Full text: Fuldaer Zeitung (1915)

Fuldaer Zeitung 
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Donnerstag tze» 22. Juli 1915. 
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Zer Vormarsch aus Warschau und Jmangorod. 
Verzweifelte Gegenstöße -er Russen mißlungen. — Die Räumung der Blonie-Sleüung. 
Schwere Verluste der Italiener. 
Zer Imitlflie SogesML 
wtb Großes Hauptquartier, 21. Juli 
1915. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Im Ostteil der Argonnen stürmten unsere 
Truppen zur Verbesserung ihrer neue« Stellung 
noch mehrere französische Gräben, nahmen fünf 
Offiziere, 365 Mann gefangen und er¬ 
beuteten ein Maschinengewehr. 
In den Vogesen fanden in der Gegend von 
Münster hartnäckige Kämpfe statt. Die Fran¬ 
zosen griffen mehrfach unsere Stellung zwischen 
Lingekopf jnördlich von Münster) und Mühlbach an. 
Die Angriffe wurden abgeschlagen. An ein¬ 
zelnen Stellen drang der Feind in unsere Stellun- 
gen ein und mußte in erbittertem Nahlantps hinaus- 
gewvrfen werden. Südwestlich des Reichsacker¬ 
kopses hält er noch ein Stück eines unserer Grä¬ 
ben besetzt. Tag und Rächt lagen die angegriffene 
Front und unsere anschließenden Stellungen bis 
Tiedolshausen und bis zum Hilsensirst unter hefti¬ 
gem feindlichen Feuer. Wir nahmen vier Ofsiziere 
und etwa 120 Mann, zun, großen Teil Alpenjäger, 
gefangen. 
Ein deutscher Kampfflieger zwang ein 
französisches Flugzeug bei B a p a n m e zur Lan¬ 
dung. Das Flugzeug ist unversehrt in unserem 
Besitz. Eolmar wurde von feindliche,, Fliegern 
mit Bomben beworfen, von denen zehn aus Häuser 
und Straßen der Stadt fielen. Ein Zivilist getötet, 
eine Frau verletzt. 
Ocst licher Kriegsschauplatz: 
Oestlich von Popeljany und Kurschany 
zieht der Gegner Vox unseren vordringenden Trup¬ 
pen ab. Westlich vo« S ch a w l i wurde die letzte 
feindliche Verschanzung im Sturm genorninen und 
besetzt und die V e r s o l g u n g in östlicher Richtung 
'ortgeführt. 
An sstrr T u b i s s a östlich von Rosste nje durch¬ 
brach ein deutscher Angriff die russischen Linien. 
Auch hier wich der Gegner. 
Südlich der Straße Mariampol—Aowno führte 
ei,, Vorstoß zur Fortnahme der Dörfer Kieke- 
r y s z k i und I a n o w k a. Drei hintereinander 
liegende russische Stellungen wurden er¬ 
obert. Ebenso waren Angriffe von Landwehr ge¬ 
gen noch gehaltene feindliche Stellungen nördlich 
von Nowogrod von vollem Erfolg begleitet. 
Die Russe» ginge» unter Zurücklassung von 2 0 0 0 
Gefangenen und 2 Maschinengewehren zurück. 
Weiter südlich a«t Narew wurde ein starkes 
Werk der Vorstellung von R o z a n erstürmt, 560 
Gefangene gemacht und 3 Maschinengewehre erbeu¬ 
tet. Der Gegner versucht an diesem Flusse hart¬ 
näckigen Widerstand zu leisten. Die verzweifelten 
Gegenstöße mit zusammcngerafsten Truppen 
ans de,, Briickenkopsstellungcn vo» Rozan, Pultusk 
.nd Rowo Georgiewsk mißlangen. Tic Russen 
erlitten schwer» Verluste. 1000 Gesungene 
blieben in unserer Hand. Tic Blonic-Grojec- 
Stellung gewährte dem Feinde einen kurzen 
Aufenthalt. Unter dem Zwang unseres sich von allen 
Seiten verstärkenden Druckes begänne» die Russen 
westlich von Grojer ihre Befestigungen aus- 
z u g e b e » und i» östlicher Richtung zurückzugehen. 
Unsere Truppen folgen dichtauf. 
