Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

Die Lusttaur» als Kriegsschiff. 
Das Wölfische Telegr.-Burcau verbreitet folgende 
Erklärung: 
wtb Berlin, 8. Mai 1912. Ter Eunard-Dampfcr 
.Lusitania" ist, wie Reuter meldet, gestern durch ein 
deutsches Unterseeboot zum Sinken gebracht worden. 
Die „Lusitania" war selbswerstandlich, wie neuerdings 
die meisten englischen Handclsdampfer, mit Ge¬ 
schützen ausgerüstet, außerdem batte sie, rvie 
hier einwandfrei bekannt war, erhebliche Mengen 
von Munition und Kriegsgerät unter 
ihrer Ladung. Ihre Eigentümer waren sich daher 
bewußt, welcher Gefahr sie ihre Passagiere aussetz¬ 
ten. Sie allein tragen die volle Ver¬ 
antwortung für das, was geschehen mußte. 
Deutscherseits ist nichts unterlassen worden, um wie¬ 
derholt und eindringlich zu warnen. Derkaiser- 
liche Botschafter in Washington hat noch am 
1. Mai in einer öffentlichen Bekanntma¬ 
chung auf diese Gefahren aufmerksam gemacht. Die 
englischePressehatdamalsdieseWar- 
nung verspottet unter Hinweis auf den Schutz, 
den die britische Flotte dem transatlantischen Vcr 
kehr sichere. 
wtb Berlin, 8. Mai 1915. Ueber den Unter¬ 
gang der „Lusitania" bemerkt das „Berliner Tage- 
Im Fall der „Lusitania" ist ein Kriegsschiff 
vernichtet worden. Die „Lusitania" befindet sich in 
der Liste der englischen Hilfskreuzer; sie 
trug eine Armierung von zwölf 15 Ze«tiMe¬ 
ter - G c sch ü tz e n und war stärker bestückt und be¬ 
mannt, als irgend ein deutscher geschützter Kreuzer. 
wtb. Berlin, 9. Mai 1915. Wie wir von zu¬ 
ständiger Seite erfahren, befanden sich an Bord 
der ,Lusitania"5400 Kisten Munition. Bei 
weitem der größte Teil der Ladung bestand aus 
Kriegskonterbande. 
Amsterdam, 9. Mai 1915. Die englische Admi¬ 
ralität hat geleugnet, daßder« Dampfer „Lusi¬ 
tania" bewaffnet gewesen sei. Demgegenüber 
steht ein Artikel von Archibald Hurd im „Daily Te¬ 
legraph" vom Samstag. In diesem Artikel heißt 
cs: Es bestanden nur zwei Schiffe bei der britisckcn 
Handelsmarine,, die auf Grund ihrer Schnelligkeit 
und ihrer K a n o n e n sich selbst schützen konnten. 
Das eine war die „Mauretania" und das andere 
die „L u s i t a n i a", die gestern an der irischen 
Küste durch deutsches Unterseeboot zum Sinken 
gebracht wurde. Diese beiden Schiffe waren die 
einzigen, die von der britischen Admiralität für den 
Dienst als Reservehandelskreuzer einge- 
stellt waren, die jedoch nicht am Kriegsdienste teil- 
nahmen, sondern denen erlaubt wurde, ihre Fric- 
denstätigkeit weiter fortzusetzen. Für die „Lusi¬ 
tania waren ungewöhnliche Vorsichtsmaßregeln ge¬ 
troffen worden, urn die Stärke seiner Hülle durch 
wasserdichte Schotten und Vervielfältigung der Ab- 
teilungen zu vergrößern. Dem Schiff wurde eine 
* mächtige Bewaffnung mit Schnellfeucrka- 
uvnen gegeben. Und das ist nicht alles. Es 
wurden auch die nötigen Schritte getan, den: Schiffe 
eine besonders ci.ngeübte Mannschaft von 
R e s e r v i st c n der Marine zu geben, die die 
Waffen des Schiffes in wirffamer Weise bedie¬ 
nen konnten. Der Gedanke war, daß die „Lusitania" 
nicht selbst an einer Ätarineopcration teiluehmen 
sollte, aber daß sie, falls sie eineni feinlichcn Kreu¬ 
zer während des Krieges begegnen sollte, in der 
Lage sei, bei raschem Volldampf ihren Gegner mit 
ihren Kanonen sich vom Leibe zu halten, selbst wenst 
es dein Schiff nicht gelingen sollte, den Gegner zu 
beschädigen, (ctr. fft.) 
