's als vollkommen ausgeschlossen gelten, daß es der
russischen Heeresverwaltung gelingen wird, die er-
rechnete Zahl von 800,000 Mann für die Aprilein-
berusung 'kiufzubringen. Es ist außer Frage, daß
die russische Heeresverwaltung auch beträchtliche
Teile der Jahresklasse 1916 unter die Fahnen rufen
wird. Tie neuen Maßnahmen des Kriegsministeri¬
ums rusen im ganzen Lande berechtigtes Auf¬
sehen hervor, denn nichts beweist dem Volke deut¬
licher, wie entsetzlich die russischen Ver¬
tu st e im bisherigen Kricgsvcrlaufe gewesen sind,
als die Neucinberüfungen. Man fürchtet allgemein
schwere Störungen der Volkswirtschaft durch neue
Massenentzichung von Arbeitskräften. Auch Mu¬
nitionsmangel und Mangel an Ge¬
schützen macht sich im russischen Heere in letzter
Zeit wieder im verstärkten Umfange bemerkbar. Tie
Russen schaffen Festungsgescbühe aus den weiter im
Innern des Reiches liegenden befestigten Orten an
die Front, da der Mangel an Geschützen an der Front
bisher absolut nicht ergänzt werden konnte.
Zwischen Njemrn und Weichsel.
wtb Zürich, 19. Mär; 1915. Der militärische
Mitarbeiter der „Reuen Züricher Zeitung" bespricht
die Lage zwischen Rjcmcn und Weichsel und betont
das bewußte Anhalten der deutschen Ver¬
folgung nach der Schlacht in Masuren durch
höheren Führerwillen. Er hebt die außerordentlich
geschickte Gruppiernug der Truppen hervor, deren
linker Flügel eine ständige Flankenbcdrohung für die
russischen Vorstöße aus der südlichen Hälfte des Rje-
mcn-Abschnittcs bilde. Zudem stände er zur freien
Verfügung des Führers. So gestaltete sich im
ersten Mörz-Trittel die Lage im Rjemen-Abschnitt
derart, daß die Rüsten von der beabsichtigten, teil¬
weise schon ins Werk gesetzten Offensive ablirßen
und nahe am Fluß im Bereiche der Festungen aus.
wichen. Ter deutsche Erfolg wäre aber um so be¬
merkenswerter, weil er nicht durch langwierige,
sondern durch eine geschickte operative Gruppierung
und rechtzeitigen Wechsel zwischen angriffsweisem
Verfahren und glücklichem andauerndem Manöv-
rieren zur gegebenen Zeit. Es sei ein neuer
Sieg, der durch die Beine gewonnen
worden wäre.
Der österreichische Tagesbericht
vetb Wien. 19. März 1915. Amtlich wird ge¬
meldet: In den Karpathen im Raume bei Lupkow
und Smolnic lebhafter Gcschützkampf. Ein auf der
Höhe südwestlich Baltigrod angcsctztcr Nachtan¬
griff der Russen wurde nach kurzem Feuerkampfe
zurückgeschlagen. Stärkere feindliche Kräfte
griffen vormittags unsere Stellungen nördlich des
Uzsoker Passes an. So wie am 14. d. M.,
wurden sie auch gestern unter schweren Ber-
lu st e n a b g e w i e s e n. — An der Schlachifront in
Südostgalizien wurde vormittags erbittert gekämpft.
Tie zahlreichen Angriffe, die der Feind diesmal
gegen ihe Mitte und den linken Flügel der Stellung
richtete, scheiterten durchweg an der festen
und standhaften Haltung unserer braven Truppen.
Ter Gegner erlitt sehr schwere Verluste. 5 Offi¬
ziere und 5 0 0 Mann des Feindes wurden ent¬
waffnet und ge s a n g e n. An den Fronten in
Westgalizicn und Polen keine Veränderung.
