Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

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fit. 207. 
Mittwoch de« S. September 1915. 
42. Zahrgang. 
Die Russen stellen sich. — Neue Niederlagen der Russen an der Wolhy- 
nischen Grenze. — Blutig abgewiesene Angriffe der Italiener. 
Set tzeiiM Soaesöertdftt. 
wtb Großes Hauptquartier, 7. Sept. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Be; einem erfolgreichen Minenangriff gegen eine 
feindliche Sappe nördlich von T i r m u i d e n wur¬ 
den einige Belgier gefangen genommen und ein 
Maschinengewehr erbeutet. 
Nördlich von Souchckz wurde ein schwacher 
feindlicher Handgranateuangrifs abgewiesen; ein 
feindlicher Vorstoß bei Sondernach in de» Bogesen 
scheiterte. 
Lebhafte Feuerkämpfe entwickelten sich in der 
Champagne sowie zwischen Maas und M o- 
f-l. 
Bei einem feiMichen Fliegerangriff auf 
Licht er selbe (nördlich von Roulers in Westflan¬ 
dern) wurden sieben belgische Einwohner getötet, 
zwei verletzt. 
Deutsche Kampfflieger brachten ein feindliches 
Flugzeug über Cappel (südöstlich von St. Avold) 
zum A b st u r z; die Insassen sind tot. 
Oestliche,r Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls 
von Hindenburg. 
Die gestern auf Daudsewas (südöstlich von 
Friedrichstadt) Vorstotzende Kavallerie brachte 79V 
russische Gefangene und 5 Maschinengewehr«' ein. 
Oestlich und südöstlich von G r o d n o hat der 
Feind von westlich Skidel bis Wolkowysk Front, ge¬ 
macht. In hartnäckigen K ä m p s e n sind un¬ 
sere Truppen im Vordringen.über die Abschnitte 
der Pyra und Kotra. Zwischen dem Njemen und 
Wolkowyst gewann die Armee des Generals von 
Gollwitz an einigen Stellen durch nächtlichen Ueber- 
fall das Ostufer des Ros-Abschnittes. Es sind über 
tausend Gesänge ne gemacht. 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls 
Prinz Leopold von Bayern. 
Auch südlich von Wolkowysk bis zum Wald- 
gcbiet südlich von Rozana 40 Kilometer südwestlich 
von Slonim) nimmt der Feind erneut den Kamps 
an: der Angriff der Heeresgruppe ist im Fortschrci- 
ten. 
' Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls 
v. Mackensen. 
Der Gegner ist aus seinen Stellungen bei 
Chomsk und Drohiszyn geworfen . 
Südöstlicher Kriegsschauplatz. 
Der Kampf um den S e r e t h - A b s ch n i r t 
dauert an. Oberste Heeresleitung. 
Oestevreichisch-ungarischer Tagesbericht. 
wtb Wien, 7. September 1915. Amtlich wird 
gemeldet: 
Russischer Kriegsschauplatz: 
Tie Armee des Generals der Kavallerie v. Böhm- 
Ermolli.hat gestern den Feind bei Podkamien 
und Radziw'low geschlagen. Sie griff ihn itt 
ganzer 4V Kilometer breiter und stark verschanzter 
Front an und entriß ihm in heftigen, bis zum Hand¬ 
gemenge führenden Kämpfen das Schloß Podkamien, 
die stockwerkförmig befestigte Höhe Makutra südöstlich 
von Brody, die Stellungen von Radziwilow und 
zahlreiche andere zäh verteidigte Stützpunkte. Diy 
Schlacht dauerte an einzelnen Punkten bis in dick 
heutigen Morgenstunden. Ter Feind wurde 
überall geworfen und räumte st ellen¬ 
weise fluchtartig die Walstatt. Unsere 
Truppen verfolgen. Die. Zahl der bis gestern abend 
cingebrachten Gefangenen überstieg 3000. 
In Ostgalizien hatte die Armee des Grafen 
Bothmer starke Vorstöße des Feindes abzuwehren. 
