Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

sowie 'der Börse wurden gleichsalls getroffen. Eine 
Bombe siel auch in der Nähe des Towers, eine an¬ 
dere in der Nähe der Londonbrücke. Große Zer¬ 
störungen werden auch aus zahlreichen Orten der Um¬ 
gebung Londons gemeldet. 
DDP Kopenhagen, 24. Sept. 1915. Ein hier ein¬ 
getroffener Augenzeuge des letzten. Zeppelinan¬ 
griffs auf London schildert seine Eindrücke wie folgt: 
Ich war im Theater, mitten in der Vorstellung fingen 
die Leute an das Haus zu verlassen. Erst waren es 
nur wenige, die aufftanden, aber nach und nach ver¬ 
größerte sich die Zahl. Ich konnte nicht ergründen 
was geschehen war. Plötzlich griff mich mein Beglei¬ 
ter am Arm und flüsterte mir zu: „Zeppeline" und 
mW hörte ich auch ganz deutlich Schuß auf Schuß 
und Explosion auf Explosion, die näher und näher 
ertönten. Inzwischen leerte sich das Theater ganz. 
Nur hin und wieder hörte man noch das nervöse 
Weinen von Frauen. Vor dem Theater war alles 
in Bewegung. Die Leute stürzten nach- allen Rich¬ 
tungen davon. Automobile, Wagen und Omnibusse 
kreuzten einander und den Hintergrund des ganzen 
Schauspiels bildeten die Bombencxplosionen der 
Zeppeline. Es war in diesem Augenblick nicht gerade 
behaglich, auf den Straßen zu sein. Keiner wußte ja, 
ob er nicht im nächsten Augenblick eine Bombe auf 
den Kopf oder eine Granate von den ununterbrochen 
auf die Zeppeline schießenden englischen Posten bekam. 
Ich eilte in die Untergrundbahn und fuhr nach Hause, 
wo ich von meinem Fenster aus den Feuerschein 
brennender Häuser sah, während die Zeppeline lang¬ 
sam wieder fortflogen. Die Sonne des nächsten Ta¬ 
ges offenbarte die Zerstörungen in ihrer ganzen 
Schrecklichkeit. Hier und da waren tiefe Löcher 
von den Explosionsbomben gerissen. In vielen Häu¬ 
sern war kein Fenster ganz geblieben. Bisweilen sah 
man bis auf den Grund gespaltene 
Häuser. Die Zeppeline verwendeten zwei Arten 
von Bomben. Tie eine war mit einer brennbaren 
Flüssigkeit gefüllt, die sich durch die Explosion entzün¬ 
dete und die getroffenen Häuser brennend überfließt. 
Die zweite Art durchbohrte das ganze Hans und ex¬ 
plodierte erst im Keller. Diese letzte sichtete selbst¬ 
verständlich den größten Schaden an. (ctr. bin.) 
Die Kämpfe in Ostgalizien. 
K. «. k. Kriegspressrquartier, Mitte Sept. 1915. 
Der zwischen Sereth und Strypa tobende Kampf, 
kn welchem die Russen starke Kräfte einsetzten und 
chren angeblich geringen Munitionsvorrat verschwen¬ 
deten, wurde von der russischen Heevesleitung als 
neue, erfolgverheißende Offensive, ja sogar als 
Wende in dem bisherigen den Verbündeten gün- 
tigen Kriegsverlauf dargestellt. Mein jüngster Be¬ 
uch in Ostgalizien und die dort gewonnenen Ein- 
»rücke haben in mir die Ueberzeuguny reifen las¬ 
en, daß die Russen mit ihrer Teil-Offensive vor¬ 
nehmlich zwei politische und einen untergeordneten 
stvategischen Zweck verfolgen: Nach der Uebernahnre 
des Oberkommandos durch den Zaren müssen die 
treuen Untertanen durch Erfolge, seien sie auch 
Phhrruserfolge, geblufft fowden; zweitens ist die 
russische Heeresleitung aus innerpolitischen Grün¬ 
den bestrebt, wenigstens einen schmalen Streifen 
fremden Gebietes besetzt zu halten, damit dem un¬ 
geheuren Verlust heute ein wenn auch winziger Ak- 
ttvposten gegenübergestellt werden kann, dsittens hof¬ 
fen die Russen durch ihre Angriffe, starke österrei¬ 
chische Kräfte zu binden. 
