alb aerZeitun
Erschein, «»glich «t» «»»nabm» der Sonn, and Feiern^»
B«r»»tworrlich für den «dakttonellev Teil Karl Schütt«,
fflt de» Anzeigenteil: I Por,eller. Fulda. — Rotatinns.
druck and Verlaß der Fuldaer Lrtiendruckerei di Fulda. —
Fernsprecher Er 9. Telegrannn-Adcefie Fuld«, geirunG.
«ndgade Kt 9Ht «ochenbekkage »Illustriert« Saun-
tag«,eit»»ß^ uud VkonatSdeila«« .Faldaer Seschichtß.
dlütter» ohne Bestellgeld Vierteljährlich 1.80 Mark.
Lag«»« B Mi« den «laich«, Beilagen «l« «nSgade A
und der Ti »«druck. Wochenbett««, ^Illustriert« Welt»
sch«u- «hn» Bestellgeld vierteljährlich 2.19 Mart.
Zichnngllliste» der prentzrsch-sützdrurscheu «l-flo-L-ttert«. — HalbsSHEch Taschcnfahrplaa.
Anzeigen 15 Pfennig die einspaltig« Tolonelzetle ode, vere»
Raum, Reklamen 10 Pfennig Bei Wiederholungen Rabatt.
Für Offert, and Auskunftanzeigen auhrrdew 20 Pfennig —
In Konkursfällen wird der bewilligt» Rabat, hinfällig —
Erfüllungsort Fulda. — Fernsprecher Nr. 9 und Nr. 118,
ri,. 299.
Dienstag den 2S. Derember 1915.
42. Zahrgang.
Schwache Tätigkeit im Westen. — Kämpfe an der Tiroler Front. — Die
Beute von Bjelopolje.
Jw deMe MMMt.
nttb Großes Hauptquartier, 27. Dez. 1915.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Ein von de« Franzosen nordöstlich von Neu¬
ville vor unserer Stellung gesprengter Trichter
ist von uns besetzt. Eine feindliche Sprengung auf
der Combres-Höhe richtete nur geringe Be¬
schädigungen an.
Sonst keine Ereignisse von Bedeutung.
Oestlicher und Balkan-Kriegs¬
schauplatz.
Nichts Neues.
Ober st e Heeresleitung.
I Oesterreichisch-uiigcnftscher Tagesbericht.
Vtb Wien, 27. Dezember 1915.
Russisch er Kriegsschauplatz.
Die Lage ist unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz.
Die Tätigkeit der stalienischen Artillerie gegen
die Tiroler Südfront war gestern wieder lebhafter.
Bei einem Gefechte, das aus den Begleithöhen des
Etschtales, südlich R o v e r e t o stattfand, verlor dev
Gegner 290 Mann an Toten und Verwundeten. An
der' I ^-uzofront vereinzeltes Geschützseuer.
Südö st licher Kriegsschauplatz.
Keine besonderen Ereignisse. In Bjelopolje
wurde« bisher an Beute 5400 Handfeuerwaffen ein¬
gebracht.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs:
von Hofer» Feldmarschalleutnant.
Der Krieg Im Allen.
Amtlicher franzbstscher Bericht.
w|b Paris, 27. Dez. 1915. Amtlicher Bericht von
Sonntag nachmittag: Die Nacht verlief an der ganzen
Front ruhig. — Amtlicher Bericht von Sonntag abend:
Im Artois große Tätigkeit unserer Artillerie südlich
von Bailleul und in der Gegend Blaireville, südlich von
Arras. In der Champagne, in der Gegend von Na-
varin-Farm, einige glückliche Schüsse auf feindliche Ar»
bciterabteilungen. Im Woevre brachte das Feuer un¬
serer Artillerie ein feindliches Munitionslager nordöst¬
lich von Regnieville zur Explosion. In den Vogesen
nahm eine unserer Batterien einen Munitionszug un¬
ter Feuer, der auf dem Bahnhof Hachinette, südöstlich
von Bonhomme, hielt. Unsre Beobachter stellten eine
starke Explosion fest.