Hingegen ließen di, russischen Angriffe auf die Front 
des Generals Pflanzer-Balsin nach. An der bessara- 
bischen Grenze zog sich der Gegner in seine 
ziemlich weit abgelegenen Stellungen zurück. 
Bei Nowofielca beschoß eine russische Bat¬ 
terie ein auf rumänischem! Boden stehendeck 
Bauerngehöft. In Wolhynien verlief dckr Tag 
verhältnismäßig ruhig. An der I a s i o l d a erran¬ 
gen unsere Truppen abermals örtliche Erfolge. > 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Die von uns erwartete Unternehmung des Fein¬ 
des in der Gegend des Kreuzbergsattels 
blieb nicht aus. Gestern früh setzten etwa fünf Ba¬ 
taillone von verschiedenen italienischen Brigaden zum 
Angriff auf unsere Bergstellungen zwischen dem 
Burgstall und der Pfannspitze an. Dieser Angriff 
wurde überall blutig abgewiesen; dev 
Feind verlor mindestens 1000 Mann. 
Im übrigen fanden im Tiroler Grenzgebiet, na¬ 
mentlich an der Tolomitenfront, und im Abschnitte 
von Lavaronne-Folgaria die üblichen Geschützkämpfe 
statt. Vielfach sind die Alpenvereinshütteni 
beliebte Ziele der feindlichen Artillerie. Dieser Tä¬ 
tigkeit fiel gestern auch die Mondronhütte im Ada- 
mellogebiete zum Opfer. An der Kärntner und 
?üstenländischen Front hat sich nichts Be¬ 
merkenswertes ereignet. 
Ter Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: 
von Hoefer, Feldpwrschalleutnam. 
Der Wechsel in den russischen Kommandostellen 
ließ bereits daraus schließen, daß nunmehr eine an¬ 
dere Taktik als die des fortgesetzten Rückzuges ver¬ 
sucht werden soll. Wahrscheinlich hat auch von eng¬ 
lisch-französischer Seite ein Druck ans die russische 
Regierung stattgefunden, nochmals unter allen Um¬ 
ständen das Gchlachtenglück zu wahren. Die inneren 
Verhältnisse des Riesenreiches, in das plötzlich mit 
iMgeheurem Druck eine Woge von 12 Millionen 
heimatlosen Flüchtlingen geschleudert wurde, mögen 
dazu veigetragen haben, die russische Heeresleitung 
zu dem ihr sicher nicht angenehmen Entschluß zu 
zwingen. Wie dem aber auch sei, die Russen haben 
auf einer Front von ungefähr 100 Kilometern, die 
sich von Nordwest östlich von Grodno und westlich 
von Skidel über Wolkowysk erstreckt und bis Gro- 
tana und noch dariiber hinausreicht, sich zur Schlacht 
gegen die ^-resgruppen Hindenburg und Prinz 
Leopold gestellt. 
Dieser Versuch der Russen gilt hauptsächlich dein 
Schutze von Wilna und soll sich der deutschen 
Heeresflut entgegenstenrmen, die unaufhaltsam nach 
Nordosten vordringt. Auf dem nördlichen Flügel der 
neuen Front sind die Armeen Eichhorn Und Gollwitz 
im Kampf mit den Russen. Der Rozana-Abschnitt 
zvischen dem Njemen und Wolkowysk wurde von der 
Armee Gollwitz durch einen wohlgelungenen nächt¬ 
lichen Ueberfall bereits an mehreren Stellen über¬ 
schritten, während die Armee Eichhorn über die Pbra 
und Kotra vordringt. Der linke Flügel der Ruflen 
wird von der Heeresgruppe des Prinzen Leopold arg 
bedrängt, die durch das Waldgebicz südlich von Gro- 
tano erfolgreich zum Angriff vorgcht. Entwickelt 
der Feind auch unleugbar eine starke PeVteidiaungs- 
krast, von Tag zu Tag wird der russische Nordflügel 
immer mchr von der Heeresmitte abgedrängt. 
Dir Heeresgruppe Mackensen hat die Russen, die 
ans einer Front von 20 Kilometern zwischen 
Ehomsk und Drohiczvn die nach Pinsk führenden 
Straßen und die Bahnlinie zu verteidigen suchten, 
geworfen und schreitet ostwärts vor. 
