Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

M 285. 
$rdta« ten 10. Dezember MS. 
2. Matt. 
Druck der Huidaer Atttendrttckerei in galfea. 
Ful-aer Zeitung 
*3* 
fb. „Die Kra« als Mitgeftalterin am 
neue« Deutschland. 
- Unter diesem Gesamttüel werden alle Berhand- 
drngen der festen .Generalversammlung 
des Katholischen Frauenbundes stehen, 
welche am 6., 7. und 8. Januar im Reichstag in 
Berlin stattfindet. 
Der Zentralvorstand des Katholischen Frauen¬ 
bundes legt durch die Wahl dieses Leitmotivs seine 
ßlbsicht dar in sernen Verhandlungen in erster Linie 
Zukunftsarbeit leisten zu wollen. Die Grundsätze 
und Umrisse dieser Arbeit werden in der ersten 
Versammlung (am 6. Januar nwrgens 11 Uhr) in 
einer Eröffnitngs- und Prvgrommrede entwickelt. 
Sie soll die Hauptprobleme der Frauenaufgaben zn- 
sammcufassen, die das „neue Deutschland" dem weib- 
ilchen Geschlecht stellt, den Standpunkt des Katholi¬ 
schen Frauenbundes gegenüber diesen Problemen 
kennzeichnen und so zu den Einzelreferaten hinüber¬ 
leiten, in die das Gesumtthema, welches zugleich den 
Titel der Einfichrungs- und Prvgrammrede bildet, 
sich naturgemäß auflöst. 
Die erste Versammlung am Margen des 6. 
Januar wird außer den üblichen Eröffn kmgssormali- 
taten auch den Geschäftsbericht des Katholischen 
Frauenbundes bringen. 
Die Versammlungen am 6. Januar nach¬ 
mittags 3i/2 Uhr und am 7. Januar morgens 9\'2 
Uhr "werden geschäftlichen Verhandlungen dienen. 
Die übrigen Versammlungen: am 6. Januar abends 
8 Uhr, am 7. Januar nachmittags 3V2_ Uhr und 
abends 8 llhr und am 8. Januar vormittags 9y2 
Uhr und nachmittags Sy2 Uhr bleiben alsdann den 
Referaten und Vorträgen Vorbehalten. 
Diese gruppieren sich um fünf Hauptgesichtspunkte, 
die sämtlich auf das Gesamtthema hindeuten. Das 
neue Deutschland' Das neue Deutschland verlangt 
Taten auch von seinen Frauen. Und der Krieg 
scheint sie für diese Taten eigens geschult zU^hiaben. 
Noch nie zuvor lag fa auf den Schultern der Frauen 
eine solche Last der Verantwortung, nicht nur der 
Familie, sondern auch der Oeffentlrchkcit gegenüber. 
Man branibt nur daran zu denken, wie sie ganze Er¬ 
satzheere auf die Gebiete der Mämrerarbeit hrnüber- 
führen, an der Organisierung des .Kriegswohlfahrts¬ 
dienstes tättgen Anteil nehmen, die einzelne Haus¬ 
wirtschaft den Verhältnisien der Volkswirtschaft an- 
paflen und so eine Umschaltung des ganzen häus¬ 
lichen Bettiebes anbahnen mußten. Aus der Fülle 
einer solchen Kriegsarbett sollten die Frauen stark 
genug hervorgehen, um nicht nur mitschaffend, son¬ 
dern auch mttgestaltend der Zukunft chres Volkstums 
zu dienen, soweit weibliche Kraft und Berufung rei¬ 
chen und Betätigungsgebiete sich ihnen öffnen. 