Der Stellvertreter des Ehess des Generalstabs:
v. H o e f e r, Feldinarschalleutnant.
M Sen- und Uebeneekries.
y- ■ - .. ; ■ ■■■ ■■■■■■.■ ■
Ein englischer Admiral ertrunken.
wtt>. London, 19. März 1915. Der britische
Kontre-Admiral Grogan, der sich 7 Jahre im Ruhe¬
stände befand und bei dem Kriegsausbrüche wieder
in Dienst getreten war, ist über Bord gefallen und
ntrunken.
Noch ein Opfer des „Prinz Eitel Friedrich".
wtb. Turin, 19. März 1915. Wie dem»Ercelsior'
aus Calais berichtet wird, ist aus Newport die Be¬
stätigung eingetroffen, daß der f r a n z ö s i s ch e D r e i -
master „ Jacobsen" damals durch den Hilfs¬
kreuzer „Prinz Eitel Friedrich" in den Grund ge¬
schossen wurde. Die gesamte Mannschaft konnte sich
aber retten und in Sicherheit bringen.
Der TQrMrleg.
Schwere Schisfsverlnfte der Ver¬
bündeten vor den Dardanellen.
Der erfreulichen Nachricht, daß vor den Darda¬
nellen das französische Panzerschiff
„Bouvet" in den Grund geschossm wurde, folgte
die ebenso erfreuliche Meldung, daß ein feindlich s
Torpedoboot znm Sinken gebracht wurde,
daß ferner ein englisches Panzerschiff v»m Jrresi-
stible-Typ kampfunfähig gnuacht und ein anderes
vom Cornwallis-Tvp derart beschädigt wurde, daß
eS aus der Kampfliu.e zurückgezogen werden mußte.
Damit aber noch nicht genug. Die offiziöse Aqence
Milli kann nunmehr melden — und die Meldung
wird vom Hauptquartier bestätigt —, daß zwei be¬
reits beschädigte englische P o n z e r s ch i ffe in
der Nacht zum Freitag zum Sinken gebracht
wurden. Herrschte in Konstantinopel schon große
Freude über den Untergang des französischen Kreu¬
zers, so wird sich letzt d>e Freude mit Recht noch un-
gemein steigern. — Wir lassen die Telegramme nach
der Zeit ihres Eintrrssens folgen.
wtb Koustantttiopcl, 19 März 1915. Ueber das
Gefecht in den Dardanellen wird ergänzend gemel¬
det: Ein Geschwader von 6 englischen und 4
französischen Linienschiffen grifs ge¬
stern vormittag 11 Uhr 30 Minuten drei Beststi-
gungcn der Dardanellen an, während andere Teile
der verbündeten Flotte in der S a r o s b u ch t ove-
riertcn. Nach heftigem Feuergefecht zogen sich die
^gegnerischen Streitkräfte um 2 Uhr 30 Minuten
'nachmittags zurück. Ein Teil des Geschwaders setzte
das Feuer bis 5 Uhr nachnnttags aus weiter Ent¬
fernung in großen Zioiichenräumen fort. Das fran-
'zösische Linienschiff „B outet" stieß nahe der Ein-
fahrt um Uhr u ichmittags auf eine Mine und
sank in drei Minuten Ein englisches Torpedo¬
boot wurde, in Grund geschossen, das englische
Linienschiff „I r r c s i st i t> l e" attionsun»
fähig, ein weiteres Linienschiff schwer b e -
schädigt.