Auf dem s ü d ö st l i ch c n Kriegsschauplätze be¬ 
finden sich die deutschen und österreichisch-ungarischen 
Truppen in heißen Kämpfen um der: Besitz des Ost¬ 
ufers des S e r e t h. Weiter nördlich, an der 
galizisch-wolhhnischen Grenze, gegenüber von B r o- 
dv, erlitten die Russen eine empfindliche Nieder¬ 
lage. Der Weg der österreichischen Armeen Böhm- 
Ermolli führt in der Richtung auf Tubno und 
Rowno, die bekannten festen Plätze des wolhyni- 
schen Festungsdreiecks. Sie hat also das gleiche 
Ziel wie die Truppen, die nach der Eroberung von 
Luck den Sthr überschritten haben und in östlicher 
Richtung in der Verfolgung des geschlagenen Fein¬ 
des begriffen sind. 
Auf dem westlichen Kriegsschauplätze kom¬ 
men tue Kämpfe über ihren rein örtlichen Charak¬ 
ter nicht hinaus. Sie beschränken sich hauptsächlich 
ans Artilleriefeuer, Minenkampf und Luftgefechte, 
die bisher für die Deutschen erfolgreich verliefen. 
Ob.die gemeldeten lebhaften A r t i l l c r i k ä m p f e 
in der Champagne und,zwischen Maas und Mosel 
die Einleitung zu größeren Ereignissen sind, muß 
der weitere Fortgang der Dinge lehren. 
Freiheit der Meere und 
Friedensverhandlungen. 
In London muß doch schon eine starke Sehnsucht 
nach Frieden herrschen; denn sonst hätte man nicht an 
der Börse und in weiteren Geschäftskreisen so großen 
Wert gelebt auf eine Bemerkung, die der Minister 
Grey in semem jüngsten offenen Brief einfließen ließ. 
Im Hrnblick auf die Ausführungen unseres Reichs¬ 
kanzlers meinte er, es wäre sehr vernünftig, die F r e ft 
heit dev Meere znm Gegenstände von Beratun¬ 
gen, Begriffsbestimmungen und Abkommen nach die¬ 
sem Kriege zu machen, — „aber nichts als etwas 
abgesondertes und nicht, so lange kein Friede und 
keine Sicherheit gegen den .Krieg und deuffche Me¬ 
thoden zu Wasser und zu Lande bestehen." Man 
sieht, Sir Edward Grey hat seine „grundsätzliche" 
Bereitwilligkeit zu Abmachungen über die Meeres¬ 
sreiheft an zeitliche und sachliche Bedingungen ge¬ 
knüpft, die für die Verwirklichung vorläufig keine 
Aussicht geben. Wenn mau'trotzdem in diesem 
Satze eine Friedenstaube erblicken will, so hat man 
offenbar ein starkes Verlangen nach Beendigung des 
Krises. 
Es ist begreiflich, daß das Reutersche Bureau, die 
offizielle englische Nachrichtenfabvik, in der Mitteilung 
aus Washington über Aeußerungen des Kardi- 
nalsGibbons diesen Kirchenfursten ebenfalls auf 
die Frage der Meeresfieiheit verweisen läßt. Der 
Herr Kardinal soll danach gesagt haben: eine Ver¬ 
ständigung zwischen Großbritannien und Deuffchland 
über die sog. Freiheit der Meere könnte im weiteren 
Verfolge zu eimr Erörterung der Friedensbeding¬ 
ungen führen. 
