NtHrcren Seiten-V onden Verbündeten Tr n p-
I>en umfaßt. Der rechte Flügel unserer in Galt
zien operierenden Armeen ist ausreichend gegen Un
ternehmungen russischer Kräfte von Südostgalizieu
geschützt. Abgesehen von der Armee Planzer
Baltin, die an und für sich starke Kräfte des Fein
des bindet, haben die vom Oportccke bis Sambor
stehenden Gruppen sowohl die Ausgänge der Kar¬
pathen nach der Dnfestrebene sowie diese selber ge¬
sperrt. Vorteilhaft für die Russen sind hier nur die
zahlreichen Eisenbahnverbindungen. In Russisch-
Polen befinden sich die verbündeten Truppen in
günstigen Abschnitten. Namentlich ist es wichtig,
daß sie die Höhenzüge der Lysa Gora fest in
Händen haben. Me Besetzung des vierfachen
Brückenkopfes der Festung Jwangorod kann sie in¬
dessen dem Feind nicht streitig machen. Hinter die¬
ser Festung, in einer Zentralstellung an der Bystrzyca,
vollzieht sich scheinbar die Bereitstellung größerer
russische Armeereserven. Ihr Aufmarsch ist durch
die Weichsel und die Tanew-Region gesichert. Es
steht eine Schlacht bevor, die der Feind zumin¬
dest mit beträchtlichen Teilen seiner
Krast unter ungünstigen Berhältnifsen
aufnehmen muß. (ctr. bln.)
Wien, 18. Mai 1915. Ueber die Entscheidungs-
Schlacht am San schreibt der Militärreferent der
„Reichspost", am unteren San sei der linke Flügel
schon in einen stehenden Kampf verwickelt; das Zen¬
trum vor Jaroslau-Przemysl habe die Marschbewe¬
gung gebremst, der rechte Flügel breche über Sam-
oor vor. Schwere Artillerie und Nachschübe aller
Art seien auf der Eisenbahn gegen die ausersehenen
Druckpunkte geführt. Der Brückenkopf von Sando¬
mierz und Przemysl würden artilleristisch bekämpft.
Der rechte Flügel gegen die russische Offensive bei
Kolomca sei ausreichend gesichert. Die A ffassung
sei die, daß die russischen Reserven hinter Iwango-
rod und der Bistrycza gesamt über den vierfachen
Brückenkopf Jwangorods Vorbrechen werden. Für
diesen Kampf sei es wichtig, daß Lhsagora schon in
unseren Händen sei. (ctr. fft.)
Eine neutrale Stimme über den Erfolg in Galizien
«nd Polen.
Basel, 17. Mai 1915. Der Militär-Kritiker der
Baseler Nachrichten' schreibt zur Lage auf dem öst-
.ichen Kriegsschauplatz:
Es gibt in der Kriegsgeschichte wenig Beispiele
siner mit solcher Energie durchgcsührten taktischen
und strategischen Ausnützung eines Sieges. Von den
deutschen und österreichischen Truppen werden unge¬
heure Leistungen gefordert, die umso höher einzu¬
schätzen sind, als die Straßenverhältnisse in Polen so
schlecht sind, daß der Marsch ebenso große Anstrengungen
erfordert, als ob es querfeldern oder auf schlechten
Feldwegen ginge. Was das heißt, weih jeder Infanterist.
Gegenüber der Verfolgungsweise im August und Sep¬
tember liegt hier ein großer Vorteil. Sie haben vor
sich einen wirklich geschlagenen Gegner, der aus seinen
Stellungen nicht herausmanövriert, sondern mit Gewalt
herausgeworfen worden ist, und in jedem Führer und
Soldaten mutz der Gedanke lebendig sein, daß umso
eher eine neue blutige Schlacht vermieden werden kann,
ie rücksichtsloser die Verfolgung durchgeführt wird,
ctr. bln.)
Ernste Unruhen in Petersburg?
