Die Karpathenschlacht.
wtb Wien, 31. März 1915. Die Kriegsberichter¬
statter der Blätter melden, daß in den K a r p a t h e n
das heftige Ringen unter furchtbaren
Verlusten der Russen andauere; namentlich
; zwischen Duklasenke und dem Uzsoker-
(Passe seren die Kämpfe von bisher noch nicht er¬
reichter Heftigkeit. Tie Russen griffen in mehreren
Linien an und verschwendeten ihr Men¬
schenmaterial in rücksichtsloser Weise.
Doch scheiterte der Anprall des Feindes
überall an dem undurchdringlichen Wall der ver¬
bündeten Truppen. ...
Die Kämpfe in der Bukowina.
* Budapest, 30. März 1915. Der „Frff. Ztg."
wird gemeldet: Um unseren Bormarsch in der öst¬
lichen Bukowina auszuhalten, haben die Russen mit
Kavallerie verstärkte Truppen aufgeboten, um
Nowosielica zu halten. In den letzten Tagen ver¬
suchten die Russen, wie „Az Est" meldet, unsere
Flügel einzudrücken, doch haben alle Versuche mit sehr
ichweren Verlusten für die Russen geendet, (ctr. fft.)
Russische Offiziere als Spione.
«tb. Stockholm, 31. März 1915. Eine Mit-
reilung, daß mehrere höhere Gendarmerieof¬
fiziere in Petersburg als Spione in deutschen
Diensten entdeckt worden seien, wird amtlich be¬
stätigt. Mehrere wurden verhaftet. Tie An¬
zahl der verhafteten Personen steht nicht fest. Unter
i^nen befindet sich ein sehr bekannter hochstehender
Offizier. Die Affäre erregt peinlichstes Aufsehen in
den russischen militärischen Kreisen. ,
(Segen Serbien und Montenegro.
Ein deutscher Flieger in Serbien.
Budapest, 31. März 1915. Am letzten Mittwoch
warf eine in großer Höhe über der serbischeu Stadt
Kladow a fließende deutsche „Taube" zwei Bom¬
ben auf die Stadt. Eine Bombe tötete drei ser¬
bische Soldaten, die andere setzte ein Haus in Brand.
Die Taube wurde aus Geschützen heftig, doch er¬
folglos beschossen, (ctr. fft.) '
'.'cm See- und lledeiMkilei.
Der englische Kreuzer „Defenee" verloren.
Einem der deutschen „La Plata-Zeilung" in
Buenos Aires über die Seeschlacht bei den Falk¬
landsinseln zugegangenen Briefe ist, wie die „Voss.
Zeitung" mitteilt, zu entnehmen, daß der englische
Panzerkreuzer „Defenee" schon vor der Schlacht
bei Falk land auf Grund geriet, unbe¬
weglich festsitzt und allem Anschein unrettbar ver¬
loren ist. Höchstens sei der Panzer noch für Kü-
ftenverteidigung verwendbar, (ctr. bln.)
„Defenee" ist ein erst 1907 vom Stapel gelaufe¬
ner Kreuzer von 14 800 Tonnen, bis 23,4 See¬
meilen Geschwindigkeit, vier 23,4-Zentimeter-, zehn
19-Zentimeter- und sechzehn 7,6-Zemimeler-Ge-
schützen.
Die Engländer in Sildwest.
wtb. London, 31. März 1915. „Times" veröffentt
licht den Brief eines Freiwilligen in Teutsch-Süd°
Westafrika, der den Einzug in Swakopmund mit-
gemacht hat und darüber schrieb: Tie Deutschen zogen
sich landeinwärts zurück und überließen uns die Stadt
unbeschädigt,unbewohnt,aber unterminiert. Zwei
Mann von der Vorhut wurden beim Einmarsch von
einer Mine in Stücke gerissen. Die Sappeure ent¬
deckten alle anderen Minen und enffernten sie. Als
wir den Platz besetzten, war keine Seele darin, die
Stadt war ganz verlassen. Tie Deutschen gebrauchen,
um Verwundete zu bergen, gerne die weiße Fahne,
mißbrauchen sie jedoch nie. Im Gegenteil, sie
brachten unter der weißen Fahne mehrmals englische
Verwundete ein. Sie sollen die Gefangenen gut be¬
handeln. Die Leute zu Hause machen sich Wohl keine
rechte Vorstellung davon, was für eine Aufgabe
die Eroberung Deursch-Südwestafrikas ist. Es ist
ein riesiges Land, die deutschen Streitkräfte sind ziem¬
lich zahlreich und gut toeiteilt, iu Stellungen, die sie
seil Jahren vorbereitet haben. Sie verfügen über
ein tchönes strategisches Bahnsystem und reichliche
Munition.
