Aus Geisa und Umgebung.
^ * Geisa. 12. Nov. 1915. An einem Hause der
Äleestraße wurde vergangene Nacht, . wie dies in
letzter Zeit in unserem Orte schon wiederholt vor¬
kam, ein Einbruch versucht. Der Täter hatte
eine am Hofe befindliche Leiter aus die Dungstelle
gebracht, um von hier in das Fenster der Vorrats¬
kammer zu steigen. Da aber die Leiter zu kurz und
das Fenster verschlossen war, so zog der Geselle
unverrichteter Sache ab.
[] Geisa, 14. Nov. 1915. Unteroffizier Erich Ritz.
Sohn des Fabrikarbeiters Johann Benedikt Ritz
Wurde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
* Dacha, 12. Nov. 1915. Für besondere Zwecke
der Heimarbeit und für Landwirtschaft im 4. Ver¬
waltungsbezirk stehen 3000 Kilogramm Petro¬
leum zur Verfügung. Die Verteilung erfolgt nach
Eingang durch Herrn Kaufmann Heinrich Wolf.
Bedarfsanmeldungen find an die Stadtschreiberei
zu errichten.
Aus Gberhefsen u. ben Hess. Aemtern
A Marburg, 12. Nov. 1915. Die Stadt-
berord netenwahlen finden am nächsten
Montag und Dienstag statt. Insgesamt sind 11
Herren, je 4 in der 3. und 2. und 3 in der 1. Klasse
zu wählen. Im Laufe dieser Woche nahmen fast
sämtliche hiesigen kommunalen und gewerblichen
Vereine Stellung zu den Wahlen. Die Ergän-
«ungswahlen zum Marburger Kreistag find auf den
87. und 29. November festgesetzt.
vermischtes. c
* Der Gesundbeterprozetz in Berlin ist am Sams¬
tag zu Ende gegangen. Der Gerichtshof erklärte
die beiden Angeklagten der fahrläfligen Tötung für
schuldig und erkannte gegen sie auf j e s e ch s M o-
tiate Gefängnis. Sie waren bekanntlich be¬
schuldigt, den Tod zweier bekannter Schauspieler¬
innen der Königlichen Theater, Nuscha Butze und
Et v. Arnauld, verschuldet zu haben. Die beiden
stlerinnen waren schwer leidend, Nuscha Butze
hochgradig zuckerkrank, Alice von Arnauld von
Hautkrebs befallen; sie sind kurz nacheinander ge¬
storben, nachdem sie eine verhängnisvolle Spanne
Zeit die ärztliche Behandlung unterbrochen und bei
Pen beiden Frauen Hilfe gesucht haben, die nun ver¬
urteilt worden sind. Was ärztliche .Kunst und Wis¬
senschaft nicht zuwege brachten, eine schnelle und
vollkommene Heilung, das wollten die Privat¬
kehrerin Elisabeth Ahrens und die geschiedene Frau
Elisabeth Hüsgen durch überirdische Hilfe den
Kranken bringen, und bei diesem Unterfangen ha¬
ben sie sich, wie die Verhandlung nachgewiesen bat,
indem sie die Kranken einer sachgemäßen ärztlichen
Behandlung entzogen, der fahrlässigen Tötung schul¬
dig gemacht. — Die Szientisten oder Gesundbeter
md eine religiöse Sekte, die in Amerika entstanden
st, aber auch bei uns in „aufgeklärten" Großstäd-
en ziemlich verbreitet ist. Die Hauptsätze ihrer
..Glaubenslehre" lasien ück folgendermaßen zusam-
Menfaffen: 1. Gottes Person ist unendlich, alles
Seiende daher im letzten Grunde göttlicher Geist
und die Materie nur ein wesenloser Schein. 2.
Gott ist Wahrheit, Liebe, Lehen, d. h. der Inbegriff
und Ursprung alles Guten. Da Sünde und Krank¬
heit keinen Bestandteil Gottes darstellen, bilden sie
auch nickt einen Bestandteil des wahren Menschen;
sie sind vielmehr ein Irrtum aller derjenigen Men¬
schen. die sich noch nickt hinlänglich von der Wesen¬
losigkeit der Materie überzeugt haben. 3. Demnach
branckt man kssoß Gebauten und Willen auf das
Nichtsein des Uebels zu sammeln, um dieses rum
Verschwinden zu bringen. Mit dem Geist des Chri¬
stentums ist diele Lehre unvereinbar. Eine Lebre. die
bas Leiden aus derWelt wegvernünsteln will, darf sich
nicht auf das Evangelium berufen. Sünde und
Schmerz sind keine Wahngebilde des unvollkomme¬
nen menschlichen Denkens, sondern Ursachen, denen
bas Erbarmen Gottes und der Oplertod Cbristi gilt.