Bei derartigen Erwägungen richtet sich der Blick 
des Katholischen Frauenbundes zunächst auf seine 
Jugend und die weibliche Jugend über¬ 
haupt: In ihr vor allem muß Kriegssaat ausqe- 
streut werden, um sie zu befähigen, echte Persön- 
lichkeitswerte in sich herauszubilden und in die Er¬ 
füllung aller späteren Frauenaufgaben hineinzu¬ 
wachsen. Diese entwickeln sich nach zwei Richtun¬ 
gen: der häuslich-mütterlichen und der außeryäus- 
lich-beruflichen Betättgung. Der Kathol. Frauen¬ 
bund ist Wohl mtt in erster Linie berufen, beide 
Hauptgebiete der weiblichen Betättgung grundle¬ 
gend zu behandeln. Denn er vereinigt in seiner 
Organisation sowohl verheiratete als >'tch unver¬ 
heiratete Frauen; und die katholische Sittenlehre, 
indem sie Eheideal und Jungfräulichkettsideal ne¬ 
beneinander stellt, zeigt ihm in beiden Frauengrup¬ 
pen Höhepunkte des weiblichen Daseins. 
Unserer weiblichen Jugend wird deshalb die erste 
große Abendversammlung am 6. Januar gewidmet 
sein; und die zweite am 7. Januar soll in das 
Doppelgebiet der weiblichen Betättgung führen und 
einerseits den die Wurzelkrast unseres Volkes ge¬ 
staltenden Aufgabenkreis der Mutter, anderseits die 
sozial-sittliche Mission der unverheirateten Frau be¬ 
handeln. 
Die Nachmittagsversammlung am 7. Januar 
dient der Erörterung von Fragen der V ol k s s i t t- 
lichkeit. Der Krieg ist ein Lehrmeister, der uns 
die Rückkehr zur Einfachheit unserer Altvordern 
zu strenger Auffassung gegenüber gewissen Erschei¬ 
nungen des öffentlichen Lebens predigt. Kamps 
allen Aeußerungen leichtfertiger oder gar unsitt¬ 
licher Lebensauffassung, einerlei, wo sie sich ans 
Licht wagen. Auf diesem Gebiete ist nichts harmlos 
und unbedeutend möge es sich um Auswüchse der 
Mode oder die Duldung geselliger Ausschreitungen, 
um die feinen Giftblüten der Kunst und Literatur 
In einem deutschen Krankenhanse 
für die französische Zivilbevölkerung 
Bon Emil Sintson, Kriegsberichterstatter. 
Großes Hauptquartier, 29. Nov. 191./. 
Eine Arbeit von ungeheurem Umfange erfordert 
die Verwaltung des besetzten Landes. Das wird 
selbst dem Laien llar sein, wenn er bedenkt, was 
schon alles bei einer Armee ineinandergreifcn muß. 
um den Riesenapparat auch nicht einen Augenblick 
in Stockung geraten zu lassen. Nun liegen aber un¬ 
sere Heere in ftemdem Lande, dessen Bevölkerung 
nur zum kleinen Teil geflohen ist oder unter den 
Fahnen wellt. Diese vielen tausend Franzosen müs¬ 
sen selbstverständlich verwaltet werden. Ihre Ge¬ 
schäfte gehen weiter — auch ihre Krankheiten! So 
hat man denn nicht nur Polizei, Feuerwehr und viel 
Sonsttges aufs neue einsetzen müssen — kurz, eine 
regelrechte Verwaltung —, sondern die Fürsorge 
ging auch dazu über, der Einwohnerschaft, die von 
französischen Aerzten nahezu verlassen ist. sachgcniäße 
Behandlung von deutschen Aerzten in einem nach 
deutscher ArtJjtustergiltig eingerichteten Kranken¬ 
hause zu schaffen. So handeln die deutschen Bar¬ 
baren! , ' 
Das Krankenhaus, ^n welchen: ich weilte und 
in dem ausschließlich Franzosen behandelt werden, 
ist ein früheres Hospiz, das im Jahre 1742 erbaut 
und 1882 erneuert wurde. Es diente hauptsächlich 
der Versorgung greiser Idioten, von denen einige 
auch jetzt noch hier sind. Fast alle Räume mußten 
von Grund aus, teils von deutschen Pionieren, teils 
von Sanitätsmannschaften, neu eingerichtet wer¬ 
den, da man auf deutscher Seite erheblich größere 
hygienische Anforderungen stellt, als sie in diesem 
Hospiz offenbar Geltung hatten. 
