Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

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Eriüllungsor' Fulda - Fernlvrechei Rr 9 unt #1 Ha. 
den 11. Itlärz 1915. 
42. Zahroang. 
Dermcher rtteichotaK. 
Berlin, 10. März 1915. 
A« Bundesratstifch Delbrück, v. Jagow, Kraerke, 
Lisko, Sol?, Helfferich. 
Haus und Tribünen sehr stark besetzt. 
Präsident Dr. Karmps eröffnet die Sitzung kurz nach 
t/,2 llhr und heißt die Abgeordneten willkommen. „Im 
Westen halten unsere tapferen Armeen mit echt deutscher 
Zähigkeit auf einer Schlacbtlinie von 400 Kilometern 
»cm den Vogesen bis zum Kanal unerschütterlich stand. 
(Lebhafter Beifall.) Im Osten leitet ein genialer strate¬ 
gischer Gedanke auf einer noch längeren Linie von der 
Ostsee bis zur Bukowina unsere kriegerischen Operatio¬ 
nen. Unter fast übermenschlichen Anstrengungen hat un¬ 
sere Armee und die Oesterreich-Ungarns Erfolge errun¬ 
gen wie sie die Welt seit den Tagen von Sedan^ nicht 
gesehen hat. j Erneuter lebhafter Beifall.) Im Süden 
hält die tapfere osmanische Armee Wacht cm den Dar¬ 
danellen und sendet ihre Vorhuten bis an den Sucz- 
kanal. Als Deutschland vor sieben Monaten in den 
Krieg zog, war es sich bewußt, daß es sich in diesem 
Kampfe mit einer überm'-chtigen Koalition zu niesen 
haste, um seine Existenz, um sein politisches und wirt- 
scha tliches Leben aufrecht zu erhalten, vncht mit der 
Waffen allein, nicht mit den an Zahl uns überlegenen 
Streitkrllften ihrer Heere und Flotte wollen unsere 
Feinde uns vernichten, nein, sie haben einen neuen 
Bundesgenosten, den Hunger, aufgerufen. Mit der Ruhe 
und Tatkraft, auf die Deutschland stolz ist, eröffnete un¬ 
sere Admiralität gegen das englische Wirtschaftsleben 
den Krieg mit unseren Unterseebooten, deren Mann¬ 
schaften und Offtziere schon so viele Beweise ihres hel¬ 
denhaften Todesmutes gegeben haben. (Beifall.) Deutsch¬ 
land läift sich nickst duÄ Hunger besiegen. We,nn un¬ 
sere Feinde glauben, uns durch Androhung von Repres¬ 
salien die allem Völkerrecht Hohn sprechen, mürbe zu 
machen, so haben sie sich verrechnet. In ihre Rechnung 
haben sie nicht eingestellt die wirtschaftliche Kraft un¬ 
seres Volkes, sie haben nicht gedaclst an die sinanziellc 
Macbt des Deutschen Reiches, die sicb ie"» >aran zeiat, 
daß die zweite Kriegsanleihe von fünf Milliarden be- 
crei verte Aufnahme im ganzen Lande findet. ^Beifall.! 
Unsere Feinde haben nicht eingestellt in ihre Rechnung 
das Organisationstalent des Deutschen, die Stärke un¬ 
serer Landwirtschaft, die Tatkraft und Findigkeit des 
Handels und unserer Industrie, die Einmütigkeit der 
Nation und den festen Willen zum Siege, der im ganzen 
Volke unausrottbar vorhanden ist, und dem gegenüber 
alle Härien und Schwierigkeiten des Krieges verschwin¬ 
den. (Lebhafter Beifall.) Ein Volk mit dieser Hingabe 
an das Vaterland ist nicht zu besiegen, ist nickst zu ver¬ 
nichten. (Lebhafter Beifall.) Wie der allmächtrgc Herr 
der Heerscharen bisher den Sieg an unsere zahnen 
geknüpft hat. so wird, des sind wir sicher, auch der 
endgültige Sieg unserer gereckten Sache beschieden sein, 
und auf dem Boden des Schlachtfeldes iit 0ft und West 
wird ein dauernder Frieden erwachsen, der uns. führt, 
zu neuer Blüte, neuer Macht und Größe unseres ge¬ 
liebten Vaterlandes. (Lebhafter Beifall.) 