Das Verfahren gegen Dewet.
wtb Bloemfontein, 31. März 1915. Gegen T c-
Wet ist Anklage wegen Hochverrats erhoben
worden.
Zur Lage Indiens
entnimmt der Berner „Bund" einem Privatbrief
vom 27. Februar folgendes:
Aul die Zeitungen ist man hier sehr gespannt, da
die hiesigen Blatter nie die Wahrheit bringen, die
Knnst des Verschweigend und Verschönerns verstehen sie
ausgezeichnet. Die vorletzte Zeitungssendung wurde
nicht durchgelasscn. Die Hälfte der inländischen
Truppen Singapores meuterte. Die euro¬
päischen Offiziere wurden erschossen. Die
Meuterer drangen in Häuser ein. Ein regelrechter
>stratzenkampf entstand. Der Aufstand war
sehr schlimm und dauerte die ganze Woche.
^r,ie Meuterer hatten sich in den Besitz einiger
Forts gesetzt. Im ganzen wurden, wie bisher sicher
festgestellt wurde, zweihundert Europäer ge¬
tötet. Reiche einflußreiche Araber haben diesen Auf
rühr zustande gebracht. Die meuternden Truppen
waren Mohammedaner. Die Engländer werden
nun keine indischen Truppen nach Europa senden, im
Gegenteil werden europäische Soldaten nach Osten ge¬
sandt werden muffen. In Vorderindien scheint die
Unzufriedenheit unter der Bevölkerung auch zuzu
nehmen, die indischen Truppen wollen nicht
mehr als Kanonenfutter nach Europa geschick
werden, (ctr. bin.)
v .MWW
Der TSMriei
April! April! — vor den Dardanellen-
Athen, 30. März 1915. Aus Lemnos wird der
„Frff. Ztg." geureldet, daß im Kriegsrate der Ad¬
miräle und des Generals d'Amade beschwffen wurde,
da die bisher vor den Dardanellen versammelte Ar¬
mee nicht über 30 000 Mann beträgt und Operatio¬
nen unter solchen Umständen mrssichtslos sind, die
Forcierung der Meerenge aufzuschic-
b e n. Zu dieser Erwägurrg trug auch die Tatsache bei,
daß die Inseln vor den Dardanellen für die Konzen¬
trierung so vieler Truppen wegen Mangel an Waffer
und Bichfutter sowie Wohnplätzen ungeeignet sind.
Me Mannschaften litten auch viel auf den Transport-
schiffen, sodaß die Gefahr einer Epidemie drohte. Da¬
her wurde beschlossen, daß die Truppen größtenteils
nach Aegypten zurückgefchickt werden und
vor den Dardanellen nur eine gering Zahl verbleibt.
Drei Dampfer sind bereits nach Alexandrien abgefah¬
ren, mit chnen General d'Amade und sein Stab. (ctr.
fft-)
Bon ihrem blinden Eifer haben sich unsere Ver¬
bündeten Feinde wirklich in den April schicken lassen.
Der Vorstoß auf die Dardanellen war ein Narren-
stveich, wie sich immer deutlicher zeigt.
