Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

Erschein» täglich mit «uSnabme der Sonn, und Feiertage. 
BerantwortÜch für de» redaktionellen Teil: Karl Schütte, 
für de» Anzeignlteil: I. Par,«Iler. Fulda. — Rotation,, 
»ruck und Verla- der Fuldaer Actirndruckerei in Fulda. — 
Fernsprecher Rr. S. Telegrannn-Ldresie: Fuldaer Zeit»»-. 
«»Sgade A: Kit «ocheubeN-se ^ldchrierke So»». I 
tagS,eitu»x" »ud M-n-ISbeila-e „Fuldaer «efchicht». I 
blätter" ohne Beftellgeld vierteljährlich Ick» Mark. > 
Ergäbe B: Mit den gleichen Beilagen wie «uSgade A 
mb der Tiefdruck-Wochenbeilage „Illustrierte «Seit, 
schau- ohne Bestellgeld vierteljährlich S.1S Marl. 
Ziehungslisten der preuhisch.füddeutscheu «lafse».L,tterie. — Halbjährlich Taschrnsahrplan. 
Anzeigen IS Pfennig die einspaltige Eolonelzeile oder oere». 
Raum; Reklamen 40 Pfennig. Bei Wiederholungen Rabatt. 
Für Offert, und AuSkunstanzeigen außerdem Lv Pfennig. — 
In KonkurSfällen wird der bewilligt« Rabatt hinfällig. — 
Erfüllungsort Fulda. — Fernsprecher Rr. » und Nr. 11» 
— 
Tlr. 133. erstes Blatt. Samstag 12. Zuni t9t5. 
42. Zadrgang. 
Schwere Verluste der Franzosen. — Mißglückte Vor¬ 
stöße der Italiener. 
Der deutsche Tagesbericht. 
»id. Groß es Hauptquartier, 11. Juni 
ISIS. (Amtliches Telegramm.) 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Feindliche Vorstöße nordöstlich der 
Lorettohöhe sowie wiederholte Angriffe 
gegen unsere Stellungen nördlich und 
südlich von Neuville scheiterten. Der 
Nahkampf in den Gräben nördlich von 
Gcnrie dauert noch an. Südlich von 
Heb»lerne und beiBeanmont wurden 
feindliche Angriffe gestern und heute nacht 
abgewiesen. Nur am Wege S e rr e-M a i l l h 
erzieltendteFranzoseneinennnbedeutenden 
Fortschritt. 
Die in der Champagne am 9. Juni 
eroberten Gräben versuchten die Franzosen 
uns gestern abend wieder zu entreißen. 
Mit starken Kräften und in breiter Froirt 
griffen sie nördlich von Le Mesnil bis 
nördlich von Beausejour an. Der An¬ 
griff brach unter schwersten Verlusten für 
den Feind gänzlich zitsammen. Erneute 
nächtliche Slngriffsversuche wurden bereits 
im Keime erstickt. 
Oestlicher Kriegsschauplatz: 
An der unteren Dubissa nordwestlich 
Eiragolq wurden mehrere russische An¬ 
griffe abgewiesen. Der Feind verlor hier¬ 
bei an uns 30V Gefangene. 
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Die Lage bei den in Galizien kämpfen¬ 
den deutschen Truppen ist unverändert. 
Oberste Heeresleitung. 
Ein König, wie er sein soll. 
Die Berichte über das Befinden des Königs von 
Griechenland haben in den letzten Tagen stark ge¬ 
wechselt. Während die gestrige Meldung den Zu¬ 
stand als weniger zufriedenstellend bczJchnctc, be¬ 
sagt der neueste Bericht: 
wtb. Athen, 10. Juni 1915,8 Uhr 20 Minuten abends: 
Der Bericht über den Zustand des Königs besagt: 
Temperatur 37, Puls 108, Atmung 18. Die B e s s e r u n ö 
im Zustande des Königs schreitet fort; der Komg 
hat gut geschlafen und fühlt sich wohl. 
