Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

... .. hpt €5omt» und Feiertage. 
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nt. 66. 
Erstes Blatt. 
Samstag den 20. HTärz 1915. 
42. Jahrgang. 
Deuijcher Reichstag. 
Sitzung vom iS. März. 
Siie zweite Lelung deS Etats wird fortgesetzt und 
*«Jr beim Etat über den allgenieinen Pei»ro„ssonds. . 
hierzu liegt eine Resolution der Komm,,ston vor aus 
Einbringung eines Gesetzentwurfes über die KriegS- 
invalidenversorgung. .... . .. 
Abg. Meyer-Hersord (nU.) berichtet über die Ver¬ 
handlungen der Kommission und befürwortet die Reso¬ 
lution. da die jetzigen gesetzlichen Maßnahmen nicht auS- 
ie,1ü:et Etat wird bewilligt und die Resolution ange- 
noaunen-ol^ ^ ^ Reichsamts deS Jn- 
"b Zunächst wird über die ErnährungS- und 
SrieaSlieferungsfragen verhandelt. 
Abg. Graf Wrftarp (kmis.) berichtet über dre Ver- 
Handlungen der Kooimission. Der Plan, darDeutsche 
Voll aushungern zu wollen, ist eine Kriegsuhrung ck 
gegen unsere Truppen, sondern gegen unser Wirtschafts¬ 
leben. gegen unsere Frauen und Kinder. Be.,PieU°s ist 
die einmütige Entschlossenheit des deutschen Volkes, die- 
fen Plan nicht zur Durchführung gelangen zu lasten. L.» 
i$i gewillt, jedes Opfer pnd jede Einschränkung auf ,ich 
*u nehmen. Anerkannt wurde auch ln der Kommission, 
daß der Landwirtschaft auS der Lösung der Aufgabe 
der Volksernährung große Schwierigkeiten und Opfer 
erwachsen. Man erklärte, sich gegenseitig zu helfen, so 
aut es gehe. Allgemein war man überzeugt, daß die vor¬ 
handenen Vorräte an Getreide und Mehl bis zur näch¬ 
sten Ernte bei den bisherigen Maßnahmen vollkommen 
ausrerchcn, ja daß noch eine Reserve übrig bleibe. Es 
wurde eine alsbaldige allgemeine Festfctzung möglichst 
billiger Höchstpreise für Brot und Mehl entsprechend den 
Getreidepreisen durch die Kricgsgetreidegesellschaft und 
die Ortsbehörden gewünscht und eine entsprechende Re¬ 
solution vorgeschlagen. In einer weiteren Resolution 
wurde die Festsetzung von Höchstpreisen der Futtermittel 
im Kleinhandel entsprechend den Großhandelspreisen ge¬ 
wünscht. Ferner wurde gefordert die rascheste Bestände- 
eriiiittclung an Schweinen und Kartoffeln nach dem 15. 
März 1915 und Festsetzung von Höchstpreisen für Zwi¬ 
schen- und Kleinhandel. Eine allgemeine Beschlagnahme 
der Kartoffelvorräte wurde abgelehnt, doch soll als Re¬ 
serve für die letzten Monate vor der neuen Ernte ein 
Bestand durch Ankäufe für das Reich zurückgestellt wer¬ 
den. Anerkannt wurde die Notwendigkeit schleunigster 
Verminderung des Schweinebeslandes wegen der Verfüt- 
terunnsgefabr. Klagen über die Kriegslieferungen be¬ 
zogen sich namentlich auf eine üble Art Zwischenhandel. 
Auch die Auswüchse des JnseratenwesenS wurden be- 
fproclien. Die unbegründete Steigerung der Rohstoff¬ 
preise bedeute eine Schädigung der Militärverwaltung 
-und deS Wirtschaftslebens. Im übrigen verdienten 
Industrie, Handel und Handwerk voll Anerkennung für 
das, was sie für die Heeresverwaltung geleistet haben. 
