„"Tie cu Asche Briefsperre vor Kriegsausbruch":
Dieser Tage sind in Deutschland Briefe eingetros-
fen, die in Hongkong in der zweiten
Hälfte des Juli, also erheblich lange vor
Kriegsausbruch, aufgegeben worden waren.
Die englische Postbehörde in Hongkong hielt diese
Briefe zurück, anstatt sie ordnungsmäßig über Si¬
birien zu leiten. Später sind dann die Briefe nach
London zur Zensur gesandt, dort geöffnet, wieder
verschlossen und nach Schanghai geschickt worden.
Von dort kamen sie auf besonderem Wege nach
Deutschland. Es geht aus diesem Tatbestand klar
hervor, daß man in Hongkong bereit s in der
zweiten Hälfte des Juli mit einem Kriege
Englands gegen Deutschland rechnete und daß die
dortige englische Postbehörde bereits eutsprechtnde
Weisungen aus London erhalten hatte. So kom¬
men immer neue Beweisstücke dafür zusammen,
daß England den Krieg erwartete und
in ihn einzugreifen entschlossen war. Immer
aufs neue erweist sich die Verteidigung der belgi¬
schen N e u t ra l i t ä t als ein heuchlerischer Vor¬
wand,
Jer HnmtelsHrles M» WM
Die „Lufitania" torpediert,
vtb. Orreenstown, 7. Mai 1915- Meldung
m Reuterschen Bureaus: Der Cuuarddampser
„Lusitania" ist torpediert worden und ge«
suuken. Hilfe ist abgefandt. Die „Lusitauia'«
war der beste Dampser der Cunardliuie mit
31500 Registertonnen.
Der N-Boot Krieg.
vtb London. 7. Mai 1915. Das „Reutersche
Zureau" meldöt aus Whitby: Ein deutsches Unter¬
seeboot versenkt^ in der Nordsee den Fisch-
dampfer „Merrn Jslington". Die Be¬
satzung wurde in Whitby an Bord gebracht.
wtb London. 7. Mai 1915. Meldung des
„Reuterschen Bureaus": Der Dreimastschuner
„Earl of Lat Ham", der 123 Tonnen faßte, ist
gestern bei Kinsdale von einem deutschen Untersee¬
boot durch Kanonenschüsse in den Grund ge¬
bohrt worden.
wtb Liverpool. 7. Mai 1915. Meldung des
Reuterschen Bureaus: Der Dampfer „Candidate"
ist am Dienstag von einem deutschen Unterseeboot
in der Irischen See torpediert worden und ge¬
sunken. Die Besatzung wurde gerettet.
wtb London, 7. Mai 1915. Lloyds Agentur
meldet aus Liverpool: Der Dampfer „C e n t u r i o n".
5945 Tonnen Gehalt, von Liverpool nach Südafrika
unterwegs, ist an der irischen Küste in Grund
gebohrt worden. Die Besatzung ist gerettet.
wtb Kristiania, 7. Mai 1915. Das norwegische
Segelschiff „Oscar" (107 Bruttotonnen, 1895 er-
bänt). das mit Grubenholz, also Konterbande»
von Arendal nach Granton in Schottland fuhr»
wurde von einem deutschen U-Boot torpediert, (ct. bl.)
Her Kries Mn Unsinn!
Der Kaiser.
wtb Berlin, 7. Mai 1915. S. M. der Kaiser
traf auf der Reise nach dem südöstlichen
Kriegsschauplätze zu kurzem Aufenthalte in
Berlin ein.
Das katastrophale Schicksal der Ruffen in Galizien.
