Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

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Hr. 208. 
Donnerstag den 9. September 1915. 
42. Jßbrqanq. 
veschictznng von Westende und Ostende. — Einnahme von Wolkowyöki. 
Schwere Kämpfe am Lereth. — Ruisifchee Rückzug hinter die Jkwa 
Schwere italienische Verluste. 
Ak deMk AgkkLmU. 
wtb Großes Hauptquartier. 8. Sept. 
'915. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Eine Anzahl feindlicher Schiffe erschien gestern 
ftüh vor Middelkerke, beschoß vormittags 
Westende und nachmittags Ostende. Vor dem Feuer 
»userer Küstenbatterien zogen sich die Schiffe »nieder 
«rück. Militärischer Schaden ist nicht angerichtet. 
In Ostende wurden ztvej belgische Einwohner ge¬ 
tötet. einer verletzt. 
An der Front verlief der Tag im übrigen ohne 
besondere Ereignisse. 
Ein bewaffnetes französisches Flugzeug wurde 
nördlich von 8 e M e s n i l (i« der Champagne), von 
einem deutschen Kampsslicgcr abgeschossen. Es 
stürzte brennend ab, die Insassen sind tot. 
Ein feirchlicher Fliegerangriff auf F r e i b u r g 
im Breisgau verlief ergebnislos. 
Oestlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalseldmarschalls 
von Hindenburg. 
In der Gegend von Daudsewas sind unsere 
Abteilungen im weiteren Vorgehen. 
Truppen des Generals v. Eichhorn setzten 
sich nach Kampf in de» Besitz einiger Seengc» bei 
Troki-Nowe südlich vo« Wilna). 
Zwischen Iezivry und Wolkowqsk schrei¬ 
tet der Angriff vorwärts. Wolkowhsk selbst und die 
Höhe« östlich und nordöstlich davon sind genommen; 
es wurden 2800 Gefangene gemacht und vier 
Maschinengewchre erbeutet. 
Heeresgruppe des Generalseldmarschalls 
Prinz Leopold von Bayern. 
In Idvr Gegend von I z a b e l i n (südöstlich von 
Wolkowysk) ist der Feind geworsen. Weiter südlich 
ist die Heeresgruppe im Vorgehen gegen die Ab¬ 
schnitte der Zelloianka und Rozanka. Nordöstlich 
von P ru z a n a dringen österreichisch - ungarische 
Truppen Lurch das Sumpfgebiet nach Norden vor. 
Es wurden rund 1000Gefangene gemacht. 
Heeresgruppe des Generalseldmarschalls 
v. Mackensen. 
Die Kämpfe an der Jasiolda nnd östlich 
Drohiczyn dauern an. 
Südöstlicher Kriegsschauplatz. 
Russische Angriffe bei Tarnopol sind abge¬ 
schlagen. Weiter südlich in der Gegend westlich von 
O st r o w ist ei» Vorbrechen des Feindes durch den 
Gegenstoß deutscher Truppen zum Stehen gebracht. 
* 
Die heutige russische Veröffentlichung über die 
Niederlage von zwei deutsche» Divisionen, die Ge¬ 
fangennahme von 150 Soldaten und di« Eroberung 
von 30 deutschen Geschützen und vielen Maschinen¬ 
gewehren ist frei erfunden. Kein deutscher 
Soldat ist auch nur einen Sehritt gewichen, kein Ge¬ 
schütz oder Maschinengeivehr ist in FeinöeShand ge¬ 
fallen. Hingegen warf der erwähnte Gegenstoß 
deutscher Regimenter den vordringenden Feind 
weithin zurück; eines davon machte 250 Gefangene. 
Oberste Heeresleitung. 
Oesterreichrfch-ungarifcher Tagesbericht. 
wtb Wien, 8. September 1915. Amtlich wird 
gemeldet: 
Russischer Kriegsschauplatz: 
Im wolhh nischen Festungsgebiet 
blieb gestern die Lage unverändert. Einige russische! 
Gegenangriffe brachen miter unserem Feuer zu¬ 
sammen. 