(Bravo!) Die Maßnahmen der Regierung für den Ver¬ 
brauch und die Erzeugung wurden von der Kommission 
als uiibedingt erforderlich anerkannt. Keine Rücksicht 
auf das Ausland darf uns davon abhalten, auszuspre¬ 
chen. daß d i e L a g e d u r ch a u S e r n st ist, daß sie An¬ 
laß gibt zu ernster Mahnung an unser Volk, alle An- 
or d n ung en, die auf sparsame Verwendung 
der vorhandenen Vorräte hinzielen, wil¬ 
lig und pflichtgemäß zu befolgen. Alles, was 
wir in der Heimat leisten, ist nichts im Vergleich mit 
dem Heldentum draußen im Felde. Die Kommission war 
unbedingt der Ueberzeugung, daß das Durchhalten ge¬ 
sichert erscheint und daß nickt zu befürchten ist, daß der 
Aushungecuiigsplan unserer Feinde zur Durchführung 
kommen wird. (Lebh. Beifall.) - 
Da» Wort wird nicht weiter verlangt. DaS HauS 
tritt in die Beratung der Sozialpolitik ein. 
Abg. Gras Wcstarp (kons.) berichtet auch über diesen 
Teil der Kommissionsverhandlungen. 
Abg. Dchmidt-Berlin (S^.): Die Arberterorganisa- 
ttonen haben ihre bedeutenden Vermögensbeslände für 
die Hiiilerbliebenen der Kriegsteilnehmer ausgewendet. 
Auch die Mehrzahl der Unlernehmerorganisalionen hat 
volles Verständnis für die Aufgaben auf diesem Gebiete 
Gezeigt. Leider hat der Bergbau seine alte Unnahbar- 
eit bewahrt. Nach Sckstuß des Krieges werden die Ver¬ 
hältnisse auf dem Arbeitsmarkte sich noch erheblich 
schwieriger gestalten. Die Arbeitslosenunterstützung ist 
nach dem Kriege, wenn die Masten zu den Arbeits¬ 
stätten zurückfluten, unbedingt notwendig. Die Unter¬ 
stützungsbeträge müsten unbedingt heraufgesetzt werden. 
Eine Aenderung der Vereinsgesetze von 1808 ist im 
Interesse der Gewerkschaften nötig. 
Abg. GirSbcrt» (Ztr.): Die Notwendigkeit einer gu¬ 
ten Organisation deS Arbeitsnachweises hat sich 
gerade au« den Umwälzungen im Wirtschaftsleben wäh¬ 
rend des Kriege« besonder» deutlich ergeben. Die Frage 
der Arbeitslosenversicherung ist beim Aus- 
beuch de» Kriege» durch die Fürsorge der Gemeinden 
Ez plötzlich gelöst worden. Voraussetzung für solche 
-sorge ist eine gutgeregelte ArbeitSvermittliing. Die 
«ilerorganisationen aller Richtungen haben jetzt 
ihren hohen Wert betviesen, und Behörden und Arbeit¬ 
geber erkennen daS unumwunden an, nur die Gro߬ 
industrie Rheinland» und Westfalens ausgenommen, 
was wir mit dem Vorredner bedauern. Wenn auf 
irgendeinem Gebiete es nötig ist. daß Unternehmer und 
Arbeiterschaft Hand in Hand gehen, so ist da» im Berg, 
bo». Für die Kriegsinvaliden mutz durch eine umfang, 
reiche Organisation alles geschehen, was irgend möglich 
'ft- Verhindern müsten wir unter allen Umständen, 
daß späterhin einmal der Kriegsinvalide ein politische- 
«gftationsmittel wird. Wir müsten militärisch, wirf- 
'chosUich und finanziell durchhalten, dann wird auch 
{L™> bem Kriege unser Wirtschaftsleben wieder zu neuer 
^ ot\ Oettninen. (ffleif. im Ztr.) 
