Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

verbundenen Opfer an Menschenleben vermeiden und 
will den Hunger das Nötige tun lassen. Ter Komman. 
dant ist entschlossen, den Widerstand fortzusetzen. so 
lange er über eine kawpftüchtige Monnsäost verfügt, 
und an Munition scheint die Festung auch keinen Man. 
gcl zu leiden, (ctr. bln.) 
Tie Russen in den Karpathen 
weiter znrückgetrieben. 
evtd Wien, 28. Jan. 1915, mittags. Amtlich wird 
gemeldet: Nunmehr ist auch das Nagy-ag»Tal 
vom Gegner gesäubert. Ter in dieses Tal bis 
in die Gegend nördlich Oekocjrmczoe mit stärkeren 
Kräften eingcdrungcne Feind mußte gestern seine letz¬ 
ten, gut befestigten Stellungen ausgeben. — 
Toronya wurde von uns genommen, in der Ver¬ 
folgung Wyszkow erreicht, wo der Kampf gegen 
feindliche Nachhuten erneut begann. — Auf den 
Höhen nördlich Bezerszalla und bei Volovcc 
versuchten die Russen nach Einsetzen von Verstär¬ 
kungen nochmals ihre verlorene Hauptstellung wieder 
zu gewinnen. Sie wurden zurückgeschlagen 
und verloren hierbei 700 Gefangene und fünf 
Maschinengewehre. An der übrigen Karpathenfront 
kerne wesentliche Aenderung der Situation. Ocstlich 
des Nagy-ag-Talcs herrscht Ruhe. In Westgalizicn 
und Polen Artillerickänrpfe und kleinere Aktwircn. 
Der Stellvertreter des Chefs ü s General stabs. 
v. H o e f e r, Feldniarschalleutnant. 
Aus PrzcmySl. 
In Diener Neustadt ist, wie die „D. TgSztg." meldet, 
am 26. Januar eine Feldposttarie aus der Festung 
Przemysl, die vom 4. d. M. datiert ist, eingetroffen. 
Die Karte lautet: ..Wir sind fortdauernd eingeschlossen, 
werden aber fast nie energisch angegriffen. Tie Russen 
hoben nur soviel Kräfte da. um die Einschließung auf- 
recht zu erhalten. Uns gehr cs sehr gut, unser Ma¬ 
jor und de anderen Offiziere gehen fleißig sagen und 
kornmcn mit Rehen und Rebhühnern zurück. Tic Gär¬ 
ten und Felder der verwüsteten Ortschaften liefern rote 
und gelbe Rüben. Kraut usw." (ctt. bin.) 
Russische Peunruh gung. 
Die „Frks. Zla." meldet: Sehr chara'terist sch ist 
die Nachricht, dc ß eine Teputa ion russ sch r Be¬ 
richterstatter beim russische» Krieismin stcr Snchoiii- 
lnow erschien und >hn ersuchte, da ma» von zwar 
langsamen, jedoch sicher fons breitenden E s lg n drr 
Russen rede, di: Meldungen des Großfürsten N.ko 
laus aber mit Hinweis ans die ansgebrci e e dentscke 
Spionage so karg seien, ihnen doch enige Ausklä- 
rungen u geben, denn allzulanges Slillschweigen 
der offiziell en Kreise wike beunruhige d ous 
die Bevölkerung. Der russische Kriegsmini er lcl n e 
d e Erfüllung dieser Bit e ab und crtliitc. im ic - 
gen Zeitpunkte da alles vortrefflich steh. «'?- s.i 
größ.e Geheimhaltung doppelt geboten, (ctr. sst.) 
Eine Anspr che HindenburcS. 
Wie dos „Posrncr Tagcbla t" melde , richten 
Gcnera'feldmarscha I v. H n d enbu r g an di: >. er 
600 Diitglieder zählende P jener Juzcndwehr de 
vor ihm irr Kaiscrsgcburtstag in Parade stand, fol¬ 
gende Ansprache: 
„Ich ,r uc . ich. daß Eie licrhcrgekomwen i nd und 
ich Ce egeichcit late, die Prsener Ingendwehv zu srh ns 
Es ist Ihnen besri ieden. mit * ngen Jahren ctn ft e. 