Hierauf gibt der Präsident Telegramme des 
Kaisers, des österreichischen und des ungarischen Abge¬ 
ordnetenhauses und der türkischen Kammer bekannt, 
die mit lebhaftem Beifall ausgenommen werden. 
Das Andenken des verstorbenen Abg. Semmler 
(ntl.) ehrt das Haus in der üblichen Weise. 
Der Präsident teilt dann mit, daß durch Beschluß 
des elsaß-lothringiscken Staatsministeriums der Ab¬ 
geordnete Wehl (Soz.) seiner Staatsangehörig¬ 
keit verlustig erklärt worden sei und dadurch Sitz und 
Stimme im Reick staaverloren habe: er habe 
den Reichskanzler ersucht, eine Ersatzwahl anzuondnen. 
Die Frage der Fortdauer des Mandats des Abg. 
Wetterle wird auf Vorschlag des Präsidenten der 
Geschäftsordnungskommission übergeben. 
Hieraus tritt das Haus in die 
Erste Beratung des Etats 
ein. 
Staatssekretär Helfferich: Ich glaube, eine Pflicht zu 
erfüllen, wenn ich die erste Gelegenheir benutze, um zum 
Ausdruck zu bringen, welchen Dank dos Reich und seine 
Finanzen meinem Vorgänger schuldet, der mit treuer 
Hingabe und Sachkenntnis sein Amt verwaltet und sich 
durch die Finonzieruno der letzten Aeecesnerlaae e> 
bleibendes Denkmal gesetzt hat. Das Vertrauen des 
Kaisers hat mich zu seinem Nachfolger gemacht, -ur 
Entschluß, das Amt zu übernehmen, ist mir nicht leicht 
geworden, denn riesengroß wird die Aufgabe sein.^die 
der Friedensschstrß mit sich bringen wird, aber das sol- 
datenhcrz, das in jeLer doutschen Brust lebt, hat mir 
ein kategorisches „du mußt!" zugerusen und so werde 
ick meine ganze Kraft einsehen zur Erfüllung der un¬ 
erhört schweren aber auch unerhört stolzen und arov--" 
Aufgaben die unser harren. Ein Finanzprvgrwmm für 
die Zukunft kann ich nickt geben, ein solches vraucht die 
feste Unterlage von Tatsachen, und die sind durch den 
Ausgang des Krieges und die Friedensbedingungen be • 
dingt. Aber ich werde jedenfalls an meine Aurgabui 
herantrc'cn ohne Vergangenheit. Wir alle werden mehr 
oder weniger u m l e r n e n niüsten, denn die Zeit, die 
wir durchmachen ist das größte Erlebnis, das se einer 
Generation beschieden ist. Die Eiatsvorlage, so legt der 
Redner weiter dar, bezwecke nur. die versanungsmäßigen 
Grundlagen für das kommende Etatsjahr sicherzustel¬ 
len. Für das Heer, die Marine und die Kolonien werde 
ein detaillierter Entwurf überbw-ni nickt nor^ele-st. ie 
planmäßige Tilgung der Reichsschuld werde 08 Mil¬ 
lionen aufrechterhalten, lieber die Tilgung der Kriegs¬ 
schuld ist später Bestimmung zu treffen. Wir können 
nickt darauf verzichten, daß unsere Feinde uns für den 
materiellen Schaden einstehen, den sie mit dem frevel¬ 
haft angezettelten Krieg angerichtet haben. ^ Tas lau¬ 
fende Finanzjahr ergebe einen voraussichtlichen llever- 
sckuß von 38 Millionen. Die Verzinsung der Reichs¬ 
schuld erfordere erhebliche Mehrausgaben.^ Trotzdem 
glaube er. daß der vorgelegte Etat für 191 c> nicht nur 
äußerlich bilanziert, sondern auch innerliches Gleichge¬ 
wicht besit-e. Er erbitte vom Reichstag einen weiteren 
Kriegskreditvon 1 0 Milliarden. um dw Wei¬ 
terführung des Krieaes ftnanftell bis ' 
herb st zu sichern. Das schwerste Opfer seien nicht dwk- 
10 Millrcrrb-en, scn^'ern put-c deutsche '231 u t, oaS 
vor dem Feinde vergossen. Vor dem Ovsermut unterer 
Kläcgcr müssen wir uns zu Hause still verneigen, geloben, 
alles zu tun, um ihr Los zu erleichtern unv die ^fruchte 
ibres K'mnftns und Sterbens zu sickern, st.re erste 
Kriegsanleihe im September hatte einen bis dahin un¬ 
erreichten Erkolc, aus Grund i'er a"-^c-ew neicri > ->, 
tung dr Reichsbarrk seitens ihres Präsident», der fett 
loncem unser Kreditwesen krregsm ißig vorbereitete. 
