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Mttwsch, den 24. Februar MS
Fuldaer Zeitung
2. Blfltt tMorgen -tuögabe.)
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Joseph Damian,
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Bifdjof von Zuwa,
nütJiftii der tzochivmdigen Geistlilykett Md dm Släillngeil des ßistums
Sruß und Segen im Herrn.
In Christo geliebte Diözesanen!
Hit großer Bangigkeit sind wir in das Jahr 1915 ein.
getreien: denn noch tobt der Krieg und noch kämpft
eine Welt von Feinden gegen uns. Doch größer als
die Bangigkeit ist unser Vertrauen; denn das Jahr 1915
steht im glückverheißenden Zeichen des heiligsten Herzens Jesu.
Wie ein Stern aus düstrem Gewölk leuchtet dieses Herz
seit dem ersten Tage des Jahres, der ein Herz-Jesu-Freitag war,
in unsere von Trauer und Furcht gebeugte Seele hinein. Heber
dem schaurigen Getümmel des Krieges vernehmen wir den lieblichen
Ms des Heiland-Herzens: „Kommet zu mir alle, die ihr
mühselig und beladen seid, und ich werde euch er¬
quicken"?)
Zu dieser göttlichen Einladung hat sich die Aufforderung
Mer Bischöfe des werten deutschen Reiches zugesellt, ihre Auf¬
forderung zum Anschluß an das Erlöser-Herz.
Düse Rufe — Gott sei's gedankt — haben in den Herzen
der deutschen Katholiken ein millionenfaches Echo geweckt. Wer
zählt die Tausende im deutschen Vaterland, die in den Gnaden¬
tagen des Januar zum Richterstuhle der Buße eilten, dem Tische
des Herrn sich nahten, die Kanzeln umdrängten, in tiefster
Rührung an den Sühne- und Weiheandachten teilnahmen? Für-
wahr, da erfüllte sich aufs neue das voraussagende Wort des
Herrn: „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde
ich alles an mich ziehen."2)
Dieser machtvolle Ausdruck der Hingabe unseres Volkes an
Christus Jesus, „den Mittler zwischen Gott und den Menschen"2),
flößt uns für die Zukunft des Vaterlandes die größten Hoffnungen
ein, wofern nur diese Hingabe an das Erlöser-Herz des Herrn
standhält, sich ausbreitet und vertieft.
Ein neuer Abschnitt der Weltgeschichte bereitet sich vor.
Für die Gestaltung dieser neuen Zeit aber scheint, soweit die ka¬
tholische Welt und insbesondere das katholische Deutschland in
Frage kommt, der Herz-Jesu-Verehrung nach dem Plane der gött¬
lichen Vorsehung eine besondere Aufgabe beschieden zu sein. Da¬
für spricht der mächtige Aufschwung, den diese Andacht in den
letzten Jahrzehnten unter der unverkennbaren Leitung des heiligen
Geistes durch die Anregungen der Päpste Pius IX., Leo XIII.
«nd Pius X. genommen hat. Dafür sprechen die mächtigen Kund¬
gebungen, deren Zeugen wir vor kurzem gewesen sind. Dafür
sprechen auch die heilsamen Wirkungen, die wir aus diesen Kund¬
gebungen bereits geichöpft zu haben glauben.
Trotzdem mag es noch viele, besonders unter den Gebildeten
geben, die mit einer gewissen Scheu der Herz-Jesu-Verehrung
gegenüber stehen. Wegen der Vorurteile und Bedenken, die sie
gegen dieselbe hegen, können sie sich nicht enffchließen, eifrige
Verehrer des Herzens Jesu zu werden, obwohl sie sich durch
diese Unterlassung unschätzbarer Vorteile und wahren Seelenglückes
oerauben.
Alle diese Umstände haben mir bei der Wahl des Gegen¬
standes des diesjährigen Fastenhirtenbriefes die Empfehlung der
herz-Iefn-verehning geradezu aufgedrängt.
Möge die Sache selber für sich sprechen, möge die Betrachtung
des Wesens und des Segens der Herz-Jesu-Verehrung Euch für
riese heilige Uebung begeistern und etwa noch vorhandene Vor-
urieile und Bedenken in Euerm Geiste zerstreuen. Dement¬
sprechend soll unser Hirtenschreiben darlegen:
1) daß die Herz-Jesu-Verehrung in ihrem Gegenstand und
ihren Beweggründen aus den sichersten Grundlagen des Glaubens
und der durch den Glauben erleuchteten Vernunft beruht;
2) daß der Geist und die Uebung ver Herz-Jeju-Verehrung
ein besonders wirksames Heil- und Gnadenmittel ist gegenüber
ven religiösen und sittlichen Schäden und Bedürfnissen der gegen¬
wärtigen Zeit.