Berlin, 7. Mai 1915. Der Kriegsberichterstatter
der „Voss. Ztg." meldet aus dem Kriegspressequartier
unter dem 7.'Mai über den „Klassischen Durchbruch
in Westgalizien" und über die ungeheueren Folgen,
die die Niederlage der Ruffen noch für diese haben
kann: Di: unzähligen Drähte, die aus dein Kampf¬
raum von Tamww bis zum Krosno-Becken zum
.Hauptquartier laufen, geben ununterbrochen Kunde
davon, zu welchem ungeahnten Erfolg sich der Sieg
auf der ganzen Front auswächst. Bisher sind in dem
eroberten Raume drei Stellungslinien (die am Sonn¬
tag gewordene Hauptlinie und zwei Aufnahmestel-
lungen), die je dreifach angelegt waren, zu Fall ge¬
kommen. Ein geradezu katastrophales
Schicksal scheint die aufgerollte russische Beskiden-
sront zu ergreifen. Von vier Seiten in die Gebirgs-
wälder von Gorlice, Smigrod, Dukla und Zboro ge¬
zwängt, ist der ganze Westflügel der rus-
sischenBeskidenarmeevollständigein-
gekeilt. Einzeln: leichtbewegliche Gruppen mögen
vielleicht noch über Gebirgspfade entkommen, das
Gros der abgesprengten verknäuelt in den Wäldern
stehenden Truppenkorper kann als verloren gelten und
wird die Gefangenenzahl gewalüg erhöhen. Bor
allem werden aber die auf einen engen, ausgangs¬
losen Flecken zusammengestopften riesigen Trains
und die mächtigen Artill erieP arks den Ver¬
bündeten größtenteils in die Hände fallen, (ctr. bln.)
— Bürzkräuter unserer Vorfahren. Das Würz-
gärtlein war in unserer Ahninnen Zeiten ein wich¬
tiger Bestandteil des wichtigen Gartens. Als der
Pfeffer so hoch im Preise stand, daß man ihn fast
mit Gold aufwog, als man all die ausländischen
Gewürze nicht kannte, da zog die Hausftau selbst die
deutschen Kräuter, die den Speisen Würze verliehen.
Bon vielen weiß man nichts mehr als die Namen,
andere werden nur zu ganz bestimmten Speisen in
altmodischen Haushaltungen noch benutzt. Im alten
Liede heißt es ja: Lavendel, Myrt' und Thymian,
das wächst in unserm Garten. Den Thymian streuen
noch heute die Hausfrauen der Rheinpfalz über die
Bratkartoffeln, Majoran jMairan) wird in Rord-
dcutschland noch viel benutzt. Beisuß steckt nian in
der Mark zu den Aepfeln, mit denen die Gans ge¬
füllt wird, Dill und Fenchel braucht man zum Ein¬
machen der Gurken. Der Lavendel ist zum modernen
Duftspender geworden. Aber von vielen andern
kennt man kaum die Gebrauchsweise. Wer kennt
Koriander noch ? Auf dem Land e tut man ihn aber nock)
heute als Gewürz in die selbst gemachte Bratwurst
und an die eingelegten Roten Beete. Aber wer ge-
braucht noch Salbei und Raute? Wer kennt Trip¬
madam und Sassafras, wer das köstliche Würzkräut¬
lein Pimpernell, das dem Salat einen so pikanten
Geschmack verleiht? Wer weiß etwas von den Kräutern
aus dem reizenden alten Liedlein, das jetzt wieder
zur Laute gesungen wird, vom guten Gärtnersmann,
von Rosmarin und Quendel? In einer Berliner
Markthalle sah man noch vor einigen Jahren eine
„Kräuterfrau", ein wunderliches, verhutzeltes altes
Weiblein, das aus einem engen Verschlag seinen eis¬
grauen Kopf mit der großen Haube wie ein Hexen¬
weiblein heraussteckte. Große Büschel getrockneter
Kräuter hingen wie ein Vorhang um diesen Kopf,
in Beutelchen und Tütchen war allerhand Samen
ausqelegt. Es kam selten jemand, der darum fragte
und xs war, als ob die Alte nur ungern ihre Ware
hergebe, denn sie fuhr die tvenigen Kauflustigen auch
«'bt Berlin, 7. Mai 1915. (Tel.) lieber die ver¬
zweifelte Lage der russischen Beskiden,
truppen wird dem „Berl. Anz." aus dem öster¬
reichisch-ungarischen Kriegs presse quartier uMer dem
6. Mai gemeldet: Unsere Truppen, die von Gorlie
aus auch teils in östlicher Richtung vorgingen, haben
dadurch einen eisernen Vorhang hinter jene russi¬
schen Abteilungen fallen lassen, die sich s ü d l i ch
des Straßenzuges Gorlice-Zmvgrod-Dukla befinden.
