ten L i sten gesehen, die in Petrograd auch
tatsächlich starken Erfolg erzielten." (ctr fst.)
Greise und Kinder verlassen Warschau.
Russische Blätter melden, der ,D. TgSztg.' zufolge,
daß der Milirärgouverneur von Warschau angeordnet
habe, daß alle allen Leute und Kinder baldigst die
Dtadt verlassen und nach Südrußland abreisen
sollen. (ctr. bin.)
^Dokumente Vcr Lüge".
Unter die er Ueberschrift bringt die Norddeutsche
Mgeme-ne Zeitung in einer besonderen Beilage un¬
ter Beifügung der betreffenden bildlichen Darstellungen
folgende Entlarvung eines russischen Verleum-
vungsver suchs:
In der argentinischen Zeitung „Critica" vom
24. Noven ber ifi unter der Epitzmarke „Die deutsche
Barbaret. graphische Dokumente für die Geschichte" eine
Zusammenstellung von Photographien veröffentlicht, die
die von deutsct>e» Truppen in Polen gemarterten
russischen Einwohner darstellen sollen. Bis
i'ehi habe man, so sagt die Zeitung, nur immer von den
urch die Deutschen verübten Greueltaten gehört, man
abe aber noch kein authentisches Material darüber ge¬
atzt. Die vorliegenden Photographien, die der Zeitung
sson russischer Seite zur Verfügung gestellt seien, und
gber deren Echtheit kein Zweifel bestehe, brächten zum
ersten Make den greifbaren Beweis dafür, daß die Deut¬
schen in der Tai Frauen. Kinder und Greise töten. „Ist
richt der ähgen&I tf gekommen," so ruft die „Critica"
ku§, »wo das junge Amerika, die Vereinigten Staaten
Lnd das A. B. E. (Argentinien, Brasilien und Chile)
Deutschland eine Richtungslinie für ein humaneres De»
kragen auferlegen sollen? Alle Völker, alle Menschen
,sabcn das Recht, sich der Verübung gewisser Infamien
kntgegenzustcllen. Das ist der Fall der gegenwärtigen
Stunde. Verflucht seien die Barbaren. Möge auf sie
«llen die Strafe der Götter und der unversöhnliche Last
>er Menschen."
Es hätte nur geringen Nachdenkens der „Critica'
»edurft, um auf den ersten Blick zu sehen, daß die von
»er Zeitung gebrachten Bilder, die hier wicdergegeben
ind, nicht Bilder ermordeter russischer
bauern, sondern solche ermordeter Juden
larstellen. Nicht bloß die Physiognomien der Getöteten,
/andern auch das gestreifte jüdische GebetStuch, die Tal¬
kith. das über fast olle Leick)en au-gebreitet ist, lassen
keinen Zweifel darüber. Es handelt sich um Pogrom,
pildcr, und zwar um typische Müder von Judenpo¬
gromen. die zur Zeit der russischen Revolu¬
tion von den reaktionären und judenfeindlichen Par¬
teien in Rußland veranstal t worden sind. Eines der
Bilder stammt aus den Judenpogromen von Bjelostok
aus dem Jahre 1905 und ist abgednuckt in dem Werke
„Der letzte russische Selbstbeherrscher" Seite 340. Zwei
anbere Bilder stammen aus den Judenpogromen in
Odessa ebenfalls vom Iabr? 1905 und sind in Tausen¬
den von 'Exemplaren in Rußland verbreitet.
ES ist der Gipfelpunkt der Gewissenlosigkeit, wenn
unsere Feinde sich jetzt nicht einmal scheuen, ihre
eigene Schande vor den Augen der Welt auszu-
stellen und ihre eigenen Greueltaten der deutschen
Armee in die Schuhe zu schieben.
NebrigenS reicht sich frer die Propaganda aller drei
Ententegenossen die Lände. Es wird uns aus Süd-
Vry° berichtet, daß dorthin jetzt von England aus
Krüppel und Einäugige gesandt werden,
dre man in den Siechenhänsern aufgelesen hat und die
von englischen Wanderrednern als lebende Bei-
spiele der deutschen Greueltaten in Bel-
g i e n ausgestellt werden. Ebenso beabsichtigt man
setzt von Frankreich aus. die nordischen und die
übrigen neutralen Länder mit Schwindelfilms zu ver¬
sorgen. die Fälschungen angeblich deutscher Greuel ent¬
halten. welche alle aus ähnlichem Wege zustande gekom¬
men sind.
