Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

; Gegen den Lebensmittelwucher. Der Erlaß des 
stellvertretenden Generalkommandos des 1. Bayer. 
Armeekorps, welcher sich mtt Strafandrohungen ge¬ 
gen den Lebensrnittelwucher wendet, ist auch von 
ßcn stellvertretenden Generalkommandos des 2. und 
8 Bayerischen Armeekorps in Würzburg und Nürn¬ 
berg in vollem Umfange übernommen worden. 
Hiernach ist diese wichtige Angelegcnhert numnehr 
einheitlich für ganz Bayern geregelt. 
Deutscher Reich. I—. .. 
* Reue Höchstpreise für Getreide und Mehl. 
'Nach einer Meldung oer .Kreuzzeitung' wird vor¬ 
aussichtlich Ende dieser Woche der Bundesrat eme 
Verordnung erlaffen über die Festsetzung neuer Höchst¬ 
preise für Getreide und Mehl-, Für Preußen er¬ 
laffen jetzt die zuständigen Minister die Ausfuh- 
rungsanweisungen für die nene Brotgetreide- und 
^^^.^^^^nttaub-V-^geltung. Die,Nordd.Allg.Zig.' 
weist darauf hin. daß für die mannigfachen Patent- 
Verletzungen, die von Seiten der feindlichen Staaten 
bereits eifolgt oder gesetzlich genehmigt worden sind, 
nunmebr auch von Seiten Deutschlands Bergeltungs- 
maßregeln erfolgen werden. Sie schreibt: 
Dw erforderlichen Besttmmungen sind vom Bundes- 
rat durch die Verordnung vom 1. Juli 1915 getroffen 
worden- AuSsührungSvorschriften dazu hat der Reichs¬ 
kanzler 'gleichzeitig erlaffen. Danach können die den 
feindlichen Staatsangehörigen zustehenden Schutzrechte 
durch Anordnungen, die im einzelnen Falle auf Antrag 
eines Beteiligten erlaffen werden, zeitweilig oder dauernd 
eingeschränkt, mit Lizenzen belastet oder aufgehoben 
werden, sofern oder soweit dies im öffentlichen Interesse 
an gezeigt erscheint. Der Antrag ist an den Präsidenten 
des Patentamts zu richten, der die nötige Aufklärung 
des Sachverhalts veranlaßt. 
Hu$ dem Nachbargebiet. 
0 Pilgerzell, 13. Juli 1915. In der letzten Zeit 
stnd hier häufig Hühnerdiebstähle vorgekommen. 
''Einmal wurden 10 und in der gestrigen Nacht 
15 Hühner gestohlen, bezw. umgebracht, denn am 
andern Morgen fand man noch einzelne Hühner tot 
herumliegen. Ob es sich um einen vierbeinigen oder 
um einen zweibeinigen Dieb handelt, konnte noch 
nicht festgestellt werden. Auch Kaninchen und Enten 
wurden gestohlen. Da ist Wohl am Platze, die 
Ställe gut zu verwahren. 
K Künzell, 13. Juli 1915. Die Ausführung der 
Arbeiten und Materiallieferungen zum Neubau eines 
zweiklassigen Schulgebäude s hier, Ortsleil Bach¬ 
rain wurden wie folgt vergeben. Los 1: Erd-, 
Maurer-, Asphalt-, Steinmetz-, Schmiede-, Eisen-, 
Be- und Entwässerungsarbeiten an die Herren F. 
Jestädt und M. Schenkel-Künzell; welche die dritt¬ 
höchste Forderung abgaben. Los 2: Zimmerer- und 
Stakerarbeiten an Franz Göller-Tiefengruben, dessen 
Horderung die billigste war. Los 3: Dachdeckerarbeiten 
an Diegelmann und Hau-Fulda, die billigste Firma; 
Los 4: Klempnerarbeiter» an G. Kobel-Fulda, der 
die Höchstforderung abgab. Los 5: Schreiner-, Schlosser¬ 
und Glaserarbeiten wurden an F. Zink, A. Block 
und K. Quell, sämtlich in Künzell, übertragen, die 
an zweiter Stelle standen; Los 6: Anstreicherarbeiten 
an Blasius Farnung-Bachrain, der die Höchstforderung 
abgab und dessen Offerte gegen diejenige der Ver¬ 
einigten Maler Fuldas um nahe 422 Mk. höher war. 
Die Ausgaben für diese Arbeiten belaufen sich ins¬ 
gesamt auf 29 789 Mk. 37 Pfg. Es wird mit den 
Erdarbeiten in aller Kürze begonnen. 