Weiter südlich hat onser Sieg bei Podkamien 
und Radziwilow den Feind in einer Aus¬ 
dehnung von 90 Kilometern z»m Rück¬ 
züge hinter die Jkwa gezwungen. Un¬ 
sere Truppen verfolgen. 
Am Ser et h tam es zu erbitterten Kämpfen. 
Der Gegner brach mit überlegenen Kräften aus sei¬ 
nen bei T a r n o p o l und S t r «s o w eingerichteten 
briickenkopfarttgen Verschanzungen hervor. Die bei 
Tarnopol vordringenden Rüsten wurden durch einen 
Gegenangriff deutscher Truppen zurückgcworfen. Im 
Raume westlich und südwestlich von Trembowla 
stt der Kamps noch im Gange. Nächst der Sereth- 
mündung erstürmten die unter dem Befehl der 
Generale Benigni und Fürst Schönburg stehenden 
k. und k. Truppen die feindliche Stellung nordwestlich! 
von Szuparka, wobei 20 russische Offiziere unds 
4400 Mann gefangen genommen und 7 Ma¬ 
schinengewehre erbeutet wurden. 
Bei den österreichisch-ungarischen Streitkräften 
an der Jasiolda nichts Neues. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Im Raum des Kreuzbergsattels trat nach 
der vorgestrigen Niederlage der Italiener Ruhe ein. 
Ihre Verluste waren größer, als anfänglich 
angenommen wurde. Beim Aufräumen des Ge- 
scchtsfeldes zählten unsere Truppen allein vor der 
Pfannspitze, der Cinra Frngnoni und dem Eisenreich- 
kaumre über 400 Feindeslcichen. Tie Lage ans dem 
italienischen Kriegsschauplätze ist durchaus unverän¬ 
dert. Im Abschnitte D o b e r d o wiese« unsere 
Trupp«» heute früh einen feindlichen Vorstoß gcgsri 
den vorspringenden Teil der Karsthochfläche zurück. 
Italienische Infanterie, die sich östlich Vermiglionä 
Vorarbeiten wollte, wurde mit Handgranate« verjagt. 
Der Stellvertreter des Chefs des Generalftabs: 
von Hoefer, Feldmarschalleutnan,. 
Dev Widerstand, den die Russen in breiter 
Front am Njemen von Jesiorh bis in das Sumpf¬ 
gebiet nördlich von Pruzana den verfolgenden Ar- 
'ntezn entgegensetzten, ist bereits gebrochen. Die 
Armee Gallwitz hat Wolkowischki und die umliegen¬ 
den Höhen genommen und bei Izabelin, 9 Kilometer 
ftidöstlich, ist der Feind von der Heeresgruppe des 
Prinzen Leopold von Bayern geschlagen worden, die 
«weiter südlich gegen den sumpfigen Abschnitt vorgeht, 
den die von Süden zum Njemen ziehende Zelwiauka 
mit ihrem Zufluß der Rotzanka bildet. 24 Kilometer 
von Wolkowisclsti und 34 Kilometer westlich von Slo- 
irait überschreiten ihn die Bahn und die große Straße 
in die kurz vorher verschiedene Straßen ciugemündet 
sind. Auf dem rechten Flügel der Heeresgruppe gehen 
österreichisch-ungarische Truppen nach Norden durch 
dis Sümpfe vor. An der Jasiolda stehen ebenfalls 
Hoeresteile unseres Verbündeten im Kamps als lin¬ 
ker Flügel der Gruppe Mackensen, die mit dem rech¬ 
ten zunächst den Gegner aus der Lime Chomst—Dro- 
hiczhn geworfen hatte und mit ihm jetzt weiter östlich 
cm der Bahn nach Pinsk im Gefecht ist. 
Auch von deM nördlichen Teil des Kriegs¬ 
schauplatzes werden Erfolge gemeldet. Truppen des 
Generals v. Eichhorn ist es gelungen, sich den Besitz 
einiger Engen zwischn den Seen bei Troki Nowe, 
etwa 23 Kilometer von Wilna, zu besetzen. _ Sie 
stehen damit in unmittelbarer Nähe der Bereinigung 
der Bahnen von Kowno und Grodno nach Wilna. 