wtb Konstantinopel, 19. März 1915. Das Haupt¬
quartier meldet: Tie f e i n d l i ch - F l o t t e, die sich
aus sechzehn Panzerschiffen, darunter vier franzö¬
sischen, drei Kreuzern und mehreren Torpedoboots-
zerstörern, zusammensetzte, eröffnete gestern vormittag
um 1114 Uhr das F e u e r gegen die Forts der Meer¬
enge. Um 3 Uhr nachmittags zog sich ein Teil der
feindlichen Flotte aus dem Bereich des Feuers unserer
Batterien zurück. Acht Panzerschiffe setzten die Be¬
schießung in langen Zwischenräumen fort, bis sie um
6 Uhr das Feuer einstelltcn und sich entfernten.
Außer dem französischen Panzer „B o u v e t" wurde
ein feindliches Torpedoboot zum Sinken ge
bracht. Ein englisches Panzerschiff vom
Typ des „Jrresistible" wurden schw-r beschä¬
digt und nahm so stark nach Backbord über, daß
seine Kanonen ins Wasser zu tauchen scheinen. Das
Schiff war außer Stande, irgendeine Bewegung aus-
zuführcn. Ein anderer Panzer „Afrika" wurde in
gleicher Weise beschädigt, neigte sich auf die Seite
und entfernte sich mit großer Mühe. Ter von unse-
rcn Geschaffen, von denen viele auch die anderen
Schiffe trafen, angerichtcte Schaden konnte nicht fest-
gestellt werden. Der harte Kampf, der sieben Sttm-
dcn dauerte, endete mit dem Siege unserer
Forts. Mit Ausnahme leichter Beschädigungen
einiger unserer Erdwerke erlitten wir keinen Schaden.
wtb. Konstantinopel, 19. März 1915.
(Nichtamtl. Tel.) Die,Agence Mili^ melde!:
Zwei englische Panzerschiffe vom
Typ „Jrresistible" und „Afrika", die be¬
reits beschädigt worden waren, sind heute
nacht durch das Feuer der türkischen Batte¬
rien zum Sinken gebracht worden.
Tie Linienschifie des Typs „Jresistible" haben
eine Wasserverdrängung von 15250 Tonnen, eine
Geschwindigkeit von 18,7 Seemeilen, eine Besatzung
von 750 Mann, sie sind armiert mit vier 30-Zcnti-
melcr-Geschützen und zwölf 15-Zentimetcr-Geschützen.
Die Linienschiffe vom Typ „Africa" sind noch
größer, sie haben eine Wasserverdrängung von 17800
Tonnen, eine Schnelligkeit von 18,9—19,8 Seemeilen,
eine Besatzung von 780 Mann. Zu der Bestückung
des Jresisiibletyps kommen noch vier 23,4-Zentimeter-
Geschütze.
Alle Forts und Batterien
vollkommen unversehrt.
vbt. Konstantinopel, 19. März 1915. Um durch
Beobachtungen unparteiischer kompetenter Zeugen die
durch das Reutersche Bureau und die Preste der
Alliierten verbreiteten lügenhaften Berichte
über die bisherigen Ergebniste der gegen die Darda¬
nellen gerichteten Operationen zu widerlegen, hatte
der Kriegsminister den amerikanischen Botschafter
M o r g e n t a u und den österreichisch-ungarischen Mili-
tärbcvollmächtigien Generalmajor Pomainkowski so¬
wie den Justizminifter Ibrahim Bey, den Senator
Marschall Fuad Pascha, die Deputierten Ali, Baidar
und Ridat und mehrere andere Persönlichkeiten ein¬
geladen, die Dardanellen zu besichtigen. Die genann¬
ten Persönlichkeiten, die von der Besichtigung bereits
zurückgekehrl sind, nahmen alle wichtigeren Vertei¬
digungsobjekte in Augenschein und stellten fest, daß
alle Forts uud Batterien ohne Ausnahme mit
Einschluß sämtlicher Geschütze vollkommen un¬
versehrt und die sie verteidigenden Offiziere und
Mannschaften von herrlichem Geiste erfüllt und voll
unerschütterlichen Vertrauens sind. Eingehende Be¬
richte aus neutraler Ouelle in Smyrna stellen neuer¬
dings den vollständigen Mißerfolg der letzten
Beschießung von Smyrna durch die feindliche
Flotte fest. Von 500 Schüssen, welche die englischen
und französischen Kriegsschiffe abgaben, erreichten
nur vier ihr Ziel. Die türkischen Forts erwider¬
ten das Feuer tapfer und mit vielem Erfolg. Die
Bewohner der Stadt gingen ruhig ihres Weges und
hatten nur Worte des Spottes für die Ungeschicklich¬
keit der feindlichen Flotte.