Teile der russischen Beskidentruppen sehen daher der
sicheren Gefangennahme entgegen. Alle
befahrbaren Verkehrswege von Süden nach Norden
sind von unseren Truppen gesperrt. Denjenigen
russ. Truppen, denen es nicht gelang, nach Norden
und Osten zu entkommen, droht die Vernich¬
tung. Dies gilt namentlich für die Artillerie und
die anderen Truppen, die ausschließlich auf fahr¬
bare Berkehrwege angewiesen sind. Man erwartet
aus jener Gegend die Meldung von größeren Er¬
folgen unserer unermüdlich in Verfolgungsmär¬
schen heranrückenden Truppen.
Die Panik auf -er Flucht.
Budapest, 7. Mai 1915. Die Kriegsberichter-
statter melden Einzelheiten über den hastigen
Rückzug der Russen von der Dunajec-Linie und
aus den Karpathen. Der Rückzug sowohl von der
einen wie^von der anderen Front kostet den Russen
wiederum""« n ge heuere Verluste und brachte
uns weitere große Beute, lieber die gegenwärtige
Lage wird berichtet: Alle Paßstraßen zur Bahnstrecke
Jaslo-Sanok sind überfüllt von fliehenden Kolonnen
des Trains und der Reserven. Bei Smigrod
stießen die russischen Duklatruppen aus die west-
galizischen. Es gab heillose Verwirrung und
Stauung, Flüche, Faust- und Bajonettstöße. In
dieses Tohuwabohu knallten die ersten Schüsse unftrer
verfolgenden Stoßgruppen des Generals v. Mackensen
und riefen eine unbeschreibliche Panik hervor.
Durch Dukla zogen große Massen in Eilmärschen.
Der ruffische Korpskommandant verließ eilends das
Schloß des Grafen Maszinsky, worin er solange
residiert hatte, ebenso wie der russische Armeekom¬
mandant Dimitriew Jaslo verließ. Unsere Leute
aber, Bayern, Ungarn, Oefterreicher und andere
Deutsche verfolgen den geschlagenen Feind
im Rausch eines großen Sieges und
nehmen Tausende und Abertausende
gefangen. Der groß angelegten Offensive gelang
es daher, auf der 150 Kilometer langen Front den
Positionskampf in einen Bewegungskampf
umzugestalten, den Feind zu schlagen und ihm,
trotzdem er auf der 40 Kilometer langen Linie drei
Verteidigungsstellen besaß, neuerlich zum Rückzug
zu zwingen. Aus Eperjes wird noch gemeldet, daß
unsere Truppen den Duklapaß bereits vom
Feinde gesäubert haben.
Erbärmliche Lügen unserer Gegner.
wtb Paris, 7. Mai 1915. (Meldung der Agence
Havas.) Die ruiss. Botschaft gibt bekannt, daß
die Tagesberichte von Berlin und Wien über den
angeblich über die Russen in Westgalizien da¬
vongetragenen großen Sieg keineswegs der Wirk¬
lichkeit entsprächen. (!!) Die in den dortigen Ge¬
genden stattfindenden Kämpfe gestatteten durchaus
nicht, von irgendwelchen Erfolgen, selbst Teilerfol¬
gen. die von den Oesterreichern, Ungarn und den
Deutschen errungen seien, zu sprechen. Auch die
russ. Botschaft in Rom hat eine ähnliche
Mitteilung veröffentlicht.
reib Paris» 7. Mai 1915. In einer von der
Agence H«vas aUsgegebenen Note wird erklärt, daß
laut Meldung der russ. Boffchaft die österreichisch-
ungarischen und deutschen Tagesberichte bezüglich
des über die Ruffen davongetragenen Sieges
keineswegs den Tatsachen entsprächen.