Auck <n zweiter Appell an die Sparer und Ka¬ 
pitalisten müs'e ausgiebigsten Widerhall finden. Schande 
über jeden der sich taub stellt! Sodann besprach der 
Reicksschatzsekretär den Stand der Dinge au f 
finanzieller' Kriegsschauplatz. Die 
Franzosen verbreiten die ihnen angenehme für den 
Weltfrieden gefährliche Legende, nur die Gefahr eines 
vollständigen finanziellen Zu,am»,enbruchshaveun 
Jahre 1912 Deutschland von einem Ueberfall auf Frank¬ 
reich abgehalien. Auch England habe unsere Leistungs¬ 
fähigkeit unterschätzt. Den preußischen Grenadieren bei 
Waterloo waren die silbernen Kugeln eine unbekannte 
Munition. Unsere Zwciundvierzrger und unsere Unter, 
seeboote schießen ebenfalls m,t gutem Stab , und nicht 
mit silbernen Kugeln. Für die Engländer ist der Kr,eg 
die Fortsetzung des Geschäftes m,t anderen Mitteln, für 
uns die erhabenste Prüfung aller moralischen und ma¬ 
teriellen Kräfte unseres Volkes. Immerhin können wir 
den Gegnern mit eigenen Waffen vieiien. st as Uu-- 
land schätzte uns falsch ein. weil unser Kapitalzuwachs 
zum größten Teil im Jnlande Vert.-endung fand. Unsere 
wohlvorbereitete finanzielle Organisation hat die an- 
gesammelign Kräfte wirksam zur Geltung gebracht. 
Die Banken und Sparkassen erfüllten ohne Verzug ihre 
Verpflichtungen, wir brauchten kein allgemeines Mora¬ 
torium. Auch unser S t a a t s k r e d, t h a l t sft ch v ,- 
s c - als derjenige. Englands und -Frank¬ 
reichs. Unser laufendes Finanziahr bringt voraus¬ 
sichtlich sogar einen bescheidenen Ueberschuß. • Ern 
zwingender Grund für neue Steuern liegt zurzeit ,eden- 
falls nicht vor. Die Finanzierung des Krieges besorgen 
wir ausschließlich durch Anleihen und Notenausgaben 
Die Anforderungen des Reiches a.n Ine 
nähern sich wieder dem Kulminationspunkte. Durch die 
zweite Kriegsanleihe wird die Re.chsvank entsprechend 
abgebürdet. Auch die Anleihe der verbündeten Donau¬ 
monarchie hatte ansehnliche Erfolge. Bon den Gegnern 
hat lediglich England am dem Gebiet der/nleihe- 
politik einen bemerkenswerten Ersolg gehabr, se^ch 
ist auch dort die Operation nicht vollswndia aecluckt. Tie 
zweite englische KniegsanLeihe wird ebenfalls bald kom¬ 
men; man wird dann ihre Bedingungen kenne» lernen. 