Die Flagge der „Lusitania". 
Kopenhagen, 9. Mai 1915. Der hiesige Gene¬ 
ralagent der Cunard-Linie Mogcnsen habe sich der 
„B.-Ztg." zufolge einem Vertreter der „Politiken" 
gegenüber folgendermaßen über den Untergang der 
„Lusitania" ausgesprochen: „Es ist mir noch nicht 
bekannt, ob die „Lusitania" die amerikanische 
Flagge führte, aber so weit ich unterrichtet bin, 
bestand die Msicht, daß das Schiff gerade auf dieser 
Fahrt das Sternenbanner führen sollte." 
Die Mitteilung des Herrn Mogcnsen ist äußerst 
wertvoll. Sie deutet an, daß die „Lusitania" den 
Flaggenschwindel, der ihr einmal geglückt war, jetzt 
fortsetzen wollte oder fortgesetzt hat. Also bestand 
für das deutsche Unterseeboot erst recht kein Grund, 
mit der Torpedierung zu zögern, (ctr bin.) 
Die deutsche Warnung. 
Wie bereits erwähnt, hatte der deuffche Botschaf- 
ker in Washington, Graf Bernsdorff, im Aufträge der 
kaiserlichen Regierung in den amerikanischen Blät¬ 
tern am 1. Mai eine Warnung erlaffen, Schiffe, die 
die englische Flagge oder die seiner Bundesgenoffen 
tragen, zur Ueberfahrt nach Europa zu benutzen. 
Diese Warnung hatte folgenden Wortlaut: 
Reisende, die beabsichtigen, den Atlantischen Ozean 
zu kreuzen, werden an folgendes erinnert: Es besteht 
zwischon Deutschland und seinen Verbündeten einer¬ 
seits und Großbritannien und seinen Verbündeten an¬ 
dererseits ein Kriegszustand. Die Kriegszone 
schließt auch die Gewässer in der Nähe der britischen 
Inseln ein. Gemäß der formellen Notiz, die die Kai¬ 
serlich deutsche Regierung erließ, laufen Schiffe, die die 
Flagge Großbritanniens oder seiner Verbündeten füh¬ 
ren, Gefahr, vernichtet zu werden. Reisende, 
die auf den Schiffen Großbritanniens oder seiner Ver¬ 
bündeten die Kriegszone befahren, tun dies auf ihre 
eigene Verantwortung. Kaiserlich deutsche 
Botschaft. Washington, 22. April 1015. 
Wie aus den amerikanischen Berichten hervor¬ 
geht. wurde die deutsche Warnung leider nicht be¬ 
herzigt, sondern als leere Drohung auf die leichte 
Schulter genommen. Es wurden sogar hierüber 
Witze gemacht, und der Dampfer der Anchor-Linie 
„Camerunia", der aus einem unbekannten Grunde 
die beabsichtigte Fahrt nach Europa in letzter Stunde 
aufgab, ließ 200 seiner Paffagiere in die Schiffs¬ 
liften der „Lusitania" einschreiben. (ctr. bin.) 
Rotterdam, 8. Mai 1915. Reuters Bureau mel¬ 
det aus Washington: Die deutsche Botschaft 
wüst auf die von ihr gegebene Warnung hin, die 
für die ganze Kriegsdauer gilt und hofft, 
daß der Untergang der „Lusitania" den Amerikanern 
die Gefahr zeigen wird, die mit einer Fahrt in die 
Kriegszone verbunden ist. (ctr. bin.) _ 
Die Geretteten. 
wtb London, 8. Mai 1915. Das Prcffebureau 
Meldet, daß von der „Lusitania" insgesamt 658 
Personen gerettet und 45 Leichen gelan¬ 
det worden seien. Auf dem Dampfer befanden sich 
2160 Personen Nichtamtlich wird mitgeteilt, daß in 
Oueoenstown noch 22 Ueberlebende geswrben sind. 