Das Kampfgebiet, sowie der übrige bis an die 
Reichsgrenze am Zbruczfluß sich erstreckende Teil 
wird Galizisch-Podolien genannt und zeichnet sich 
durch die berühmte schwarze Erde aus, welche Po- 
dolien zur Kornkammer Galiziens macht. Doch ist 
das podolifche Terrain entgegen dem Schlagwort; 
vom Flachland Qstgaliziens nicht eben, sondern hüge¬ 
lig. Die vielen größeren und kleineren Zuflüsse des 
Dnjestr nehmen oft einen vielfach gewundenen Lauf 
und bilden tiefe Einschnitte im Gelände, Besonders 
die Strppa und der sereth fließen zwischen zerklüf¬ 
teten Hügelzügen. In der Tarnapoler Gegend bildet 
Ser Sereth eine größere versumpfte Zone. Trem- 
bowla und Czortkow am Sereth sind von steil ans¬ 
teigenden Hügeln umgeben. Das Kampfterrain ist 
omit ziemlich schwierig und die Operationen wer¬ 
den noch durch den Umstand erschwert, daß die Stra¬ 
fen seit einem Jahre, das ist während 0i Russen- 
,errschast, vollkommen vernachlässigt wurden und 
durch die vielen Transporte unwegsam geworden 
sind. Dazu kam das seit vier Wochen andauernde 
Regenwetter, welches auch die halbwegs erhalten ge¬ 
diehenen Straßen geradezu unpassierbar niachte. 
Auf zum Grabe Ver heiligen Lioba. 
(Zum 28. September.) 
Seltsam srenrd und doch befreundet steht über den 
vom Zahn der Zeit zernagten Terrassen des Peters¬ 
berges, auf den rätselhaften Trümmern einer ver¬ 
sunkenen Welt, von der nur noch dunkle Erinnerun¬ 
gen und Sagen besichten, in der feierlichen Einsam¬ 
keit der Höhe die alte graue Kirche des Dorfes, das 
sich um den Fuß des Berges dehnt. Aus dem dunklen 
Snnern zwischen den frühromanischen Säulchen und 
ogen der Turmöffnungen fliegen noch die Nachkom- 
men der Eulen des alten Ugesberges, wie der Peters¬ 
berg bei Fulda früher hieß, und Sage und Legende 
schauen mit unergründlich dunklen Augen heraus 
und spinnen ihre geheimnisvollen Fäden weiter um 
Ks altersgraue Gemäuer der Kirche, über das ein 
Jahrtausend in wunderbaren Liedern ging und seine 
Runen in die Steine grub. 
Nur kurze Zeit darauf, nachdem Sturmius das 
Kreuz in der Silva Buchonia errichtet hatte, legte 
er den Grundstein zur Kirche aus dem Petcrsberge, 
die, von Rhaban ausgebaut, als ein Markstein an 
der Grenze zwischen Heidentum und christlicher Kul¬ 
tur in unserem Vaterlande ragt. Die Gruft der 
Kirche ist auf den Fels des Berges gebaut, dessen 
starre Kanten noch aus dem Bodenbelag hervorragen, 
und das geheimnisvolle bunte Licht der kleinen Fen¬ 
ster flutet darüber, als symbolisiere es das Morgen¬ 
rot des Christentums, das das hereinragende Urge- 
birge der heidnischen Religion unserer Vorfahren 
wunderbar überstrahlte. 
In dem Halbdunkel dieser Gruft ist der Stein¬ 
sarg der Base unseres Glauhensvajers Bonifatius, 
seiner unerschrockenen treuen Gehilfin in der Christia¬ 
nisierung Deutschlands, der heiligen Aebtissin Lioba, 
auf dem Altäre erhöht, dessen Vorderplätte noch die¬ 
selbe ist, auf der Rhabanus Maurus, der große Vor¬ 
kämpfer deutscher Gelehrsamkeit, der fünf Jahre aus 
dem Berge dem Gebete und dem Studium lebte, das 
heftige Meßopfer feierte. 
Lioba, die Liebe, deren Stellung in der jungen 
deutschen Kirche sich mit jener Marias in der ersten 
Christengemeinde vergleichen läßt und die Gott durch 
viele Wunder ehrte, genoß schon zu Lebzeiten in den 
ncubekehrten deutschen Landen eine hohe Verehrung, 
die sich nach dem Tode, der am 28. September 780 
erfolgte, noch vermehrte. Und heute, nach mehr als 
tausend Jahren, ist ihr Andenken noch immer leben¬ 
dig, und es ist recht und billig so. 