Wien, 17. Mai 1915. Die „Korrespondenz Rund¬
schau" meldet aus Stockholm: Man erfährt nun,
daß Petersburg in den letzten Wochen wieder¬
holt dev Schauplatz e r n st e v U. n r u h e n war, über
bereu Charakter jedoch nichts bekannt wird. Die
Behörden sind bestrebt, die Sache so hinzustellen,
als handle es sich dabei lediglich um Ausschreitungen .
wegen der großen Teuerung; doch geht man wohl
nicht fehl, wenn man die Ursachen auf ausgesprochen
politischem Gebiet siecht. Bn einer kürzlich vorge-
nommenen Streife wurden nicht weniger als 256
verdächtige Personen verhaftet. Die Petersburger
Polizei, die erheblich verstärkt wurde, hat ständig
Bereitschaft, (ctr. fft.)
Vom See- und UeberseekriM.
Österreichische Unterseeboote im
Mittelmeer.
Die „Turiner Stampa" meldet aus Syrakus:
Mehrere österreichische Unterseeboote sind im Mittel¬
meer erschienen, (ctr. bln.)
Meines Mtlleton.
Intimes von Papst Benedikt XV.
inb. Als aus Gram über die Schrecken des Krieges
icr ehrwürdige Papst Pius X. die Augen für immer¬
schloß, dachte kaum einer daran, daß das jüngste Mit¬
glied des heiligen Kardinalskollegiums sein würdigster
Nachfolger wird. Wie glücklich diese Wahl ausfiel,
bewerft bereits das erfolgreiche Wirken des Papstes
stir das Gemeinwohl in den jetzigen ernsten Zeiten
rnd für den baldigen Frieden. Täglich, vom frühen
Morgen bis in die späte Nacht, arbeitet Papst Benedikt
XV. unermüdlich und widmet sich den Interessen der
gesamten katholischen Welt. Gerade so wie sein Vor¬
gänger Leo XIII. und Pius X. ist Papst Benedikt X V.
air seine Person ungemein bescheiden und genügsam;
?r ißt einfach und wenig, steht zeitig auf und arbeitet
reu ganzen Tag. Um 5 Uhr morgens steht er be¬
reits auf, liest die heilige Messe. oder hört dieselbe
)on seinem Geheimkämmerer Msgr. Migoni, dann
rimmt er das Frühstück, bestehend aus einer Tasse
Milchkaffee und etwas Gebäck, dann liest^er die
Zeitungen und Privatbriefe, empfängt den Staats¬
sekretär zum Vortrag, was bis halb 10 Uhr
muert. Darnach folgen die Privataudienzen der
Kardinäle und der fremden Bischöfe, dann die Audien-
,en der Notabeln (in der Zwischenzeit nimmt der
Papst eine kleine Erfrischung) und die allgemeinen
Audienzen, was bis Halb 1 Uhr dauert. Um 1
Ihr folgt das Mittagsmahl, welches er im Gegen¬
sätze zu Pius X. allein einnimmt und das aus
wei bis drei Gängen besteht. Bis drei Uhr ruht
)er Papst und liest das Brevier, nach drei Uhr be-
indet er sich wieder an seinem Arbeitstische, liest
Zittgesuche oder absolviert Privatkorrespondenzen
znd gewährt auch einige Privataudienzen. So ein¬
fach der Papst für seine Person ist, so streng achtet
>r das Zermoniell an seinem Hofe. Die Leibgarde,
)eren Zahl Papst Pius erheblich vermindert hatte,
-rhöhte Benedikt um das Doppelte. Den täglichen
Dienst versehen ein Kommandant der Nobelgarde,
üer bis sechs Nobelgardisten, dann acht bis zehn
Zchweizergardisten, zwei geheime Kämmerer und zwei
Lhrenkämmerer, ferner der geistliche diensthabende
ckämmerer und der Oberstkämmerer, de,, gewöhnlich
zegen 11 Uhr zu den allgemeinen Audienzen erscheint.
Lenedikt achtet darauf, daß da- Zeremoniell strengstens
ungehalten wird.
Der Papst, von mittlerer, zarter Statur, mu
mnkelschwarzem Haar, ist eine aristokratische,Er-
8er TiMirlet.
Französische Landungsversuche vereitelt. — Ein
feindlicher Kreuzer beschädigt.
»tb Konstantinopel, 17. Mai 1915. Das Haupt¬
quartier teilt mit: An dev Dardanellenfront
bei Ari Burnu fand gestern außer schwachem Artil¬
lerie- und Jnfanteriefeuer keine wichtige Aküon statt.
