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vsmerrlag. den 4- MSrz sys5.
Fuldaer Zeitung
2. Blatt.
vr«S der gxlftacr »tliendruüerei k»
M Schwarzbrot — Weitzbrot.
Es wfich alle diejenigen, welche mit den kom¬
plizierten Aufgaben unseres Getreideverbrauchs im
Krieg« keine nähere Fühlung haben, in Erstaunen
fefeen, daß auf Grund einer neuen Bundesratsver-
ordnung vom 18- Februar 1915 die strengen Be.
stimmungen über den Verbrauch von Wei.
z e n m e h l,. nämlich die Mischungsvorichriften,
wieder etwas gemildert worden sind. Es foC
nunmehr den Landes-Zentralbehörden oder den von
ihnen bestimmten Behörden erlaubt sein, vorüber-
gebend und im Falle eines dringenden wirtschaft¬
lichen Bedürfnisses den Mühlen die Abgabe von Mehl
in anderen Mischungen, als sie bisher das Gesetz
vorschrieb zu gestatten, und den Bäckern wird unter
denselben Voraussetzungen gestattet, Weizen-
me h l zu verwenden, das weniger als 30 Prozent
Roggenmehl aus hundert Teile des Gesamtgewichts
enthalt.
Auch die wirtschaftlichen Strategen müssen auf
Anpassung, auf Beweglichkeit sehen,' wenn sie nicht
festrcnnen sollen. Auf keinem Gebiete sind bisher
vie Eingriffe einschneidender gewesen, alz auf dem
Gebiete der Getreideversorgung und des Getreide¬
verbrauchs. Und doch ist gerade die Getreideversor¬
gung Deutschlands das Netz mit den meisten Mw
sehen, das unübersehbarste Gebiet aller Wirtschafte
zweige. Angesichts der Tatsache, daß wir im Frie¬
den etwa ein Drittel unseres Weizenbedarfs ein-
sühren, war der erste Gedanke: Mehr Roggenbrot
essen und soviel Weizen sparen, wie wir kön-
nen, um einigermaßen ein Gleichgewicht zwischen
den Beständen beider Vorräte zu erzielen, um zum
Schluß des Erntejahres nicht völlig auf das Wei-
zenmehl verzichten zu müssen. Die Sparvorschrif¬
ten, der starke Verbrauch von „K"-Brot. das Kom-
rmßbrot der eingezogenen Mannschaften, der patrio¬
tische Beigeschmack, den plötzlich das schwarze Brot
erhielt, all das hat bewirkt, daß heute die Gefahr
der Weizenknappheit, wenn auch nicht be¬
hoben, so doch geringer erscheint. Nun kommt
aber vor allem hinzu, daß einzelne Städte und Be-,
tzirke von vornherein mehr Weizen- als Roggenmehl
aufgestapelt haben; diese kamen durch die strengen
Mifchdorschristen, besonders seit der Beschlagnahme
allen Getreides, in eine schwierige Lage. Auf der
einen Seite konnten sie die für die Herstellung von
Kriegs-Weißbrot notwendigen Quantitäten Roggen¬
mehl nicht ohne weiteres beschaffen, auf der anderen
Seite hatte die Bevölkerung bereits angefangen, sich
vom Weizenbrot abzuwenden und dem Schwarz-
(Roggen-)Brot eine vom Patriotismus eingegebene
Vorliebe zu bezeugen. Bei den ungeheuren Schwie¬
rigkeiten, solche Ungleichheiten der örtlichen Vorräte,
besonders im Kriege, durch Verschiebungen auszu¬
gleichen, hat man es nun für nötig befunden, hier
unter gewissen Voraussetzungen Erleichterungen zu
schaffen. Wo diese Erleichterungen eintrcten, wer¬
den die Konsumenten sich sagen müsien, daß es sich
um eine Rücksichtnahme auf besondere Verhältnisse
handelt. Vielleicht ist auch diese Maßnahme nur
vorübergehend. Wo man wieder etwas mehr wei¬
ßes Brot essen darf, da tue man es; das Gebot,
überhaupt so wenig Brot wie möglich
zu essen, wird ja davon nicht berührt, ob einml
„schwarz" oder ein anderesmal „weiß" in der Ent¬
wickelung unsere Browerbrauchs im Kriege etwas
stärker bevorzugt werden.