Abg. Bagermann (ntl.): ES ist eine Ehrenpflicht, 
kur unsere Kriegs! nvaliden zu sorgen. Die vorbeugende, 
sürsorgrnde Tätigkeit des Präsidenten des Reichsversichc- 
^"OSaniteS speziell auf dem Gebiete de» Heilverfahrens 
serdlent volle Anerkennung und die ausgezeichneten Ar- 
foHonen haben sich voll bewährt. Wir em- 
iri ">e Annahme unserer Resolution, die darauf 
Hmziett, nach dem FrtedenSschlutz alsbald wieder in ge» 
■ toirMcfiaftndfte Bahnen zu gelangen. (Beifall.) 
DtaatSsekrrtür Dr. Delbrück: Bezüglich der in der 
Kommission und heute hier ausgesprochenen Wünsch« 
auk eine Abänderung des Gesetzes über die Unter, 
st ü h u n g v o n Familien in den Militärdienst ein- 
getretener Mannschaften halte ich eS für eine Pflicht 
des welcheS und der verbündeten Nea^erun^en. da- 
für Sorge zu tragen, daß niemand von den An. 
$Le * ® I * 8 * kfm, die an den Grenzen des Reicher 
str besten Sicherheit kämpfen. N o t l e i d e. (Bravo!) 
Wtr haben den Kreis der UnterstützunflSberechtigten 
«na Letter gezogen, als dar Gesetz vorschreibt. Wir 
sind bereit, noch weiter zu geben. Wir sind auch bereit, 
die in Aussicht genommene Ermäßigung^ der Unter¬ 
stützungen fallen zu lassen. Es ist Ehrensache für das 
Reich und seine Leitung, aus dem >oz!alpol>ii>chen Ge¬ 
biet alles zu tun, was nach Lage der Verhältnisse, na¬ 
mentlich der Finanzverbältniste geschehen .ann. i'-eit.) 
Dbg. Weinhausen (g. Vt>t.): AuS der Antwort des 
Staatssekretärs ist zu entnehmen, daß nur wenig von 
unseren Wünschen in die Praxis umgesetzr werden pu 
Wir müsten auch in Zukunft weiterhin praktifche -So¬ 
zialpolitik treiben. (Beif. links ) 
Nach einer persönliche» Auseinandersetzung zwischen 
Staatssekretär Dr, Delbrück und dem Aba. Weinbaiiken 
empfiehlt Abg. Frhrrnbach einen Antrag, die Resolution, 
die ein Verbot der Verwendung von Getreide. Obst und 
Zucker zur Herstellung von Spiritus herbcisuhren soll, 
dahin Zu ändern, datz nur Karlosseln und (^etrelde Zu 
Spiritus verarveitel werden dürfen. 
Staatssekretär Dr. Delbrück: Ern absolutes Verbot 
der Schnapsbrennereien würde direkt unwirtschaftlich 
sein. Der Schnapsausschank kann ganz oder teilweise 
untersagt werden. ~ r 
Nach weiterer kurzer Debatte schließt die Bc,pre- 
chung. Es folgt die Besprechung der inneren Po¬ 
litik, Press czensur, Belagerungszu st and 
und Ausnahmegesetze. ....... .. _ 
Abg. Graf Westarp (kons.) berichtet über die Kom¬ 
missionsverhandlungen. 
Darauf wird die Weiterberatung au, Samstag-ver- 
tagt. Vertagung des Reichstages; Fortsetzung der Etats¬ 
beratungen. 
Die Kriegslage. 