aber auch grehc und erhebende Zeilen zu durck- 
lelrn. Lila len Tie sich ie Erinnerung an diese Zeit 
für alle Zutuns und erhalten Eie sich den erbten Geist 
dar deuiscken Iuget d. auf daß der G e i st der- Gottes- 
s ii r ch t. der E c l b o s: p f e i t, der Vaterlands¬ 
liebe unn der Königs treue in den spä vre» 
Fahnen nicht verließt, konde». erhalten bleibt. Heu e 
ist der Oelnrtsag unseres allergnädigsten Kaisers. Kö¬ 
nigs und Herrn. Wir können ihn! leui schöneres G-> 
schenk überreichen. o'S daß Eie tun. was icki eben gesagt 
habe, 'und ich ecnke. das wellen Eie tun. Lassen Eie 
uns zurn Eirvers ändnis dessen miteinstimmen in den 
Ruf: Eeine Mas-stäk, unser ollcrgiiüdigster Kaiser:. 
Hurra, hur^a. Hurra'" 
Ein mcbrtanseitdi chfiqe; Publikum k> ackfte d». 
rauf d m Generflseldma schall stürm ich- Hukd- 
gu" ::n dar. die sich erneuerten, als er päter den 
Fes a t der Kö ivkich n Akadon-ic im S a> theat» r 
beiwohnte. Hier erhob sich bei feinem Eriche n m d'e 
gan e Festvcrsammluug und brachte ans ibn e n 
stürmisches Hoch aus. Dem Festakt in der Koni i- 
lichen Akademie wohnte auch der Erzbischof v n 
Posen und Gnescn. Dr. L.kawski. bei (ctr bin) 
Tie rusnsch-schis'nat'sche Provwa «da in 
Westgalizien. 
Tie Runen wollen die c.elr glauben mach n 
daß sie mi! ihrem Werben für das Schisma un e I 
der k lh l scher Bevölkerung Dstgakiz en- Er olg l 
hätten. D ese Vorspie -elung s>ll dur.n folgende 
Miueilung gestützt werden. 
Prtridlurg, 25. ^an. 1(116. Nach Meldung russischer 
Zeitungen lc de, „Hei »ge Svi.ov" Prie.sburg jür 
«oet Monere bei der Reicksreick» monotlick 10ftl«r 
Nnve! für de» Klerus drr etir-a 100 neu errichte¬ 
ten o r I h »> d o r e n G e »> etnd > n n, v'aftzn», lr. 
aniragt. 
Ra üblich fehlen für die ,.100 neu e richte'? - 
orthodoxen Gemeinden" die Gläubigen! aber 
darum ist m n in Rußland n cht verlegen, sind e st 
die Gemeinden gegründet, so werden die S- äst.i, 
aus sehr einfache Weise hrrbeigrschasjt. Wi je n- r- 
»eit in Podlachien und im Este Im er Lande we den 
dann durch Kos kenhordcn Traqonadrn rcia strlt t 
u d die Katholiken m . t der Knute i u die 
schisntalisch'en Kirchen hineinqctrie- 
ben; und weigern ste sich, so werden sie i' Mall n 
n cd rge'n llt. So kommen in Rußland die „'e- 
krhrungen" zustande, llebrigens fheiit der „Hei- 
uw Svnod" kein allzu aroßes Brtrauen in die 
Dauer dieser „Bek hrungen" zu setzen: denn wes 
halb würde er sonst den Kredit von je 10 000 Ru¬ 
bel >'ur für zwei Monate fordern? Aber v clleicht 
ist ihm unwillkürlich zum Bcwußsei» qek'mmen. 
daß die Ruffenherrschast in Galizien höchstens N'ch 
zwe Monate dauern wird. Und dieses Ge übl nid 
ibn hoffentlich nicht trügen. Mit den Russ n wird 
dann auch das Schisma ein Ende haben. 
Wie aber die Russen in de» von hnen besetz en 
österreichischen Lindctteilen Hausen, zeig' wieder so> 
gendc Schi'derunz des rumänischen Metropol tcn 
Ta. von Rcpta: 
Ter S' Piurrlit erzählte, laß die Rkassen die Be¬ 
wohner der Bukcwina, insbesondere die Juden, un- 
gemein bau tat behandeln. N>a» minder ge¬ 
walttätig inv'en ste auch gegen die Rumänen auf 
Eie h'ben Bcstpin gen a'ter Bo'arenfamilien verwüstet 
und Eck lösser zerstört. <£\e Berichte von der erlittenen 
arausamen U r b i l I, die die nach Rumänien ge¬ 
flüchteten ri'n noiscken Rewchner der Bukowina ver¬ 
breiteten, haben die Stimmung im Königreiche 
Rumänien sehr merklich beeinflußt. Ten 
Umtrieben d-rr russerfrck.indlichen Agitatoren wurden 
durch diese Berichte bedeutend cntgegengew'rkt. Im ru¬ 
mänischen Volke bat niemals e>ne russenfreundliche 
Stimmung geherrscht, und die htussenfreundlichkeit ist 
zumeist das Werk der mit bekannten Mitteln arbeitenden 
Agitation. 