Eine weitere Beschränkung
des Brotverbrauchs
kündigt die „Nordd. Allg. Ztg." folgendermaßen an-
Am 9. Februar 1915 hatte die ReichsverteilunqS-
stelle vorläufig den Betrag von 225 Gramm
Mehl auf den Kopf und Tag im Deutschen
Reiche festgesetzt. Jnzwischeu haben zahlreiche Kom¬
munalverbände die Regelung der Brotversorgung in
ihrem Bezirk durchgeführt und haben hierbei teil¬
weise, wie Frankfurt a. M., einen Satz von 200
Gramm zugrunde gelegt, der nach den Untersuchungen
namhafter Hygieniker im Durchschnitt als zureichend
anzusehen tft. Einzelne Bundesstaaten, wie Württem¬
berg, haben für ihr ganzes Land einen Satz von
AX) Gramm vom 10. März 1915 an bestimmt Die
Ermrttelung der Getreide- und Mehlvorräte vom
1. Februar 1915, deren Ergebnisse nunmehr vorliegen.
wurde an s,ch eine Beibehaltung des Mehlsatzes
I» einem Karpathen-Hauptquartier.
. 25. Februar 1915.
Ein Gebirgsnest hoch droben in den Karpathen an
der Straße und der Bahn, die auf den Uzsoker Patz füh¬
ren. Ein paar ärmliche Hütten, in das Tal hinein¬
gezwängt, zwei, drei kleine Ziegelhäuser, die Pracht-
gebäude deS Ortes. Im größten — es hat sechs Zim¬
mer. will sagen, sechs kleine niedrige Löcher, hat sich
Feldmarschalleutnant Szurmay mit seinem Stabe ein¬
quartiert. Im Hofe stehen die Automobile, kümmer¬
lich zugedeckt mit dicken Kotzen, denn so ein Maschinen¬
wesen ist gegen Kälte und Regen genau so empfind-
lich wie ein Pferd; in einer offenen Scheune hinter dem
Hause stehen die Pferde des Stabszuges. Ein Brun¬
nen ist da, einer der wenigen im ganzen Tale, und ein
fortwährendes Gehen und Kommen herrscht im Hofe,
unaufhörlich rasselt die Kette des Brunnens hinunter
und hinauf, Meldereiter traben herein, die Offiziere
der durchmarschierenden Truppen kommen, um sich im
Hauptquartier zu melden, österreichisch-ungarische und
deutsche, denn auf der Uszockerstratze marschiert Batail¬
lon um Bataillon, rollt Train um Train zu der auf
galizischem Boden kämpfenden Front. Aber kein lau¬
tes Wort ist in all dem Trubel zu hören, denn drinnen
im Hause arbeitet der Generalstab.
Ein kleiner, ganz kleiner Vorraum. Da hinein
pressen sich die Offiziere und Unteroffiziere, die sich
beim Stabe zu melden haben. Wartet. einer immer
auf den andern, bis der „drinnen" fertig ist. Denn
drinnen ist nicht viel Platz. Zwei lange, roh gezim¬
merte Tische stehen da cm den Wänden mit Bänken da¬
vor, und die verschiedenen Refforts haben auf ihnen
ihre „Kanzleien." etabliert. Am Ende des einen Tisches
sitzen die beiden Jntendcmzcyefs mit ihren Karten und
Skizzen. Oberintendant Fabinyi und Intendant Holn-
donner, zwei vielgeplagte, vielbeschäftigte Leute, die eine
ungeheure Verantwortung auf ihren Schultern haben,
denn sie haben dafür zu sorgen, daß die ^ruppen auch
immer ordentlich zu effen bekommen. Und das ist in
einem Terrain, das nur eine Straße und eine Bahn hat,
keine leichte Aufgabe. Exzellenz Szurmay ist scharf da¬
hinter her, daß bei der Verpflegung alles uappt — und
cs klappt auch alles.