Die „christliche Wissenschaft", wie sie sich auch
zennt, ist weder christlich, noch ist sie eine Wissen¬
schaft, sondern amerikanischer,Humbug.
Lokales.
Fulda, 15. November 1915.
(§) Vom Fuldacr Nagelungswahrzeichen.
Zu den Ausführungen in Nr. 260 und 261 un¬
sres Blattes schreibt man uns von gut unterrichteter
Leite: Tie Angelegenheit betreffs eines Nagelungs-
dahrzeichens für Fulda ruht nicht, wie dies aller-
nngs beinahe den Anschein erwecken könnte. Im
Gegenteil, es wird emsig, wenn auch im Stillen,
«veiler gearbeitet. Gerade weil vielerorts an den er¬
zählten und „genagelten" Objekten reichliche Kritik
'zeübt wurde, ist man hier mit Recht etwas zurück¬
haltender. Bedenken an sich, daß in Fulda etwas
Zustande kommen könnte, bestehen nicht und etwaige
Schwierigkeiten allgemeiner Natur dürften sich wohl
-eheben lassen. Daß man sich für ein Fuldaer
xriegserinnerungszei^'en interessiert, beweist die
Tatsache, daß von Auswärts sclon Anfragen er¬
gangen find, auch Angebote, wonach „teuere" Nägel
und dergl. gestiftet werden sollen. Auch bestehen schon
Sammelkassen für die Nagelung und hiesige Vereine
«allen für ein solches Wahrzeichen „Nagelungsgel¬
ler" bereits bewilligt. „Was soll genagelt
verden" ist nun für eine Stadt von der gcschicht-
ichen Vergangenheit, der Eigenart und dem An¬
rhen Fuldas nicht leicht zu lösen. Viele hätten gerne
ckwas „spezifisch Fuldaisckes". Auch die Platzfrage
st nicht leicht ju beantworten. Ein derartiges Tenk-
nal aber an einer der sogen, „verlorenen Ecken"
sie neben dem Ballmaierschen Anwesen am oberen
uckenberg aufzustellen, wäre u. E. nicht sonderlich
geschmackvoll, und Wohl auch kaum von Wirkung,
ün Teil der Nagelungsfreunde möchte als Nage-
ungszeichen für Fulda gerne die „Säule" bezw. das
.Altfuldaer Abtskreuz" haben, andere halten an dem
Eisernen Kreuz", dem ursvrünglichen Projekt, fest.
§ür eine Tür-, Wapwn- oder dergl.-Nagelung da¬
legen kann man sich nicht erwärmen; ein solches Na-
.elungswahrzcichen dürste auch, wie schon früher ge-
«gt, dem Ansehen und der Bedeutung Fuldas nicht
ntsprechen. Auch noch ein anderes „Krisqswahrzei-
«n" ist in Vorschlag gebracht worden: Die Stiftung
mez Glasfensters (Bildes) oder eine? auf den Welt-
rieg bezüglichen Mosaikblldes. Heber die näheren
linzelbeiten wäre auch hier allerdings noch zu be¬
uten; der Vertreter diese? Gedankens war der Auf-
isiunq, daß ein Kriegsgedenkwabrzeickm wickl ruckt
unbedingt ein Nagelunaswabmeicken sein mülle. Der
^orscklaa, nach dem Vorbi'd e'niaer Städte, ein
Mosaikbild zu schaffen, bat manches für sich: die ein¬
zelnen Steinchen könnten wie die Näa?l gestiftet wer-
den und das „Benageln von Körperteilen usw."
wäre vermieden.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir darauf Hin¬
reisen, daß das Fuldaer S t ad t w a p p e n das sog.
Simpliziuswappen ist, das seit dem 13. Jahrhundert
bis Anfang des vorigen Jahrhunderts geführt wurde.