Der Kreuzer „Amethyst".
Basel, 19. März 1915. Wie die „Basler Nach¬
richten" melden, liegt der englische Kreuzer
„Amethyst", der in den Dardanellen beschossen
wurde, schwer beschädigt vor Tenedos. Das Schiff
weist an beiden Seiten Lecke von verschiedener Größe
auf. Drei große Geschosse haben den Oberbau ge¬
troffen. lieber und unter Wasser wird an der Aus¬
besserung fieberhaft gearbeitet. „Amethyst" wird von
dem alten Kreuzer „Blenheim" gestützt, (ctr. bin.)
Amsterdam» 19. März 1915. Wie aus den eng¬
lischen Blättcrmeldnngen hcrvorgeht, muß die Be-
chädigung des englischen Kreuzers „Amethyst" schwe¬
rer sein, als anfangs angenommen wurde. Fast
alle getöteten und Verwundeten stammen aus dem
Masäiinenraum, sodaß man den Schluß daraus zie¬
hen kann, daß die Masch ineu räume durch die
Geschosse getroffen worden sind. (ctr. fft.)
59000 Mann feindliche Truppen zum Landungsversuch.
* Athen, 19. März 1915. Ueber Tenedos wird
gemeldet, daß in Mudhros 60000 australische, eng¬
lische und französische Kolonialtrnppen unter dem
Befehl des Generals d'Amade für einen Landungs¬
versuch auf den Dardanellen versammelt sind. (et. bl.)
wld Konstantinopel, 19. März 1915. Die bereits
von der „Agcnce Milli" verbreitete Meldung von
dem Untergang der englischen Kriegsschiffe „»Jrresi¬
stible" und.„Afrika" wird jetzt von dem türki¬
schen Hauptquartier bestätigt, das dar¬
über folgendes meldet: Tie englischen Linienschiffe
„Jrresistible" und „Afrika", die gestern als stark be¬
schädigt gemeldet wurden, sind um Mitternacht
durch die Battrrien in Grund geschos-
sen worden
Kriegsrat vor den Dardanellen.
Die »„Köln. Ztg." meldet vom 18. März aus
Athen: Gestern abend hat an Bord der „Queen Eli¬
zabeth" ein K r i e g s r a t stattgefunden. Am heu-
tigen Donnerstag werde der Befehl zu einer ent¬
scheidenden Unternehmung gegen de
Dardanellen erwartet. Tie „Perfeveranza" beschäf¬
tigt sich mit der angeblichen Absicht Rußlands, in
Midia (westlich des Bosporus) russische Trup¬
pen zu landen, die den Zweck baden, einer
Besetzung K o n st a n t i n o p e l s durch die an¬
deren Verbündeten zuvorzukommen.
»ctr. bln.)
Ter „einige" Dreiverband.
Der Besitz von Konstantinopel und der Weg durch
die Meerenge, falls diese überhaupt den Türken ent-
.rissen werden könnt- aehörm nicht " de:. Fragen,
über die die Dreiverbandsmächte sich vorher restlos
verständigt haben und nun ohne lauteren cder unlau¬
teren Wettbewerb sich untereinander abfindcn könn¬
ten. Bemerkenswert ist in dieser Beziehung ein Ar¬
tikel des Londoner „Daily Chronicle", der in einer
Besprechung der Aktion gegen die Dardanellen u. a.