Bon den Offizieren ist nur Kapitän Turner gerettet 
worden. Nach einer weiteren Meldung des Preffe- 
bureaus sind nur wenige Paffagiere der erst:« Klasse 
gerettet worden. Man glaubt, daß die Passagiere 
dachten, das Schiff würde flott bleiben, doch sank es 
in 15 bis 20 Minuten. Tie Ankunst dreier Fisch- 
dauipfer, die 100 Leichen an Bord haben sollen, 
fft signalisiert worden. Unter den Passagieren der 
zweiten Klaffe befanden sich drei Holländer: 
Paris, 8. Mai 1915. Nach einer New-Aorker 
Meldung der Agence Havas fallen Alsted Bänder- 
b i l t und Frl. S t o n e, die Tochter von Herbert 
Swne. sich unter den Geretteten befinden, (cw. fft.) 
web London, 8. Mai 1915. Meldung des Reu- 
terschen Bureaus: In QueenstoWn sind noch 45 
Ueberlebende drv „Lusitania" von einem Fisch- 
dampfcr gelandet worden. 
Tie Aufregung in London und Washington. 
wtb London, 8. Mai 1915. Das Reutersche 
Bureau Meldet: Bisher wurden mir wenig Einzel¬ 
heiten über den Untergang der „Lusitania" bekannt. 
Das ist dem Umstande zuzufch-reiben, daß die draht¬ 
lose Station auf einem einsamen Kap, fern von 
der Umwelt, steht und nur über eine mangelhafte 
telegraphische Verbindung verfügt. Unter den Pas¬ 
sagieren befanden sich viele hervorragende 
Amerikaner (so Alsted Vanderbild, der von 
dem deutschen Botschafter in Washington, Grafen 
von Berstorff, persönlich gewarnt worden war, und 
der Petroleumkönig Dr. F. S. Pearson). Aus der 
Höhe von Kinsalc lvar in den letzten Tagen ein 
deutsches Unterseeboot tätig. — In London macht 
die Torpedierung der „Lusitania" tiefen Eindruck. 
Auch an der N e'w - Jo r k e r Börse herrscht große 
Aufregung. Alle Kurse fielen. Die Nachricht schlug 
in Washington wie eine,Bombe ein. In anitlichen 
Kreisen ist man eifrig bestrebt, zu erfahren, ob auch 
Leben von Amerikanern verloren gingen. 
Amsterdam, 8. Mai 1915. Tie Londoner Presse 
schäumt vor Wut über die Torpedierung der „Lusi¬ 
tania", deren Vernichtung in alleit Kreisen die 
allergrößte Bestürzung erregt. Tie Warnungert in 
amerikanischen Zeitungen hatte man als papicrnen 
Bluff betrachtet; obwohl gerade auf den Kurs, den 
die Cunard-Dampfer benutzen, in den letzten 24 
Stunden verschiedene englische Schiffe torpediert 
worden waren und dadurch die Anwesenheit deut¬ 
scher Unterseeboote bekairnt geworden war, glaubte 
man in Rcederkreisen an keine Gefahr. Man traute 
cs den Deutschen nicht zu, daß sie es wagen würden, 
die einsttge Bewerberin um das „blaue Baud" des 
Ozeans zu versenken, da mau in der Anwesenheit 
amerikanischer Passagiere an Bord eine gewisse Ga¬ 
rantie gegen deutsche Angriffe zu haben glaubte. Um 
so größer ist die Enttäuschung, die sich in ohnmäch¬ 
tigen Wutausbrüchen entlädt. „Tarly Expreß" geht 
so weit, zu sagen, daß es eine hervorragende Wohl¬ 
tat für die Welt sein würde, wenn man den deut¬ 
schen Boffchafter Grafen v. Bernstor ff wegen 
Mo r d e s in den elektrischen Hinrichtungsstuhl 
setze. 
London, 8. Mai 1915. Die Blätter verurteilen 
die Torpedierung der ,Lusitania" in den stärksten 
Ausdrücken. Einer Meldung der „Tffnes" zufolge 
wartete in New-Jjork eine dichtgedrängte Menge 
in atemloser Stille auf Nachrichten. Einige Deutsch¬ 
amerikaner, welche die Bemerkung fallen ließen, 
daß man vor dem der „Lusitania" bevorstehenden 
Schicksal gewarnt habe, wurden von per erregten 
Volksmenge geschlagen, bis sie das Bcwutzffein ver¬ 
loren. Die allgmeine Ansicht ist, daß Wilson jetzt 
handeln müsse, wie er es in seiner Note für den 
Fall, daß Nordamerikaner getötet würden, angekün¬ 
digt habe. (ctr. bin.) 