Von da ab ließ man bei Darstellungen des städtischen
Wappens und Siegels den Ritter fort und begnügte
sich mit der Lilie bezw. irrtümlicherweise drei Lilien
und dem Kreuze. Durch Beschluß der städtischen
Körperschaften aus dem Jahre 1902 wurde in An¬
sehung der altehrwürdigen Geschichte unserer Stadt
und in Würdigung des Bestrebens, aus die alten
Vorbilder für Wappen und Siegel zurückzugehen,
die alte Form des Siegels und Wappens mit dem
hl. Simplizius als Schildhalter wieder angenommen.
Aiwh über den Zeitpunkt, wann mit der
Nagelung begonnen werden soll, ist man sich noch
nicht einig. Eine der maßgebendsten Persönlich¬
keiten ist da der Ansicht, das Fuldaer Nagelungswahr-
zeicheni möchte erst nach der Beendigung des Krieges
zur Nagelung gelangen, bi? dabin habe man Wohl
ein paffendes Objekt aefunden, das dann zugleich auch
als Siegeszeichen gelte, ebenso werde bis dahin die
Platzfrage gelöst werden können, auch das ersten-
sicher Weise immer lebhafter werdende Interesse für
das Fuldaer Nagelungswabrzcichen noch zunehmen.
Von der Anbänglichkeit und Liebe der Fuldaer zu
ihrer Vaterstadt zeuge auch die Tatsache, daß von in
der Fremde weilenden Fuldaer» in dieser Angelegen¬
heit ebenfalls Fuldas gedacht werde. Weiter sei an¬
zunehmen, daß sich wie in den meisten anderen
Städten auch für das Fuldaer Nagelungswahrzeichen
ein Stifter finden werde.
Ueber den Zweck, für den die aus der Nage¬
lung zusammenfließenden Gelder bestimmt sein sol¬
len, wurde uns von maßgebender Stelle mitgeteilt,
daß diese Gelder zur Unterstützung bedürftiger Hin¬
terbliebener Fuldaer Krieger verwendet werden
würden.
Möge es gelingen, für Fulda ein Kriegswcckr-
zeicken zu schassen, würdig fr'- Vergangenheit, der
Größe und des Ansehen? unserer Stadt, zeugend
künftigen Geschlechtern von der Opferfrev.fr "*"it fr rer
Väter im Dienste der Kriegssürsorge.
y. In französische Gefangenschaft geriet der Mus¬
ketier Karl Fach von hier, einziger Sohn der Frau
Witwe Fach.
(*) Weihnachtsgabe« für unsere Helden. In allen
deutschen Herzen regt sich beim Nahen des Weihnachts¬
festes der Wunsch, unserer Helden draußen im Felde in
greifbarer Form zu gedenken, ihnen zu zeigen, wie
ibrer in der Heimat gedacht wird und zu versuchen,
ihnen auch auf diese Weise einen kleinen Teil der Dan¬
kesschuld abzutragen, die sie in heldenmütigem Aus¬
harren und in übermenschlichem Ringen sich bei den
Daheimgebliebenen erworben haben. Bei keinem An¬
laß tritt der Wunsch, bestimmte Personen, bestimmte
Truppenteile, mit denen man durch heimatliche Bande
und Beziehungen verknüpft ist, durch Liebesgaben zu
erfreuen, so in den Vordergrund, wie zu Weihnachten.
Diesem Wunsche Rechnung tragend, hat die Heeresver¬
waltung verfügt, daß alle in einem Korpsbezirk
gesammelten Liebesgaben auch den Trupventeilen
und Formationen, die in diesem Korpsbezirk ihren Er¬
satztruppenteil haben, zugeführt werden sollen. Zu die¬
sem Zweck ist die Versorgung sämtlicher Truppenteile
und Formationen eines Korpsbezirks frm betreffenden
Territorialdelegierten der freiwilligen Krankenpflege in
engster Fühlungnahme mit dem zuständigen stellvertre¬
tenden Generalkommando übertragen worden. D'e Ver¬
sorgung aller Verbände mit Weihnachtsgaben aus der
Heimat ist aber eine gewaltige Aufgabe und nur dann
druchzuführen, wenn alle Sonderbestrebnngen
unterbleiben, wenn alle sammelnden Vereine.
Zeitungen usw. die eingehenden Spenden denjenigen
Stellen zuführen, die zu ihrer Verteilung berufen sind.
