Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

Fuld aer Zeitung 
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ZietzauGAliftes der prentzifttz-fützd-nffch» »lufieu-S-tterte. — Huihjiitzrlich Taschcnsahrplaa 
Zreitug den 12 November 1915. 
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Alls i>er Verfolgung der Serben. 
Kämpfe vor Riga und am Styr. 
Große Verluste der Montenegriner. 
Görzischen 
M Sn» JawMdit. 
wtb Großes Hauptquartier, 11. Novbr. 
1915. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
An verschiedenen Stellen der Front Artil¬ 
leriekämpfe sowie lebhafte Minen- und Hand¬ 
granatentätigkeit. 
Ei» englisches Flugzeug mußte nordwestlich von 
Bapaume landen; die Insassen sind gesangengenom- 
rnen. 
Oestlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls 
von Hindenburg. 
Bei Kemmlern (westlich von Riga) wurden 
gestern drei Angriffe, die durch Feuer russischer 
Schiffe unterstützt wurden, abgeschlagen. In der 
Nacht sind unsere Truppen planmäßio ««b iino-ft-rt 
vom Feinde aus dem Waldgelande westlich und süd¬ 
westlich von Schox zurückgezogen worden, da es 
durch den Regen der letzten Tage in Sumpf verwan¬ 
delt ist. 
Bei Bersemünde südöstlich van Rio-»'« kam 
cttt feindlicher Angriff in unserem Feuer nicht zur 
Durchführung. Bei einem kurzen Gegenstoß nah¬ 
men wir über 200 Rusien gefangen. 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls 
Prinz Leopold von Bayern. 
Die Lage ist unverändert. 
Heeresgruppe des Generals von Linsingen. 
Unterstützt von deutscher Artillerie war'en öster¬ 
reichisch-ungarische Truppen die Russen aus Kos- 
ciuchnowka (nördlich der Eisenbahn Kowel- 
Sarny) und ihren südlich anschließenden Stellungen. 
7 Offiziere, über 200 Mann, 8 Maschinengewehre 
wurde» eingebracht. Südlich der Bahn scheiterten 
russische Angriffe. 
Balkan-Kriegsschauplatz. 
Die Verfolgung der Serben im Gebirge südlich 
der westlichen Morava ha» gute Fortschritte ge¬ 
macht. Uebex 4000 Serben wurde» gefangen 
genommen. 
Die Armee des Generals Bojadjieff hat die 
Morawa an mehreren Stellen überschritten. 
Oberste Heeresleitung. 
— Ueber 4000 Serben gefangen — 
— Sturmangriffe der Italiener im 
abgeschlagen. 
1 Oesterreichisch-ungarischer Tagesbericht. 
wtb SB i e it r 11. November 1915. 
Russischer Kriegsschauplatz: 
Westlich von C z a r t o r y s k wiesen wir einen 
russischen Angris ab. Westlich von Rasalowka 
warfen österreichisch-ungarische Truppen, vom ^euer 
deutscher Batterien begleitet, den Feind an den Styr 
zurück, wobei 7 Offiziere, 200 Mann und 8 Maschr- 
ncngewehre in unserer Hand blieben. Sonst nichts 
Neues. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Die Italiener nahmen ihre Anstrengungen, 
G ö r z zu gewinne'», von neuem aus. In der Puffe 
nach -der dritten Jsonzo - Schlacht hatten ste Ersatz- 
mannschasten eingereiht und weitere Truppen tnt 
Görzischen zusammengezogen. Gestern früh setzten 
sie nach mehrstündiger Artillerievorbereitung an der 
ganzen Front von Plava bis zum Monte dei Sei 
Busi mit starken Kräften zum allgemeinen 
Angriff an. Wieder schlugen die t«p cren Ver¬ 
teidiger alle Stürme, te'ils durch Feuer» teils im 
Handgemenge, unter schwersten Verlusten 
des Feindes ab, dessen Angriffslust jn cmem 
abendlichen Unwetter für diesen Tag vollends er¬ 
lahmte. . 