folgendes sagt:
Man muß damit rechnen, daß die Forcierung der
Durchfahrt uns gewisse Opfer, vielleicht größere sogar,
kosten wird. Aber selbst wenn wir ein Dutzend Tor¬
pedoboote und drei oder vier Panzer verlieren würden,
darf uns dies gegen die Erreichung unseres Zieles nicht
verstimmen. Die Forcierung der Dardanellen ist nicht
nur eine militärische, sondern ai- eine hochpolitische
Aktion. Die Dardanellen sind eu> zweites Gibraltar,
besten Besitz Englands Herrschaft im Mittel-
meer endgültig machen wird. Rußland bekäme endlich
den Weg zum Mitlelmeer frei, wodurch die ins Stocken
geratene Zufuhr von Kriegsmaterial wieder ausgenom¬
men werden könnte. Die politische Seite des Problems,
an besten Lösung bald mehr als 250 Kanonenschlünde
schwersten Kalibers arbeiten, betrifft die Haltung Grie¬
chenlands. Britannien macht gegenwärtig eine sei¬
ner kühnsten und großzügigsten Operationen, deren er¬
folgreichste Beute und voraussichtlich die Gewinnung
mindestens eines Bundesgenosten bedeutet.
Ueber die Möglichkeit der Gewinnung eines Bun¬
desgenoffen wird das englische Blatt vielleicht schon
anderer Meinung sein. Aber wenn man sich erin¬
nert, daß erst vor kurzem in der Duma von berufener
Stelle der Besitz von Konstantinopel als ein altes
Recht Rußlands in Anspruch genommen wor¬
den ist, so geht der scharfe Gegensatz, der zwischen
alten russischen Forderungen und englischen Ansprü¬
chen besteht, ganz unzweideutig hervor.
Die Petersburger Preffe führt neuerdings ans,
daß Rußland jetzt in der Dardanellenfrage seine Ab¬
sichten klar ausgesprochen habe; ein Zurück gäbe es
nicht mehr. Rußland erwarte, daß England, wo unter
der Bevölkerung noch ganz veraltete Anschauungen
über die Dardanellen verbreitet seien, gleichfalls
seine Karten aufdecken und klare, bindende
Erklärungen abgcben werde.
Staatssekretär Gurko führte im ruffischen Reichs¬
rate aus, Kon stantiopel müffe R efiden z des
russischen Zaren und der sichtbare Ausdnick
des großen allflavischen Kaiserreiches werden, dem die
ganze Levante verheißen sei.
vle anderen Möchte.
Tie „neutcaicn" Schweizer .
Zürich, 18. März 1915 Die Jnterutertenzüge,
du gegenwärtig an bestin-mren Togen von Frank-
riich und Deutschland der die Schweiz passieren
hobci. in den letzten Togen in Lausanne und Frci-
burg (Schweiz) zu bedauerlichen Vorkommnissen ge¬
führt. In Lausanne fanden die Skandalszenen
am Nachmittag des 15. März statt. Unter den zchl-
i-ichen Zuschauern am Bahnhof, die die Ankunft
eines Jnterniertentransportes abwarteten, befand
sich auch ein Schneiderme.ster deutscher Herkunft
ncm cns Böhle-Habegger, der fest Jahren in Lau¬
sanne lebt. Als einer der Jmcnticnen — eS han.
dcll sich um französische Zwilgcsangene. die aus
Dcutlchland heimkchrten — sich über das deu'sche
Kri> asbrot beklagte, soll der Schneidermeister nach
der m westschwcizerischen Blättern gegebenen Dar¬
stellung geantwortet haben: „Was beklagen Sie sich
denn? Hier in Lausanne hat man kein beffereS."