Geliebte Diözesanen!
1. Der eigentliche Gegen st and der Herz-Jesu-Verehrung ist
und bleibt die hochheilige gottmenschliche Person Jesu Christi, unseres
Herrn und Heilandes. Denn die Herz-Jesu-Verehrung ist, wie
schon der Name sagt, eine wahre und wirkliche Iesu-Verehrung,
— eine Jesu-Verehrung besonderer Art —, eine Jesu-Verehrung
die sein Herz ins Auge faßt, und zwar sein „Herz" im vollen
Sinn des Wortes. Mit dem Ausdruck „Herz Jesu" wollen wir
nämlich hier bezeichnen das Gemüt und Gemütsleben des Heilandes
in seinem weiteren Umfang. Dazu gehört seine heilige menschliche
Seele mit ihren geistigen und sinnlichen Fähigkeiten und Anlagen
samt den Tätigkeiten derselben, aber auch sein leibliches Herz aus
Fleisch und Blut, das von der heiligen Seele Christi belebt und
mit der Person Christi aufs innigste verbunden ist. Das „Herz"
also, von dem in der Herz-Jesu-Verehrung die Rede ist, bezeichnet
das gottmenschliche Gemüt und Gemütsleben des Herrn nach
seiner geistigen und leiblichen Seite, in seiner lebendigen Einheit
mit dein ganzen Christus.
Allerdings wissen wir alle, daß die Gemütsbewegungen des
Menschen nicht in dem leiblichen Herzen entstehen, denn Quelle
und Sitz derselben ist vielmehr die Seele mit ihren mannigfachen
Kräften und Anlagen. Aber unbeteiligt am Gemütsleben eines
Menschen ist das leibliche Herz denn doch nicht. Im Gegenteil:
das ganze Seelenleben des Menschen, insbesondere die Aeuße-
rurgcn seines Eemüte? üben, besonders wenn sie heftig find, einen
gewaltigen Einfluß auf das Herz aus und treten erst eigentlich
durch die Bewegungen und Veränderungen des Herzens in sicht-
bare und fühlbare Erscheinung. Weil nun das verborgene Ge-
ntütsleben des Menschen in seinem leiblichen Herzen gleichsam
sichtbar und fühlbar sich offenbart, deshalb erweitern wir den
Begriff „Herz" und faffen dann das seelische Gemüt mit dem
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leiblichen Herzen in einem Gedankenbild und unter einem Namen
zusammen. Dieser Denk- und Ausdrucksweise in bezug auf das
menschliche Herr bedient sich auch die bl Schrift an hunderten
von Stellen
Bei der Herz-Jesu-Verehrung wenden wir nun diese Auf¬
fassung des gewöhnlichen Lebens auf den göttlichen Heiland,
sein Gemüt und Gemütsleben an Und das mit vollen. Recht
Denn da er durch die Menschwerdung in allem — die Siinde
ausgenommen — uns gleich geworden ist, so ist auch sein
Gemüt und Gemütskeben dem unsrigen gleichgeartet. Auch sein
inneres Gemlitsleben mit seinen Aeußerungen wird durch die
Bezeichnung „Herz Jesu" uns am verständlichsten gemacht und
unierenl Jntereffe menschlich näher gerückt.
2. Bedarf es nun. geliebte Diözesanen, erst langer Beweise
dafür, daß das Herz Jesu in diesem dargelegten vollen, weiteren
Sinne unserer Verehrung höchst würdig ist?
Oder verdient dieses Herz nach seiner leiblichen Seite nicht
unsere Anbetung und Huldigung? Ist es nicht „im Sch oße der
jungfräulichen Mutter vom hl Geiste gebildet" und von
der hochheiligen Seele Christi durchdrrmge» und belebt ? Ist es
nicht „das Herz des Sohnes des ewigen Vaters" und
„mit dem Worte Gottes wesenhaft vereinigt"? Ist es
also nicht ein göttliches und darum aller göttlichen Ehre wlirdiges
Herz? — Und hat dieses leibliche Herz nicht besonderen Wert für
uns, da in ihm jenes kostbare Blut bereitet wurde, das als
Lösepreis für unsere Sünden floß? Hallten nicht in den Puls¬
schlägen dieses Herzens die edlen und heiligen, bald fteudigen,
bald schmerzvollen Gefühle wieder, die das Gemüt des Herrn
bewegten? — Trägt es endlich nicht in seiner offenen Wunde
allen sichtbar das immerwährende Siegel des vollbrachten Er¬
lösungswerkes?
