterschied zwischen den
beiden Aeußerungen lwäre der, daß Sir Edward
Grey die Frage der Meeresfrecheft erst im Zusam¬
men h a n g e mit den Friedensverhandlungen er¬
örtert wissen will, während Kardinal Gchbons die
Regelung des Meeresrechts als ein Vorspiel, eine
Einleitung zu den Friedensverhandlungen be¬
trachtet. Dazu nröchten wir bemerken, daß die letz¬
tere Ansicht sich mehr dem deutschen Stand¬
punkt nähert. Die deutsche Regierung hat bekannt¬
lich in dem Notenwechsel mit der nordamerikanischen
Regierung wiederholt chre Bereitwilligkeit kundge¬
geben, mft England eine Milderung des Seekriegs-
Verfahrens auf Gegenseitigkeit zu treffen. Da han¬
delt es sich freftich nicht um die allgemeine und end-
giltige Regelung der Freiheit auf dem Meere, aber
doch um die teilweise Regelung der Frage in
dem augenblicklich brennendenPunkte, und die deuffche
Regierung war bereit, schon währenddes Krie¬
ges in Verhandlungen über die Milderung zu tre¬
ten. Das war ein Zeichen der Friedlichkeit Deuffch-
lands, an das Präsidmt Wilson anknupfen könnte,
wenn er den Zeitpunkt für eine vermittelnde Tätig¬
keit für gekommen erachten sollte.
Einen noch deutlicheren Beweis seiner guten Ge¬
sinnung hat Deutschland kürzlich gegeben durch die
Zusicherung, daß Passagierdampfer nur nach
vorheriger Warnung und Gewährung von Ret-
tungsmöglichkeiten torpediert werden sollen,
wofern sie sich des Versuches der Flucht oder des
Widerstandes enthalten. Diese Milderung des Ver¬
fahrens ist ein einseitiges Zugeständnis; dir
deuffche Regierung hat auf Verhandlungen und auf
Gegenleistungen verzichtet und einfach von sich aus
zugestanden, was sie ohne Gefährdung der eigenen
Jntercsien in Rücksicht auf di: politische Lage ge¬
währen zu können glaubte. Tie Verhältnisse liegen
erfreulicher Weise so, daß Deutschland sich ein Zuge¬
ständnis erlauben kann, ohne in den Verdacht der
Schwäche zu kommen. Das deuffche Volk versteht
auch den Vorgang richtig zu beurteilen und zu wür¬
digen. Es weiß, daß unsere Tauchboote stark ge¬
nug sind; sowohl in ihren persönlichen Kräften, als
in dem Material, um auch die Schwierigkeiten, die
durch das umständlichere Verfahren gegenüber den
Pafsagierschtssen entstehen, zu überwinden,
ohne daß chre Gesamtaktion leidet, und es vertraut
der Regierung und der richtigen Abwägung der klei¬
neren Nachteile und der größeren Vorteile. Im Be-
wußffein unserer Stärke und Mllensfestigkctt könn¬
ten wir auch die Anbahnung Don Verhandlun¬
gen über die Freiheit der Meere fteimütig begrü¬
ßen, und wir würden uns durchaus nicht scheuen,
wenn im Verfolge derselben die Friedensbedingungen
zur Sprach: kämen. Wir dürftn ruhig unsere Frie¬
densliebe bekunden, da der Verdacht der
Kriegsmüdigkeit oder gar der Furcht unter
den gegenwärtigen Verhältnissen uns gar nicht
treffen kann.
Wrnn allerdings das Reutersche Bureau an die
erwähnte Nachricht aus Washington die Bemerkung
knüpft, die diplomatischen .Kreise des Vierverbandes
wollten erst an Frieden denken, wenn i h r e Z i e l e
gesichert seien, so hat der Friede noch wenig Aussich¬
ten. Ihr Ziel ist die Zertrümmerung und Schwä¬
chung der Zentralmächte, und dagegen müssen wir
uns weiter wehren. Wir haben schon gezeigt, daß
wir die Stärkeren sind. Diese tatsächliche Beweis¬
führung müssen wir so lange forffetzen, bis die
Feind: selbst erkennen und gestehen, daß sie die Schwä¬
cheren sind, das ist die Vorbedingung des-Friedens.