Die Bezwingung der Meerengen durch Seestreit-
kräfte wer von allen unbefangenen Sachkennern von
vornehernn als unmöglch bezeichnet worden; die eng-
lisch-französischen Seehelden trauten sich aber Ueber-
menschliches zu ihb holten sich furchtbare Verluste:
4 Schiffe versunken, 8 schwer beschädigt, dazu mehrere
Tausende von Gefallenen. Run sollte es mit eineur
Landnngsheerre versucht werden. Es wurden auch
gegen 30 000 Mann auf den vorgelagerten Inseln
bereit gestellt. Als rnan diese buntgemischte Truppe
zusammengebracht hat, kommt man nachträglich zu der
Erkennws. daß eine solche Zahl nicht ansreicht, um
die türkische Verteidigung zu brechen, und daß über¬
haupt für die llnterkunft und Verpflegung einer vor-
drrngenden Landarmee noch gar keine Vorsorge ge¬
troffen sei. Also rückwärts, rückwärts, edler Cid! Die
30 0OO Mann konnten auch nicht auf den unwirtlichen
Inseln Standquartiere beziehen; deshalb muß man
sie wieder einschiffen, um in Aegypten die vorhan¬
denen Mannschaften unrerzubringen und neue Kräfte
anzuschließen. Angeblich sollen es 150 000 Mann wer¬
den. Das ist auch keineswegs zuviel für den geplan¬
ten Spaziergang nach Konstantinopel. Freilich, je grö¬
ßer die Zahl der ansgeschifsten Truppen wrd, desto
-wößer werden auch die Schwierigkeüen der Zufuhr,
rie in Frankreich gelandete englische Armee vom
Stanrmlcmdc guS zu versorgen, r verhältnismäßig
leicht, da der Seeweg über den Kanal nur ein Katzen-
sprung ist und in Frankreich Häfen, Niederlagen und
Kriege finduugen.
Von Dr. A. Neuburger.
Der Krieg macht erfinderisch. Wir verdanken ihm
eine ganze Anzahl wertvoller Errungenschaften, die ohne
ihn wohl niemals Gemeingut der Menschheit geworden
wären, darunter auch solche, die mit der eigentlichen
Kriegführung durchaus nichts zu tun haben. Bereits in
grauer Vorzeit finden wir die ersten Spuren nützlicher
Kriegserfindungen, z.B. die Anfänge unserer Telegraphie,
Der Krieg mackste es notwendiig, daß man Nachrichten
auf weite Entfernungen hin vermittelte, rascher, als dies
durch Boten, ja selbst durch schnelle Reiter geschehen
konnte. So verfiel man denn darauf, optische Signale
zu schaffen, die bei Tage aus Rauchsäulen, bei Nacht
aus Flammenzeichen bestanden. Durch derartige Sig¬
nale rief man die waffenfähigen Männer zusammen,
durch sie sandte man die Kunde von Siegen in kürzester
Zeit weit über das Land. Als man die Nützlichkeit die¬
ser Art der Signalgebung erkannt hatte, behielt man sie
auch im Frieden bei, und so kam man schon im Altertum
zu einer Art von Telegraphie, aus der sich dann tatsäch¬
lich der heutige elektrische Telegraph entwickelte. Auch
die Erfindung dieses Telegraphen ist ein Werk des
Krieges.
üms Rauch- sowie das Flammenstgnal hatten beide
den Nachteil, daß ihre Bedeutung vorher verabredet sein
mußte. Ihre Anwendung war daher beschränkt. Um
sie zu erweitern, erfanden die Römer während eines
Krieges eine neue Art der Telegraphie, die Buchstaben-
telgraphie. Aus dieser römischen Telegraphie ist dann
die heutige, noch gebräuchliche Telegraphie durch Flag-
«Utsignale hervorgegangen. Aus dieser hat sich der
Chappesche optische Telegraph entwickelt, der aus einem
hohen Mast bestand, an dem eine Anzahl von Hebeln
angebracht war. Durch Verstellen der Hebel wurden die
einzelnen Buchstaben bezeichnet. Als sich dieser Chappe-
. scbe optische Telegraph einmal in den Napoleonischen
Kriegen dadurch nützlich erwiesen hatte, daß er den Ent¬
satz Münchens ermöglichte, wollte man auch in Bayern
derartige optische Telegraphen für Kriegszwecke einrich¬
ten. Dabei kam dem Arzt Samuel Thomas v. Söm-
mering der Gedanke, lieber die Elektrizität zum Tele¬
graphieren zu verwenden. Er schuf im Jahre 1808 den
ersten elektrischen Telegraphen, der also tatsächlich eine
»Kriegserfindung" ist.