Serbischer Kriegsschauplatz: 
Oestlich Trebinje schlugen wir einen starken 
montenegrinischeu Angris, ab. Te'c Feind erlitt 
große Verluste. Die von U z i c e südwärts vordrm- 
genden österreichisch-ungarischen Truppen hatten ge¬ 
stern den halben Weg »ach Nova-Varos zurück- 
gel^t. Nordöstlich von I v a n j i c a warfen wir 
den Feind aus mehreren Stellungen aus dem Ce- 
merno-RLcken. Die deutschen Divisionen des 
Generals v. K o e v e ß drängen die Serbe» im Ge¬ 
biet der Stolevi-Planina zurück. Oestlich 
davon erkämpfte» sich 1. und k. Streitkrä te den Aus¬ 
stieg auf die K r n j a - I «l a und den P o g l e d. 
In Trstenik sielen 1000 Serben i» unsere 
Hand. Jn Vrnjacka Banja südwestlich Trsteuik 
haben die Serben ein Feldspita! mit 1000 verwunde¬ 
ten Soldaten und Offizieren und einen Arzt zurück- 
gelassen. Die Armee des Generals von Gallwitz 
kämp t nordöstlich von Brus und an den Nordfüßen 
des I a st r e b a c - G e b i r g e s. 
Bulgarische Streitkräfte überschreiten bei Alek- 
sinac hte Morava. 
Der Stellvertreter des Chess des Generalstabs: 
von Hoefer. Feldmarschalleutnam 
Gleichmäßig dringen die Verbündeten von Norden 
und die Bulgaren von Osten auf dem nordserbischen 
Kriegsschauplätze vor und arbeiten sich Hand in Hand. 
Tie einzelnen Stellungen, die die serbischen Nachhuten 
einnehmen, und in denen sie sich mit bemerkenswer¬ 
ter Tapferkeit schlagen, sind deshalb stets der Gefahr 
der Umfassung und Rückenbedrohung ausgesetzt. So 
wird es auch möglich, die an und für sich sehr starken 
und verteidigungsfähigen feindlichen Stellungen in 
der Gebirgsgegend verhältnismäßig schnell zu über¬ 
winden. Die Oesterreicher sind schon jetzt den Nord¬ 
grenzen des Sandschak Novibazar nahe gekomnren, 
den sie bekanntlich erst kurz vor dem Balkankrieg an 
die Türkei zurückgegeben haben, allerdings nicht in 
dem Gedanken, daß er schon bald an Serbien sollen 
würde. Immerhin erreichen die österreichisch-ungari¬ 
schen Truppen im Sandschak ein wohlbekanntes, 
wenn auch für die Kriegführung ziemlich schwieriges 
Gelände. 
Südlich der westlichen Mvrawa hat die Verfolgung 
der Serben weitere güte Fortschritte gemacht. Hier¬ 
bei tmrrden über 4000 Serben gefangen genommen. 
Diese große Anzahl von Gefangenen, die wcht in 
offener Feldschlacht, sondern in kleinen Kämpfen auf 
dem Vormarsch gemacht worden sind, scheint darauf 
hinzudeuten, daß die fortgesetzten Niederlagen nicht 
ohne schwere Wirkung auf den serbischen Hceres- 
Organismns aeblieben sind. Tie Svwptome vom 
inneren Verfall mehren sich immer mehr. In der 
Entente-Presse versucht man zwar, die Bestürzung 
über den raschen Vormarsch der Verbündeten zu ver¬ 
bergen, indem man behauptet, die Serben vollzögen 
einen planmäßigen Rückzug, die serbische Armee ser 
infolge ihrer geschickten Operationen vollkommen in¬ 
takt geblieben. Das ist natürlich nicht der Fall, denn 
dann hätte nicht die große Anzahl von Geschützen 
auf einen Schlag, die bedeutende Menge an Muni- 
tion und Kriegsmaterial erbeutet werden können, die 
gerade für Serbien eine außerordentliche Einbuße 
bedeuten. Es wären dann auch nicht so viele Ge¬ 
fangene gemacht worden, die nach zuverlässigen Nach¬ 
richten in Zivilkleidern sich zurückkebrenden öster¬ 
reichischen Gefangerren anschließen sollen. 