Außerdenr haben die Rusien alle westlich dex Se- 
rethlinie laufenden Eisenbahnen zerstört und zwar 
so gründlich, daß sogar die Schwellen herausgeris¬ 
sen und west vom Bahndamm verstreut haben. Bis 
zum Sereth aber ließen sie die Bahnen intakt und 
benützen sie für ihre Zwecke. Ein Beispiel dafür, 
wie die Russen im Laufe des Krieges die Sprengung 
von Bahnbauten und die Zerstörung der Bahnen 
erlernt haben, bildet die Linie Kamionko-Strumi- 
lawo-Strojanow, wo sogar der Bahndamm kilometer¬ 
weit abgetragen ist. Trotz der Ungunst des Wet¬ 
ters, das den Angreifer rwch schwerer als den Ver- 
leidiger trifft, sind die Angriffe der Rusien aus den 
Brückenköpfen und stark verschanzten Stellungen bei 
Tarnopol, Mikulince, Strusow , Trembowla und 
Budzanow, sowie auch aus der Gegend der Sereth- 
mündung sehr heftig gewesen. Das neue russische 
Obertonvnando opferte Hekatomben. Der Erfolg 
steht in gar keinem Verhältnis zu den gebrachten 
Opfern. Wir nahmen unsere Front höchstens 10 
Kilometer zurück vom russischen Brückenkopf, wel¬ 
cher im weiten Bogen um den Zagrobelateich auf 
den Höhen östlich Tarnopol verläuft, bis aus die 
Hügel am Wasuszkabach. Die russischen Stellungen 
waren nach Aussagen Gefangener seit langer Zeit 
vorbeveftet. Zum Schanzenbau wurden besonders 
die aus vielen Orffchcfften weggeführten Geiseln, so¬ 
wie die Einwohner dev Städte Tarnopol, Trem¬ 
bowla und Czortkom verwendet. Die Rusien haben 
an dieser Front ihre besten Truppen; an Proviant 
herrscht bei ihnen geradezu Uebersluß, was aus der 
Taffache hervorgeht, daß unsere Soldaten in den wie- 
dererobertcn Orten große Vorräte erbeutet haben. 
Auch die Einwohner, sofern sie nicht nach Ru߬ 
land verschleppt wurden, haben alle Arten von Nah¬ 
rungsmitteln in reichlicherFülle. In Brody, Zloc- 
zow, Zborvw und Jeziema fanden die Unsrigen 
sehr viel Mehl. 
Ein besonders erwähnenswertes Moment, das in 
dm letzten Kcnnvfen eine gewisse Rolle spielte, ist 
das weiwerzweigte, peinlichst ausgebildete Spio¬ 
nage sy st e m, welches die Russen in dem von chnen 
besetzten und auch verlassenen Orten organisiert ha¬ 
ben. In dem von ihnen nach dem unglücklichen Aus¬ 
gange der dorttgen Kämpfe fluchtartig geräumten 
Brody bestand unter Leitung eines beriichtigtcn 
Spions, des russischen Untertans Ritter v. Podolski 
ein Spionagebüro, das neben anderen Geschäften auch 
die Befreiung in feindliche Gefangenschaft geratener 
russischer Soldaten betrieb. Genannter Podolskj be¬ 
fand sich sogar nach der Rusienflucht aus Lemberg in 
dam von uns besetzten Teile Galiziens. Er verstand 
es aber, sich durch die Feuerlinie durchzuschlagen und 
langte schmutztriesend in Brvdy an. Auch ein Ritt¬ 
meister Alexandrow trieb von Brody aus sein Un¬ 
wesen. Er hatte einen Helfershelfer in einem aus 
Rußland stammenden, in Lemberg studierenden Hoch¬ 
schüler, der ihn mit Nachrichten versorgte. Besonders 
ein Fall ist sehr kraß. In Dolino lebte noch vor 
dem Kriege ein aus Rußland gekommener Krnobc- 
sitzer, welcher zu allen Gesellschaftskreisen die besten 
Beziehungen unterhielt. Nach dm Einnahme Do- 
linas durch die Russen zeigte sich der Kinobesitzer in 
seiner wahren Eigenschaft, als — russischer O f- 
fixier, (ctr. bin.) 
M. Waldmann, Berichterstatter. 
Lokales. 
Fulda. 25. September 1915. 