Man darf hoffen, daß König Konstantin die 
schwere Krankheit überwinden wird. Die allge¬ 
nieine, herzliche Teilnahme im deutschen Volke ist 
nicht etwa aus die verwandtschaftlichen Beziehungen 
des Königs zurückzuführen, und wenn sie auch durch 
die Dankbarkeit für das Friedensverdienst des Kö¬ 
nigs befördert wird, jo beruht sie doch auf einer 
breiteren Grundlage. Wir sind M o n a r ch i st e n, 
und deshalb freuen wir uns, wenn wir auch jen- 
stils der deutschen und österreichischen Grenzen 
einen König sehen, wie er sein soll. König 
.Konstantin ist das Muster eines tüchtigen, 
tapferen, treüen Landesvaicrs, wie 
in unserer Sprache der schönste Titel des Herrschers 
lautet. 
In Deutschland und Oesterreich sehen wir auch 
Monarchen ohne Furcht und Tadel, die es nicht bloß 
ihrer Geburt, sondern im vollen Sinne des Wortes 
ihren Tugenden zu verdankn haben, daß sie 
„Lieblinge des Volkes" sind. Aber außerhalb dieser 
schwer geprüsten und reich gesegneten Mittel landcr 
sitzt auf manchem Throne ein König, der seinen Be¬ 
ruf verfehlt zu haben scheint und dem monarchischen 
Prinzip mehr Abbruch tut, als die republikanischen 
Wortführer. 
Seit Beginn des Krieges haben wir ja dre an¬ 
geblichen „Herrscher" auf der Gegenseite reichlich 
studieren und ausprobiercn können. 
Da trägt die größte und schwerste Krone cm 
jar aller Reußen", der äußerlich als der 
ächtigste Autokrat der ganzen Welt erscheint und 
tsächtich ein Spielball war und ist in der Hand der 
iegspartei. Ein „Selbstherrscher", der m den 
tischen Tagen von Ende Juli an Kaffer Wilhelm 
ie telegraphische Bitte um Vermittlung richtet und 
ibrend der Erfüllung seines Gesuchs sich bestimmen 
i zur Unterzeichnung der allgemeinen Mobil- 
ichungsorder. Ein Schilfrohr ini Winde. 
Und der König von England? Wer re¬ 
ut denn eigentlich das brittsche Weltreich? Das 
a r l a m e n t, sagen einige Staatsrechtslehrer. 
>er König Eduard VII-, der Vater und Vorgänger 
s jetzigen Herrn, hat der Welt gezeigt, baß dre 
itische Krone noch eine ausschlaggebende Macht ist, 
!nn sie auf einem klugen und rührigen Kopfe sitzt, 
ward VII- war unser Feind; aber wir erkennen 
l, daß er Zielbewußtsein und Tatkraft hatte. Sein 
ichfolger hat davon nichts spüren lasten. Er hat 
m Ministerium die Geschicke des Weltreiches 
isgeliefert. Wohlgemerkt, dem Ministerium nicht 
Da dem Parlament -als der verfassungsmäßigen 
üksvcrtretrna Diese Clique Grey und Ge. 
Oesterreichisch-ungarischer Tagesbericht. 
evtb Wien, 11. Juni 1915. Amtlich wird ge¬ 
meldet: 
Russischer Kriegsschauplatz: 
In Südostgalizien nnd in der B«ko. 
wina setzten die Verbündeten den Angriff gegen 
die noch südlich des Dnjcstr stehenden rnssischen 
Kräfte erfolgreich fort. Truppen der Armee Pflan¬ 
zer haben den Gegner aus seinen Stellungen nörd¬ 
lich O t t h n i a bei Obertyn und H o r o d e n k a 
zurückgeworfen und sind im Vordringen an 
den T n j e st r, dessen Südufcr hie Russen noch 
zu halten versuchen. 
Knapp östlich Czernowitz, an der einzigen 
Stelle, an der die Rüsten noch am Pruth stehen, 
wiesen unsere Truppen einen Angriff des Feindes 
nach kurzem Kampf ab. Im übrigen »st die Lage 
im Norden unverändert. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Vorgestern und gestern wurden s ä m t l i ch e 
Angriffe der Italiener an allen 
Fronten abgewiesen. 