* Ostheim v. d. Rhön, 9. Juli 1915. Der 
frühere Stadtkämmerer Winzer in Ostheim, der 
durch seine erheblichen Unterschlagungen die Stadt 
Ostheim schädigte und zu einer längeren Freiheits¬ 
strafe verurteilt worden war, ist vom Großherzog 
jetzt begnadigt worden, nachdem er dreiviertel 
seiner Arafe verbüßt hat. 
* Hanau, 10. Juli 1915. Das Oberverwaltungs- 
aericht erledigte einen Rechtsstreit, den der Rentner 
Julius Sch. gegen den Magistrat von Hanau wegen 
seiner Heranziehung zur K analben utzungs- 
Gebühr angestrengt hatte. In Hanau wird eine 
Kanalbenutzungsgebühr auf Grund einer Gebühren¬ 
ordnung vom 30. März 1914 erhoben, die die Ge¬ 
bühr nach dem Mietswert der Wohnungen abstuft. 
Gebühren haben nach der betreffenden Gebühren¬ 
ordnung nicht nur Eigentümer, sondern auch die 
Nutznießer und Inhaber von Wohnungen zu ent¬ 
richten. Sch. stellte die Behauptung auf, daß die Ge¬ 
bührenordnung ungültig sei; die Heranziehung der 
Mieter und die Abstufung der Gebühren sei un¬ 
zulässig. Der Bezirksausschuß wies indessen die von 
Sch. erhobene Klage ab und erklärte die Gebühren¬ 
ordnung für rechtsgültig. Diese Entscheidung föchte 
Sch. durch Revision beim Oberverwaltungsgericht 
an. Das Oberverwaltungsgericht wies jedoch die von 
Sch. erhobene Revision als unbegründet zurück und 
führte u. a. aus: Einer Abstufung der Gebühren 
nach dem Mietswert der Wohnungen stehe keine ge¬ 
setzliche Vorschrift entgegen. Auch verbiete das Gesetz 
nicht, neben den Eigentümern auch Mieter zu den 
Kanalbenutznngsgebühren heranzuziehen. 
0 Hanau, 13. Juli 1915. Das Schöffengericht 
hat heute sechs Landwirte ans Mittelbuchen, die ihre 
für die Zentral-Einkaufs-Genossenschaft beschlag¬ 
nahmten Schweine anderweitig verkauft hatten, 
zu je 5 Mark Geldstrafe verurteilt. 
* Frankfurt a. M., 13. Juli 1915. Ganz schmuck 
sah er ans in der blauen Uniform, der 28jährige 
Schneider Bernhard K löst ers und das Band des 
Eisernen Kreuzes trug er auch. In Wirklichkeit 
war es dem Schneiderlein nie eingefallen, Stadel 
und Zwirn mit dem Steuer des Flugapparates zu 
vertauschen. Ter Urlaubspaß war gefälscht, und 
Uniform und Ordensband waren eine Maske, hinter 
der Klösters lange Finger machte. Zweimal er¬ 
schien er in Uhrläden, ließ sich Sachen vorlegen und 
verschwand, ohne etwas zu kaufen. Die Laden¬ 
inhaber vermißten aber nachher Uhren und Ringe. 
Auch sonst, wo der angebliche Flieger auftauchte 
wurde gestohlen. Die Strafkammer verurteilte ihn 
wegen Diebstahls in fünf Fällen zu einemJahre 
Gefängnis, wegen Uebertretung zu 6 Wochen Haft. 
kt. Frankfurt a. M., 13. Juli 1915. Ein von 
seiner Frau geschiedener Versicherungsbeamter 
hatte sich bei einer polizeilichen Anmeldung als 
f,ledig" bezeichnet. Für diese unrichtige Angabe er¬ 
hielt er einen Strafzettel über vier Mark. Seine 
bei dem Schöffengericht gegen die Polizeistrafe ein¬ 
gelegte Berufung wurde unter der Begründung ver¬ 
worfen, daß wer einmal geschieden ist, nicht wieder 
ledig sein kann. 
