Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

M 62. 
' * 
Dienstag, den 16. Mar; 1415 
Ful-aer Leitung 
2. Blatt. 
Druck der 5«lda«r Aetiendruckerer in 5ukda. 
Zer tzeMe MeMWt. 
vtb.GrotzesHauptauartier,15.Mär; 
ISIS, vormittags. (Amtliches Telegramm.) 
Westlicher Ktiegssck latz: 
Westende Bad wurde ern von 
zwei feindlichen Kanonenboo.. wirkungs¬ 
los beschaffen. 
Ein Angriff aus eine von Engländern 
besetzte Höhe, südlich YYpern, machte 
gute Fortschritte. Franzöftsche Teil 
angriffe, nördlich Le ^iesnil (Cham 
pagne) wurden unter schweren Ver 
lüsten sür den Feind zurückgeschlagen. 
In den Vogesen wird an einzelnen 
Stellen noch gekämpft. 
Oestticher iegsschauplatz: 
Die Anzahl der ruffischen Gefangenen 
aus den Kämpfen nördlich ^ Augusto- 
wer W aldes hat sich auf *400 erhöht. 
Nördlich und nordöstlich Prasznhsz 
griffe« die Russen mit starken Kräften 
an. Alle Angriffe scheiterten unter 
schweren Verlusten für den Feind. 
Südlich der Weichsel keine Veränderung. 
Oberste Heeresleitung. 
Der Krieg in den Schutzgebieten. 
Ueber den Stand der kriegerischen Ereignisse in 
cken deutschen Schutzgebieten veröffentlicht das 
Reichs tolcmialamt jetzt eine umfangreiche znsnm 
mensasfende Darstellung, die mit dem 9. März 1915 
abschließt. 
Die Mitteilungen über Teutsch-Lftasrita ergeben, 
baß alle Versuche der Engländer, in dieses Schutz- 
gebiet einzudringen, mit für sie schweren Verlusten 
gescheitert sind, daß darauf schon Ende November 
qcm; Ostafrika frei vom Feinde war und 
daß sogar noch Teile englischen Gebietes von unteren 
Truppen besetzt worden sind- Darüber hinaus be¬ 
richtet der Gouverneur von Teutsch-Ostafrika sogar 
noch von einer Revolte indischer Truppen 
in Monbassa. der Hauptstadt Britisch-Ostafrikas, bei 
der zahlreiche Inder und Europäer gefallen sind. 
Ten Anlaß für diese Revolte hat anscheinend die 
Verkündigung des Heiligen Krieges gegeben, dessen 
Kunde demnach also bereits nach Osiafrika gedrun¬ 
gen ist. Das hervorragendste Ereignis in diesem 
Schutzgebiete war die dreitägige Schlacht 
bei Tanga, die die größte, bisher auf dem Boden 
unserer Kolonien geschehene Wasfeniat darstellt. Tie 
enalischerseits dabei ins Gefecht gebrachten Truppen 
bestanden aus acht Kompagnien des North Lan- 
cashire-Regiments sowie acht indischen Regimentern 
und Marinemannschaften, zusammen aus min¬ 
destens 8000 Mann, die außerdem noch durch die 
schwere Artillerie zweier Kriegsschiffe unterstützt, 
wurden. Auf deutscher Seite kämpften 250 Euro¬ 
päer und 750 Askari. Unsere Truppen hatten es 
also mit einer achtfachen Uebermacht zu 
tun. Tie Verluste der englisch-indischen Truppen 
in diesem ungleichen Kampfe waren sehr schwer. 
Ter Feind hinterließ an Toten 150 Europäer ünd 
über 600 Inder sowie eine Menge Gefangene. An 
Kriegsmaterial wurden 8 Maschinengewehre, über 
300 Gewehre, 300 000 Patronen, 1000 wollene 
Decken, 30 Feldtelephonapparate und _ eine große 
Menge Proviant erbeutet. Ein im Hafen liegendes 
englisches Transportschiff wurde von den deutschen 
Geschützen in Brand geschossen und der englische 
Kreuzer „Fox" wurde durch einen Volltreffer schwer 
beschädigt. Die Verluste unserer Truppen waren 
gering. Als tot sind 15 Deutsche gemeldet, als ver¬ 
wundet 5 Deutsche. Die Verluste an farbrgen 
Mannschaften sind noch nicht bekannt. 