Ein neuerlicher gegen einen Teil des G ö r z c r 
Brückenkopfes gerichteter Vorstoß brach im 
Feuer dalmatinischer Landwehr .zusammen. 
Ebenso erfolglos blieb ein Angriff des Feindes nörd¬ 
lich Ronchi. An der K ä r n t n e r G r e n z e wurde 
gestern nachmittag ein starker gegnerischer Angriff auf 
de» Freikofel, ein schwächerer beim Wolayer See 
abgeschlagen. 
In Tirol scheiterte ein Vorstoß einer bei Cor¬ 
tina d'AmPezzo eingebrochenen italienischen Bri¬ 
gade an unseren Stellungen bei Peutelstein. Neuer¬ 
liche Angriffe in dieser Gegend und nächtliche Kämpfe 
bei Landro endigten gleichfalls mit dem Zurück- 
gehen des Feindes. Im übrigen Tiroler 
Grenzgebiete finden ununterbrochene Geschützkämpse 
und für unsere Waffen erfolgreiche Schar¬ 
mützel statt. 
Der Stellvertreter des Chefs des Gencralstabes: 
v. Hoefer, Feldmarschallcutnant. 
nassen fühlte sich und handelte selbstherrlich. Sie 
spannen ein derartiges Netz von Kriegsvcrpflichtnn- 
gen gegenüber Belgien, Mußland, Frankreich, daß 
das Parlament vor unabänderlichen Taffachen stand 
und nur Ja sagen konnte. Verstand doch sogar in 
der „Republik" Frankreich das dortige Ministerium 
eine Zwangslage zu schaffen, die jede ruhige Ueber- 
legung und freie Entschließung des Volkes oder der 
Volksvertretung unmöglich machte. 
In Belgien ging es ähnlich. Albert, gegen¬ 
wärtig' König ohne Land, ist ein braver Familien¬ 
vater, aber die politische Einsicht und Tatkraft ging 
ihm ab. Er ließ sein Ministerium die „gcheimen" 
Abmachungen mit England nnd Frankreich treffen, 
obschon es doch auf der Hand lag, daß Belgien sich 
dadurch der Gefahr aussetzte, zum schreckensvollen 
Kriegsschauplatz, zum unglücklichen Opfer des 
Kampfes der Großmächte zu werden. Als Deutsch¬ 
land im August 1914 zweimal ein Vorschlag zur 
Güte machte, der Belgien gerettet hätte, ließ der 
König das verblendete Ministerium bei seiner gc- 
wistenlosen Ablehnung verharren. 
Sollen wir noch vom König Viktor Em - 
m a n u e l von Italien reden? Seien wir höflich 
und erinnern nur an die Tatsachen, Zu Anfang 
des Krieges versicherte er dem greisen Kaiser von 
Oesterreich seiner herzlichsten Freundschaft, und nach¬ 
dem er sein Ministerium zehn Monate lang hatte 
rüsten und hetzen lassen, Unterzeichnete er die Kriegs¬ 
erklärung an den alten Verbündeten, Wer regiert in 
Italien? Nicht der König und nicht die Volksver¬ 
tretung, sondern die Clique Solandra-Sonnino, die 
im Bunde mit der Freimaurerei und dem bezahlten 
Straßenpöbel das Volk in einen ebenso schändlichen 
wie unsinnigen Krieg getrieben hat. 