* Rotenburg, 9. Juli 1915. Der Landrat macht 
bekannt: In einigen Gemeinden des Kreises, in 
denen Kriegsgefangene zu landwirtschaftlichen 
Arbeiten untergebracht sind, entspricht das Benehmen 
der jungenMädchen nicht dem Anstand und der 
Würde, die wir sonst an deutschen Frauen wahrzu¬ 
nehmen gewohnt sind. Ich verbiete hiermit noch¬ 
mals strengstens das Stehenbleiben bei den Ge¬ 
fangenenlagern und die Unterhaltung mit den Ge¬ 
fangenen. Die Namen Zuwiderhandelnder werde 
ich feststellm laffen und trit Kreisblatt veröffent- 
Kassel, 13« Juli 1915. Die ersten wirklichen 
42-Zentimeter-Granaten in Kaffel werden, wie wir 
erfahren, in der „Ausstellung für Verwun¬ 
deten- und Krankenfürsorge im Kriege", 
die am Samstag, den 17. d. Mts. im Landesmuseum 
am Wilhelmshöher Platz eröffnet wird, zu sehen 
sein. Wir sind überzeugt, daß sehr Viele diese erste 
Gelegenheit benutzen werden, sich die Geschoffe der 
vielgenannten Geschütze anzusehen, die zum Schrecken 
unserer Feinde geworden sind. Auch eine Reihe 
größerer, bisher noch nicht veröffentlichter Auf¬ 
nahmen von feindlichen Forts, die die fürchterliche 
Wirkung der Geschoffe mit eindringlicher Deutlichkeit 
zeigen, sind, dank dem Entgegenkommen der Firma 
Krupp und der Genehmigung durch das Kriegs¬ 
ministerium, in der Ausstellung zu besichttgen. — 
Prächtige Gegenstücke zu diesem Kampfmittel des 
Feldheeres bilden die beiden kostbaren Modelle 
deutscher Großkampfschiffe, die das Reichsmarineamt 
der Ausstellung überlaffen har. 
* Melsungen, 10. Juli 1915. Die Meldung von 
dem Tode des hiesigen prakt. Arztes Dr. Merkel 
war falsch. Er erfreut sich im Gegenteil des besten 
Wohlseins. 
* Aus dem Ohmtale, 9. Juli 1915. Welchen 
Erfolg die Vertilgung der Kohlweißlinge 
durch die Schüler hat, zeigt folgendes Beispiel. Ein 
Lehrer hatte seiner Klasse die Schädlichkeit der 
Kohlweißlinge auseinander gesetzt und die Schüler 
gebeten, am anderen Tage so viele Schmetterlinge 
dieser Sorte mitzubringen, als sie könnten. Die 
Kinder brachten davon 1788 Stück mir. Ein Schüler 
allein hatte 205 gefangen. 
* Gotha, 10. Juli 1915. Eine sinnige 
Ehrung der im Kriege Gefallenen wird von hier 
aus für das gesamte Herzogtum Gotha vorbereitet. 
Es ist angeregt worden, in den Ortschaften des Lan¬ 
des zu Ehren eines jeden gefallenen Kriegers eine 
Eiche oder Linde auf dem Dorfanger oder sonst an 
Paffender Stelle zu Pflanzen und an einem jeden 
dieser Bäume eine Tafel mit dem Namen des To¬ 
ten anzubringen. Auf diese Weise würde innerhalb 
der Ortschaften eine würdige Gedächtnisstätte an 
diese große Zeit geschaffen. 
fl Weilburg a. L., 13. Juli 1915. Zur Erinne¬ 
rung an die am 25. April 1910 hier erfolgte 
Strandung des Zeppelin-Kreuzers II wurde an der 
Nnglücksstelle Webers Berg eine von der Bürger¬ 
schaft gestiftete Bronzetafel angebracht und ent¬ 
hüllt. Die künstlerisch schöne Tafel enthält oben in 
Medaillonform das Bild des Grafen Zeppelin 
und darunter eine auf die Bedeutung des Tages 
hinweisende Inschrift. 
Nus Gberhesien u. den Hess. Remtern. 
* Marburg, 13. Juli 1915. Seinen 70. Geburst- 
tag beging heute der Geheime Regierungsrat Prof. 
Dr. Ernst Schmidt, Ordinarius und Direktor des 
pharmazeutisch-chemischen Universitätsinstituts. 