Berlin, 9. Mai 1915. Die „Kriegszcitung" mel¬ 
det über Kopenhagen: Die amerikanische Hetzpressc 
rast gegen Deutschland. Sie schlägt vor," sogleich 
Wilson durch Roosevelt zu ersetzen, der zweifellos 
energischer gegen Deutschland auftretcn würde als 
Wilson, Die amerikanische Regierung bewahrt 
Ruhe. (ctr. bin.) 
Newyork, 9. Mai 1915. Dev „Associated Preß" 
wird aus Washington berichtet: Die Bereinigten 
Staaten haben ihren Boffchafter in Berlin beauf¬ 
tragt, von Deutschland einen amtlichen Bericht über 
die Angelegenheit der „Lusitania" zu verlangen. Die¬ 
ser Bericht soll als Grundlage für eventuelle Schritte 
dienen. Obgleich Präsident Wilson zur Kaltblütig¬ 
keit mahne, halte' man in offiziellen Kreisen die Lage 
für sehr ernst. (ctr. fft.) 
-r- 
Amerika hat keinen Grund zur Klage gegen 
Deutschland, das keine Warnungen gespart hat, 
wohl aber zur Klage gegen England, das absicht¬ 
lich Amerikaner aus das höchst gefährdete Schiff ge¬ 
lockt nnd dann ohne allen Schutz gelassen hat. Im 
übrigen sagen wir: Nordamerika kann uns nicht 
mehr Schwierigkeiten machen, als es uns jetzt schon 
macht. 
Der !M gegen lnssimiü. 
Libau eingenommen. 
Eine Siegesbcute nach der andern fällt unseren 
Truppen als reife Frucht in den Schoß. Nun ist 
auch Libau in deutschen Händen, nachdem es sich 
einige Tage noch gegen sein Schicksal gewehrt hatte, 
das aber schließlich nur hätte ausbleiben können, 
wenn es ganz besonders stark befestigt und verpro- 
vianttert gewesen wäre. Das ist anscheinend nicht 
der Fall gewesen, trotzdem russische Meldungen nach 
dem Memeler Raubzug von einer größeren Larld- 
befcstigung sprachen. Auch die.Zahl der Gefangenen, 
1600 Mann, sowie die Anzahl der Geschütze und Ma¬ 
schinengewehr: läßt darauf schließen, daß ein Teil 
der Besatzung mitsamt Kanonen noch über die freie 
Bahnlinie nach Riga und von dort weiter entkom¬ 
men ist. 
Libau mit 65000 Einwohnern ist sowohl als 
Kriegs- wie als Handelshafen von großer Bedeu¬ 
tung. Es ist der einzige größere eisfreie -Hafen Ru߬ 
lands an der Ostsee. In deutschem Besitz wird Li¬ 
bau auch für die Seestreitkräfte einen wichtigen 
Stützpunkt zur Beherrschung der Ostsee bilden. 
Außerdem befinden sich dort mehrere bemerkenswerte 
Fabriken, unter denen namentlich große Anstalten 
zur Herstellung von Stacheldraht zu erwähnen sind. 
Aus ihnen bezog das russische Heer den größten Teil 
seines Bedarfs, der bei den zahlreichen Stellungs¬ 
kämpfen umfangreiche Verwendung fand. Bei dem 
monatelangen Posittonskampfc in Polen und der 
Vorliebe der Russen für die Anlage befestigter Feld¬ 
stellungen ist im Lauf: des Feldzuges außerordentlich 
viel von diesen! Kriegsmaterial verbraucht worden. 
Es bedeutet deshalb für die russische Heeresleitung 
einen schweren Schlag, daß ihr diese Bezugsquelle 
jetzt unterbunden ist. 
Angesichts der wenig:n Häfen, die Rußland 
überhaupt besitzt, und bei der Schwierigkeit, die es 
hat, den Verkehr mit dem Auslande aufrecht zu er¬ 
halten. wird der Verlust eines großen und wichtigen 
Handelshafens von großer Bedeutting sein. Durch 
seine Benutzung kann auch der Nachschub für die 
deutschen im Gouvernement Kowno und Kurland 
operierenden Truppen wesentlich erleichtert werden. 
Die Katastrophe b— russischen Bestidenarmre. 