lieber die Wiedergewinnung des Hartmannsweiler-
kopfes
meldet der Kriegsberichterstatter der „Köln. Ztg.":
Am Dienstag, den 21., 10 Uhr 30 Min. vormittags
hatte der Gegner den jüngsten Kampf ,tm den Hart¬
mannsweilerkopf, dessen unumschränkter Besitz für
die Franzosen eine weitteichende Beobachtung und
Beherrschung der Rheinebene gestatten würde, mit
«inem sehr "heftigen Artilleriefeuer auf unsere Be¬
festigungen begonnen. Nach dieser bis 3,30 Uhr
nachmittags währenden Vorbereitung erfolgte der
Sturm auf den Hartmannsweilerkopf selbst und un¬
sere Stellungen südlich davon gegen Wattweiler
hin. Bei letzterem Orte wurden die Angriffe zurück-
geschlagen; am Hartmannsweilerkopf dagegen ge¬
lang cs den mit Ueberzahl in mehreren Wellen
vordringenden Franzosen, sich der Stellungen am
Nord- und iSüdrande des Berges zu bemächtigen
und von da aus dann unsere Stellung auf der
Kuppe zu nehmen. Sie vermeiden in ihrem amt¬
lichen Berichte, dies letztere selbst auszusprechen, da
sie seit April behaupten, die gesamte Kuppe des
Hartmannsweilerkopfes zu besitzen. In Wahrheit
liefen seit damals die beiderseitigen Stellungen in
5 bis 30 Meter Entfernung voneinander über
oie Kuppenfläche dahin, doch so, daß der trigonome¬
trisch höchste Punkt dauernd in unserer Hand war.
Am Dienstag abend drang französische Infanterie
auch noch in mehreren Angriffen gegen Metzeral
vor, wurde jedoch hier zurückgeworfen. Am 22. De¬
zember begann unser G eg e n a n g r i f f auf die
uns entrissenen Stellungen mit einem sehr schw»-
ren Artilleriefeuer. Sodann erfolgte der sieg¬
reiche Sturm unserer 83. Landwehrbrigade,
der es gelang, die Franzosen von ihrem Rücken her
zu umfassen und über 1500 Gefangene zn machen.
Unsere frühere Hauptstellung auf der Kuppe, der
Herzog Mrecht-Graben, war schon am Abend die¬
ses Tages wieder in unserem Besitz; um einige
andere "der- uns genommenen Stellungen wurde
noch weiter gekämpft, Jetzt ist unsere gesamte Stel¬
lung restlos wieder nt unserem Besitz. Der Ka¬
nonendonner schweigt zurzeit. Ich sah hier etwa
1400 der gemachten Gefangenen, die hier vor ihrer
Abführung verpflegt wurden, und wohnte ihrer
Vernehmung bei. Nach ihren Aussagen sind sie
zum Teil in einer ihnen unbegreiflichen Werse
überrascht und umzingelt worden; nach anderen ha¬
ben unsere Wurfminen und .Handgranaten beson¬
ders schwere Wirkungen gehabt. Die Gefangenen
gehörten verschiedenen Regimentern an, besonder-
aber einem berühmten ftanzösischen Elite-Regiment
der Vogesen. Diese Leute machten in Haltung
und Kleidung fast durchweg einen ausgezeichneten
Eindruck, gaben aber an, daß ihr Regiment durch
Tote, Gefangene und Verwundete nahezu aufgeric-
ben sein müsie.
Die schwindsüchtige „SiegeSanleihe".
Der französische Finanzminister hat nun endlich
die amtlichen Zahlen über das Ergebnis der franzö¬
sischen Kriegsanleihe mitgeteilt (vergl. Nr. 298) und
zwar unter einer so schönen Phrasentunke, daß seine
Rede für den landesüblichen Maueranschlag geeig¬
net war.