Erstaunlich ist. das Unvermögen Frankreichs 
zu durchgreifenden finanziellen Aktionen. Anscheinend 
konnten nicht mebr als zwei Milliarden Franken dort 
aufgebracht werden. Tie französische ,z-inanzpolitik be¬ 
steht zum größten Teil darin, aus Papier mit Aufwand 
großer Kunst Papier zu machen. Die Pariser Konfe¬ 
renzen über die von Rußland und Frankreich gewünschte 
gemeinschaftliche Anleihe scheiterten in wesentlichen 
Punkten. Die enakische Finanzpolitik Verstandes d"- 
bei aus dem mürben Leder der Verbündeten für sich 
goldene Riemen zu schneiden. Von den Rotenvankea 
schneidet die Reichsbank mit dauerndem Goldzufluß am 
besten ab. Wir wollen auck künftig den erftenlicken 
Golb Zuwachs ausschließlich der vaterländischen 
Gesinnung und keinem Zwange verdankeil. Die Bank 
von England verdankt ihren Zuwachs in die Goldreserve 
Indien und der Aneignung des Gpldes der Aegptischen 
Nstionalbank. sowie der Belgischen Notenbank und 
andern ähnlichen Maßnahmen. Trotzdem zeigt sich setzt 
eine Abnahme. Auch in allen andern Punkten steht die 
Reichs bank am günstigsten da. Der Januar 
krackte den deutschen Sparkaffen -einen Zugang von 
890 Millionen. Der gesmide und rasche Kreislauf 
unseres Geldes kommt hoffentlich auch der neuen Kriegs¬ 
anleihe zustatten. Die ungünstigen ausländischen Wech¬ 
selkurse berühren nicht unsere finanzielle Stärke und 
hängen lediglich mit der Unterbrechung des auslän¬ 
dischen sowie des überseeischen Verkehrs zusammen. 
Die Erhaltung unsres Goldbestandes ist wichtiger als 
die Bewertung der deutschen Mark im Auslande. Zu 
den größten Phäncmien der wunderbaren wirtschaftlichen 
Vorgänge gehört die Anpassung der deutschen 
Volkswirtschaft an die neue Lage. Die 
produktive" trvit+Wr.T,sa reichen aus. um den 
eiitschen Volkskörper in Nahrung und Tätigkeit zu er¬ 
halten. Opfermut und Aura unasf higkeit des deutschen 
Volkes haben aus der Volkswirtschaft eine einzige g c - 
waltis?! unüberwindliche Kriegsma¬ 
schine gemacht. Es wird keiner Hunger- und Er- 
kroKelungspolitik gelingen, uns die Lebenskraft abzu- 
binden. Zeigen wir uns unser» Brüdern draußen eben¬ 
bürtig an Selbswerleugnung und Disziplin, so kann 
der Lohn nicht fehlen. Ein ehrenvoller Friede wird 
allen Opfern Ausgleich und Versöhnung bieten. Die 
Zukunft wird unser sein. (Lebhafter Beifall im gan¬ 
zen Hause.) 
Abg. Haake (Soz.): Der G-danke. von dem unsere 
Fraktion sich seit dein Ausbruch des Krieges hat leiten 
la'ien. ist der. dal- es unsere Irlickt o"es •» 
um das eigene Land zu verteidigen. Dieses Bestreben 
wird aber nickt durckkreu»» »"nvern es -nrd beie^'o, 
durch das R e ch-t de r Kritik, das !vir sondern. (Bei¬ 
fall bei den So/ioldeo-ofraien.i Wir verlnnoen fer¬ 
ner. daß allen Staatsbnroorn obne linkerschied der 
Klasse, der Partei, der Konfession, der Nationalität 
voll Gleichbervchkigung aowcbit wird. Unsere Brüder im 
Febde erfüllen mit fast übern,enschlicher Kraft ihre 
harte Pflickt in der gleichen Weise wie alle anderen. 
Sa darf die Regierung sich nicht der Aufgabe entziehen, 
dafür zu soraen. deck den aleicken Pflichten auch die 
gleichen staoksbüigerlickfen Rechte gegenüberstehen. Wir 
verlangen volle Gleichberechtinuna mr Gebieten. 