Vvm See- und UeberseeRrieg. 
Ter vorläufige Bericht Admirals Beattys über die 
Rordsceschlacht. 
wtt> London, 28. Jan. 1913. (Reuter.) Ein 
vorläufiger Bericht des Admirals Beatty sagt: 
„Lion" und „Tiger" fuhren an der Spitze des 
Geschwaders. Sie befanden stch einige Zeit allein 
im Feuer. Tiefe Schisse waren daher dem konzen- 
trierten Feuer des Feindes ausgesetzt. Allein 
diese Schisse wurden gelrosscn. Ein dem Kessel 
der ,Lion" zugefügter Suaden, durch den die Ma¬ 
schinen unbrauchbar>Ktnacht wurden, verhinderte 
uns zweifellos, einen größeren Sieg zu erringen. 
Die Anwesenheit feindlicher Unterseeboote nötigte 
uns, das Gefecht abzubrechen. 
Wieder ein Eingeständnis mehr! Auch der „Ti¬ 
ger" ist getroffen worden. Das ist ja, was man 
verinnlot, gerade das Sckfiss, das untergegangen ist. 
Tann aber heißt es, nur diese beiden Schisse 
wurden getroffen. Merkwürdig, wie sich die amt- 
lichrn englischen Berichte widersprechen! Tie briti- 
schc Admiralität hat ja bereits zugegeben, daß auch 
der Zerstörer „M e t c o r" kampsunsäbig gemacht 
worden ist. — Ter Schlußsatz des vorläufigen Be¬ 
richtes Bcattys gibt zu, daß die Engländer ge- 
nötigt waren, das Gefecht ab^ubre» 
ch e n. Früher behaupleten sie, daß sie die Deut¬ 
schen in die Flucht geschlagen und erst mit der Ver¬ 
folgung Halt gemacht hätten, als sich die Engländer 
dem deutschen Minenselde genähert hätten. 
wtb Berlin, 20. Jan. 1915. (Sei.) Wie in hollän¬ 
dischen Blättern noch der „Täg!. Rundschau" festgcstellt 
wird, finden die Angaben der dcutsckicn Admiralität über 
die Verluste der an der Seeschlacht westlich Hcigo. 
land beteiligten englischen Kriegsschiffe eine 
Bestätigung durch Reisende aus London. 
Ein französisches Torpedoboot gesunken. 
Ter „Lokalanzcigcr" meldet aus dem Haag vom 
27. Januar: Ans einer Ercklärung, die dr'r franzö¬ 
sische Marineminister dem Korrespondenten der „Ti¬ 
mes" in Paris über die Verluste der französischen 
Marine seit dem Ansange des Krieges machte, geht 
als bis jetzt unbekannte Tatsache hervor, daß in der 
vorigen Woche bei Nie» Port ein franzö¬ 
sisches Torpedoboot unterging. Von 
den 40 Mann der Besatzung ertranken 5. — Im 
adriatischeir Meer wurde> ein großar französischer 
Kreuzer torp-diert. Er hat keinen Verlust an Men¬ 
schenleben erlitten. Der Schaden war in 6 Wochen 
repariert, (ctr. bln.) 
Minenecsahr an der norwegische« Küste. 
Tie Minengefahr an der Südküste Norwe¬ 
gens nimmt tätlich zu. Bon allen Seiten laufen 
Nackr'ch en von Minenfunden ein: sämtliche unter¬ 
suchte Minen sind englische Kontallminen. Man 
Hot berichnet. daß diese Akinen einen Wert von 20< 0 
Kronen das Stück hiben. Nach E nsegen neu r 
Sprengpatronen können die me sten von der nor¬ 
wegischen Ptarine wieder angewandt werden. 
(ctr. bln.) 
Sie anderen Möchte. 