Als „Barbaren" kümmern wir uns wenig um
geschwollene Redensarten, sondern fragen trocken:
Wie viel Geld zur Kriegführung hat denn die
französische Regierung bekommen?. Im ganzen sind
»war 14 Ya Milliarden Franks gezeichnet, davon ent¬
fallen aber nur 51z Milliarden Frank ans B a r -
Sichnnngen; der Reit ist Anmeldung zur Umwand-
-ng von alten Schuldscheinen in neue, wobei keine
Vermehrung des Kaffeninhaltz herauskommt. Die
öVs Milliarden in bar sind zum Kurse von 87 bis
88 Prozent gezeichnet worden, bringen also in Wirk¬
lichkett noch nicht 4 Milliarden Franks in die Staats¬
kasse. Das macht noch keine 4 Milliarden M., nicht
einmal den jech sten Teil der Barzcicknungen. die
I das deutsche Voll auf seine Kriegsanleche gezeichnet
1 hat. Die gegenwärtige französische Anleihe ich die
erste und einzige seit Kriegsausbruch, und ihr Er-
- aebnis muß also mit der Gesamtsumme unserer bis-
! herigen drei Anlechen verglichen werden. Um nun
den Gegnern ja kein Unrecht zu tun, wollen wir gel¬
ten lassen, daß auch die angemeldeten Umwandlun¬
gen z u m T e i l mit in Vergleich gestellt werden kön¬
nen, insofern sie nämlich die bisherigen kurzfri¬
stigen Schuldscheine, die zur Deckung des Kriegs¬
bedarfs ausgegeben wurden, in regelrechte, lang-
fristige Anleihescheine nmändern. Dahin gehören die
2Vs Milliarden Frank in Bons de la Devense na¬
tionale, die umaetanschit werden. Wieviel „Obli¬
gattons" ins Spiel kommen, ist nicht genau zu er¬
sehen. Jedenfalls hat die dreiprozentige Rente, die
alte Staatsschuld, von der auch mehrere Milliarden
zum Umtausch anaemeldet sind, mit der Deckung des
Kriegsbedarfs nichts zu schaffen. Aber feien wir
großmüttg und rechnen alles zusammen, was nach
altem oder neuem Kriegsgeld aussieht, so kommt
immer noch kein Drittel der deutschen Er¬
gebnisse zum Vorschein. Das ist k l ä g l i ch für das
als reich und kriegSbegeistert geschilderte Frankreich.
Um so kläglicher, als man dieser „großen Offen¬
sive" aus dem Geldmärkte den Titel der „SiegeS-
anleiye" gegeben hatte. Es sollte nicht nur die
erste, sondern auch die letzte französische Anleihe
sein, und ihr Ergebnis sollte ausreichen, um den
.Krieg siegreich zü Ende zu führen. Nun, wenn der
Finanzminister mit diesem Ertrage ausreichen will
bis zum Siege, so müssen die Heerführer und ihre
Truppen sich wumerbar beeilen. Denn Frankreich
verbraucht monatlich wenigstens 2% Milliarden
Franks, und die 5 Milliarden Bargeld, die noch nicht
ganz erreicht sind, reichen also höchstens bis zum
Schalttage nn Februar 1916. Nach zwei Mo»
n a t e n muß entweder der Sieg errungen sein, oder
der Pariser Finanzminister muß auf neue Künste
zur Füllung dev entleerten Kaffen sinnen.
In Deutschland haben wir für eine viel weitere
Zukunft gesorgt. Bis zum März ist der Bedarf ge¬
deckt durch die bisherigen Anleihen, und die vierte
Anleihe von weiteren 10 Milliarden ist bereits gesetz¬
lich sestaelegt. Unser Finanzleiter ist ja in der glück¬
lichen Lage, daß er bei einttetendem Bedarf immer
wieder tut* regelrechte Anleihe in der bewährten
Form ausschreiben kann, ohne sich auf Umwand-
mngen oder sonstige Umständlichkeiten einzulassen.
Der französische Finanzminister hat sich diesen ge¬
raden Weg verlegt. Denn wenn er nach dieser „Sie-
geSanleihe" noch einmal bat Voll zur Zeichnung
aufrufe« wollte, so würd« er aus Mißtrauen und
Zurückhaltung stoßen. „Wo ist der versprochene
Sieg?" würden die enttäuschten Rentner fragen. So
geht es, wenn man vorellig von Sieg redet, wäh¬
rend man mitten in den Niederlagen steckt! Mr
bleiben bei dem weniger klangvollen Titel „K r i e g s-
a n l e i h e", da wir nicht mtt dem Munde, sondern
mit den Handln den Sieg zu erringen gedenken.