Der Bericht fit noch nicht beglaubigt, aber er kann 
wohl zutreffend sein. Der Unterschied zwischen den 
beiden Aeußerungen lwäre der, daß Sir Edward 
Grey die Frage der Meeresfrecheft erst im Zusam¬ 
men h a n g e mit den Friedensverhandlungen er¬ 
örtert wissen will, während Kardinal Gchbons die 
Regelung des Meeresrechts als ein Vorspiel, eine 
Einleitung zu den Friedensverhandlungen be¬ 
trachtet. Dazu nröchten wir bemerken, daß die letz¬ 
tere Ansicht sich mehr dem deutschen Stand¬ 
punkt nähert. Die deutsche Regierung hat bekannt¬ 
lich in dem Notenwechsel mit der nordamerikanischen 
Regierung wiederholt chre Bereitwilligkeit kundge¬ 
geben, mft England eine Milderung des Seekriegs- 
Verfahrens auf Gegenseitigkeit zu treffen. Da han¬ 
delt es sich freftich nicht um die allgemeine und end- 
giltige Regelung der Freiheit auf dem Meere, aber 
doch um die teilweise Regelung der Frage in 
dem augenblicklich brennendenPunkte, und die deuffche 
Regierung war bereit, schon währenddes Krie¬ 
ges in Verhandlungen über die Milderung zu tre¬ 
ten. Das war ein Zeichen der Friedlichkeit Deuffch- 
lands, an das Präsidmt Wilson anknupfen könnte, 
wenn er den Zeitpunkt für eine vermittelnde Tätig¬ 
keit für gekommen erachten sollte. 
Einen noch deutlicheren Beweis seiner guten Ge¬ 
sinnung hat Deutschland kürzlich gegeben durch die 
Zusicherung, daß Passagierdampfer nur nach 
vorheriger Warnung und Gewährung von Ret- 
tungsmöglichkeiten torpediert werden sollen, 
wofern sie sich des Versuches der Flucht oder des 
Widerstandes enthalten. Diese Milderung des Ver¬ 
fahrens ist ein einseitiges Zugeständnis; dir 
deuffche Regierung hat auf Verhandlungen und auf 
Gegenleistungen verzichtet und einfach von sich aus 
zugestanden, was sie ohne Gefährdung der eigenen 
Jntercsien in Rücksicht auf di: politische Lage ge¬ 
währen zu können glaubte. Tie Verhältnisse liegen 
erfreulicher Weise so, daß Deutschland sich ein Zuge¬ 
ständnis erlauben kann, ohne in den Verdacht der 
Schwäche zu kommen. Das deuffche Volk versteht 
auch den Vorgang richtig zu beurteilen und zu wür¬ 
digen. Es weiß, daß unsere Tauchboote stark ge¬ 
nug sind; sowohl in ihren persönlichen Kräften, als 
in dem Material, um auch die Schwierigkeiten, die 
durch das umständlichere Verfahren gegenüber den 
Pafsagierschtssen entstehen, zu überwinden, 
ohne daß chre Gesamtaktion leidet, und es vertraut 
der Regierung und der richtigen Abwägung der klei¬ 
neren Nachteile und der größeren Vorteile. Im Be- 
wußffein unserer Stärke und Mllensfestigkctt könn¬ 
ten wir auch die Anbahnung Don Verhandlun¬ 
gen über die Freiheit der Meere fteimütig begrü¬ 
ßen, und wir würden uns durchaus nicht scheuen, 
wenn im Verfolge derselben die Friedensbedingungen 
zur Sprach: kämen. Wir dürftn ruhig unsere Frie¬ 
densliebe bekunden, da der Verdacht der 
Kriegsmüdigkeit oder gar der Furcht unter 
den gegenwärtigen Verhältnissen uns gar nicht 
treffen kann. 
Wrnn allerdings das Reutersche Bureau an die 
erwähnte Nachricht aus Washington die Bemerkung 
knüpft, die diplomatischen .Kreise des Vierverbandes 
wollten erst an Frieden denken, wenn i h r e Z i e l e 
gesichert seien, so hat der Friede noch wenig Aussich¬ 
ten. Ihr Ziel ist die Zertrümmerung und Schwä¬ 
chung der Zentralmächte, und dagegen müssen wir 
uns weiter wehren. Wir haben schon gezeigt, daß 
wir die Stärkeren sind. Diese tatsächliche Beweis¬ 
führung müssen wir so lange forffetzen, bis die 
Feind: selbst erkennen und gestehen, daß sie die Schwä¬ 
cheren sind, das ist die Vorbedingung des-Friedens. 
Der Krieg in vvln. 