D e tffizierercvolte fit Portugal. 
lieber die Militärrevolte, die sich b i den beab¬ 
sichtigten u-d größtenteils unterbliebenen Trno- 
p e n v e r s ch i f s » n q e« »ach d n asrika isch n 
Kolonien in den Lisjitzoncr Kasernen abspielten, 
meldet ein vom 16. Januar dati eier L stab »er Be¬ 
richt des „Renen Wiener Tageblattes" sol end' in¬ 
teressante Einzelheiten: 
Lin am I.ö. Jdnuflr unter Vorsitz des Präsidenten 
Arriogo obgebalterxec R iirsterroi bolle ick ti-11 der be- 
obslckstigtrn Maßregelung des Etfizier. 
korps zu besessen, doc seil Zogen niid inst in seiner 
Gesamtheit nick! nur die Meulerei der Solda¬ 
ten still schweigend zu billigen sckien. sondern fick 
nunwebr oi ck offen gegen die Staatsgewalt aufzulchnen 
begann. Einzelne Koicrnen wntzien vollständig ge. 
sperrt werden. Es kam im Fnmwn der Kasernen zu 
großen Tumulten. Mehr als dnrihundert Offi¬ 
zieren, darunter auch mehreien höheren, ichurdeu die 
Degen abverlangt, und die Kaserne» soioie die .Zugänge 
-zu -em Arsenal mit stärke» Eendarmenie- und Polizei, 
wach,« un geben. Ter Geist der Revolte bcr dem über¬ 
wiegend r e v u b I i k v n i s ck gesinnten und sonst duuck- 
au? disziplinierten Effizierlorps wurde durch die Aben- 
tenerpoutik der gegenwärtigen Mnckthgbcr und deren 
Abs ick t. die Armee zur Söldnertruppe 
Englands berobz»würdigen, geschaffen. Er 
errcickte seinen Hühigunkt. als das Ministerium Cou- 
tinho einen ehemg' ig-n monarchistischen Efsizicr zum 
ÄriegSminister ernannte. Diese Ernennung war t>e- 
lgnntlick auf de» Einfluß des englischen Gesandten zu- 
rückziisühre». 
Der Minister ist bekanntl ch inzwischen znrückcze- 
reten und h:t das gesantx Minist - i» dem 
Stur; mitgerissen Es heirschl jetzt Militäidiktatur. 
Rumäniens Stellung. 
wtb Budapest, 28. Jan 1915 Ter „Rester 
Lloud" verösfentlicht eine Un erredung eines un -a- 
ris en Journalisten mst der« rum änischen Staat >- 
ma»n Peter Earp. Dieser fp; > e klärt Xi. 8-g: 
Runtäniens das sich für d e R'utrali'ät ent chic en 
habe, sei schwierig. In Bukarest fe en zwei Srra 
münzen vorhanden. Aus der einen Seite trä :m: 
N'ou von dem unia i'dn’•. Sieben bürg » u' der. 
anderen Seile sie» die Bl cke au d s russisch: 
Bessarobien wr.chiet, das vor hundert Jahren Ru¬ 
mänien entriffen und von einer balde Million Ru¬ 
mänen berölkert se. Corv erklärte die Erwer unz 
Beffarabien-- s:i dos erste Interesse Ru:ä- 
niens. Tie Deutschen ständen aus beiden K iegs- 
schauplätzen sehr gut. Es sei sein fester Glaube, 
daß der entscheidende Ettto^z ihnen uubed ngt zusal- 
len werde. Xie verantwartSchen S aaksmäuner in 
Rumänien hätten einzig das Interesse des Landes 
im -luge. Auswärttge Einflüsse konnten du Ent- 
schlüsie der maßacbenden Faktoren nicht bestimmen. 
Tcß der angesehene nimänische S'aitsmann ge- 
ra^e im jetzigen Augenblick s ine S'imme erhebt, 
ist von Bedeutung u d zeigt daß man in Bukar.st 
sich einen kühlen Kops zu bewahren willens ist. 
Tas „neulral^ Amerika. 