Noch viel mehr aber verdient das Herz Jesu unsere besondere
Verehrung nach seiner geistigen Seite. Weil der himmlische
Vater an diesem Herzen sein Wohlgefallen hatte, stattete er es
aus mit den erhabensten Vorzügen, die je ein Menschenherz in
sich aufnehmen kann. Er verlieh ihm die heiligmachende Gnade
in ihrer ganzen Fülle, und dadurch jene überirdische, über¬
wältigende Schönheit, die, als sie vorübergehend auf Tabor-die
Hülle des Leibes durchbrach, die Jünger in Entzücken versetzte-
Nicht die geringste Makel, nicht der Hauch der Sünde vermochten
je diesen fleckenlosen Spiegel, in dem Gottes Bild erstrahlt, zu
trüben. — Dabei war dieses Herz wegen der seligen Anschauung
Gottes, die ihm seit der Menschwerdung zu teil geworden war,
ganz eingetaucht in das Wesen Gottes. Es schaute Gott von An¬
gesicht zu Angesicht, wie es nur den Seligm im Himmel beschieden
ist. Darum rufen wir in staunendem Entzücken aus: „H e r z I e s u,
heiliger Tempel Gottes, Zelt des Allerhöchsten,
erbarme dich unser!"
3. Was aber das Herz Jesu für uns zum Gegenstand unserer
ganz besonderen Verehrung macht, das ist die Erlöserliebe, die
der Heiland als Mensch seit dem ersten Augenblicke seines irdischen
Lebens in diesem Herzen zu uns getragen hat und noch fort¬
während trägt —, jene Erlöserliebe, die ihre höchsten Triumphe
gefeiert hat in seinem schmerzvollen, bitteren Leiden und bei Einsetzung
des hl. Sakramentes —, jene Erlöserliebe, die er im Himmel und
auf unseren Altären auch jetzt noch betätigt. Und; ist nicht
diese Liebe um so verehrungswürdiger, als der Heiland sie
uns erweist trotz des fortgesetzten Undankes der Menschen durch
die Sünde? Verdient diese Erlöserliebe überhaupt nicht die
höchste Verehrung, deren wir fähig sind, da sie selbst nach den
Worten des Jüngers der Liebe bis zum Nebermaß gegangen ist?
„Da er die Seinigen liebte, die in der Welt waren,
liebte er sie bis ans Ende/") Das ist jene Liebe, der wir
huldigen durch die Begrüßung: ,Herz Jesu, voll Güte und
Liebe, erbarme dich unser!" —
Dieser Erlöserliebe steht zur Seite das heiligste Tugend¬
leben. Wenn heilige Menschen verehrungswürdig sind ob ihres
Tugendstrebens, sollte da das Herz des Heilandes, des Heiligen
der Heiligen, nicht unserer besonderen Verehrung würdig sein?
In der Tat, wo gibt es ein Herz demüttger und sanftmütiger,
geduldiger und opferfteudiger, keuscher und reiner, feeleneifriger und
hingebender als Jesu Herz? Rufen wir nicht zu ihm in der Lftanei:
„Herz Jesu, du Abgrund aller Tugenden, erbarme dich
uns er?" — Achtet aber auf einen Umstand, der unsere Verehrung zu
diesem tugendhaften Herzen noch steigern muß: All' diese Tugend,
all' diese Heiligkeit steht wiederum im Dienste der erbarmenden
Erlöserliebe. Denn warum hat dieses Herz alle diese Tugenden
geübt? Gewiß, aus Hochschatzung der Tugend selbst, gewiß um
dem himmlischeu Vater zu gefallen, aber auch um uns dadurch
seine Liebe zu erzeigen. Er wollte nämlich durch die Uebung
aller Tugenden sich jene unermeßliche Fülle von Verdiensten er¬
werben, die nach dem Ratschlüsse Gottes nötig war, uns von der
Sünde zu erlösen und uns alle Gnadenmitte! zu erwerben, mit
deren Hilfe wir den Weg zum Himmel gehen kön^n. Er wollte
durch diese Tugendübung uns ferner auch die Art und Weise
lehren, die Pfade des Heils zu wandeln, und uns durch die