Bei der Armee Below ist in der Gegend von Daud- 
srwas, tvo unsere Heereskavallerie fast 800 Gefangene 
gemacht und fünf Maschinengewehre erbeutet hatte, 
ein tveiteres Vorgehen zu verzeichnen. 
Im S ü d o st e n konnte die Armee des Generals 
von Böhm-Ermolli am Montag von dem schon in 
Rußland gelegenen Radziwilow nach Süden bis nach 
Podkamien eine große russische Stellung stürmen und 
den Feind zum teilweise fluchtähnlichen Rückzug 
ztvingen. Jetzt stellt sich heraus, daß er in einer 
Breite von 90 Kilometer hinter die Jkwa ge¬ 
wichen ist. Dagegen versuchte er bei Ostrow 
Gegenstöße und schreibt sich in seinem amtlichen Be¬ 
richt Erfolge zu, deren Unrichtigkeit von unserer Ober¬ 
sten Heeresleitung dargetan wird. Bei Tarnopol ist 
ein russischer Angriff abgeschlagen worden. Gegen¬ 
über der an der Serechmündung fechtenden Armee 
des Generals Pflanzer-Baltin war es neuerdings 
Uvorden, jetzt haben seine Truppen eine starke 
S Stellung bei Szuparka genommen und 4400 
gefangen, außer sieben Maschinengewehren, die 
in ihre Hände gefallen sind. 
Greys Doppelspiel. 
TaS gescheiterte Neutralitätsabkommen. 
:: Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" ver- 
oftottü».*#- ix» ihr die Mitteilungen des Londoner 
Auswärtigen Amtes über die deutsch-engli¬ 
schen Verhandlungen im Jahre 1913 
nun im Wortlaut vorliegen, eine Reihe neuer Be¬ 
lege für die aufrichtigen Bemühungen, im Winter' 
1912 mit England zu einer den Weltfrieden sichern¬ 
den Verständigung zu gelangen. Diese Bemühungen 
sind gescheitert lediglich an der Weigerung des eng¬ 
lischen Kabinetts, Deutschland Neutralität auch nur 
für d e n Fall zuzusichern, daß ihm ein .Krieg a u f- 
ezwungen tverden sollte, also nicht absolute 
eutralität, tvie das den Tatsachen entgegen Mr. 
Asanith in öfseMlicher Rede behauptet hat. Ans der 
Berichterstattung des damaligen deutschen Botschaf¬ 
ters Grasen Metternich geht klar hervor, daß 
die englischen Minister damals ganz unumwunden 
zugegeben haben, daß nicht die verschiedenen jetzt vor¬ 
gebrachten Argumente, sondern lediglich die Sorge 
um die Beziehungen Englands zu Rußland und 
Frankreich für chre Haltung ausschlaggebend sei. 
So berichtet Graf Metternich noch am 17. März 
1912 u. a.: 
„Zur Erläuterung des Abkommens, das mir heute 
Sir Edward Greh nach erneuter Ministerratssitzung 
für den Fall einer Einigung über die Flottennovelle 
vorgeschlagen hat, und dessen Wortlaut ich/gleichzeitig 
telegravhisch übermittele, bemerkte der Minister, er wolle 
mir offen sagen, weshalb die englische Regierung Ab¬ 
stand nehme, das Watt „neutral" oder „Neutralität" 
in das Abkommen aufznnehmen. Er müsse bei dem 
vorgeschlagenen Abkommen nicht nur die Beziehungen 
zu Deutschland, sondern auch zu andern Ländern berück¬ 
sichtigen. Die englische Regierung müsse mit der Tat¬ 
sache der wachsenden Seemachr Deutschlands rechnen, 
welche mit der geplanten Flottennovelle eine bedeutende 
Verstärkung erfahren werde. England könne daher nicht 
seine bisherigen Freundschaften aufs Spiel setzen. Ein 
direktes Neutralitätsabkommen würde unbedingt die 
französische Empfindlichkeit reizen. Dies müsse die eng¬ 
lische Regierung vermeiden. Er könne nicht so weit 
gehen, die Freundschafi zu gefährden. 