Wie anders dachte und handelte König Kon¬ 
stantin von Griechenland. Feldherr und 
König zugleich, ließ er sich durch die anscheinend über¬ 
mächtige Stellung des Ministerpräsidenten Vcnisclos 
nicht einschüchtern oder irre führen. Er hatte nichts 
als das Wohl seines Landes im Auge und wußte, daß 
er' schließlich die Unterstützung der vernünftigen 
Bolksmehrheit finden würde. Er nahm pflicht- 
gett'eu den Kampf auf, um Griechenland vor den ver¬ 
räterischen Umtrieben zu retten, und er stand als 
Sieger da, — bis ihn die tückische Krankheit auf das 
Siechenbett warf. Glücklicher Weise scheint sein Kör¬ 
per ebenso widerstandsfähig zu sein, wie seine (Heistcs- 
nnd Willenskraft, sodaß rnan hoffen darf, es werde 
der Retter Griechenlands erhalten bleiben. König 
Konstantin hat nicht bloß seinen! Vatcrlande und 
dem Frieden gedient, sondern auch dein m o n a r ch i - 
sehen Gedanken, nämlich durch sein leuchtendes 
Beispiel von dem Segen, der von eineue treuen und 
tüchtigen Monarchen ausgeht. Das ist ein Stück 
Vorarbeit für die Neuordnung des öffentlichen 
Lebens nach Abschluß des Krieges 
Minifterkrisrn iu West nmd Ost. 
Jetzt sind auch auis Rußland sehr bestimmte 
Meldungen gckomnecn, daß Minister abgesägt und 
die Regierung durch neue Männer aufgefrischt wer¬ 
den soll. Auf der Totenliste stehen vor allen» der 
Ministerpräsident Goremykin und der Kriegsmini¬ 
ster Suchomlinow. und zwar wird ihnen zmn Vor¬ 
wurf gemacht, daß sie allzu kriegslustig seien und 
für den „Krieg ohne Ende" schwärmten. In Ver¬ 
folg dieses Gedankenganges mutz auch der Gene¬ 
ralissimus Großfürst Nikolai als fallreif erscheinen, 
und tatsächlich wird auch mit seiner Entfernung ge¬ 
rechnet. Offenbar ist da in der Umgebung des 
schwachen Zaren ein lebhafter Kampf um die Macht 
»ntbrannt. Was dabei herauskommt, ist noch nicht 
zu übersehen, am wenigsten von dem abgesperrten 
Deutschland aus. Zunächst beweisen die Nachrichten 
nur, daß die politischen Kreise Rußlands sich der 
schweren Niederlagen bewußt werden, 
trotz aller krampfhaften Ablengnungsversuchc, und 
daß man das Bedürfnis fühlt, Sündenbocke in die 
Wüste zu schicken. 
Es ist die alte Geschichte, die in Kriegszeiten sich in 
despotisch regierten Ländern ebenso abspielt, wie in 
Parlamentsländern oder Republiken. Der Erfolg 
entscheidet. Wenn die geschäftsführenden Männer 
das Gegenteil von Erfolg haben, so versucht man cs 
nin neuen Männern. Natürlich iu der Hoffnung, 
daß die neuen Männer es besser machen werden —, 
waS in der Regel nicht eintritt. 
- In England hat es soeben audj eine Umbildung 
des Ministeriums gegeben, und sie war ebenfalls 
eine Folge der Erfolglosigkeit. Weil England in 
dem leichtsinnig unternommenen Kampfe furchtbare 
Verluste erlitten und nicht vorwärts kann, konnten 
die alten Männer sich nicht mehr halten. Sie woll¬ 
ten aber eine regelrechte Krisis mit Hinrichtung 
vermeiden, und deshalb schritt das liberale Mini¬ 
sterium zu einer Art von Selbstmord. Unter dein 
Titel der Koalition uind Konzentration wurden die 
Häupter der gegnerischen Partei ans die wichtigsten 
Posten berufen, so daß tatsächlich die Negierungs¬ 
macht an die parlamentarische Minderheit überging. 
Die Selbstverleugnung der bisher lcitendeir Män¬ 
ner verhütete freilich zunächst eine regelrechte 
allgemeine Krisis, aber es gab ein Ratten¬ 
könig von Reibungen und Streitigkeiten persönlicher 
Natur und über einzelne Parteifragen, z. B. wegen 
der irischen Politik. So sicht cs denn mit der sog. 