Dies Dementi bringt den Zusammenbruch der von
den Deutschen seit dem 24. 4. organisierten Aktion
zum Abschluß. Das deutsche Hauptquarüer habe
tatsächlich drei gleichzeitige Gewalt¬
stöße kombiniert: den ersten bei Langemarck, wo
die Deutschen anfongs vorrücken konnten, aber am
selben Abend noch angehalten wurden; den zweiten
ganz ohnmächtigen Gewaltstoß bei Eparges mrd
Calonne; den dritten in den Karpathen. Der ^Be¬
fehl lautet, einen Sieg zu melden. Die Blätter
meldeten die Eroberung von 600 Geschützen und die
Gefangennahme von 300000 (?) Russen. Das
Wolffbureau selbst mußte ein Telegramm veröffent¬
lichen, um vor Uebertreibungen zu warnen. Die
Deutschen versuchten dreimal in zehn Tagen, einen
Erfolg zu erringen, dreimal war ihnen ein Mi߬
erfolg beschieden. — Eine Zusatzbemerkung der
französischen Presse stellt die Operationen im Ge¬
biete von Ypern als eine große Schlappe für die
Deutschen 'dar. Die deutschen Angriffe seien blu¬
tig abgeschlagen, das verlorene Gelände größtenteils
wiedergewonnen. Dieselbe Taktik befolgt die Presse
hinsichtlich der Kämpfe bei Eparges und Calonne.
lieber den Vorstoß der österreichisch-ungarischen und
deutschen Truppen über den Dunajec schweigt
sich die Presse aus und druckt nur stark ge¬
färbte Londoner Berichte ab. Tie Presse deutet be-
noch grob an. Jetzt ist die Kräuterfrau verschwunden.
Ob unsere deutschen Kräuter doch vielleicht jetzt eine
Wiederauferstehung feiern? Vielleicht! Singen doch
auch unsere Lautensänger und Sängerinnen wieder
das alte Liedchen: Guten Tag, Herr Gärtnersmann,
Haben Sie Lavendel? Rosmarin und Thymian und
ein wenig Quendel?
— Die Hülsenfruchte im Kriegshaushalt. Als
hervorragende Eiweißträger sind die Hülsenfrüchte
für die menschliche Nahrung von großer Wichtigkeit.
Wo irgend möglich, sollte man daher ihren Konsum
bevorzugen. Allerdings sind manche Hülsensrüchte
augenblicklich nur schwer erhältlich. Dies gilt ins¬
besondere von den Linsen, deren Anbau bei uns
nur gering war, und von denen wir bisher fast den
ganzen Bedarf aus Rußland bezogen. Aehnliches
gilt für trockene Erbsen, während wir den Bedarf
an ftischer Ware fast vollständig im Jnlande decken
können. Verhältnismäßig am besten stehts mit den
Bohnen. Im Nährwert'stehen die Bohnen an erster
Stelle. Sie übertreffen den der Linsen und Erbsen
uni 10 bis 12 Prozent. 100 Gramm trockene weiße
Bohnen enthalten mehr Eiweiß als 100 Gramm Fleisch
und ihr Gesamtnährwert ist dreimal so hoch wie
mageres, doppelt so hoch wie mittelfettes Fleisch
gleichen Gewichtes. Voraussetzung ist aber, daß man
die Bohnen nicht blos auf das gründlichste weich¬
kocht, sondern daß sie auch fein wie Kartoffelbrei
durchgeschlagen werden. Nur in dieser Form werden
die hochwertigen Hülsenftüchte, also auch Linsen und
Erbsen, vom Darmkanal des Menschen gut ausge¬
nützt. Nach einer Berechnung von Professor von
Noorden erscheinen von unzerkleinerten und nur ge¬
kochten Hülsenfrüchten ungefähr 30 bis 35 Prozent
der Eiweiß- und etwa 20Prozent der Mehlsubstan;
unverdaut in den Aussck-eidnngen wredcr. Also eine
grenzenlose Verschwendung. Tic liebersührnng in
seine Breie nnd durchgeschlagene Suppen erhöh! auch
wesentlich die Bekömmlichkeit der Hülsenftüchte.
reits an, daß die russische Front in Westgalizren
wenig strategischen Wert besitze. (Aha!) — Was
für Idioten müssen es sein, die solchen verlogenen
Unsinn schreiben, und für wie idiotisch müssen die
Leser eines solchen verlogenen Unsinns von denjeni¬
gen geilten werden, die ihn verzapfen! Nichts
vermöchte die Not der nach Bumdesgenofsen aus¬
schauenden Lügen-Entente besser auszudecken, als
dieses traurige Manöver, mit dem man Italien
Sand in die Augen streuen will.