Auch der Zucker und die Soda sind Erfindungen des
.Krieges. Früher kannte man nur den Rohrzucker, der
aus bem im Auslande, besonders in den Tropen, wach¬
senden Zuckerrohr hergestellt wurde. Als Napoleon 1. den
englischen Handel lahmlegen wogte und die Kpnfincntgl
sperre anordnete, fehlte es in Europa gänzlich an Zucker.
Da verste! man auf einen anderen Zuckerlieferanten aus
dem Pflanzenreiche, die Runkelrübe. Schon 1747 hatte
der Berliner Chemiker Marggras nachgewiesen, daß sie
Zucker enthalte. Marggrass Schüler Franz Karl Achard
errichtete in Caulsdorf bei Berlin eine Zuckerfabrik, und
es gelang ihm tatsächlich, aus der Runkelrübe guten,
brauchbaren Zucker herzustellen. Sein Verfahren der
Zuckerherstellung aus der Zuckerrübe steht — natürlich
mit Abänderungen und Verbefferungen — heute noch
im Gebrauch, und der Rübenzucker hat die Verwendung
des Rohrzuckers fast vollkommen verdrängt. Deutsch¬
lands Zuckerindustrie ist so groß geworden, dcrtz bisher
von hier aus auch weite Teile des Auslandes mit Rüben¬
zucker versorgt wurden.
Die Soda entstand infolge der durch die französische
Revolution heraufbeschworenen Kriege. Damals brauchte
man Pulver, das ein Gemenge von Kohlen, Schwefel
und Salpeter war. Nun ließ sich nicht genügend gute,'
für Salpetersabrikation geeignete Pottasche Herstellen,
und so schrieb während des Krieges die französische Aka¬
demie der Wissenschaften einen Preis für einen Ersah
aus. Dieser Ersatz wurde 1787 in der Soda gesunden,
die Nikolaus Leblanc aus Kochsalz herstellte. Mit Staats¬
mitteln errichtete er große Sodafabriken, Jbi.e in der
Folgezeit das Ausqangsmaterial für die Pulversabri-
kation des französischen Heeres lieferten. Ta man in¬
zwischen aber auch den Wert der Soda für andere Zwecke,
insbesondere für die Wäscherei, Färberei, Bleicherei
usw„ erkannt hatte, so verbreitete sich ihre Herstellung
rasch, und die Sodafavriken werden bis aus den heutigen
Tag im Kriege, vor allem im Frieden, stets beschäftigt.
Der Schwimmgürtel scheint gleichfalls eine Kriegs-
erfindung zu sein, wenigstens finden wir seine erste bild¬
liche Darstellung aus einem altaffyrischen Rettet, das die
Belagerung einer Stadt darstellt, woraus ein Bote aus
einer^zusammengenähten und mit Lust g ätzten Tier¬
haut über einen Fluß schwimmt. Wenn die Sage richtig
berichtet, so ist auch der Brennspiegel zu den KriegS-
ersindungen zu zählen. Als im 3. Jalnchunderi v. Chr.
die Stadt Thralus belagert wurde, soll der dort geborene
große Mathematiker Archimedes zum erstenmal gewalfige
Brennspiegel hergestellt haben, durch die er die Sonnen¬
strahlen auf die feindlichen Schiffe lenkte, die dadurch in
Brand gerieten. Auch heute wird der Drennsoiegel noch
für KrigeSzwecke verwendet, um dieStrahlen des Schein¬
werfers aus das Schlachtsetd zu blenden und dadurch den
nächrlicken Kampf zu ermöglichen. Wenn auch die Chine¬
sen schon früher Papiergeld hatten, so kann man es doch
zu den Kriegserfindungen rechnen, wurde es doch im
Jahre 1482 beim Kampfe um Ashama durch Lopez de
Mendoza zum erste« Male in größeren Mengen ange-
KÖjgfc der damit seine Trnpven bezahlte. 'NC) „
Eisenbahnen genug sind. Aber aus dein laugen Weac
durch den Golf von Biscaya und das Mittelmeci
Io0000 Mann regllemäßig mit Nahrungsmitteln
Kleidungsstücken, Geräten, Mrüirtion usw. zu versor¬
gen, ist verzweifelt schwierig, ja ohne vorsorglich:
Etappenanlagen kaum durchführbar.