Ein kleiner Transport wurde durch unsere Granaten
beschädigt. Im Süden bei Sedd ül Bahr nah¬
men Truppen unseres rechten Flügels die Höhe wie¬
der, die 200 Meter vor unseren Stellungen liegt. —
Ein französischer Kreuzer landete gestern
bei Sars Kaleh westlich Mekri an der Südküste von
Smyrna 60 Soldaten, die wieder die Flucht er¬
griffen, als unsere Küstmposten das Feuer er¬
widerten. Ein anderer Kreuzer landete etwa 100
Soldaten bei S e f a t wesüich Fenike. Unsere Trup¬
pen Vertrieben den Feinds der 10 Tote resp. Verwun¬
dete hatte. In der Nacht vom 15. zum 16. Mai
zogen sich zwei vor den Forts von Smyrna fahrende
Kreuzer zurück, nachdem einer durch das Feuer
unserer Batterien beschädigt worden war.
Von den anderen Kriegsschauplätzen ist nichts Wich¬
tiges zu melden. .. S._
Die Kämpfe im Kaukasus.
wtb. Konstantinopel, 17. Mai 1915. Nach
neueren Nachrichten aus privater vertrauenswür-
Ouelle aus Erzerum haben die türkischen Trup¬
pen endgültig die Russen zum Stehen gebracht
und zurückgeworfen, die seit Tagen versuchten,
von Olty aus vorzurücken. In den letzten Tagen
hat der Feind keine ernstlichen Aktionen mehr unter¬
nommen. Bei T schenk er li hat ein Freiwilligen¬
korps der Türken unter großen Verlusten ftir den
Gegner einen Angriff von Kosaken zurückgewiesen
und eine Anzahl von Pferden erbeutet. ___
Zwei englische Panzerkreuzer durch Minen versend.
Die Zahl der nach der gestrigen Meldung aus
Mytilene auf Minen gestoßenen und gesunkenen
englischen Panzerkreuzer wird in einem Bericht des
Präfekten von Mytilene an das Ministerium mit
zwei angegeben. Die Kämpfe bei Gallipoli ver¬
laufen weiter ungünstig und verlustreich für die
Verbündeten, welche beabsichtigen, auch die kleine
Insel Kastellorizo zu besetzen. Die englische Ge¬
sandtschaft behauptet, die . Ausgangspunkte der
deutschen Unterseeboote seien die spanische
und griechische Küste und beschuldigt griechische
Kaufleute der Hilfeleistung und Proviant¬
lieferung. (ctr. bln.)
Ile wideren nachte.
Ein letzter Aufruf an die Vernunft
der Italiener
wurde am Dienstag vom deutschen Reichskanzler im
Reichstag erlassen, (vgl. 2. Blatt).
An die Vernunft. Der Reichskanzler hielt
sich mit der sittlichen Abschätzung eines Tr?u-
brnchs gegen dre bisherigen Verbündeten nicht weiter
auf, sondern stellte öffentlich fest, welche großen Vor-
teile Oesterreich aus freien Stücken Italien an¬
bietet, und gab alsdann dem italienischen Volke die
„freie Entschließung" anheim:
„ob es die Erfüllung alter nationaler Hoffnungen
in weiterem Umfange auf friedlichem Wege erreichen, oder
ob es das Land in den Krieg stürzen und gegen
die Bundesgenossen von gestern und heute — morgen
das Schwert ziehen will."
In den letzten Worten steckt eine höfliche Er¬
innerung an die Ehren- und Anstandspflicht, aber
sonst beschränkt sich der Reichskanzler auf die real-
politische Seite der Angelegenheit. Er mutet den
Italienern in keiner Weise ein Opfer zu; er will
nur klar stellen, daß wir (Oesterreich und Deutsch¬
land) ein großes Opfer an geboten haben, dessen
Annahme im eigenen Interesse Italiens liegt.