Zusammenfassung der Kräfte und dem inneren 
Frieden recht schlecht aus. Neuerdings kommt so¬ 
gar die Nachricht, daß die angeblich aufgefrischte Re¬ 
gierung an-ihrer eigenen Kraft verzweifeln und 
durch Auslösung nnd Neuwahlen die Grundlage für 
ein festes Regiment schaffen wolle. Ein solcher Ap¬ 
pell an das Volk mitten im Kriege wäre doch ein 
seltsames Ding, das ans einen ganz bedenklichen 
Grad von Ratlosigkeit und Schwäche hindeuten 
würde. 
In Nordamerika, denr Lande der schein¬ 
baren Neutralität (nicht der bewaff n e t c n, son¬ 
der der bewaff n e n d c n Neutralität) hat sich die 
Krisis bisher ans den Rücktritt des Staatssekretärs 
Brhan beschränkt. Ueber die Bedeutung dieses Vor¬ 
ganges wird man sich nicht eher ein abschließendes 
Urteil bilden können, bis die neueste Note, das 
eigenste Erzeugnis Wilsons, veröffentlicht worden 
ist. Wenn aber von englischer Seite gemeldet wird, 
durch das Ausscheiden Bryans sei die amerikanische 
Regierung homogener (einheitlicher und leistungs¬ 
fähiger) geworden, so darf man wohl dagegen her¬ 
vorheben, das Brvan doch einen starken Anhang im 
Lande hat und also seine Sonderstellung die Einig¬ 
keit im Volke, und zwar gerade in dem england¬ 
freundlichen Volksteil, gefährdet. Die anderen 
Volkskreise, sowohl die deutschgesinnten als die Frie¬ 
densfreunde, werden gewiß die Gelegenheit aus¬ 
nutzen, um gegen das persönliche Regiment des 
Professor-Präsidenten aufzutreten, wenn dieser das 
Land in weitere Kriegsgefahr bringen sollte. 
Etwas komisch mutet es an, wenn aus der Ver- 
bannungsresidcnz des Königs der Belgier gemeldet 
wurde, daß es in dem belgischen Ministerium 
trotz dessen Land- und Beschäftigungslosigkeit, gähre 
und krisele. Aber warum sollte sich nicht auch die 
Wirkung der Erfolglosigkeit zeigen? Wenn überall 
die Geschlagenen und Bedrängten das Heil von 
neuen Männern erwarten, so kann König Albert 
ja auch nach einem solchen Strohhalm greifen. 
Wen erst die Italiener einige von den reich¬ 
lich verdienten Schlägen bekommen, so ist auch dort 
nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit eine Mi- 
nisterkrisis zu erwarten. 
Wir betrachten die Krisen in den feindlichen 
Ländern als Quittung über die erhaltenen 
Schläge und als A n z e ich e'n der Verwirrung und 
Ernmttrmg. Aber nur als erste Anzeichen. Die Zer- 
rcmrbunq ist ungebahnt, doch längst noch nicht vol¬ 
lendet. Die Gegner werden nervös, doch ist der Zu¬ 
sammenbruch noch abzuwarten. Wir sehen zu un¬ 
serer Freude, daß wir mehr Kraft zuin ruhigen und 
festen Aushalten habe». Wohlan, wir wollen von 
dieser Zähigkeit Gebrauch machen, bis drüben die 
Erschöpfung vollendet ist. 
Neuwahlen in England? 
wtb. Berlin, 11. Juni 1015. Der ,Lokal-An¬ 
zeiger^ meldet aus Kopenhagen: Das liberale Blatt 
,British Weekly' schreibt, die englische Regie¬ 
rung werde lvahrscheinlich schon in nächster Zeit 
Neuwahlen ausschreiben, um zu erfahren, ob sic 
noch das Vertrauen des Volkes besitze. 
Der Kries im Betten. 
Die französischen Kriegsberichte. 
wtb. Paris, 11. Juni 1915. Amtlicher Rachmittags¬ 
bericht vom Donnerstag. Während der ganzen Nacht 
fand sehr heftiger Artilleriekampf im Lorettogebictc 
statt. Bei der Zuckerfabrik von Sonchez unternahm 
der Feind um 9 Uhr abends einen vergeblichen Angriff. 