Dabei bleibt auch bei größter Kraftanstrengung der
Erfolg höchst unsicher. Die Vorbereitungen, heißt es,
jol.,.'! mindestens einen Monat beanspruchen. Wenn
dre Türken noch nicht eine Verteidigungsmacht bereit
haben sollten, so können sie doch sicherlich in Monats¬
frist die Abwehrkräfte znsammenziehen und aufstellen
Den ernsten Willen haben sie m auch, wie sich in der
Ernennung des deutschen Generals v. Liman zum Be-
fchlshaber der Tardanellen-Armee zeigt. Vielleicht
hat die Ernennung auch dazu beigetrageu, die Ver¬
bündeten nachdenklich zu sttmmen und zur Nenornp-
pierung von stärkeren Angriffskräften zu veranlassen.
Für unsere Lage, sowohl fiir die militärische
wie für die politische, ist das übereilte Unternehmen
m den Dardanellen höchst vorteilhaft. Die Türkei
kommt dadurch in die Lage, in merkbarer Weise zur.
Entlastung der deutschen Truppen aus dem nördlichen
Kriegsschauplätze beizutragen. Tenn wenn unsere
Gegner für ihre Tardanellen-Armee auch zunächst
solche Truppen, die in Westeuropa ans irgend einen,
Grunde weniger brauchbar sind, heranziehen werden,
jo müssen doch bei einer Bedarfssteigerung bis 150000
Mann auch eine Masse von vollbrancbbaren Truppen
emgereihl werden, die man bei dem ohnehin bestehen¬
den Ersaßmangel in Nodfrcmkreich sehr gut gebrau¬
chen könnte. Das ist die Folge von einer leichtsinnigen
jersplitierung der Aktion und Verzettelung der
ernste.
. Noch viel empfindlicher ist die d i p l o m a t i s ch e
Niederlage. Soll man überhaupt an eine ernste
Ueberlcgung vor dem Tardanellen-Unternehmen
glauben, so muß man wenigstens voraussetzen, daß
die Engländer und Franzosen darauf gerechnet ha¬
ben, Griechenland und vielleicht auch Italien
würden sich in diesen Wirbel hineinziehen lassen.
Diese Erwartung ist nun gründlich Mgeschlagen.
Tas gerade Gegenteil von dem Erstrebten ist einge¬
treten: Griechenland und Italien sind jetzt weiter
als jemals vom Anschlußgedanken entfernt, und
überhaupt ist die Jagd nach Bundesgenossen durch
diesen offenbaren Fehlschlag der selbstgefälligen Eng¬
länder und Franzosen arg „vergrämt" worden.
Zuvor getan, hernach bedacht, — hat die Ver¬
bündeten in die Klemme gebracht. Für uns eine Er¬
munterung zum festen Aushalten. Auf der Gegen¬
seite wird man sichtlich nervös. Um so richiger wol¬
len wir bleiben. Kommt Zeit, so kommen auch noch
mehr Fehler der Verbündeten, sei es an den Darda¬
nellen, sei es in der Champagne oder bei Neuve Cha-
peile in verlustreichen und aussichtslosen Borstößen.
Mailand, 31. März 1915. Wie der „Nat -Ztg."
hierher aus Achen gemeldet wird, hat der Kriegs-
r a t des Verbündeten Flottenstabes vor den Daä>a-
nellen, der auf Lemnos tagte, einen sehr stür¬
mischen Verlauf genommen. An der Sitzung
nahmen die englischen und französischen Admirale, so¬
wie der französische Admiral d'Amade teil. General
d'Amade verfocht den Standpunkt, daß die bisherige
Beschießung der Dardanellenforts so
gu t w ie re i n g reif b a r e s R esu lt at gezeitigt
hätte und ohne jede praktische Wirkung geblieben sei.