Auf diese Weise konnten Bette» für etwa 90 
Kranke bereiigestellt werden, sowie zwei Untersu- 
chungsrämne und 1 Konsnttationssaal für poliklini¬ 
sche, "ambulante Beratungen geschaffen werden. Das 
Krankenhaus begann im Dezember vorigen Jah¬ 
res den Betrieb und weist einen von Monat zu 
oder das grobe Schierlingsgewächs in Kino und 
Ehebruchdrama handeln. Um Reinheit und echte 
Schönheit unseres äußeren und inneren Volkstums 
müffen gerade die Frauen sich bemühen. 
Am 8. Januar lautet das Thema der Morgen- 
versammlnng: Beteiligung der Frau au den f o - 
z i a l - ö f f e n t l i ch e u Ausgabe n, während tu 
der Nachmittagsverfammluug Probte tu e d c r 
Frauenarbeit verhandelt werden. Der Krreg 
hat bekanntlich aus dem weiblichen Arbeitsmarkte 
große Verschiebungen hervorgerufen. Vor allem 
änderten sich nach dieser Richtung hin die Verhält¬ 
nisse in der Landwirtschaft, von Grund aus. Auffal¬ 
lende Beweise hierfür lieferte jüngst eine Eingabe 
der bckyerischen Bauernvereine an den Reichskanz¬ 
ler: sie besagt unter anderen!, daß 60 Prozent aller 
landwirtschaftlichen Betriebe heute von Frauen ge¬ 
führt werden. Mt einer ähnlichen Umformung der 
Verhältnisse haben wir es auch in den Berufen vor¬ 
wiegend städtischen Charakters zu tun. Dabei wis¬ 
sen wir, daß mit Beendigung des Krieges eine 
schwere Krisis für die gesamte weibliche Berufs- 
arbett eintreten wird. Es müssen deshalb Maßnah¬ 
men getroffen und Mittel vorbereitet werden, unt 
sowohl den Verhältnissen der Gegenwart, als auch 
den zum Teil ganz anders gearteten Forderungen 
der Zukunft auf dem Gebiete der Frauenarbeit ge¬ 
recht zu werden. 
Das Schlußreferat der gesamten Tagung wird 
dem weiblichen Dienstjahr gewidmet sein 
und in der Erörterung dieser fast von der gesamten 
Frauenwelt vertretenen Forderung noch einmal ei¬ 
nen Rückblick und Ausblick gewähen: stellt es doch 
die unumgänglichen Vorbedingungen zusammen, 
welche für alle Frauen zur Erfüllung ihrer Pflich¬ 
ten in Haus und Beruf und im öffentlichen Leben 
gleichmäßig eine Grundlage schaffen sollen. 
Aus dem Nachbargebiete. 
X Hünfeld, 9. Dezember 1915. Die Rentmei¬ 
sterstelle bei der hiesigen Kgl Kreiskasse ist neu zu 
besetzen. 
** Leibolz, 9. Dez. 1915. Der Gefreite Oskar 
Volk einer bei einer Minenwerfer-Kompagnie 
wurde für hervorragende Leistungen auf dem west¬ 
lichen Kriegsschauplatz zum Unteroffizier befördert. 
[] Aebhards, 9. Dez. 1915. Der Gefreite bei 
einem Artillerie-Regiment im Westen Karl N ü d - 
ling wurde am 25. November mit der hessischen 
Tapferkettsmedaille ausgezeichnet. 
H Hanau, 9. Dezember 1915. Der dreizehn¬ 
jährige Schüler Löschengruber legte in einem hie¬ 
sigen Gartenhause scherzweise ein Flobertgewehr auf 
seinen vierjährigen Neffen Krick an. Das Gewehr 
entlud sich und durch einen Schuß in den Hals 
getroffen, sank der kleine Knabe tot nieder. 
* Eschwege, 10. Dez. 1915. Ein seltenes 
Gewicht hat ein dreieinhalb Wochen altes Kalb 
das heute von Herrn Metzgermeister Schellhas ge¬ 
schlachtet wurde. Das Tier wog 221 Pfund. 