Die Schwierigkeiten der Geldbeschaffung, die in
Frankreich sehr groß und in England schon empfind¬
lich sind, darf man nicht ohne Weiteres als einen Be¬
weis der Ohnmacht unserer Feinde betrachten. Sie
werden noch eine gute Weile sich mit allerhand
Pumpkunststücken behelfen. Aber die steigende Fi¬
nanznot wird zur An fklärung und Ern üch.
teuung des arg belogenen Volks erheblich beitrü¬
gen. Das ist ein Gewinn für unsere Sache.
Di« Mitzstand« im französische« Transportwesen.
wtb Bern, 27. Dez. 1915. Die Mißstände hn
Transportwesen Frankreichs schildert das „Journal"
unter dem Titel „Bor einer drohenden K a-
tastrophe": Die Krise ist schärfer als jemals.
Wir stehen am Vorabend schrecklicher Katastrophen,
nämlich der Schließung von Tausenden von Handels¬
häusern aus Mangel an Transportmitteln, die Hun-
derttausenden Arbeit und Unterhalt gaben. Der
.Kriegsminister muß unverzüglich allen Bezirkskom-
mandanten den Befehl geben, die gesamten Arbeits-
mannschaften sofort zur Veffügung des Bahnhofs¬
vorstehers zu stellen, um die Bahnhöfe ftei zu ma¬
chen, wobei Gefangene, Depotmannschasten und zum
Hilfsdienst kurz jeder Entbehrliche brauchbar sei. Das
muß sofort geschehen, sonst verlieren wir die größte
Schlacht des Krieges, die Schlacht gegen uns selbst.
Englands Finanzsekretär über Deutschlands
Finanzen.
vtd London, 27. Dez. 1915. In einer Unter¬
redung mtt dem Korrespondenten der New-Dork-
Tribune" erklärte der Finanzsekretär des Schatz¬
amtes, M o n t a g u, über die letzte Rede des
Staatssekretärs des deutschen Reichsschatzamtes,
» Helfserich, u. a.:
Deutschland habe mit dem Papiergeld Mißbrauch
j getrieben. Nach dem Kriege werde die Mark nicht 16
Cents wert fetru &eLffmä wolle glauben machen, ei
sei ein Zeichen von Schwäche, daß England und Frank¬
reich in Amerika borgten. Gebe es jemand, der glaube,
daß Helfferich dort nicht borgen würde, wenn es mög¬
lich wäre? Bezüglich des Kurses der deutschen Kriegs¬
anleihen sagte Montagn, er sei zu gut, um echt zu
sein, und sei dem Umstande zuzuschreiben, daß die Bör¬
sen in Deutschland unter der Kontrolle der Regierung
stehen und daß Mindestpreise festgesetzt würden. Die
Kurse seien nominell und existierten nur für rheto¬
rische Zwecke. Wenn man das Land mit einem künst¬
lichen Papierkredit überflute, sei es leicht, einen Ueber-
schuß an der entwerteten Mark zu erzielen, die nomi¬
nell für die Anlagen verfügbar sei.
Alles Reden und Prophezeien Montagus ver¬
mag die deutschen finanziellen Erfolg« ebensowenig
zu verkleinern^ wie die von den britischen Staats¬
männern selbst zugegebenen Ernst der finan¬
ziellen Lage Englands zu mildern oder
das enttäuschende Ergebnis der sr an -
z ö s i s ch e n Siegesanleih« aufzubeffern. Im übri¬
gen irrt Montagn, wen« ex annimmt, daß in
Deutschland Mindestkurse für Staatspapiere vorge¬
schrieben sind. Deutschland überläßt diese Praxis
des Korrigierens des Staatskredits den Engländern
und Franzosen. D. Red.)