Die Rede des deutschen Reichskanzlers ergänzt
die Rede die Graf T i s z a am Montag im ungari¬
schen Abgeordnetenhaufe hielt. Graf Tisza gab
uoch keine Einzelheiten über das österreichisch¬
ungarische Angebot. Sein Hauptzweck war zunächst,
die Verdächtigung zu widerlegen, die von den italie¬
nischen Kriegstreibern verbrechet wird: als ob
Oesterreich nur unter dcnt Zwange dieses Augen¬
blicks vorläufige Zugeständnisse mache und nach dem
Kriege das Gewährte wieder zurücknehmen würde.
Demgegenüber betonte Graf Tisza, daß Oesterreich-
Ungarn sich von brat, Bestreben leiten lasse, eine
schcinung mit nrarkanten Zügen. Der Blick seiner
schwarzen, klugen Augen leuchtet hie und da scharf
beobachtend hinter der Brille auf sein Gegenüber.
Er ist in seinen Fragen gemessen Präzis und wird
hie und da lebhaft und temperamentvoll, aber nie
ungeduldig, wenn sein Gast sich nicht klar fassen
kann. Benedikt hat einen eisernen Willen, und ist
nicht zu beeinflussen, scharfsinnig, von rascher Auf¬
fassung, aber ungemein bedacht, vorsichtig und über¬
legend. Selten wird er Entschlüsse fassen ohne die¬
selben früher genau zu erwägen. Er ist ungemein
zartfühlend, wohlwollend, gutherzig und ein großer
Feind von Ohrenbläserci und Verleumdungen;
wehe dem, der Personen anzuschwärzen sucht, der
ist bei ihm gerichtet. Der heilige Vater spricht ein
klassisches Latein; ein elegantes Französisch, versteht
auch Englisch und Deutsch. Seine Lieblingssprache
ist Italienisch und Französisch. Das Andenken
seines Vorgängers Pius X., welchem er bis zu
seinem Tode in zärtlicher Liebe ergeben war und
mit dem er in reger Privatkorresspondenz gestanden
ist, hält er nicht geringer hoch, als das seines
einstigen Meisters und geliebten Chefs, des Kardi¬
nals Rampolla. Ter Papst istz wie gesagt, sehr
bescheiden, fast schüchtern und liebt es nicht, wenn
sich die Presse mit ihm viel beschäftigt. Er ist durch
und durch menschenfreundlich gesinnt, und wohltätig
im edelsten Sinne.
Gerade so wie sein Vorgänger muß guch er sich
den Malern und Bildhauern und Photographen zur
Verfügung stellen. Er sitzt sehr ungern und kurz.
Nur dem päpstlichen Hofmaler Grafen Lippay,
welcher sich des besonderen Wohlwollens des Pap¬
stes erfreut, gewährt er stundenlange Sitzungen.
Grafen Lippay, der zu den Intimen des vatikanischen
Hofes zählt, wurde, wie bereits gemeldet war, an¬
läßlich der Ueberreichung des offiziellen Papstbildes
unter gleichzeitiger Verleihung des Großkrenzes des
Gregor-Ordens in den Palatin-Grafenstand, einer
der höchsten Würdenträger des heiligen Stuhles,
erhoben. Mit großer Cortege, wie es bei dem
Empfang der Souveräne üblich ist, begab sich der
Papst in Begleitung des Meisters in den Konst-
storialsaal, um das "dort aufgestellte offizielle Bild
zu besichtigen und in Empfang zn nehmen. Der
heilige Vater sagte zu seiner Umgebung: „Ein
Künstler von Gottes Gnaden muß mit fürstlichen
Zeremonien empfangen werden", und überhäufte
den Meister mit Lob und Anerkennung.
— Für Briefmarkensammler. Für den Postver¬
kehr im Bereiche des Kaiserlich deutschen Generäl¬
dauernde Freundschaft zwischen den betreffen¬
den Völkern vollkommen sicherzustellen. Soweit die
Italiener überhaupt noch ruhig denken, muß ihnen
gerade ans deni Munde Tiszas, des ungarischen
Ministerpräsidenten, die Zusicherung wertvoll er¬
scheinen, denn zwischen Ungarn und Italien hat
stets eine weniger getrübte Stimmung bestanden,
als zwischen Italien und Oesterreich, da letz¬
teres wegen der sog. „Irredente" vielfach befehdet
wurde. Zum Ueberflutz hat ja noch Deutsch¬
land die förmliche und feierliche Garantie für
die loyale Ausführung der Anerbietungen über¬
nommen, worauf der deutsche Reichskanzler noch be¬
sonders hinwies. Wichtiger war noch, daß der
Reichskanzler die Gesa m l heit der Anerbie¬
tungen amtlich und öffentlich mitteilte. Dadurch
wird nicht allein das b e st ä t i g t, was der italieni¬
sche Abg. Cirmini mitgeieilt hat, sondern cs werden
noch E bedeutende Erweiterungen offenbar.