Die russischen Ableugnungsversuche.
wtb Wien, 7. Mai 1915. Aus dem Kriegs-
Pressequartier wird gemeldet: Im Verlauf dieses
Krieges hat die Berichterstattung der Dreiverbands¬
presse in Verdrehung der Tatsachen schon
so viel geleistet, daß wir uns gewöhnt haben, über
die regelmäßigen Lügennachrichten ohne Gegen¬
äußerung zur Tagesordnung überzugehen. Daß
aber unsere Feinde nuin auch amtlich mit Mitteln
arbeiten, die selbst in großer Not und Verzweiflung
verwerflich sind, fordert zu einer verdienten Abfuhr
heraus. Die russ. Vertretungen im Aus¬
land verlautbaren offiziell, daß sie den Auftrag
haben, die aus Berlin und Wien kommenden Nach¬
richten über einen sogenannten große« Sieg
der Oesterreicher, Ungarn und Deutschen in West¬
galizien kategorisch zu dementieren. Die
dort im Gange befindlichen Kämpfe erlaubten nicht
einmal von Teilerfolgen der Oesterreicher, Ungarn
und Deutschen zu sprechen. Es kann nicht ange¬
nommen werden, daß seit der eiligen Flucht des
Kommandanten der russischen dritten Armee Radko
D i m i tr i e w aus Jaslo jede telegraphische Berbin-
duna mit Petersburg unterbrochen sei und daß dort
infolgedessen völlige Unklarheit über die Ereignisse
herrscht, die sich seit dem 2. Mai in Westgalizien ab¬
gespielt haben. Die Tatsache allein, daß am Du¬
najec und an der Biala kein streitbarer
Russe mehr steht, daß auch der Abschnitt der
W r s l o k a bereits in unseren Händen ist Und der
ganze Westflügel der Russen in den Beskiden
in eiligem Rückzuge den bisher innegehabten schma¬
len Streifen Ungarns räumte, zeigt,' wie schwer die
russische Heeresmacht in den Kämpfen der letzten
Tage getroffen wurde. Mag man sich in Peters¬
burg auch unwissend stellen und in dem Com-
muniqus vom 5. Mai noch immer von Kämpfen
am Dunajec sprechen, so kann es doch den amt¬
lichen Stellen nicht verborgen geblieben sein, daß
sich diese Kämpfe, in welchen die russischen Truppen
nach eigenem Geständnis dieses Communiquss
merklich erschüttert wurden, viel weiter östlich in
der Gegend von Wisloka zutrugen. „Merklich er¬
schüttert" ist übrigens ein sehr gelinder Ausdruck
für den Verlust von über 50 000 Mann, welche die
russische Armee allein an Gefangenen während der
letzten fünf Tage einbüßte. Zum Glück für uns
werden Schlachten nicht mit amtlichen Dementis,
sondern mit Waffen gewonnen und den russischen
Kolonnen, die heute am Nordabhange der Beskiden
eingekeilt, zwischen unseren im Norden Md
Süden vordringenden Armeen nach einem Auswege
suchen, ist mit einem Dementi, wenn es auch noch
so amtlich verlautbart wird, herzlich wenig gedient.
Der Russenrückzug in Kurland.
Die Petersburger Telegraphenagentur meldet
unterm 5. Mai: Das Höchstkommando hat die
Zurücknahme des rechten Flügels der
russischen Grenzschutzarmee auf der Linie
Riga-Wilna anbefohlen. Gegen den Einfall deut¬
scher Truppen werden Abwehrmaßnahmen einge¬
leitet. Die Eisenbahnverbindungen nach Dünaburg,
Riga und Wilna sind aus Befehl des Höchstkom¬
mandos für den privaten Personen- und Güter¬
verkehr gesperrt.