5$iir ein Kla.ssenw'glUweckt ,'v"4 iwnWh W Deutschen 
Reiches kein Platz sein. Mit steigendem Unmut sehe» 
wir, wie die errungenen Vorteile au, oem Gebiete des 
Versamml"nasrecktes eingeschränkt werden. Die Er¬ 
folge des Heeres wie die unserer Finanzwirtschaft sind 
unbestreitbar Da *<-ricr\ und mitten wir das Reckt 
der Kritik, das dem Starken ziemt, behalten. (Beifall bei 
den Sorsalde-watraten.» 
Abg. Dr. Spahn <Z.): Namens der bürgerlichen Par¬ 
teien mit Ausnahme der Polen habe ick zu erklären, 
daß wir einig sind darin, daß wir den Krieg nickt um 
des Krieges, sondern um des Friedens willen führen, 
eines Friedens, der die deiitscke Arbeit im Wettbewerb 
der Völker sich entwickeln läßt und schützt gegen ftevel- 
haste Angriffe. Dies Ziel mit allen Kräften anzu¬ 
streben, ist des deutschen Volkes Entschluß. (Bravo.) 
Abg. Sepda <P-le): Wir fordern, daß alle Ausnahme¬ 
gesetze schon während des Krieges aufgehoben werden, 
im Fntere'le der Gerechtigkeit und des Reiches selbst. 
Staatssekretär Dr. Dcllbrück: Mir ist kein Reichs¬ 
gesetz bekannt das die Reckte der deutschen volnischen 
Nationalität schmälert. Zweifellos werden die großen 
^reigniüe, die der Krieg uns gebracht hat. uns vor die 
Notwendigkeit stellen, zu vrüsen, inwieweit 
unsere innere Politik einer Neuorien- 
tieruna be^rf. f^nrt. fiört’' Solange unsere 
‘‘■'eete an den Grenzen kämpfen, sollte man aber über 
Differenzen nicht diskutieren. 
Der Etat wird der verstärkten Budgetkom- 
Mission überwiesen. 
Damit ist die Tane«ordn"no eoi^-gt. 
Nächste Sitzung: nachmittags 6 Uhr. 
Zweite Sitzung. 
Am Bundesratstisch: Dr. Delbrück, Dr. Helfferich. 
Der Gesetzentwurf b»tre-fen8 Ausgabe von Reichs¬ 
beinen und Reichsbanknoten z» 
Mark wird der Budgettommisfion überwielen. Gleich¬ 
falls ohne Diskussion geht die Vorlage betreffend Ein- 
ühnilig eines Spick st ofshaudelsmonopats 
an eine Kommission. 
Damit ist die Tagesordnung erledigt. 
Nächste Sitzung: Donnerstag, den 18. Marz. Die 
Tagesordnung hat der Präsident icoch sestzusetzen. 
Der neue HaushaltLplau 
uuv oer neue schätz erretar 
stellten sich am Mittwoch zusammen dem Reich 
vor. Der Sauchal.ungsplan erreicht die „schwm- 
detige Hohe" von 13 Milliarden in Toll und Haben, 
weit 10 Milliarden weitere Kriegsanleihe d t n 
stecken. Der Schatzsekreiär aber verstlcg sich nl.gt 
zu schwindligen Höhen der Zukunftsmusik, sondern 
blieb mit festen Fußen aus dem übersehbaren Boden 
der Gegenwart uiid Wirklichleit stehen. Er sprach 
wie ein solider Geschästssührer und weckte Vertrauen 
in seine Tüchtigkeit und seine Ehrlichkeit. Der 
grauen Theorie gab er von vornherein Abschied m 
der Erklärung, daß wir alle u m l e r n c n m. ssen 
unrer diesem größten Erlebnis, was je einer wceiifch- 
heil beschert worden. 
Eul sinanz.eues Zukunstsp rogramm 
lehnte Dr. Hetsterich ab mit der richtigen Erwä¬ 
gung, daß ein solches, um praktisch durchsuhrbar 
zu sein, einen festen Untergrund oon T at fachen 
brauche, dieser Untergrund muß aber erst noch ge¬ 
schaffen werden durch den Ausgang des Krieges. 