:: Berichte au? den V:reini ten Staaten weikeu 
auf die verschiedene Behandlung hin, die die 
Washingtoner Regierung d:n englischen Ka elte e- 
grammen uno den Nachrichten d,e aus drahtlos m 
Wege von Teutschland nach Ame ika gelangen, zu¬ 
teil w rden läßt. Wäh end in crsterem keme B r- 
letzung der Neutralität befürchtet wird, glaubt man 
diese durch die deutschen Funkensprüche stark ge¬ 
fährdet: man hat daher für sie eine besondere Z n- 
surstelle einaerichtet. Nicht ini geringsten wird nach 
amerikanischer Ansicht ferner der amerik ni chen 
Neutralität durch den blühenden Massen- u 1-, Mu-> 
mtioushaudel nach England und Frankreich 
Abbruch getan; anders freilich wäre es. wenn sich 
zusällig in einer: für Deutschland bestimmten 
Bauniwolldallen 'üne Flinte, ein Revolver oder Pa¬ 
tronen befinden sollten. Das würde mit der ameri¬ 
kanischen „Nculralität" unvereinbar sein. Um einen 
solchen schiveren Reutroliiätsbruch zu verhüten, sind 
strenge Maßregeln gelrosscn worden. Es werden be¬ 
kanntlich sogar alle für Teutschland bestimmten 
Baumwollballen mit Röntgcnslrahlcn durchleuchtet, 
um zu verhindern, daß Kriegskonlerbande aurge- 
führt'werde. Damit John Pull aar nicht glaube, 
daß man außer ihm und seinen Verbündeten auch 
seinen Feinden Kriegsmaterial zukommen lasse fin¬ 
den die Röntgen-Untersuchungen der .Baumwoll¬ 
ballen unter ?lufsicht des englischen Konsuls statt. 
Ein allerliebstes Bild! Sehr geeignet sur d.e Lon¬ 
doner Kien toppe! 
Der Fall „Dacfa"- 
Als der Krieg die in den amerikanischen Häfen 
liegenden Schiffe deutscher Handelsgesellschaften an 
der Ausreise verhinderte, tauchte in den spekulations- 
tüchtigcn Amerikanern der Plan auf, durch schnelle 
und billige Aufkäufe dieser Dampfer die amerikanische 
Handelsflotte mit einem Schlage zu vergrößern 
Wohlverstanden, der?lnkanf der Schiffe, welche dann 
unter amerikanischer Flagge ihre Dzeanreisen fort¬ 
setzen sollten, sollte nicht aus Sympathie für Teusch- 
land geschehen, sondern einzig im Interesse der ameri¬ 
kanischen Handclsschiffaht-1. Aber die Engländer stan¬ 
den dem Plan mißbilligend gegenüber, denn erstens 
erhielt Deutschland auf diese Weise Geld und die 
amerikanische Konkurrenz würde dadurch unange¬ 
nehm fühlbar werden. Wenn die -,Tacia", die als 
erstes Schiff von der Hamburg-Amcrika-Linie an die 
nordamerikanisäie Reederei Breitung verkauft ist, 
endgültig als nordamerikanisches Schiff und unantast¬ 
bares Privateigentum des nordamcrikanischcn Be¬ 
sitzers anerkannt wird, steht cs den Nordamcrikancrn 
und anderen Neuralen frei, weiterhin so viele Fracht- 
dampfer der Hamburg-Amerika-Linie und des Nord¬ 
deutschen Llovd anzukaufen, als sie bezahlen können. 
Tann bildet sich auf einmal eine konkurrenzfähige 
nordamcrikanische Handelsflotte, welche dem engli¬ 
schen .Handel unbequem werden könnte. Das aber 
war nicht der Zweck der Engländer, als sie den jetzi¬ 
gen Weltbrand entfachten. Sie wollten die deutsche 
Flotte vernichten, aber beileibe nicht zugleich indirekt 
eine andere .Handelsflotte dabei erstehen lassen. Auch 
hört dann das seine Frachtgeschäft auf, welches die 
englischen Reeder zurzeit betreiben und welches ihnen 
Riesengewinnc mühelos in dcm Schoß wirft. Tie 
englischen Reeder haben nämlich die zeitweilige Aus¬ 
schaltung der deutschen Flotte benutzt, um die Fracht¬ 
sätze unmäßig in die.Höhe zu treiben. Wenn dabei 
und dadurch der Preis der Lebensmittel, namentlich 
des Weizens, in geradezu unerhörter Weise gestiegen 
ist und die breite BolkSmasse auch in England unge¬ 
heuer leidet, so rührt sie das in keiner Wc'ise. Ge¬ 
schäft ist Geschäft. Tas ist nun einmal der unver- 
ri'ickbarc Untergrund der englischen Hande'lsmoral. 
