wtb. London, 14. Juni 1915. Meldung des
Reuterschen Bureaus: Ein Fischerfahrzeug landete
in Milfordhaven die Besatzung des Kohlendampfers
„Crown of Jndia" und des norwegische Seglers
„Bellgarde", die von einem deutschen Untersee¬
boot beim Kap St. Ann's Hea versenkt worden
waren.
Auch die „Falaba" hat Munition an Bord gehabt'
In der Note der Vereinigten Staaten wird auch
auf den „Falaba"-Fall Bezug genommen und die
„Falaba" als ein harmloses Personenschiff hinge¬
stellt. Demgegenüber ist auf beschworene
Zeugenaussagen vor dem englischen Gericht
yinzuweisen, das nach englischem Brauch eine Art
amtlicher Totenschau abgehalten hat. Der Ueber-
wachungskommissar sagte aus: „Das Schiff hatte
außer anderer Ladung 13 000 Kilogramm Muni¬
tion an Bord. Der fünfte Zeuge (so wird er in
dem englischen Bericht genannt), ein Seeoffizier er¬
klärte: „Ich sah die Explosion und glaube, daß die
Munition explodierte." (ctr. bln.)
Der Krieg Segen Manl
Besorgnis vor Hindcnburgs Plänen.
Die ,Kreuzzeitung schreibt: Im Osten haben
Teile der unter der Führung des Generalfeldmar¬
schalls von Hindenburg stehenden Armee wei¬
tere erhebliche Fortschritte gemacht, indem sie jen¬
seits der Flüsse Windau und Dubissa unter
siegreichen Gefechten vorwärts drangen. Auch
südlich des Njemen gelang es ihnen, die Russen aus
mehreren hintereinander gelegenen Stelluugen zu
vertreiben und sich bis auf 15 Kilometer Enffer-
nung dem Bereiche der Festung Kowno zu
nähern. Eine Umfassung der Russen, die die Be¬
drohung Kownos von Nordwesten her hintertreiben
wollte, wurde durch geeignete Gegenmaßregeln im
Keim erstickt. Die Russen vermuten hinter den
Unternehmungen dieses Teiles unserer Streitkräfte
im Osten den Beginn der Ausführung eines
Planes, der, weil er von dem Feldmarschall von
Hindenburg, dem Meister in Ueberraschungen, her¬
rührt, ihnen nicht unbeträchtliche Sorgen
macht, (ctr. bln.)
Muntion für die Russen.
Aus dem k. und k. Kriegspressequartier wird dem
„B. T." gemeldet: Die Gefangenen, die in den letz¬
ten Tagen eingebracht wurden, bestätigen, daß die
Russen Munitionsnachschübe erhalten ha¬
ben und zwar sowohl von amerikanischer aus auch
von japanischer Seite, (ctr. bln.)
Die Ereignisse der letzten Wochen dürsten bewie¬
sen haben, daß Verstärkungen und Munitionsnach¬
schübe bei den Russen den Gang der Ereignisse ver¬
zögern. aber nicht mehr aufhalten können.
:: Die Bahnverbindung Archangelsk —
Wologda ist, einem Berichte des schwedischen
Bizekonsuls in Archangelsk zufolge, durch unge¬
heure Waffentransporte so stark in An¬
spruch genommen, daß sie für die private Güterbe¬
förderung gesperrt werl-en mußte.
Der Zar und Przemysl.
Die „Pesti Hirlap" berichtet über den Aufenchalt
des Zaren in Przemysl: Abends fand ein Galaban¬
kett statt, dem der Zar beiwohnte. Der Zar hielt
eine Rede, in der er sagte: Tier Feldzug ist mit
der Einnahme von Przemysl a b g e s ch l os sc n.
Was bis zum 22. März erfolgt ist, ist ein
Triu,nrphzug des Slawentums. Ich bin
glücklich und stolz, den Sieg der slawischen Idee in
der deutschen Festung feiern zu können.