Der bei Tanga erzielte große Waffenersolg der 
deutschen Schutztruppe, der auch seine moralische 
Wirkung auf die eiriigeborenen Völ¬ 
ker bis nach Britisch-Jndien hin nicht 
verfehlen wird, ist um so höher anzuschlagen, als 
gleichzeitig noch an zwei anderen, weit entfernten 
Punkten ' des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebietes 
M Schicksal Derer non Hasseirsck. 
6] Kriegsroman von Matthias Blank. 
In ihren Gedanken war Klar» von Hassenfeld 
nicht davon frei geworden, daß er es doch gewesen 
sein mochte, der dem Toten noch vor seinem Tode 
fci* Schuld seines Lieblingskindes zugetragen hatte, 
daß er dadurch sein Wort gebrochen und jene Flucht 
Hans von Hassenfelds erreicht hatte. Aber sie konnte 
nichts beweisen. . . r . . 
Langsam schüttelte sic den Kopf tind sah daher 
„Nein! Was hast du nun bestimmt, daß mit 
mir geschehen soll?" , 
„Hier möchte ich dich fefthalten. ;rur rmmer! 
Einmal habe ich schon davon gesprochen, was rn mrr 
immer geschlummert hotte. Das rst nicht anders 
geworden, denn eine Leidenschaft laßt sich nicht wie 
Unkraut aus dem Herzen reißen. Und so oft rch 
dick sehe, leide ich immer wieder daran." 
Da war Klara von Hassenfeld ausgestanden, wo¬ 
bei sich ihre Hand auf die Seitenlehne des Klub¬ 
sessels stützte. 
„Du willst also ich möchte Hassenfeld verlassen?" 
„Nein! Halten will ich dich um jeden Preis. 
Bescheidener bin ich geworden." 
„Ich sagte dir schon, daß Liebe sich nie erzwin¬ 
gen laßt." . . 
„Ich habe das auch nicht vergehen. Und des 
halb bin ich ja init viel weniger zufrieden- Meine 
Liebe kann nie größer werden, meine Liebe ist schon 
so groß, daß sie dich schmücken will, daß sie dir ge¬ 
ben möchte, was verschwenderische Hände nur spen¬ 
den können. Liebe kannst du mir nicht geben. Aber 
laß mir den Glauben, daß ich Liebe erkämpfen kann. 
Ich möchte dich zur Herrin von Hassenfeld machen. 
Und wenn du mir die Hand zu einem solchen Bund 
nicht aus Liebe zu geben vermagst, dann tue dies 
auS Achtung vor dem, den du selbst schon anerkannt 
Hast. Ich will ja dann geduldig warten. Und du 
wirst dann enipfinden, daß die große gewaltige 
siegreich gekämpft wurde. Das eine dieser Gefechte 
and am 3. November am 2ongido-Berge 
nordwestlich des Kilimandscharo statt. Ern Detache¬ 
ment von Deutschen in Stärke von höchstens wo 
Mann unter Major Kraut schlug hier ein englisches 
Aufgebot von 350 Reitern und mehreren indischen 
Kompagnien mit 8 Maschinengewehren und 6 Ge- 
chützen, zusammen nach englischer _ Angabe a O 
Mann. Gleichzeitig hatten die Engländer auch^dic 
Nordgrenzc des Bezirks Bukowa überschatten, 
wurden aber von Deutschen unter Ma,°r v. «tum-r 
wieder aus dem deutschen Gebiets vertrieben und 
Englisch-Kisiba wurde von uns besetzt. 
Zu einem schönen Erfolg führte auch em Vorstoß 
einer Abteilung unserer Schutztruppe m englisches 
Gebiet am Sudendc des T an g ans i k a-S e e s. 