Amtlicher französischer Bericht. 
wtb Paris, 7. Sept. 1915. Amtlicher Nachmittags¬ 
bericht vom Montag: Nachts Artilleriekampf bei Arras 
und Auberive. In den Argonnen Minenkämpfe. Unsere 
Flugzeuge bombardierten die Kasernen von Dieuze und 
Marchingen. «— Im amtlichen Bericht von Montag 
abend heißt es: In der Champagne, im Apvemontwalde 
uird an der Front Perthes—Beausejonr war der Artil¬ 
leriekampf besonders lebhaft. In de:: Vogesen am 
Schratzmännle und Hartmannsweilerkopf Kämpfe mit 
großtzü Bomben. Als Vergeltungsmaßregeln für die 
Belegung der offenen Stadt Luneville mit Bomben 
durch deutsche Flugzeuge bombardierten vierzig unsrer 
Flugzeuge den Bahnhof und die militärischen Anlagen 
von Saarbrücken. Bei Calais wurde ein deutsches 
Flugzeug zur Landung gezwungen. 
Ueber den Fliegerangriff auf Saarbrücken, 
den der französische Tagesbericht meldet, wird vom 
Wolfffchen Telegraphen-Bureau wie folgt berichtet: 
wtb Saarbrücken, 7. September 1915. 
Gestern vormittag zwischen 10 und y2ll Uhr er¬ 
folgte ein Angriff feindlicher Flieger ~ auf Saar¬ 
brücken. Drei Personen wurden getötet, 
sechs schwer, zwei leicht verwundet. 
wtb Saarbrücken, 7. Sept. 1915. Bon den bei 
dem gestrigen Fliegerangriff schwerverwundeten 
Personen sind.inzwischen zwei weitere ge¬ 
storben. Die Zahl der Toten erhöht sich damit 
auf f ü n s. 
Der Stand an der Westfront. 
Dev Berner „Bund" schätzt die Stärke der in 
Flandern stehenden Engländer aus mehr als 
800 000 Mann. Dabei sei allerdings zu beachten, 
daß die englischen Truppen einen sehr großen Troß 
beanspruchen und die Zahl der Gewehre in der Feuer- 
linie dadurch verringert werde. Immerhin, so ver¬ 
sichert der strategische Mitarbeiter des „Bund", haben 
diese Verstärkungen die'Franzosen in den Stand 
gesetzt, eigene Kräfte vom linken auf den rechten 
Flügel ihrer Gesamtfront zu verschieben und 
die Abschnitte der Argonnen, der Maas- und Mosel- 
ront und der Vogesen dichter zu belegen. Besonders 
ei das um Toul, Epinal und Belfort der Fall, wo 
jetzt wieder stärkere Reserven versammelt seien. 
Den Besuch des Generals I o f f r e in I t a l i >: n 
sicht der „Bund" als ein Zeichen dafür an, daß ein 
italienisch-französisches Zusammenwirken erwogen 
werde, daß anderseits aber auch eine englisch-franzö¬ 
sische Offensive großen Stils noch nicht gereist sei. (f.) 
Frankreich und die Kriegsgeiseln. 
wib Basel, 3. Schi. 1915. Die Basler Hilfsstelle, 
welche seit Monaten erfolgreich bemüht ist,'dir Lage 
der Geiselnin Frankreich und Deutschland zu ver¬ 
bessern, hat dieser Tage einen Abgeordneten nach 
Bern entsandt, um mit Vertretern der benachbarten 
kriegführenden Staaten die Frage der Freilassung 
der elsässischen Kriegsgeiseln zu besprechen. Leider 
hat sich ergeben, daß zur Zeft die französische Regie¬ 
rung daraus nicht erngehen kann. Es scheint, 
daß die Erwägung den Ausschlag gegeben hat, daß 
Deuffchland die gesamte Bevölkerung der besetzten 
Departements in Gewalt hat, während Frankreich 
nur wenige Geiseln besitzt, die es durch den Vorstoß 
ins Elsaß gewonnen hat. Es befürchtet, nach deren 
Freilassung keinerlei Einfluß mchr auf die Behand¬ 
lung seiner Staatsangehörigen unter deutscher Ver¬ 
waltung zu besitzen. Die Delegation hat den Ein¬ 
druck gewonnen, daß neue Vergeltungsnmßregeln von 
der einen oder anderen Seite nicht zum Ziele führ:» 
würden. 