Eine ihm nach diesem Gespräche gegebene In¬ 
struktion der deutschen Regierung glaubte Graf 
Metternich dahin auslegen zu sollen, daß nur eine 
die absolute Neutralität Englands garantterendes 
Abkomnien diesen Voraussetzungen entsprechen 
werde. Er hat sich, wie die englische Veröffentli¬ 
chung zutreffend erwähnt, auch in diesem Sinne 
gegen Sir E. Grey ausgesprochen. Daß aber der 
Botschafter diese Forderung nachträglich, und zwar 
aus Weiinng des Reichskanzl-rs,. z ur ü ckg c z o g e n 
hat, erwähnt das „Foreign Office" nicht. Als näm¬ 
lich Graf Metternich berichtete, S:r E. Grey habe 
darauf hingewiesen, daß bei den Besprechungen 
Lord Haloenes mit dem ReihSlanzler über die Nen- 
traliiötssormel nicht wie jetzt, absolute Neutralität 
gefordert worden seien, erhielt der Botschafter die In¬ 
struktion, dem Minister zu sagen: 
daß der deutsche Vorschlag sich an den von Lord Hal- 
dane selbst in Berlin skizzierten Entwurf anJWpie, über 
den er bezüglich der Neutralität nicht hinanSgehe. Auch 
billige der Reichskanzler den Wortlaut der beiden von 
Gras Metternich vorgeschlcrgenen Zusatzformeln zu dem 
englischen Entwurf: 
„England wird daher mindestens wohlwollened Neu¬ 
tralität beobachten, falls Deutschland ein Krieg aufge¬ 
zwungen werden sollte", 
Ä>er: 
„England wird daher selbstverständlich neuttal blei¬ 
ben, falls Deutschland ein Krieg aufgezwungen wird", 
in denen absolute Neuttalität nicht verlangt 
werde. Im übrigen komme es der Kaiserlichen Regie- 
rung nicht auf den Wortlaut, sondern auf den In¬ 
halt der englischen Zusicherungen ag. Deutschland 
müsse die Gewißbeit haben, von England weder direkt 
noch in einem ihm von dritter Seite aufgezwungenen 
Krieg angegriffen zu werden . 
Graf Metternich meldete daraufhin am. 26. März, 
daß er Mort und ehe der englische Ministcrrat eine 
endgiltige Entscheidung treffe, betonen werde, daß 
die deutschen Formeln' nur relative Neutralität vor¬ 
sähen und daß deutscherseits eine Zusicherung abso¬ 
luter Neutralität von England nicht erwartet werde. 
Er glaube, daß dies die Möglichkeit einer Verständi¬ 
gung wieder in größere Nähe rücke. 
Die Hoffnung des Botschafters sollte sich nicht 
verwirklichen. Selbst die Aussicht, die die deutsche 
Regierung England eröffnet habe, von dem Albdruck 
der deutschen Seerüstungen erleichtert zu werden, 
vermochte — so schließt die Norddeutsche chre um¬ 
fangreiche Veröffentlichung — die englische Regie¬ 
rung nicht dazu zu bestimmen, die Hand zu ergrei¬ 
fen,' die Deutschland ihr entgegenstreckte. England 
wünschte an dem Kampf zur Niederwerfung 
Deutschlands teilzunehmen. Derselbe englische 
Minffter, der am 17. März 1912 dem Grafen Met¬ 
ternich versichert hatte, daß seine Politik darauf ge¬ 
richtet sei, eine erneute Gruppierung der Mächte in 
zwei Lager zu vermeinden, führte nur wenige Mo¬ 
nate später den bekannten Notenaustausch mit dem 
französischen Botschafter herbei, der den Zusam¬ 
menschluß Frankreichs und Englands 
gegen Deutschland auch formell besiegelte, 
und er war im Frühjahr vorigen Jahres entschlos¬ 
sen, England und Rußland in gleicher Weise festzu¬ 
legen. Selten hat wohl ein Staatsmann sein Wort 
so wenig in die Tat umzusetzen vermocht, wie Sir 
Edward Grey, der stets Verständigung, Abrü¬ 
stung, Frieden und Konferenzen im Munde führte, 
gleichzeitig aber die herausfordernde militärische 
Politik der Entente verschuldet und gefördert hat, 
der Europa die Katastrophe verdankt, die jetzt über 
es hereingebrochen ist. 