Und wie wurde Przemysl von den Russen nicht
schlecht gemacht, crls wir es wieder zurückerobert
hatten! Nun die slawischen Triumphatoren aus der
deutschen Festung wieder hinausgeworfen sind,
ruüßte folgerichtig Väterchen nicht mehr „stolz und
glücklich" sein.
Ernsthafte Unruhen in Moskau.
Kopenhagen, 12. Juni 1915. Das Petersburger
Telegraphcnbureau meldet der „Voss. Ztg." zufolge
aus Moskau: Der Oberkommandierende gibt bekannt:
Am 10. Juni fanden in den S t r a ß e n js o n
Moskau traurige Vorfälle statt, hervorgerufen
durch den Wunsch, die Untertanen feindlicher Länder
aus den Fabriken und Werkstätten zu vertreiben.
Sie nahmen allmählich den Charakter ernsthafter
Unruhen an, indem die Menge Fenster einschlug
und Läden plünderte, deren Eigentümer auslän¬
dische Namen hatten. Bei dieser Gelegenheit muß
ich der Stadtbevölkerung erklären, daß jede Unruhe
im Innern Rußlands den Mut unserer Feinde Hebt,
ihren Widerstand stärkt und unseren endgültigen Sieg
verzögert. Rußlands Bürger denkt an die, die für
Euch gegen die Deutschen kämpfen und verhindert
sie nicht, ihre große Aufgabe zu erfüllen, (ctr. bln.)
Andere Meldungen bestätigen, daß die Unruhen
in der Zerstörung deutscher Geschäfte und
Wohnungen bestanden haben.
gegen SerDien airt Montenegro.
Das Vordringen der Serben in Albanien.
Zürich, 12. Juni 1915. Ter serbische Vormarsch
gegen Albanien erregt in Italien starkes Un¬
behagen, das in der Presse nur teilweise zum
Ausdruck kommen kann. „Corriere dclla Sera"
wiederholt, daß Italien auf seinen albanischen An¬
sprüchen selbstverständlich bestehen bleibe, daß die
albanische Frage bis zum Friedensschluß ungelöst
bleiben müsse und dag Serbien besser daran täte,
seine Kräfte gegen Oesterreich zu werfen. Zwei
serbische ehemalige Minister, die gegenwärtig Ita¬
lien bereisen, erklärten laut „Stampa", beruhigend,
daß der Zweck des serbischen Vorgehens einzig die
Züchtigung der albanischen Banden sei. Nächstens
würde eine allgemeine Offensive gegen Oesterreich
unternommen, die uim so erfolgversprechender sei,
als das Heer durch die vollständig ausgebildcten
Jahrgänge 1915 und 1916 eine merkliche Verstär¬
kung erfahren habe.
Die feindlichen Brüder.
Budapest, 14. Juni 1915. Nach einer Meldung
des „Az Est" aus Sofia erfolgten nach Nachrichten
aus Albanien ernste Zusammenstöße zwischen
serbischen und montenegrinischen Truppen.
Die Montenegriner wollten vorrücken, die Serben
wollen ein Vorrücken auf Skutari nicht gestatten,
weil sie selbst auf Skutari Ansprüche erheben. Die
in Sofia lebenden Albaner haben den Gesandten der
Großmächte in Sofia eine Protestnote gegen die Ein¬
brüche der serbischen und montenegrinischen Truppen
in Albanien überreicht. (ctr. fft.)
Der Krieg mit Italien.
Italienische Kriegsführung nach russischer Art.