Die b u l g a r i s ch e erste Armee hat in den letz¬ 
ten Tagen den Abschnitt der südlichen Morawa in 
der ganzen Ausdehnung erreicht und den Gegner 
an den wichtigsten Stellen bereits ans das Westufer 
zurückgeworfen. So bei Aleksina, Nisch und Lesko- 
vac. Ties ist insofern wichtig, als , dadurch die im 
Morawatal lausende Bahn — ein Teilstück der 
Orientbahn Belgrad-Sosia-Konstantinopel — in den 
ungestörten Besitz der V rbündeten gekommen fft. und 
nach Wiederherstellung der von den Serben bei ihrem 
Rückzuge ausgeführten Zerstörungen der Betrieb auf 
ihr eröffnet werden kann. Die Bulgaren Habens zu¬ 
gleich die §>and auf die wichtigsten in südwestlicher 
Richtung führenden Straßen gelegt, auf denen sich 
fetzt dsr R ü «U it g des serbische» Heeres in der all¬ 
gemeinen Richtung aus Novibazar und Pristina 
vollzieht. 
Auf dem Südflügel ist besonders das erfolg¬ 
reiche Vorgehen der Bulgaren gegen die albanische 
Grenze zu erwähnen, wo der nur 25 Kilometer ent¬ 
fernte Ort Tetovo (Kalkandelen) be,eyt wurde. Da¬ 
mit ist die Trennung zwischen Nord- und Süd¬ 
serbien vollende und auch die lewe über Tetovo 
von Norden nach Süden laufende Verbindung der 
Benutzung des serbischen Heeres entzogen. Das Vor- 
n v* tan. Gren-e lat in Italien 
lebhafte Beunruhigung hervorgerufen, weil dort mit 
der Fortsetzung des Vormarsches und der Besetzung 
Albaniens dntzch die bulgarischen Truppen gerechner 
wird. Die italienische Regierung hat aber immer 
Albanien als chre eigenste Interessensphäre betrach¬ 
tet. Um dieser Gefahr zu begegnen, ist in Italien 
erneut der Plan einer Expedition nachAlbanien 
aufgetreten, ein Gedanke, der von den Westnrächten 
lebhaft unterstützt wird. 
Ter italienische Generalstab hat aber anscheinend 
noch keine Lust darauf einzugehen, und will erst Er¬ 
folge an der i ta l i e n5i s ch - ö st e rr eichi s ch e n 
Grenze erzielen. Nachichrem letzten vergeblichen Mas- 
senangriff haben sich die Italiener, um doch noch vor 
Wintersanfang irgendeinen Erfolg aufweisen zu kön¬ 
nen. mit zwei Heeren, von denen das eine in den Do¬ 
lomiten, das andere in Judikarien und am Gardasee 
angriff, neuerdings gegen Südtirol gewandt. 