Noch einer anderen Darstellung soll der Deutsche
lediglich bemerkt haben, daß das Kriegsbrot nahr¬
hafter sei, als das Weißbrot. Tie Folge war, daß
die Umstehenden zu Tätlichkeiten schritten »nd der
Deutsche mußte sich vor der drohenden Menge in
ein Cafe beim Bahnhose flüchten, wo rr von einer
etwa drrihundertköpsigcn lärmenden Menge belagert
wurde bis es gelang, ihn nach geraumer Zeit in
Sicherheit zu bringen. Nachher veranstaltete die
Menge eine Kundgebung vor dem Geschäfte des
deutschen Schneiders bis die Polizei die Manifestan¬
ten vertrieb. In F r e i b u r g in der Schweiz wurden
schon am Montag lärmenöe Kundgebungen am
Bahnhose veranstaltet, weil behördlicherseits verfügt
worden war. daß die Jnternicrtenzüge in Freiburg
nicht halten sollten. Als der Zug vvrüberfuhr, ohne
zu halten, brach die Menge in Pfeifen und Johlen
aus. Ein dentsch-schweizerischer Professor, der da¬
gegen Einspruch erhöh, wurde übel begegnet. Als
das Gerücht durch die Menge ging, einige deutsche
Professoren der Universität Freiburg hätten den
Pundesrat ersucht, die Züge in Freiburg nicht hal¬
ten zu lassen, richtete sich die Erregung der Menge
gegen diese Professoren, vor allem gegen Professor
W., und bald bewegte sich eine große Menge nach
der Billa des Professors. Mehrere Fenster und
Glastüren wurden mit Steinen eingeschlagcn. Am
Abend wiederholten sich die Kundgebungen in ver¬
größertem Maße. Eine starke Menge durchzog die
Stadt. Bor Häusern mit deuischsprechenden Be¬
wohnern wurde Halt gemacht und gelärmt, auch bei
dcutschsprechenden Freiburgern. Aus dem Bou'e-
vard de Pervlles wurde versucht, das Haus des be.
treffenden deutschen Professors mit Steinen zu be¬
werfen. Die Polizei und einige anwesende Solda¬
ten konnten ernstere Ausschreitungen verhindern.
Freiburger Berichte stellen scsi, daß aus der Kund¬
gebung für die französischen Internierten allmäh¬
lich eine allgemeine Hetze entstand. Der Freiburger
S t a a t s r a t hat bereits Dienstag nachmittag den
deutschen Professoren seine Entschuldigung über¬
bracht, und das Freiburger Regierungsorgan „La
Liberte" stellt fest, daß die Vorfälle von allen mi߬
billigt werden, denen der gute Ruf Freiburgs am
Herzen liegt. Der Zutritt zu den Jmerniertenzü-
gen wurde untersagt. (Der Deutsche, der aus sich
hält, wird es in Zukunst vermeiden, sich den Be¬
schimpfungen eines Pöbels auszusetzen, dem deut¬
sches Geld nie anrüchig war, dem aber deutsche
Laute so widerwärtig sind dgß er. um diesem Ge¬
fühle Ausdruck zu geben, selbst den schönen Ruf der
Schweiz aufs Spiel setzt, eine Zuflucht und eine
Troststätte der unglücklichen Opfer dieses Krieges zu
sein.)
Vertagung der italienischen Kammer.
Ministerpräsident Salandrg teilte der italienischen
Kammer mit, er müffe die Abgeordneten bitten, die
Kammer zu vertagen- Diese Erklärung Sa-
landras wird der „Köln. Ztg." zufolge in italieni¬
schen politischen Kreisen lebhaft besprochen. Dian
glaubt, daß die Kammer ohne bestimmte Zeitan¬
gabe für die Wiedorcinberufung vertagt werden wird
und man schließt daraus, daß die Regierung in
ihren Verhandlungen ungestört sein
möchte. Darm, daß kein Abgeordneter bei der Er¬
klärung des Ministerpräsidenten widersprach, sicht
die Mailänder „Perscveranza" einen Beweis dafür
daß die Kammer fest entschlossen ist. der Regierung
keinerlei Schwierigkeiten zu machen, (ctr. bln.)