wtb. Wien, 14. Juni 1915. Das Kriegspresse¬
quartier meldet: In welcher Art die Italiener
in den von Italienern bewohnten Grenzgebieten
unseres Landes Krieg führen, zeigen die Ereignisse
im Dörfchen C a s o t t o im Asticotale. Am 27. Mai
eröffnete italienische Artillerie das Feuer gegen die
änzlich unverteidigte Ortschaft, wodurch acht Häuser
eschädigt wurden. Ohne Motivierung schoß nun
die italienische Infanterie, etwa eine Kompagnie,
in den Ort und verwundete vier Frauen. Sofort
nach ihrem Einzuge begannen die Italiener zu
plündern, was sie bei späteren Besuchen stets
wiederholten. Dabei raubten sie alles, was ihnen
irc endwie wertvoll dünkte, sowohl der italienischen
wie der kaisertreu gesinnten Bevölkerung. Auch das
Gasthaus des Lucca Sartori, dessen beide Söhne
schon im Herbst nach Italien desertiert waren, wurde
geradeso geplündert und demoliert, wie das Hab
und Gut der kaisertreuen Bevölkerung. Als nach
einigen Tagen auch die letzten Bewohner von Casotto,
die bis dahin ausgehalten hatten, zu uns geflüchtet
waren, eröffnete unsere Artillerie das Feuer und
säuberte die Ortschaft von italienischen Truppen.
Die niedergeschlagenen Italiener.
:: In Italien herrscht tiefe Niedergeschlagenheit
über die Niederlagen am Jsonzo, so sehr sicb auch
Cadorna's Bericht bemüht, die Schlappen mit schlech¬
tem Wetter und ungünstigen, Terrain zu umschiuern.
Die kriegshetzerische Mailänder Presse ist bereits
sehr kleinlaut geworden und läßt es auch an
versteckten scharfen Angriffen auf die Armeeleitung
nicht fehlen. Der,@eta' schreibt: „Wir stehen leider
nicht viel weiter, als wo wir vor drei Wochen stan¬
den. Aber die Aufgabe ist sehr schwer." ,Jtalia'
schreibt: „Der Feind ist unterschätzt worden. Alle
Welt behauptete, Deutschland und Oesterreich feien
am Verhungern und jetzt entwickelt Oesterreich eine
unerhörte Widerstandskraft, die uns auf die här¬
teste Probe stellen wird." (Na, wartet nur, es wird
wohl noch heftiger kommen!)
Nachrichten ans Italien.
Zürich, 13. Juni 1915. Seit gestern werden
sämtliche österreichischen Staatsange¬
hörigen in Italien in ein Konzentrationslager
nach Sardinien, einer der ungesundesten Gegenden
Italiens, überführt. Die Maßregel trifft alle
männlichen Personen über 18 Jahren: den Frauen
steht es frei, ihren Männern zu folgen. Die Späher¬
hetze dauert fort: in Mailand wurde eine Anzahl
deutscher und österreichischer Staatsangehöriger un¬
ter Spionageverdacht sestgenommen. Der „Corriere
della Sera" macht den liebenswürdigen Vorschlag,
auf dem Dach des Domes iy Mailand Baracken
für österreichische Gefangene herzustellen, um so den
Dom gegen feindliche Flieger zu schützen.
Die Treue der italienischen Tiroler.
wtb Innsbruck, 14. Juni 1915. Die italieni¬
schen Landtagsabgeordneten S ü d t i r o l s sind
bcrm Statthalter erschienen, um namens ihrer
Wähler Und, wie sie ausdrücklich betonen, der er¬
drückenden Mehrheit der Bevölkerung des italieni¬
schen Tirols der hingebenden Treue an den Kai¬
ser, das Kaiserhaus und die Monarchie Ausdruck
zu geben. Die Abgeordneten hoben hervor, wie sehr
sie das übelberatene und treulose Vorgehen der ita¬
lienischen Regierung beklagen, d,c sich durch das
Freimauirertum zu ° diesem jedes sittlichen Grundes
entbehrenden Kriege unter dem falschen Vorwände
verleiten ließ, als handle es sich um eine Erlösung,
obzwar eine solche vom Volke Südtirols nicht nur
nicht angerufen, sondern stets auf das Klarste zu-
rückgewiefen worden war. Die Abgeordneten
crsuchten den Statthalter, ihre heißesten Wün¬
sche für den Sieg der österreichischen
Waffen und die Versicherung ihrer unerschütter¬
lichen Treue zu Kaiser und Reich an die Stufen
des Thrones gelangen zu lassen.
Die anderen HBdrte.
Rumänien am Scheidewege.