In seiner Unterredung mft dem Korrespondenten
der „New-Aork-Tribune" sagte der Finanzsckretär
Montagn ferner noch:
es sei durch die Anwendung gewöhnlicher ökonomischer
Methoden möglich gewesen, die Verschlechterung
des britischen Wechselkurses, der in New-
hork Ende August um sechs bis sieben Prozent herab-
ging, zu beheben. (Der Sterlingskurs steht heute noch
trotz der inzwischen abgeschloffenen Anleihe in Newyork
nahezu 8 Prozent unter Pari. D. Red.) Das sei
außerdem in einer Zeit erreicht worden, wo England
in Amerika riesige Summen für sich selbst und
die Alliierten ansgegeben (und geliehen hat. D. Red.)
habe, ohne den im Lcrnde angehäusten Reichtum in
amerikanischen Wertpapieren ernstlich anzugreifen (?).
Man beginne erst jetzt damit, diese mit Rücksicht auf
die Zukunft für Regierungszwecke zu mobilisieren. Die
Sanierung des Sterlingskurses seit Ende August stehe
im umgekehrten Verhältnis zu dem Sinken der Reichs¬
mark. Für die letztere (Erscheinung gebe es nur eine
Erklärung, nämlich den Mißbrauch, der mit dem
Papier getrieben werde.
Montagn gab hierauf die oben gemeldeten Er-
llärungen ab und fuhr fort:
Die deutsche Methode, Leuten, die Geld in
Kriegsanleihen anlegen, Vorschüsse zu gewähren, könne
zu größten Mißbräuchen führen. Montagnu erkannte
zwar an. daß Helfferich bei »er Mobilisierung der fi¬
nanziellen Hilfsmittel Deutschlands sehr erfolg¬
reich gewesen sei, aber gerade dieser Erfolg bereite
ihm jetzt Verlegenheit und werde es auch zukünftig
tun. Deutschland sei auSgesogen. Gerade weil
England so viel langsamer an« Werk gegangen sei und
noch die so großen Quelle» von dem privaten Wohl¬
stand übrig geblieben seien, dir für öffentliche Zwecke
noch nicht angerührt wurden, blicke er vertrauensvoll
in die Zukunft.
(Montagn darf es Helfferich überlassen, mit den
ans den bisherigen finanziellen Erfolgen Deutsch¬
lands angeblich entstandenen „Verlegenheiten" fer¬
tig zu werden, genau ebenso, wi« eS der Reichs¬
schatzsekretär Wohl Montagn überläßt, sich mtt den
glückverheißenden Wirkungen des bisherigen Mißer¬
folges deS briüschen Schatzamtes abznftnden. D.
Red.)
Der Kries regen Moni
Der Telegraphenvrrkehr Schweden-Rußland.
wtd Kopenhagen, 27. Der. 1915. ,-8srllngSk»
Tidende" meldet aus Stockholm: Gestern nacht ist
der telegraphisch« Berkehr »wischen Ru߬
land und Schweden wieder eröffnet worden,
nachdem er seit dem 4. D«ember unterbrochen war.
Die Ursache der Unterbrechung ist noch immer un¬
bekannt. In Petersburg warten über 2000 Tele¬
gramme auf Beförderung.
Ter Zustand im russischen Heere.
Czernowrtz, 27. Dez. 1915. Ein gefangener rus¬
sischer Offizier berichtet, daß im russischen Heere in
der letzten Zest umfangreiche Meutereien aus¬
gebrochen seren. Als Ursache für die Demoralisation
bei den russischen Truppen gab der Offizier die lange
Dauer des Krieges an. Einige Regimenter hätten
von der Front ins Hinterland geschafft werden müs¬
sen. Gelegentlich« Plänkeleien würden in den russi¬
schen Kriegsberichten übertreiben; die Heeresleitung
wolle dadurch den Mul der Truppen heben, (e. fst.)
vom BfllKBn-KrlBgsscimuplgtz.
Die Hiltu»- Griechenlauds.