* Herleshause«, 8. Dez. 1915. Der älteste 
Bürger Kassels, der 911-jährige Rentner Konrad 
Bettner, wurde gestern auf dem Totenhofe in der 
Holländischen Straße zu Kassel beigesetzt. Er war 
am 15. August 1824 zu Sandershausen geboren, trat 
am 31. März 1845 beim damaligen Kurhessischen 
Jägerbataillon in Kaffel ein, diente hier 14 Jahre 
und wurde 1859 der kurhessischen Landgendarmerie 
überwiesen, wo er hauptsächlich als Forstschutzbeam¬ 
ter Verwendung fand. Als solcher kam er nach 
Wilhelmshausen, 1848 znach Beberbeck, 1850 nach 
Bieber, 1853 nach Eddebringhausen und 1855 nach 
Strinbach-Hallenberg. Von 1859 bis 1862 war er 
als Gendarm in Oberkausungen, von 1862 bis 1874 
als solcher in Sachsenhagen, Kr. Rinteln, und schließ, 
lich von 1864 bis 1888 in Herleshausen tätig. Der 
Verblichene hat dem Staat 61 Jahre treu gedient. 
A Biedenkopf, 9. T-ez. 1915. Ein gewissenloser 
Schwindler hat im hresigen Kreise in zahlreichen 
Pfarrer-, Lehrer-, Forst- und Bauernhäusern er¬ 
hebliche Betrügereien verübt. Er bot eine mit Bll- 
Hern viertelte Kriegsgeschichte gn und stieß sich, 
wenn sie bestellt wurde, natürlich die übliche Anzah¬ 
lung aushändigen. In anderen Fällen betrieb er 
den Schwindel mit Wäsche, auch blieb er in Wirt¬ 
schaften die Zeche schuldig. 
Hl Griesheim «• M., 9. Dez. 1918. Durch nacht 
liche Einbrecher wurde die Restauration der 
Turnhalle in der Friedhofftraße ausgeplündert. 
* Darmstodt, 9. Dez. 1915. Die hiesige Stadt¬ 
verwaltung gibt von dieser Woche ab gegen Vorzei¬ 
gung der Broffcheine ein Kilo Weizenmehl 
. _ —W? 
aJionat steigenden Zuspruch auf. Behandelt wurden 
auf der Statton für chirurgische und innere Krank- 
hetten (Frauen, Kinder, Männer) 271 Kranke mit 
5388 BehandlunzBtagen. Auf der Station für ver¬ 
rufene Krankheiten 210 Kranke mit 5463 Behand¬ 
lungstagen. In der Poliklinik (Salle de la com 
sultation) erschienen monatlich durchschnittlich 1800 
Kranke, insgesamt bisher über 20 000! Im ganzen 
sind fast 25 000 ärztliche Einzelleistungen zu ver¬ 
zeichnen. 
An Personal arbeiten neben dem leitenden Arzt 
ein Chirurg, ein Spezialist für Ohren- und Nasen¬ 
krankheiten ein Spezialist für Augen-, ein Spezia¬ 
list für Geschlechts krankheiten, und ein Zahnarzt. 
Au Hilfspersonal u. a.: 2 französische Schwestern, 
eine deutsche Schwester (bei Operationen!, 2 Sani- 
tätsunterosiiziere und französische Wärterinnen. Aus 
der Fülle der Leistungen sei noch mitgetellt: etwa 
hundert Personen wurden gegen Pocken schutzgeimpst, 
meist Kinder, vereinzelt fanden auch Typhus-Schutz¬ 
impfungen statt, natürlich auch Röntgendurchleuch¬ 
tungen sowie Salvarsaninjektionen. Im übrigen 
darf man nicht die ärztlichen Besuche in den Häu¬ 
sern hier und in der Umgebung auf dem Land« 
(etwa 200 monatlich) vergessen. 