Wenn da auf einmal eine neue nordamerikanische 
Handelsflotte ans der Bildfläche erscheint und den 
englischen Reedereien Konkurrenz macht, so müsien 
die Frachtpreise wieder gednickt weiden, vielle'cht so¬ 
gar wiedc'r auf den normalen Stand zurückkehren, 
und dann ist der Profit hin. Tann verliert der Krieg 
für die engliscken Reeder allen Reiz und könnte ihre!- 
wegen obnr weiteres abgebrochen werden. Das aber 
(darf nickt sein: denn cs-gibt auck noch andere Leut- 
sin England, welche am Krieg verdienen und verdie¬ 
nen wollen. Darum der lebbakte Widerstand Eng¬ 
lands gegen den BeJ»ch, die „Taeia" unter ameri¬ 
kanischer Flagge über den Szean zu schicken. Xie 
anierllkonische Regierrtng wagte keine entschiedene 
Stellung zu d-r Frage zu nebnien. Sie wird ober 
-an eit'r-r flar<'n St.^nu.gnahme nicht vorbeikom-- 
en. Es wird gemeldet: 
w,b Amsterdam. 27. stan. 1915. .NieuwS van de» 
Dag" meldet aoS Newnork: Die ..Tacia" in beute bei 
Tagesanbruch von G a l v e st o n a b n e i a b r e n. Ter 
Kavitän erklärte, er werde die gewöhnliche Route cin- 
schlogen und keine besondere Micke aiinocuden, um einer 
eventuellen Beschlagnahme des Schiffes durch die Eng¬ 
länder zu entgehen. 
Xie „Tacia" sollte nach einer früberen Meldung 
bereits abgefahren sein, wegen des stürmischen Wet¬ 
ters wurde die Fahrt aber nicht fortgesetzt. 
Tc§ Kaisers Tank an d'w Perkre'er der Prelle. 
kürvöes Hnvptonaitirr, der, 27 Jan. 1915. 
Als der Kaiser an seinem Geburtstag nach dem Fest- 
gotteSdienstr im Großen Hauptguart-er d>e Glückwünsche 
dcr dor! vertretenen militärischen und Beamtcnforma- 
twnen entgegen nahm, zollte er der vaterländischen Ar¬ 
beit der deutschen Presse warme Auenkennung. Ter 
Kaiser -nate zu den Berichiers-attcrn: »Guten Morgen, 
mein« Herren! Fch mack: Fbncn wein Kompliment; 
ich lese stbre Artikel -ehr gern. Eie schreiben sa fawos! 
danke 7 km iw dafür. E>e leisten Vorzügliches. Ihre 
Artikel haben einen hohen patriotischen Schwung.. Dar 
iit auck: süc unsere Leute im Schützengraben von b-ckem 
Werte, wenn wir ihren 'olcke S-cckcn schicken können. 
Ilnd nun noch eines- Meine Herren n-erten S:e sich 
das Mein Grundsatz auck für diesen Krieg ist das Wort 
d < alten John Knor, des Rekorm atorS von Schottland: 
..Ein Mann mit Go!: ist immer die Rajorstä: " Das 
könne» Eie weitergebr»!" 
W Scheuer mann. Kriegsberichterstatter. 
(rin Ader d t im Ka'ser. 
>vtb Poris, 28. Jan. 1915. (Tel.) Auf dem 
Bahnhof von Grenoble beschl gnahmte die P.'li-ei 
ein Piket Flugschriften „Vers la paix" (gegen d n 
Frieden). Mm vermutet das Besteben einer 'O - 
ganit tt on. die mit dem Feinde in B ttbindung steht. 
In den „Münchener Neuest. Nachbeschr ibt 
Lndroig Ganqhofer, ein Liebling schrislst ller 
des Kaisers, ausführlich ein Zusammense n mit dem 
Kaiser bei.einem Abeni^-fsen im Hauptquartier. Vor 
dem Ell n beor'-ßte der Kaiser den Schriftsteller 
mit folgenden W'rten: 
„Na, Ganghofer-, Ihre Batzern! Prcchckolle Loutcl 
Die haben feste und t-chtige Arbeit gemacht! Und vor¬ 
wärts gebt es überall, Gott sei Dank!" — 
Dann mn Erinnern an die letzte Begegnung im Früh» 
iahr. Tief atmend, sicht der Kaiser mir ernst in die 
Augen und sag- mit einer langsamen und strengen 
Stimme: „We r hätte damals ahnen können, 
was jetzt gekommen ist! Und daß wir uns in 
Frankreich Wiedersehen würden! So!" 
E? war eine kurze und rasche Mahlzeit, bei der 
als Getränk französischer Landwein u-d Wasser ge¬ 
reicht wurde und es daneben nur Kriegsbrat gab. 
