Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

herrlichen Sieges der Türkei über ihre Feinde be¬ 
deuten würde. 
Türkische Erfolge bei Kut el Amara. 
Ter Konstantinopeler Korrespondent des „Bert. 
Zokalanz." erfährt, daß es der türkischen Armee ge¬ 
lungen ist, die englische Linre.be: Km ei 
Amara zu durchbrechen, so dag ein Terl der 
englischen Armee von regulären türkischen Truppen 
ein geschlossen ist und der andere Teil von 
Arabern mit großem Erfolg verfolgt wird. (ctr. 
bln.) 
Palästina und die Türken. 
ind Eine der beliebtesten Verdächtigungen unse¬ 
rer Gegner, besonders der Franzosen, ist die Be¬ 
hauptung, die türkische Reglerung unterdrücke die 
christliche Religions- und Kultusausübung an den 
heiligen Stätten Palästinas und suche auf jede 
Weife dem Christentum zu schaden. 
Gerade das Gegenteil ist richtig. Wie in ihren: 
ganzen Hoheitsgebiet, so ist die türkische Regierung 
auch in Palästina tolerant. Weit toleranter, 
als die lirchenseindliche französische Regierung in 
ihrer Stellung zur katholischen Kirche. Der aus 
Holland stammende Äanzlridirektor des Jerusale¬ 
mer lateinischen Patriarchats, A. Smets, un.er- 
nahm es in einem Artikel der Amsterdamer „De 
Tijd", die lügenhaften Behauptungen zurückzuwei¬ 
sen. Er sagt u. a.: 
Tatsächlich hat die türkische Regierung auch nicht 
eine einzige heilige Stätte besetzt. Sie hat nicht 
allein stets dafür Sorge getragen, daß die heiligen 
Orte nicht versehrt würden, sondern auch den ord¬ 
nungsmäßigen Verlauf des Gottesdienstes verbürgt. 
So war z. B. Schreiber dieser Zeilen bei dem 
Aufzug, in dem der Patriarch sich zu Weihnachten 
1914 nach Bethlehem begab. Obgleich nun der 
ganze Weg mit türkischen, nach Aegypten ziehenden 
Truppen esetzt war, mußten die Soldaten aus Be¬ 
fehl der Offiziere, die dem Patriarchen höflich salu¬ 
tierten, aus dem schmalen Wege zur Seite treten, 
um den Aufzug vorbei zu lassen. Ebenso wurde der 
Patriarch in Bethlehem nach gewohnter Weise mit 
militärischen Ehrenbezeugungen empfangen. 
Im Mai d. I. erhielt ich einen Brief des Pa¬ 
triarchen, in welchem dieser mix mitteilte, daß die 
Ostersestlichkeiten in größter Ordnung stattgcsun- 
deri hätten. Konsulatsbeamte, die im Juni nach 
Rom reisten, erklärten mir, daß es in Jerusalem 
noch nie so ruhig gewesen wäre. 
Tie Nachricht, daß die türkischen Militärbehör¬ 
den auf dem Golgathahügel einen Schießplatz ange¬ 
legt hätten, muß für jeden, der mit den heiligess 
Stätten nur einigermaßen vertraut ist, als eine Un¬ 
möglichkeit erscheinen. Golgatha, auch der Kalva 
rienberg genannt, liegt nämlich ganz im Bezirk der 
Grabes'kirche eingescylosien und erstreckt sich nur 
über eine Fläche von 150 bis 200 Quadratmetern' 
Es ist möglich, daß bisweilen Schießübungen statt' 
finden auf einem kleinen Hügel, der außerhalb Je¬ 
rusalems in der Nähe des Tamaskustores liegt., 
Nach einer Hypothese des englischen Hauptmanns 
Gardon sehen einige Nichtkatholiken in diesem Hü.- 
gel den Kalvarienberg — jedenfalls hat aber diest 
Oertlichkeit gar nichts mit dem Golgathahügel zu 
tun, den die Christenheit von Anbeginn an verehrt 
hat und dem auch die Muselmannen stets Ehrfurcht 
erwiesen haben. 
Bekanntlich ließ die türkische Regierung auf An¬ 
suchen des Papstes anderthalb Monate nach erfolg¬ 
ter Kriegserklärung die französischen Missionare und 
Nonnen frei nach ihrem Vaterlande ziehen. Bei 
der Entfernung der Nonnen befleißigte sich die tür¬ 
kische . Polizei der größten Zuvorkommenbeit 
Schreiber kann dieses bezeugen, daß die Oberinnen 
von ungefähr 200 Schwestern bei der Abreise von 
Jaffa der militärischen Hasenbehörde schriftlich für 
die erwiesenen Dienste dankten." 