Als Kuriosum sei erwähnt, daß die englische 
Kundgebung sich als Eideshelfer für die Behaup¬ 
tung, daß der Krieg tatsächlich ein Angriffs¬ 
krieg sei, auf das wortbrüchige Italien be¬ 
ruft. Wir haben besttmmte Gründe für die An¬ 
nahme, daß die neugeknüpsten Beziehungen zu dem 
durch seinen Verrat für alle Zeiten gekennzeichne¬ 
ten Italien von seinen jetzigen Bundesgenoffen als 
etwas, dcffcn man sich zu schämen habe, angesehen 
werden. Wie die Anruftmg d"s italienischen Zeug¬ 
nisses lehrt, bildet die englische Regierung, die mtt 
einem so edlen Enthusiasmus für die Heiligkeit der 
Verträge in den Kampf gezogen ist. in dieser Hin¬ 
sicht eine Ausnahme. - 
Per Krieg iw Besten. 
Amtlicher srantösischer Bericht. 
vtb. Paris, 7. Sept. 1915. Amtlicher Bericht bo" 
Dienstag nachmittag: Kanonaden mit Bomben unv 
Petarden um Souchez und Neuville während eines Teiles 
der Nacht. Südlich von Arras, in der Champagne sowie 
in den Vogesen in Lussegebiet sehr lebhafte Tätigkeit 
beider Artillerien. Deutsche Flugzeuge bewarfen 
gestern und heute vormittag Gerardmer mit Bomben. 
Der letzte Angriff forderte zwei Opfer. — Abendbericht. 
Unsere Artillerie beteiligte sich im Gebiet von Nieuporte 
an dem Bombardement gegen die deutschen Küsten¬ 
batterien in Westende durch die englische Flotte. Auf 
den übrigen Teilen der Front Artilleriekämpfe, im 
Verlaufe derer wir bei Arras die feindlichen Anlagen 
schwer beschädigten. Auf daS Bombardement eines 
Viertels von Raon-l'Etapc folgte unsrerseits ein Ent¬ 
gegnungsfeuer auf deutsche Quartiere hinter der Front 
des Rabodeautales. Gleichfalls als Erwiderung auf 
das Bombardement offener Städte bewarfen französische 
Flieger den Bahnhof und die militärischen Anlagen von 
Freiburg (Breisgau). Ein Brandherd wurde festgestellt. 
Alle Flieger kehrten zurück. Desgleichen wurden die 
Bahnhöfe von Saarburg und anderen Orten mit Bomben 
belegt, ebenso durch ein Lenkluftschiff die Eisenbahnlinie 
von Pöronne. 
Ein französisches Flugzeug abgestürzt. 
'.vlb Saarbrücken, 8. Setzt. 1915. Am Montag 
morgen gegen 10 Uhr stürzte am Friedhof von 
Cappel, Kreis Avvld. ein französisches Flng- 
leua ab. Tie Insassen, ein Kapitän und ein T-er- 
lwanrmrljor, sind tot. Ter Kapitän rvar bis zur Un¬ 
kenntlichkeit verstümmelt, der Sergeantmajor entsetz¬ 
lich zugerichtet. Das Flugzeug, auf dem sich ein 
Maschinengewehr. Karabiner und fünf Bomben be¬ 
fanden, war völlig von Schüssen durchbohrt. Bei 
dem Kapitän wurde ein Stadtplcm von Saarbrücken 
vorgefunden. 
Der Angriff feindlicher Flieger auf Saarbrücken. 