Nicht immer wird es gelingen, den Nachweis der
Fälschung so mützelos m führen, wie im vorliegenden
,rolle. Mächte er den Neutralen, die solche „authen¬
tischen Dokumente" für echt hinnehmen, zur Warnung
und Vorsicht dienen. ctrbln.) '
Am !ee- nna llebmeekrle».
Englands Angst vor der Wahrheit.
^ Ter englische Zensor hat nach einer Meldung der
ch.Täql. Rundschau" die niederländischen Zenunqen,
welche die den Reutermeldungen entgegenstehenden
amtlichen deutschen Wolfs-Meldungen' über die
Seeschlacht gebrc cht ha en. von der Einfuhr
nach England ausgeschlossen und nach
Holland zurückschaffeit lassen, (ctr. bln.)
Tic feindlichen Unterseeboote in der Ostsee.
,3h der Meldung, daß englische Unterseeboote in die
Ostsee gelaugt seien, vielleicht durch den Sund, viel-
D-u.sche Lolöntcn
in poln'schen Dörfern
Aus dem Hauptquartier im Osten, 26. Jan. 1915.
Unter den Städten, die in dem ostpreußischen Grenz-
krieg wiederholt die StaarSzugehörigkett gewechselt
haben, um deren Besitz immer wieder gekämpft wurde,
ist MIawa bei iveitem am denen weggekommen. B'äh-
rvnd die opprrußiscben Orte, öre heute in rri'sischen
Händen sich befinden, von ihren Einwohnern völlig ver¬
lassen sind und zahlreiche Spuren des Kampfes und
der Vertoüstung zeigen, geht in Mkawa und den um¬
liegenden Orten das bürgerliche Leben fast unbehindert
Weiter. In den Dörfern sieg! mau hie.-' nnd da eine
Brandstätte, ein von einer Granate getroffenes Dach.
In Mlawa selbst hat ein Geschoß das Portal der Markt¬
halle getroffen, und bei ein paar kleinen Holzkaten,
die allnmhich als Brennholz in den Kachelöfen ber
Stadt veryck winden, bin ich ungewiß, ob der Krieg oder
die Altersschwäche den Anstoß zur Auslösung gegeben
hat.
Das letzte Mal verließen unsere Trirvven Mlawa
weil sie hinausmarschiert wurden. Während vor un-
serer Front eine etwa gleich starke russische Linie stand,
schoben sich zwei weitene Truppenmassen an unseren
Flügeln vorüber, denen wir im Augenblick nichts ent.
gegenzuslellen hatten. Ta aber kein Heer weiterkämpten
kann, dem mit seinen rückwärtigen Verbindungen der
MutkveiSlaus zerschniten wird, muhte Mlawa damals
ger umt werden. .Heute fitzen wir fest darin und
Während unsere Truppen im weiten Halbkreis vorge.
schoben sind, bant dahinter der „Landsturm ohne Waffe"
eine neue Stellung unter Leitung der Pioniere.
In einem der bequemen Unverstände lag die Karte
der ganzen Anlage, beziehungsweise dieses Abschnitte?
ans dem Tisch — ein wahrer Irrgarten, zackig und
winklg wie alte Festungsanlagen, mit unterirdischen
Gängen. Wvhnröumen, Munitionskammer!», einem Ver.
'andkzimmer ui«d einer Latrine. Wer mit dem Plan
nicht vertrau» ist und eine Weile in den Gräben und
Gängen herum geht, verliert bei unklarem Himmel
infehlbar die Orientier ing. Ich war höchst erstaunt,
vlötzlick Warna zu erblicken, während ich noch die ent-
gegengesehle Richtung zu haben glaubte. Der Schützen»
graben ist durch Schnlterwehren in zahlreiche Abschnitte
getestt damit ein einschlogendes Geschoß immer nur die
Leute dieses Abschnittes treffen kann. Tie Scheidewand
ist ein stehengelassener, etwa meterdicker Erdwürsel,
vm den der Verbindung-gang hufeisenförrnig herum¬
geht. Die Zulaufgräben aus dem rückwärtigen Gelände
sind in vielfachen spitzen Winkeln so angelegt, daß
fein feindliches Geschoß die Längsrichtung eines Dyn¬
leicht auch durch den Belt, schreibt die „Deutsche Tages¬
zeitung":
Ihre Stützpunkte haben sie naturgeniäß in russi¬
schen Häfen, Vor einigen Monaten wurde Hel.
singsorS am Finnischen Meerbusen genannt, jedoch ist
wobl anzunehmen, daß sie auch südlichere russische
Häfen nunmehr benutzen. Begünstigt wurde die Krieg¬
führung diesr Unterseeboote bisher in unettvartciem
Maste durchs die Milde des Winters. Russische Häfen.