Die wichtigsten Ergebnisse dieses neuen Angriffs sind 
bisher, daß in den Dolomiten am 7. November der 
blutgetränkte Col di Lana (Meereshöhe 2464 Meter) 
von den Italienern gestürmt, aber am gleichen 
Abend von den Oesterreichern zurückerobert, sowie, 
daß am Gardasee die Stadt Riva zum ersten Male 
von italienischer Artillerie beschaffen wurde. Riva, 
ein mit seinen zahlreichen Gaschöfen auf den regen 
Fremdenverkehr zugeschnittenes Städtchen von 9000 
Einwohnern, ist nicht befestigt, sondern liegt nach 
dem Seeufer und nach dem Binnenlande hin voll¬ 
kommen offen in der kleinen, vom Sarka-Fluß durch- 
irömien Ebene. Warum ist nun das völlig unbe- 
cstiate Riva nicht früher schon von den italienischen 
^ollfcchrzeugen beschaffen worden? Es dürften kaum 
enschlichkeitsgründe sein, welche die Italiener da¬ 
von abgehalten hgben, soüdern weit eher die Scheu 
vor der steilen Kalkwand Rocchetta im Westen und 
namentlich vor dem äußerlich recht unscheinbaren 
Monte Brione im Osten Rivas, der in seinem fel¬ 
sigen Innern gut versteckte Galerien und Geschütz- 
stande birgt. Im Südwesten haben sich die Ita¬ 
liener allmählich in- Ledrotal und in die Nähe der 
Ponalestraße, im Südosten vom Monte Altiffimv 
und den Gehängen der Baldokette herabsteigend, in 
die Nähe der von Mori nach Riva führenden kleinen 
Zweigbahn herangearbeitet. Südlich des Bahnge¬ 
leises Mori-Riva stehen die Italiener. Nördlich der 
Bahnlinie ba»-« bi» Oesterreicker. Glücklicherweise 
haben wir guten Grund zu der Annahme,, daß der 
neue Angriff gegen Südiirol ähnlich verlaufen wird, 
wie seine Vorgänger. Neuerdings versuchen es die 
Italiener mal wieder mit Sturmangriffen aus 
G ö r z. Sie wurden aber unter schwersten Ver¬ 
lusten zurückgeschlagen. 
Die unaufhörlichen Angriffe der Russen im 
Raume von Riga wurden diesmal im Westen der 
Stadt von der Flotte unterstützt, die ja unter dem 
Schutze der Minen immer noch den Rigaischen 
Meerbusen hält. Erfolge aber vermochten die Rus¬ 
sen wiederum nicht zu erzielen. Wenn wir die, vom 
Regen grundlos gewordenen Wälder westlich Schlack 
räumten, so bringt das in der Gesamtlage an der 
Dünaffont keine Veränderung. Benierkenswert ist, 
daß den ruffischen Angriffen der letzten Tage stets 
eine starke Artillerie-Vorbereitung noraufging, ein 
Zeichen dafür, daß von Japan aus große Mengen 
von Munition und Wohl auch Geschützen geliefert 
wird: denn ein andere Weg kann jetzt nach Lage der 
Dinge nicht mehr in Betracht kommen, da die 
Zufuhr von Norden durch das Eis, von Süden über 
Serbien durch die deutsch-österreichisch-ungarischer 
Truppen abgeschnitten ist. Ein russischer Durch- 
- ""w'w x-f der Armee Linsingen bei und 
nördlich von Gudka (westlich von Czartorysk) kan 
nur vis an unsere vorderen Linien, wo ostpreußi- 
»"rMftfrf'«' „nd österreichische Regimenter den 
Durchbruchsversuch zum Stehen brachten. „Ein so 
fori einsetzender Gegenstoß warf die, Rüben au 
ihre Stellungen zurück. Oesterreichische ^nippen 
unterstützt von deutscher. Artillerie, konnten dem 
Feinde Koscjucknowka, nördlich der Bahn Kowel— 
Sarny, nehmen. Die Nüssen wurden nach dew 
Styr zurückgedrängt. 
Im Westen hält die Ruhe, an. Weder von 
deutscher noch von französischer Seite wird ein grö 
ßerer Vorstoß versucht; die Kampstätigkeit beschränk 
sich mehr oder weniger auf Artilleriekämpfe, lokale 
Gefechte und Patrouillenkänrpfe, soweit Patrouillen 
überhaupt bei der Nähe der Stellungen Vorgehen 
können. Man weiß nicht, ob die Ruhe wieder 
Ruhe vor dem Sturm ist; fast möchte man dies 
nach den mehrfach austauchenden Gerüchten in der 
französisch-englischen Presse von einer bevorstehen¬ 
den Offensive glauben. 