Dabei sollm die von den Spendern geäußerten Wünsche
nach Berücksichtigung bestimmter Truppenteile und For¬
mationen weitgehend beachtet und erfüllt werden. Be¬
sonders erwünscht sind Einzelpakete in ungefäh¬
rem Umfang einer Zigarrenkiste. Der Wert derselben
je nach den Verhältnissen des sammelnden Seimatbe-
zirks, keinesfalls soll d r auf den einzelnen Empfänger
entfallende Betrag 5 Mark übersteigen. ES bl.iüt dem
Spender unbenommen, fre Weihnachtspakete durch Auf¬
kleben von Vereinsadressen. Einlegen von Name und
Adresse der Geber oder dergleichen kenntlich zu machen,
damit der Empfänger sieht, von wem er bedacht war-
den ist. Transporte für die F ldtrnppen in ganzen
Wagenladungen müssen, um eine gesichelte Zu¬
führung zu gewährleisten, von der Anfangsstation bis
zum Etappenhauptort, und wenn es die zeitige Kriegs¬
lage g'stattet, auch über den Etappenhauptort hinaus,
von zuverlässigen Leuten begleitet werden. Per¬
sonen, die sich hierfür zur Verfügung stellen wollen,
haben sich bei dem zuständigen Territorialdelegierten z»
melden, der seinerseits im Einvernehmen mi dem stell¬
vertretenden Generalkommando die Auswahl derartig
trifft, daß ans ollen Berufen und Kreisen in erster
Linie diejenigen berücksichtigt werden, die sich ans dem
Gebiete der freiwilligen Liebeslätigkcit besondere Ver¬
dienste erworben haben. Die Bedingungen, unter denen
dir Begleitung gestattet ist, sind demnächst von dem Ter-
torialdelegierten oder dem stellvertretenden General-
kommando zu beziehen. Die Versorgung der in den La¬
zaretten des Kriegsschauplatzes b Kindlichen Verwunde¬
ten und Kranken mit Weihnachtsliebesgabenpaketen hat
in dankenswerter Weise das Zentralkomitee vom Roten
Kreuz übernommen. Im übrigen wird auf die dem¬
nächst erscheinenden Aufforderungen der Wohltätigkeits-
Vereinigungen zum Spend 'n van Liebesgaben hingcwie-
sen, deren Beackstung zum Gelingen des Ganzen erfor¬
derlich ist, und einem jeden deshalb dringend empfohlen
werden kann.
L- Städtischer Schmal'verkauf. Nach Bekannt¬
machung des Magistrats in unserer Freitaasnummer
sollte im städtischen Schlachthof, soweit der Vorrat
reiche, Schmalz käuflich abgegeben werden. Di- Ab¬
gab- erfolgte gegen Schmalzkarten, die bei Vorzeigung
der Brotausweiskarte nnd des Steuerzettels an Ein¬
wohner unter 2700 Mk. Einkommen und nur in
Mengen von einem Pfund wöchentlich auSqegeben
werden sollten. Der Preis betrug 1,60 Mk. das
Pfund. Wie sehr dieses Fett begehrt wurde, geht
daraus hervor, daß schon bald nach Bekanntmachung
am Rathaus der Anschlag erfolgen mußte, daß
Schmalzkarten nicht mehr ausgegeben würden. Die
ungefähr 6 Zentner waren schon vergeben. Von
vielen Einwohnern wurde der Wunsch laut, die Stadt
möge bald für weiteres Fett sorgen. — Bei dieser
Gelegenheit sei erwähnt, daß eine Anzahl hiesiger
Metzger trotz Jnnungsbeschluß und Bekannt¬
gabe in den Zeitungen am Samstag das Schweine»
fleisch ujw. noch zu den seitherigen höheren
Preisen verkaufte.
—: Einspruch gegen die Milchpreiserhöhung auf
26 Pfg-, wre sie in der Versammlung der Mrlcher-
zeuger vom 2. November festgesetzt wurde, hat, der
St. Josephsverein katholischer Ar.
beiter beim Kgl. Landratsamt und dem Magi¬
strat unserer Stadt schriftlich erhoben. Diese Be¬
hörden v > den gebeten, auf die beteiligten Kreise
einwirken zu wollen, daß statt der beschlossenen Milch.