Soweit der gewiß unverdächtige Zeuge. Aus 
den französischen Lügenberichten spricht die Wu> 
über das verlorene Protektorat über 
die Katholiken des Orients, bei dem 
man doch so viele einträgliche politische und wirt¬ 
schaftliche Geschäfte machen konnte. Damit ist es 
nun vorbei. Darum der Aerger. (m) 
Die Bedrohung Aegyptens. 
Die engli'che Presse k» schästiqt sich immer mehr mi' 
6er künftigen Bedrohung Aegyptens. Nachdem in t r 
jüngsten Zeit Gefechte zwischen Engländern u d 
Arabern stattgesimden baben, wobei diele vyn d-r 
Im 'Hohlenreich nächst Noyo». 
Es war ein trüber Regentag am 11, Dezember 
als wir unter Führung des Rittmeisters von Bun- 
sen aus Noyon nach Südwest fuhren, soweit es eben 
o,ing, ohne die französische Artillerie allzusehr zu ver¬ 
locken. Nach dem, was ich im Osten an sogenannten 
Straßen kennen gelernt hatte, war es geradezu ein 
Vergnügen, einmal auf einer französischen Straße, 
zu sahrrn. Ta und dort ein kleines Tors mit nlt'y- 
ternon Puppenhäuschen aus rotem Ziegel oder wei¬ 
ßem Kalksandstein, wie er aus den nahe gelegenen 
großen Brüchen gewonnen wird, kein Garten, keine 
Blumen in den Fenstern, nur trübselige Pappeln 
Erlen und Eschen. Jetzt sehen alle diese Bäume wie 
schüttere Besen aus, und das einzig belebende rw 
Bilde ist der feine grüne Mooshauch, der auf allen 
Stämmen und Aesten liegt. Schwer solides Militär¬ 
fuhrwerk zieht hin und her mit starken wohlgenäbr 
ten Pferden, auch viele der zweirädrigen Karren, die. 
einspännig mit der Gabel fahren, wie sie das Land¬ 
volk der geringeren Rädersteuer wegen von altersher 
benutzt. Selbst die Hausbesteuerung nach der Fen¬ 
sterzahl hat sich hier noch erhalten. 
Nun geht es nicht mehr weiter, auch zu Fuß 
nicht mehr —' wir sind längst ausgestiegen — auf 
dem Mge, der zu den bewaldeten Hohen führt, aus 
denen sich unsere Stellungen hinziehen. Ein sehr orts. 
kundiger Führer geht uns nun voran, durch einen 
endlos langen, tiefen Verbindungsgraben, der in die 
Front selbst führt. Schwere Arbeit. mußte da gelei¬ 
stet werden, diesen unterirdischen Weg durch Lehm 
und Muschellalkstein zu schassen. Letzten Sonntag, 
erzählt unser Führer, sah man bier ein aufregendes 
Bild: Luftkampf zwischen zwei Flugzeugen, der- 
Franzose hat ein Maschinengewehr und ist überlegen, 
dis oeulsche Flugzeug stürzt ab, übuscksiägl sich zwei-, 
»ml, während es um 400 Meter fällt, man hört die 
Franzosen drüben aus ihren Schützengräben schreien 
und jubeln. Ta auf einmal sängt sich das deutsche 
Flug eng mitten im rasenden Fall, richtet sich wieder 
o:-s und landet, allerdings fas! noch im Srurzskug. 
hinter unseren Linien. Tann klärt sich das Rätsel: 
der Pilot hatte einen Kopfschuß, aber der Beobich. 
tungsoffizier vermochte dann im Sturz noch das 
Höhensteuer zu ergreifen und den Apparat wieder 
aufzureißen. Eine unerhörte, einzig dastehende Lei¬ 
stung! '' 
Eine der vielen Höhlen erreichen wir nun, die die 
Bevöllerung hier seit Jahrhunderten geschaffen hat. 