Grcy «rrt der gespaltenen Zirnae. 
Daß die englischen Minister und namentlich Sir 
Edward Grey sich gern einer zweideuügen und hin¬ 
terlistigen Sprechweise bedienen, wiffen wir schon 
lange. Jetzt liegt eine neue Probe dieser amtlichen 
Doppelzüngigkeit vor, und die verdient besondere Be 
achtung, weil dabei sowohl die Unehrlichkeit als auch 
die Herzlosigkeit der englischen Staatsmänner Hand 
greiftich zu Tage tritt. 
s handelte sich um die Hllfeleistung für das Ver¬ 
bündete Serbien. Am 28. September erklärie 
er Blinister des Auswärtigen Sir Edward Grey vor 
versammeltem Unterhause 
England sei bereit, den Serben „jede Unter¬ 
ste tz u n g zu gewähren, die in unserer 
Macht liegt, und zwar im Verein mit unseren 
Verbündeten ohne Vorbehalt, ohne Ein¬ 
schränkungen, in einer Weise, die jenen am 
angenehmsten lst." 
Hat nicht alle Welt diese Worte dahin verstehen 
müssen und wirklich auch verstanden, daß England 
no seine i emutbeten e.n Hrlfsheer nach Serbien 
«üicken würden? Jetzt aber, da das verlassene Ser 
bien im Todeskampfe liegt, e.klärt Herr Grey kalt 
adelnd: 
Ich sagte am 24. September in meiner Antivort aul 
die serbijme Litte um Hilfe, daß wir Grieckenland an 
geboten haben, Truppen nach Saloniki senden zu wol¬ 
len um ihm zu Helsen, seine Vertragspflicht n gegen 
Serbien zu erfüllen. Ich sagte nichts, was wir tun 
könnten oder nicht tun könnten, wenn Griechen¬ 
land sich weigerte, Serbien zu unterstützen. Wir 
bemühten uns durchweg, Serbien alle mögliche Hilfe 
zu gewähr m. ohne Rücksicht auf Bedingungen und ihm 
gegebene bestimmte Versprechungen. Meine Worte, daß 
wir Serbien unbeschränkte und unbedingte 
Hilfe versprachen, hatten nur politische Bedeu¬ 
tung, nämlich, daß die Bulgarien früher gemachten 
Versprechungen hinfällig w'rden. Die Worte hatten 
keine militärische Bedeutung. 
So Herr Grey in der Unterhaussitzung vom 
Dienstag. Also, er ist falsch verstanden wor¬ 
den, er hatte es nur politisch gemeint, militärisch 
will er nichts versprochen haben. Nach dieser drei¬ 
sten Ableugnung seines Versprechens, machte Grey 
noch folgenden Zusatz, der von den unglücklichen Ser¬ 
ben als grausamer Hohn empfunden werden muß: 
Niemand hat Veranlaffung, anzunehmen, daß die 
Negierung a^'e britischen Armeen zum Balkan ienitn 
würde, ohne Rücksicht auf die Bedürfmi'e in Frankreich 
u, d Flandtra. Wir versprachen, unser: ! ercundin 
olle Hilfe, die in unserer Macht stand, zu gewäh¬ 
ren, und das geschah und geschieht. 
Wir haben wahrlich keine Liebe zu den Serben, 
aber zur Steuer der Wahrheit und Gerechtigkeit 
muß doch gesagt werden, daß die Serben nicht alle 
briüschen Armeen verlangt haben, sondern >>ur ein 
Hilssheer von einigen hunderttausend Mann, das 
dür ganze Vierverband mit vereinten Kräften auf¬ 
bringen sollte. Herr Grey aber gibt ihm kaltblütig 
zu verstehen, der Kriegsschauplatz in Frankreich und 
Flandern habe allein entscheidende Bedeutung und 
das Schicksal Serbiens sei Nebensache; wenn für 
Serbien nichts mehr abfiele, so müßte es eben un¬ 
tergehen. Tie britischen Jntereffen gehen un» 
bedingt vor; auch die britischen Interessen an den 
Dardanellen und in A e q v p t e n , wo Eng¬ 
land Truppen zusammenhält, die Serbien mit ver¬ 
zweifelter Sehnsucht. erwartet. 