A Marburg, 13. Juli 1915. Im großen Saale 
des Gasthauses Seebode hielten heute nachmittag die 
Raiffeisen-Vereine des Kreises Marburg ihren 
diesjährigen Unterverbandstag ab. Der Unter¬ 
verbandsdirektor, Herr Pfarrer Dörr aus Michel¬ 
bach, teilte in seinem Jahresbericht mit, daß der 
Unterverband Marburg auch im Kriegsjahre gute 
Erfolge hatte. Er vereinigt in 24 Vereinen rund 
2443 Mitglieder. Der Geldumsatz betrug im letzten 
Jahre 5117 000 Mk., der Reingewinn über 12000 Mk. 
und das Ges amtvermögen der Vereine stellt sich auf 
rund 103,000 Mk. Die Gesamt-Spareinlagen betragen 
3,184,000 Mk.; die Bezüge sind im Kriegsjahre etwas 
zurückgegangen. Der Vorsitzende des Hauptvereins, 
Herr Landesökonomierat Rexerodt aus Kassel 
erstattete einen eingehenden Bericht über die Lage 
des Verbandes, die er als erfreulich bezeichneie. 
Hieran schloß sich eine eingehende Aussprache über 
die vielen gerade in der jetzigen Zeit die Landwirt¬ 
schaft intereffierende Fragen. Ueber die Getreide» 
beschlagnahme gab besonders Landgerichtsrat Klingen¬ 
biel, als Vorstand der Kriegsgetreidekommission, er¬ 
schöpfende Auskunft. Ein Vortrag des Herrn Pfr. 
Dippel-Jmmenhausen beschloß die Tagung. 
vermischtes. 
* Der ewige Kwilecki-Prozeß. In der Fest¬ 
stellungsklage der Bahnwärterfrau Cacilie Meyer, 
daß der junge Graf Joseph Kwilecki angeblich ihr 
unehelicher Sohn, daher nicht Majoratserbe sei, 
legte die Klägerin jetzt Revision beim Reichsgericht 
ein gegen die Klageabweisung des Oberlandesgerichts 
Breslau vom 15. Februar d. I. Der Streit um 
den jungen Grafen Kwilecki reicht chis zum Jahre 
1898 zurück. 
* Erdbeben. Auf den Kanadischen Inseln 
und auf der Insel Feuerte Ventura wiederholten 
sich die Erdbeben. Sie nehmen an Stärke beständig 
zu, so daß Risse an den Häusern entstehen und diese 
zusammenstürzen. Die Einwohner sind gezwungen, 
in Zelte inmitten der Felder zu flüchten. Aus zahl¬ 
reichen Rissen der benachbarten Berge entströmen 
Rauchwolken. Man erwartet demnächst einen vul¬ 
kanischen Ausbruch. Die Bevölkerung ist entsetzt und 
verlangt den Schutz der Behörden. 
Lokales. 
Fulda, 14. Juli 1915. 
4* Das Eiserne Kreuz erhielt Feldwebel-Leutnant 
Paul Martin auf dem westlichen Kriegsschauplatz. 
= Lazarettzng. Heute vormittag um 3/*ll Uhr 
traf aus der Richtung Frankfurt kommend der Ver¬ 
einslazarettzug 52 der Genossenschaft Rhein.-Westf.- 
Malth.-Ritter hier ein. 60 Verwundete fanden in 
hiesigen Lazaretten Aufnahme. 
;; Eine Erhebung der Vorräte an Fetten und 
Oele» findet im Deutschen Reiche nach dem Stande 
am 15. Juli d. I. statt. Wer Vorräte an den 
vorbezeichneten Waren am 15. Juli d. I. von mehr 
als einem Doppelzentner im Gewahrsam hat, ist 
verpflichtet, diese Vorräte und deren Eigentümer 
den Gemeindebehörden anzuzeigen. 
)( Lebensmittclteuernng uno Arbeiterschaft. Die 
von der hiesigen christlich-nationalen Arbeiterschaft 
eingereichte Eingabe um eine 15prozentige Lohn¬ 
erhöhung wird wie folgt begründet: 
Die Arbeiterschaft ist durchaus von dem Gedanken 
durchdrungen, daß auch sie in dieser schweren und gro¬ 
ßen Zeit empfindliche Opfer für die Allgemeinheit und 
im Interesse der Nation bringen muß. Sie tut das 
auch. Sie stellt Millionen Kämpfer, die mit Begeiste¬ 
rung ihr alles und letztes für das Vaterland hinzugeben 
bereit sind. Die Daheimgebliebenen erkennen sehr wohl 
die absolute Notwendigkeit, unser heimisches Wirtschafts¬ 
leben in Gang zu halten, es über die Zeit des Krieges 
hinüber zu retten. Die Arbeiter sind gern bereit, in 
wohlverstandener Interessengemeinschaft mit den Ar¬ 
beitgebern und der Industrie „durchzuhalten", mitzu¬ 
kämpfen dafür, daß unserer Produktion, unserem Han¬ 
del, unserem gesamten Wirtschaftsleben eine bessere 
Zukunft erblühe. Die großen patriotischen und volks- 
wittschastlichen Ideale und Probleme finden auch in 
unseren Arbeiterkreisen Verständnis und Würdigung. 