London, 27. Dez. 1915. (Reuter.) Der „Daily
Chronikle" veröffentlicht eine Unterredung mtt
G u n a r i s, welcher erklärt Hab«, seine polittsche
Haltung werde von den Wähler» gebilligt. Die En-
tente und die Mittelmächte hätten nunmehr erkannt,
daß Griechenland bas Recht dazu Hab«, neuttal zu
bleiben, aber die Neutralität werde nur so
lange gewahrt, als die S o u v er ä n i 1 ä t des L a n.
des ni^t angetastet werde. Andernfalls
würde Griechenland von seiner jetzigen Haltung ab¬
gehen.
Genf, 27. Dez. 1915. Laut einer Meldung des
Athener Spezialkorrespondenten dtzs „Pettt Jour¬
nal" untersagte die griechische Regierung die
Ausfuhr von Lebensmitteln nach Sa'oniki.
Die französische Preffe erklärt, da- Ausfuhrverbot
sei eine bedauernswert« Maßnahme, beweise, daß
die Unannehmlichkeiten, den«» die Verbündeten an¬
dauernd von der griechischen Verwaltung ansgesetzt
sind, noch nicht beendet fisten, (ctt. fst.)
Griechenlands Interessen in Albanien.
vtb Athen, 26. Dez. 1915. Griechenland beauf-
ttagte seine» Gesandten st» Rom, bei der italienischen
Regierung einen freundschaftlichen Schritt
zu unternehmen, Um Umfang und Ziel der italie¬
nischen Unternehmungen bei Valona,
der Hafenstadt-in Südalbanien, kennen zu lernen.
Die italienische Regierung gab die besten Versiche¬
rungen ab und erbat sogar die Mftwirkung Griechen¬
lands, um das begonnene Werk zu einem gute End«
zu fuhren. — Nach SBIättermelbuncjert werden die
Verhandlungen zwischen beiden Regierungen fortge¬
setzt. Es bestehe Ernigkeit darüber, daß die bis zum
heutigen Tage von Griechenland erworbenen Rechte
in der Gegend von Valona sichergestellt werde»
müßten.
Kriegsgefangen i» Bulgarien
Wien, 24. Dez. 1915. Aus Sofia wird be¬
richtet: Am Sonntag trafen hier 1200 gefan¬
gene Engländer und Franzosen ein. Als ein
Zug durch die Straßen Sofias zog, hörte man nur
Worte tiefften Bedauerns über das herzergreifende
Aussehen dieser Halbverhungerten, besonders der
englischen Soldaten, von denen viele ohne Schuhe
und Mäntel waren. Der den Transport führende
bulgarische Unteroffizier erzählte, in den Sttaßen
von Radomir wären gefangene Serben, als sie er¬
fuhren, daß gefangene Engländer und Franzosen
durchgeführt würden, nach eingeholter Erlaubnis
unter Bewachung zum Bahnhof gekommen, indem
sie mit bitterer Ironie erklärten, sie seien erschie¬
nen, um endlich ihre Bundesgenossen in dev
Nähe sehen zu können, (ctr. bln.)
Auffindung wichtiger serbischer Dokumente.
vtb Sofia 24. Dez. 1915. Einem Blatte zufolg«
sind im Palais des serbischen Thronfolgers
Alexander in Nisch zahlreiche wichtige Doku¬
mente gefunden worden, darunter der umfangreiche
Briefwechsel Alexanders mit gekrönten Häuptern,
ferner einige Handschreiben des Zaren. Unter den
letzteren befindet sich ein, Handschreiben, das die
serbisch-bulgarischen Beziehungen und die Verhand¬
lungen Bulgariens mit den Ententemächten betrifft.
Die gefundenen Briefe, deren Zahl etwa 500
beträgt, sollen interessante Streiflichter auf die Rolle
Serbiens vor Ausbruch des Weltkrieges sowie auch
vor Beginn des serbisch-bulgarischen Krieges de/
Jahres 1913 werfen.
König Petör in Italien.
wtb Rom, 26. Dez. 1915. König Peter von
Serbien ist aus Valona in Italien eingetroffen.
Eine Begegnung mit König Peter an der
albanischen Grenze.