Sämtliche ärztlichen Hilfeleistungen, Operatio¬ 
nen, Impfungen usw. sind grundsätzlich unentgelt¬ 
lich. Dasselbe gilt von den Besuchen in den Fa¬ 
milien. In einzelnen Fällen wurden von wohlha¬ 
benderen Leuten kleine Beträge gestiftet, die dann 
den Armen zugute kennen. Was die Medikamente 
betrifft, so wurden sie meist Apotheken entnommen 
die von chren Besitzern verkästen waren, einzelne 
wenige auch aus Deutschland bezogen. Soweit die 
zum Betriebe des Krankenhauses notwendigen Mit- 
tel in Betracht kommen, brachte die französische Ver¬ 
waltung folgendes auf: Esien der Kranken, Unter¬ 
halt des französischen Hilfspersonals und die Wäsche. 
Aus den Kopssteuern der Bevölkerung wurde» bis¬ 
her 1500 Ml. zur Beschaffung von Arzneien zur 
Verfügung gestellt. Deutsche Geldmittel sind grund¬ 
sätzlich nicht zur Verwendung gelangt. 
Die ganze Sache rst sich selbst heraus so an- 
aus den Kopf der Familie au die Einwohnerschaft 
ab. Brotscheine brauchen dagegen nicht abgegeben 
zu werden. Ten Bewohnern ist dadurch die Mög¬ 
lichkeit geboren, entsprechende Wcihnachtsbäckercirn, 
insbesondere auch für das Feld, herzustell eu. 
* Kaub, 6. Dez. 1915. Oberhalb Aßmannshan- 
fett ertrank beiui Besteigen eines Bootes der 
'Steuermann Heller jr. von hier. 
* Mainz, 8. Dez. 1915. Tic Militärbehörde be¬ 
absichtigt nach einer "Mitteilung, die dem Vorsitzen¬ 
den des Mainzer Gastwirtevereiris auf der Bürger¬ 
meisterei gemacht wurde, für sämtliche Mainzer Gast¬ 
wirtschaften die Bedürfnis frage einzufuhren. 
Der Mainzer Gastwirtevcrein hat sich mit der be¬ 
hördlichen Maßnahme ein verstanden erklärt. 
ftus Oberhesien u. freit heff. Semkru. 
A Marburg. 8. Dez. 1915. Im Alter von 65 
Jahren stcrrb in der hiesigen Klinik der Musiker 
Peter Damm, gen. „Schröcker Peter". ein m 
weiten Kreisen, besonders auf dem Lande, bekannter 
Mann. Bei allen ländlichen Festlichkeiten im Ober- 
hessischen, in der Hinterländer, Alsfelder und Greße- 
ner Gegend war der „Schröcker Peter" mit ferner 
Harmonika zu finden und bei gar mancher Bauern- 
hoc^eit hat er »um Tanze gespielt. Wenn er guter 
Stimmung war, begleitete er sein Spiel mtt dem 
Gesang launige» Hessenlieder, deren Test er mefft 
itur ans allen Nebcrlicfcrnttgcn zu beherrschen be¬ 
hauptete. Wenn es bei solchen Gelegenheiten zu 
toll oder zu spät wurde, spielte und sang er „Geht 
nach Haus, sonst ein Rausch" und dann packte er 
fürsorglich sein Instrument, wie er es stolz^ nannte, 
in ein Tuch und verschwand stillschweigend. So schlug 
sich der Mann, der früher in seinem Zimmermanns- 
beruf einmal gestürzt war, überall wo er hmkam 
wohlgelitten, ehrlich durchs Leben, das er jetzt nach 
längerer Krankheit beschloß. — Wie ans Dreien ge¬ 
meldet wird, hat der frühere langjährige Direktor 
der Universitäts-Frauenklinik, Geh.-Rat Pros. Rud. 
D o h r n im Alter von 80 Jahren das Zeitliche ge¬ 
segnet Der Verblichene gehörte von 1863—1883 
dem hiesigen Lehrkörper an. — Der Brot preis 
wurde hier für den Vierpfünder von 68 auf 62 Pfg. 
ermäßigt. 
A Marburg, 9. Dez. 1915. Zur bleibenden 
Ehrung des Wirkt. Geh. Rats Exz. Professor Dr. 