Weit im Uml-eise sind Dörfer und Städte aus ihrem 
Gestein erbaut, das sich so leicht und dankbar ver- 
Westseite des Kanals Angriffe unternahmen» hat in 
der englischen Presse wieder eine starke Nervosität 
Platz gegriffen. Heute schreibt der militärische Mit¬ 
arbeiter der »Daily News', daß es den Türken und 
den Truppen der Mittelmächte sehr leicht möglich 
sei, in kurzer Zeit Aegypten zu erreichen. Mit Hilfe 
der Bagdad-Bahn könne der Weg bis Berseba. 35 
Meilen von der ägyptischen Grenze entfernt, in vier 
Tagen zurückgelegt werden. Es sei gar nicht ausge¬ 
schlossen, durch die Wüste Sinai eine schmalspurige 
Bahn zu legen. Auch die Wasserfrage werde für die 
deutschen Ingenieure kein unüberwindliches Hindernis 
bedeuten. (£tr. bln.) 
uom ste- m likknerilkikr. 
lieber vie Verluste der feindlichen 
Handelsflotte 
vom Beginn des Krieges bis Ende November wird 
uns mitgeteilk, daß insgesamt 734 feindliche 
Handelsfahrzeuge mit einem Tonnengehalt 
von 1,447,628 Tonnen versenkt worden sind. 
Hiervon entfallen auf Verluste durch Il-Boote: 568 
Fahrzeuge mit 1,079,401 Br. R.-To., durch Minen: 
93 Fahrzeuge mit 94,709 Vr. R.-T., durch sonstige 
kriegerische Ereignisse verursucht: 73 Fahrzeuge mit 
273,517 Br, R.-T. Bon den versenkten Fahrzeuge 
gehören 624 mit einem Tonnengehalt von 1,231,944 
To. der en l ischen Handelsflotte an. Das bedeutet 
einen Ausfall von 5,9 Prozent der gesamten engli¬ 
schen Handelsschifstonnage. 
Ter Untergang des,Me Umberto". 
Lugano, 19 .Dez. 1915. Nach dem Germeser 
„Secolö" hatte der im Adriatisäen Meer unterge¬ 
gangene stalienische Transportdampfer „Re Um¬ 
berto" 800 Mann Truppen an Bord, von denen fast 
alle, bis auf zwei Offiziere und vierzig Soldaten ge¬ 
rettet wurden. Außerd m fehlen noch sieben Matro¬ 
sen. Das Schiff batte ferner 600 Tonnen Kohlen an 
Bord. Das Unglück sei durch den Zusammenswß 
mit einer österreichischen Treibmine, eine Meile von 
Balona, in der Bucht zwischen der Insel Saleno und 
dem Hafen geschehen. Das Schiff sank in 12 Minu¬ 
ten. (ctr. bln.) 
gi? ihhihi Htrtts, 
Die Schweiz bleibt unter den Waffen. 
wtb Paris, 19. Dez. 1915. Der neue schweize¬ 
rische Bundespräsident D e co p p e t hat einem Ver¬ 
treter des „Peüt Parisien" eine Unterredung ge¬ 
währt. Er bezog sich dabei aus die Worte des frühe¬ 
ren Bundespräsidenten Motta und sagte, die Schweiz 
bleibe unter den Waffen und halte gute Wacht au 
allen Grenzen. Die Verhältnisse sind dieselben, wie 
vor einem Jahre. Der Wechsel des Bundespräsi- 
deuten ist nur ein Personenwechsel ohne weficre Be¬ 
deutung. Aus die Bemerkung des Berichterstatters 
über die Gerüchte von einer möglichen Verminderung 
der schweizerischen Wachttruppen erwiderte der Präsi¬ 
dent, daß für den Augenblick die Effektivbestände 
n i ch t v ermi nd e rt werden könnten. 
Die Spannun- zwischen Schweben und 
Engla«d. 
^^venhagen, 19. Dez. 1915. Die schwedische Gk 
.eralpvstdirektion stellt infolge des rücksichtslose« 
Paketsendungen von und nach Amerika jed 
Paketbeförderung nach Amerika ein und hob den w" 
der Dänisch-Skandinavischen Amerika-Linie bestehen¬ 
den Vertrag über Beförderung von Pak'tvost aus 
Die eiüqelieferten Pakete müssen abgeb- r werden 
gleichzeitig geht die schwedische Poswerwaltung mit 
aller Strenge gegen die englischen Paketsendungen 
nach Rußland vor. Auch Pakete aus England, die 
über Schweden nach Dänemark und Norwegen be¬ 
stimmt sind, unterliegen der Beschlagnahme. Die ge¬ 
samte schwedische Presse, von der äußersten Rechten 
bis zu den Sofialdemokraten, billigt das energische 
Vorgehen der Regierung. 
Die Gärung in Indien. 
Aus amerikanischen Blättern entnimmt die „V. 