Bei dieser Gelegenheit wurden von den Deutschen 
zwei englische Dampfer zerstört und ein englisches 
Stahlboot fortgenommen. Der Tangansrka-Seeist 
seitdem von fremden Fahrzeugen fm- Außerdem 
erbeuteten unsere Truppen TelegrM^imater,ch das 
zum Weiterbau der Ueberland-Telegrapbenline 
Kap—Kairo bestimmt war, ,m Werte von 600 000 
Aus der mehrfachen Beschießung von Dare s- 
salam durch englische Schlachtschiste und Kreuzer 
ist hervorzuhebeu, daß gleich bei den ersten B 
Handlungen, die unter Parlamentar-^aige siatt- 
sanden und das Ergebnis hatten, datz den Englän¬ 
dern die Einfahrt einer Pinasse rn den Hasent *u 
Aufklärungszwecken gestattet wurde sie sich unmittel¬ 
bar einen Bruch der getroffenen Abrede zuschulden 
kommen ließen, indem sie gleich mit zw er werte¬ 
ren armierten Pinassen in den Hafen erndrangen. 
Die Beschießung der ossenen Stadt hatte schwere 
Beschädigungen an Gebäuden zur /^olge. 
lieber die militärischen Ereignisse m Kamenin 
ist mehrfach ausführlich berichtet worden. Tw 
Deutschen hatten im ganzen nur schwache Kräfte 
zur Verfügung und standen einer engüsch-sranzo- 
sischen Uebermacht gegenüber, die sich nach der Tat¬ 
sache schätzen läßt, daß auf feindlicher Serie min¬ 
destens 12- bis 15 000 Eingeborene 
kämpften. Dennoch sind die Erfolge der feindlichen 
Streitkräfte nur durch den V e r r a t der Eing^ 
borenen erreicht worden. Die Lage stellt sich hgch 
den letzten Nachrichten so dar, daß die Küste rm Be¬ 
sitz der Franzosen und Engländer sich befindet, eben¬ 
so die nördlichen Grenzgebiete und ern Teil der 
Südqrenze. Die Deutschen zogen sich nach und nach 
vor der großen Uebermacht auf das Hochplateau von 
Dschanq' zurück mit der Absicht, in befestigten Stel¬ 
lungen' den Feinden den Aufstieg in die Hochebene 
zu verwehren. . . .. 
Bei der Beurteilung der Erergniffe rn Südwe,l- 
Asrika sind wir bisher fast ganz auf, englische Quel¬ 
len angewiesen. Aus den wenigen bisher aus Wind¬ 
huk eingegangenen Meldungen ist mit Sicherheit zu 
entnehmen, daß die militärische Lage in Südwest- 
Afrika bisher durchaus zufriedenstellend 
ist. Auch Unruhen bei der Eingeborenen-Bevolle- 
rng sind bisher nicht vorgekommen. Mehrfache Ver¬ 
suche der Engländer, die Südgrenze des Schlitzge¬ 
bietes zu überschreiten, wurden , unter starken Ver¬ 
lusten sür sie abgewiesen, so bei S a n d s o n t e i n, 
wo die Engländer von einer Abteilung unserer 
Schutztruppe unter Führung ihres Kommandeurs, 
Oberstleutnants von Heydebreck, angegriffen und 
unter Vernichtung von drei Schwadro¬ 
nen sowie einem Verlust von fünfzehn Offizieren 
und 200 Mann an Gefangenen und zwei Geschützen 
entscheidend geschlagen wurden. Am Norduser des 
Oranjeflusses grisf Major Ritter Anfang Februar 
bei Kakamas die dort verschanzten Engländer 
an, warf sie über den Fluß zurück und zerstörte sämt¬ 
liche Fahrzeuge, die die Engländer zu dem 11 eber- 
gang über den Fluß benutzt hatten. Lüderrtzbucht 
und' Swakopmund wurden von englischen Landungs¬ 
truppen besetzt, doch geht aus allen bisherigen Mit¬ 
teilungen hervor« daß die englifch-südasritaiiischen 
Truppen trotz ihrer Stärke von mehreren Tausend 
Mann noch nicht über die nähere Umgebung dieser 
Orte hinausgekommen sind. 