Die Deutschen bombardierten Ncuville-St.-Baast. Wir 
erzielten neue Gewinne im Labyrinth. Im Gebiete 
von Hebuternc behaupteten wir unseren ganz bedeu' 
tenden (?) Gewinn. An den andern Teilen der Fron» 
nichts Neues. — Amtlicher Abendbericht: Ergänzende 
Berichte über die Einnahme von Neuville-St.-Bacfft 
stellen fest, daß der nördliche Teil des Dorfes sowie 
die feindliche Feldschanze hartnäckig verteidigt wurden. 
Wir bemächtigten uns der ganzen Stellung im schritt» 
weisen Kampfe von Haus zu Haus. Die Deutschen 
ließen viel Material in unfern Händen. Wir fanden 
in den Häusern und Kellern nahezu 1000 tote Deutsche (?) 
In der Champagne wurden feindliche Angriffe auf 
unsere Schützengräben bei Beausejour zurnckgeworfen. 
Viele Deutsche blieben tot auf dem Gelände. Auf den 
Maashöhen, besonders bei Eparges, heftiger Artillerie» 
kampf. 
Warum Herdes,Guerre Sociale' 
beschlagnahmt wurde 
wtb Paris, 10. Juni 1915. Zur Beschlagnahme 
des Blattes „Guerre Sociale" wird berichtet, die 
Zensur habe die beiden Artikel Hcrvös gegen. die 
Art, wie das französische Publikum über die .Kriegs¬ 
ereignisse unterrichtet wird, und gegen die 
Kriegführung des französisichcn Generalstabs 
beanstandet. Da Hervh trotzdem die Artikel veröf¬ 
fentlichte, wtrrden beide Nummern der „Guerre Sv- 
ciale" beschlagnahmt. 
Paris, 11. Juni 1915. Hervss „Guerre So¬ 
ciale" ist gestern znim dr i t t e n Male beschlag¬ 
nahmt worden. Der „Tenips" hat eine Notiz über 
die Gründe dieses Verbotes auf @nutb der Zensur 
aus seiner heutigen Nummer ausmerzen müssen. 
Die übrigen Pariser Zeitungen haben daraufhin 
auf jede Besprechung dieser andauernden Beschlag¬ 
nahme verzichtet, (ctr. fft.) 
Fast 9000 Luxemburger im französischen Heer. 
:: In der „Trierischcn Landcszeitung" wird fol¬ 
gende Meldung der „Luxemburger Zeitung", die der. 
Regierung von.Luxemburg nahestchen soll, wieder- 
gcgeben: 
„Privatnachrichten zufolge sind als Freiwillige in die 
französ. Armee 8678 Luxemburger, davon 658 aus dem 
Kanton Luxemburg eingetreten. Ihre Ausbildung er¬ 
hielten sie in Vayonne. Sie wurden bei ihrer Fahrt 
an die Front überall in Frankreich, besonders in Borde¬ 
aux, stürmisch begrüßt." 
Diese Meldung ist umso bedeutsamer, als das 
Land Luxemburg überhaupt nur rund 250000 Ein¬ 
wohner hat. Es sind also 3 vom Hundert der Ein¬ 
wohner in das französische Heer eingetreten. Die 
„Trierischc LandeSzeitung" fügt hinzu, daß, wie man 
ihr ans Berlin schreibe, Freiwillige aus Luxemburg 
im deutschen Heere nicht vorhanden seien. 
Edward Greys Schuld am Kriege. 