Der Krieg in vvln.
Amtlicher französischer Bericht.
wtb Paris, 7. Sept. 1915. Amtlicher Nachmittags¬
bericht vom Montag: Nachts Artilleriekampf bei Arras
und Auberive. In den Argonnen Minenkämpfe. Unsere
Flugzeuge bombardierten die Kasernen von Dieuze und
Marchingen. «— Im amtlichen Bericht von Montag
abend heißt es: In der Champagne, im Apvemontwalde
uird an der Front Perthes—Beausejonr war der Artil¬
leriekampf besonders lebhaft. In de:: Vogesen am
Schratzmännle und Hartmannsweilerkopf Kämpfe mit
großtzü Bomben. Als Vergeltungsmaßregeln für die
Belegung der offenen Stadt Luneville mit Bomben
durch deutsche Flugzeuge bombardierten vierzig unsrer
Flugzeuge den Bahnhof und die militärischen Anlagen
von Saarbrücken. Bei Calais wurde ein deutsches
Flugzeug zur Landung gezwungen.
Ueber den Fliegerangriff auf Saarbrücken,
den der französische Tagesbericht meldet, wird vom
Wolfffchen Telegraphen-Bureau wie folgt berichtet:
wtb Saarbrücken, 7. September 1915.
Gestern vormittag zwischen 10 und y2ll Uhr er¬
folgte ein Angriff feindlicher Flieger ~ auf Saar¬
brücken. Drei Personen wurden getötet,
sechs schwer, zwei leicht verwundet.
wtb Saarbrücken, 7. Sept. 1915. Bon den bei
dem gestrigen Fliegerangriff schwerverwundeten
Personen sind.inzwischen zwei weitere ge¬
storben. Die Zahl der Toten erhöht sich damit
auf f ü n s.
Der Stand an der Westfront.
Dev Berner „Bund" schätzt die Stärke der in
Flandern stehenden Engländer aus mehr als
800 000 Mann. Dabei sei allerdings zu beachten,
daß die englischen Truppen einen sehr großen Troß
beanspruchen und die Zahl der Gewehre in der Feuer-
linie dadurch verringert werde. Immerhin, so ver¬
sichert der strategische Mitarbeiter des „Bund", haben
diese Verstärkungen die'Franzosen in den Stand
gesetzt, eigene Kräfte vom linken auf den rechten
Flügel ihrer Gesamtfront zu verschieben und
die Abschnitte der Argonnen, der Maas- und Mosel-
ront und der Vogesen dichter zu belegen. Besonders
ei das um Toul, Epinal und Belfort der Fall, wo
jetzt wieder stärkere Reserven versammelt seien.
Den Besuch des Generals I o f f r e in I t a l i >: n
sicht der „Bund" als ein Zeichen dafür an, daß ein
italienisch-französisches Zusammenwirken erwogen
werde, daß anderseits aber auch eine englisch-franzö¬
sische Offensive großen Stils noch nicht gereist sei. (f.)
Frankreich und die Kriegsgeiseln.
wib Basel, 3. Schi. 1915. Die Basler Hilfsstelle,
welche seit Monaten erfolgreich bemüht ist,'dir Lage
der Geiselnin Frankreich und Deutschland zu ver¬
bessern, hat dieser Tage einen Abgeordneten nach
Bern entsandt, um mit Vertretern der benachbarten
kriegführenden Staaten die Frage der Freilassung
der elsässischen Kriegsgeiseln zu besprechen. Leider
hat sich ergeben, daß zur Zeft die französische Regie¬
rung daraus nicht erngehen kann. Es scheint,
daß die Erwägung den Ausschlag gegeben hat, daß
Deuffchland die gesamte Bevölkerung der besetzten
Departements in Gewalt hat, während Frankreich
nur wenige Geiseln besitzt, die es durch den Vorstoß
ins Elsaß gewonnen hat. Es befürchtet, nach deren
Freilassung keinerlei Einfluß mchr auf die Behand¬
lung seiner Staatsangehörigen unter deutscher Ver¬
waltung zu besitzen. Die Delegation hat den Ein¬
druck gewonnen, daß neue Vergeltungsnmßregeln von
der einen oder anderen Seite nicht zum Ziele führ:»
würden.