Preiserhöhung auf 26 Pfennig eine solche auf 23 bis
24 Pfennig vorgenommen werde. In der Begrün¬
dung de? Einspruchs wird Hervorgetoben, daß die
opferfreudig rn Leistungen der Landwirtsäast in die-
sem schrecklichsten aller Kriege gewiß nickt verkannt
werden sollen, doch sei dabei zu berücksichtigen, daß
sie damit eine nationale Pflicht effüll« und ein
Dankesschuld an die übrigen BolkSschichten abträgt,
die den die wichtigsten Lebensmittel verteuernden
Schutzzoll willig auf sich genommen und so zur He-
bung der Landwirtschaft beigetragen und deren Lei¬
stungSfähigkeit habe begründen helfen. Die notwen-
digsten Lebensmittel seien derart doch im Preise ge¬
stiegen, daß weite Volksschichten sich große Entbeh¬
rungen auferlegen müßten. Wenn nun auch die
Milch, dieses wichtigste aller'Lebensniittel für die Her¬
anwachsende Jugend, so erheblich verteuert werde,
so könne sie dieser nicht mehr in genügender Menge
gereicht werden, was ein heranwachsendes kränkliches
und sieches Geschlecht zur Folge haben würde. Wenn
die Landwirtschaft wirklich einen kleinen Schaden
hätte, so sei sie in Anbetracht der gegenwärtig gewiß
lohnenden Gesamtproduktion imstande, diesen, wcffr-
scheinlich nur vermeintlichen Schaden zu tragen. Es
wird auch bezweifelt, ob in fraglichem Beschluß der
Gesamtwrlle unserer heimischen Landwirtschaft zum
Ausdruck gekommen sei. Wenn die Stadt Fulda den
Versuch einer Milchsammelstelle mit Abgabe der
Milch an die Verbraucher macken wollte, so würde
sich zeigen, daß unsere Landwirte Milch in genügen¬
der Menge zu einem Preise unter 26 Pfennig an-
lieferten. — Es wäre dringend zu wünschen, daß die
für unsere Volksernährung so wichtige Milchsrage
eine für beide Teile glücklich« Lösung fände.
Landwirtschaftlicher Kreisverein. Der Landwirt¬
liche Kreisverein „Fulda" hielt Samstag nachmittag
im „Ballhaus" seine erste diesjährige, nicht gerade stark
besuchte Herbstversammlung ab. Auch Herr Landrat
Freiherr von Doernberg war anwesend. In seinen
Begrüßungsworten wies Herr S o u ch a h darauf hin,
daß inzwischen noch viele Mitglieder zu den Waffen
eingezogen worden seien, und daß man bei Beginn
der vorjährigen Herbftversammlungen nicht geahnt hätte,
auch im Herbst 1918 noch im Kriegszustände zu leben.
Unsere Landwirtschaft habe bis jetzt auch große Opfer
gebracht, gleichwie unsere Krieger an den Fronten voll
und ganz ihre Pflicht getan. Leider würden der Land¬
wirtschaft für mm che Produkte verhältnismäßig viel
zu gering; Preise bezahlt. Da Kraftfutter-Mitte! selbst
zu sehr hohen Preisen kaum erhältlich sind, mußte
schon manche? Stück Vieh abgeschafft werden. Der Herr
Landrat teilte mit, daß in den ersten Tagen unter
dem Vorsitz des Herrn Landes-Oekonomierats Wagner
eine Sitzung der neugegründeten Preisprüfungsstelle
stattfände; die letztere habe sehr weitgehende Befugnisse.
Aus der Versammlung wurde der Wunsch um einheit¬
liche Höchstpreise insbesondere für L bensmittcl
zum täglichen Gebrauch, für Oel und dergl. geäußert.
Insbesondere da? Backöl, Salatöl rc. stehe jetzt ganz
ungewöhnlich hoch im Preise und was der Kaufmann
hierfür verlange, müsse bezahlt werden. D:r Herr
Lcmdrat bemerkte auf einige Anfragen, daß die Fest¬
setzung von Höchstpreisen für Butter eine ganz heikle
Sache sei. Herr Bürgermeister JonaS- Rex betonte,
daß die Stadtbewohner jetzt selbst häufig auf das
Land kämen, um Butter zu kaufen. Hierbei machten
sich die Städter die Butter gegenseitig selbst teuer;
bietet z. B. einer 2.20 M fürs Pfund, wird von einem
anderen gleich 2.30 M gezahlt und von einem dritten
gar 2.40 Jt. Herr Landwirtschaftslehrer Amling
forderte besonders die kleineren Landwirte auf, ihm
genaue Aufstellungen über die Futternormen für die
Milchkühe und die erzielten Milcherträgniffe pro Tag
mitzuteilen, um festzustellen, wie hoch sich die S'lbst-
erzeugung für ein Liter Milch in den kleineren Betrie¬
ben stellt. Eingehend wurde die Futtermittel-
frage besvrochen und mitgeteilt, daß große Aussicht
bestehe, bald größere Mengen Mais zu bil¬
ligerem Preise vom neutralen Auslande zu
bekommen. In OelsLeini-kuchen und Fischfuttcrmehl
sei da? Angebot gering. Futterzucker sei keiner mebr
zu haben. Melasse, insbesondere grüne Melalle, sei
reichlich vorhanden; es wird den MitgliHern empfoh¬
len, insbesondere mit letzterer einen Versuch zu machen.