Ztg.": Dje Aufstandsbewegung unter den eingebo¬ 
renen Truppen in Britisch-Jndien hält trotz aller 
Maßnahmen der englischen Regierung weiter an. Aus 
Ostindien eingetroffene briefliche Mitteilungen be 
richten, daß in Pendschab und in Bengalen 17 ein 
geborene Kavalleristen wegen Herstellung von Bom 
Sen und ZerflSrung von TelegrcchenIitMn, sowie 71 
andere farbige Soldaten wegen ähnlicher Vergehen 
mit den: Tode bestraft wurden. In Lahors wurden 
24 Hindus zum Tode verurteilt, während gegen 271 
aus lebenslängliche Zwangsarbeit erkannt wurde. In 
dem von einer Regierunaskommsssion geführten Pro¬ 
zeß wurden als Grund für die Verurteilung der An¬ 
geklagten anarchisfische Umtriebe und Gehorsams- 
vertveigerung gegen die Anordnungen der Regierung 
angegeben, (ctr. bln.) 
Die neue amerikanische Note an Oesterreich-Ungarn 
:: Reuter meldet aus Washington, 19. Dezem- 
zember: Die zweite Note an Oesterreich-Ungarn 
wird vermutlich am Montag abgeschickt werden. 
Es wird darin kein Zeitpunkt"für die Antwort fest¬ 
gesetzt. Oesterreich- Ungarn wird sich aber schnell 
entscheiden müssen, ob die Bestehungen abgebrochen 
werden sollen oder nicht. Die Note nimmt in 
keiner Weise irgendetwas von der ursprünglichen 
Forderungen zurück, sondern begründet die Um¬ 
stände, auf welche die Haltung der Vereinigten 
Staaten zurückzuführen ist. 
Die Waffenlieferung als Gefährdung 
der amerikanischen Militärinteressen. 
Die ,B. Z.' entnimmt amerikanischen Blättern 
die Tatsache, daß die ungeheuren amerikanischen 
Waffenlieferungen nach dem Ausland allmählich die 
m il itärisch e Sch lagfer tigkeit des eigenen 
Landes zu gefährden beginne. Marinesekretär 
Daniels hat sich sehr scharf gegen die Siahl- 
industriellen ausgesprochen, die sich weigern, Stahl 
für die amerikanischen Schlachtschiffe zu liefern, 
da sie mit Londoner Aufträgen für den Vierver¬ 
band überhäuft sind. Der Export von Stahl aus 
den Bereinigten Staaten :st nach den Angaben des 
Marine-Sekretärs so groß, daß die Regierung nicht 
imstande ist, genügend Material zum Bau ihrer 
Schlacht,chiffe zu erhalten. Die neuen Groß-Kampf- 
chifse der „Kalifornia"-Klasse können aus diesem 
Grunde erst im Sommer 1916 auf Kiel geleg» wer¬ 
den. Daniels, der das Vorgehen der Stahl-Indu¬ 
striellen als unpatriotisch bezeichnet» erklärte, daß 
energische Schritte des Kongresses gegen ein jolches 
Verhalten not tun. Im Zusammenhang mit dieser 
Aeutzerung wird sogar von einem Ausfuhr-Verbot 
für Stahl gesprochen. (Ctr. bln.) 
Die Fordk>*>e Friedensexpedition. 
Meldungen des ,,B. L." aus Kristiania und Ko¬ 
penhagen berichten über die Ankunft des Dautpfers 
„Oskar 11." in Kristiania, an dessen Bord sich be¬ 
kanntlich die Friedensmission des Amerikaners Ford 
befindet. Die Weitersahrt aus Kristiania erfolgt in 
zwei Gruppen nach Stockholm und Kopenhagen. Bei 
der Mission befinden sich mehrere Gouverneure^amc- 
rikaniscyer Staaten, ferner der erste weibliche Sena¬ 
tor Helen Bink-Robinson. Bryan soll sich später der 
Friedensreife aitschließen. Der Dampfer hat a:n 
Freitag Krrkwall verlassen, nachdem ihm dort 
s ei nePost von den Engländern abgenon:men 
worden war. Mitten auf dem Atlantischen Ozean 
hißte der Dampfer die von der Stadt Philadelphia 
gestiftete Fricdensslagge. Sie besteht aus, einem zwölf 
Fuß langen und acht Fuß breiten Weißen Tuch, in 
dessen Mitte sich als Friedenszeichen ein großer blauer 
Stern bcftndet. Nach Fords Absicht sollen die neu¬ 
tralen Staaten Delegierte für eine nichtöffentliche 
Friedenskonferenz ernennen. Im Haag weiden die 
vereinigten amerikanischen und skandinavischen Ver¬ 
treter mit den Abgesandten der Schweiz und Spa¬ 
niens Zusammentreffen, worauf die Friedensarbeit so¬ 
fort beginnen soll. Ford will sämtlichen euroäpiscken 
Herrschern seinen Plan zur Abrüstung vorlegen. Ex 
sagt aber selbst bescheiden, er würde sich freuen, wenn 
es chm gelingen würde, den Krieg auch nur für einen 
einzigen Tag zum Sstllstand zu bringen. Ein Be¬ 
richterstatter von „Tidnstegn", der an Bord des Os¬ 
kar 11." eine Unterredung mit Ford hatte, erzählt, 
daß dieser einen sehr guten Eindruck mache. Bei 
der Unterredung führte nicht er, sondern die bekannte 
Friedensfreundin Rosika Schwimmer, die aus Un¬ 
garn stammt, das Wort. Sie sagte: Wir wünschen 
drei Tage in Krisstania zu sein und die gleiche Zeit 
in Stockholm und Kopenhagen. Am 28. Dezember 
fahren wir nach dem Haag. Wir haben nicht die 
'lbsicht. kriegführende Länder zu besuchen, hoffen aber, 
daß Eure Vertreter an unserer Arbeit teilnehmen. 