Nun könnte ja ein Verteidiger deS Herrn Grev 
vielleicht sagen, er wolle sich jetzt, nachdem die 
Sache fehlgeschlagen, nach Möglichkeit herausreden. 
Ende September habe er sein Hilfsversprechen ehr¬ 
lich gemeint gehabt. Das stimmt aber nicht. Viel¬ 
mehr muß Herr Grey selbst zugestehen, daß er 
schon damals sich die fragliche Hintertür offen 
gehalten hat. Am 24. September, also vier Tage 
vor der pompösen Erklärung im Unterhause, hat er 
der serbischen Regierung mitgeteilt, daß England 
Griechenland angeboten habe, Truppen nach Salo¬ 
niki 'zu schicken, um ihm zu Helsen, seine Vertrags¬ 
pflichten gegen Serbien zu erfüllen. Dazu macht 
Grey jetzt den bezeichnenden Zusatz: 
„Ich sagte nichts, was wir tun könnten, oder 
nicht tun könnten, wenn Griechenland sich weigerte, 
Serbien zu unterstützen." 
Er sagte nichts, d. h. er ließ vorsätzlich das schwer 
bedrängte Serbien in Unklarheit, um zwar den 
Serben gewisse Hoffnungen zu machen, aber keine 
bindende Verpflichtungen auf die eigene Schulter 
zu nehmen. 
Nachdem er so am 24. September die Serben 
eingesefft hatte, hielt er am 28. September vor der 
großen Oeffentlichkeit die erwähnte Parlaments¬ 
rede, die Hilfe für Serbien „ohne Vorbehalt, ohne 
Einschränkungen" verhieß, sogar in der „angenehm¬ 
sten" Form zur gefälligen Auswahl. Mußten da 
nicht die Regierung, das Heer und das Volk von 
Serbien daraus die Ueberzeugung schöpfen, daß 
England und seine Verbündeten auch ohne Grie 
chenlamds Mitwirkung ihnen Rettungstrüppei 
schicken werde? Natürlich! Herr Grey aber zuck 
jetzt die Achseln und meint, Parlamentsredcn gäbe» 
fein klagbares Recht, und Englund könne nicht meh 
tun, da es seine eigenen Interessen zu wahren habe 
Die Verheißungen Greys haben offenbar die Ser¬ 
ben ermuntert zu ihrem verzweifelten Widerstand 
Das war auch gewiß die Absicht der englischerr Re 
gierung, da durch die Selbstaufopferung der Serbei 
Zeit gewonnen und Ablenkung von feindlicher 
nrästen erreicht wurde. Me zweideuüge Sprach 
war schlau berechnet, um die Serben als K a n o 
n e n f u t t e r auszunutzen. Unehrlich und Mitleids 
los! 
Nun muß man noch ein Doppeltes beachten: 
Erstens: daß für die Greysche Hinterlist da^ 
ganze englische Ministerium verantwort¬ 
lich ist, da es von den hinterlistigen Noten und Re 
de» unterrichtet war. 
Zweitens: daß Herr Grey in seiner Verlegen 
heit die militärische Schwäche des Vierver 
bändes zugesteht. Was „in unserer Macht" steht 
wird gewährt, sagte er. Also die unzulänglich.n 
nach Saloniki gesandten Truppenteils sind alles 
was in Englands Macht steht! 
ktt Krief !i coesten. 