Auch holländisches Torfstreu und verschiedene andere
Artikel seien nur zu recht hohen Preisen zu haben. Der
Herr L a n d r a t macht; die Mitteilung, daß ihm von
Kassel 3 Waggon Ouäckerfutter, der Doppelzentner zu
38 Mk., cmgeboten sei und bat um Auskunft, ob der
Kreisverein hierauf reflektiere. Nach Ansicht eines sehr
erfahrenen Gutsbesitzers bestände dieses Ouäckerfutt.-r
aus gemahlenen Spelzen von Hafer und habe keinen
großen Nährwert. Man verzichtet daher auf den Be¬
zug dieses Futtermittels. Herr Amtsrat Kloster-
m a n n stellte die Anfrage, ob bei der herrschenden Fut¬
terknappheit nicht etwa der Staat eintr'ten könne. Tat¬
sache sei, daß der Heu- und Erummetertrag dieses Jahr
kaum zwei Drittel gegen früher ergeben habe, di,
Haferernte sehr schlecht und das Stroh von geringer
Güte sei. Herr Oberamtmann K ersten jnarf di;
Frage auf, wo der Saathafer hergenommen werden soll.
Da von auswärts solcher kaum zu beschaffen, so bat er
den Herrn Landrat, zu veranlaßen, daß d r gute Hafer
im Kreise Fulda zurückgehalten werde. Allerseits
wurde betont, daß mit den vorhandenen Futtervorräten
das Durchhalten der Viehbestände unmöglich sei.
Kämen nicht schleunigst Krastfuttermittel herein, dann
müßten die Viehbestände noch mehr verringert werden
und die Milcherzeugung gehe stetig weiter zurück. In
einer der nächsten Sitzungen soll die Hinterfruchtfraoe
eingehend besprochen werden; da hierüber bei den Land¬
wirten all nthalben große Unklarheit herrsche.
-2- 50jährige Gcicllen-Jubstänms eier. Fast voll¬
zählig, d. h. in Kriegsstärke, hatten sich gestern abend
die Mitglieder des katholischen Gesellenvereins in
ihrem Vereinssokal eingc'unden, auch viele Ehren¬
mitglieder waren erschienen. Nach der Bekanntgabe
einer großen Anzahl interessanter Feldpost- und
Ansichtskarten von „feldgrauen Mitgliedern" deren
mebr-re Tag für Tag bei der Vereinsleitnng ein-
lansen, und nach einem zeitgemäßen Vortrag der
Präses, Hrn. Stadtkap!mS Kräh, über „die katl.
lische Kirche vor, in und nach dem Weltkriege" wurd
die 50jährige Mitgliedschaft des Herrn Kürschner
meisters Franz Wenzel gefeiert. Der Jubilw
erzählte, wie er vor 50 Jahren in den Eeellenverei'
eingetreien, von seiner Wanderschaft mit Ränze
und Stab, wie er in Eisleben den Gefellenvereiv
gründen half, und wie er später nach Fulda kan
und sich hier ein Heim und Geschäft gründete. Sein
Worte waren eine Würdigung der Bedeutung des
Gesellenvereins und der Präses zog daraus für di
jungen Mitalieder manche nützliche Lehre. Das
Wort ergriffen noch die Herren Ehrenmitgliede'
Zahntechniker Kapp, der den Jubilar und di-
Stiftung Kolpings feierte, Smdtprobator W oh lg e»
muth, der über den überlegenen „deutschen Wickel"
redete, und das nächstälteste Mitglied mit 49 Per»
einsjahren Kammachermeister Schreiber, der die
Aneignung der Tugenden empfahl, die ein Vater-
landsverteidiaer notwendig haben müsse. Tie Musik¬
kapelle deS stadtpfari liä en Jünglingsvereins, die
jetzt über 40 Mann zählt, verschönte den Abend in
hervorrag nder Weise. Tie jungen Vereinskomiker
waren unermüdlich und dazwischen klangen fröh¬
liche, ernste und Patriotische Lieder.