Zumal bei der chriftttch-uatimMen Arbeiterschaft, die 
stets, auch in schwerer Zeit, ihre vaterländische Gesin¬ 
nung verteidigt, für ihre patriotische Ueberzeugung ge¬ 
kämpft und Opfer gebracht hat, die neben der Förderung 
ihrer eigenen Standes- und Berufsinteressen auch das 
Wohl der Industrie und des Handwerks nie aus dem 
Auge verloren hat. 
Für unsere Arbeiterschaft werden die Zustände, wie 
sie durch die Begleiterscheinungen des Krieges zutage 
treten, indessen immer schwieriger, teilweise fast uner¬ 
träglich. Bei allem Opfersinn, bei größtem Patriotismus 
und bei aller Rücksichtnahme auf die Industrie muß die 
Arbeiterschaft doch leben und in der Lage sein, durch- 
halten zu können. Das wird auch kein Arbeitgeber 
bestretten wollen. Nun haben aber die Preise für die 
einfachsten und unentbehrlichsten Lebensmittel in den 
letzten Monaten eine solche Steigerung erfahren, daß 
jeder Einsichtige sich die Not, in der sich tausende Ar¬ 
beiterfamilien befinden, leicht vorstellen kann. Die 
Preissteigerungen halten aber trotz vieler gutgemeinter 
Maßnahmen der Regierungsbehörden an! So gehen 
die Dinge nicht weiter! Es fehlt am allernotwendigsten, 
am unentbehrlichsten! Unsere Arbeiter können schon 
lange nicht mehr ihren Angehörigen, die im Felde 
stehen, das harte Los erleichtern; die Mittel werden 
immer knapper. Die Teuerung beläuft sich auf 50 bis 
100 Prozent! Da ist eine Teuerungs-Zulage unbedingt 
am Platze, absolut notwendig. Die Arbeiterschaft will 
sich mit der Mindestgrenze des unbedingt Erforderlichen 
begnügen. Was bedeuten 18 Proz. Lohnerhöhung ge¬ 
genüber einer um mindestens 50 Proz. verteuerten Le¬ 
benshaltung?! Manche wohlmeinende Arbeitgeber haben 
die Berechtigung vorstehender Darlegungen und die 
Notwendigkeit einer angemessenen Lohnerhöhung be¬ 
reits anerkannt, chr praktisch Folge gegeben. Aber auch 
in solchen Betrieben, in denen während des Krieges 
aus irgend welchen betriebsnotwendigen Gründen eine 
Lohnzulage bereits Gewährt wurde, bitten wir, die 
Teuerungszulage dennoch gewähren zu wollen, mit Rück¬ 
sicht auf die neuerliche gewaltige Steigerung der Le- 
bensmittelpreise. 
*** Akademischer Bonifatius-Verein. In Gegen¬ 
wart des Hochw. Herrn Bischofs und mehrerer Gäste 
ans dem Klerus und dem Laienstande hielt der Aka¬ 
demische Bonifatius-Verein Fulda gestern nachmittag 
im hiesigen Priester-Seminare seine halbjährige Voll¬ 
versammlung ab. Die Versammlung stand im Zeichen 
der Vaterlandsliebe. Das verriet schon gleich der 
Einleitungs-Gesang „Deutsche Hymne" für vierstim¬ 
migen Männerchor von E. Krämer; das zeigte 
auch der Vortrag des Herrn cancl. theol. Dinkel 
über „Die religiös en undsittlichenGrund- 
lagen der Vaterlandsliebe", worin dieWur- 
zeln der Vaterlandsliebe in der natürlichen nnd über¬ 
natürlichen Ordnung aufgedeckt, leuchtende Beispiele 
der Vaterlandsliebe aus dem Alten und Neuen Testa¬ 
mente und aus der gesamten christlichen Welt bis 
auf unsere Tage vorgefirhrt und schließlich die Richt¬ 
linien der echten Vaterlandsliebe vorgezeichnet wur¬ 
den. Das klang heraus aus den Schlußworten des 
Hochw. Herrn Bischofs, der die Liebe des hl. Boni- 
satius zu den Deutschen und die echt vaterländischen 
Bestrebungen des Akademischen Bonifatius - Vereins 
in kurzen Strichen zeichnete. Den Rechenschafts-Be¬ 
richt erstattete der derzeitige Vorsitzende des Vereins, 