wtb Basel, 6. Scht. 1915. Die Basler Hilfsstelle 
für Geiseln erklärt, daß sie selbst den kürzlich genvel- 
deten Standpunkt der französischen Re¬ 
gierung als verfehlt betrachtet. Das Kriegs¬ 
recht verlange nicht nur eine anständig: Behandlung 
der Geffeln, sondern auch chre alsbaldige Freilassung, 
sobald der Zweck, nanftich die Sicherung gegen Er¬ 
hebungen und sonstige Schädigungen seitens der Be¬ 
völkerung forffällt, spätestens wenn das okkupierte 
Gebiet wieder an die Gegenseite verloren geht. Dies 
trifft zu für den größten Teil der Verschlchpten, da 
der Sundgau seit 10 Monaten wieder in deuffchen 
Händen ist. Der von dem Boffchafter mitgeteilte 
Grund der ablehnenden Haltung Frankreichs be¬ 
fremdet, weil ja gerade Frankreich das Bestehen 
eines Notstandsrechtes im Völkerrecht leugnet. In¬ 
direkt läge darin die Anerkennung des Notstands- 
rechtes Deutschlands, als es sich über die belgische 
Neutralität mit Rücksicht auf von den übrigen Ga¬ 
rantiernächten drohende Gefahren hinwegsetzte. Unter 
allen Umständen müssen aber wenigstens diejenigen 
Geiseln, deren weitere Zurückhaltung eine Un¬ 
mensch l i ch> k e i t ist, wie die Trennung der Mütter 
von kleinen Kindern und die Gefangenschaft von 
Frauen und alten und kranken Männern, über die 
dem Boffchafter eine Liste überreicht wurde, nun end¬ 
lich unverzüglich ihre Freiheit wiedererlangen. 
Verunglückte Flieger. 
Basel) 6. Sept. 1915. Bon der französsichcn 
Grenze melden Zeitungen: Ein französisches 
Flugzeug versuchte dieser Tage in der Nähe des 
Hofgutes St. Heinrich bei Dentingen im Elsaß 
eine Landung vorzunehmen, geriet aber dabei in die 
Trahtumzäunung eines Weideplatzes und überschlug 
sich. Beim Aufswßen auf den Boden explodier¬ 
ten wahrscheinlich die mitgeführten Bomben, denn 
die beiden Insassen wurden bis zur Unkennt¬ 
lichkeit zerrissen. Der Flugapparat, der eben¬ 
falls zum größten Teil demoliert ist, wurde von den 
Militärbehörden übernommen. Die Ucberrestc der 
Flieger wurden in Dentingen mit militärischen 
Ehren bestattet, (ctr. fft.) 
Farbige Munitionsarbeiter. 
Ohne farbige Hilfe können Engländer und Fra„- 
zosen schon rein gar nichts mehr vollbringen. Dem 
„Petit Journal" zufolge ist jetzt sogar eine Anzahl 
eingeborener Arbeiter aus Anam, Tonking und 
Crchinchina nach Frankreich unterwegs, um in 
Flugzeug- und Munitionsfabriken zu Tarbes, Ca- 
stres, und Toulouse beschäftigt zu werden. Die fran¬ 
zösische Regierung beabsichtige binnen drei Monaten 
10 000 solcher eingeborener Arbeiter in Arsenale» 
zu beschäftigen. (N. C.) 
So müssen die Franzosen nicht nur neben den 
sonst verachteten Farbigen kämpfen, sondern auch in 
den Fabriken arbeiten. Die Fruch: dieser Berzwcis- 
lungssaat wird für Frankreich verderblich sein! 
Das Gespenst der Niederlage in England. 