Nicht weit, an der anderen Ecke des Tisches, hat sich
Per Sanfturschef der Armeegruppe installiert. Dort hat
von 225 Gramm rechnerisch zulafsen. Es erscheint
aber geboten, nicht alle verfügbaren Getreidemengen
bis zur nächsten Ernte aufzubrauchen, sondern für
eine angemessene Rücklage zu sorgen. Dann
werden wir für alle Zufälligkeiten gerüstet sein und
bei Beginn deS neuen Ei jahreS noch über so viel
Vorräte verfügen, daß s^ der Uebergang in die
neuen Verhältnisse ohne Störung vollzieht. Um diese
Rücklage sicherzustellen, hat die Reichsverteilungsstelle
beschlossen, künftig allgemein im ganzen Deut¬
schen Reiche den Tageskopfbetrag auf 200
Gramm Mehl zu bemessen. Die Kommunalver¬
bände werden sofort die erforderlichen Einrichtungen
zu treffen haben, um die Brotversorgung ihrer Be-
völkerungnach diesem Satz zu regeln, damit spätestens
am 15. März die Neuordnung überall durchgeführt
ist. Sie werden hierbei auf die Verschiedenheit
der Bedürfnisse ihrer Bevölkerung Rücksicht
nehmen können und beispielsweise an Kinder
unter einem Jahre keine Brotkarte oder an
Kinder bis zu einem gewissen Alter nur eine halbe
Brotkarte ausgeben und dafür im Ausgleich An¬
gehörigen bestimmter Berufe, die durch ihre
Lebens- und Arbeitsgewohnheiten in besonderem
Maße an Brotnahrung gewöhnt sind, eine reich¬
lichere Menge zuweisen können. Die Notwendig¬
keit dieser Einschränkung im Getreideverbrauch unseres
Volkes wird allgemein anerkannt werden, denn sie
beseitigt gründlich die Sorge, daß wir mit unseren
Vorräten nicht zureichen könnten, und sichert die
Bolksernährung in zureichender Weife gegen alle
Zufälligkeiten.
Beschlagnahme der Wolle.
Das Stellvertretende Generalkommando des 18.
Armeekorps bringt nachstehende Verfügung zur all¬
gemeinen Kenntnis mit dem Bemerken, daß jede
Uebertretung, sowie jedes Anreizen zur Uebertretung
der erlassenen Vorschrift bestraft wird:
DaS Wollgefälle der deutschen Schaf¬
schur 1914 15, gleichviel, ob sich dasselbe bei den
Schafhaltern, an sonstigen Stellen, oder noch auf den
Schafen befindet, sowie das Wollgefälle bei den
deutschen Gerbereien wird von heute ab für
die Zwecke der Heeresverwaltung in vollem Umfang
beschlagnahmt und der Weiterverkauf verboten.
Desgleichen ist verboten jedes andere Rechtsgeschäft,
welches eine Veräußerung der Wollgefälles zur Folge
hat. Verboten ist außerdem das Scheren der
Schafe zu einer früheren, als der in anderen Jahren
üblichen Zeit. Die Wolle hat an dem Ort« zu ver¬
bleiben, wo sie sich im Augenblick dieser Beschlag¬
nahme-Verfügung befindet. Soweit sich die Wolle
am Tage der Bekanntmachung bereits in den Be¬
trieben und eigenen oder gemieteten Lagerräumen
von Fabrikanten, die Heereslieferung auszuführen
haben, befindet, ist die Weiterverarbeitung gestattet,
sofern Wolle nachweislich zu Heereslieferungen ver¬
arbeitet wird. Vorschriften über die Verwendung
der beschlagnahmten Wollbestände erfolgen in kurzer
Zeit durch das Königlich Preußische Kriegsministerium
und werden öffentlich bekannt gemacht.
Militärische Beurlaubungen
zu landwirtschaftlichen Krühjahrsarbeiten.