£je bei gewöhnlichem Verlaufe des Winters seil einer
Reih« von Monaten durch EiS geschlossen sein müßten,
sind ln diesem abnormen Winter offen und die Ge¬
wässer für die Uniersebootsschiffahrt möglich geblieben.
So mutz man damit rechnen, daß die britisckren Unter¬
seeboote alles tun werden, um in der deutschen Ostsee
und an den deutschen Ostseeküsten usw. sich geltend zu
machen. Der deutschen Marine ist das Vorhandensein
dieser Fahrzeuge natürlich nichts Neues, und dast
sie auch in der Ostsee auf dem Posten sein werde, ist
selbstverständlich. Peinlich ist die Angelegenheit ohne
Zweifel für Dänemark und Schweden, dcnm
deren neutrale und durch Minen gesperrte Gewässer
haben die englischen Unterseeboote passiert, mithin die
Neutralität dieser beiden Mächte veo-
leht. Unter diesem Gesichtspunkte und im Hinblick
auf eine Reihe von Konsequenzen, die unter Umstän¬
den daraus erwachsen können, gewinnt die Anwesenheit
der englischen Unterseeboote in der Ostsee an Bedeu-
rung, auch abgesehen von ihrer Eigenschaft als rein
mtltärischev Faktor, (ctr. bin.)
Der französisch- Marine minister inLondon
tvÜ> London, 28. Jan. 1915. Das Reutersche
Bureau meldet amtlich: Der französische M a r i „ e
nunifler Auqagneur ist am Dienstag früh in
London eingetrosfcn. Er wurde am gleichen
Tage vom König empfangen. Der Minister hatte
mehrere Konferenzen mit dem ersten Lord der
Adnttralltät über Aufstellung und Ber-
we n d u n g der S e e st r e i t k r ä s t e der beiden
verbündeten Mächte.- Die Konferenzen ergaben eine
U Übereinstimmung in den Anschauungen beider
Ctmtsmänner und die intime Solidarität beider Re.
gierungcn.
Der MenRrleg.
Russische Gelüste auf Palästina.
wib. Kopenhagen. 29. Januar 1914. Am Tage der
Wafierweihe <19. Jan., hat in den Gemächern deS Pe-
tersburger Metropoliten Wladimir eine feierliche Ver¬
sammlung stattgesunden, an der sich viele Bischöfe und
hohe Geistlich«, Mitglieder des Heiligen Synod und
llniversitätsprofefforen beteiligten. Der Metropolit ver¬
trat in einer Rede den Standpunkt, dast es für Ru߬
land nicht wünschenswert sei, auf die Neutralisierung
des Heiligen Landes hinzuarbeiten, für die sich ein Teil
der öffentlichen Meinung in Petersburg ausgesprochen
habe. DaS Heilige Land muffe vielmehr dem
russischen Reiche unterstehen, wobei die übrigen
christlichen Völker das Recht haben würden, die hettlgen
Orte zu besuchen.
Die amleren Machte.
Die Haltung Rumäniens
:: Ein rumänischer Diplomat, der jetzige Senator
Argeioyano, ein hervorragendes Mitglied der
konservativen Partei, der auf dem Wege nach Tirol
ist, machte bei seinem kurzen Aufenthalt in Wien
der .Freien Presse' Mitteilung über die Haltung
Rumäniens.