Herr Diakon Roth. Er konnte mit Genugtuung 
feststellen, daß die Tätigkeit des Akademischen Boni- 
fattus-Vereins in Fulda auch in diesem Halbjahre 
noch immer nnd äußerst erfolgreich gewesen ist trotz 
des Krieges und trotzdem die Zahl der ordentlichen 
Mitglieder durch Einberufung zum Heeresdienste 
nicht einmal mehr der Mitglieder - Zahl des 
vorigen Sommer-Halbjahres beträgt. Es wurde im 
Laufe des kurzen Sommersemesters die beträchtliche 
Summe von 531,64 Mk. gesammelt; selbst aus dem 
Felde sandten manche Mitglieder von ihrer Kriegs¬ 
löhnung Beträge an die Kasse des Vereins- Auch 
die üblichen Mitgliederversammlungen mit Vortrag 
und Vereinsbesprechungen wurden abgehalten. Alles 
in allem ein Bild regen Eifers und ernsten Stre- 
bens. Das Orchester spielte ein Paraphrase über 
Lohengrins Abschied für Violine und Klavier von 
Richard Wagner und der Chor sang zum Schluß 
„Die Kapelle" für einstimmigen Mannerchor von 
F. Weinberger. 
(*) Der Junikäfer, auch Brachkäfer genannt, 
tritt in diesem Jahre recht zahlreich auf. Die an¬ 
haltende Trockenheit hat die Entwickelung der In¬ 
sekten überall begünstigt. Es machen sich in dieser 
Hinsicht ähnliche Erscheinungen bemerkbar, wie man 
sie während des trockenen Sommers 1911 beobachten 
konnte. Der Junikäfer, der wegen seiner Aehnlich- 
keit fälschlicherweise für einen jungen Maikäfer ge¬ 
halten wird, verursacht durch feine unheimliche 
Freßlust beträchtlichen Schaden. Man sollte daher 
dem Käfer mit allen Mitteln nachstellen. Da er 
tief fliegt, ist er leicht zu fangen und zu verttlgen. 
Kriegsfürsorge. 
— Allmus, 13. Juli 1915. Von Schulkindern 
der hiesigen Gemeinde wurden für das Rote Kreuz 
gesammelt: 215 Stück Eier, 36 Pfund Heidelbeeren, 
12 Pfund Kirschen und 9 Pfund Stachelbeeren. 
Letzte Nachrichten. 
wü>. Berlin, 14. Juli 1915. Wie der Deutschen 
Tageszeitung' aus Sofia berichtet wird, hätte der 
Zar den General Kaulbars in wichliger Mission 
zum König Nikolaus von Montenegro entsandt. 
Wahrscheinlich bestehe diese darin, daß der Zar dem 
König Nikolaus nahelegen wird, Skutari zu 
räumen, da Italien gegen die Besetzung dieser 
Stadt bei den Mächten des Dreiverbandes Einspruch 
erhoben hat. 
vrtb. Berlin, 14. Juli 1915. Im Argonnen- 
wald fand am vergangenen Freitag ein Dank¬ 
gottesdienst zur Feier des jüngsten deutschen 
Sieges in den Westargonnen statt. Wie verschiedene 
Berliner Morgenblätter nach' dem „Kölner Stadt¬ 
anzeiger" berichten, nahm an der Feier, zu welcher 
auch der Oberbefehlshaber der V. Armee, der deut¬ 
sche Kronprinz, sowie der greiße Graf Häseler er¬ 
schienen waren, gegen 2Y00 Offiziere und Mann¬ 
schaften der beiden an diesen Kämpfen beteiligten 
Divisionen teil. Nach dem Gottesdienst überbrachte 
der Kronprinz seinen tapferen Truppen den Dank 
des Kaisers sowie des Königs von Württemberg 
und auch in seinem Namen für das opferfreudige 
und todesmutige Verhalten der Truppen. 
vtb London, 13. Juli 1915. Aus O t a v i f o n- 
t e i n (Südwestaftika) wird vom 11. Juli gemeldet: 
Die ersten Abteilungen deutscher Gefangener 
kamen heute hier mit der Bahn an. Sie bilden einen 
Teil der Reservisten, von denen morgen noch 1100 
cmkommen. Die aktiven Truppen werden stir Diens¬ 
tag erwartet. Die Gefangenen erklären, daß die 
Vorräte cm Lebensmitteln bei den Deutschen 
so zus ammengeschmolzen seien, daß sie nur 
mehr Rattonen für wenige Tage besaßen. 