Schönheit seines Tugendlebens mst Begeisterung für die Nach¬
ahmung erfüllen. —
tz Wie sein Tugendleben, so hat der Herr auch die Schätze
seines gottmenschlichen Wissens seiner Erlöserliebe dienstbar ge¬
macht. Nur ihm war die Anschauung Gottes schon hier aus
Erden zu teil geworden. Auch ihrer hat sich seine Liebe bedient,
um uns zu beglücken, nämlich um uns die im Spiegel der götttichen
Wesenheit von ihm geschauten Wahrheiten und Geheimnisse kund
zu tun. Er selbst betrachtete diese seine Offenbarungen als Er¬
weis der Freundesliebe: „Euch habe ich Freunde genannt;
denn alles was ich von meinem Vater gehört, habe
ich euch kund getan."2) Wegen der Mitteilung der Schätze
seines Wissens preisen wir darum mit Recht das liebende Herz
Jesu, indem wir beten: „Herz Jesu, in dem alle Schätze
der Weisheit und Wissenschaft befchlofsen find, er¬
barme dich unser!" —
Sagt, geliebte Diözesanen, ist ein solches Herz nicht unserer
ganz besonderen Verehrung wert —, ein Herz, das fich aus Liebe
hinopfert für uns im Leiden und im heiligen Sakramente, um
das selbst sein Tugendleben und sein wunderbares Wissen in den
Dienst seiner Liebe zu uns stellt? So betrachtet, ist die Herz-
Jesu-Verehrung die Verehrung des Heilandes in seinem eigent¬
lichen Wesen, in seiner ganzen Größe und Erhabenheit. Denn
was gibt dem Menschen seinen wahren Wert, wenn nicht der
Charakter? Und was ist der Charakter anders, als das innert
Seelengepräge? Und was ist an einem Charakter erhabener als
Weisheit und Tugendaröße, die beseelt ist von der echten, selbst¬
losen Liebe, die sich mcht ihrer selbst erfreut, sondern alles, ^wa-
sie Großes und Edles besitzt, hingibt für die an-ern? Das Herz
Jesu verehren, heißt darum recht eigentlich Christum verehren
4. Ihr seht aber auch, geliebte Diözesanen, daß die Herz-
Jesu-Verehrung im Grunde genommen n i ch t n e u ist. Sie ruht ja
aus den Grundlagen des uralten Glaubens und der durch den
Glauben erleuchteten Vernunft. Ja, sie ist in der hl. Schrift selbst
grundgelegt. Es ist gewiß bedeutungsvoll, daß der hl. Johannes
in seinem Evangelium die Oeffnung der Seite und des Herzens
Jesu so ausführlich schildert und die Wahrheit dieser Tatsache
so kraftvoll bezeugt. Ja, er sieht in dieser Tatsache nichts Ge
ringeres, als die Erfüllung einer Weissagung, der Weissagum
nämlich, daß die Menschen einst zu diesem durchbohrten Herzen
aufblicken werden: „videbunt in quem transfisierunt.
sie werden aus den schauen, den sie durchbohr,
haben/")
Im Anschluß an diese Stelle des Johannes-Evangeliums
haben die großen Kirchenväter Chrysostomus^-.Cyrillus von
Alerandrien8) und Augustinus ft ihre tiefsinnigen Betrach¬
tungen angestellt über die Bedeutung des geöffneten Herzens für
das Leben' der Kirche und das geistliche Leben des Einzelnen.
Sind solche Gedanken der ehrwürdigen heiligen Männer, der
Väter unseres Glaubens, nicht in Wahrheit Herz-Jesu-Gedanken?
Ebenfalls im Anschluß an die erwähnte Stelle bei Johanne« haben
die großen Lehrer des geistlichen Lebens im Mittelalter, besonders
der hl. B 0 n av e n t ur a ft, sich begeistert für die Person unseres Herrn
und in seinem Herzen ihre Zufluchtstätte gesucht vor den mannig-
fachen Versuchungen und Gefahren dieses Lebens, und am Herzen
Jesu ruhend haben sie sich versenkt in den Abgrund seiner Liebe
und Erbarmung.