>lls Schlußevgebnis hoffen wir, die Errichtung eines 
Friedensbureaus im Haag zu sehen, eines Bureaus, 
das dann eingreifen kann, wenn die Zeit dazu kommt. 
arbeiten läßt. Man kann es sogar ganz leicht mit 
dem Messer schneiden. Es sind dre Niederschläge des 
vorgeschichtlichen Meeresgrundes, und Paläontologen 
könnten wohl ihre helle Freude haben an den ur¬ 
alten Geschichten, die ihnen Mutter Erde bier erzählt 
Tie Hohlen sind nicht übermäßig hoch, zwischen drei 
und sechs Metern nur, aber weitläufig in die Breite 
und Länge gegraben, und überall bat man mächtig- 
Säulen und dicke Pfeiler stehen gelassen, die die Last 
des Hügels darüber zu tragen haben. Es ist küh, 
und trocken hier, und so gesund zum Leben, alz er 
in einer Höhle, also ohne Tageslicht, nur sein kann 
Bewundernswert ist es aber, wie man sich hier rin¬ 
zurichten verstanden hat. 
Da und dort sind Quadermauern errichtet, uw 
allzu große Räume abzuteilen. Ueberaü brennt das 
elektrische Licht und hunderte von kleinen Karbidlam¬ 
pen schwanken in der Hand ihrer Träger in cchge 
legenen, wenig benutzten Teilen dieses unterirdischer 
Reiches durch das Dunkel. Eine Menge von Tafeln 
blendend weiß gestrichen nstt Inschriften, schwanen 
oder roten Pseilen sorgt, daß sich niemand verlaufe 
und mancher Teil dieses Höhlensystems erinnert leb 
hast an eine große Kreuzungsstation der Berliner 
UntergrundbalF.. Die Höhlen im Jsonzogebiet au! 
der Hochfläche von Toberdo sind lange nicht so be¬ 
quem, sie sind Naturhöhlen in Kalkein, die das rie¬ 
selnde Wasser ^baffen hat, meist viele Stockwerke 
hoch, uneben Zoller Klüfte, sodaß sie erst mit 
Unmengen von P ^.en und Brettern für Treppen 
Aufbauten und Böden verwendbar sind. Hier fahren 
Trainkolonnen durch, und bleiben die Reiter zu 
Pserd«. — Ein phantasttsches, seltsames Bild! — 
Ganze Regimenter könnte man hier unterbringen, 
wenn es sein müßte, in dieser Unterwelt. Die Schlaf¬ 
räume der Mannschaft sind mit Holzgestellen ver¬ 
sehen, die — mit Draht durchflochten weiches 
Liegen ermöglichen.. Stroh kommt dann darüber 
und zwei warme wollene Decken. Aehnlich sind die 
Lazarette ausgestattet, in denen die Apotheke und die 
Einrichtung für chirurgische Behandlung nicht fehlt 
— Sogar hermetisch verschlossene Klosetts gibt e* 
hier iür den Fall lrng dauernden T "mrneffeuers 
Nahrungsmittel aller Art, Munition, Handgranaten. 