Eins der französischen Flugzeuge, das an dem 
Angriff auf Saarbrücken teilgenommen hat, ist mit 
seinen Insassen zugrunde gegangen. 
wtb. Saarbrücken. 8. Sept. 1915. Am Montag 
morgen gegen 10 Uhr stürzte am Friedhof von 
Eappel (Kreis St. Avold) ein französisches Flug¬ 
zeug ab. Die Insassen, ein Kapitän und ein Sergeant- 
maior, waren beide tot. Der.Kapitän war bis 
zur Unkenntlichkeit verstümmelt, auch die Leiche des 
Sergeantmajors war entsetzlich zugerichtet. Das 
Flugzeug, auf dem sich ein Maschinengewehr, ein 
Karabiner und fünf Bomben fanden, war voll¬ 
ständig von Schüssen durchbohrt. Bei dem 
Kapitän wurde auch ein Stadtplan von Saarbrücken 
vorgefunden. 
Deutsche Ritterlichkeit. 
vtb. Belfort, 3. Sept. 1915. Meldung der 
Agence Havas. Am Montag abend warf ein in 
großer Höhe über dem an der früheren Grenze 
gelegenen Elsässer Dorfe Chavannes sur l'Etang 
ichwebendes deutsches Flugzeug einen Kranz ab, 
welcher die Aufschrift trug: „ä psuouck wort ön dero«» 
s»n ndv*T«aire“. (Gewidmet dem als Helden ge¬ 
storbenen Pegoud von seinem Gegner.) 
Deutsche Luftschiffe über England. 
cvtb. London, 8. Sep:. 1915. Meldung des 
Rcuterschen Bureaus. Das Preffebureau meldet, 
daß in der vergangenen Nacht feindliche Luftfahr¬ 
zeuge den östlichen Grafschaften einen Besuch 
abstatteten und Brände und persönliche Unfälle 
verursachten. 
Die Sttmmung in Irland. 
Während John Redmond sich bemüht, die Ir¬ 
länder als die eifrigsten Anhänger Englands in dem 
jetzigen Kriege darzustellen, gelingt es von Zeit zu 
Zeit, Mitteilungen über die wahre Stimmung in 
Irland zu erhalten, die er aufnierksamen englischen 
Zensur entgehen. Der größte Teil der irischen Be¬ 
völkerung der grünen Inseln rst bekanntlich seit 
Jahrhunderten der englischen Herrschaft alles an¬ 
dere, denn günsttg gesinnt. Eine Reihe von Zei¬ 
tungen, die diese Sttmmnna vertreten, haben be¬ 
reits vor Kriegsausbruch bestanden. Die englische 
Regierung hat ihnen jedoch den Maulkorb urngclegt 
und eine ganze Reihe von Zeitungen und Zeitschrif¬ 
ten sahen sich daher gezwungen, ihr Erscheinen ein¬ 
zustellen. Einige tapfere irffche Politiker wagten 
trotzdem ihren Protest gegen England ständig zu 
erneuern. Besonders unangenehm machte sich F. 
Sbeöhy Skeffington, der Chefredakteur des in 
Dublin erscheinenden „Irish Citizen" bemerkbar. 
Als die Zensur ihm zu arg mitspielte, äußerte er . 