Bemerkenswert ist eine größere Untornehmung 
gegen portugiesische Truppen im nördlichen Grenz¬ 
gebiet, wobei der befestigte portugiesische Posten 
Naulila genommen und ein portugiesisches'Ex¬ 
peditionskorps unter dem Befehl des Obersten Rora- 
das eine schwere Niederlage erlitt. Anscheinend ist 
diese Unternehmung darauf zurückzusühreu, daß im 
Oktober v. I. der Bezirksamtmann Dr. Schultze- 
Jena und die Leutnants Lösch und Röder, die auf 
Einladung des portugiesischen Kommandeurs das 
Flamme, die in mir lodert, auch in deinen: Herzen 
brennen wird. Zur Herrin wirst du werden!" 
Er stand nun dicht vor ihr; und dabei hatte er 
auch noch ihre Hand ergriffen. 
„Und wenn du es selbst aus Mitleid tust, denn 
mir ist es, als gäbe es ohne dich kein Lebe::, dann 
will ich dir auch immer dankbar sein 
„Ich kann keinem Manne ohne Liebe gehören. 
„Und ich kann dich nicht inzmer sehen, wenn ich 
wissen soll, daß ich hoffnungslos bleiben muß." 
Dabei zitterten seine Mundwinkel und die Narbe 
ans seiner'Stirn färbte sich. 
So gibt es eben nur die eine Möglichkeit: Ich 
werde Hassenfeld verlassen." 
„Wo willst du denn hin? Hier warst du immer 
verwöhnt. Man findet draußen so leicht keine Hei¬ 
mat. Reichtum gebe ich dir, Macht, alles, was ich 
geben kann.' Und ich fordere weiter nichts, als daß 
du mich eben nicht zurückstößt. Ist denn meine 
Liebe geringer, als die eines andern?" 
„Gewiß nicht! Warum willst du mich gerade 
zwingen? Du wirst anderswo finden, was ich nicht 
geben kann." 
„Weil du deine Liebe schon vergeben hast?" 
Mit hocherhobenem Haupte hatte sie geantwor¬ 
tet; er sollte wiffen, daß es für ihn nie eine Hoff¬ 
nung geben konnte. 
„Weißt du auch, ob der andere deiner Liebe wür¬ 
dig ist? Weißt du, ob du sie nicht an einen Un 
würdigen wegwirfft?" 
„Darüber zu urteilen, gebe :ch keinem Menschen 
ein Recht, auch dir nicht." 
„Und wenn ich den Bewels hatte, der den ver¬ 
nichten müßte, an den du in deiner Torheit noch 
immer glaubst?" 
„Du hassest Han»! Und wenn du so sprichst, wenn 
ich deine Augen so glänzen sehe, dann weiß ich. d ß 
du auch dein mir gegebenes Wort gebrochen hast." 
„So! Gut! Urielle dann selbst! Erinnerst du 
dich noch, was der Arzt sagte, woran der Vater ge 
storben war? Weil in sejnem Trank zu viele Trop 
sen gemischt waren, die bei ihm einen Herzschlag 
Grenzfort Naullla besucht hatten, aus poNugiesischem 
Gebiet getötet worden sind Eshcmdett s h 
also anscheinend nur um emen Bergeltungsaki für 
den portugiesischen Verrat. , . 
Das Dunkel, das bisher über dem Schick,al der 
deutschen Besitzungen in der Süds-e lag, ist inzwi¬ 
schen' dadurch gelichtet worden, tmß der größte Tcll 
der Beamten von Deutsch-Neu-Gumea über Ame¬ 
rika mit Geleitbriefen des australischen Ministers 
irr auswärtige Angelegenheiten in der Heimat e:n- 
getroffen ist. Nach den Mitteilungen dieser Be¬ 
amten wird Deutsch-Neu-Guinca sowohl 
wie auch Samoa seit Ende August von neusee¬ 
ländischen und australischen Streitkrasten das übrige 
Jnsclgebiet von den Japanern be,e«t gehalten. 