Angefeuert durch den von Lügen strotzenden Auf¬ 
ruf der französischen Heeresleitung greifen die Fran¬ 
zosen imnier und imnier wieder in der Cham¬ 
pagne an. Es kann einem um die vielen unnötig 
geopferten Leute leid tun, die in guten, Glauben 
gegen unsere Stellungen anrennen und zu chrem 
eigenen Leidwesen erkennen niüssen, daß die deutschen 
Linien noch nicht erschüttert und die deutschen Sol¬ 
daten noch nicht verhungert sind. Man muß immer 
wieder betonen, daß es recht schlecht um die Moral 
m den französischen Truppen aussehen muß, wenn sie 
solcher AnfeuerungSmittel bedürfen. Von der 
obersten französischen Heeresleitung ist es aber sehr 
gut verständlich, daß sie zu diesem Mittel greift, da 
sie diese Stimmung in der Truppe erkannt hat und 
zu retten sucht, tvaS zu retten ist. So stürmten die 
Franzosen wieder gegen unsere Stellungen bei Le 
Mesnil und Beau Ssjour an, nichts weiter erzielend 
als schwere Verluste. Auch bei Verdun machten sie 
mehrere Vorstöße, die erfolglos blieben und in der 
W o e v r e - Ebene wurden sie gleichfalls abge¬ 
wiesen. 
Ten russischen Heerhaufen, die in dem nördlich¬ 
sten Zipfel von Deutschland eingedrungen sind, ist es 
gelungen, Nach Memel vorzudringen und einzelne, 
anscheinend schwache Abtellungen, sind in Memel 
selbst eingedrunaen. Tie deutsche oberste Heeres¬ 
leitung bemerkt dazu, daß Gegenmaßregeln getrosten 
seien; es ist wahrscheinlck. daß die russischen Horden 
sich jetzt schon auf dem Rückzug befinden. Verschie¬ 
dentlich ist behauptet worden, daß das Auftreten die¬ 
ser Horden darauf hindeutete, daß in dem Faß der 
russischen Rekrutierung schon der Hoden zu sehen fei. 
Diese Ansicht dürste wohl nicht zutreffen. Man wird 
sich daran erinnern, daß unser Landsttirm, teilweise 
gleich bei Beginn der Mobilmachung, eingezogen ist, 
um als Babnwachen usw. Verwendung zu finden, ja 
stellenweise ist er direkt in das Gefecht mit hineinge- 
zogen worden. So ähnlich wird es wohl auch in Ru߬ 
land sein. Menschen hat Rußland noch mehr als 
genug, allerdings mangelt es an ousgebildeten Sol¬ 
daten. — Weitere russische Anariste zwischen der 
Pissek und dem Orzvc, sowie nordöstlich und westsich 
von Prasznysz, wurden abgeschlagen, teilweise 
unter sehr schweren Verlusten, die einen anderen 
Staat als Rußland außerordentlich schwächen wür¬ 
den, so aber leider nur eine gettnqere Rolle spielen. 
Immerhin behält auch hier das Svrichlvort: „Unter 
Tropfen holt den Stein" seine Geltung. 
Der Kries im fflesten. 
Die französischen Tagesberichte. 
Pari«, 18. März 1015. Am Donnerstag wurden fol¬ 
gende amtlichen Berichte ausgegeben: Nachmittags: Die 
belgische Armee fuhr fort, an derDser Fortschritte z» 
macken. Ihre Artillerie kanonierte eine Kolonne aus 
der Straße von Dixmuiden nach Gesten (südlich von Dix- 
muidenl. Von der LyS zur Oise Artillerieaktionen. Der 
Feind bombardierte namentlich den Vorsprung von 
Notre Dame de Lorette und die Dörfer Carnoy und 
MaricourtS (südöstlich von Albert). Nichts Neues über 
die Operationen in der Champagne. In Lothringen Ar¬ 
tillerieduell. Einer unserer Flieger beschoß den Bahn¬ 
hof von Couflans. — Ein Zeppelin hat auf Calais 
Bomben geworfen. Er zielte auf den Bahnhof, ricktete 
zwar keinen materiellen Schaden an (?!), tötete jedoch 
sieben Angestellte. In der Champagne haben wir 
westlich, nördlich und östlich des Höhenrückens 196, nord¬ 
östlich von Le MeSnil merkliche Gewinne erzielt. Der 
Feind hat einen Gegenangriff unternommen, wurde fe- 
doch zurückgeschlagen. Unser Gewinn vergrößerte sich 
nach Osten zu in der Schluckt, die vom Höhenrücken 196 
in der Richtung auf Beausejour verläuft. Im Walde 
von Consenvoye, nördlich von Verdun, haben wir zwei 
deutsche Schützengräben genommen und Gefangene ge¬ 
macht. Beim Hartmannsweilerkopf haben wir 
in unseren vorderen Stellungen ein wenig Boden ge¬ 
wonnen. Die Verluste des Feindes sind sehr erheblich, 
seine Schützengräben sind voll von Toten 
Dünkirchen im Dunkeln. 