seine Meinung in improvisierten Volksversammlun¬ 
gen auf offener Straße. Als er vor Tausenden von 
Leuten unter dem lebhaftesten Beifall seiner Zu¬ 
hörer erklärte, der jetzige Krieg gehe Irland gar 
nichts an, Irland müsse neutral bleiben, und kein 
Irländer dürfe die Waffe für England ergreifen, 
wurde er verhaftet und ohne Prozeß zu sechs Alo- 
natcn Zwangsarbeit verurteilt. Gleichzeitig er¬ 
klärte der Richter, Skeffington müsse Bürgschaft für 
ferneres Wohlverhalten stellen, und als er sich wei¬ 
gerte, dies zu tim, wurde er zu weiteren sechs Mo¬ 
naten Zwangsarbeit verurteilt. Skeffington er¬ 
klärte jedoch, daß er diese Strafe nicht büßen werde 
und daß er in einigen Tagen bereits aus der Hast 
entlassen sein würde. Dieses Versprechen hat er 
gehalten. Nach dem Beispiel der Suffragetten hat 
er sich geweigert, irgendwelche Nahrung anzuneh- 
mcn, er 'hat es fertig gebracht, sechs volle Tage ohne 
einen Bissen zu essen und drei volle Tage selbst 
ohne ettvas zu trinken, auszuhalten. Er wurde dar¬ 
auf auf ärztliches Zeugnis auf Grund des berühm¬ 
ten „Katz- und Mausgesetzes" aus der. Haft enilas- 
sen und sollte zur Weiterverbüßung seiner Strafe 
nach Kräftigung seiner Gesundheit wieder eingezo¬ 
gen werden. Er hat es jedoch vorgezogeu, Irland 
vorläufig zu verlassen, und es ist ihni gelungen, auf 
dem amerikanischen Dampfer „St. Paul" nach den 
Vereinigten Staaten zu entkommen. Er hat letzt 
in Ncw-York mit Hilfe der irischen Gesellschaften 
eine gröle Bortragsrundreise angekündigt, auf der 
er für die Freiheit Irlands zu wirken gedenkt. 
(ctr. bln.) 
Per flnnilelsRries mm EMmii 
Der N-Bool Krieg. 
wtb Amuidrn, 8. Sept. 1915. Der Fischdampfer 
.,Verano" landete hier 18 englische Fischer, nämlich 
Oie Besatzungen der Schiffe „Emanuel" (169 -rön¬ 
nen), „Embleme" (97 Tonnen), „Victorrous" 
A078 Tonnen) und „Constance" (900 Tonnen). 
Alle Schiffe, die aus Lowestoft sind, wurden am 
Montag nachmittag 44 Meilen Ostsüdost Lowestost 
von zwei deutschen Unterseebooten versenkt. 
wtb London, 8. Sept. 1915. Meldung des Reuter- 
schen Bureaus. Der Dampfer „Douro" ist ver¬ 
senkt Worden; die Besatzung Wurde gerettet. 
London, 7. Sept. 1916. Lloyds meldet, daß der 
britische Dampfer „Mimosa", 3466 Tonnen groß, 
versenkt Worden ist, die Besatzung ist gerettet. 
«tb Bordeaux, 8. Sept. 1915. Der Frachtdampfer 
Bordeaux" (Compagnie Transatlantique) Winde 
zwölf Meilen von Kap Coubre versenkt. Tie 
Besatzung wurde gerettet. 
wrd London, 8. Sept. 1915. Wie „Lloyds" meldet, 
ist die norwegische Bark „Storesand" versenkt 
und die Besatzung gerettet worden. 
Ein Geschütz an Bord des „Hesperian". 
wtb Haag, 7. Sept. 1915. Der „Nieuwe Rotter- 
domsche Courant" meldet aus New-Pork: Die Ver¬ 
senkung des „Hesperian" wird von der Presse mtt 
großer Zurückhaltung besprochen, weil in dem Be¬ 
richte des amerikanischen Konsuls zugegeben wird, 
daß der Dampfer ein Geschütz an Bord hatte, 
das am Heck aufgestellt war. 
Doch ein Amerikaner umgekommen? 
wtb London, 8. Sept. 1915. Meldung des Reu- 
terschen Büros: 2>ie „Times" erhält von dem nord- 
mnerikamschen Konsul in OiueensWttm die offizielle 
Mitteilung, daß ein Amerikaner aus New 
Jersey beim Untergang der „Hesperian" umkam 
— Die „Daily News" meidet aus Washmglon: Das 
Staatsdpartement erhielt von dem amerittmischen 
Botschafter in London, Page, einen vorläufigen Be¬ 
richt über die Versenkung der „Hesperian", wie sie 
sich auf Grund der von amerikanischer Seite ange- 
stellten Untersuchung darstelle. Der Bericht widptz
	        
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