Cirniini hatte 5 Punkte erwähnt; tatsächlich liegen
elf Nummern vor, die samt und sonders italieni¬
sche Wünsche in der weitgehendsten Weise erfüllen.
Sogar die Ausscheidung der aus den abzutretenden
Gebieten stammenden Soldaten hat Oesterreich, an-
geboten. Im Reichstage wurde lebhaft „Hört!
Hört!" gerufen. Im ganzen deutschen und öster¬
reichisch-ungarischen Volke wird man ebenfalls
„Hört! Hört!" rufen in dem Sinne, daß es unbe¬
greiflich erscheint, ivcnn Italien dieses über¬
raschend weite Entgegenkommen mit einer Kriegs¬
erklärung belohnt. '
Zn dem Anruf an die rcalpolitische Vernunft
gehört aber noch der ernste .Hinweis des Reichs¬
kanzlers auf die Folgen eines kriegerischen Enl-
schlusses. Er drückte sich, dg immer noch etwas
Hoffnung besteht, in dieser Hinsicht rücksichtsvoll
ans, aber er deutete doch zwei Dinge recht klar an:
einerseits, daß Deutschland in voller Solidari¬
tät zu Oesterreich steht, und anderseits, daß wir
uns durch die Drohungen der italienischen Kriegs¬
partei durchaus nicht erschrecken lassen.
Daher der gewichtige Schlußsatz der Kanzlerrede:
„Wird der Bund (Dreibund) von einem Part¬
ner zerrissen, so werden wir in Gemein-
s ch a f t mit dem- anderen Pa.rtner auch neuen
Gefahren zuversichtlich und festen Mu¬
tes zu begegnen wissen."
Ein Beifallssturm begleitete diese Worte. Alle
Welt weiß jetzt, daß Italien im Frieden große
Vorteile erringen kanrr, im Kriege aber auf die
volle und entschlossene Wehrkraft der beiden Kai¬
serreiche stoßen würde, — eine Wehrkraft, die sich
bereits den drei größten Mächten gewachsen gezeigt
hat Und auch vor einem weiteren Feind sich nicht
zu fürchten braucht.
Das italienische Volk, sagte der Reichskanzler,
habe die „freie Entschließung". Frei von jeder Um-
listung oder Bedrohung unserseits. Ob Eng¬
land und Frankreich nicht bereits die Freiheit der
Entschließung beeinträchtjgt haben, müssen wir da¬
hingestellt sein lassen. Die schlimmste Gefahr für
die Vollsftecheit in Italien ist aber die Zwangs¬
herrschaft der Logen- und Gassenpoli¬
tiker, die trotz ihrer Minderzahl sich als „das
Volk" ausspielen. Werden die vernünftigen
Elemente im letzten Augenblick sich noch zum
Widerstande aufrafscn? Das muß sich am 20, Mai
im italienischen Parlamente zeigen.
Ein neuer Ministerrat.
. «th. Wien, 18. Mai 1915. Die ,Neue Freie
Presse' meldet über Chiasso: Für heute abend
9 Uhr 30 Minuten ist ein neuer Ministcrrat
nach Rom einbcrufen worden.
Bülow und Macchia bei Sonnino.
Rom, 18. Mai 1915. ,Giornale d'Jtalia mel¬
det: Sonnino hat heute vormittag nacheinander
den Fürsten Bülow und Frciherrn v. Macchio,
den österreichisch-ungarischen Vertreter, empfangen-
Die Kriegserklärung Italiens in Sicht?