Minen,, kurz alles Bedürfnisse für den Kamps und 
Ruhe sind reichlich vorgesehen. Gam unregelmäßig, 
wie es eben der Zufall mit sich bra^- zweigen do 
und dort lange Gänge ab. die sich oft zu veilen Sälen 
verbreitern, die Noch unbenützt in tiefster Finsternis 
liegen. Sie waren aber stark benützt vor dem Kriege, 
zu unendlich friedlichen Zwecken. Ihr ganzer ebener 
Boden ist bis aus einen schmalen Weg mittendurch 
von staubfeinem Erreich bedeckt, das in scknurae- 
rade gleichlaufende Rippen geteilt ist. Lauter Cham¬ 
pignon-Beete, wohin man tritt. Ueber 800 000 
Franks trug diese Zucht dem glücklichen Besitzer im 
Jahre! Jetzt werden sie natürlich nur zum kleinsten 
Teile gepflegt, denn es fehlt nicht nur an Wasser, 
sondern vor allem an Arbeitskräften, die jetzt wahr¬ 
scheinlich wichfigeres zu tun haben. 
Wieder ein großer Saal. In ihm werden über 
musend Mann gleichzeittg den Christabend feiern, 
schon jetzt hat jede Kompagnie ih^en Aufstellungsplatz 
darin zugewiesen. Auf einem sauber ausgeführten 
Plan ist alles eingezeichnet. 
Das Höhlenreich ist aber auch an sich eine wohl¬ 
geschützte Festung u. es fehlt an mancherlei unange¬ 
nehmen Ueberraschungen keineswegs. Hier, so nahe 
am-Feinde, hat man auch den ganzen Komplex, be¬ 
vor man sich häuslich niederließ, gründlichst nach 
einer etwaigen unterirdischen Verbindung mit den 
Franzosen untersucht. Für die Wahl der deutschen 
Stellung war jedoch das Vorhandensein der Höhlen 
keineswegs ausschlaggebend, wie die Franzosen be¬ 
haupteten, sondern nur eine angenehme Zugabe, auf 
die man nicht etwa angewiesen war. 
Geradezu künstlerisch hat man einige Eingänge 
zu diesem Labyrinth gestaltet. Riesige eingemerßelte 
und dann vergoldete Buchstaben zeigen unter an¬ 
derem ein „Brandenburger Tor". Manchmal wird 
die natürliche Decke auch bedeutend dünner, sodaß 
ein lichter Bort ganz feiner Wurzelfasern aus dem 
weißen Gestein nach abwärts hängt. Diese Wurzeln 
haben sich eben durchgequält und gehören zu irgend 
einem starken Baume üher der Erde. 
Es ist spät am Mittag geworden, und wir sind 
bei einem Bataillonskommandeur in seiner Stabs- 
Höhle zum Essen geladen. Auch die Edelpilze spiel¬ 
ten dabei eine angenehme Rolle, und es war unend¬ 
lich behaglich, hier in dem geschmackvoll eingerichteten 
Zimmer zu sitzen, einige hundert Meter vom bösen 
Feinde, und ganz schwach daS Artilleriefeuer un¬ 
mittelbar über uns zu hören. Unser Gastgeber war 
in glänzender Lonne, den« er hatte eben folgendes 
Schreiben erhalten: 
„Falls Tu das alte Sumpfhuhn bis:, dus mir in 
Hannover und Jena stets treu Gefolgschaft leistete, 
dann trete sofort bei Deinem ehrwürdigen Leibbur¬ 
schen an, der als Kriegsfteiwilliger im schlichten 
Gewände eines Gefreiten beim Nachborbataillon 
liegt. Sollten aber Euer Hochwohlgeboren nicht mein 
ehemaliger Leibfuchs, sondern ein anderer sein, so 
bitte ich wegen dieses Irrtums gehorsamst um Ver¬ 
gebung!" (ctr. bln.) 
Kurt Frhr. v. Reden. Krieasberichteritatter. t 
Ich weiß, daß dje Weltckriegs.»rüde fft. Die englische» 
Matrosen in Krrkwall hatten nur einen Wunsch, 
wieder nach der Heimat zurückzukehren. — Währen' 
der Ueberfahrt herrschte auf den: Schiffe Zwiespal 
infolge der Anwesenheit der Vertreter emiger natio, 
nalistischer Zeitungen aus Amerika. Sie wurdez 
von Ford aus der Gesellschaft verwiesen, (ctr. blrv 
* 
Der Fall Schröder. Aus A m st e r d a > 
wird gemeldet: Der Staatsanwalt hat be 
dem Amsterdamer Gerichte Berufung gege» 
die Freisprechung des Hauptredakteurs des Blatts 
„Telegraas", Schröder, eingelegt. Schröder ist tro< 
des Freispruchs noch in Hast behalten worden, (ctr 
ff*-) , 
Deutscher Reichstag. 