Emil von Behring, der am 4. Dezember das 
25jährige Jubiläum der Entdeckung des Heilserums 
feiern konnte, verfügte der Minister, daß an der 
Stätte seines hauptsächlichsten Wirkens, im hiesigen 
Jnstttut für Hygiene und experimentelle Therapie, 
seine Büste mr Aufftellung kommt.— Im laufenden 
Wintersemcf sw wird die hiesige Universität 
von 1940 Studierenden besucht, hiervon sind jedoch 
1423 ins Feld beurlaubt, sodaß die wirkliche Zahl 
517 beträgt, mtt den Hörern erhöht sich diese Zahl 
auf 539. 
* Frankenberg, 7. Dez. 1915. Der Titel Hege¬ 
meister wurde dem Förster Werner in Hommers¬ 
hausen, Oberförsterei Frankenberg, verliehen. — 
Vom hiesigen Schöffengericht wurden 2 Postillone 
verurteilt, welche sich an Paketen vergriffen und 
von diesen Marken entfernt und eingesteckt hatten. 
Ebenso hatten sie ein Paket geöffnet und Wurst 
daraus entwendet und gemeinsam verzehrt. — Sonn¬ 
tagmorgen wurde am östlichen Himmel in der Rich¬ 
tung nach Frankenau bei ausgehender Sonne eine 
Luftspiegelung hinter einem Wollenrand be¬ 
obachtet. Es waren herrliche Landschaften mit Dör¬ 
fern ja sehen. 
* Kirchhain, 7. Dez. 1915. Das Kriegswahr¬ 
zeichen, das zugunsten der Nationalstiftung für 
die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen am 2. 
Weihnachtsfeiertage hier genagelt werden soll, besteht 
ans einem Schilde mit dem Eisernen Kreuz. Der 
Schild bietet Raum für 1000 Nägel. Falls sie sämt¬ 
lich eingeschlagen werden, würde dem wohltätigen 
Zweck eine Einnahme von 500 Mark überwiesen 
werden können. — Dem Pionier Eduard Nähr- 
gang aus Niederllein und lern Ersatzreservistcn 
Heinrich Bossenberger aus Speckswinkel, wurde 
das Eiserne Kreuz verliehen. Der Hornist Huber 
aus Momberg, welcher bereits mit der Hessischen 
Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet wurde, erhielt das 
Eiserne Kreuz und wurde zum Unteroffizier be¬ 
fördert. 
A Kirchhain ,9. Dez. 1915. Im Alter von 75 
Jahren starb hier der. König!. Kreistierarzt Bete- 
rinärarzt Stamm, ein den weitesten Kreisen be¬ 
kannter Mann. Er war auch Ehrenmitglied des 
gewachsen. Man hat der Einwohnerschaft nicht so- 
fort ein deutsches Krankenhaus „aufgebrummt", son¬ 
dern die Leute kamen von selbst zu den deuffchen 
Aerzten, anfangs die Aermsten der Armen, nach und 
nach wurde das Vertrauen allgemein und groß. Ich 
stand hier am Bette vieler Kranken. Alle waren 
zufrieden und hoffnungsfroh. 
Leider steht aber die Dankbarkeit nicht im glei¬ 
chen Verhältnis. Aber es kommen auch Ausnahmen 
vor. Schon so manche Mutter, deren Kind die deut¬ 
schen Aerzte von schwerer Krankheit gerettet hatten, 
ist in echt lebhafter französischer Art laut rufend 
aus dem Konsnltattonszimmer gegangen: „,Da kann 
mir einer gegen die Deutschen sagen, was er will, 
die deutschen Aerzte sind gm, fähig (capable) und 
sorgfältig, und ich werde es jedem Zurufen, daß sie 
meinen "Jungen gerettet haben!" ... Am dank¬ 
barsten ist die Landbevölkerung. Ein altes Gro߬ 
mütterlein strickt unausgesetzt die schönsten wärmen¬ 
den tSrümPfe für die Aerzte, andere bringen kost' 
bares Obst und Weine (was dann den ärmeren 
Kranken zugute kommt), Blumensträuße u. dgl. 