Berlin, 8. Mai Dem „Lokalanz." wird 
über die Katastrophe r russischen Biskidenarmce 
aus dem österreichisch ngarischen Kricgspreffequar- 
tier unter dem 8. Mai gedrahtet: Tie bereits gc 
machte Beute i st u n o e heue r. An der Wis- 
loka wurde der W a g e n p a r k der 8. russischen Ar¬ 
mee, etwa 30 000 Fahrzeuge, unter Feuer genom¬ 
men. Es cnfftand eine furchtbare Verwirr»ng. 
Der kleinere Teil des Trains geriet in den Fluß, der 
Rest wurde gefangen genommen. Dukla wurde 
vor dem Einzug der Verbündeten von den russischen 
Truppen geräumt, die jedoch im Nordosten der Stadt 
auf der nach Vrzcmysl führenden Straße von unserer 
Kavallerie eingcholt und geschlagen wurden. Nach 
dem kurzen aber blutigen Kampfe setzte unsere Ka¬ 
vallerie ihren Weg fort. In Dukla fanden die ver¬ 
bündeten Truppen wieder riesige Magazine 
mit den Brotvorräten der Armee vor. 
Das Brot ist jedoch so schwarz und trocken, daß es 
für unsere Truppen schwerlich brauchbar sein wird. 
In I a s l o herrchte während des Einrückens un¬ 
serer 'Armee eine unbeschreibliche Panik. 
Radko Dimitriew war mit seinem Stabe be¬ 
reits am Montag auf Automobilen nach Rzehow ge¬ 
flohen, aber alle Vorräte und -die wertvollen 
Kriegsmaterialien des Armeeoberkomman¬ 
dos, Telegraphen, Telephonapparate, Automobile, 
Flugzeuge mußten zurückgelassen werden. Im 
Hotel Krakowiak, wo Dimitriew und seine Offiziere 
gewohnt hatten, fand man ungezählte persönliche Gc- 
brauchsgegenstände, Uniformen und wichtige Schrift¬ 
stücke, da die Russen kaum Zeit gehabt hatten, das 
'Notwendigste zusammcnzurafscn. Im Bahnhof von 
Iaslo wurden zwei Züge des russischen 
Roten Kreuzes und 10 Waggons Liebesgaben 
erbeutet, die ani 5. Mai dort cmgetroffen waren. 
Unweit Iaslo wurde auch der Vize-Gouverneur des 
Gouvernemientsdistrikts Iaslo, Kitsch enko, ein 
Bruder des in Südostgalizien kommandierenden rus- 
sffchen Generals, gefangen genommen, der auf 
der Flucht einen Auwunfall erlitten hatte und schwer 
verletzt worden war Tic große Eisenbahn- 
b rücke über di: Ropa war unversehrt, die zweite 
über die Wisloka sollte eben von russischen Pionieren 
gesprengt werden, als unsere Husaren hinzukamen, 
die Sprengung verhinderten und die Pioniere gefan¬ 
gen nahmen. Auch ein Vichdepot der Russen mit 
2800 Stück Rindern wurde erbeutet, ferner 
das H a n p t s p i t a l der Arme: mit Aerzten, Pfle¬ 
gern, Train und vielen Verwundeten, sowie auf allen 
Bahnhöfen reiches Eisenbahn material. 
Dem ungeheuer schnellen Vormarsch dev Verbün¬ 
deten fft es zu danken, daß die Russen nirgends Zeit 
hatten, wie sonst Greuel und Brandstiftung zu ver¬ 
üben. (ctr. blnT 
M mi Ue&erseeRrleg. 
10 englische Unterseeboote verloren, 
wtb. B e r! in, 9. Mai 1915. Aus zuverlässiger 
Quelle wird bekannt, daß außer den bisher als 
verloren gemeldeten englischen Unterseebooten 
auch die Boote „E 11" und „E 2" im Verlause 
des Krieges untergegangen sind. Die Zahl der 
englischen Unterseeboote, deren Verlust einwand- 
srei je.tsteht, erhöht sich dadurch aus 10. Außer¬ 
dem höre« wir von unterrichteter Seite, daß 
Ende des vorigen Jahres der seanzöjijche Pan¬ 
zerkreuzer „Moutealm", anscheinend insolge 
Strandung, verloren gegangen ist. 
Gefecht vor «eebrügge. 