T<er bezahlte Kriegshetzer d'Annunzio soll sich
nach seinen Erfolgen in Italien auf die Reise nach
Rurnänien begeben haben. Auch noch einige Dutzend
andere in Straßendemonstrationen geübte italienische
Agitatoren sollen unterwegs nach Bukarest sein, um
die dortigen Kriegsdränger Take, Jonescu und Fili-
pescu bei lärmenden Kundgebungen zu unterstützen.
Tie Anstrengungen der Dreiverbandmächte, die ru¬
mänische Regierung zum Losschlagen zu bewegen,
sind bisher nicht zum Ziele gelangt, und aus der
Haltung der französischen und russischen Presse kann
nran schließen, daß sie nicht zum Ziele gelangen wer¬
den. Man fleht, und man droht, nran verspricht
und widerspricht und ist untereinander nicht einig
Auf der einen Seite wird der Zar beschworen,
Beffarabien an Rumänien herzugeben, auf der an¬
dern tönt ein schroffes Neirr zurück. Ten Rumänen
einen Gebietszuwachs in Oesterreich-Ungarn zu ver¬
sprechen, ist für die Ententemächte billig, für Ru¬
mänien aber gefährlich, nachdem soeben erst die
russische Heeresmacht aus der Bukowina und dem
größten Teil Galiziens vertrieben worden ist. Will
Rumänien von Rußland Bcssarabien haben, so niuß
es sich den Siegern anschließen. Das ist ein sichereres
und besseres Geschäft, zumal wenn dabei auch
Wünsche in Bezug auf die Bukowina und die rumä-
nischen Bewohner Siebenbürgens erfüllt werden
Also die Straße soll helfen. Das hätte sich viel¬
leicht mit den römischen Demonstrationen machen
lassen, jetzt nach denr Umschwung in der Kriegslage
geht es schwerlich mehr. Die "Mehrheit der kon ¬
servativen Partei, der auch die Russenfreunde
Jonescu und Filipescu angehören, hat sich für die
besonnene und ruhige Politik ihres Führers Marghi-
loman erklärt. Die bisherige Politik des liberalen
Ministerpräsidenten B r a t i a u war auf Abwarten
eingestellt, bis sich übersehen ließe, auf welche Seite
sich" die Wagschale des Krieges neige. Er ist keinCato,
dem die unterlegene Sache gefällt. Tie Kaufleute
und Bauern Rumäniens werden unzweifechaft heute
noch von dem Gefühl beherrscht, daß ein siegreiches
Rußland die wirtschaftliche Entwicklung Rumäniens
abschnüren würde. Die italienischen Agitatoren wer¬
den zu spät nach Bukarest kommen, oder sie werden
garnicht kommen, ivenn es sich nämlich bestätigt, daß
Bratianu entschlossen sein soll, das öffentliche Auf-
treten von d'Annunzio und Genossen zu verbieten.
Budapest, 14. Juni 1915. Die rumänische Re¬
gierung wird nach einer Mitteilung der Bukarester
.Dimineata' die letzte, schriftlich überreichte rus¬
sische Note gleichfalls schriftlich beantworten und
erklären, daß sie an ihren ursprünglichen
Forderungen fest hält. Die Note wird morgen
oder Mittwoch den Entente-Vertretern in Bukarest
und gleichzeitig durch den Petersburger rumänischen
Gesandten der russischen Regierung überreicht wer¬
den. (ctr. fft.)
Der angebliche Vertrag mit Rumänien.
Italienische Blätter geben eine Aeußcrung des
in Paris iveilenden rumänischen Abgeordneten
Basilescu wieder, der sich dagegen wendet, daß
der kürzlich in der Presse ans Licht gezogene Ver¬
trag K ö n i g Karls mit den D r e,i b u n d -
ft a a t e n noch giltig sei. Den Vertrag habe in de»
letzten 30 Jahren außer dem König Karl und dem
Ministerpräsidenten niemand gekannt^Zmn ersten«
male habe thn Karl in einem Kronrat im Jahr«
1914 mitgeteilt. Der Kronrat Hab« jedoch den Ber«
trag als ungiltiq /rklärt, nur der ehemalige Mini.
steHräsident habe auf seiten des Königs gestünden.