DDP. Mailand, 19. Mai 1915. Die ,Stapipa' be¬
hauptet, daß Italien spätestens am Donnerstag
morgen denZentralmächtcn den Krieg erklären
werde. Man erwartet, daß in der Kammer nur die
offiziellen Sozialisten opponieren und den Krieg ab-
lehncn werden.
Giolitti von Rom abaercist.
Chiasso, 18. Mai 1915. Giolitti ist gestern
abend in Begleitung seines Schwiegersohnes, des
gouvernements in Belgien sind folgende weitere
Postwertzeichen „Deutsches Reich" ausgcgeben wor¬
den, nämlich zu 40, 60, 80 Pfg., 1 Mk.. 2 Mk., so¬
wie Kartcnbricfc zn 10 Pfg. und Postkarten mit
Antwortkarte zu zweimal 5 Pfg. mit dem Ueber-
druck „Belgien" und der Wertangabe 50 Cts.,
75 Cts., 1 Fr., 1 Fr. 25 Cts., 2 Fr. 50 Cts., 10 Cts.,
5 und 5 Cts. Zu Sammelzwecken sind solche Wert¬
zeichen bei der Kolonial-Wcrtzcichcnstelle des Brief-
Postamtes Berlin 0 2, Königstraße 61, erhältlich.
(M)
— Fernsprechen ohne Draht über den Atlan¬
tischen Ozean. Tic Zeitschrift „The Telegraph and
Telephon Agc" teilt unter dieser Nebcrschrist mit:
Tr. M. I. Pnpin von der Columbia-Universität,
der sich mit dem Problem des drahtlosen Fern¬
sprechers beschäftigt, ist der Ansicht, daß es gelingen
wird, ans jede Entfernung zu sprechen. Pupin ist
bekanntlich der Erfinder der Sclbstindnktionsspuilcn,
die cs ermöglichen, den Fcrnsprcchbctrieb auf sehr
große Entfernungen onszrldchncn. — Hierzu er¬
fahren wir, daß solche Pupinspulcn auch in den
durch Fulda führenden großen Fernleitungen
eingeschaltet sind. Sie erzielen bei geringer Drahi-
törfc größere Lautwirknng. (M)
— Urraczicscrmittel. Eine Menge neuer, teilweise
wertloser Ungeziefermittel erscheinen jefft im Handel,
welche meist zu sehr hohen Preisen in Geschäften an¬
geboren werden. Einige Polizeiorgane, z. B. in Breslau,
ähen sich deshalb veranlaßt, die Ausstellung von
Ungeziefermitteln in Schaufenstern zu verbieten. Das
Publikum kann natürlich schwer beurteilen, welche
von den vielen Präparaten gut und welche schlecht
und wertlos sind, deshalb empfiehlt es sich, ^vom
Apotheker oder Drogisten nur von ärztlicher Seite
empfohlene Mittel zu verlangen. Zn allererst wäre
dies das bekannte Fenchclöl, welches von Anfang
an mit gutem Erfolg gegen die Ungczieserplage an¬
gewandt und besonders vom Tr. Dreuv, Berlin
und durch das Kaiserliche Gesundheitsamt (in Nr. 13
des Ministerialblattes für Mcdizianlangelegenheiten)
empfohlen wnr!». Auch soll der Geruch von Naphtalin-
oder Cresol di/ Fernhaltung von Läusen bewirken.
Jedenfalls ist ..eines oder zur Hälfte mit Spiritus
verdünntes Fenchelöl, welches man für einige Groschen
in jeder Apotheke oder Drogerie erstehen kann, wirk¬
samer und zuverlässiger, als die fertigen Cremes,
Salben, Puder, Stifte, welche viel Geld kosten und
in den meisten Fällen dys Fenchelöl als einzig wir-
famen Bestandteil, nur in sehr verdünnter Form
bringen
Deputierten Chiaraviglio von Rom nach Turin
abgefahren. ,Secolo' hebt hervor, daß bei der Ab¬
fahrt niemand anwesend war, um ihn 'zu begrüßen.