wtb Basel, 6. Scht. 1915. Die Basler Hilfsstelle
für Geiseln erklärt, daß sie selbst den kürzlich genvel-
deten Standpunkt der französischen Re¬
gierung als verfehlt betrachtet. Das Kriegs¬
recht verlange nicht nur eine anständig: Behandlung
der Geffeln, sondern auch chre alsbaldige Freilassung,
sobald der Zweck, nanftich die Sicherung gegen Er¬
hebungen und sonstige Schädigungen seitens der Be¬
völkerung forffällt, spätestens wenn das okkupierte
Gebiet wieder an die Gegenseite verloren geht. Dies
trifft zu für den größten Teil der Verschlchpten, da
der Sundgau seit 10 Monaten wieder in deuffchen
Händen ist. Der von dem Boffchafter mitgeteilte
Grund der ablehnenden Haltung Frankreichs be¬
fremdet, weil ja gerade Frankreich das Bestehen
eines Notstandsrechtes im Völkerrecht leugnet. In¬
direkt läge darin die Anerkennung des Notstands-
rechtes Deutschlands, als es sich über die belgische
Neutralität mit Rücksicht auf von den übrigen Ga¬
rantiernächten drohende Gefahren hinwegsetzte. Unter
allen Umständen müssen aber wenigstens diejenigen
Geiseln, deren weitere Zurückhaltung eine Un¬
mensch l i ch> k e i t ist, wie die Trennung der Mütter
von kleinen Kindern und die Gefangenschaft von
Frauen und alten und kranken Männern, über die
dem Boffchafter eine Liste überreicht wurde, nun end¬
lich unverzüglich ihre Freiheit wiedererlangen.
Verunglückte Flieger.
Basel) 6. Sept. 1915. Bon der französsichcn
Grenze melden Zeitungen: Ein französisches
Flugzeug versuchte dieser Tage in der Nähe des
Hofgutes St. Heinrich bei Dentingen im Elsaß
eine Landung vorzunehmen, geriet aber dabei in die
Trahtumzäunung eines Weideplatzes und überschlug
sich. Beim Aufswßen auf den Boden explodier¬
ten wahrscheinlich die mitgeführten Bomben, denn
die beiden Insassen wurden bis zur Unkennt¬
lichkeit zerrissen. Der Flugapparat, der eben¬
falls zum größten Teil demoliert ist, wurde von den
Militärbehörden übernommen. Die Ucberrestc der
Flieger wurden in Dentingen mit militärischen
Ehren bestattet, (ctr. fft.)
Farbige Munitionsarbeiter.
Ohne farbige Hilfe können Engländer und Fra„-
zosen schon rein gar nichts mehr vollbringen. Dem
„Petit Journal" zufolge ist jetzt sogar eine Anzahl
eingeborener Arbeiter aus Anam, Tonking und
Crchinchina nach Frankreich unterwegs, um in
Flugzeug- und Munitionsfabriken zu Tarbes, Ca-
stres, und Toulouse beschäftigt zu werden. Die fran¬
zösische Regierung beabsichtige binnen drei Monaten
10 000 solcher eingeborener Arbeiter in Arsenale»
zu beschäftigen. (N. C.)
So müssen die Franzosen nicht nur neben den
sonst verachteten Farbigen kämpfen, sondern auch in
den Fabriken arbeiten. Die Fruch: dieser Berzwcis-
lungssaat wird für Frankreich verderblich sein!
Das Gespenst der Niederlage in England.