VM ree- M MmeMeg.
Der Krieg in Südafrika.
wtb London, 7. Mai 1915. Das Reutersche
Bureau meldet aus Kapstadt: Botha meldet über
die Besetzung von Karibib: Karibib wurde ge¬
stern nach einem forcierten Eilmarsch von 35 Mei¬
len besetzt. — Die Uniontruppen hatten seit der
Einnahme von Otjemhinatve am 3. Mai keine Ver¬
luste- Während Botha vorrückt, ist das südaftika-
nische Geniekorps damit beschäftigt, die Eisenbahn¬
linie Swakopmund-Onguato-Karabib breiter zui
machen, um sie. an einer breiteren Linie nach Wind¬
buk anschließen zu können. Siebzig von den schä¬
tzungsweise 120 Meilen sind bereits fertig. Botha
berichtet, daß die geringste Strecke, die in fünf Ta¬
gen von ciniq«i Truppenabteilungen zurückgelegt
wurde, 190 Meilen beträgt. Einige Brigaden hät¬
ten viel bedeutendere Entfernungen zurückgclegt,
Dflf «MM.
Die Dar-anellenlänrysc.
Die noch an zwei Stellen der Halbinsel Galli-
poli stehenden feindlichen Landungstruppen werden
wohl kaum wieder auf ihre Schiffe zurückkehren.
Unter fortgesetzten Angriffen der Türken haben sic
täglich schwer zu leiden und erleiden eine Niederlage
nach der andern.
wtb Konstantinopel, 7. Mai 1915. Der Sonder¬
berichterstatter von „Wolffs telegraphischem Büro"
erfährt zuverlässig über die gesamten Tardanellen-
kämpfe:
Nachdem das asiatische Äser völlig vom Feinde
gesäubert ist, konzentrieren sich die Kämpfe im wesent-
lichn auf zwei Punkte der Galltpoli-Halbinsel,
die äußerste europäische Spitze SedükBah r.und K a-
b a t e p e, den Landungspunkt an der ägäischcn Küste der
Landenge von MaidoL. Das feindliche Expeditionskorps
ist zusammengesetzt aus Australiern sowie franzö¬
sischen Kokonialtruppen, unter denen sich far¬
bige Völkerschaften befinden. Es ist ausgerüstet
mit den modernsten Kriegsmittelu und verwendet die
Sichffsartillerie seiner gewaltigen Flotte zur lluterstütz-
ung der Landoperationen. Deshalb ist überall, wohin
die Schiffsgeschütze reichen, der Aufenthalt der Vertei¬
digungstruppen tagsüber nahezu unmöglich. Die tür¬
kischen Hauptaugriffe erfolgen darum
bei Nacht. Da der Gegner über Feffelballons verfügt,
mit deren Hilfe er das Gelände überschauen kann, so ist
der Treffbereich der Schiffsgeschütze bedeutend erweitert,
wodurch die Belegung der Tardanellenortschafteu mit
Feuer bei indirekter Beschießung möglich ist. Unter
solchen Umständen sind die bisherigen Erfolge der Tür¬
ken doppelt hoch zu bewerten. In den besonders heftigen
Kämpfen in der Nacht vom 2. zum 3. und vom 3. zum
4. Mai bewiesen die türkischen Truppen hervorra¬
gende Tapferkeit, so daß der Feind sehr schwere
Verluste gehabt haben muß. Bei einem derart stür¬
mischen Vorgehen find naturgemäß auch türkischcrseirs
starke Verluste zu verzeichnen, infsuderhcit, wie bei
Kricgsbeginn auch deutscherseits, in den Reihen der Of¬
fiziere. Trotz heißer Bemühung 'nd des Aufwandes
größter Kampfmittel ist cs t ge¬
lungen, auch nur einen Fuß breit » s rz.u.