Ein englischer Zerstörer gesunken, 
wtb Berlin, 8. Mai 1915. Am 7. Mai wurd: 
vor Seebrügge der englische Zerstörer „Maori" 
durch das Feuer unserer Küstenbatterien z u m S i n- 
ken gebracht. Der Zerstörer „Crusader", der 
zur Unterstützung heranzukommen suchte, wurde ge¬ 
zwungen, sich zurückzuziehen und sein: ausgesetzten 
Rettungsboote im Stich zu lassen. Die ganze Be¬ 
satzung des „Maori" sowie die Bootsbemminun- 
gen des „Crusader" wurden von Miseren Fahrzeu¬ 
gen gerettet und nach Secbrügge gebracht. Im 
ganzen 7 Offiziere, 88 Mann. — Bei dem Vor¬ 
gehen unserer Truppen gegen Libau haben unsere 
Ostseestreitkräfte den Angriff durch Beschie¬ 
ßung von See unterstützt. 
Der stellvertretende Chef des Admiralstabcs, 
gez. Behncke. 
„M a o t i" ist einer der größten englischen Zerstörer. 
Er hat 1100 Tonnen Wasserverdrängung nnd entwi¬ 
ckelt eine Schnelligkeit von 34 Seemeilen. Seine Be¬ 
satzung zählt 71 Köpfe. Der Zerstörer „Crusader" 
ist von: gleichen Typ ivie „Maori". 
Errgliche Kriegsschiffe 
im Kampfe gegeneinander. 
wtb Berlin, 9. Mai 1915. Bor einigen Wochen 
brachte eine große Anzahl Meldungen aus Nor¬ 
wegen übereinstimmend die Nachricht, daß in der 
Nähe von Bergen an der n o r w e g i s ch en 
Küste in der Nacht vom 7. zum 8. April eine hef¬ 
tige Seeschlacht zwischen englischen «nd deut¬ 
schen Schissen stattgefunden habe. Auch aus See 
kommende Schiffe berichteten, daß sic Geschwader 
von Kriegsschiffen gesehen und in der fraglichen Nacht 
Geschützfeuer und Schcinwcrscrlcnchten beobachtet 
hätten. Diese Nachrichten erschienen damals unglaub¬ 
würdig. Erst jetzt ist in das Dunkel, das bisher über 
diesem Gefechte lag, Licht gekommen. Ein an den 
gefangenen 51 ommandanten des eng¬ 
lischen Unterseebootes „A E 2", das in 
den Dardanellen vernichtet wurde, gerichteter, 
vom 11. April datterter B r ic*f, bet in unsere Hände 
siel, sagt über die Nordseeschlacht, die „in der Woche 
vorher stattgesunden haben soll" folgendes: 
„S n p e r b" gesunken, „W a r r i o r" sin¬ 
kend, ohne daß die deuffche Marine Verluste hätte. 
Freitag, 9. April, lief schwer beschädigt eine 
A n z a h l Kreuzer ein. „L i o n" fürchterlich 
z u g e r i ch t e t. Der offizielle Bericht verschweigt 
alles, was sehr unrecht ist." 
Uebcreinsttmmend hiermit besagten zuverlässige 
Nachrichten von neutraler Seite, die bald nach der 
Schlacht bekannt wurden, daß eine Reihe schwe¬ 
rer und leichter havarirter großer 
und kleinerer englischer Schiffe in die 
englischen Häfen cingelaufcn war, ihr damals noch 
auf unerklärliche Weise erlittenen Beschädigungen 
ouszubessern. Insbesondere lief in den T y u c eine 
Anzahl beschädigter Schiffe ei». In den Firth of 
Forth wurde ein am Backbordbug beschädigter 
Kre uzer eingeschleppt. In die Themse fuhr 
ein Linienschiff mit schwerer Steuerbordschlagseite. 
I» Dover lag ein G r o tz l a m p f s ch i f f mit starker 
Backbordschlagseite, bei dem die obere Hälfte des hin¬ 
teren Schornsteines fehlte. 