Argeioyano weiß wohl, daß ganz Europa, einschließ-
sich neutraler Länder an dem Eindrücke sesthält, Ru¬
mänien werde bald gegen Oesterreich-Ungarn
und Deutschland lvsschlagen. Der Senator, der über
die Absichten seiner Partei und über die der Regie-
| rung genau unterrichtet ist, behauptet, cs gebe in
> der Frage der auswärtigen Politik Rumäniens derzeit
keine Verschiedenheil der Äuffaffung. und dieie gehe
dahin, dast Rumäniens Neutralität b,S zum
Ende auirecht erhalten wird. Senator Araetoy, n
könnte sich nicht auf Wochen entfernen, wenn Rumä¬
nien am Vorabend des Krieges stände. Rumänien habe
die Neutralität schon zu einer Zeit gewahrt, als es nicht
w>e jetzt, hätte fürchten müssen, die Türkei könne es
bedrohen. Auch Italien werde, dessen ist Arge,
toyano so gut wie sicher, die Neutralität bis ans Ende
wahren Rumänien und Italien handelten im vollen
Einverständnis Die Agitation gegen Oesterreich und
Teultckland sei ohne Einfluß aus die Regierung und
zum großen Teil gegen diese gerichtet. Argeioyano
schließt: „In Oesterreich hat man, des bin ich fidter,
nidrtä von Rumänien, und, wie ich mit größter Wahn-
scheinüchkeit annehme, nichts von Italien zu befürchten."
Wien, 29. Jan. 1915. Der österreichiich-unqa-
nsche Gesandte in Bukarest, Graf Ezernin, der
vorgestern hier eingetroffen ist, wurde heute vom
Kaiser in Audienz empfangen. Er hatte gestern
eine längere Besprechung mit dem Minister des
Aeußereu Baron Burian. (rtrbln.)
Rumänisches Getreide für Deutschland.
wtb Bukarest, 29. Jan. 1915. Halbamtlich wird
gemeldet: Der größte Teil der in den letzten Mo-
naten für Deutschland gekauften Getreide¬
mengen konnte wegen Waaenmanaels nicht auSge-
führt werden. Die rumänische Eisenbahnverwalkung
hat nun den Vorschlag der deutschen Regierung an¬
genommen, daß sie den dazu notwendigen Wagen¬
park selbst nach Rumänien senden werde.
Monarchistische Anschläge in Portugal?
Man ist es schon gewöhnt, daß bei jedem Revo-
lutiönchen in Portugal Gerüchte über die Rückkehr
des Exkönigs Manuel laut werden, der sich
bekanntlich nach dem Verluste seines Thrones in
England niedergelassen hat. Auch jetzt wird wieder
über seine Rückkehr in der Presse etwas laut. Die
,Franks. Ztg.' meldet:
Madrid, 29. Jan. 1915. Der .Jmparciast veröffent¬
licht ein Telegramm aus Badajoz, in dem das Gerücht
verzeichnet wird, daß Exkönig Manuel bei Oroise s?>
an der spanischen Grenze portugiesisches Gebiet betreten
habe. Der Gcneralstab der Monarchisten, darunter
farf- 77/ rfprr Kämpfen bei Craonne.
den teils zu treffen vermag. Es ist keine geringe Bau¬
kunst. die die Gesamtankkge und alle Einz.-lsteiten
einer solchen Feldfestung erfordert. Ich habe im Laufe
des Kriegs eine ganze Menge davon gesehen; und es
will mir scheinen, als wenn sic immer bequemer, siche¬
rer und unsichtbarer würden, als wenn unserer Pio¬
niere die Fülle der Erfahrungen zu fortgesetzten Ver¬
besserungen benutzten.
Aus der Höhe wehte ein kalter Wind, der weiße
Nebelwände am Horizont hinschob und der Sonne den
Schleier vor dem Gesicht ciuf und zu zog. Ein deutscher
Eisenbahnzug fuhr mit lang wallender Rauchfahne in
den weißen Nebel hinaus. denn die Schienen sind bis
an den Schutzberm . des Feindes in unsere Spurbreite
umgenagelt, sodatz oie rollenden Magazine weit vor¬
geschoben werden können. Eine hallbe Meile nach Sü¬
den stand ein einziges kleines Wäldchen; schon stark
gelichtet. ES soll ganz verschwinden, damit feindliche
Artillerie es nicht als Deckung benutzen t-mu
Um zu sehen, wie unsere nicht im Schützengraben
liegenden Soldaten in den polnischen Dörfern unter¬
gebracht sind, fuhren wir zunächst nach W o s n o w k a.
Es ist ein kleines Baneondors. Die ffrohg-F cften
Wohnhäuser und kleinen Höfe machen durchweg einen
ireundlichen Eindruck. Die größte Stube des Hauses
verrät sich durch daS ausaebreite'e Strohlager, Waffen
und Tornister meist als Soldatenanartier. Der Bauer
wohnt mit feiner Familie in den kleineren Räumen.