DDP Kristiania, 14. Juli 1915. (Tel.) Der 
Vertreter der „Boss. Ztg." hatte eine Unterredung 
mit einem auf der Durchreise von Petersburg nach 
England hier weilenden bekannten russischen Gro߬ 
industriellen. Dieser sagte: Zu einer Revolution 
wird es nicht kommen. Man sei im Volke überzeugt, 
daß Rußland diesen Krieg nicht gewinnen 
wild Deutschland nicht bcstegeu könne 'Das wüßten 
auch die russiscyen Offiziere sehr Wohl. Man meint, 
daß Rußland zwar ko«en Sonderfrieden mit dem 
Deutschen Reiche schließen, wohl aber bald seinen 
jetzigen Verbündeten erklären wird, weiter zu 
kämpfen sei zwecklos, wir müssen mit Frie¬ 
densverhandlungen beginnen. Tie Aeußerung 
Björnsons, der sagte, die ersten drei Reihen Russen 
härten Gewehre, aber die darauffolgenden 5 bis 6 
Reihen seien unbewaffnet, bestättgtc der Gewährs¬ 
mann. Man müßte sich endlich auch in England 
klar machen, daß zwischen Rußland und Deutsch¬ 
land nach dem Kriege nicht eine weitere Entfrem¬ 
dung, sondern eine Annäherung erfolgen werde. 
Politisch und . handelspolitisch würden sich beide 
Staaten viel enger als vorher verbinden müssen. 
Ten Russen sei mehr als je daran gelegen, mit der 
deutschen Industrie Zusammenarbeiten zu können. 
Auf die Frage nach der russischen Waffen- 
zusuhr sagte der Russe: Ueber Archangels kommt 
sehr wenig. Japan habe dagegen einige schwere Ge¬ 
schütze mit zwei Mann pro Geschütz zur Bedienung 
gesandt, aber das sei gänzlich unzureichend. Dem 
Munitionsmangel sei auch Japan nicht gewachsen. 
Alles in allem dürfte man bald auf U e b e r ra¬ 
sch u n g e n friedlicher Natur gefaßt sein. 
Märkte. 
* Frankfurter Biehmarkt vom 28. Juni. (Amtlich 
Notierungen.) Bezahlt wurde für 1 Zentner Lebendge¬ 
wicht: Ochsen: a) vollfleischige, ausgcmästete höchsten 
Schlachtgewichtes: 1. im Alter von 4—7 Jahren 70—75 
M. (Schlachtgewicht 130—136 M.), 2. die noch nicht ge- 
zogen haben, ungejocht 00—00 M. (00—00 M.), b) junge 
fleischige, nicht ausgemästete und ältere ausgemästet' 
62—66 Mark (115—120 Mk.), c) mäßig genährte junge, 
gut genährte ältere 56—61 Mk.(11ö—120M.), Bullen 
a) vollfleischige ausgewachsene höchsten Schlachtwerter 
62—65 M. (108—112 M.), d) vollfleischige jüngere 55—58 
Mk.(100—105 Mk.), c) mäßig genährte junge und gu 
genährte ältere 00—00 Mk. (00—00 M.), Färsen und 
Kühe: a) vollfleischige ausgemästete höchsten Schlacht, 
wertes 59—65 Mk. (110—120 M.), b) vollfleischige ausge» 
mästete Kühe höchsten Schlachtwertes bis zu 7 Jahren 
58—64 Mark (110—120 Mk.), e) 1. wenig gut entwickelte 
Färsen 45—58 M. (87—102 M.), 2. ältere, ausgemästete 
Kühe und wenig gut entwickelte jüngere Kühe 48—54 
Mk. (89—100M.), d) mäßig genährte Kühe und Färsen 
36—42 Mk. (72—86 M.), e) gering genährte Kühe und 
Färsen 27—33 Mark (61—75 Mark), Kälber: ») 
Doppellender feinster Mast 00—00 M. (000—000M.), b) 
feinsteMastkälber 76 -72M. (117—120M.),e)mittl.Mast-u, 
beste Saugkälber 56—60 M. (93—100 M.), d) gering. 