Die Gesamtvorstandsschaft der christt. Bauern¬
vereine hat die Militärbehörden in einer Resolution
ersucht, bei Einberufungen und Beurlaubungen
Rücksicht darauf zu nehmen, daß für die Frühjahrs-
bestcllung der Felder Arbeitskräfte der Landwirt-
Wirtschaft zum Test mangeln. Das bayerische Kriegs¬
ministerium führt in seinem Bescheid auf diese
Wünsche aus, daß ihnen in vollem Umfange nicht
Berücksichtigung zuteil werden könne, daß aber, so.
writ möglich, der Landwirtschaft Entgegenkommen
werde gezeigt werden. Insbesondere soll bei wei¬
teren Einberufungen darauf Rücksicht genommen
werden, daß landwirtschaftliche Kräfte dem Lande
nicht n,ehr entzogen werden, solange nicht die Früh¬
jahrsfelderbestellung der Hauptfach« nach erfolgt ist.
In einzelnen Fällen werden die Bezirkskommandos
auch zur Rückgängigmachung von Einberufungn er-
mächngt. Bei Landwehr oder Landsturm stehende
Landwirte und landwirtschaftliche Arbeiter, soweit sie
ich im Jnlande oder bei immobilen Formationen
>ef'nden, sollen bis zu vier Wochen beurlaubt werden
können. Nur garnisondienstfähige Mannschaften
aus der Landwirtschaft sollen nach Möglichkeit
Standorten zugesührt werden, die dem Wohnsitz nahe
er seine Kanzlei, bestehend ans einem schmalen Fleck auf
dem Tisch und einem Sitz auf der Bank. Auch er hat
eine große Verantwortung auf sich, denn wie der Jn-
tendanzchef dafür zu sorgen hat, daß Munition und
Lebensmittel zu den Truppen hinauf-, so muß er dafür
sorgen, daß die Verwundeten von ihnen herunter kom¬
men, daß überall Verbandplätze und Feldfpitäler sind,
die den armen Verwundeten den Weg tn da» Hinter¬
land erleichtern sollen. Oben liegen bleiben — das be¬
deutet den Tod für jeden Verwundeten; sie müsien also
ö schnell wie möglich hinunter. Und sie kommen auch
o schnell wie möglich herunter.
In dies«, beiden .Kanzleien", der Intendanz. und
der Sanitätskanzlei, herrscht reger Betrieb. Zu den
Herren mit dem roten Samtkragen (dem Intendanten)
schiebt ein Trainoffizier nach dem andern herein, der
meldet, daß er zu wenig Portionen Brot ausgefaßt
habe, der, daß ihm drei Pferde auf dem Marsche um-
gestanden sind — sie alle wollen Weisungen, Befehle,
Dazwischen laufen unaufhörlich Depeschen ein, von den
Gruppen an der Front, vom Armee-Etappenkommando,
— die alle gleich beantwortet, gleich erledigt werden
müssen, denn im Kriege gehen die Uhren doppelt so
chnell. Beim Sanitätschef, dem Mann mit dem schwar¬
zen Samtkragen, geht es ebenso heiß zu. Mündliche,
chrsiuiche, telegraphische, telephonische Meldungen jagen
eine die andere. Und eine ist natürlich dringlicher als
die andere. Mir wurde durchs Zuschauen allein schon
chwindlig.
In der Mitte des Tisches befindet sich eine 'dritte
Kanzlei; hier hausen die Sappeuroffiziere, die die Be-
estigungen und die Unterstände für die Truppen an¬
zulegen haben. Dort nämlich, wo der Kampf, wie gegen¬
wärtig in der Duklasenke und am Uszokerpaffe, den
Charakter eines Stellungskrieges annimmt, wo also mit
einer schnellen Vorrückung nicht zu rechnen ist, muß
man dafür sorgen, daß die Truppen, die ja die furcht¬
barsten Strapazen zu überwinden haben, wenigstens in
den Stunden, in denen sie ein bißchen Ruhe haben, vor
Kälte und Näsie geschützt werden. Wenn eine Stellung
bezogen wird, so graben sich die Soldaten mit ihren
Spaten selbst, so schnell und so gut eS geht, ihr« Schützen¬
gräben und Erdhöhlen, aber dann müssen die Sap¬
peure kommen und ihnen aus Bohlen gut zu heizende
Hütten bauen. Dieser Krieg, der ohnedies so sehr die
Gesundheit der Kämpfer verbraucht, hat uns gelehrh
auch auf Sand, Schnee und Wasser gut zu bau«U
liegen, um eine Arbeit in ihren Betrieben au dienst¬
freien Tagen zu ermöglichen. Ferner sollen durch
das Ministerium des Innern di« Gemeindcverwal«
tungen veranlaßt werden, daß sie alle Gesuche um
Zurückstellung noch nicht einberufener und um Be¬
urlaubung schon dienender Mannschaften der Ersatz¬
truppenteile den Zivilvorsitzenden der Ersatzkommis¬
sion vorlegen. Außerdem schweben noch Erhebungen
darüber, inwieweit die Heranziehung von KriegsAe-
fangenen zu landwirtschaftlichen Arbeiten sich ermög¬
lichen läßt. |_
-X- Anbau von Frühkartoffeln
und FrühgemMe.