Das Verhältnis jsoifd'cn der Bevölkerung und unseren
Soldaten scheint überall ein freundliches zu sein. Frei¬
lich klagen die Leute über den Krieg, der schon seit
Monaten diesen Landstrich ouszrhrt. „Die Pferde
haben sie mir genommen, di« Kühe, den Hafer, wo¬
von soll ich leben." „Nun, aber Quittungen über die
entnommenen Tiere habt ihr dock, bekommen. Es wird
auch ersetzt werden. Wenn wiv im Lande bleiben.
sick>er." „Ja. ein paar Quittungen. Aber Pferde und
Wagen haben sie ohne Quittung genommen, als ich
nicht zu Hause war. Nichts zu leben, gar nichts."
Der Feldwebel, der uns begleitete, schmunzelte oazu.
„Sie klagen immer schon vorher, weil sie denken, es
soll ihnen etwas genommen werden. Er hat ganze
Mieten Kartoffeln, und eine Kuh bat er auch." Ich be¬
wog den Alten, mir die Kuh zu zeigen. Ich wolle sie
ihm nicht nehmen. Ein jüngerer Bauer gesellte sich
dazu, und wir gingen in den Stall. Ein rotes, wohl¬
genährtes Kühchen stand da im Stroh unter der niedri¬
gen Balkendecke. „Ja. die Hab ich gekauft, werter im
Lande. Die Leute Haben alle Angst, daß ste ihnen ge¬
nommen wird. Da Hab ich sie billig bekommen. Für 36
Rubel. ... Im Frieden kostet sie 80." Die Leute faß-
trn Vertrauen, weil ich ihre Sprache redete. Man sah.
daß der ehemals größere Hof dunst einen schmalen
Schuppen nachträglich in zwei Höfe geteilt war. Eine
Hälfte besaß der alte, die andere der jüngere, sein Bru¬
dersohn Jeder hatte 15 polnische oder 25 preußische
Morgen, sodaß eine Familie gerade noch Arbeit und
Auskommen darauf finden kann.
Podkrajewo war das nächste Dorf. Ein Kirch-
darf. In dem hübschen Pfarrhaus wohnt derzeit ein
junger Geistlicher, der einen Offizier im Quartier htt.
Er begleitete uns in die Kirche, die vor einem halben
Jahrhundert in der polnischen Revolutionszeit erba- t
wurde. Die in jener Zeit entstandenen polnischen Kir¬
chen galten als Denkmäler der nationalen Erhebung
und sind alle in gleichem Stile erbaut. Auf einem
gothischen Unterbau von Stein ruht ein von Holzfäulen
getragenes, gebroäienes Holzgewölbe. Der Sinn ist
deutlich genug: Das Fundament des volnischen Volkes
ist unzerstörbar und für die Ewigkeit geschaffen. Die
zusammenfaffende Bekrönung, das schirmende Dach ist
nur vorläufig aufgesetzt. Es ist von anderem Material,
nicht organisch mit dem Unterbau verwachsen. Seltsam,
wie ein Volk, das in schwerer Zeit sein Schicksal stumm
tragen muß, die Steine reden läßt, um einen Ausdrua
seiner Sehnsucht zu finden. Im Gutshause waren
gleichfalls die größeren und meisten Zimmer von un¬
serem Militär belegt, während der Besitzer und seine
Familie aus Zwei Stuben und die Küche beschränkt
waren. In einem dieser Zimmer hing ein Bild des
Nationalhclden KoSzinsky, während ein anderes die
^lstiuna mit ein selbständiges Polen versinnbildlichte
mit einem starken Anklang an die biblische Scene, in
der der Arm des betenden 'Moses von seinen Begleitern
gegen das Herabsinken unterstützt werden. .
Der Besitzer erzählte mir, daß er auf seinem gegen
1000 preußische Morgen großen Gute in Friedenszeiter
4M Zentner Roggen säe, während er in diesem Jal re
infolge des Krieges nur I00 Zentner in den Boden ge¬
bracht habe. Er schien es als sicher anzunehmen, daß
Polen endgültig von Rußland getrennt sei und -ragte
interessiert, ob es wobl zu Preußen oder Oesterreich
nach dem Frieden kommen werde. An den Guköhof
schließt sich ein längeres Dorf an. de"en Bewohner
während des Sommers mm größten Teil in Deutsch¬
land arbeiten. In Podkrajewo, wie schon in Mlawa und
seiner näheren Umgebung kiel mir die Fülle edler und
>ehr gut gezogener Ob'bäume aus. die sowohl dem
Gutsbesitzer, wie auch zahlreichen kleinen Leuten weit
über den eigenen Bedarf reichende Qbstmcngen liefern
mühen. Die meisten dieser Anlagen sind neuerer, Da¬
tums. Ich sehe diese Zeichen steigender Bodenkultur
immer mit besonderer Freude.