Nach der rumänischen Verfassung seien imernafio»
nale Verträge ohne Genehmigung der Kammer un»
giltig. Das treffe auch auf diesen Vertrag zr».
Heute bestehe der Dreibund nicht mehr: Rumänien
habe heute weder die Verpflichtung, noch den Wil¬
len, zugunsten der Zentralmächte einzugriefen.
Genaueres über den Vertrag zwischen Rumä¬
nien und uns weiß die deutsche Öeffentlichkeit nicht.
Herr Basilescu aber dürste ebenso klug sein wie
wir.
Die Wahlen in Griechenland.
Am Sonntag fanden in Griechenland die Wahlen
statt. Das Ergebnis fft noch nicht ganz sicher. Die
einen melden, die Regierung habe von den 316
Sitzen bereits 166 für ihre Kandidaten gesichert,
andere berichten von 160 Regierungsvertretern, 140
Anhängern von Beniselos und 16 Unabhängigen.
Jedenfalls hat nach allen Meldungen die Regie¬
rung die Mehrheit. Demnach hätte die Frie-
denspartei gesiegt. In Attika sollen freilich
22 Veniselos-Anhänger gewählt worden sein: doch
hat das übrige Land den ehemals so mächtigen Mi¬
nister im Stich gelassen. Man könnte sogar die
Frage anfwerfen, ob Beniselos, wenn er wieder zur
Regierung käme, auch jetzt noch den kriegerischen
Anschluß an den Dreiverband (jetzt Bierveroand)
durchsetzen wollte oder könnte. Ta inzwischen die
Lage der beiden Kaisermächte und der Türkei sich
wesentlich gebessert hat, so würde vielleicht sogar
Beniselos ein Haar in der Kriegspolifik finden. Aber
viel besser ist es doch, wenn die Macht in den Hän¬
den des friedlichen Ministeriums G u n a r k s
bleibt. Damit zugleich in den Händen des Königs
Konstantin, der erfreulicherweise die schwere
Krankheit überwunden zu haben scheint.
Griechenland hat bei der Verwirrung in der
Welt eine hochpolitische Bedeutung gewonnen, die
über das Maß seiner militärischen und wirtschaft¬
lichen Kräfte hinausgeht, die wir ihm ebenso herz¬
lich gern gönnen, wenn cs auf den vernünftigen
Bahnen bleibt, die seiir König eingeschlagen hat.
Der Abfall Griechenlands hätte das Signal geben
können zu einem neuen Balkankriege von verhäng¬
nisvoller Tragweite. Daß in Rumänien die
krampfhaften Anstrengungen der stanzösischen, eng¬
lischen und italienischen Agenten bisher gescheitert
sind, ist zum erheblichen Teile der Zurückhaltung
Griechenlands zu verdanken. Jetzt wird die Wir¬
kung dieses guten Beispiels sehr kräftig unterstützt
durch die großen Erfolge, die Deutschland und
Oesterreich gerade in der Nachbarschaft von Rumä¬
nien errungen haben.
Wir würden auch noch neue Verwirrungen auf
dem Balkan überstehen können. Aber zur Abkürzung
des Krieges und zur Einschränkung seiner Folget!
ist es doch sehr gut, wenn die griechischen Wahlen und
die rumänischen Erfahrungen neue „Interventionen"
hintanhalten. Es genügt uns, wenn die Leute dort
neutral bleiben.
* Athen, 14. Juni 1915. Die Wahlen sind relativ
ruhig verlausen. Die früheren, der Peniselospartei
ungehörigen Minister Repnlis und Diomedes sind
durchgefallen.
Wikfon und Brftan.
wtb Washington, 14. Juni 1915. In einem
Ausruf an die Deutsch-Amerikaner betont Bryan,
daß Wi l s o n für den Frieden sei. Bryan
schlägt eine internationale Vereinbarung vor, die
den Transport von Munition ans P a ssa¬
gt e r d a m p f e r n verbietet. Er ist anderer
Meinung als Wilson hinsichtlich der Politik, die
gegenüber der Einmischung Englands in
die Rechte des neutralen Handels einzuschlagen sei.