Aus welchem Grunde die norwegische Zensur 
damals alle Erörterungen und Telegramme über die 
Schlacht, die ja in ihren Einzelheit«« von mehreren 
Stellen wahrgenommen war, unterdrücke« mußte, ist 
jetzt erklärlich. Erklärlich auch der Eifer, mit dem 
die britische Admiralität i« Abrede 
stellte, daß eine Seeschlacht zwischen der Deutschen 
und englischen Flotte stattgefunden habe. Sie hatte 
recht mit dieser Bekanntmachung. Die deutsche 
Flotte hatte an dieser Schlacht leinen 
Anteil. Ta neutrale Schiffe nicht in Frage kom¬ 
men. kann es sich nur um einen Kampf briti-. 
scherGeschwader handeln, die sich im D u n k e l 
der Nacht nicht erkannt haben- 
Tie Emden-Mannschaft. 
wtb Konstantinopel, 8. Mai 1915. Äapirän- 
leutnant Mücke ist heute nach fünftägigem Marsch 
von El Wcdsch am Roten Meere mit seinen Offi¬ 
zieren nnd Rstmnschosten. in: ganzen 4 9 Mann, 
in El N a l a angckommen. Alle sind gesund. Das 
Konsulat in Damaskus hat ihnen Proviant dorihin 
emgegengeschickt. Konsul P a d c l, bcglettct von 
Meitzer Pascha und Bahndirektor Diekmann, reist 
chnen heute entgegen nach M a a n. In Damaskus 
treffen sie voraussichtlich am Montag ein. Die Eisen¬ 
bahn stellt ihnen- Extrazüge. Tie Haupfftadt Damas¬ 
kus ist in freudiger Erwartung. Große Borberertun- 
gen zum Empfang werden von der deutschen Kolonie 
und den türkischen Militär- und Zivilbehörden ge¬ 
troffen. 
8er TüMrleg. 
Die Kämpfe um Gallipolr. 
wtb Konstantinopel, 8. Mai 1915. Das Große 
.Hauptquartier meldet: Aus der Tardauelleufront 
bei Ä r i B u r n u hält der Feind seine alte Stellung. 
Im Süden, int Raume von SeddilBahr, wollte 
der Feind gestern vormittag unter dein Schutze sei¬ 
ner Schiffe angrcifen. Ter Kamps dauerte bis zum 
späten Nachmittag und war für uns günstig. Durch 
unsere Gegenangriffe trieben wir den Feind, indcn! 
wir ihm sehr große Verluste zufügten, au seine alte 
Landungsstelle zurück. Aus dem linken Flügel ver¬ 
folgte ein Teil unserer Kräfte den Feind bis zur 
Landungsstell: in Seddil Bahr und überschüttete den 
fliehenden Feind mit Bomben. Vorgfftern Nacht 
drang ein Teil der Truppen unseres linken Flügels 
bei A r i B u r u n in die feindlichen Vcrschanzungen 
ein und erbeutete eine Menge Schanzmatcrial. Sie 
nahmen die Lebcnsmitteldcpots und Ausschiffungs¬ 
staffeln des Feindes dab:i unter Feuer. Wir haben 
die Gewißheit, daß der Feind Dum-Dum-Ge- 
schosse verwendet und absichtlich das Feuer auf 
unsere Verwundeten - Sammelplätze richtet. — In 
der Provinz A s e r b e i d s ch a n machten unsere 
Truppen in der Gegend von Tilman am 29. April 
und 1. Mai, sowie an den folgenden Tagen kurze An¬ 
griffe. Sie griffen die Russen überraschend an und 
brachten ihnen bedeutende Verluste bei. Unsere Trup- 
penabtcilungen operieren weiter erfolgreich. An den 
übrigen Teil:» der Front hat sich nichts Wichtiges 
ereignet. 
wtb Konstantinopcl, 9. Mai 1915. Das Große 
Harlptquartier teilt mit: Me feindliche Flotte 
macht augenblicklich keinen Versuch gegen 
die Meerenge. Der Feind, welcher sich in der 
Unigegend von Sedd ül Bar befindet, versuchte auch 
gestern mit großen Verstärkungen seine Angriffe 
zu wiederholen, welche bis jetzt erfolglos geblieben 
waren. Die Schlacht dauerte bis Mitternacht. Der 
Feind wurde von neuem in die Landungszone zu-- 
rückgeworsen, nachdem er schwere Ber» 
luste erlitten hatte. — Ans den anderen Kriegsschau¬ 
plätzen hat sich nichts von Bedeutung ereignet. 