Gegen die elfte Abendstunde fand ein mili.är scher 
Vortrag in einem Hause in der Nähe statt. Gang- 
Hofer erzählt darüber: 
Ein verdunkelter Saal mit etwa 40 Stühlen; hinter 
ihnen ein Bergrößerungsapparot mit elektrischen Lcknü- 
ren, vor ihnen an der Mauer eine große Leinwand. 
Fest und glcichnwßig klingt in dem matten ftwirlickst die 
Stimme des vertragenden Offiziers, währentz. Ruck um 
Ruck eine lange Reihe von Bildern über die Leinwand 
gleitet. Dre ersten sind für mich völlig unverjtändli^ 
Erst nach einer Weile lehrt das gesprochene Mort wich 
begreifen, und ich begiruie in erregter Spannung zu 
ahnen, daß es sich hier um eine neue, wichtige 
und für die Kriegführung hilfreiche Sache 
handelt. Immer wieder und wieder stellt der Kaiser 
mit raschen, knappen Worten eine Awiicdcnfrage: d:r 
Off^zier antirortct. Bis nach Mitternsck: dauert es an. 
Nack dem letzten Bilde leucktet d:c Ft-amn'e des Lnsrers. 
Rasch tritt der Kaiser auf den jungen Offizier, der den 
Vortrag gehalten hat, -ni, rctckt ihm die Hand und sagt: 
„Ich danke Ihnen! Das ist eine gute Sacke! 
Glauben Sic, daß uns die Franzosen das n a ch - 
machen können?" Ter junge Offizier in dem recwit¬ 
terten Feldgrau lächelt: „So schnell nicht. Maje¬ 
stät, wir haben das jetzt erst gefunden." Dir! Das 
sind wir Deutsche! Ich trage still und beglückt Las Wort 
in mir davon durch die sterner-helle Nacht, dazu die mich 
sehr erfreuende Einladung: Morgen im Auto mit dem 
Kaiser binüberzufahrcn zum Deutschen Kronprinzen, 
(ctr. bln.) _ “~ 
verrnischter. 
* Arbeiterbewegung in England. Die Bergarbeiter 
in den Kohlenbczitten von Dorkshire sind in eine 
Lohnbewegung eingetreten. In einer Abstimmung er¬ 
klärte sich die große Mehrheit für die Kündigung. 50 000 
Kohlcnarbcitcr sind bereit, in den Generalstreik 
einzutrcten. Es werden alle Mittel angewandt, um 
die Angielegenbeit gütlich beizu-'egen. Tie durck eine» 
Streik gesckafsene Lage würde umso schlimmer sein, 
als bereits in dem ganzen Distrikt von Birmingham 
Kohlenmangcl eingetreten ist. Fabriken haben bereits 
zeitweise ihre Arbeit eingestellt, und für die Regierung 
ist die Lage, da verschiedene dringende Arbeiten gelie¬ 
fert werden müssen, recht unangenehm- Die schlimme 
Lage ist vor allen Dingen dadurch geschaffen worden, 
west eine Menge von Äoblenbergarbeitern für das Heer 
anoeworbcn worden ist. Etwa ein Drittel der Arbeiter 
fehlt. Auch die Beförderungskosten sind sehn hoch. Eine 
unangenehme Lage wirck auch geschaffen dadurch, daß 
die Arbeiter der wichtigsten Schiffswerften von 
T y n e s i d e in eine Lohnbewegung eingetreten fmst, 
Letzte Nachrichten. 
Ein Derglerch. 
wtt> Berlln, 29. Jan. 1915. (Tel.) Aus einem 
Vergleich, den der „Mcuwe Rotterdamsche Courant* 
ztuischen den französischen Tagesberichten vom 26. 
und 27. Januar und dem deutschen Tagesbericht 
vom 27. Januar anstellt, ist einer Meldung des 
«Berliner Lokalanz." zufolge ein verstecktes Zu¬ 
geständnis der französischen Nieder¬ 
lage ersichtlich. 
Französische lenkbare Luftschiffe über Paris. 
wit> Paris, 28. Jan. 1914. Die ,Agence Havas" 
teilt mit: Französische lenkbare Luftschiffe werde» 
demnächst tagsüber in der Umgebung von Pa- 
r i s Fahrten unternehmen. Tie französischen Luft¬ 
schiffe dürfen nicht mit den deutschen verwechselt wer¬ 
den. Tie französischen sind gelb, die deutschen grau: 
die frauzösischey führen einen blauweißrown Wimpel 
und blauweißrote Kokarden. Tas Erscheinen dieser 
Luftschiffe darf demnach keinerlei Beunruhigung har- 
vorrrifcn. Sollten deutsche Luftschiffe aus der Fahrt 
nach Paris gemeldet werden, so wurden die vorge¬ 
sehenen Maßnahmen, insbesondere die Verfolgung 
durch ein Flugzeuggcschwader, das das befestigte La¬ 
ger von Paris schützt, sofort Anlvendung finden. 