(§) Die Leiche des vor Jahresfrist dahier auf dem 
neuen städtischen Friedhof beerdigten französi¬ 
schen Infanteristen ist nunmehr in die Reihe 
der deutschen Krieger auf die für diese bestimmten 
gemeinsamen Ruhestätten beigesetzt worden. 
dpk Abkürzung der Lehrzeit im Kriege. Die 
Lehrzeit der gewerblichen Lehrlinge soll nach der Ge¬ 
werbeordnung in der Regel drei Jahre dauern. Doch 
ist die zuständige Handwerkskammer befugt, Lehrlinge 
in Einzelfällen von der Jnnehaltung der festgesetzten 
Lehrzeit zu entbinden und sie zur Gesellenprüfung 
zuzulassen. Bon dieser Befugnis wird jetzt vielfach 
Gebrauch gemacht. Teils handelt es sich um Lehr¬ 
linge, die zu den Fahnen einberufen sind und denen 
durch Erlaß eines Teiles der vorgeschriebenen Lehrzeit 
Gelegenheit gegeben werden soll, die Gesellenprüfung 
vor ihrem Einrücken zu bestehen. Häufig sind aber 
auch die Fälle, in denen Handwerkslehrlinge infolge 
der Einberufung ihrer Lehrherren nicht in der Lage 
sind, die Lehre zu beenden. Handelt es sich nur um 
wenige Monate, die an der Lehrzeit nur fehlen, oder 
beträgt die Unterbrechung bis der Lehrling ein neue 
„Laut wie Glockenton erschallend, 
Wie ein Stern am Himmel wallend, 
Ist dein Name, Lioba!" 
Es ist natürlich, daß die Kinder ihre Glaubens¬ 
mutter in allen Nöten und Bedrängnsien um ihre 
Fürbitte anrufen, doch wird sie ganz besonders in 
Gewitterstürmen und zur Heilung kranker Kinder um 
ihre helfende Fürsprache am Throne der göttlichen 
Allmacht angegangen. 
Wann aber sind wir durch größere Drangsale ge¬ 
gangen als jetzt, wann haben bösere Wetter und 
stirchterlichere Stürme um unsere Grenzen getobt 
Und wann waren unsere Lieben in größerer leib¬ 
licher Not. 
„Liebe Mutter Lioba, 
Hilf, daß böse Wetter weichen, 
Hilf, wann finstre Mächte schleichen, 
Große Herrin Lioba!" 
Nicht kommen, heute betrübte Mütter zu deinem 
Grab, um dir ihre Kleinen anzuemvfehlen, nein sie 
stellen ihre Großen in deine Hut, die draußen vor 
dem Feind eine lebendige Mauer um unser liebes 
Vaterland bilden, das uns unsere Feinde ver¬ 
nichten wollen und ans das sie durch Lüge uud Ver¬ 
leumdung den Hatz der ganzen Welt geladen haben. 
Sie wird uns ganz besonders in unserem herzlichen 
Anliegen verstehen: auch sie war einst mit ihrer 
Klostergemeinde, wie heute wir und unser Vaterland, 
wenn auch in anderer Weise, mit teuflicher Bosheit 
verleumdet worden, und wir können mit ihr beten: 
„Herr Jesus Christus, Liebhaber der Unschuld, un¬ 
überwindlicher Gott, zeige deine Macht und errette 
uns von dieser Schmach: dem: die Beschimpfungen 
deiner Feinde sind auf uns gefallen!" Und wird ihr 
Gebet im Himmel droben für uns ihre Glaubens- 
kinder heute wenigem wirksam sein, als damals, als 
sie noch aus Erden weilte, und ihre Unschuld wunder¬ 
bar und glänzend bestäügt wurde? 
Sie, die dem heiligen Bonifatius half, die deut¬ 
schen Stämme mit dem einigenden Band des christ¬ 
lichen Glaubens zu umschlingen, das uns stark 
machte, und die dadurch mrthalf, das Fundament zur 
Größe unseres deuffchen Vaterlandes zu legen,, sie 
wird mit der Mutter Gottes und mit allen heiligen 
Jungfrauen im Verein, unsere heißen Gebete um 
unsere Lieben durch chre mächtige Fürbitte bei Gott 
begleiten und ihnen Erhörung bewirken. 
„Sankt Lioba, du -Zarten wohlgeziert mit Fleiß 
Mit Rosen rot, mit Lilien weiß, 
Bitt für das liebe deutsche Land, 
All Unheil wend' ab deine Hand!" 
' G. L. F i s ch e r. 
Lehrstelle findet, höchstens einige Monate, zo roZn 
es unbillig, vom Lehrling die Nachholung der Ver¬ 
säumnis zn verlangen. Schließlich sind den Kriegs¬ 
beschädigten ebenfalls alle Erleichterungen zu ge¬ 
währen, die die Gewerbeordnung zuläßt, also auch 
eine Verkürzung der Lehrzeit, wenn ein Kriegsbe¬ 
schädigter ein Handwerk ergreift oder sich einem 
Handwerk zuwendet. 