dringe«, vielmehr ist die Verteidigungslinie an bei¬
den Punkten auf die Küste vorgeschoben. Die Entschei¬
dung steht noch aus, jedoch ist die Lage der türkischen
Truppen als durchaus günstig zu bezeichnen. Die Be-
hauptung ausländischer Berichte von der Abschießung
zweier deutscher Flieger bei Tenedos ist unwahr,
im Gegenteil: kein Flieger auf türkischer Seite ist auch
nur beschädigt, dagegen haben unsere Flieger mehrfach
erfolgreich feindliche Schiffe, Landungsbrücken und die
feindlichen Stellungen mit Bomben beworfen, sowie
feindliche Flieger mit Erfolg abgewehrt. Die Fort¬
setzung der Kämpfe auf der Gallipoli-Halbinsel führte
zu weiterer Zurückdrängung der Landungstruppen bei
Kabatepe und zur Erbeutung von 500 Gewehren und
einem Maschinengewehr. Der Feind erlitt starke Ber-
luste an Mannschaften. Mittwoch abend schleuderten die
Schiffe des zurückgeschlagenen Feindes erneut indirektes
Feuer und Brandbomben aus das harmlose, völlig
unbefestigte Maidas. Die Kämpfe werden fortgesetzt.
Am Tage sindet nur Artillerieduell statt, an dem sich
auch die Festungsgeschütze beteiligen, nachts erfolgen In-
fanteriean griffe.
Ule niM Mflcftte.
Italien
Eine gespannte, aber nicht aussichtslose
Lage.
Der Stand der iwlienisch-österreichischen Frage
ist auch heute u n v e rä n d e r t, das heißt, es dauert
eine gespannte Lage an, ohne daß man genötigt
wäre, sie als aussichtslos zu bezeichnen. Sache der
nächsten Tage wird es Wohl sein, Klarheit darüber
zu schaffen, daß die bisher nicht ununterbrochenen,
aber kritisch gewordenen Verhandlungen wieder in
eine ruhigere Bahn einleuken. Es heißt jetzt mit
Ruhe abwarten. Ruhe ist bei uns jetzt wieder die erste
Bürgerpflicht. Nicht nur unsere Würde und Selbst¬
achtung gebieten Ruhe, sondern auch die K l u g -
heit. Jedes Zeichen von Nervosität würden die
Gegner als Angst deuten und daraus ihrerseits
neuen Mut schöpfen. Wir tun am besten, wenn
wir ums zu Anfang Mai wieder in die Stim¬
mung von August versetzen. Damals schrie¬
ben unsere ausziehenden Truppen an ihre Trans¬
portwagen: „Hier werden noch Kriegserklärungen
angenommen!" Eine drastische Bekundung dex Zu¬
versicht. Diese Zuversicht war sogar ungefährdet
durch die englische Kriegserklärung durchgs-
drungen. Und doch wußten wir alle, daß die eng¬
lische Weltmacht ums ganz gewaltige Schwierigkeiten
machen würde. Sicherlich war und ist England
ein weftaus gefährlicherer Gegner, als Italien. Die
Bedrohung durch England traf uns damals im A n -
f an g des Ringens, als wir über unsere Kraft und
die Leistungsfähigkeit der Gegner noch keine Erfah¬
rungen gesammelt hatten. Jetzt haben wir eine
Fülle von Erfahrungen hinter uns, und sie haben
uns gelehrt, daß Deutschland und Oesterreich wirk¬
lich überlegen finih Glücklicherweise haben ge¬
rade die jüngsten Tage sowohl im Osten als im
Westen die herrlichsten Erfolge gezeitigt,die das Be¬
wußtsein unserer U n best e g li ch k eit hinreichend
gestärkt haben, so daß auch eine neue Gegnerschaft
uns nicht schrecken kann.
Wenn Italien sich zu unseren Feinden schlägt,
so wird unsere Arbeit fteilich erschwert, aber
keineswegs gelähmt. Wir sind sicher, daß
unsere militärischen jimb politischen Führer alles
sorgsam abgewogen und auch für die unerwünschte
Wendung das Nötige vorbereitet haben.