Türkische Offensive im Kaukasus. 
wtb. Konstantinopel, 8. Mai 1915. Nach ver¬ 
trauenswürdigen Privatnachrichten aus Erzerum 
haben die türkischen Truppen einen kräftigen Ge¬ 
genangriff gegen die Russen unternommen, 
die südwestlich Olty in der Richtung auf Äale- 
boghzi zur Offensive vorgegangen waren. Der 
türkische Gegenangriff war erfolgreich. Der Feinv 
wurde, nachdem er große Verluste erlitten hatte, in 
der Richtung auf Narman zurückgeschlagen. Die 
Kämpfe dauern an. Die russischen Gefangenen 
wurden nach Kaleh gebracht. 
Ein neuer englischer Gewaltakt gegen Griechenland. 
Die »Franks. Ztg/ meldet: Die schrittweise Be° 
setzung der in griechischem Besitz befindlichen 
ägäischcn Inseln durch die Engländer wird 
. fortgesetzt. Nach zuverlässigen Mitteilungen nahmen 
die Engländer jetzt von der Insel Skyros, in den 
nördlichen Sporaden bei Negropont gelegen, Besitz. 
Die Engländer requirierten auch auf Skyros alle 
vorhandenen Lebensmittel. Die Inselbewohner ge¬ 
langen in die schwierigste Lage. Man stellt eine 
zunehmende Auswanderung der Inselbewohner nach 
Griechenland fest. (ctr. fft.) 
Asquiths Sohn schwer verwundet. 
wtb London, 8. Mai 1915. 3ln den Tardaneller 
ist ein Sohn des Ministerpräsidenten Asquith schwer 
verwundet worden. 
Die anderen Machte. 
BiUow beim König Viktor Emanuei. 
Noch immer sind die Würfel nicht gefallen» die 
in Rom die Enffcheidung über Krieg nnd Frieden 
bringen sollen- Fürst B ü l o w, Deutschlands rö¬ 
mischer Botschafter in besonderer Miffion, ist am 
Samstag vom König von Italien in einsttindigcr 
Audienz empfangen worden, der abermals ein Rl i 
nisterrat folgte, von dem man Beschlüsse über 
die letzte» Bermittelungsvorschläge erwartete. Da 
weder amtlich noch sonstwie etwas diese Be¬ 
schlüsse verlcuttet, so hat es nach Lage der Tinge 
auch keinen Zweck, Verncutungen darüber anzustel 
len.^ Tie italienischen Staaisncänner sind sich be¬ 
wußt, welche ungeheure Verantwortung 
sic für das Schicksal ihres Landes vor der Geschichte 
zu tragen haben werden, nnd sie werden danach ihre 
Enffchcidungen treffen. 
Die Lcitarttkel der Hauptblätter Jtdliens sind 
dem entscheidenden Augenblick gewidmet. Durch die 
herkömmlichen Fanfarentöne hött man indessen 
gegenwärtig einige Bedenken ge gen den 
Krieg hindurch. Tie Hetzereien gegen die Deut¬ 
schen und Oesterreicher in Italien lassen allmählich 
nach unter der Einwirkung des Gedankens an die 
zahlreichen Italiener in Deutschland. 
GioMti. 
Der „Franks. Ztg." wird aus Rom, 9. Mai ge¬ 
meldet: Giolitti, der heute früh hier eingctrof- 
fen ist, lourdc ebenso wie bei seiner Abfahrt in Turin 
auch hier von den Interventionisten feindselige Dc- 
monstrationen bereitet. — Die Demonstrationen der 
K r iegsP arte ie n, die Giolitti bereitet wurden, 
zeigen die Stimmung im Lande. Dementsprechend 
ist auch die Haltung der Presse. „Messaggero" niuß 
zwar anerkennen, daß ein Mann wie Giolitti bei 
Entscheidungen, wie solche jetzt bevorstehen, gehört 
werden müsse. Aber das Blatt ist gege l die Beru¬ 
fung des Kronrats, da zu diesem bekannte Anhänger 
eines friedlichen Ausgleichs zuqezogen werden müßten. 
Nun ist es richttg, daß der Kronrat in Italien keine 
konstitutionelle Einrichtung ist, sondern daß dem 
König allein die Entscheidung über Krieg und 
Frieden zusteht. Aber niemand zweifelt daran, daß 
vor^dcm letzte Wort Italiens die Meinung aller 
polittschen Autoritäten, ob in Kronrat oder sonstwie 
eingeholt wird. Vorläufig ist es aber noch nichk f0
	        
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