* Erst das Frischgemüse verbrauchen! Alle Haus¬ 
haltungen werden gebeten, bei der Nahrungszuberei- 
tumig möglichst immer diejenigen Nährmittel zu ver¬ 
wenden, die gerade als Frischgemüse auf den Markt 
kommen, dagegen Reis, Hülsensrüchte, Graupen, 
Sago, Gries, Grütze und Konservengemüse möglichst 
erst in vorgerückterer Jahreszeit anfzubranchen, 'wenn 
die Frischgemüse seltner werde«. 
Kur Nachbarqebiete. 
,.(—) Großenlüder, 24. Sept. 1915. In der 
Gärtnerei des Herrn Fried. Hahn hat der größte 
Kürbis das stattliche Gewicht von 95 Pfund. Das 
Prachtexemplar liegt zu Jedermanns Ansicht aus. 
* Brückenau, (Rhön), 22. Sept. 1915. Auf dem 
Elsterhof bei Brückenau, wo bisher die Jungvieh¬ 
weide des Zuchtverbandes für gelbes Frankenvieh 
war, wird von der bayrischen Heeresverwaltung eine 
Erbolungsstätte für kranke und erholungs- 
bedürsttge Pfe.rde errichtet. 
* Hammelsburg, 24. Sept. 1915. Wie ein 
Märchen aus alten Zeiten mutete eine 
Meldung über die Buttevpreise in dem Bezirksamt 
Hammelburg an. Für den ganzen Bezirk wurde in 
der letzten Woche der Preis für Butter amtlich aus 
höchstens 1,20 Mark für den Produzenten und auf 
1,30 Mark für den Händler festgesetzt. Die Eier 
dürfen vom Produzenten zu höchstens 10 Pfg. und 
vom Händler zu höchstens 11 Pfg. verkauft werden. 
O Hanau, 23. Sept. 1915. Von dev Stadt ist 
das im Besitz? des preußischen Staates befindliche 
ehemalige kurfürstliche Regierungsgebäude 
zum Preise von 62000 Mk. angekaust worden, 
das dazu bestimmt ist, den reichhaltigen Sammlun¬ 
gen der Wettevauischen Gesellschaft für die gesamte 
Naturkunde als Heim zu bienen. 
ft. Frankfurt a. M., 23.September 1915. Am 
Geburtstage K ör ne r s wurde heute auf der Körner¬ 
wiese eine dem Andenken des Heldendichters gemid- 
metes Denkmal eingeweiht. An der Feier nahmen 
tausende von Schülern und Schülerinnen teil. Die 
Weiherede hielt Justizrat Dr. B u r g h o l d. Das 
Denkmal_ stellt auf einem architektonisch hübschen 
Sockel einen Jüngling dar, der die Rechte am 
Schwertknauf, sitzend dem Gegner entgegenschaut. 
In der Stellung des herumgeworsenen Kopfes spie¬ 
gelt sich die Spannung der inneren Bewegung wie¬ 
der. Das Werk bedeutet zweifellos einen ansehn¬ 
lichen Gewinn an künstlerischem Gut für die mit 
guten Denkmälern nicht allzu reich geschmückte 
Stadt. — Den vom Rennklub Frankfurt a. M. für 
den 23. und 24.Oktober geplanten beiden R en n- 
tagen ist die ministerielle Erlaubnis versagt 
worden. — Im Eilgüterbahnhof wurde heute mittag 
ein Rottenarbeiter, während er eine Weiche her- 
stcllte, von einer Maschine überfahren und so 
schwer verletzt, daß er kurz nach seiner Einlieferung 
ins Krankenhaus verstarb. 
* Höchst a. M., 23. Sept. 1915. In 34 Schul¬ 
sparkassen des Kreises wurden von 10 472 Zeichnern 
15 9 5 5 9 Mark gezeichnet. 516 Zeichnungen lau¬ 
ten über 100 Mk., ein Schüler zeichnete 1000 Mark. 