Mast- und gute Saugkälber 50—55 M. 85(—93 M.). 
e) geringeSaugkälber 00—00 Mk. (00—000Mk.). Schaf e: 
A. Weidemastschafe: a) Mastlämmer und Masthammel 
00—00 M. (000—000 M.), b) gering. Masthammel u. Schafe 
00 M. (000 M.), B. mäßig genährte Hammel und Schafe' 
(Märzschafe) 00 M. (00 M.). — Schweine: a) vollste,-' 
schige von 80—100 kg Lebendgew. 118—123 M. (Schlacht¬ 
gewicht 145—150 M. b) vollfleischige unter 80 kg Lebend¬ 
gewicht 116—120 M. (Schlachtgewicht 140—145 SW.), c) voll, 
fleischige von 100—120 kg Lebendgewicht 118—123 Mk. 
(Schlachtgewicht 145—150 M.), divollfleischige von 120— 
150 kg Lebendgew. 118—123 M. (Schlachtgewicht 144— 
148 Mk.). — Auftrieb: Rinder 2119 Stück, darunter: 
268 Ochsen, 54 Bullen, 1807 Färsen und Kühe; 36Ä 
Kälber, 00 Schafe, 1015 Schweine. — Marktverlauf: 
Das Rindergeschäft verlief in gnter Ware flott, in ge- 
ringerer Ware langsam und mit etwas Ueberstand, 
Kälber werden bei gedrücktem, Schweine bei lebhaftem 
Handel abgesetzt. 
Gotterdienstor-nung. 
Donnerstag, 15. Juli. Fulda. Nonneukirche. 
8'/- Uhr Amt für die lebenden und verstorbenen Krieger, 
Verlustliste Nr. 272. 
Aus dem Berbreitungsgebiet unserer Zeitung enthält 
die Liste folgende Namen: 
Heinrich Förster, Kaffel, schvw. Heinrich Lohr- 
bach, Kaffel, lvw. Philipp Wagner, Kaffel, schvw. 
Ludwig Müller, Gersfeld, vermißt. Wendelin Gütz, 
Hanau, vermißt. Leutn. Walter Poppe, Kaffel, lvw. 
Adam Schott, Klausmarbach, lvw. Stephan Martin, 
Emsdorf, vw. Gefr. Johannes Schalles, Wanfried, 
lvw. Gefr. Karl Franz, Neuerode, gestorben. Gefr. 
Michael Kunkel, Lohrhaupten, schvw. Peter Knierim, 
Alsfeld, bisher schvw., gestorben. Karl Herrmann, 
Heubach. bisher vermißt, vw. Karl Baiser, Hanau, 
schvw. Heinrich Bönsel, Engelrod, gefallen. Ludwig 
Ries, Flieden, lvw. Ludwig Reith, Kleinsassen, lv. 
Gefr. Ludwig Amend, Kempfenbrunn, gefallen. Gefr. 
Konrad Kreis, Somborn, lvw. Konrad Bensel, 
Maar, lvw. Ludwig Schul, Romrod, gefallen. Frdr. 
Bettler, Hanau, lvw. Joseph Gnau, Roßdorf, lvw. 
Emil Künstler, Billbach, lvw. Heinrich Landauer, 
Hanau, lvw. August Staubach, Flieden, gefallen. 
Johann Rüffer, Hohenzell, lvw. Joseph Müller, 
Gichenbach, lvw. Joseph Limpert, Simmershausen, 
lvw. Robert Pauly, Wilhelmbad, lvw. Otto Sturm, 
Apolda, lvw. Karl Heyne, Kassel, schvw. Heinrich 
Schleich, Wittges, schvw. Heinrich Baetz, Hrrsfrld, 
bisher schwer verwundet, gestorben. 
-r. Wettervoraussage 
für Donnerstag, den 15. Juli 1915. 
Trübe und windig, Regen, kühl. 
Temperatur. Höchste seit gestern mittag 12 Uhr: 
26° Celsius; niedrigste 9° Celsius. 
Barometerstand. Heute mittag 12 Uhr: 732 nun, 
gestern: 737 mm. 
Reklamen- und Anzeigenteil../ , 
denn alle aus Roggen herge- 
stellten Getreidekaffees sind 
nicht mehr zu haben. GP 
treidekaffees aus Gerste * 
;sehr im Preise gestiegen, 
wäre guter Rat teuer, 
der. Kriegs-Kor nfranck" 
wäre. Er schmeckt vorz 
lieh, hat eine schöne Farbe; 
er ist sehr ausgiebig und des¬ 
halb billig. Ganze- Paket 
50 Pfg., halbes Pakät 26 Pfg.' 
I || T- 
Sport Brotmorkeni
	        
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