Und wollen wir auf bief lieben Heiligen unseres deutschen
Volkes sehen, sind es nicht Gertrud die Große«) und Mech-
t i l d i s ft, deren Schriften eine so zarte Andacht zum göttlichm Herzen
Jesu atmen? Und hat nicht der selige Petrus Canisius, als
er am Grabe des Apostelfürsten in der Peterskirche in Rom kniete,
im Begriffe nach Deutschland zu ziehen und sein Leben dem Heile
unseres Volkes zu widmen, dem göttlichen Herzen Jesu sich und
sein apostolisches Werk geweiht? Diese großen deutschen Heiligen
haben ihre Herz-Jesu-Verehrung geschöpft ans der Betrachtung
des durchbohrten Herzens, von dem St.Johannes uns erzählt.—
Seht da, wie die Herz-Jesu-Verehrung im Glauben be¬
gründet ist. Es bedurfte also nicht der Offenbarungen an die
selige Margarete Maria Alacoque, um diese Uebung erst
bekannt zu machen, geschweige denn zu begrktnden. Die Kirche
hat deshalb bei Einfiihrung der öffentlichen Verehrung des Hebens
Jesu und des Herz-Jesu-Festes nicht Bezug genommen auf diese
Offenbarungen an die Selige, sondern die Berechtigung und die
Vorzüge dieser Andacht einzig aus den Glaubensquellen dar
gelegt. Freilich hat die Kirche später diese Offenbarungen nach
eingehender Prüfung anerkannt und gutgeheißen. Sie bilden
darum jetzt, nachdem die Kirche über sie ihr Urteil abgegeben
hat, eine Bekräftigung für die Glanbensgemäßheit dieser Ver¬
ehrung u. eine zuverlässige Anleitung für die rechte Uebung derselben.
Ist die Herz-Jesu-Verehrung also wirklich, wie man ihr vorhält,
eine bloß von stammen Seelen ausgedachte, äußerliche, für Männer
ungeeignete, dem deuffchen Charakter weniger entsprechende Andacht ?
Nach unseren Erwägungen wisset ihr, was auf diese Bedenken zu
antworten ist. Die Verehrung de« göttlichen.Herzens Jesu ist
vielmehr eine ans den Glaubenslehren ruhende, ttefinnerliche
grundkatholische Andacht. Darum paßt ste für alle Katholiken.
Männer wie Frauen, Gebildete und Ungebildete, Reiche und
Arme, Deutsche und Nichtdeutsche. Möge darum auch niemand
zögern, diese Verehrung im rechten Geiste zu üben und so „in
Freude die Wasser der Gnade zu schöpfen ans den
Quellen des Heilandes"?)
II.
Geliebte Diözesanen!
1. In welchem Geiste, mit welchen Gesimiungen sollen wir
nun die Herz-Jesu-Verehruug betätigen? — Der rechte Geist, die
rechte Gesinnung eines Herz-Jesu-Verehrers sind: Gegenliebe
zum Heiland, die sich zeigt im aufrichtigen Streben nach inner¬
licher Verähnlichung mit ihm, und die sich gedrängt fühlt,
der mißkannten und beleidigten Liebe des Herrn Abbitte und
Sühne zu leisten.
Muß die Grundstimmung, gleichsam die Seele'der Herz-Jesu-
Verehrung nicht die Liebe zum Heiland sein, und zwar eine
innige, dankbare, großmütige, opserbereüe Liebe? Denn fürwahr,
wer das Herz Jesu verehrt, der bleibt bei einer vorübergehen,
den kalten Betrachtung seines Lebens, seiner Worte und Reden,
seiner äußeren Werke und Leiden nicht stehen. Es drängt ihn,
in der Seele Jesu die innersten Absichten zu lesen, aus denen
sein ganzes Äußeres Leben hervorging. Er will die Gedanken
und Gefühle kennen lernen, die seinen „anmutsvollen Worten"")
ihren unwiderstehlichen, göttlichen Reiz verliehen. Und was offen¬
bart sich da dem sinnenden Geiste des Herz-Jesu-Verehrers? Ein
Abgrund unermeßlicher, ielbstloser, wohlwollender Liebe, die sich
selbst entäußert hat, um die Menschen zu beglücken. — Wer das
Herz-Jesu verehrt, ver sieht aber auch das Verlangen des Herrn,
mit uns in innigster Freundschaft zu leben, die Sehnsucht nach
unserer Gegenliete —, der vernimmt die Mahnung, ja die
flehende Bitte: „O gib mir, mein Sohn, meine Tochter/
dein Herz!"") „Setze mich wie ein Siegelring auf
!t
') Joh. 19,37. — ft In loann. kom. 84. — ft ln Ioann. üb. 12. tä
<-ap. 19. — ft ln Ioann. tract. 120. n. 2. — J) De ligno vitae, it- 30. %
Vitis myst. c. 3. au. 2. sqq. — ft Legatus äivinae nielatis snib Exer%
citia spiritualia. — ft Liber specialis gratiae. — ft' Js. 12,3. — ft LMr
1, 22. — -ft SrTrüchw. 3, %.
') yoh. 13,1. - ft Aoh. 15,15.