(Nebenbei spricht dieselbe Erwägung gegen die vor. 
eilige Erörterung von Friedensbedingungen, da auch 
diese des Untergrundes der erst noch zu schas,cnde.i 
Tatsachen bedarß) Emen Hinweis auf die Zuiunst 
konnte sich-freilich der Schatzsekretär nicht versagca. 
Als die künftige Tilgung der Kriegsanleihe erwähnt 
wurde, bemerkte er: „War denken nicht daran, darauf 
zu verz.ch.cn daß unsere Feinde auch für den m a- 
teriellcn Schaden aufkommcu müssen, der 
uns durch frevelhaft- angezettctten Kr.eg e.rsächst." 
Die Summen, die da in Frage kommen, werden 
wirklich eine „schwindlige Höhe" erreichen, aber als 
im Jahre 1871 fünf Milliarden gcsordert wurden, 
hielten manche Leute diese Smnme auch für 
schwindlig hoch und es zeigte sich bald, daß sie leicht 
ausgebracht und nur zu leicht vecbraucht werde» 
konnte- Wie >vir uns an die furchtbar gestiegenen 
Ziffern der Soldaten gewöhnt haben, so werden wir 
uns auch leich, hcncinsinden in die Rechnung mit 
zweistelligen oder gar dreistelligen Milliardensum- 
men. Die Voraussetzung ist natürlich, daß Heer 
und Volk mit vereinten Kräften durchhacteu bis 
zum vollen Siege. 
Daß die Kraft zum siegreichen-Durchhalten auf 
militärischem Gebiete vorhanden ist, wissen 
wir alle. Daß auch aus dem f i n a n z ie ll c n Ge¬ 
biete und im W i r t s ch a s t sl e b e n überhaupt das 
deutsche Volk eine überlegene Krastfüllc hu, bekräf¬ 
tigen aufs neue die Darlegungen des Schahsekre. 
tärs, nachdem schon der >P r ä s i d e n t des Reichs¬ 
tages die Unbesiegbarkeit Deutschlands im Han¬ 
dels- und Hungcrkrieg beredt hervorgehoben halte. 
Am 19. Biärz wenn die Zeichnungen für die 
zweite Anleihe aufgerechnet sind, w rd ja vor 
der gan-en Well eine neue Probe der Wirts ''östlichen 
Gesundheit und Krastfülle des deutschen Volkes zu- 
tage treten. Es verdient Beachtung, daß die Rezie- 
rnnq diesen Zeichnungstermin so ruhig gelegt hat, 
daß der neue Antrag aus Bewilligung von weiteren 
zehn Millionen für die Fortsetzung des Krieges n ch 
vor dem Abschluß der geaenwäriigen Zeichnung 
dem Reichstage und der Oe fentlichkeit zugestellt 
wurde. Man hat offenbar nicht die geringste Be¬ 
sorgnis gehabt, daß der Hinweis auf die weiteren 
Krieqserfordernisse den Kredit des Reiches ir endvie 
gefährden oder die Lust zu Zeichnungen dämpfen 
könnte. Im Gegenteil: alle wünschen und jeder 
will nach Kräften dazu wirken, daß diesmal die 
fünf Milliarden nicht nur voll und ganz gezeichnet, 
sondern noch ein ansehnlicher Ueberschuß sür d.n 
nachfolgenden Bedarf aufgebracht werde. 
Ein Zeichen der Gesundheit unserer .^inanzvoli- 
tik ist es auch, wenn wir in, neuen Haushaltsjahre 
trotz des Krieges die planmäßige S ch u l d e n t i l - 
g u n g bcibehaltcn. 
Im übrige» gilt für den Rerchshausbalt ganz 
besonders das Wort: Mars beherrscht die Stunde! 