Besonders rückhaltlos geht man in diesem Mu¬ 
sterkrankenhanse überall da vor, wo das Wohl der 
deuffchen Truppen in Frage kommt. Also vor allem 
in der Bekämpfung der aufteimenden Krankheiten 
und in der Ueberwachung der hygienischen Vcrhält- 
niffe. So gehört zu diesem deutschen Krankenhaus¬ 
dienst noch folgendes: 1. eine Milchkontrolle (aus¬ 
geführt von Beamten der Feldpolizei, unter ärztli¬ 
cher Leitung; 2. wöchentliche Desinjektioirstage, 3. 
ärztliche Kontrolle der Wasserleitung. 
Geplant ist ferner, einige wohlhabende Damen 
der Stadt, die erklärten, sich gemeinnützig beschäfti¬ 
gen zu wollen. Besuche bei Armen und Kranken 
vornehmen zu lasten mit der Verpflichtung, auf 
Notstände aufmerksam zu machen. Nach drei Seiten 
hin ist hier das Wirken aller, die neben ihren mili¬ 
tärischen Obliegenheiten in der ihnen freibleibenden 
Zeit so uneigennützig Dienst tun, segensreich. Erstens 
hat die Beaufsichtigung der französischen Zivilbevöl¬ 
kerung durch deutsche Aerzte zur Folge, daß unser 
Militär vor Seuchen geschützt ist. Dacht irgend 
Kirchhainer und Marburgcr landwirtschaftlichen 
Vereins. 
' Fritzlar, 9. Dezember 1915. In dem benähst 
barten Wabern beendet die A k 1 i e n z u ck e r f a b r i k 
ihr diesjähriges Geschäftsjahr schon n’.fnefcr Woche 
Die Verarbeitung der Rüben ging mit Rücksicht daraus, 
daß diese fast schmutzlos zur Favrik gemacht wurden, 
gut von statten. Die Rübenerute war in Menge 
und Güte recht gut, da die meisten Aecker 200 Zent¬ 
ner mit einem Zuckergehalt von 17 Prozent brachten. 
vermischtes. 
Tie Licbig-Fleisch-Exträkt-Äompagnic hat ihre« 
Betrieb eingestellt! Tie Liebig Kompagnie, die dte 
Erfindung eines deutschen Gelehrte» geschäftlich ans¬ 
nutzt, die jährlich über 9 Millionen Mark in Deutsch¬ 
land verdient hat, gehörte trotzdem seit Kriegsbegimi 
bekanntlich zu den größten Deutschenhassern. Ihre 
Bettiebe befinden sich in Urnguai in Südamerika. 
Hier wurden über 100 deuffche Beamte, Chemiker 
usw. beschäftigt, die man alsbald vor die Wahl stellte, 
entweder eine andere Nationalität anzunchmen oder 
sich hinauswerfen zu lassen. Nur ein einziger Be¬ 
amter hat damals sein Vaterland verleugnet. Diese 
Heldentat derGesellschaft wurde ihr gelohnt mit Auf¬ 
trägen für die englische und französische Armeelei¬ 
tung. Wie aber jetzt argenttnische Zeitungen mel¬ 
den, hat diese Gesellschaft ihren ganzen Betrieb still- 
legext müssen, weil sic bei den hohen Vieh- und 
Fleischpreiscn mit Verlust arbeiten müßte! So räcbl 
sich auch im.kleitlen Maßstab die maßlose Gehäffß;- 
keit gegen Deutschland. Nach dem Kriege aber tvit d 
man wieder von Geschäfswcgen tnit den Deutschen 
anbändcln wollen. Unsere Hausfrauen^ mögen fi'b 
Prüfen, ob sie jemals wieder Liebigs Fleischextra't 
in ihrer Küche benutzen wollen. Es geht seit vielen 
Monaten ohne diesen Fleischextrakt, also Wohl aus) 
in Zukunft. Wir behalten dann etliche Millionen 
mehr im Lande. 
Literarisches. 
„Barbarentöchter". Eine Erzählung aus dem gegen¬ 
wärtigen Weltkriege für junge Mädchen von 
Charlotte Riese. Mit Bildern von Emil Rosen¬ 
stand. Preis fein geb. Mk. 4.—. Verlag von 
Georg Wigand, Leipzig. 