Die Kosten des Weltkrieges.
DD? Amsterdam, 19- März 1915. Ueber die
Kotten des Weltkrieges hielt Edgar Crammond am
Dienstag in London einen Vortrag, worin er die ge.
samten Kriegskosten bis zum 31. Juli ig:-; »ui
9147 900000 Pfund Sterling (gleich 183 Milliard n
Mark) berechnete vorausgesetzt, daß der Krieg so
lange dauern werde. Er berechnete für die Verbün¬
deten 4 870 900 000 und für TeutschlanV-Qcsterre-n,-
Ungarn 4 277 000 000 Pfund Sterling, davon wür¬
den entfallen auf Belgien 526»^ Millionen P und
Sterling, Rußland 1400 Millionen, Frankreich 1686
Millionen, Großbritannien :258 Millionen. Deutsch¬
land 2775 Millionen, Oesterreich 1592 Millionen
Pfund Sterling. Er berechnet diese Ziffern aus de«
dauernden Ausgaben der Staaten, der Vernichtung
an Eigentum und dem kapitalisierten Wert des Per»
lnstes an Menschenleben und anderen Verlusten.
Bezüglich Deutschlands prophezeite Crammond, daß
es durch den Krieg 50 (?) Prozent seiner indu¬
striellen Produktion ebensoviel Prozent seiner Ein¬
nahmen einen großen Teil seiner ausländischen Ka¬
pitalanlagen und seine jährlichen Erträgnisse aus
dem Schiffstransporldienst verlieren werde. Selbst¬
verständlich prophezeite er auch, daß das douischs
Volk vor der Einbringung der Ernte des laufenden
Jahres verhungern werde, was zu beweisen offen-
bar der Zweck des ganzen Vortrages war.
891 099 Kriegsgefangene.
Bei der gestrigen Besichtigung des Gefangenen¬
lagers D ö b e r i tz durch die Mitglieder des Reichs¬
tages wurde diesen mitgeteilt, daß sich die Gcsamt-
ahl der heute in deutschen Gezangenenlagern bt
esten Gewahrsam internierten Kriegsge¬
fangenen auf 801 000 beläuft. Bei de,
vor kurzem erfolgten Besichtigung des Döberitzer
Lagers durch den Preußischen Landtag belief sich die
Gesamtzahl auf 780 000. Sie hat sich also in der
kurzen inzwischen vergangenen Zeit um 21000
Mann erhöht, (ctr. bln.)
Wir kommen ans!
Die glückliche Lösung der Brotfrage bis
zur nächsten Ernte kann, wie wir ans bester Quells
erfahren, heute mit absoluter Sicherheit als fest¬
stehende Tatsache U/ inbet werden. Die vor¬
handenen Vorräte reichen für einen Broiver-
brauch wie den jetzigen unbedingt bis zur nächsten
E Ernte, das ist also bis weit in den August
!h i n e i n, aus. Bei der Borratsverteilung wurde
mit großer Vorsicht vorgegangen. Es sind 2 0 v. H.
des Bestandes als Reservefonds m dis
Berechnung eingestellt und beiseite gelegt worden.
Dadurch sind wir für alle möglichen Fälle gesichert
worden. Die Gclreidevorräte sind gleichmäßig über
das ganze Reich an den geeignetsten Stapclplätzen
gelagert worden; an der Vermahlung sind nicht nur
die Großmühlen beteiligt, sondern auch viele zu
Verbänden vereinigte Kleinmühlen. In der Arbeit
der Kriegsgetreidegesellschaft beginnt am 1. April
eine neue Epoche. Die Tätigkeit der Gesellschaft war
bisher hauptsächlich darauf gerichtet, einen möglichst
großen Getreidevorrat zusammenzubringen. Deshalb
auch setzte sie den Preis für abzugebcndes Mehl
ziemlich hoch und erreichte damit, daß die Gemein¬
den ihren Mehlbedarf, soweit cs irgend ging, ander-
weit deckten. . Nachdem das Ziel der Ansammlung
jetzt erreicht ist, wird die Kriegsgetreidegesellschaft
mit dem 1. April den Mehlpreis nicht un¬
wesentlich herabsetzen. Es liegt darin die
Bestätigung der Tatsache, daß die ganze Frage der
Gctreideversorgun des deutschen Volkes jettt völlio
und glülich gelöst ist.