Ter umfangreiche Anbau von Frühkartoffeln und
Frühgemüse ist deshalb besonders geeignet, einer
etwa eintretenden Knappheit an Brotgetreide vor¬
zubeugen, weil die Erzeugnisse gerade in den der
neuen Ernte unmittelbar vorausgehenden Monaten
Juni, Juli'und August anfallen. Es werden daher
diese .Kulturen nicht nur der eigentlichen landwirt¬
schaftlichen Bevölkerung, sondern auch allen Be¬
sitzern von Gärten, Hausgrundstücken nsw. drin¬
gend empfohlen. Hierbei werden folgende Gesichts¬
punkte zu beachten sein:
Sür die Bolksernährung kommen in erster Linie
etracht: Frühkartoffeln, Rüben, Möhren (Ka¬
rotten) und Hulsensrüchte aller Art, wie Erbsen,
Puffbohnen und Buschbohnen. Dabei kommt cs be¬
sonders darauf an, daß diese Erzeugnisse möglichst
früh zum Verbrauche bereitstehen. Es empfiehlt sich
daher, durch entsprechende Behandlung des Saat¬
gutes ein recht frühes Austreiben der
Pflanzen zu bewirken, da ein verlorener Tag
bei der Pflanzung eine um eine Woche spätere Ernte
zur Folge haben kann.
Bei Frühkartoffeln kann die Ernte eine Woche,
ja einen Monat früher erfolgen, wenn die Saatkar-
tofseln vorher angetrieben werden. S.ie werden zu
diesem Zweck schon von Ende Februar an in nicht
zu hoher Schichtung in Kästen oder Körben im
Stalle oder in warmen Räumen des Hauses aufge¬
stellt. Wenn die Keimtriebe die Länge von y2 bis
1 Zentimeter erreicht haben, werden die Knollen in
den Boden gebracht und mit einer dünnen Erdschicht
bedeckt; wenn die ersten Blätter so frühzeitig vor¬
treiben, daß sie noch von Spätfrösten gefährdet wer-
den könnten, werden sie leicht mit Erde bedeckt. Die¬
ses Verfahren empfiehlt sich nicht nur für die eigent¬
lichen Frühsorken, sondern auch für die mittelfrühen
und späteren. Die Erträge werden wesentlich
gesteigert, wenn der Boden mit verrottetem
Stalldünger oder Kompost gedüngt wird.
Kohlrüben, Speiserüben (weiße Rüben), rote
Rüben (Beta) und Möhren eignen sich ebenfalls zur
Erzeugung von Frühgemüsen. Die Kohlrüben wer¬
den in warmgelegenen Gartenbeeten, Mistbeeten
oder Treibkästen ausgesät und später ins freie Land
ausgepflanzt, die Speiserüben in Reihen ausqesät
und später vereinzelt. Die Samen der roten Rü¬
ben und Möhren erfordern lange Zeit zur Keimung,
sie werden deshalb vor der Saat in Gesäßen unter -
Beimischung von Sand feucht gehalten und an war¬
men Orten aufgestellt. Sobald die Keime hcrvor-
hrechen, werden die Samen dankt in das Land aus¬
gelegt. Der Möhrensamen wird zweckmäßig vor dem
Anfeuchten durch Reiben zwischen den Händen von
den an den Samen befindlichen Stacheln befielt-
Die Hülsenfrüchte sind wegen des hohen
Eiweißgehaltes sowohl der grünen als der trockenen
Früchte besonders werwoll, sie sollten daher überall
dort, wo ein Fleckchen Land zur Verfügung steht,
anaebaut werden und zwar trotz des augenblicklich
recht hohen Preises des Samens. Sie machen an
den Boden sehr geringe Ansprüche und wachsen un¬
ter Verwendung von etwas Komposterde oder einer
kleinen Gabe von Kalk, Kali und Thomasmehl auf
ganz leichtem Sandboden. Frühe Erbsen und Puff-
bohnen (dicke Bohnen) werden in Kästchen mit Sand
vorgekeimt und im März ins freie Land gebracht.