Die gegen diese Schutzgebiete aufgebotene austra¬ 
lische Flotte bestand aus dem Dreadnought „Ausira- 
' ia". drei Kreuzern und sonstigen Kriegs, chrffen, nn 
ganzen ans 14 Einheiten. Aus deutscher 6wte 
an Weißen wenig mehr als 50 in Betracht. Dabei 
wirkte auch hier in großem Umfange Verrat von 
seiten der Eingeborenen mit. Ferner ipielten in d.e- 
cr Beziehung mehrere, sett vielen Jahren un deut- 
chen Schutzgebiet ansäsiige Engländer ,owie ein g^ 
wisser Kapitän Straßburq eme unsaubere Rolle. Nach 
der Besetzung der Gebiete taten die Englande. ,o- 
vrt alle Schritte, um den Handel an sich zu reißen. 
Tie Firma Burns, Philp u. Eo. importierte m 
Neu-Guinea alsbald eine Menge Proviant und als 
die deuffchen Firmen, die mit Proorant reich Och 
versehen waren, sich weigerten, ihn abzunebmen, 
wurden sie einfach gezwungen, ihn zu den von 
der Firma Burns, Phllp u. Eo. festgesetzten Preisen 
zu kaufen. Angesichts der absoluten Unmöglichkeit, 
militärisch gegen die feindliche Uebermacht irgend 
etwas auszuri'chtcn. hat dann Deutsch-Neuguinea mt 
September kapituliert. Bemerkenswert l,1 das Ver¬ 
halten der Japaner aus der Insel A n 6 a u r, wo 
sie, um die deutsche Südfec-Phosphat-Gesellschast 
aus dem Felde zu räumen, einfach anordneten daß 
amtliche Deutschen die Insel Angaur innerhalb 
24 Stunden an Bord eines Marinedampsers zu ver¬ 
lassen hätten. Sofort nach der Entfernung der An¬ 
gestellten dieser dctschen Firma nahmen dann die 
Japaner die Phosphat-Gewinnung selbst in die 
Hand. _ __ 
England wird nachdenklich, 
wtb. London, 13. März 1915. Der Augenzeuge 
im englischen Hauptquartier schreibt in seinem letzten 
Bericht: ... . 
Obwohl der Feind im Westen fetzt nicht annähernd 
über so viele Truppen verfügt wie früher, halt er doch 
eine enorme Front besetzt, schlägt im Osten gewaltige 
Schlachten, und die Moral der deutschen Truppen zeigt 
bei alledem keine Verschlechterung. Wenn wir uns an 
die Stelle der Deutschen versetzen, so ist auch gar nicht 
einzusehen, warum eine außerordentlich tapfere, 
entschlossene und gutor ganisierte A rmeewie 
die ihrige sich entmutigt fühlen sollte. Sie kampln 
in Feindesland und glauben, daß der Feind erschöpft 
ist und die letzten verzweifelten Anstrengungen macht, 
um die unausbleibliche Entscheidung hinauszuschieben. 
Man darf auch nicht die Disziplin vergessen, die 
ihnen von frühester Jugend an beigebracht und die es 
ermöglicht, mit halbausgebildeten Truppen Erfolge zu 
erzielen. Für einen Briten ist es schwer zu 
begreifen, was ein Volkskrieg für ein kontinen¬ 
tales Volk bedeutet. Das Vertrauen der Bevölkerung 
und die Moral der Truppen können nur erschüttert 
werden, wenn sie das Bewußtsein einer niederschmettern¬ 
den Niederlage im Felde haben. Das kann nur erreicht 
werden, wenn auf sie während der nächsten Monate 
durch riesige Zahlen von Soldaten und Kanonen ein 
immer heftigerer Druck ausgeübt wird. 