Bryan war der Ansicht, daß die Note, welche die
Alliierten erneut anffordert, nicht den amerikani¬
schen Handel zu hindern, gleichzeitig mit der Note
an Deutschland abgesandt werden sollte.
Warum, so fragen wir, hat Bryan diesen
Standpunkt nicht schon früher eingenommen und
energisch verfochten, als er noch im Amte war'?
Immerhin dürfte die veränderte Haltung Brpans
auf die öffentliche Meinung in Amerika nicht ohne
Einfluß bleiben.
->vtv New-Sjork, 14. Juni 1915. Meldung des
Reuterschen Bureaus. Bryan hat wieder eine
Erklärung veröffentlicht, in der er sagt, daß d i e
Note nach seincin Abtreten beträchtlich ab¬
geändert worden sei. Die Aenderünq sei aber
nicht hinreichend gewesen, um ein Zurück¬
ziehen seiner Demission zu rechtfertigen. Bryan
zweifelt nicht, daß int Kriegsfälle das ganze Land
Wilson unterstützen würde.
„Lusitanta"-Verhastung«n.
wtb Cincinnati, 14. Juni 1915. Meldung des
„Reuterschen Bureans". Hier ist der Deutsche Heinz
Hardenberg verhaftet worden: wie man glaubt,
im Zusammenhang mit den deutschen Erklärungen"
über die Bewaffnung der „Lusitania".
wtb Rotterdam, 13. Juni 1915. Ans New-
2) ork wird gemeldet, die Geschworenenbank des
Üntersuchnngsaerichts, welcher die Erklärungen von
den deutschen Behörden vorgelegt worden sind, zum
Beweis der Bewaffnung der „Lusitania" und
dafür, daß sie Munition an Bord hatte, hat gestern
den Privat-Detektiv der Hamburg-Amerika-Linie
Paul König in diese Angelegenheit einbezogen,
weil die Behauptung des Reservisten Stahl durch
seine Hände gegangen sei. König blieb in Unter¬
suchungshaft, weil er die von ihm verlangten Bürg¬
schaft von 10000 Dollar nicht entrichten konnte.
Druffche Vergeltungsmatzregeln.
In dem W i e s in o o r bei^Weener, hart a» der
niederländischen Grenze, meldet die „Nieuwe Rot-
terdamschc Courant", sind über 1000 franzüsi -
s ch e Kriegsgefangene an landwirtschaft¬
liche Arbeiten gefetzt worden. Weitere 1000 sind in
einigen Wochen zu erwarten. Das Blatt erkennt
in dieser Tatsache eine Folge der Ankündigung von
deutscher Seite, daß französische Gefangene aus den
Gefangenenlagertt nach den Veen - Kolonien ge¬
bracht werden sollen, um dort zu arbeiten, bis die
Kriegsgefangenen in Nordafrika und Tahome in
Gegenden mit gesünderem Klima gebracht werden,
(ctr. bln.)
Die Rückkehr Ternburgs.
Lotldon. 13.Juni 1915. Reuter meldet aus
New-Aork: D e r n b u r g ist an Bord des Schiffes
„Bergens Fjord" nach Deutschland abge-
r e i st. Er weigerte sich, irgendwelche Informa¬
tionen zu geben, (ctr. fft.)
wtb Der Pour Ic Meritc. Der „Reichanzeigev"
veröffentlicht die Verleihung des Eichenlaubes $«jn
Orden Pour te Meriie, an den Generalobersten v.'
Mackensen, Oberbefehlshaber der elften Armee,
und den General d. Inf. v. Falken Hayn, Chef»
des Genevalstabes des Feldheeres.
wtb Deutsch« Zivikgefangene aus Rußland. Am
Sonntag trafen in Stockholm tzuf der Durchreise
nach Deutschland gegen zweihundert aus Rußland,!
und zwar cnts dem Gefangenenlager Wologda kom¬
mende deuffche Zivilgefanaene ein. Ter deuffchc
Hilssvereiu nahm sich der Flüchtlinge an, die zur
Hälfte aus Frauen und.Kindern hestaitdcn und alle
unverkennbare Spuren der Jnterrtierrtng trtigen.