Ter betrügerische Generalintendant. 
wtb Paris, £9. Jan. 1915. (Tel.) D'ätterwecbu.ngen 
jiifpfpc. nimmt die Affäre des wegen Diebstahls und 
Nnterscklogung verhafteten Generalintendanten 
DeSclauds einen größeren Umfang an. Bei einer 
Haussnckung in der Pariser Billa des Angesckuldigten 
und in der Billa suv Orge in Savignh wurde eine grö 
ßere Menge von Kasfecballen, Konserven, militärisckeu 
AuSrüstungSgepenstnnden und Olewehren gefunden. Die 
Verteidigung Desclauds hat Labori übennomnien. 
Englands Hoffnung auf d'e Aushungerung 
Deutschlands. 
n'tb Berlin, 29. Jan. 1915. (Tel.) Welche Hoff¬ 
nungen England auf einen Getreidemanget 
in Deutschland setzt, geht einem Bericht des „Berk 
Lokalauzeigcrs" zufolge ans dcr „Times" hervor 
Diese schreiben: Welche Bedeutung der Getreide 
Mangel für den .Kriegshaftn haben werde, werde sick 
erst im nächsten Sommer erkennen lassen. Auch dir 
llriegsereignisse könnten bier von größtem Einfluß 
sein, da die großen, mit Getreide bebauten Flächen 
de- östlichen Deutschland vor dcr neuen Ernte von. 
Feinde besetzt sein könnten. — Ter „Verl. Lokalanz " 
meint hierzu: Gewiß werde viel von dem Verlaufe 
der Kriegsereignisie abhängcn, daß aber dcr Feind 
Preußens Kornkammer und Getreideland bis zum 
'omm w besetzen würde, glauben die „Times" wohl 
selbst nicht. 
Tie Russen bereiten die Räumung von Lemberg vor. 
wtb Wien, 28. Jan. 1915. (Del.) Tie Zeitungen 
geben eine Meldung Lemberger Blätter wieder, nacki 
der am 12. Januar in Lemberg durch Straßenplakate 
bekannt gegeben wurde, daß die Russen aller 
Wahrscheinlichkeit nach bald genötigt 
sein werden, aus strategischen Rücksichten dic 
si Stadt Lembergzu räumen. Es ergehe dem 
nach an die Bevölkerung die ?luffordcrung, gegebe¬ 
nenfalls sich ruhig zu verhalten und anläßlich der nur 
vorübergehenden Besetzung der Stadt durch die 
Feinde keine Tcmonsttattonen zu veranstalten, zun na', 
die Russen nach Lemberg zurückkehren und 
die Stadt dem Feinde unter keiner Bedingung für 
die Tauer gutwillig übcrlasien würden. 
Ter künftige Minister des Innern in Rußland. 
w'b. Basel. 29. Jan. 1915. (Tel.) Als ruffischer 
Minister des Innern soll nach einer Meldung der 
.Baseler Nachrichten' aus Mailand der Präsident der 
Moskauer Adelskammer Sowarin in Aussicht ge¬ 
nommen sein. 
Keine Sperrung des Suezkanals. 
Eine Meldung aus dem Haag vom 28. ds. teilte mct. 
die holländische Regierung habe erfahren, daß die eng¬ 
lischen Militärbehörden in Aegypten Matzegeln ergrif¬ 
fen, um die Schiff ah rt auf dem Suezkanal 
st i l l z u le g e n. Seit gestern mittag habe kein ein¬ 
ziges Schiff mehr in den Suezkanal einlaufen können. 
Hierzu erfahren wir: 
wtb Berlin, 28. Jan. 1915. (Tel.) Nach Erkun¬ 
digungen des Auswärttgen Amtes in Amsterdmn 
beruht die Auffassung, daß eine völlige Sper¬ 
rung des Suezkanals beabsichtigt sei, aus 
einer irrtümlichenUebersetzung einer tele¬ 
graphisch übermittelten abgekürzten französischen SWib 
teilung der Suezkanal-Gesellschast. Tie falsche 
Nachricht von der völligen Schließung des Kanals 
rief in dcr Amsterdamer Handelswelt die peinlichste 
'lebecraschung hervor
	        
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