Wenn italienische Phrasenhelden sagen, daß Ita¬
lien jetzt in der Lage sei, das Schicksal Europas
zu bestimmen, so irren sie sehr. Es handelt sich um
das Schicksal Italiens selber. Hoffen wir
bis zum letzten Augenblick, daß Italien sich nicht
solidarisch macht mit der offensichtlich niedergehen¬
den „Macht" Mserere Feinde. Wenn aber doch —»
nun, so ist. es ein Aufwaschen!
Ber«, 7. Mai 1915. Unter der Ueberschrift:
„Oesterreichisches Angebot an Italien"
schreibt der Berner „Bund" in seinen! gestrigen
Abendblatt: „Ein aus Rom kommender zuverlässi¬
ger Politiker macht Mitteilungen über die öfter-
reichischen Angebote, die es nun begreiflich
erscheinen lassen» daß man noch von einer krie-
gerischen Lage sprechen kann. Oesterreich-Ungarn
bietet völlige Befriedigung aller nationa-
lfftischen Wünsche Italiens in Bezug auf Abtretung
italienisch sprechender Gebiete» ist sogar zu weit¬
gehender Berücksichtigung der Wünsche und Bedürf¬
nisse der italienffchen Bevölkerung in Triest bereit
und erklärt sein völliges Desinteressement in Alba¬
nien. — Wenn dies zutrifft, woran bei der Zuver¬
lässigkeit unseres Gewährsmannes nicht zu zweifeln
fft, so muß man sich wundern, weshalb dies von
der italienischen Regierung so ängstlich geheimgehal-
ten wird. Es wäre kaum zu glauben, daß sich die
italienische Regierung trotz dieser Angebote zur In¬
tervention entschließen sollte, da dann das Volk um
Dinge, die es aus friedlichem Wege erringen könnte,
in den Krieg gestürzt würde." (ctr. fft.)
Berlin, 7. Mai 1915. Ein intimer Freund des
ftüheren Ministerpräsidenten Giolftti führte aus,
daß die ftalienische Regierung die Verantwortung
sorgfältig erwägt, die sic vor ihrem eigenen Parla¬
ment zu tragen hat, wenn sie so große Anerbiettm-
gen zurückweist, wie sie ihr jetzt von der österrei¬
chisch-ungarischen Regierungen gemacht wurden. Er
deutet an, daß man es im Parlament nicht der-
stehen würde, wenn die Regierung Opfer an Men¬
schenleben und Blut des Volkes bringen würde zur
Sie Erfüllung von Forderungen, me sie
unblutig ebenfalls in wcftem Umfang erreichen
kamr.
Zürich, 7. Mai 1915. Aus Rom emgetroffcne
Meldungen besagen: Ein Dekret erniächtigt den Post-
und Telegrapyenminister, den T e l e pHondi en st
im örtlichen Verkehr wie in denk zwischen einzelnen
Städten aus den Staats- und privaten Linien bis
zum 30. Dezember aufzuhebcn und die privaten
Ferngespräche zu überwachen. Ein weiterer Erlaß
befreit die Arbeiter in den Werkstätten für Kriegs¬
material von der Einberufung. Nach Venetien wer¬
den keine Güter mehr angenommen. Infolge der
Kohlenknappheit wurden weiter zahlreiche Gü¬
te r z ü g e vom Fahrplane der Ltaatsbahu gestri¬
chen. (ctr. bln.)
Die „Neue Zür. Ztg." bringt folgende Privat¬
meldung aus Rom vom 5. Mai: Nachdem bereits
dieser Tage die Jahresklafse von 1891 und 1890, so¬
wie gestern diejenigen von 1889 unter die Waffen
gerufen worden waren, erfolgte heute die briefliche
Einberufung der Dienstpflichtigen von 1888, die
sich innerhalb 24 Stunden zu stellen haben, sowie der
Soldaten der Infanterie der Jahrgänge 1376, 77, 78
und 79, sowie 1880 aus den 15. Mai. Zuverlässigen
Informationen zufolge steht die Einberusuug sämt¬
licher Offiziere der Reserve bis zum'60. 8e°
bensjahre einschließlich unmittelbar bevor. Der
Transport de« bereits eingetrpffeney KlaskM nach