Abgeordnete der Giolittipart'ei er¬
lassen jetzt öffentliche' Briefe und erklären begeistert
ihre Uebereinstimmung mit den Gefühlen der Sca¬
tion. Der letzthin vom Mob überfallene unb ge-,
prügelte frühere Kolonialminister Bertholini
beteuert, er habe niemals zu Bülow irgend
welche Beziehungen unterhalten. Aehnliche EKlä¬
rungen geben andere ab. (ctr bln.)
Eine Ansprache Salandras,
Rom, 18- Mai 1195. Die „Agenzia Stesani"
meldete Gestern abend begab sich ein imposanter Zug
nach dem Kapitol. Man hörte Hochrufe auf das
Vaterland, den König und Salandra. Dieser
hielt eine Ansprache, in der er u. a. sagte: „Wir
werden alle dem König auf dem für die Größe des
Vaterlandes vorgezeichneten Wege folgen. Ich ent¬
biete die. Grüße aller an die Armee rmd die Marine.
Vonr Kapitol, dem Tempel des Jahrhrmderte alten
Roms, der Stadt Rom, spreche ich meine Wünsche
aus für einen neuen Ruhm. Es lebe der König, es
lebe die Armee, es lebe Italien." Tie Menge er¬
widerte in enthusiastischer Weise. Auch d'Annunzio
sprach. Er verlas ein Gedicht auf, die römische
Tradition, auf die italienische Armee und Marine
und schloß seine Rede mit schwungvollen patriotischen
Worten. Das Publikum verlangte durch Zurufe das
Läuten der großen Glocke des Kapitols. Der
Bürgermeister gab die Erlaubnis, und die große
Glocke läutete 6 Minuten lang, während die Menge
Fahnen schwenkte und ries: Es lebe Triest, es- lebe
das Trentino, Istrien und Dalmatien! Ter Znp
setzte sich dann langsam nach der s r a n zö s is ch cn
Botschaft in Bewegung. Auf dem Farmese-
Platze brachten mehrere tausend Personen Hochrufe
auf Frankreich aus. Auf dem Botschaftspalast wurde
die französische Fahne gehißt, die mit lebhaften Zu-
rilfen begrüßt wurde. Ter Botschafter Barrtzre und
die Sekretäre erschienen ans dem Balkon rmd riefen:
Es lebe Italien! Die Menge sang die Marseillaise.
Sodann bewegte sich der Zug nach dem Ministerium
des Innern, der Marine und vor die Wohnung des
Barzilai, der ebenfalls seine Zuversicht in hie bal¬
dige Wiedereroberung der italienischen Gebietsteile i»
Oesterreich aussprach, (ctr fft.)
Die Fremdenhetze.
Basel, 18. Mai' 1915. Aus Genua wird der
„Neuen Züricher Zeitung" geschrieben: Es kann dem
Ministerpräsidenten Antonio Sa landra der Bor¬
wurf nicht erspart werden, daß seine zum Schutze der
Fremden erlassene Depesche an die Präfekten mit
gefliffenllicher Verspätung in Umlauf gesetzt wor¬
den rst. Die seit Monaten in Italien ausgestreute
Saat des giftigen Hasses gegen deutsche Wissenschaft
und Gewerbefleiß, Disziplin und Tapferkeit ist rasch
in die Halme geschossen. Blind vor »Wut stürzte sich
der Pöhel auf jeden Fremden. Längst gilt auch der
Schweizer, der deutsch spricht, als deutscher Barbar,
reis zum Totschlägen; alle Fremden ohne Unterschied
der Nationalität werden mißhandelt. Als die Gattin
des Industriellen Geiger das Cincmatheater von
Varese besuchte, stürmte der Pöbel jene öffentliche
Vergnügungsstätte und holte die vornehme und wohl¬
tätige Frau unter den rohesten Beschimpsiingen
heraus. 600 Millionen Franken in Gold bringt
dm Fremdenstro-m alljährlich dem Staatsschätze Ita¬
liens. Heute sind die ältesten Mitarbeiter der Rcise-
bücher gezwungen, den Gebildeten aller Nationen
zrrzurüftn: „Wer als Fremder Italien betritt, ris¬
kiert Leih und Leben!^ (ctr. fft.)
Kundgebungen gegen den Krieg.