„Telegraaf" meldet aus Dünkirchen: Te'ftsche 
Tauben lassen Dünkirchen in letzter Zeit in Ruhe. 
Der letzte große Nachtangriff forderte nach offiziel¬ 
len Angaben 102 Tote. In der Stadt ist für Hun- 
derttousende, im Hafen für Millionen Schaden an- 
aerichtef worden. Verwundungen durch Lustbom¬ 
ben scheinen nie zu heilen, die Getroffenen sterben 
an Blutvergiftung. Wenn der Wind in der Rich» 
tung der Uer wähl, hört man Kai.onendonner; die 
Häuser und Möbel zittern und beben. Die Stadt¬ 
tore werden allabendlich um 7 Uhr geschlossen. Um 
8 Uhr ist alles dunkel. 300 Personen sind verur- 
leilt worden, weil Licht durch ihre Fensterläden 
schien, (ctr. bln.) 
Die Bombcnwürsc auf Schlettstadt. 
Zu den Bombenwürfen über Schlettstadt 
schreibt das .Schlettstadter Tagblakt':, Gegen 4 Uhr 
nachmittags, kur; vor Schulfchluß, erschien ein feind¬ 
licher Flieger über Schlettstadt. Er warf sechs 
Bomben ab und zwar auf die Fabrik Lang, das 
Notariat Grasier am Weinmarkt, das Haue- Waag 
in der Salzgasse, das Haus Rohmer in der Plau¬ 
dergaste, das Pfarrhaus St. Fides und endlich auf 
den Krautmarkt gegenüber dem Lehrer in u c n- 
seminar. Diese Bombe hatte eine entsetzliche 
Wirkung. Der Mittelschüler Stumpf, der^Sohn 
eines Bahnverwalters, war sofort tot, die Schüler 
Röther und Kirchner wurden schwer,verletz!. Die 
achtzehnjährige Seminaristin Straffer (Sablon) 
wurde sofort getötet, die Seminaristin Mohr wurde 
schwer verletzt. Sie- ist später gestorben. Bier 
Seminaristinnen haben leichtere Verletzungen er¬ 
litten. Schwer verletzt wurden außerdem der Rei¬ 
sende Schütz, der Schüler Schwartz, die Ehefrau 
Forjonnel und der Lehrling Arbogast. Durch 
Glasspliiter wurden mehrere Personen leichter ver¬ 
letzt. Der Flieger wurde vergeblich beschossen, er 
entkam in südlicher Richtung. 
Ein Soldaten-Dorf. 
Vom Gebirgskrieg in den Vogesen geht der 
.Neuen Züricher Zeitung' folgendeSchilderung eines 
Soldatendorfs hinter den deutschen Schützengräben zu: 
Ties im Walde versteckt, in ganz geschützter Lage, 
liegt ein Soldatendorf mit allen möglichen Bequemlich¬ 
keiten. „I n d i a n e r d o r f" wird es im Soldatenmunde 
auch genannt. Da gibt es geräumige Küchen, in denen 
das schmorende Schweinefleisch gar lieblich duftet und 
daS Sauerkraut verlockend dampft. D i e Leute leben 
herrlich. Auch eine mit schwarz-weitz-roten Fähnchen 
emückte Marketendcrei gibt es da — freilich ohne 
ketenderin —, wo Wein und Schnäpse, zuweilen 
auch bayerisches Bier eingeschenkt werden. In der Nähe 
des Soldatendorfes ist ein laufender Brunnen mit ge¬ 
deckter Feuerstelle. Da finden die Leute stets warmes 
Wasser zum Reinigen des Körpers und der Leibwäsche. 