AmtUck er französi cher Bericht. 
wtb. Paris, 10. November 1915. Amtlicher Bericht 
von Mittwoch nachmittag: Im Artois versuchten die 
Deutschen gegen d -n Westrand des Waldes von Gi- 
venchy einen Angriff von geringer Ausdehnung, der 
durch unser Sperrfeuer leicht angehalten wurde. Jn 
der Champagne beantworteten unsre Batterien sehr 
-wirksam ein neues heftiges Geschützfeuer auf unsre 
Stellungen nordöstlich Tahure. Oestlich der Argonnen, 
in Vauquois und im Walde von Malancourt wurden 
heftige Kämpfe mit Bomben und Handgranaten im 
Lauf der Nacht fortgesetzt. — Amtl. Bericht von Mitt¬ 
woch abend: Jn Belgien beschoß unsre Artillerie in 
der Gegend von Devenen und im Abschnitt von Boe- 
ünghe planmäßig und sichtlich sehr wirksam die deut- 
chen Anlagen. In der Champagne versuchte der Feind 
nack der heute vormittag gemeldeten Beschießung nach¬ 
einander zwei heftige Sturmangriffe gegen unsre Stel¬ 
lungen auf den Hängen des Hügels von Tahure. Der 
rste wurde durch unser Sperrfeuer angehalt n, und 
konnte nicht an unsre Schützengräben gelangen. Der 
»weite wurde, nachdem die Deutschen an einer Stelle 
in unsre Schützengräben eingedrungen waren, durch 
einen sofortigen Gegenangriff zurückgeworfen. Zwi¬ 
schen Maas und Mosel beantworteten unsre Batterien 
das feindliche Geschützseuer sehr tatkrätig und zer¬ 
streuten auf der Straße St. Maurice—Woel eine auf 
dem Marsch befindliche Infanteriekolonne vollständig. 
Kitck e ers Misfion in Indien. 
wtb Neuhork, 11. Nov. 1915. Durch Funffpruch 
von dem Prlvafforrespondenten des W. T. B. Die 
„Associated Preß" meldet aus Washingwn: Nach hier 
eingetroffenen vertraulichen Meldungen gilt Kitche- 
ners endgiltige Mission Indien. Nach denselben 
Mitteilungen sieht sich die britische Herrschaft in In¬ 
dien ernsteren Unruhen gegenüber, als 
äußerst"^ britischer amtlicher Kreise allgemein be- 
'nt wa«. 
87 Millionen Mark tägliche Kriegskosten 
für England. 
wtb London, 10. Nov. 1915. Unterhaus. Bei 
Einbringung eines Krieg^kredits von 400 Millionen 
Pfund Sterling sagte Asquith, damit steige die seit 
Bcainn des .Krieges geforderte Summe auf 1662 
Millionen Pfund Sterling. Me Ausgaben vom 1. 
^"pril bis zum 6. November betrügen 743100 000 
Pfund Sterling, die täglichen Kriegskosten zwischen 
dem 12. September und 6. November 4 350 000 Psd. 
Sterling (d. i. 87 Millionen Mark.) gegen 2 700 000 
Pfund Sterling im vergangenen Abschnitte des Fi¬ 
nanzjahres. Die Hauptursachen für die vermehrten 
Aus gab m seien die Vorschüffe an die Alliierten und 
die Kolonien, sowie die Munitionskosten. Es sei 
wahrscheinlich, daß die Ausgaben noch zunehmen 
würden. 
Tie Zeppelinfurcht in London. 
Bern, 11. Novbr. 1915. Me „Neue Züricher 
Zeitg." meldet aus London: Da die Straßenbe- 
leuchtunq wegen der Zeppelingefahr noch weiter ein¬ 
geschränkt wurde, sind die Randsteine weiß ange¬ 
strichen worden, um sie den Paffanten sichtbarer zu 
machen. Auch die Arme der % olrzisten, die den 
Fuhrwerkverkehr durch Ausstrecken der Arme regeln, 
und nachts mit weißen Ueberärmeln versehen. 
(ctr. tftJ
	        
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