Charlotte R ese ruft unsere Jungmädchenwelt in 
ihrer hübschen Erzählung dazu auf, in sich zu gehe» 
und alles daran zu setzen, als echt deutsche Mädchen 
durch Benutzung brach liegender Kräfte sich ihrer im 
Felde stehenden Heldenväter und Brüder in Gegenwart 
und Zukunft wahrhaft würdig zu erweisen. 
KliegrlWmImgkll der gulöaer Seitiino. 
Zur Versorgung unserer 
Soldaten mit kath. Lektüre. 
Frrdlnand 1— 
Durch B • 20. - 
N N --50 
Darlehnskasse Weyhers 5.— 
G. R 5.- 
Bom „Vaterländischen Abend" der Mar. Jung- 
Irauen-Sobalnät der Dom- u Stadlpsarrei 50.— 
Darlehnskasse Seijerls 30.— 
Ungenannt, HoraS 3.— 
Oberlcbaffner Kausung 3 — 
Kanonier W. Lussich im Feld 1.— 
Institut St. Maria (5. Gabe) . . . . 50.— 
Für die armen Polen. 
Fnlda !•— 
Hofbieber 20.— 
Für die kath. Feldseelsorge. 
Ferdinand 1 — 
Großentaft 8.— 
Für die Kriegspfiege 
-er Malteser - Genossenschaft. 
N Fulda • 20.- 
Larlehr,-lasse Bremen 60.— 
Für die städt. Kriegsfürsorge. 
Fulda 2.— 
Fuld, Ungenannt —.30 
Weitere Gaben werden gern entgegengenommen. 
_«esMlsltelle der FMaer geitung. 
eine Gefahr, so kann sie jetzt im Keime erstick; wer¬ 
den. Zweitens: die Prostitution ist unter Aufsicht 
gestM. Gemeine Krancheiten werden hier nur noch 
selten beobachtet. Drittens: Deuffche Aerzte zeigen 
der französischen Bevölkerung, daß wir Deuffche 
Wunden auch zu heilen verstehen, zu heilen emsig 
bemüht sind. 
Ich fand alle, die hier zu regem Schaffen ver¬ 
einigt sind, fröhlich am Werke. Der langwierige 
Stellungskrieg, der manchem öde Stunden der Lan¬ 
genweile — der großen Feindin der Menschheit — 
— bringt, kommt in diesem deuffchen Krankenhause 
wahrhaftig niemandem zum Bewußtsein. De« deut¬ 
schen Aerzten ist das Jahr verflossen wie ein Tag. 
Die Arbeit ist zwar ständig gewachsen, aber dafür 
konnte auch so manche Träne getrocknet, mancher 
Schmerz gelindert werden. Wenn nach diesen grauen¬ 
vollen Kriegsjahren dieser oder jener französische 
Krieger wieder an den heimischen Herd zurückkehrt,- 
wird so manche Gattin ihm sagen dürfen: „Daß du 
uns alle gesund und munter hier wiedersindest, ver¬ 
dankst du deutschen Aerzten!" (ctr. blu.) 
— Mittelalterliches deutsches Schlachtlied. In 
Nr. 275 der ,Fuld. Ztg.' wurde in dem Artikel „Aus 
dem Hanne- ins Fuldatal" der Anfang eines mittel¬ 
alterlichen deutschen Schlachtliedes angeführt. Der 
vollständige Text lautet: 
Ave Maria, gotes muter unde rnaget, 
eilen mein not sei dir gechlaget, 
da bitte mir von sunde. 
Ave Maria, aller genaden vol, 
derbarme dich unde genade mir wol 
und heile meiner sele ir wanden. 
E. Michael, „Geschichte des deutschen Volkes seit 
dem 13. Jahrhundert bis zum Ausgange des Mittel« 
alters", druckt es ab und gibt als Ouelle an: Schön¬ 
bach, „Zeitschrift für deutsches Altertum XXIX (1885)." 
Dieze mitgeteilte Verfassung des Liedes stammt von 
einer Hand des 13. Jahrhunderts. Melodie bei 
Bäumker, Kirchenlied 1 Nr. 307 (Herder - Freiburg 
i. Br. 1888—1891). S.
	        
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