Ein ftlrchtbarer Lebensabend ist dem Mann be«
schieden, der durch verbrecherische Umtriebe vor et¬
was mehr als einem Jahrzehnt auf den serbischen
Königsthron gekommen ist. Sein Heer in zahlrei¬
chen Schlachten geschlagen und zermürbt, seine
Krieger grötztenterls gefallen oder in Gefangenschaft
geraten, sein Land vom Feinde besetzt, und er
selbst, hochbetagt und krank, muß in eilender Flucht
im fremden Lande ein Asyl suchen. Durch' hohe
verschneite Gebirge, über unwegscmre Pfade ging
seine Flucht in kalter Winterszeit, bis er jetzt in
Italien bei seinen Verwandten Ausnahme gefun¬
den hat. Eine Episode von dieser Flucht des Ser¬
benkönigs erzähll ein Brief eines albanischen Arz¬
tes an einen Freund in Uesküb. Mitten in den
wilden Bergen Albaniens hatte der Arzt eine Be¬
gegnung mit dem König. Darüber schreibt er nach
einem Telegramm des „Berl. Tagebl." au§ Sofie
wie folgt:
„Es war eine ftrrrytbare Nacht, voll grausamer
Kälte und wildem Sturm, die ich, durch eine Reise
gezwungen, in einem elenden Dorfe auf dem Wege
nach Dkutari verbringen mußte. Es war ein ver¬
fallenes Harcs, das ich gesunden hatte. Stall und
Stube waren nur noch durch eine elende Bretter¬
wand getrennt. In der Stube schlief der Wirt des
Hauses. Ich selbst verbrachte die Nacht im Stall
bei seiner einzigen Kuh. Ich konnte nicht schlafen,
obwohl es schon tief in der Nacht war. Dev Schnee¬
sturm tobte und bedeckte das Dach des Hauses im¬
mer dichter mit schwerem Schnee. Plötzlich klopft
es mit starken Schlägen an die Tür. Eine heisere
Sftmme schreit in befehlendem Ton auf serbisch:
„Oeffne!" Im Dunkel der Nacht kann man durch
die geöffnete Tür vier Reiter erblicken. Zwei sind
bereits von ihren Tieren gestiegen und heben mit
großer Sorgfalt einen dritten, eingewickelt in einen
großen Mantel, von seinem Pferde herunter. Sorg¬
sam tragen sie ihn in das Zimmer. Es sind serbi¬
sche Offiziere. Den dritten halte ich für einen ver¬
wundeten Kameraden. „Zünde Feuer an!" befeh¬
len sie dem Besitzer des Hauses Tie brennenden
Scheite flammen aus. Der Verwundete neben nur
schließt die Augen, wendet den Kopf dem Dunkel
zu, und bei dem brennenden Feuer erkenne ich jetzt
in dem Dritten mit dem vertrockneten Zigeunerge¬
sicht, den wirren, weißen Haarsträhnen und dem
herabhängenden weißen Schnurbart, den König
Peter von Serbien. Unterdessen erscheinen noch
zwei Offiziere und zwei Soldaten, sie jind mit Ki¬
sten beladen, die sie öffnen, um den König sorgsam
auf ein elendes Lager zu betten. Ter König seufzt
und sagt traurig zu seinen Begleitern: „Ich danke
euch, meine Bruder, ich danke euch!" Die Offiziere
versuchen mit den geretteten Vorräten einen Tisch
zu- decken, aber der König lehnt es ab, zu essen. Nur
einer seiner Begleiter, offenbar ein Arzt, gibt ihm
etwas zu trinken. Stumpf und stumm, ohne ein
Wort zu reden, sitzen die Offiziere um ihren König
herum. „Schlafen Sie ein wenig, ruhen Sir sich
aus, meine Herren!" sagt der König zu ihnen. Die
Offiziere strecken sich auf dem Boden aus, so gut es
geht. Aber ich glaube, keiner von ihnen hat geschla¬
fen und noch che das Dunkel sich lichtet, erheben
sich der König und seine Begleiter, um das elende
Dorf zu verlassen und über die finsteren ungast¬
lichen Berge werter zu fliehen." (ctr. bln.)