Teckmaterial zum Schutz gegen Spätfröste muß na¬
türlich zur Hand sein. Mit Buschbohnen wird
ebenso verfahren; sie dürfen aber erst Ende Apnl
ausgepflanzt werden. Gerade der Anbau der Busch-
bahnen muß dringend empfohlen werden, da sie ne-
bcn fiischem auch zur Konservierung sehr geeignetem
Gemüse schließlich zur Ernte trockener weißer Boh¬
nen stehen bleiben können. Ein Zuwachs an den
nahrhaften trockenen Hülsenfrüchten ist aber beson¬
ders erwünscht.
Diese drei wichtigen Refforts amtieren also an dem
einen Tische des Zimmers. Der andere ist der Er¬
holung gewidmet. Dort bringen die Ordonnanzen heißen
Tee und schwarzen Kaffee. ' Jeder Offizier, der ab¬
gefertigt worden ist, erhält hier, bevor er sich auf den
Weg macht, einen wohltuenden Labetrunk, und Deutsche,
Oesterreicher und Ungarn sitzen da in fröhlicher Kame¬
radschaft beisammen. Im Zimmer nebenan aber — ist
die Operationskanzlei. In der Mitte dieses Raumes
steht der große Tisch des Generakstabchefs. des Majors
Reder, und rings an den Wänden und vor den Fen¬
stern reiht sich Platte an Platte mit den Karten, auf
denen jede Meldung sofort eingezeichnet wird. Hier ar¬
beitet das Gehirn der Heeresmacht, die die Russen am
Uzsokerpaß herunterjagte.
In den beiden kleinen Zimmerchen recht» und links
vom Vorraum sind die Telefon- und Telegraphenappa-
rate untergebracht, deren Drähte die Nervenstränge die¬
ses Gehirns sind. Im rechten Zimmer sind die Tele¬
phone, die einerseits mit den Kommanoen vorn an der
Front und andererseits nach rückwärts mit den Etap¬
pen- und FaffungSstationen die Verbindung Herstellen.
Ost wird an zwei, drei Apparaten zugleich gesprochen,
und da zu verstehen und sich selbst verständlich zu machen,
ist wahrlich eine große Kunst. Im anderen Zimmer
sind das Staatstelephon und die Telegraphenapparate
aufgestellt. Mit dem Staatstelephon kann man über
eine gewiffe große Zentralstation im Hinterlande mit
dem Armeekommando und mit dem operierenden Armee¬
oberkommando sprechen, ja man kann sich jederzeit mit
Wien und Budapest verbinden. Private Gespräche sind
natürlich ausgeschlosien; hat auch keiner Zeit, fünf, sechs
Kilometer vom Feinde cm seine privaten Angelegenhei-
ten zu denken.
So wird an jedem Plätzchen des kleinen Hauses eifrig
gearbeitet. Der Abend kommt, lange Schatten gleiten
ins Tal, verdunkeln die kleinen Zimmer. Ordonnanzen
erscheinen und bringen Kerzen, die in Flaschenhälsen
lecken; eine andere Beleuchtung gibt es nicht, da das
Petroleum ein gar zu kostspieliger Artikel ist. Langsam,
langsam nimmt der Strom der Meldungen ab. Inten¬
dant, Sanitätschef und Ingenieur schließen ihre Büros,
packen ihre Karten und Papiere in ihre umfangreichen
Aktentäschchen und zünden sich eine Erholungszigarette
an. Der Menageoffiizer übernimmt nun das Kom.
mando; die Fenster werden geöffnet, um frisch Luft
ßereinzülasien. Die Tisch« werden gedeckt.