Ein Tlefbautechniker aus der Truppe hat die Quelle 
entdeckt und gefaßt. Vor dem Offlziersquarticr „Villa 
Weldfri.'de" begrüßt mich ein Kompagniesührer, der in 
?riedenszeiten der edlen Kunst der Malerei obliegt 
„Ab, sie kennen wir schon," erwidert er lebhaft, wie 
ich mich ihm vorstelle. „Ihre Kriegsberichte kommen 
auch zu uns." Auch hier sind Schweizer Zeitungen 
häufige und gerngesehene Gäste. Etwas abseits des 
Dorfes liegt die von der Truppe selbst gebaute Wald- 
k a pe l l e. Der etwas verblichene Schmuck der W-ihriachts- 
fcier hängt noch drin und dran. Hier wurde im Freien, 
mitten im Walde, unter dem Sternenzelt, im blitzenden 
Schnee am heiligen Christabend eine ergreifende Weih¬ 
nachtsfeier abgehaltcn, wie mir der Kompagnieführer 
erzählt. Ein unsichtbarer Chor sang hinter der Kapelle 
„Stille Nacht", in der offenen Halle leuchtete der 
Christbaum. Alle Leute waren hingerissen von der Weihe 
dieser Feier. Am Sonntag wird hier stets Waldgottes¬ 
dienst abgehalten Nickt von Anfang an sah es da oben 
in den Bergen so gemütlich auS Noch sind im Walde 
die jetzt verfallenden Erdhütten und Baumzelie sichtbar, 
in denen die Truppen, bald Franzosen, bald Deutsche 
ihre erste Unterkunft gesucht hatten. Jetzt ist man so¬ 
weit, daß die Blockhütten und Unterstände bald elek¬ 
trische Beleuchtung haben werden. DaS Licht» 
und Kraftwerk ist schon fertig gestellt Angenehm be- 
rührt es den Naturfreund, in diesem schönen Waldre¬ 
vier nirgends zerbrochene Flaschen, nirgends Unrat zu 
finden Die Abfälle werden in Kisten oder Sacken ge¬ 
sammelt, um ins Tal abgefübrt und als Schweinefutter 
verwendet zu werden. 
Englands Munitionsverbrauch 
Der „Boss. Ztg." zufolge meldet die Kopenhage- 
ner „Nanonaltidende" aus London: Kitchöners gest- 
rige Rede verbreitete nicht viel Licht über die S!el- 
luna auf dem Kriegsschauplatz. Außer daß er mehr 
K r r e g s ma 1 e r i a l verlangte und erklärte, das 
Land könne sicher sein, daß die Dinge gut ständen, 
sagte er eigentlich nichts. Es steht also fest, daß die 
englischen Fabriken nicht genug Munition 
für die Front Herstellen. Diese bedeutungsvolle Er¬ 
klärung wird wahrscheinlich bewirken, daß die noch 
nicht beigclegten oder drohenden A r b e i t s st r e i- 
t i g k e i t e n beigelegt oder abgewehrt werden. Die 
Mitteilung des Königs, daß Arbeiter in Fabriken 
für Kriegsmaterial ebenso mit der Kriegsmeda lle 
ausgezeichnet werden können wie die akliven Trup¬ 
pen, habe aufmunternd gewirkt. Die ganze Presse 
bringt Attikel über den ungeheuren Muni¬ 
tionsverbrauch der Artillerie. Gnz 
besonders viel wurde bei Neuve-Cüap«lle 
verbraucht, (ctr. bln.) 
Das englische Dreimillionenheer ein frommer Wunsch. 
wtt, Amsterdam, 16. März 1915. „Nieuves van 
den Dag" schreibt in einer Kriegsübersicht: Es ist be¬ 
sonders bemerkenswett, daß man in letzter Zeit be¬ 
sonders wenig über Rekrutierung und neue Ärnieen 
hött. Wir haben beispielsweise nie gehört, daß 
Kitcheners zweite halbe Million voll ist. 