In der großen kanadischen Zeitung „Toronto
Globe" äußert sich Charles G o r d o n, ein bekannter
kanadischer Schriftsteller und Geistlicher, der als Feld¬
pastor das 43. Bataillon der Cameron-Hochlünder nach
Frankvrich begleitet hatte, daß England „sich dem Ge¬
spenst der Niederlage gegenüber sehe". Unter sei¬
nem Schriftstellernamen Ralph Connor schreibt er in
dev kanadischen Zeitung folgendes:
„Bei Ausbruch des Krieges glaubte wohl mancher,
daß dieser Krieg eine ziemlich ernste Sache sei, aber nie¬
mand in ganz England, se'lbst Kitchener nicht, wußte bis
vor drei Monaten, wie bitter ernst dieser Krieg
für die Engländer sei. Jetzt weiß es Kitchener, Asquith,
Lloyd George und Bonar Law — all wissen sie es, wie
wternst dieser Krieg für England geworden ist. Und auf
der Straße und in den Salons und Klubs in London
fragen die Männer einander leise aus und sagen Dinge,
die man nicht laut zu sagen wagt. Zwar gibt es noch
immer Optimisten, die sich an vergangenen englischen
Kriegslagen erbauen, aber diese befinden sich nicht auf
praktischem Grund und Boden, sie schweben vielmehr in
den Wolken. Aber wer imiyrr auf einen solchen Opti¬
misten stoßt, verdammt ihn, denn er ist nur dazu ge¬
eignet, vernünftige Männer irre zu führen. Jeder ver¬
nünftige Mensch in England, der Bescheid weiß,, sieht es
ein, daß keine Möglichkeit des Sieges —
aber auch absolut keine, und sogar wenig Hoff¬
nung auf einen Waffenstillstand vorhanden ist, wenn
nicht verschiedene bestechende Tatsachen vollständig geän¬
dert wett«r. Der erste Eindruck, den man jetzt in Lon¬
don gewinnt, ist der, daß die tradittonelle englische
Sicherheit und das Selbstbewuhtsein durch eine lä h-
mendeUnsicherheit ersetzt sind. Man fühlt diese
überall heraus, auf den Straßen und in den Hotels, im
Hause der Gemeinen und selbst in der Presse. Man
schließt dies nicht so viel aus dem, was gesagt wird,
sondern vielmehr aus dem, was nicht gesagt wird. Je¬
der gibt sich die größte Mühe, nach außen hin froh zu
scheinen, aber man fühlt es sofort heraus, daß der Be¬
treffende im Innern durchaus nicht froh, sondern sogar
davon überzeugt ist, daß allesrecht schlechtgeht.
Nicht die Deutschen, sondern das Kriegsministerium
wird jetzt in England am meisten verflucht. Und was
ist der Grund hierfür? Dem englischen Volke, das jetzt
gelernt hat, die Augen aufzusperren, grinst plötzlich das
Gespenst der Niederlage aus dem dichten Nebel
entgegen. Und dieses Gespenst trägt einen Helm! Wenn
nicht vieles sich ändert, wird dieses immer mehr wach¬
sende und sich reckende Gespenst eine Dauer annehmen,
die ihre Kinder urid Kindeskinder noch fühlen Werdern
Vielleicht gibt es Engländer, die bei diesen Worten
„Rot" (Unsinn) sagen; aber das englische Volk sagt dies
sicher nicht, seitdem ihm vor drei Monaten die Augen
geöffnet wurden. Eine Frage bleibt noch zu eröttern.
Welches Ende wird dieser Krieg haben? Die Ant¬
wort ist, selbst für die Optimisten leicht zu geben. Wenn
nicht eine Aerrderung eintritt, so gibt es nur noch —
die Niederlage. Und welche Pflicht haben wir Ka¬
nadier, um dagegen anzukämpsen? „Munition und Ma¬
schinengewehre und immer wieder Munition und Ma¬
schinengewehre" — sagt Lloyd George." (ctr. bln.)
Englands Nahrungssorgen.
England wollte uns aushungern und muß jetzt
«rieben, daß ihm nicht nur dieser teuflische Plan miß-