Die „Morning Post" schreibt hinzu: Deutschland 
hofft, daß, ehe ein voller Druck von seiten der Bcr- 
bündeten ausgeübl werden kann, Frankreich erschöpft 
sein und Rußland den Frieden willkommen heißen 
wird. Deshalb müssen wir jede Anstrengung machen, 
um den Krieg zu Lande vorwärts zu bringen 
Erst wenn die Verbündeten den Feind aus Frank' 
reich, Flandern und Polen vertrieben haben, können 
sie aufatmen. Ter Optimismus ist jetzt nicht 
am Platze, er ist gefährlich, Man mutz einge¬ 
stehen, daß der Fortschritt langsam ist, und daß 
Frankreich und Belgien furchtbar leiden. Auch 
ihretwegen dürfen wir nicht zögern, sondern müssen 
alle unsere Kräfte mit möglichster Beschleunigung m 
den Kampf einsetzen. 
Ueber Volksernahrung im Krieg 
enthielt der diesjährige Fastenhirtenbrief des Bi¬ 
schof von Speyer, der „das Vaterunser im Volker¬ 
krieg" zum Gegenstand hat, die folgenden beher 
zigenswerten Ausführungen:_ 
herbeiführen mußten. Erinnerst du dich? Der Va¬ 
ter mochte es aus Versehen getan haben, urteilte der 
Arzt. Mer die Flasche nnt den so gefährlichen 
Trapsen stand am Schreibtische, wo sie dem Vater 
nicht erreichbar waren." 
„Ich weiß es! Aber du selbst hattest sie vom 
Servierbrett dorrhin gestellt. So sagtest du." 
„Ja! Tu erinnerst dich also sehr genau daran. 
Das sagte ich! Wer es war nicht so! Ich hatte 
die Tropfen nicht auf den Schreibtisch gestellt. Sie 
standen bereits dort, als ich den Vater rot Vorsand. 
Also er hatte den Todestrank nicht gemischt, denn 
ihm waren die Tropfen nicht erreichbar. Aber vor¬ 
her war ein anderer bei ihm gewesen, der wie ein 
Verbrecher fortgeronnt war, der dann verschwunden 
ist. Und ich batte geschwiegen, ich hatte ihn vor 
der schlimmen Anklage. die dann hätte kommen lnüs- 
sen, gerettet. Wagst du jetzt immer noch, nüch zu 
beschimpfen? .Konnte ich für den Bruder damals 
mehr tun? Oder hätte ich sagen sollen, daß ich die 
Tropfen nicht dorthin gestellt hatte, daß aber vorher 
Hans beim Vater gewesen war?" 
So furchtbar war der Verdacht, der sich nun 
gegen den Entflohenen erhob, daß Klara von Has¬ 
senfeld emsetzt zurückgcwichen war. Nun stand all's 
lebhaft vor ihren Augen, rvie es Fritz von Hassen¬ 
feld geschildert hatte; er hatte erst wirklich einige Se¬ 
kunden gezögert, che er jene glaubhafte Erklärung 
an den Arzt gegeben hatte. 
Aber Hans? — Nein! 
Und mochte dieser gegen den entschwundenen 
Bruder auch die schwerste Anklage erheben, sie wollte 
nicht daran glauben. 
Niemals! Nur um so stärker wollte sie zu ihm 
halten. 
„Das ist nicht wahr!" 
„Warum kommt er nicht wieder?" 
„Ich weiß es nicht! Ich aber werde nur daran 
glauben, daß du deine Hände im Spiele hattest." 
„Wer hat dann die Tropfen dem Vater gegeben, 
daß er sterben mutzte? Doch nur der, der dann vor 
seiner eigenen Tat floh!" 