S Starker Schneefall trat vergangene Nacht in
Fulda, Rhön und einem größerem Gebiet Kurhessens
ein. In Fulda zeigte das Thermometer 2 Grad Kälte»
Letzte Nachrichten.
, tsi Berlin, 15. Nov. 1915. (Tel.) Aus S o -
fia berichtet Kurt Aram im „Berliner Lokalanz.":
KitchenerS neueste Sendung nach dem Orient
beunruhigt hier gar nicht. Nach bulgarischer An¬
sicht kann er weder an den Dardanellen noch von
Saloniki aus, noch an der tbrazischen Küste irgend¬
wie nennenswerte Erflge haben. Da man in Eng¬
land nach bulgarischer Meinung das selbst weiß,
betrachten die Bulgare» de» Lord ols neuesten
Sündenbock alles englischen Gesamtmißgeschickes,
der, wenn auch nicht in die Wüste, so doch in den
Orient geschickt werde, um nun auch einen Teil der
Sünden des Volkes auf seine Schultern zu nehmen,
wenn er darunter auch zusammenbricht.
Ueber den serbischen Bischof von Nisch,
der von den Bulgaren in einem Kloster bei Sofia
interniert wurde, erzählt Knrt Aram, er habe um
den Besuch des früheren bulgarischen Gesandten in
Risch gebeten und ihn mit den Worten empfangen:
Was haben wir Serben anaerichtet! Dann bedankte
sich der serbische Bischof für das Entgegenkommen
der bulgarischen Behörden und erzählte, daß alle
Tivlomaten Risch schon 18. und 19. Oktober ver¬
ließen. Elf Tage später tat der Ministerpräsident
mit den anderen Ministern dasselbe, während der
Minister des Innerer erst am 2. November Nisch
verließ. Ter serbische Bischof hielt dagegen aus bei
seiner Herde, was von großem Vorteil für die zu¬
rückgebliebenen Serben war, weil die Militärbehör¬
den zahlreiche Banden Freischäler in Nisch zurückließ,
welche die bulgarischen Soldaten ans den Häusern
beschießen sollten. Der Bischof verstand es, sie
durch Ueberredung davon abzubringen. Den sieg¬
reichen Bulgaren ging der Bischof am 5. November
entgegen und versicherte sie der loyalen Haltung der
Bevölkerung. Da? Kriegsarsenal blieb ebenso un¬
versehrt. wie es mit der serbischen Nationalbibtio-
thek und der Staatsdruckerei der Fall war.
vtb. Paris, 14. Nov. 1915. (Tel.) ,Le Journall
meldet, daß man aus Koks in Gasfabriken Spreng¬
st off Herstellen werde. Ende dieses Monates wür¬
den in Paris, Lyoo, Marseille und Bordiaux auf diese
Welle täglich 55,000 Kilogramm Sprengstoff herge¬
stellt werden. Paris allein werde von den nächsten
Tagen ak> täasich 20 Tonnen Sprenastoff liefern.
wtb Petersburg, 14. Nov. 1915. „Birshewijc,
Diedemosti" meint, die serbische Armee beabsichtige
aus der Front Prizrende-Gostivar-Babuna (nördlich
von Monostir) eine entscheidende Schlacht zu liefern.
Die Lag« der Serben sei aber sehr gefährlich, da sich
im Rücken der serbischen Armee nur Berge ohne
Straßen befänden. Tick einzige Hoffnung sei eine
ausgiebige Unterstüung durch die Kräfte der Alliier¬
ten.
MtisleriiU Her Sanimiplliijilip iP MWgs 1897.
Am 16., 18., 19., 20. und 22. November d. IS.
findet in Fulda im Gasthaus des Herrn Karl Hilde¬
brandt, hier» Leipzigerstraße 12 (Unionbrauereff die
Musterung der Landsturmpflrchligcn des Jck^ongs
1887 statt.
Es haben sich zu gestellt...
Dienstag» den IK. November i n iS,
die Landsturmpflichtigen des Jahrgangs 1897 aus der
Stadt Fulda, deren Zunamen mit den Buchstaben
A bis einschließlich N beginnen.