Ter Schatzsekreiär gestand offenherzig ein. d ß m n 
ci'entlich von einem Voranschläge der Einnahmen 
und Ausgaben nicht reden könne, da der Krieg die 
gan'e Finanraeb 'bru"g ans den außerordent¬ 
lichen Fuß a st llt bat und die Tauer des kriew. 
r'schcn Ausn hmczustandes noch nickt zu bestin me i 
ist. Tie Unsicherhe t in den E atözisscrn süh t ab r 
kcinesweas zur Unsicherheit in dem Gang der 
Reichsgeschäfte. Vielmehr bewährt sich sowohl a->f 
den Kricg'scheuvlätzen wie aus den Ärbnt platz n 
im Binnenlande das deutsche Organisations- 
t a l c n t. das der Präsident des Reichstages in sei¬ 
ner Eröffnungsrede pries und der neue Schatzsek.e- 
tär im einzelnen behauptete. 
Ar dliiMe MkKmSt. 
vsb.KroflesSauptauar1ier,l0.März 
1815, vormittags. (Amtliches Telegramm.) 
Westlicher Ktleqsjchauplatz: 
Die Gefechtstätigkeit war durch Schnee 
und starken f?roft e ngeschränkt, in den 
Vogesen sogar fast beh'ndert. 
Nur in der C l, a m p a g n e wurde weiter 
gekämpft. Bei S o u a in blieben bayerische 
Truppen nach langandauerndem Hand- 
aernrnge siegreich. Nordöstlich von Le- 
Mesnil drang der Feind an einzelne« 
Stellen vorübergehend in unsere Linien 
ein. In erbittertem Nahkampse, bei dem 
zur Unterstützung heraneilende französische 
Reserven durch unseren Gegenstotz am 
Eingreifen verhindert wurden, warfen 
wir den Feind endgiltig aus unsere» 
Stellungen. 
Orstllcher Krieg-schaupsah: 
Ein erneuter Versuch der Russen, bei 
Augustow durchzustotzen, mitzlang. 
Der Kampf nordwestlich von Ostro» 
lenka dauert noch an. Die Gefechte norv» 
westlich und westlich von Prasznysz 
nehmen weiter einen für uns günstigen 
Verlauf Ei» Angriff von uns nord« 
westlich von News Mtasto macht 
Fortschritte. 
Oberste Heeresleitung. 
Die Kriegslage. 
Mit außerordentlicher Hartnäckigkeit setzen die Franc 
zosen den Versuch fort, die deutschen Stellungen in der 
Champagne, nordöstlich des Lagers von Chalon» 
zu durchbrechen, sechs Armeekorps sind dabei eingesetzt 
worden. Wenn man de» amtlichen Pariser Berichten 
Glaulien schenken dürfte, müßte der Feind längst Her« 
der Linie sein, die unsere Truppen bei Beginn der ern¬ 
sten Kämpfe in diesem Raum, also Ende Dezember» 
innehatten. Es ist »ur die Rede von gewonnenem 
Gelände, und danach müßten die Franzosen bereit- 
weit nach Norden vorgedrungen sein. Tatsächlich hal¬ 
te» die deutschen Heeresteile ihre Stellungen fest in der 
Hand und haben sich nirgends einen wichtigen Puilkt 
entreiße» lassen. 
Daß die Franzosen „Siege" glatt erfinden, ist ein« 
Tatsache, die aus der Kriegsgeschichte bekannt ist, seit 
Napoleon I. seine Siegesbulleti» verfaßte, und jede 
französische Regierung hat sich ihrer bedient. Jetzt, wo 
es gilt, unter allen Umständen Erfolge zu melde», um 
das eigene Volk über die wirkliche Lage hinwcgzu- 
bringen, wird sich bei den untern Kommaiidostellcn ein 
noch größeres Bedürfnis zeigen, Berichte cinzusenden, 
die höhern Orts Gefallen finden, und das Große Haupt- 
quattier stellt danach seine täglichen Veröffentlichungen 
auf. Diesen Gesichtspunkt muß man festhalten, um den 
französischen Bericht richtig einzuschätzcn. Anscheinend 
wird aus jeder Baumgruppe, in der sich Franzosen fest¬ 
setzen. ein erobertes Gehölz von taktischer Bedeutung, 
wenn diese in Wahrheit auch so gering ist, daß es der 
deutschen Artillerie nicht lohnt, auch nur einige Gra- 
»aten hineinzuwerfen. Den Sachverhalt stellen unsere 
amtlichen Berichte dahin fest, daß alle französischen 
Angriffe in dieser Gegend ausnahmslos gescheitert sind. 