In der großen kanadischen Zeitung „Toronto 
Globe" äußert sich Charles G o r d o n, ein bekannter 
kanadischer Schriftsteller und Geistlicher, der als Feld¬ 
pastor das 43. Bataillon der Cameron-Hochlünder nach 
Frankvrich begleitet hatte, daß England „sich dem Ge¬ 
spenst der Niederlage gegenüber sehe". Unter sei¬ 
nem Schriftstellernamen Ralph Connor schreibt er in 
dev kanadischen Zeitung folgendes: 
„Bei Ausbruch des Krieges glaubte wohl mancher, 
daß dieser Krieg eine ziemlich ernste Sache sei, aber nie¬ 
mand in ganz England, se'lbst Kitchener nicht, wußte bis 
vor drei Monaten, wie bitter ernst dieser Krieg 
für die Engländer sei. Jetzt weiß es Kitchener, Asquith, 
Lloyd George und Bonar Law — all wissen sie es, wie 
wternst dieser Krieg für England geworden ist. Und auf 
der Straße und in den Salons und Klubs in London 
fragen die Männer einander leise aus und sagen Dinge, 
die man nicht laut zu sagen wagt. Zwar gibt es noch 
immer Optimisten, die sich an vergangenen englischen 
Kriegslagen erbauen, aber diese befinden sich nicht auf 
praktischem Grund und Boden, sie schweben vielmehr in 
den Wolken. Aber wer imiyrr auf einen solchen Opti¬ 
misten stoßt, verdammt ihn, denn er ist nur dazu ge¬ 
eignet, vernünftige Männer irre zu führen. Jeder ver¬ 
nünftige Mensch in England, der Bescheid weiß,, sieht es 
ein, daß keine Möglichkeit des Sieges — 
aber auch absolut keine, und sogar wenig Hoff¬ 
nung auf einen Waffenstillstand vorhanden ist, wenn 
nicht verschiedene bestechende Tatsachen vollständig geän¬ 
dert wett«r. Der erste Eindruck, den man jetzt in Lon¬ 
don gewinnt, ist der, daß die tradittonelle englische 
Sicherheit und das Selbstbewuhtsein durch eine lä h- 
mendeUnsicherheit ersetzt sind. Man fühlt diese 
überall heraus, auf den Straßen und in den Hotels, im 
Hause der Gemeinen und selbst in der Presse. Man 
schließt dies nicht so viel aus dem, was gesagt wird, 
sondern vielmehr aus dem, was nicht gesagt wird. Je¬ 
der gibt sich die größte Mühe, nach außen hin froh zu 
scheinen, aber man fühlt es sofort heraus, daß der Be¬ 
treffende im Innern durchaus nicht froh, sondern sogar 
davon überzeugt ist, daß allesrecht schlechtgeht. 
Nicht die Deutschen, sondern das Kriegsministerium 
wird jetzt in England am meisten verflucht. Und was 
ist der Grund hierfür? Dem englischen Volke, das jetzt 
gelernt hat, die Augen aufzusperren, grinst plötzlich das 
Gespenst der Niederlage aus dem dichten Nebel 
entgegen. Und dieses Gespenst trägt einen Helm! Wenn 
nicht vieles sich ändert, wird dieses immer mehr wach¬ 
sende und sich reckende Gespenst eine Dauer annehmen, 
die ihre Kinder urid Kindeskinder noch fühlen Werdern 
Vielleicht gibt es Engländer, die bei diesen Worten 
„Rot" (Unsinn) sagen; aber das englische Volk sagt dies 
sicher nicht, seitdem ihm vor drei Monaten die Augen 
geöffnet wurden. Eine Frage bleibt noch zu eröttern. 
Welches Ende wird dieser Krieg haben? Die Ant¬ 
wort ist, selbst für die Optimisten leicht zu geben. Wenn 
nicht eine Aerrderung eintritt, so gibt es nur noch — 
die Niederlage. Und welche Pflicht haben wir Ka¬ 
nadier, um dagegen anzukämpsen? „Munition und Ma¬ 
schinengewehre und immer wieder Munition und Ma¬ 
schinengewehre" — sagt Lloyd George." (ctr. bln.) 
Englands Nahrungssorgen. 
England wollte uns aushungern und muß jetzt 
«rieben, daß ihm nicht nur dieser teuflische Plan miß-
	        
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