Der Anbau von Frühgemüse har den Vorteil,
daß in den meisten Gegenden noch eine zweite
Frucht gebaut werden kann: hierfür kommen Haupt,
sächlich rote Rüben und Grünkohl und für die Aus¬
saat noch im August Speiserüben (weiße Rüben) in
Betracht.
Lokales.
Fulda, 4. März 1915.
# Auszeichnung. Dem Oberpostschaffner. Ja-
ger in Hanau wurde das Allgemeine Ehrenzeichen
verliehen.
(*) Verbesserungen in der vierten Wagenklasse.
In den auf den Hauptstrecken verkehrenden Eisen¬
bahnzügen sind neuerdings die Personenwagen vierter
Klasse noch mitweiterenSitzbänken ausgerüstet
worden, die in der Mitte der Wagen Aufstellung ge¬
funden haben. Diese Verbesserungen werden vom
reisenden Publikum lebhaft begrüßt werden.
* In letzter Zeit sind Postkarten und Briefum-
schlage in den Handel gekommen, die nach Form und
Aufdruck geeignet sind, den Anschein zu erwecken, als
ob sie p o st a m t l ich ausgegebcn seien. In der rech¬
ten oberen Ecke tragen sie "den Wertstempel der bei
den deutschen Postäinterir in Belgien vertriebenen
Freimarken. Auf der linken Hälfte der Vorderseite ist
das Reich-wappen abgebildet mit der Angabe
„Deutsch-Belgien". Tie Karten tragen außerdem die
Ueberschrift „Erinnerungs-Postkarte", die Umschläge
den Vermerk „In memormn/. Diese Karten und
Marken sind nicht von der Reichspostverwaltung, son-
dern von der Privatinduslrie hergesrellt und in den
Verkehr gebracht worden. Ihre Beförderung mit
der Post ist nicht gestattet.
X Ein Prachtexemplar eines etwa 3jährigen
Fahrochsen erregte heute auf dem Viehmarkt das
allgemeine Interesse der Händler. Das junge Tier
hatte das ansehnliche Gewicht von 17 Zentner und
wurde von seinem Besitzer in Finkenhain (Rhön)
zum Preise von 1050 Mark zum Verkauf angeboren.
Äus dem Nachbargebiet.
V Vom Lande, 3. März 1915, wird uns geschrie-
ben: Die Kriegsanleihe ist aufgelegt und soll
wie die erste möglichst eine Volks anleihe werden,
d. h. die „kleinen Rentner" sollen sich mit 100, 200,
500 Mart' in möglichst großer Zahl beteiligen. Das
wäre auch bei dem großen Entgegenkommen der Spar¬
kaffen, Darlehnskassen und Banken, die aus vaterlän¬
discher Gesinnung möglichst von der Kündigungsfrist
absehen, wiederum zu erreichen, wenn nicht ein gro¬
ßes Hindernis entgegenstände. Die kleinen Kapita¬
listen, die bei der ersten Kriegsanleihe vielleicht zum
erstenmal ein Staatspapier kauften, haben dieses bis
herite nochnichtinHänden. Das dauert ihnen
viel zu lang, sie sind sttitzig durch die Redensarten an-
zu derer geworden wiederum zu zeichnen, und die Trä¬
ger bei der ersten Zeichnung sagen, wir hatten Recht
zu zögern und tuen auch jetzt nicht mit. Die Be¬
hörden, welche sonst so trefflich die Bolkssfimmung
beachten und berücksichtigen, haben sicherlich keinen
glücklichen Griff getan, daß sie die zweite Anleihe zur
Zeicknung auflegten, ehe die Stücke der ersten in Hän¬
den der Zeichner sich befanden. Die Reichsbank hat
es durch die umgehende Aushändigung
derStücke an Hunderttausende von kleinen Zeich¬
nern noch in der Hand, die zweite Anleihe wieder¬
um zu einer Volks anleche zu machen.
e Pilgerzell,3. März 1915. Die Gefreiten Friedrich
Wagner und Joseph Möllen von hier wurden
auf dem östlichen Kriegsschauplatz zu Unteroffizieren
befördert.