Der Plan, mit Landungstruppen die Aktion weiler¬
zuführen. sei undurchführbar, da die versam¬
melten Truippen, die etwa 32 000 Mann betragen,
nicht hinreichten und weitere Trnppenmassen aus
einer ganzen Reihe von Gründen nicht zusommenge-
zogen werden könnten. Weder sei auf den Inseln fiir
Unterkunft gesorgt, noch wären genügende Nahrungs-
nnttol vorhanden, nur die Soldaten zu verpflegen,
auch seien bereits Krankheiten zum Ansbruch
gekommen, die wegen des Aerztemangels sich noch
mehr aus-ubreiten drohten. Die englischen Teilneh¬
mer an, Kriegsrat standen hingegen auf dem Stand¬
punkte, daß die nun einmal begonnene Aktion unbe¬
dingt zu Ende geführt werden muffe, wofür
schon polit. Momente ausschlaggebend wären. Es
sei gänzlich unmöglich, von der Forcierung der Dar¬
danellen abzulassen, wenn auch die Tnräfführnng die¬
ser Operationen größere Opfer erheische. General
d'Amade war zu einer gegenteiligen Anschauung
nicht zni bekehren und erklärte seinerseits, sein Kom¬
mando niederlegen zu wollen, wenn die Alliierten auf
einer derzeitigen Durchführung der Aktion bestehen
blieben. Ohne einen bestimmten Enffchluß gefaßt zu
haben, ging der Kriegsrat wieder auseinander und
General d'Amade gab Befehl, die auf den Inseln be¬
findlichen Truppen wiederum ein zufchif-
f e n, diese sind bereits abgefahren und befinden sich
auf dem Wege nach Aegypten. Auch General d'Amade
ist nach Aegypten abgereist, was als Zeichen dafür
angesehen wirk, daß der Zwist zwischen den Auiier-
en nicht uberbrückt werden konnte. Vorläufig wird
die Ailion gegen die Dardanellen nicht fortgesetzt
oder doch nur in formaler Weise, so daß die Tätigkeit
der Kriegs,chiffe mehr ans eine Dcmon strat-lo u
hinarlstäust, als daß sie praktffchen Wert für die An¬
greifer besäße, (ctr. bln.)
Noch ein englisches Linienschiff vernichtet.
Aus Athen, 31. März, wird der „Voss. Zeitg."
gedrahtet: Aus Myti lene wird gemeldet, daß das
Linienschiff „Lord Nelson", das wegen schwerer
Beschädigung in dem Seegefecht vom 19. März inner- i
halb der Dardanellen anfgelaufen war, jetzt infolge '
f irchtbaren Sturms und durch das Feuer der Türken
vernichtet wurde. Die Eng'änder verheim¬
lichen den V e r l n st.
„Lord Retsou" batte 19000 Tonnen Wasserver¬
drängung und war Ende 1806 vom Stapel gelaufen;
Besatzung 860 Mann. Bestückung: vier 30^-Zent!-
meier-, zehn 23,4-Zentimeter-, vierundzwanzig 7,6-Zen-
nmeier., zwei 4^7 - Zentimeter - Geschütze und fünf
Maschinenkanonen.
„Taten" der r,tffische» F^tte.
wtb Konstantinopel. 31. März 1915. Bei den
Dardanellen^ keine Veränderung der Lage.
Die russische F l o t te hat nach ihrein theatra¬
lischen Auftreten vor deni Bosporus gestern wieder
einmal einen Angriff auf das Kohleuqebiet von
Ereglh unternommen. Rund 2 000 Schuß .
wurden abgegeben, die neun Segelbarken zum Sin- j
ken brachten und vier Säufer beschädigten Sonst
wurde nichts erreicht, keine Verluste an
Menschenleben und keine Beeinträchfigung der Kol,,
lenförderung. Ein versuchter Fliegerangriff wurde
von der Landesbatterie sofort abgewehrt.. Die rus¬
sischen Streitkräste zogen sich mittags wieder zurück.
Eregti liegt .an der kleinasiatisclien Küste des
schwarzen Meeres, etwa 200 Kilometer östlich der
BospvruS-Einfahrt.
Die anderen Mfflite.