In dem Gutsbause des nächsten Dorfes lag oe.-
Oberst eines Landwehr-InsanterieregimentS im Onar»
twr. Er stellte unS eine lange Tafel für das Frühstück
Manuels Sekretär Homem Christo. Gras Gakvela« und
andere, befinden sich in der Provinz Zamora nahe der
Grenze und warten die weiteren Ereignisse ab. Die
Falle von Meutere, und die Verhaftungen mehren sich,
y-er halt man die innere Lage Portugals aus jeden
Fall für bedenklich. (ctr. bln.)
Die „Dacia".
E London, 29. Jan. 19,5. .Daily Ehronicle'
meldet aus New-Aork, daß sich die „Daria" noch
ln Galveston befindet. Tie Agenten erklären,
den Grund hierfür nicht zu kennen. Cie bestreiten
aber entschieden, daß das Schiff mit 50000 Tollars
tn Hamburg versichert sei. Der Besitzer der „Tacia",
Breitung, soll beabsichtigen, noch fünf andere Schiffe
der Hamburg-Amerika-Linie zu kaufen, darunter die
I „Allemaniita", „Aldingia", „Constantia" und
„Georgia".
Ter Dreiverband vereitelt
die Änregung des Papstes,
«rtb Wien, 29. Jan. 1916. Anknüpfend aus die aus
russischer Quelle kommende Nachricht, daß die Verhand¬
lungen über den Austausch der deutschen und rus-
sisdien Kriegsgefangenen abgebrodien seien,
weil Deutschland die Befreiung sämtlicher Konsuln vev-
lang«. während Rußland die Freigabe von Kviisaln. die
in Festungsgcbieten tätig gewesen sind, ablchne. sogt
die „Neue Freie Presse", daß Rußland sich jetzt s»u.
verän über jedes Völkerrecht zurückziehe, weld/cs keinen
Unterschied zwischen Konsuln, die in Feslungsbezirken
und solchen, die in offenen Städten tätig gewesen sind,
kenne. Man höre überhaupt wenig mehr von dem
Austausch der invaliden Kriegsgefangenen, den Papst
Benedikt angeregt Hobe. Tie Entente habe kein
Interesse daran, daß die Leute nach Hause kämen, die
mehr über die Ereignis« wüßten, als den Regierungen
lieb sein könnte, zumal die Gefangenen bei den Zen«
tralmächten gut aufgehoben seien.
Kurland.
** Die amerikanische EinwanderungSvorlaae ae-
schcltert. Präsident Wilson hat sein Velo gegen
die Einwanderungsvorlage ausgesprochen. — Die
Vorlage bezweckte den Ausschluß der des Lesens Un¬
kundigen von der Elnwailderuiia in die Vereinialev
Staaten. "
Kur dem Nachbargebiet.
LH Blankenau. 29. Jan. 1915. Dem Unterosflzler
im Reierve-Jnsantcrie-Regimenl Nr. 99 Pius W e st
wurde für treue Pslichtersnllung im Kriege die Heff.
Tapserkeitsmcdaille verliehen.
* Eisenach, 29. Januar 1915. Der Grmeinde-
rat beschloß ,m Jahre 1915 von der Sch u lden , il-
gung abzusehrn, um aus diese Weise einen
Ausgleich zu schaffen für den erheblichen Fehlbetraa
der Kämmereikasse. ~
Lokaler.
Fulda, 30. Jannar 1915.
Oettribe» und Mehlvorräte am 1. Februar 1915.
Am 1. Februar begrnnt die Frist für dr« A n m eU
düng der Getreide- und Mehlvorräte. Es sei deshalb
auf folgende Vorschriften hingewiesen:
1. Wer in der Nacht vom 31. Januar zum 1.
Februar 1915 Vorräte von Astüzen (auch Dinkel und
Spelz), Roggen, allein oder nnt andc-rer Frucht ge¬
mischt. und Hafer, sämtlich auch ungedroschen, Wei¬
zen-, Roggen-, Hafer- und Gersten mehl in seinem
Gewahrsam hat, ist verpslichtet, diese Vorräte un¬
ter Benutzung eines Formulars a n z u m e l b t n.