--- Pfaffenrod, 3. März 1915. Den Heldentod
fürs Vaterland starb am 5. Februar infolge eines
Kopfschusses der Reservist Andreas Bilz von hier
im Reserve-Jnfanterie-Regiment. Nr. 88 bei einem
Sturmangriff auf Höhe 191 bei Cernay.
* Aus dem oberen Vogelsberg, ,2. März 1915.
Der Winter ist wieder mit aller Strenge bei uns
eingekehrt. Der Schnee liegt 30 Zentimeter hoch.
Stellenweise hat der starke Wind meterhohe Schnee¬
wehen anigehäuft. Es herrscht starke Kälte.
„r" Motten, 2. März 1915. Aus unserer Ge¬
meinde, die etwas über 500 Seelen zählt, sind 80
Mann ins Feld gezogen. Fünf sind gefallen: Franz
Bös, Karl Möller, Feldwebel Anton Fuchs,
Philipp storch und Joh. Helmer. Verwundet
sind 14 Mann, darunter mehrere schwer. Dem Ge¬
freiten Karl Helfrich, der 42 Schlachten mitgemacht
Inzwischen ist Exzellenz Szurmay, der jeden Tag bei
seinen Truppen cm der Front ist, zurückgekommen. Sein
erster Weg geht natürlich in die Operationskanzlei, wo re
alle Meldungen, soweit sie ihm nicht bereits nach vorne
übermittelt wurden, entgegennimmt und darnach seine
Anordnungen für den nächsten Tag gibt. Der General-
stab arbeitet die Einzelheiten aus, und dann geraten die
Telephonapparate wieder einmal in fieberhafte Tätig¬
keit, bis jede Truppe ihre Befehle erhalten hat.
Endlich, endlich ist auch dieses Geschäft erledigt;
endlich können General und Generalstab auch ein bi߬
chen an sich denken. Man seht sich zu Tische, und dam¬
pfend füllt die Suppe die Teller. Echtes Soldatenmahl.
Eine Suppe, ein Stück Fleisch und Gemüse, Obst und
schwarzer Kaffee. Hie und da hat der Menageoffizier
Anfälle von Verschwendungssucht, — dann setzt er sei¬
nen Kostbefohlenen Mohnnudeln oder gar Apfelstrudel
vor. Jedoch allzu sehr verwöhnen tut er sie nicht, denn
er muß genau so reckinen wie die kleinste HauSfiau in
Wien oder St. Pölten. O Gott, und weißes Mehl ist
am Uzsokerpaß noch viel seltener als daheim. Die Suppe
aber ist kräftig, das Fleisch gut, das Gemüse schmack¬
haft — und vor allem die Laune am besten. „Wir wer¬
den sie schon klein kriegen,".das ist der Segenswunsch
jeder Mahlzeit da heroben.
Die Zigarren sind ausgeraucht; die Kerzen schon zum
zweiten Male ausgewechselt-morgen fängt der
Tag wieder in der Dunkelheit der Nacht an. Einer nach
dem andern verschwindet, sucht sein karges Lager irgend¬
wo in einer Hütte auf. Der General allein sitzt noch'
lange in seinem kleinen Kabinett und arbeitet. Da
gibts Delobungsanträge, Vorschläge für Dekorierungen
— in dieser Stunde erhalten die braven Soldaten und
Offiziere ihre Auszeichnungen.
Endlich verlischt auch in diesem Zimmerchen das
Licht-nur in der Overationskanzlei brennen dre
Kerzen die ganze Nacht; hier wacht der Diensthabende,
der tief in der Nacht einlangende Meldungen aufzu¬
nehmen hat-
Draußen aber auf der Bergstraße rollt in der schwei¬
genden Nacht Wagen um Wagen hinauf zur Paßhöhe
— leise schnauben die Pferde, leise flüstern die Kutscher.
Die Maschine des Krieges, diese furchtbare Ma¬
chine kennt keinen Sttllstand. Sie geht ihren eherneu
Gang Tag und Nacht-- — (ctr. bin.)
Ecnjt Älqiy. KriegMerichtxrstatt«.