* Erfurt, 22. September 1915. Eine Fran¬ 
zosenfreundin scheint die 17 Jahre alte Frieda 
Bach in Erfurt zu sein. Trotz wiederholten Zei- 
tungssttmmen, die das Schöntun junger Mädchen 
Kriegsgefangenen gegenüber geißeln, ging die Bach 
an einen Trupp gefangener Franzosen heran und 
ließ einem eine Postkarte mit ihrer Photographie 
zukommen. Vox der Strafkammer beantragte die 
Staatsanwaltschaft zwei Wochen Gefängnis; der Ge¬ 
richtshof hielt aber einen Monat Gefängnis 
für angemesien. Der Vorsitzende bezeichnete das Ver¬ 
halten des Mädchens als ein empörendes, un- 
deutsches. 
* Weimar, 22. Sept. 19,15. Im benachbarten 
Oßmannstedt ist die Fabrik für Bedarfsmittel für 
Bienenzucht, kie dem bekannten Imker Pfarrer 
Gerstung gehörte, durch ein Schadenfeuer voll¬ 
ständig eingeäschert worden. Sämtliche Ge¬ 
bäude brannten nieder. 
Himmelserscheinungen im Oktober 1915. 
Die Sonne entwickelt gegenwärttg eine sehr 
interessante Tätigkett durch mannigfaltige Flecken¬ 
bildungen in zum Teil gewaltigen Dimensionen. Es 
kommt gar nicht selten vor, daß ein solches Stö¬ 
rungsgebiet in der Gashülle des Tagesgestirnes ein 
Mehrfaches der gesamten Erdoberfläche in Mitlei¬ 
denschaft zieht. 
Der Mond wird am 3. Oktober in den ersten 
Morgenstunden zwischen 1 und 2 Uhr den Mars be¬ 
decken. Diese Erscheinung wird jedoch nicht nur ur¬ 
plötzlich wie bei einem Fixstern eintreten, da uns 
Mars ja nicht als Punkt, sondern zurzeit etwa wie 
eine Zitrone mit 6 Bogensekunden größtem Durch¬ 
messer erscheint- Zwei Stunden später bedeckt dann 
der Mond auch den benachbarten Stern My 2 im 
Krebs. Auch hier genügt ein kleines Fernrohr zur 
Beobachtung. 
Unter den Planeten dürfen wir allmählich 
die Venus wiederum als Abendstern begrüßen. 
Zu Anfang des Monats geht sie allerdings erst ein 
Viertel-, gegen Ende aber eine halbe Stunde nach 
der mittleren Sonne durch den Meridian. Mer¬ 
kur steht zu Anfang des Monats ziemlich weit 
östlich von der Sonne in der Jungfrau, aber seine 
nicht geringe südliche Dellination beeinflußt die 
Sichtbarkeitsbedingungen in ungünstiger Weise. Am 
besten für die Beobachtung steht jedenfalls zurzeit der 
Jupiter im Wassermann. Auch seine Ober¬ 
fläche ist in ähnlicher Weise wie die der Sonne in 
dauernder Umwälzung begriffen, die besonders der 
Privatastronomen Ph. Fanth in Landstuhl (Rhein¬ 
pfalz) mit seinem neuartigen Medialsernrohr ver¬ 
folgt. Daß die Beobachtung des Laufes der vier 
Hellen Jupitertrabanten für den Sternfreund be¬ 
sonders reizvoll ist, bedarf eigentlich kaum der Er¬ 
wähnung. Nächst Jupiter kann dann Saturn in 
den Zwillingen in den späteren Abendstunden ein¬ 
gestellt werden. Etwas später kommt auch der Mars 
im Krebs cm die Reihe, der jedoch mindestens ein 
Fernrohr von 10 Ztm. Oeffnung zur Beobachtung 
der Einzelheiten erfordert. 
Ter Komet 1915 a (Mellish) kommt am Süd¬ 
himmel allmählich wieder in den Beobachtungsbe¬ 
reich der nördlichen Sternwarten. Seine Helligkeit 
wttd etwa der 8. bis 9. Größe entsprechen. Ende 
September steht er bei Beta im Großen Hund, Mitte 
Ottober bei Eta im Hasen und Anfang November 
bei Rigel im Orion. 
Das Zurechffinden amFixsternhimmel ist 
im Oktober. weniaste»s was den Südhimmel be¬ 
verAWies. 
„Kriegswucher". Tie zahlreichen Klagen, welche 
üü-">- hie Beschaffenheit vieler im freien Handel käuf¬ 
licher Büchsenkonfcrven gerade jetzt in der Kriegszeit 
laut werden, sollt.m zu noch häufigem amtlichen Fest¬ 
stellungen Anlaß geben, ob nicht der -Hersteller sol¬ 
cher Erzeugnisse quf Grund der neuen Strafbestrm- 
mnngen gegen den Nabrungsmittelwucher eingeschrit¬ 
ten werden muss;. Aus Hannover erhielt die „D. 