Mehr als 45000 Mann haben die Franzosen bereits 
dort eingebüßt und noch immer dauern die Kämpfe an. 
Amh die bei P o n t -» - M o u s s o n angeschte fran¬ 
zösische Offensive ist ergebnislos verlaufen. In den 
Südvogesen sind im Fechttale und in der Gegend 
westlich von Mülhausen neue Kümpfe entstanden, die 
einen bedeutenden Umfang angenommen haben, aber 
jetzt durch die kalte Witterung behindert sind. Einen 
wesentlichen Ersolg haben die deutschen Truppen auf 
der Loretto-Höhe nördlich A r r a S erzielt, sie haben ihn 
weiter ausgenutzt, indem ztvei feindliche S«l,ühengräben 
erobert und dabei 250 Mann gefangen genommen wor¬ 
den sind. Durch diese erfolgreichen Kämpfe dringen die 
Deutschen immer weiter nach Westen vor und dehnen 
die Umschließung der Stadt Arras weiter aus. wo- 
durch günstige Grundlagen für den späteren Angriff 
auf den Ort selbst geschaffen werden. 
Im O st e n versuchen die Russen auf dem nördlichen 
Heeresflügel immer wieder von neuem die decctscheu 
Stellungen zu durchbrechen. So sind sie auch an den 
letzten Tagen in der Gegend von A u g u st o w. bei 
Lomza, nordwestlich von Ostrolenka und bei 
Prasznysz zum Angriff vorgegangcn. Ihre Vor¬ 
stöße wurden an den meisten Stellen abgewicscn. nur 
bei Ostrolenka ist der Kampf noch nicht zum Abschluß 
gekommen. Die Kämpfe, die östlich und südlich von 
Augustow stattfinden, bezeichnen anscheinend de» äußer- 
stcn rechten Flügel der russiscksen Streitkräfte und stehen 
wohl im Zusammenhang mit den früher gemeldeten 
Versuchen, aus Grodno vorzugehcn und die Bobrlinie 
zwischen Ostowieh und Grodno zu überschreiten. Im 
Zentrum in Westpolen dauern die Kämpfe, die seit 
einigen Tagen wieder ausgenommen worden waren, mit 
unverminderter Heftigkeit fort. Ihr Brennpunkt scheint 
jetzt zwischen Rawa und der Pilica zu liegen, wo die 
Ru''ftn durch heftige Gegenangriffe das Vorgehen der 
deutschen Truppen aufzuhalten versuchen. Ihre Vor¬ 
stöße sind aber wiederum abgewiesen worden, so daß die 
Deutschen ihre ftüher erreichten Erfolge in vollem Um¬ 
fange behaupten konnten. Wenn man bei den steten 
Angriffen der Russen auch ihre große Widerstandskraft 
und die noch ungebrochene Angriffsmöglichkeit anerken¬ 
nen muß, so sind die steten Niederlagen und Rück¬ 
schläge aber mit großen Verlusten verbunden, die auf 
die Dauer selbst für das feindliche Millionenheer em¬ 
pfindlich werden müssen. So sind nach dem vorletzten 
Tagesbericht allein 5500 Rüsten gefangen genommen 
worden. Es entspricht dies der Gefechtsstärke von zwei 
Jnfanterie-Regimentern. 
In Galizien leiden die Operationen, namentlich 
in den Karpathen, durch die ungünstigen Witterungs- 
einflüste. Die Verbündeten halten sich dort im allge¬ 
meinen defensiv und lasten die Rüsten an ihre Stellungen 
herankommen. Tie russischen Angriffe wurden in vielen 
Fällen bis an die vor der Front befin'tz'chen Hinder¬ 
niste durchgeffihrt. brachen aber dort unter wirk¬ 
samen Feuer des Verteidigers zusammen, so daß e? den 
Rüsten nirgends gelang, einen Erfolg zu erzielen. Der 
von den öiterreichisch-ungarschen Truppen in der 
Gegend von Gorlice errungene Vorteil wurde nicht nur
	        
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