Tie Sacke dürste sich so Verhalten, daß die Schwiettg- 
keiten wittschaftlicker und sozialer Att so aroß sind, 
daß sich viele Engländer wenig geneiat fühlen, durch 
Entsendung weiterer Armeen nach dem Kontinent 
diese Schwierigkeiten noch vergrößern. Sie glauben 
wohl, daß England ohnehin genug geleistet 
habe. 
Der IMelsRrleg setzen Ensianl 
Ein neues U-Boot-Opfer. 
London, 19. März 1915. Reuter meldet: Das 
englische Tampfsckäsf „G l« n a rin e y", ias von 
Bangkok nach London mit Reis unterwegs war, ist 
gestern morgen im Kanal torpediert worden 
Ein Mann der Besatzung cttrank. Das Schiff sank 
innerhalb einer halben Stunde. „Glenartney" h .tte 
5200 Tonnen, war 1911 gebaut und gehört nach 
Glasgow, (ctr. bln.) 
Ter Dampfer „Glenartneh" ist 1912 erbaut unk 
hat eine Wasserverdrängung von über 5000 Tonnen 
Unsere „U"-Bootc. 
vitb. Rotterdam, 19. März 1915. Ter ,Nicuw» 
Rotierdamsche Courant' meldet: Die englischen 
Dampfer „Advocat" und „Lestris", die in der Nord¬ 
see von deutschen Unterseebooten verfolgt wurden, 
sind gestern hier angekommen. Der Kapitän des 
„Advocat" sagte aus, sein Schiff sei einem deut¬ 
schen Unterseeboot vier Meilen von der hol¬ 
ländischen Küste entfernt begegnet. England besitzt 
keinen so großen Typ, wie dieser deutsche sei. 
Die Torpedierung der Dampfer 
„Fingal" und „Atlanta". 
wtb London, 19. März 1915. Wie die Preßasso» 
ciation meldet, wurde dir Dampfer „F i n g a l", der 
ungefähr 2000 Tonnen groß ist und zwischen London 
und Leith verkehtt, am Blontag vormittag in der 
Nähe der Mündung des Flusses Coquet an der Küste 
von Notthumberland torpediert. Von der 27 
Mann statten Besatzung sind sechs ertrunken. 
Einer der Ueberlebendcn erzählte, der ganze Boden 
des „Fingal" müsse aufgettssen worden sein, da das 
Schiff binnen zwei Minuten untcrgegangen sei. ^ Die 
Zeit hätte kaum genügt, eines der Boote abzuschnei- 
den, in das einige hineinsprangen. Tie anderen seien 
in See gesprungen und von den Kameraden ausge¬ 
fischt worden. Bald darauf habe sie ein vorbeifcchrcn- 
des Fischcrfahrzeug gerettet und in Nortshields ge¬ 
landet. Aus derselben Quelle wird gemeldet, daß 
der Danlpfer „Atlanta" am Sonntag früh mit 
Stückgut beladen die Galways Docks verlassen habe. 
Fünf Meilen von der Jnishturkinsel habe der Kapi¬ 
tän das Pettskop eines Unterseebootes gesehen, das 
Augenscheinlich das Schiff verfolgte. Ter Kapitäu 
habe Bolldampf gegebm und begonnen, als dag 
Untersteboot schon ziemlich nahe war, einen Zickzack¬ 
kurs zul steuern. Die Geschwindigkeit der „Atlanta" 
sei aber nicht halb so groß gewesen wie die des Unter¬ 
seebootes, sodaß dieses fast bis auf Rufweite heraii- 
gekomrncn fei und zu feuern begonnen habe. Als 
d:r Kapitän gesehen habe, daß keine Aussicht auf ein 
Entkommen war, habe er die Besatzung in die Boote 
gehen lassen. Bald daraus hätten sie die „Atlanta" 
in Flammen gesehen; das Unterseeboot sei eiligst 
gegen Südwest verschwunden. Tie Besatzung habe 
nach mehreren Stunden Jnishbofftn erreicht. 