Preußischer Landtag.
Herrenhaus.
Sitzung vom 14. Juni 1915.
Das Preußische Herrenhaus trat heute zu seiner
15. Sitzung zusammen. Wie üblich, hatte man für diese
erste Sitzung eine sogenannte „kleine" Tagesordnung
zusammengestellt. An erster Stelle stand das vom Ab-
geordnetenhaus angenommene F i s ch e r e i g e s e tz. Dieses
Gesetz wurde debattelos an eine Kommission verwiesen.
Dann erledigte man noch eine Anzahl kleinere Vor¬
lagen und Verordnungen und vertagte sich auf voraus¬
sichtlich Samstag. Neben dem Fischercigesetz soll als¬
dann auch die Interpellation Wermuth über die Lebens.
Mittelverteuerung zur Beratung kommen.
Deutscher Reich.
* Ein Pertraucnsbrnch. In der letzten Kriegs -
tagnng des Reichstages im Monat Mai sind in der
Budgetkommission, wie der offizielle Bericht danials
mitteilte, Klagen über vereinzelt vorgekommene tt Ir¬
an gemesse ne Behandlung von Mann¬
schaften des Heimatsheeres besprochen worden.
Die Klagen richteten sich nicht gegen Vorgesetzte ans
dem aktiven Heere, sondern aus dem Beurlaubten¬
stande. Dir Kriegsmnister teilte mit, daß diese Kla¬
gen, die auch an ihn gelangt seien, sofort Anlaß zu
ernsten Weisungen an die Nachgeordneten Stel¬
len gegeben hätten. 'Ans der Taffache, daß int Ple¬
num alle Parteiett übereinstimmend auf eine wei¬
tere Behandlung dieser Angelegenheit verzichtet,
haben, geht hervor, daß sic in der Kommission b e -
friedigend erledigt worden ist. Tie Verhand¬
lungen dieser Kommssion sind vcrtrauli ch.
Nun hat der Vorstand der sozialde nt okra-
tischen R c ich s t a g s f r a kt i o n sich zu cincrEr-
klärung gezwungen gesehen, die sich gegen eine In¬
schrift der „Berner Tagwacht" ans Deuschland rich¬
tet, eine Zuschrift, die entstellte Mittcilungett über
den Inhalt der vertraulichen Mitteilungen bringt,
sowohl um unsere Heeresverwaltung herabznsetzen,
wie die sozialdemokratische Fraktionsmehrheil schwer
anzugreisen, weil sie die Sache nicht im Plenum zur
Sprache gebracht habe. Der Vorstand der sozialdemo¬
kratischen Reichstagsfraktion nennt das einen Vcr
trauensbruch, in dessen Verurteilung die ganze Par¬
tei einig sein werde, nntsomehr, als dadurch! die Ver¬
tretung der Arbeiterinteressen ungemein erschwert
werden könnte. In der Tat handelt es sich mn einen
böswilligen Vertrauensbruch. In den langcit Jah¬
ren, seitdem im deuffchen Reichstag, und zwar meist
in der Budgetkommisswn, vertrauliche Mitteilungen
über wichtige Angelegenheiten erfolgen, ist cs noch
niemals vorgekommen, daß das Vertrauen miß
braucht worden wäre. Es sind in dieser Kommission
wichtige Fragen der Organisation und der Rüstung
unseres Heeres verhandelt _ worden, Neubewaff
nungen u. dergl., und es ist niemals bekannt gewor¬
den, "daß irgendein Mitglied der Kommission die Ge¬
heimhaltung nicht gewahrt hätte. Tie Sache hat,
wie die „D. Tagesztg." mit Recht hervorhebt, für
den Reichstag eine starke Bedenttmg. Wenn es nicht
gelingt, solche Bertranensbrüche zu verhindern, so
wird es ganz unmöglich sein, irgendwelche Verhand¬
lungen vertraulich zu führen. Dadurch wird aber