London, 11. Juni 1915. Das Mitglied des 
Unterhauses Rauffay Bk a c d o n a l d, der Führer 
der radikal. Arbeiterpartei in England, hat im „Lo- 
bour Leader" einen Artikel unter der Ueberschrift 
veröffentlicht: „Warum wir Krieg führen, die Ver¬ 
antwortung Sir Edward Greys". Darin sagt er: 
Als es Sir Edward Grey nicht glückte, den Frieden 
zwischen Deutschland und Rußland zu sichern, arbei¬ 
tete er bewußt in einer Richtung, um England 
in den Krieg zu stürzen, wofür er Belgien als 
die hauptsächlichste Entschuldigung anführte. Viele von 
uns haben seit den letzten acht Jahren Sir Edward 
Grey als eine drohende Gefahr für den europäischen 
Frieden betrachtet. Als Asquith und Grey dem Unter» 
. Hause fortdauernd versicherten, daß England durch die 
Entente mit Frankreich keinerlei Verpflichtungen auf 
sich genommen habe, sagten sie etwas, was wohl dem 
Buchstaben nach richtig, in der Tat aber unrichtig war. 
Hätte Sir Edward Grey im Unterhause das Anerbie¬ 
ten des deutschen Botschafters vom 9. .August fletr. 
Belgien) mitgeteilt, dann hätte er mit seiner Rede keine 
Kriegsstimmung Hervorrufen können. Der europäische 
Krieg ist eine Folge des Bestehens einer Entente und 
eines Bündnisses und der Hetzereien der auswärtigen 
Politik Sir Edward Greys. Die im Unterhause ge¬ 
gebenen Rechtfertigungen sind nichts anderes als Ent¬ 
schuldigungen, die ein Minister stets für einen Fehler 
anführen kann. Dieser Krieg iit ein Krieg der Diplo¬ 
maten und durch ein halbes Dutzend Männer verur¬ 
sacht worden. . Ein halbes Dutzend Männer brachten 
Europa an den Rand des Abgrundes, und Europa stürzt 
hinein, da es sich nicht helfen konnte. Und warum ge¬ 
schahen diese Greuel? Wir können nicht andres ant¬ 
worten als: weil Sir Edward Grey während der 
letzten acht Jahre unsere auswärtige Politik 
geleitet hat und feiner Knrzsichtigteit und 
seinen Fehlern alles zuzuschreibcn ist. (ctr. fft.) 
Der Zeppelinangriff aus London. 
Ein von London nach den» Haag zurückgekehrter 
Politiker teilte dem Berichterstatter der „Hamburg. 
Nachrichten" mit, daß der Zeppelinangiff auf Lon¬ 
don auch in der City zahlreiche Brände her- 
vorgeruscn habe. Die Feuerwehr hätte den ganzen 
Bormittag mit dem Löschen der Brände zu tun ge¬ 
habt. Von einem englischen Zensor wurde dem Ge¬ 
währsmann berichtet, daß mindestens 300 Personen 
getötet und verwundet wurden, (ctr. bin.) 
Bedeutet Munitionsvermchrung 
für England den Sieg? 
Im Anschluß an eine Rede Lloyd Georges, in 
der er auf den deutschen Verbrauch von 200000 
Granaten in einer Stunde zur Einleitung des Durch¬ 
bruchs in Galizien hinweist und hinzufügt, „die 
Deutschen wären längst aus Frankreich vertrieben 
und wir in Deutschland eingerückt, wenn wir ebenso 
verfahren könnten", schreibt „Politiken" vom 7. Juni: 
Das letztere ist nun keineswegs ganz sicher. 
Die Franzosen haben unzweifelhaft z. B. ihren letzten 
Angriff nördlich Arras mit einem ganz vernichtenden 
Feuer eingeleitet. Sie waren auf alle Fälle, nach ihrer 
eigenen Aussage, den Deutschen in bezug aus Artillerie 
weit überlegen. Trotzdem sind die Ergebnisse des mehr¬ 
wöchigen Angriffs nur einige wenige Dörfer, einige 
Quadratmeilen Landes gewesen 
Der Hondelskriet Mil EiM. 
— jl. ■ t- >-. ’ - ■- rr - - - . 
Neue Beute unserer N-Boote. 
Rotterdam, 10. Juni 1915. Reuter meldet eine 
Reihe neuer Taten deutscher Unterseeboote. Danach
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.