Sitzung vom 20. Dezember. 
Der Reichstag beriet die 
Kriegsgewinnsteuer 
mit den dazu gehörigen Anträgen und Relokutione» 
11. a. liegen vor ein Beschluß der Kommission, die Re. 
gierung zu veranlassen, den übermäßigen oder un. 
lauteren Gewinnen aus Kriegslieserungen nachzugehen, 
ferner ein sozialdemokraiischer Antrag auf Durchführung 
eines neuen Wehrbeitrages. 
Abg. David (Soz) begründete diesen Antrag namens 
der Sozialdemokratie. Auch wir wollen lieber Not als 
des Feindes Gebot. Nur haben die Reichen noch nicht 
gelernt, ihre Lebenshaltung einzuschränken. Ferner 
wäre eine Monopolisierung der Bergwerke, Versiche¬ 
rungen usw. ins Auge zu fassen. Verhängnisvoll wäre 
jedo.h eine Bilanzierung des Etats durch indirekte 
Steuern. 
Staatssekretär Dr. Helfferich besprach die Auffassung 
des Steuerwesens bei der Regierung Wir haben im 
Kriege keine neuen Steuern eingeführt, weil unser 
Budget ja in Ordnung ist. Unser ordentliches Budget 
ist im Gleichgewicht, weil der Krieg ja aus dem außer, 
ordentlichen geführt wird. Nach dem Kriege freilich 
wird sich das wesentlich ändern, und für 1917 sind denn 
auch schon nicht nur das Ge.oinnsteucrgesetz, sondern 
auch andere Steuergesetze in Arbeit Die Regierung 
ist der Auffassung, datz neue Steuern vorläufig 
während des Krieges zu vermeiden find, wett eS 
darauf ankommt, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 
des Volkes so hoch wie möglich zu erhalten. Die 
deutsche und die englische Finanzpolitik mit einander 
zu vergleichen, geht schon aus dem Gründe nicht, weil 
England inzwischen ebenfalls eingesehen hat. datz sein 
Plan, die Lasten des Krieges durch Steuern cmfzu. 
bringen, gescheitert ist. In früheren Jahrhunderten 
und auch in früheren Jahrzehnte» hat England das 
gekonnt; bei diesem gigantischen Ringen aber hat sich 
das längst als unmöglich herausgestellt. Auf jeden Fall 
werden wir nach dem Kriege mit höheren Steuern 
rechnen müssen, wie groß auch die Kriegsentschädigung 
sein mag, aus die wir unter allen Umständen rechnen. 
Der Redner macht dann darauf aufmerksam, datz in 
Zukunft die Frage entschieden werden wird, ob bei den 
während des Krieges erworbenen Vermögen neben der 
Kriegsgewinn euer auch die Befitzstener erhoben werden 
wird. Jedoch habe er in seiner Rede vom 30. November 
keineswegs ertlärt, datz die im Kriege gemachten Erb. 
schäften und dergleichen Bermögensvermehrungen nicht 
unter die Befitzsteuer fallen sollten. Der Reichschatz¬ 
sekretär schloß mit dem Hinweis auf den Patriotismus, 
der bei den Kriegsanleihezeichnungen hervor, 
getreten ist. Er werde sich später im Steuerzahlen 
äußern müssen. Eine Besteuerung der notwendigen 
Lebensmittel sei nicht beabsichtigt. 
Abg. Tr. Stresemann (ntl.) trat der Anschauung des 
Abg. Dr. David entgegen, datz die Steuerpolitik in Eng¬ 
land sozialer sei als bei uns. Das vorliegende Gesetz 
sei finanziell und moralisch begründet. Aber es trifft 
nicht eigentlich die, die das Volk treffen wollte, es soll- 
ten die großen Gewinne der Lieferanten betroffen 
werden. Das Volk meinte auch nicht eigentlich die Krupp 
und andere große Firnren, sondern Leute, die vor dem 
Krieg nie die Ehre gehabt haben, der deutschen Kauf¬ 
mannschaft angehört zu haben, Leute, die überhaupt 
keine KriegSlieserungen hätten erhalten dürfen. 
Abg. Gothein (Fortschr. Bpt.) sprach die Zustimmung 
seiner Partei zu oen Vorlagen aus und äußerte sich 
über das Problem der Regelung des Steuerwesens nach 
dem Kriege. Das deutsche Volk werde gewaltige Steuer¬ 
lasten zu kragen haben, an die auch die ärgsten Pessimi¬ 
sten im Frieden nicht zu denken gewagt hätten. Aber 
es werde die Kraft finden, bis zu einer neuen Wirtschaft, 
lichen und kulturellen Blüte durchzuhalten. 