*
Ruffische Gefangene als Urbarmacher. In Ham¬
burg trafen 1200 russische Kriegsgefangene aus dem
Gefangenenlager Güstrow in Mecklenburg ein. Die
Russen wurden auf die im Privateigentum des ham-
burgischen Staates befindliche Elbinsel Hahnöfer¬
sand geschafft, um diese in weiterem Umfange ur¬
bar zu machen. Die Arbeiten sollen so gefördert
werden, daß noch in diesem Jahre mit einer nen¬
nenswerten Ernte, namentlich an Kartoffeln, ge,
rechnet werden kann.
Deutsches Reich.
* Die Sozialdemokraten stimmen für den Etat.
Die sozialdemokratische Fraktion des Reichstags har
beschlossen, für den Etat zu stimmen.
Kurland.
kw. Georg Daumberger. In aller Stille beging
in Zürich der Chef - Redakteur der »Neuen Züricher
Ztg.h Georg Baumberger, seinen 60. Geburtstag.
Die ganze katholische Schweiz nahm im Geiste an
der Feier teil und auch aus dem Auslande waren
zahlreiche Glückwunsch - Telegramme eingetroffen.
Baumberger ist nicht nur der einflußreichste christlich¬
soziale Politiker der Schivciz, sondern auch einer de/
hervorragendsten Heimat-Schriftsteller.
Ru§ dem Nachbargebiet.
::: Neuenberg, 20. März 1915. Der bereits vor
einiger Zeit für hervorragende Tapferkeit mit dem
Eisernen Kreuze ausgezeichnete Karl Schultheis,
Sohn des verstorbenen Gastwirts Eduard Schulthejs,
wurde dieser Tage für besondere Verdienste zum
Unteroffizier befördert.
* Bebra, 19. März 1915. Die Gemeindever¬
waltung hat größere Quantitäten Kartoffeln
eingekaüft und gibt diese zum Selbstkostenpreis an
die Einwohner ab.
* Zwesten, 18. März 1915. Die Familie des
Sattlermeistcrs W. V a u p e l, deren Sohn sett dem
18. November in Rußland vermißt wird, erhielt
jetzt die Nachricht, das; ihr Sohn sich in Sibirien ip
Gefangenschaft befindet.
Tie Beteiligung au der
zweite» Kriegsanleihe.
0 Fulda, 20. März 1915. Die Beteilung an der
zweiten Kriegsanleihe, ist, wie zu erwarten war,
in Fulda sehr rege gewesen. Gutem Vernehmen
nach sollen die Zeichnungen die Höhe von etwa 7
Millionen Mark erreicht haben, annähernd das
Doppelte der ersten Kriegsanleihe, wofür bekanntlich
3600000 Mark gezeichnet worden sind.
(—) Hünfeld, 19. März 1915. Die Zeichnungen
auf die zweite Kriegsanleihe waren auch hier sehr
zahlreich. Bei der städtischen Sparkasse wurden von
den Sparern allein 350 000 Mark gezeichnet g.gen
33 000 Mark bei der ersten Anleihe. Tie Cparkaffe
selbst zeichnete 165 000 Mack. Bei der Kreisspar¬
kaffe wurden 225000 Mark gezeichnet, so daß die
Gesamtsumme der Zeichnungen in Hünfeld sich auf
% Millionen Mark beläuft, gewiß ein glänzendes
Ergebnis