Donuerstaq» den IN. November 1915,
die Landsturmpflichtigen des Jahrgangs 1897 aus
der Stadt Fulda, deren Zunamen mit den Buch¬
staben O bis einschließlich Z beginnen, sowie die-
icnioen aus den Gemeinden und Gutsbezirken
Adolphseck, Allmus, Almendorf, Armenhof, Bern-
bards, Besges, Bieberstein, Blankenau, Böckels,
Brandlos, Bronnzell, Buchenrod, Büchenberg, Ta"en,
Dretershan, Tietershansen, Dipperz, Dirlos, 7 -
bach, Dörmbach, Torfborn, Edelzell, Eichenau,
chenried.
Freitag, den 19. November 1915»
die Landsturmpflichtige« des Jahrgangs 1897 ans
den Gemeinden Eichenzell, Ellers, Elters, Engel-
helmS, Finkenhai«, Flieden, Friesenhausen, Gcrsrod,
Giesel, Giesel Gutsbezirk, Gläserzell, Großenlüder,
Großenlüder Gutsbezirk, Haimbach, Hainzell. Har¬
merz, Hattenhof, Hauswurz, Höf und Haid, Hofbieber,
Horas, Hosenseld.
Samstag, de« 2«. November 1915,
die Landsturmpflichtigen deS Jahrgang- 1897 ans
den Gemeinde» Johannesberg, Jossa, Istergiesel,
Kämmerzell, Kanppen, Kerzell» Keulos. Kleinlüder,
Kohlgrund, Kohlhaus, Künzell, Langenbieber, Leb-
nerz. Löschenrod, Lüdermünd, Lütterz, Maberzell,
Malkes, MagdloS, Marbach, Margretenhaun, Mel-
terS, Melzdorf» Mittelkalbach, Mittelrod« MLS,
Reuenberg, Neustadt, Niederbieber, Niederkalbach,
Niederrode, Niefig, Oberbimbach, Oberrode, Opperz,
Petersberg«
Montag, den SS. November 1915,
die Landsturmpflichtigen des Jahrgangs 1897 a«S
den Gemeinden Pfaffenrod, Pilgerzell, Poppenrod,
Reinhards, Rex, Rodges, Rödergrund-Egelmes, Röns¬
hausen, Rommerz, Rothemann, Rückers, Bad Salz¬
schlirf, Schletzenhausen, Schweben, Sickels, StcenS,
Steinau, Steinhaus, Stöckels, Stork, Thiergarten»
Tiefengrubcn, Traisbach, Uffhausen, Unterbimbach,
Veitsteinbach, Weidenau, Wellers, Wcihershof, Wie¬
sen, Wissels, Wisselsrod, Wittges, Wolferts, Zell,
Ziegel, Ziehers, Zillbach, Zirkenbach.
Die Mannschaften haben an allen Tagen morgens
punklich um 7.30 Uhr zur Stelle zu sein.
Das Geschäft beginnt jedesmal um 8.30 Uhr vor-
mittags. Die Mannschaften haben in ordentlicher,
sauberer Kleidung, mit rein gewaschenem Körper
und im «Laternen Zustand zu erscheinen.
Ueber äußerlich nicht wahrnehmbare Gebreche»
sind amtlich beglaubigte ärztliche Gutachten im Ter¬
min vorzulegen. Brillen sind gleichfalls mitzu-
bringen.'
Den Mannschaften wird anständiges Betrage»
während der Dauer des Musterungsgeschäftes unter
Hinweis darauf zur Pflicht gemacht, daß Ausschrei¬
tungen, Trunkenheit, Widersetzlichkeit und Ungebühr-
lichkeit jeder Art sogleich bestraft wird.
Schirme und Stöcke dürfen in das MusterungS-
lokal nicht mitgebracht werden.
Wer sich ans Unkenntnis oder sonstigen Gründen
noch nicht gemeldet haben sollte, wird hiermit noch¬
mals aufgefordert, sich bei Meldung der gesetzlichen
Strafen sofort auf dem Landratsamt (Militär-Amts¬
zimmer) zu melden.
Die Bürgermeister und Gutsvorsteher haben diese
Bekanntmachung in der Gemeinde (Gutsbezirk) 3 mal
in ortsüblicher Weise zu veröffentlichen. Sie haben
ferner im Musterungstermin zu erscheinen und
solange im Musterunoslokal zu verweilen, bis alle
Leute" aus der Gemeinde (Gutsbezirk) w" :t nnd
entlassen sind.
Fulda, den 10. November 1915.
Der Landrat: Frh. v. Doernberg«