Abgelehnte Friedensvermittlnng.
Wie der .Berner Bund' hört, hat der Bundesrai
die Eingabe des schweizerischen Friedensver¬
eins um Einberufung einer Konferenz von Ver¬
tretern der Neutralen Staaten im Sinne einer Ver¬
mittlung zwischen den kriegführenden Staaten ab¬
gelehnt. Für diese Haltung der obersten Behörde
war die Meinung bestimmend, daß sowohl der Zeit¬
punkt, als auch der vorgeschlagene Weg unrichtig
gewählt seien, (ctr. fft.)
Beschlagnahmte Postsäcke.
Der Mailänder „Corriere della Sera" meldet
aus Paris: Der von Genua noch Südwestafrika ab¬
gegangene italienische Dampfer „Regina
Elena" wurde in der Nacht vom 24. auf den 25. ds.
Mts. auf der Höhe von Villa franco von einem
französischen Hilfskreuzer augehalten und unter,
sucht. In Gemäßheit des Dekretes vom 13. d. M
wurden etwa hundert deutsche und öster¬
reichisch-ungarische, nach Spanien unh
Südamerika bestimmte Postsäcke beschlagnahmt.
■ (ctr. bln,) -
Die Umwerbung Bulgariens.
Ans verschiedenen Meldungen ist bereits hervor¬
gegangen, daß die russischen Bemühungen, Bulgarien
zum Eintritt in denKrieg zu bewegen, mit allerKraff
fortgesetzt werden. Eine ausführliche Betätigung
dieser Tatsache findet sich im Briefe eines Spezial
berichlerftatters des „Berl. Tagebl." au« Sofia,
worin insbesondere die erbitterten parlamentarischest
Kämpfe der rusfenfreundlichen Opposition gegen
Ministerium Radoslatvow heworgehoben werden.'
Die Rufsenpartei findet ihre stärffte Stütze in der
konservativen Gesinnung der Landbevölkerung, die
Rußland immer noch als den Befreier Bulgarien«
betrachtet. In der letzten Zeit haben die Abgesandte«
des Dreiverbandes, die Generale Pau und Paget,
mit Versprechungen nicht gekargt. Den Bulgaren
wurde nicht nur die Linie Enos-Midia, sondern auch
das den Griechen gehörende Kavallg zugestanden.
Man bemüht sich auch, die Serben zu weiteren Zu-
geständnissen zu veranlassen. Die Opposition hat
auch versucht,^durch das falsche Gerücht von einem
Kronrat die Stellung der Regierung als erschüttert
hinzustellen. Radoslawow rmd feine Anhänger
Kleines zemSeton.
— Siegesfreude und Hausschlüssel. Aus einem
schwäbischen Städtchen wird das folgende herzer-
guickende Geschichtchen erzählt: Einer der trink¬
festesten Männer unserer Gemeinde war bis vor
wenigen Jahren unser Herr Amtsrichter. Das än¬
derte sich aber mit einem Male, als eine Gattin in
dem kleinen Landhaus des Amtsrichters ihren Eii-
zng hielt. Da gab es keinen Frühschoppen mehr
an dienstfreien Tagen, da wurde kein Tämmer-
schoppen mehr „gebaut" und am Abend ging der
sittsame Gatte, wenn überhaupt, nur in Gesellschaft
seines Frauchens ans. Und sieghaft widerstand er
allen Verführnngskünsten seiner Freunde. Bis das
Verhängnis nahte: Ein großer Hindcnburg-Sieg.