.Unser tägliches Brot gib unS 
heute!" So betet die Menschheit Tag für Tag, 
vom Kaiserschlosie bis zu den Hutten der Armut 
und Tag für Tag öffnet der Browatcr rm Himmel 
eine Hand und erfüllt alle Lebewesen mit fernem 
Segen Ds. 144, 161. Heute, in den Tagen des Vol¬ 
kerkriegs, hat die Brotbitte, im Gebet des Herrn 
eine besondere Note. Bon seiten der staatlichen ^ _ 
Hörden sind in Bezug auf den sparsamen Verbrauch 
von Brotgetreide während der Kriegszeit tief eui- 
chneidende Ratschläge und Berord-iungen ergangen. 
Ich ermahne euch meine lieben Diözesanen, diese 
notwendigen, wohlgemeinten Maßnahmen und 
Brotgesetze im Geiste der vierten Vaterunserbtttc 
nnt Vertrauen entgegen zu nehmen und rn led«n 
Haushalt ohne Unruhe, aber auch ohne Leichtsinn 
auszuführen. . ^ t . 
„Die produzierenden Krerse werden nrcht so uw 
vernünftia sein, Brotgetreide und andere ^cahrungs- 
mittel aus Angst vor einer Hungersnot oder gar 
aus geschäftlichen Absichten in verbotener Menge zu¬ 
rückzuhalten. Nicht erst der deutsche Biindesrat, schon 
der biblische Sinnspruchdichter hat den Wucher der 
aus der Not der Zeit Metall schlagen will, ern fluch- 
würdiges Verbrechen am Volk genannt „Wer Korn 
zurückhält, wird vom Volke verflucht. Segen aber 
kommt auf das Haupt derer, die es zu Markt orm* 
gen." (Spr. 11,26.) 
„Die einzelnen Haushaltungen werden den Mehr¬ 
verbrauch, insbesondere von Weizenmehl, haushäl¬ 
terisch nach den staatlichen Vorschriften regeln und 
die Jugend strenge anhalten, auch die lleberreste 
von Tisch und Küche in irgend einer Weiseauszu- 
nützen und nicht zu verschleudern. Das ist nicht 
erst ein Zeitgebot von heute, das ist ein Gottesgcbot 
aus dem hl. Evangelium. Bei der Brötvermehrung 
in der Wüste hat Ehnstus dem Volke „Gersteiibrote 
(Joh. 6, 9), also Kriegsbrot von der mindesten 
Mehlsorte gereicht, und als sie satt geworden waren, 
prach er zu seinen Jüngern: „Dammelt dre 
Brockenüberreste, damit sie nicht zu 
G r u n d e g e h e n" (6, 12). Und sie hoben die 
Brotreste sorgsam auf „und die Ueberreste von den 
Tischen" (6, 13; Mark. 6, 43). 
„Jeder einzelne soll dem Volksganzen zu lreb 
seine persönliche Koswrdnung einfacher gestalten, rm 
Essen und Trinken allem überflüssigen -"uxus ent¬ 
sagen und so mit einem kleinen tagtäglichen Opfer 
dem Opferleben des Volles sich anschließen Man 
hat dieses Fastengebot des Krieges eine Schule deut¬ 
scher Einfachheit, heilsamer Abhärtung und gesun¬ 
der Selbstbeherrschung genannt- Gerade jetzt in der 
Fastenzeit dürfen wir gerade daran erinnern, daß 
das Fastengebot der Kirche, besonders der 
Verzicht auf Fleischgenuß an den Freitagen, eine 
gute Vorschule für das Fastengebot des 
Krieges war. Ihr habt im Frieden ohne wirt¬ 
schaftliche Not die Tugend der Entsagung geübt und 
werdet jetzt leicht aus der Not eine Tugend machen- 
„Am kürzesten sind die neuen Brotgesetze des 
Krieges in der alten Vaterunserbitte nredergelegt: 
Unser tägliches Brot gib uns heute! Wir beten da 
um unser einfaches Brot, nicht um Kuchen aus 
Feimnehl, nicht um Leckerbisien der Gaumenlust. 