2. Von der Anmeldung sind befreit: a) Vorräte
an gedroschenem Getreide oder an Mehl, die zwei
Zentner insgesamt nicht übersteigen. Wer weniger
als diese Menge in Gewahrsam hat, hat die am
Schluffe der Anzeige vorgesehene Erklärung zu un¬
terschreiben. b) Vorräte, die sich im Eigeittuine der
Krtetzs-Getreide-Gesell schast m. b. H. und der Zen-
tralernkaufsgesellschaft m. b. H. befinden.
3. Alle Angaben haben in Zentnern zu erfolgen
Jede andere Gewichtsangabe ist verboten.
4 U »gedroschenes Getreide ist nach
dem zu schätzenden Körncrertrag anzngeben.
5. Als Mehl ist auch das zur menschlichen Er¬
nährung dienende Schrot und Schrolmehf
anzugeben.
zur Verfügung und bewirtete uns mit einem Glase
Rotwein. Er hakte eine fnsch verheilte Kopfwunde;
an der Brust das Eiserne Kreuz erster Klaffe und jedes
seiner Worte zeigte, daß er mit Leib und Seele Soldat
'st — eine jener schlichten, kernigen Soldatennaturen,
die ich nie ohne lebhafte Freude sehen kann. Wir
wollten noch den Eigentümer des Gute« begrüßen, der
jedoch krank war. Dagegen erschien die Dame des H„u,
ieS, eine schöne Vierzigerin mit dunklem Haar, blauen
Augen und einem seltenen Charme in Sprache und Be
oegungen. Sie erzählte, daß sie und ihr Mann bei
lusbruch ds Krieges sich vorgenommen hätten, aus .brem
Gute auszuharren. „Manchmal war es uns schon
leid.. Denn fünf Mal haben schon die Russen und
Deutsche abgewechselt hier. Aber doch ist es bester so.
Nur die Leute mutzte man festhalten. Sie wollten immer
weglausen. Manchmal haben die Kanonen geschossen;
nicht weit von hier sieht inan die Löcher. Dann haben
>oicder die deutschen Kanonen hinter dem Hose gestan
den und geschoffen. Die Kinder wollten immer zusehet^
Man gewöhnt sich so daran. — Wie viel Kinder iä
habe? Sechs." Ihre Augen lachten. — Jenseits des
Rondells vor den Büschen blickte eine schneeiveiße Jung
irau Maria von dunklem Sockel zu uns hernieder, «le
wir weitersuhren.
Der Hof war in musterhafter Ordnung. Die Felder
an denen wir vorbeikamen, fast alle mit Winterung
bestellt. Hauten von Drainröhren lagen aus deni Acker,
und breite Voriliitgröben zeigten, daß auch die Ent-
lväfferung im Stile einer intensiven Bodenkultur bc
trieben wurde. Das Gut war überdoppell so groß al<
Podkrajewo. Die Frau des Hauses mar übrigentz i,
Deutschland geboren und ausgewachsen.
Hinter dem Dorfe mußten wir die Autos verlosten
und zu Fuß weiter gebe». Wir hegten die schwache
Loffnung. daß sich an der Front etwas ereignen würd-
wir hörten keinen Schuß auf dem drei Kilometer lange
Wege zum nächsten Dorf. Kr, !»eide,' ^eite" V/ Be¬
lagen grobe, zugefrorene Wallcrilächen. Auf dem O'
pelnden Eise spazierten Krätzen im Scheii> der u»f
gebenden Sonne. Rechts des Dorfes wurde auf d
Felde eine Getreidemictc gedroschen. Es war ger
Feierabend, als wir in die Nähe tnmcic. Die Arbe>
gingen auf das Dorf zu und zwei Husaren, die vi
svännig ein Viertel Fuder Steoh geboli hatten, gat,
vierten aus den Sarteloferben sitzend übermütig n
dem Hose hinüber. Aus dem Rückwege begegnetet! .
schon im Halbdunkel zwischen den Erettacke» eil ■
Bataillon Infanterie, das zur Ablösung nach de: F'
zog Man konnte die bärtigen Getickter gerade noch
kennen, wie sie ernsthaft und entschloffen vor sich hui
blickten.
Rudolf von Koschützki. 5krrLasveriKersts«i-«-