Das mußte begossen werden. Sein ehemaliger Zech-
genösse und liebster Freund, der Forstmeister lud
ihn selber zu der Feier ein und da hals kein Wider¬
streben, redete doch selbst die Gattin zu. Im
Triumphzug führte ihn der Freunde Schar in die
„Krone" zum festlichen Gelage, und der Herr Amts¬
richter trani, ^— er trank feit und viel. So kam es,
daß er eine etwas merkwürdige Illustration zu dem
bekannten Vers ans Schillers „Glocke" bot: „Schwer
beladen schwankt der Wagen", als man sich trennte
und man trennte sich spät, sogar sehr spät. Es
inochte wohl bald sechs Uhr morgens sein. Und erst
jetzt siel ihm ein: er harte keinen Hausschlüssel bei
sich, einmal weil es ja seit undenklichen Zeiten nicht
mehr vorgekommen war, daß er sich nach acht Uhr
abends noch außerhalb seiner vier Pfähle befand
und dann, weil däs amtsrichterliche Ehepaar über¬
haupt nur einen Hausschlüffel besaß, der jahraus
jahrein neben der Flurtüre ein rostiges aber fried¬
liches Dasein führte. Glücklicherwcffe hatte aber die
liebende Gattin daran gedacht und als er vor dem
Hanse stand und zunächst einmal leise nach^ den
Schlafzimmerfenstern hinaufpfiff, öf'nrte sich sof rt
ein Fenster und unter lebhaften Gesten war, d e
Gattin das Kleinod herunter. „Pst! pst! sei leise!
wecke die Leute nicht auf! flüsterte sie. Aber sie
hatte buchstäblich die Rechnung ohne den Wirt ge¬
macht, nämlich ohne den Kronenw'rt, der zu out
einaeschenkt hatte. Der Herr Gemahl befand sich
nämlich bereits in jenem Zustande, rät dem man die
Gegenstände doppelt und dreifach zu sehen wähnt
und das Bücken außerordentlich schwer fällt. Trotz
angestrengtesten Suchens uno harter Leibesübung,
der gute Mann fand den Schlüssel nicht. Da faßte
die Gattin in ihrer Angst vor einem öffentlichen
Skandal, falls die anderen Hausbewohner erwachten
und ihren angeheiterten Herrn Gemahl sahen, einen
ebenso hochherzigen wie gewagten Entschluß. Einen
Hcnrsschlüffel besaßen sie nur, also kann sie ihm
nicht anders zu Hilfe eilen: sie schwang sich aus den,
Fenster und versuchte, sich zwischen Blitzableiter und
Dachrinne herabzulassen. Während sie aber noch
auf dieser halsbrecherischen Gebirgstonr zwischen
Himnrel und Erde schwebte, fand der Gatte beu
Schlüssel und sogar das dazugehörige Schlüssellochs
tappte in den Hausflur, schloß sorgfältig wieder hin¬
ter sich ab, stteg die Treppe zu seiner Wohnung
hinan, warf sich krachend in die Federn und
schnarchte den Schlaf des Gerechten — und die lie¬
bende Gctttin stand draußen, bis der Morgen graut?.
— Sie soll hernach noch sehr verschnupft gewesen
sein, sic-
— Ein Stück Belgien, das vom Krieg verschont
blieb . . . Wenn man behauptet, daß unsere Heere
ganz Belgien besetzt haben mit Ausnahnie jener paar
Quadratfilometer um Nieuport, so ist dies» wie sich
jetzt herausstellt, nicht ganz zutreffend. Es gibt noch
ein Stück von Belgien, das der Krieg bis jetzt ver¬
schonte und wohin die Deutschen auch nicht gelangen
können, cchne eine Neutraluälsverletzung zu begehn,
i Es ist dies der kleine Landstrich von Ätarde-Herlog.
der ringsum von holländischem Gebiet umschloflen ist.
nordwestlich von Antwerpen, an der Bahn von Be:
gisch-Turnhout nach Holländisch-Tilburg gelegen. In
Baar-de-Hertog ist heute noch ei» belgisches Postan:
und ein belgisches Telegrophena tzt. Das ganze Gc
biet umfaßt einige Quadratfilomctzir und zählt darm-
rund 1000 Einwohner. Es dürfte der einzige Land
strich sein, woselbst die sogenannte Selgische Regieru
in Havre noch unbestrittene Gewalt besitzt. Ur
Baar-de-Hertog fühlt sich ganz belfisch. Ez verkan'
seine Briefmarken m Gunsten des Roten Kreuzes und
zwar jeweils um den dovpelten Wert des Betrazci
und bat die Ueberfchüsse bis jetzt nach immer
mäßig an die belgische Regierung nach tze Hav« JSM
Abfindung gelangen lassen. fik.