Mr beten um das t ä g l i che Brot, nicht um Ueber- 
flutz und Vorräte für Jahre und Jahrzehnte. Wir 
beten um unser tägliches Brot, weil wir alle das 
Brot mit einander teilen und namentlich für die 
vielen Waisenkinder Sorgen tragen sollen, die 
den Vater im Kriege verloren haben; 
Kinder sind die besonderen Schützlinge des Valer- 
unsers. Wir beten, daß Gott dieses Brot uns gebe, 
und lernen dadurch in der Schule der vierten Bitte 
das Brot als Gottesgabe wieder schäyen und selbst 
die Brosamen mit Ehrfurcht behandeln. Die neuen 
Vorschriften über das Kriegsbrot sind also nichts an¬ 
deres, als neue Ausführungsbestimmnngen über 
die alte Vaterunserbitte: Unser tägliches Brot gib 
uns heute!" _ 
Die Gamaschen der Reuralitäl. 
Die nachstehende Geschichte fft nicht eine Satire, 
sondern die getreue Wiedergabe eines Begebnisse-, 
in dem Amerikas „neutraler" Staatssekretär William 
Jennings Bryan und der hochwürdige Pfarre John 
P. Peifer in Lonisville, Kentucky, die Hauptrollen 
spielen, und dos im „Lonisville Argus" zu Nutz und 
Frommen der Mit- u!nd Nachwell erzählt wird. . 
Ein Verwandter des genannten Geistlichen, ern 
deuffcher, gegenwärtig in Frankreich kämpfender Sol¬ 
dat, schrieb dem Herrn Pfarrer einen Brief, worin 
er u. a. sagte, wenn der liebe Verwandte vielleicht 
Liebesgaben zu senden bereit sei, so mö^erühn^vor 
^Dein Haß hat demen Bruder Vernichter. Und 
eine Vergeltung wird kommen. Ehe ich an die 
Schuld von Hans glaube, halte ich es noch mehr 
für denkbar, daß du es getan, um freien Weg fiu- 
dich, eben gegen Hans zu erhalten, da der Vater 
ihn immer noch liebte." 
„Ich! So soll ich, der immer nur der war, de» 
die Fußtritte trafen, nun diese Schuld aufgebürdet 
erhalten? Ist vom Fälscher zum Mörder ein so 
weiter Weg?" 
„Dein Hatz hat es getan!" 
„Hätte ich ihn doch nicht geschont! Sinn muß rch 
für den anderen auch solchen Verdacht ertragen! ' 
„Du wirst es nicht lange hören müssen, denn 
ich werde von hier gehen, wo ich ja doch kein Recht 
zum Bleiben habe." 
Und bei dieser Erklärung stand sie auch schon 
vor der Türe und griff nach der Klinke. 
„So gehe! Vielleicht jst es besser sür uns beide. 
Gehe und siehe, oh du in der Fremde draußen so 
rasch eine Heimat sinken wirst. Ich halle dich 
nicht!" 
Da hatte Klara von Hassenfeld auch schon die 
Türe hinter sich geschlossen. 
— Ende der Vorgejchichte. —■ 
Nach drei Jahren. 
1. Kapitel. 
Trotz der späten Nachtstunde strömten von alle». 
Seiten dichte Menschenmasien der Wilhelmstraße zi» 
und Kopf an Kops staunten sie sich vor dem Palais 
des Reichskanzlers- 
Tausende, die von der Stunde dieser schicksalck 
schwersten Entscheidung ergriffen waren, wollten in 
diesem Augenblicke dem verantwortlichen Kanzle» 
ihre Zusttimnung bekunden und Zeugnis dafür ab- 
legen, wie sehr jeder einzelne bereit sein würde, 
Gut und Blut der Ehre des Vaterlandes opfern. 
In all den schiebenden Massen war nur ein 
Wille, jubelnd die Freude auszudrücken, daß die 
Enffcheidung nach dem schnöden Verrate der Mosko¬ 
witer gerade so ausgefallen war, wie es sich einzig 
, nnt der Würde des Reiches vertrug. 
(Fortsetzung folgt.)
	        
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