Abg. v. Brockhause» (kons.) lehnte einen neuen Wehr¬ 
beitrag aus grundsätzlichen Erwägungen ab, weil das 
einem späteren eigenen Gesetz vorbehallen werden müsse. 
Abg. Dr. Schisser (ntlbO befürwortete eine Resolu¬ 
tion. die gesetzliche Maßnahmen verlangt, um unreell« 
Kriegsgewinne besonders treffen zu können. 
Staatssekretär des ReichsjustizamtS Dr. LiSc» legt« 
die großen Schwierigkeiten dar, die sich einer derarti¬ 
gen Gesetzgebung in den Weg stellen. 
Der stellvertretende Kriegsminister v. Wa«del be¬ 
tonte, daß nur bei Kriegsbeginn und in geringem Um- 
sang unlautere Elemente Kriegslieferungen zugeteilt 
erhalten hätten. 
Abg. Dr. Gröber (Ztr.) wollte die vom Staatssekretär 
LiScy hervorgehobenen Schwierigkeiten nicht gellen las- 
sen und verlangte eine Vorlage. 
Aba. Hoch (©03.) behauptete, datz die Erklärung des 
Reichsschcchsekretärs das arbeitende Voll beunruhigen 
müsse, weil sie nichts darüber enthalten habe, datz keine 
neuen oder erhöhten indirekten Steuern kommen sollen. 
ReichSschatzsrkretär Dr. Helfferich antwortete unter 
wiederholtem lebhaften Beifall, datz er über diese Frage 
gar nicht gesprochen habe. Die einzige von ihm genannte 
Steuer, die Kriegsgewinnsteuer, sei keine indirekte, son¬ 
dern eine sehr scharfe direkte Befitzsteuer. Unter 
'bhafter Zustimmung des Hauses erklärte der Staats¬ 
sekretär, daß nicht er. sondern höchstens der Abg. Hoch 
durch seine unzutreffenden Ausführungen Beunruhigung 
in das Voll getragen habe. Der Staatssekretär w»es 
darauf hin. datz gerade in England die Steuern wäh¬ 
rend des Krieges in sehr wenig scyialer Wise auf die 
Schultern der Minderbemittelten gewälzt worden seien. 
In Deutschland werde in keinem Fall die Regie¬ 
rung die Kriegslasten durch eine Belastung der notwen¬ 
digen Lebensmittel auszugleichen versuchen. Die 
Regierung könnte aber unmöglich Erklärungen über 
Vorlagen abgeben, über die beim Bundesrat n 0 ch k e i n 
Beschluh gefatzt sei. 
Damit schloß die Beratung. Das Gesetz wurde nach 
den Beschlüssen der Kommission unter Ablehnung 
der sozialdemokratischen Resolution an- 
genommen. Einstimmig gelangte auch der Kom¬ 
missionsantrag zur Annahme, wonach die übermätzigen 
und unlauteren Kriegsgewinne durch ein besonderes ge- 
setzgeberischeS Vorgehen gefatzt werden sollen. Auf An¬ 
trag des Abg. Bassermann (nl.) wurde das Gesetz auch 
gleich in dritter Lesung angenommen. 
Hierauf wurde die Vorlage über dir KriegSabgaben 
der Reichsbank in allen drei Lesungen verabschiedet nach 
den Vorschlägen der Kommission. Ein vom Abg. Keil 
! Soz.) begründeter Antrag auf Abgabe de? vollen lleber- 
schusseS wurde abgelehnt. Dann vertagte sich der Reichs¬ 
tag auf Dienstag (Kriegskreditvorlage). 
VeuNEer tteich. 
* Der Seniorenkonvent des Reichstages beschloß, 
daß am Dienstag noch eine Vollsitzung abgehauen 
wird, zur Beratung des Nachtragseiats. Danach 
geht der Reichstag bis zum 11. Januar in die Weih- 
nachtsferien. 
* Verbilligung der Soldatenpakete. Ter Haupt- 
autzschuß des "Reichstages beriet einen ZentrumZcm- 
trog, ob nicht die Postbeförderungsgebühren für S»l- 
datenpakete in dem Operations- und Etappengebiet 
bis 500 Gramm herabgesetzt oder die Gewichts¬ 
grenze erhöht werden kann. Der Staatssekretär 
des Reichspostamtes bezeichnete den Antrag als un-
	        
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