Tageszeitung" beispielsweise folgende Zuschrift: 
Ich habe für meinen Junten eine, große Anzahl Kon¬ 
serven hinausgeschickt in der Hoffnuags ihm etwas 
Gutes für das teure Geld geschickt zu haben. Durch 
eigene Erfahrung bin ich dahin l>elehrt worden, daß sei¬ 
tens der Nahrungsmittelindustrie oft nicht mit unsere 
Feldgrauen, sondern auch die Angehörigen in der Hei¬ 
mat in der unerhörtesten Weise ausgewuchert werden. 
Ich kaufe meine Konserven in einem der ersten Konser¬ 
venhäuser der Stadt Hannover. Die Konserven stam¬ 
men aus einer Fabrik in Frankfutt a. M., die sich 
„Fleischkonservenfabrik, Fabrik seiner Delikatessen" 
nennt. Ich öffnete eine Dose, enthaltend Schweins¬ 
zunge mit Sauerkraut, Preis IM Mk., und stetite fol¬ 
gendes fest: Gewicht der vollen Tose: 450 Gramm, Ge¬ 
wicht der leeren Dose: 130 Gramm, also Inhalt: 320 
Gramm. Davon wog die Zunge sage und schreibe: 80 
Gramm. Das übrige war Wasser und Sauerkraut. 
Wenn man die hiesigen Verkaufspreise der Schlächter 
für Zunge zugrunde legt (allerhöchster Preis: 2 Mk. das 
Pfund), so ergibt sich als Wert des Fleisches: 32 Pfg. 
Wert des Wassers und Krautes, hoch gerechnet: 3 Pfg. 
Wert der leeren Büchse: 5 Pfg. Gesamtwett: 40 Pfg., 
dem ein Verkaufspreis von 1,35 Mk. gegenübersteht, also 
mehr als das Dreifache des reellen Wertes. 
Wir haben, so schreibt die „Deutsche Tageszei¬ 
tung" dazu, die Namen der hier in Frage kommen¬ 
den Firmen weggelaffen, um jeden Schein zu ver¬ 
meiden, als ob wir einzelne Gewerbetreibende als 
besonders Schuldige hinstellen wollten. Es wird aus 
diesem Gebiete jetzt leider wohl sehr viel gesündigt, 
und es wäre deshalb dringend wünschenswert, daß 
dem durch häufige amtliche Untersuchungen der dazu 
von privater Seite angekaustcn Waren entgegengear- 
beitet würde. Da die Herstellungskosten dieser Kon¬ 
serven sich doch unschwer ziemlich genau ermitteln 
kaffen, könnte auch jeder übertriebene „wucherische" 
Preiscmfschlag mit der gebührenden Strafe belegt 
werden. Das effcheint hier um so nötig rt, weil sich 
doch die Käufer nicht gleich durch den Augenschein 
von der Beschaffenheit der ihnen cmgebotenen Ware 
überzeugen können und weil neben ihnen gerad; 
unsere braven Feldgrauen draußen in so wettem Um¬ 
fange geschädigt werden, wenn sie statt der ihnen von 
ihren Angehörigen oft unter eigener Entbehrung zu¬ 
gedachten Stärkung bei dem schweren und aufopfern¬ 
den Dienst für Verteidigung des Vaterlandes durch 
ganz minderwertige Ware eine schwere Enttäuschung 
erleiden. (Nack der „Frks. Ztg." handelt es sich in 
dem obigen Falle um die Frankfurter Fttma Röbig 
und Funk Diese gibt folgende Berechnung: Sie 
habe vor dem Kriege derartige Büchsen mit 80 -5 
verkauft, jetzt mit 1 Mark, obgleich die Preise für 
Rohstoffe inzwischen ntn 10 Prozent gestiegen seien 
und die Arbeitslöhne gleichfalls eine Verdoppelung 
erfahren haben. Die .Kosten der Büchse machten 
87 H aus. Ter Geschäftsgewinn betrug danach 
nur 13 Prozent netto.) 
Literarisches. 