Die Kriegsjacht ohne Flagge. 
wtb Berlin, 19. März 1915. Tie britische Admi¬ 
ralität ließ an, 13. März eine Ettlärung veröffent- 
lick>en, die auf die bekannte Beschießung eines 
deutschen Unterseebootes durch eine eng¬ 
lische D a m p f j a ch t in der Irischen See am 
1. Februar sich bezieht. Entgegen der deutschen 
Darstellung bchauptet die Admiralität, daß die 
Dampfjacht „Bonduro", die als „bewaffnetes Hilfs¬ 
kriegsschiff" bezeichnet wird, vor der Eröffnung des 
Feuers auf das Unterseeboot die Kriegsflaage 
gezeigt habe. — Diese Behauptung der englischen 
Admiralität ist unrichtig. Die Jacht beschoß 
das über Wasser fahrende Unterseeboot aus 5000 bis 
6000 Meter überrasck-end. Weder bei der Eröffnung 
des Feuers noch während der Abgabe von noch etwa 
10 weiteren Schüssen zeigte die Jacht eine Flagge, 
stkackdem das Boot getaucht trat,, ließ der Komman¬ 
dant des Untetteeboote« durch einen zweiten Beob¬ 
achter ausdrücklich stststclle'i, d-rß die Jacht auch 
dann noch keine Flaoge führte. 
Amerika lehnt die englische Note ab. 
Laut der „Köln. Ztg." meldet das Baz Diazschl 
Bureau aus London, daß die Vereinigten Staaten 
die britische Note über die Blockade nicht an¬ 
nehmen, sondern daß sie zur Kenntnis der Ver¬ 
bündeten bringen werden, sie würden die in der 
Note enthaltenen Maßnahmen als in Widerspruch 
zu den Gesetzen und Bräuchen des Seekriegs stehend 
ansehen. 
Der Kries rem RassHml 
Ueber den russischen Vandalismus n» Ostpreutze« 
machte der Qberpräsidcnt dies>-r Provinz in einem 
im Sitzungssaalc des preußischen i'chgeordnetenbau- 
ses gehaltenen Vortrage Mitteilungen, die auch die 
schlimmsten Befürchtungen noch übcrbieten. Bei 
dem ersten Russeneinpi'.l wurden 10 000 Gebäude 
niedergebrannt, 2000 Personen ermordet, 4000 wcg- 
geschleppt. Bon den 15 000 Menschen, die im No¬ 
vember zurückblieben, wurden 4000 ermordet oder 
verschleppt. Ueber 80 000 Wohnungen wurden ihres 
Hausrats beraubt, der.in Lastzügen über die Grenze 
geschafft wurde- Noch jeht sind 300 000 Flüchtlinge 
außer Landes, deren Zurückführung eine Hauplsorge 
der Verwaltung bildet. Der Präsident sprach wie¬ 
derholt seinen herzlichen Tanr aus für die aufrich¬ 
tige Teilnahme und die bereitwillige Unterstützung 
des Wiederaufbaues der Provinz durch das ganze 
oculjche Volk. Nach einer Mitteilung des preußi¬ 
schen Ministers der öffentlichen Arbeiten wird der 
Gesamtschaden am Eistnoahnoermögen infolge des 
zweiten Einfalles der Russen , in Ostprcfirßcn auf 15 
bis 20 Millionen Matt gescyay'. 
Der rusiische Truppenersatz. 
(DDP) Von der russischen Grenze, 18. März 1915. 
Sämtliche Vorberettungsarbeichn zur Einberufung 
der Jahres kl asse 1915 sind bereits erledigt» 
sodaß die Einberufung dieser Klasse in naaster . .ett 
erfolgen wird. Allerdings dürfte die Zahl der Mili- 
tärv''lichtioen aus der Klasse 1915 die Höhe von i/£ 
Million Mann nicht übersteigen. Jedenfalls kann
	        
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