eine Aussprache über Dinge, die der Öeffentlichkeit
nicht unterbreitet werden können, gehindert, und das
liegt nicht im Interesse der Volksvertretung und des
Volkes. Es ist an sich unerhört, wenn vertrauliche
Verhandlungen auf irgendwelche Weise in die
Oeffenlichkeit gezerrt werden; es ist aber geradezu
empörend, wenn solche Verhandlungen in der gröb¬
lichsten Weise enfftellt werden, lediglich zum Schaden
des Vaterlandes. Die ,Frff. Ztg." sagt: Es werden
ernste Bedenken entstehen, ob inZukttnft noch in der
Kommission vertrauliche Mitteilungen über, wichtige
Dinge, deren Kenntnis im Auslände dem Reich
schallen würde, erfolgen können. Wir möchten da¬
her erwähnen, daß diese Bedenken auch schon man¬
chem aufgestoLen sein ntögen, als sich beim Beginn
des Krieges heransstellke, daß es Reichstagsabgeord¬
nete gegeben hat, wie die Herren Wetterle, Georg
Weil "und Blumenthal, Landesverräter, die während
der Tauer ihres Mandates Gelegenheit gehabt hät
ten, Dinge zu erfahren, deren Kenntnis für Frank¬
reich, dem diese Herren jetzt dienen, voti besonderem
Interesse gewesen wäre. Es wird nicht ansbleibcn
können, daß sich der Reichstag mit der gar nicht
leichten Frage beschäftigt, wie in Zukunft ein der¬
artiger Bertrauensmißbranch verhindert werden
fcnrt.
äu$ dem Nachdargebiet.
)( Schotten (Bogelsberg), 13. Juni 1915. Die
Wirtschaftsgebäude des Einwohners Georg Merz
wurden durch einen Brand eingeäschert.
kt. Aus der Bordcrrhön, 15. Juni 1915. Vom
Sonntag, den 6. Juni bis Donnerstag, den 10. Juni
spendete der Hochwürdigste Herr Bischof Joseph
Damian von Fulda in folgenden Pfarreien des
Dekanates Mararethenhaun: Petersberg, Steinhaus,
Hofbieber und Dipperz das hl. Sakrament der Fir¬
mung, danach noch in den Pfarreien Florenberg,
Künzell und Tietershansen. Wenn auch in dreier
ernsten schweren Zeit auf ausdrücklichen Wnnfch des
Herrn Bischofs alle äußeren Geld und Arbeit er¬
fordernden Anfbietungcn unterblieben, so waren die
kirchlichen Feiern tiefreligiös und herzerhebend.
* Fladungen (Rhön), 12. Juni 1915. Der 35fah-
rigc Schuhmacher Heinrich Ewald aus Rüdenschwin>
den fuhr mit seinem Rade von Ltetten nach
Hansen und stürzte an einem steilen Abhange so
unglücklich, daß er eine schwere Kopfverletzung davon-
trng, die den Tod zur Folge hatte.
f'x+y. Kohkgrund, 15. Juni 1915. Bei dem am
letzten Freitag nachmittag über unsere Gemeinde
hinziehenden schweren Gewitter, das uns den
lang ersehnten Regen im reichlichen Maße brachte,
schlug der Blitz in das Wohnhaus des Hüttners
Emil Klüber. Unterhalb des Stubenfensters drang
d«r Blitzstrahl ein, betäubte ein Mädchen und lähmte
die Magd, welche am Tische saßen. Beide erholten
sich aber bald wieder. Der Hausgiebel wurde vom
Blitz beschädigt.
U Neuhof-Ellers, 14. Juni 1915. Am 2. Juni
wurde der Obergefreite Ferdinand Mahr beim
Fuß-Artill.-Batai!lon 21 zum Unteroffizier befördert.
— Ten Heldentod starb der Wehrmann Valentin
Hillenbrand.
§ Offenbach a. M., 13. Juni 1915. Bei einem
Zimmerbrandc in der Wohnung des "Arbeiters