Im Dienste der Verwundeten c.-ü dem westlichen 
Schlachtfeld«, so betitelt sich das f>. Bändchen der 
Blü ten und Fr ü cht e vom Heina:.i Yen und aus¬ 
wärtigen Miffionsfelde. Ter Heraus'-e bcr, P. Stephan 
Dillmqnn, erzählt hier in feste!oder Weise ie«e 
Erlebnisse als freiwilliger Saniiärn an» der Reise 
nach Frankreich, im Kriegslagen, in der Etappe 
und im Argonnen Wald. Tie Schrecken des Krieges, 
aber auch Bilder hingebender Liebe und rührender 
Barmherzigkeit sind in diesen Erlebnissen fcstgehalten 
und glühende Vaterlandsliebe wc'.tt aus allen 
Kapiteln. Elegant karlonnierk le-ste» das Heft nur 
30 Pfg. Für die Lazarette uud an di? Front, erst 
recht aber für die Daheimgebliebenen ist es eine will¬ 
kommene Gabe. Verlag der Fuldacr picrttndrnckcrej. 
Fulda. 
Eiu^esauvt. 
Für Mitteilungen an dieser Melle übernimmt die 
Redaltion nur die preß,gesetzliche Verantworkune. 
Ein Appell an alle rechtlich Denkende«! In dem 
Eingesandt einer Frau vom Lande in Nr. 2t 1 steht 
neben vielem Richtigen auch Einiges, was berichtigt 
werden muß. Zunächst muß darauf hingewiesen wer- 
trifft, nicht besonders leicht, da man frier nur wenig 
markante Sternbilder findet. Am besten sucht man 
sich zunächst das große Pegasusviereck (z. B. nach dem 
Atlas) auf und verfolgt von da aus die Anordnung 
der Sternbilder Andromeda, Peffeus und Stier. 
Neben diesen bemerkt man in der Milchstraße den 
Fuhrmann mit dem Hellen Haupistern Kapella. Aus 
dem westlichen Teil der Milchstraße ist das große 
Sternviereck Wega-Deneb-Atair zur Orientierung be¬ 
sonders wertvoll. Im Nordwesten ist die Krone 
neben dem schon halb untergegangenen Bootes am 
augenfälligsten. Im Norden steht der Große Bär, 
der Wohl jetzt bei mancher nächtlichen Patrouille das 
Zurückfinden zum eigenen Lager den Känrpsern 
wcsenliich erleichtett haben mag. 
— Die Deutschen als FettfchanLtter. Unsere 
Gegner haben eine wahrhaft bewnnderrmgÄvürdrqe 
Findigkett, immer neue Beweise für unser „Barba¬ 
rentum" an den Haaren herbeizuziehen. Offenbar 
erscheinen ihnen eben alle bisherigen nicht fnchhalrig 
genug, sonst würden sie sich Wohl kaum so diel Mühe 
mit der Auffindung neuer Beweffe Machen. Hier 
die „Geistesnahrung", die der „Daily Chronirke" 
seinen Lesern vorsetzt: „Ein leitendes italienisches 
Blatt bemerkt zu der deutschen Angewohnh-nt, Nägel 
in hölzerne Statuen zu schlagen: Das Einschlagen 
von Nägel ist ein indirekter Beweis, daß dre Deut¬ 
schen nur schlecht gezähmte Kanibiften find. Es deu¬ 
tet darauf hin, daß die Deutschen in die Götzenanbc- 
tung ihrer Voffahrcn aus vorgeschichtlicher Zett zu¬ 
rückfallen. .Wenn wir das ethnographische Mu¬ 
seum in Rom besuchen, so werden wir den schlagen¬ 
den Beweis für die Aehnlichkeit zwischen dem men- 
schenfreffenden Kongoneger und dem „yochzivilifier- 
ten" Deuffchen finden. Natürlich kann der arme 
Neger nicht, wie sein deutscher Kollege, Gold- und 
Siibernägel einschlagen; er läßt sich daran genügen, 
die Nägel aus den Schuhen der von ihrn verspeisten 
Missionäre zu ziehen, und sie mit kindlicher Freude 
in seinen Mumbo-Jumbo einzuschlagen. Die Deut¬ 
schen sind stolz darauf, den Giptei der Freiheit rmd 
moralischen Größe erreicht zu haben. Aber sie füh¬ 
len das Bedürfnis, ihre Freiheit und Kultur in die¬ 
sen rohen, bestialischen uud kindisch:.» Bildniffeu 
auszudrücken und sich vor ihnen zu verneigen. Hin¬ 
ter den groben Zügen des siegreichen Fcidmarschakls 
und hinter der Menge der enthusiastffchen Götzen¬ 
anbeter steht die Furcht, die sie dazu veranlaßt, das 
göttliche Wesen sich durch Ausrichtung dieser Ideale 
aünttig stimmen zu wollen." ->f.
	        
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