Aus zahlreichen Orten Italiens werden Zu¬
sammenstöße zwischen Neutralistcn und
Kriegshetzern gemeldet, wobei wie in Piacenza,
Cremona, Como, Jvrea usw. die Neutralisten die
Oberhand gewannen. In Mailand ivurde eine
Volksversammlung der Reutrailisten disrch ein Auf¬
gebot von 2000 Soldaten, Infanterie, Kavallerie,
Karabinieri und Polizisten, verhindert. Viele De¬
monstranten wurden verwundet und über 100 ver¬
haftet. Gleichzeitig fand auf der anderen Stadtstite
eine große Äundgebring der Kriegshetzer statt.
(ctr. bln.)
In T u r i n versuchten die Studenten eine Kund¬
gebung für den Krieg zu veranstalten, wurden aber
von den Neutralisten anseinandergetrieben. Nach¬
dem die Stadt während des ganzen Tages der
Schauplatz ernstestm Tumulte gewesen war, wurde
dort der Belagerungszustand erklärt. Nach dem
„Avanti" hatten 18000 Arbeiter einen 24stündigen
Generalstreik erklärt, um gegen den Prcffek-
ten und die Polizei zu protestieren, die den Stu¬
denten alle Ausschreitungen mlaubt, aber mit Ge¬
walt jede friedliche Kundgebung der Nentralisten
verhindert hätten. Am Generalstreik beteiligte sick
ausnahmslos die gesamte Arbeiterschaft Turins,
und ungeheure Menschenmaffen strömten gegen 10
Uhr vormittags zum Korso, wo vor dem Lokal der
Arbeiterkammcr eine Massenversammlung abgchal-
ten wurde. Zahlreiche Redner erklärten die abso¬
lute Abneigung des Volkes von Turin gegen den
Krieg. Als sich darauf ein Demonstrationszug nach
dem Platze bewegte, wo sich das Königsschloß be¬
findet, wurden Barrikaden gebaut und von
beiden Seiten geschossen. Dre Tumulte bäum¬
ten bis zum Abend, obgleich am Nachmittag ein
mehrstündiges heftiges Gewitter die Massen stark
verringert hatte. Ein Wasfenladen wurde ausgc-
plündert;- ein Arbeiter durch den Revolverschuß
eines Offiziers getötet. Viele Personen wurden ver¬
letzt. Auch unter den Soldaten gab es viele Bm-
wundete. (ctr. bln.)
Ter Korrespondent der „Neuen Züricher Ztg.",
der sich aus der Heimreise nach der Schweiz einen
Tag in Florenz aufgehalten hat, schreibt in sei¬
nem Blatte über diesen Aufenthalt:
„Einen Tag verbrachte ich noch in Florenz, wo ich
verschiedene Freunde sah. Nach dem Eindruck meiner
Wandmung durch die Stadt bin ich dort vielleicht der
einzige Fremde gewesen. Absichtlich machte ich eine An¬
zahl kleiner Einkäufe und besuchir mehrere Lokale, um
einen Begriff von der Stimmung zu erhalten. Ueberall
.tönten mir bittere Klagen dm Geschäftswelt ent¬
gegen, die, ähnlich wie in Venedig, so gut wie gänzlich
gus den Fremdenverkehr angewiesen ist. Niemand
wolle den Krieg, man sehe das Elend voraus,
welches er nach sich ziehen müsse; schon jetzt bringe jeder
jVag neue geschäftliche Zusammenbrüche.
Wie ein Leichentuch lag es über der sonst so heiteren
Blumenstadt am Arno. Tags darauf las ich indes kn
den interventionistischen Zeitungen. NorditalieZls:
„Glühende Kriegsbegeisierung in Florenz!" So wird
das geschichtliche Mosaik künstlich zusammengefttgt . . ."
- (ctr. blü.)
Ja, das ist das Rezept, nach dem Kriegsbegei-
sterung gemacht wird. Wenn auch natürlich daran
nicht zu zweifeln ist, daß in Rom und den obec-
italienischen Großstädten die Situation wesentlich
anders ist. '
Die italienische sozialistische Kammersraktion Hot
sich mit einem Aufruf an die Arbeiter ge¬
wendet, in dem aufs schärffte gegen die -Kriegß-
treiberc: Stellung genommen wird. U. a. hxjßt cA