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
In '-er Verfolgung erreichten die deutsche,, Trup¬ 
pen des Generalobersten von W o y r s ch gestern die 
vorgeschobene Brückenkopfstellung südlich Iwan- 
gorod. Ein sofortiger Angriff brachte sie in den 
Besitz der feindlichen Linien bei W l a d i s l a w o w. 
Um die anschließenden Stellungen wird noch ge¬ 
kämpft. 
Zwischen oberer Weichsel und Bug hat sich 
der Gegner erneu, den Armeen des Generalseldmar- 
schalls v. Mackensen gestellt. Trotz hartnäckigen 
Widerstandes brache» österreichisch-ungarische Trup¬ 
pe» bei Skrzhniee-Riedrzwica-Wala 
(südwestlich von Lublin) deutsche Abteilungen süd¬ 
östlich von Piaski und nordöstlich von Krasnostaw 
in die feindlichen Stellungen ein. De, Angriff ist 
im Fortschreiten. Oberste Heeresleirung. 
Oesterreichisch-nugarischer Tagesbericht. 
wtb Wien. 21. Juli 1915. Amtlich wird ge¬ 
meldet: 
Russischer Kriegsschauplatz: 
Der Feind hat sich südlich der vo» C h o l m 
über Lublin nach Jwangorod führenden Bahn 
neuerlich gestellt. Trotz seines hartnäckigen Wi¬ 
derstandes gelang es den verbündeten Streitkräften, 
ihn an mehreren Stelle« zu durchbrechen. Bei 
R oz a n a bahnte sich das Korps Arz im Verein mit 
deutschen Bataillonen de» Weg in die feindliche 
Linie. Südwestlich Biskupice wurden die Russen in 
der Nacht durch die Deutschen zum Rückzuggc- 
z wn n g e n. Zwischen der Bystrva und der 
Weichsel stieß die Armee -cs Erzherzogs Joseph 
Ferdinand auf starken Widerstand. Beider¬ 
seits von Bozechow entrissen unsere Truppen in 
erbittertem Handgemenge sibirischen Regimentern 
ihre zäh verteidigten Stellungen. Bei dieser Armee 
wurden gestern 30 Offiziere und 6 0 0 0 Ma n n a l s 
G e f a ng e n e eingebracht und 9 Maschinengewehre 
erbeutet. Zwischen der Weichsel und der Pilica 
wurde die Verfolgung fortgesetzt. Deutsche Landwehr 
durchbrach nordöstlich Zwolen die Vorstellung des 
Brückenkopfes vo« Jwangorod. Um die an¬ 
schließenden Stellungen wird noch gelämpst. 
In Oftgalizien entbrannten bei S o k a l neuer¬ 
dings heftige Kämpfe. An oer Zlota-Lipa 
und am Dnjestr ist die Lage unverändert. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Im G ö r z i s ch e n setzten die Italiener auch ge¬ 
stern ihren allgemeine» Angriis fort. Am 
Rande 'des Plateaus von Doberdo und i,n Görzer 
Brückenkopf tobte die Schlacht den ganzen Tag. 
Abends gelang es dem Feinde, de» Monte San 
Michele östlich Sdranssina zu nehmen. Heute früh 
eroberte Generalmajor Boog mit bisher zurückgehal- 
tenen Kräften diese Höhe zurück. Südöstlich be¬ 
haupten sich unsere Truppen mit grösster Zähigkeit. 
Ein Flankenangriss von der Ruinenhöhe östlich Zag- 
rado warf schließlich die Italiener auch hier zurück. 
Sie fluteten unter großen V c r l u st e n in die 
deckenden Räume. Da unsere Truppen auch den 
ganzen Südwestrand des Plateaus fest in Händen 
behielten und im Görzer Brückenkopf alle feindlichen 
Angriffe blutig zurückschlugen, hatte die mit unge¬ 
heuren Opfern bezahlte Anstrengnna wieder 
kein Ergebnis. 
An der übrigen küstenlänbischen Front 
herrscht verhältnismäßige Ruhe. An der K ä r n t - 
nerGrenze hat sich nichts Wesentliches ereignet. 
Oestlich Schluderbach griffen drei feindliche 
Bataillone den Monte Piano an, sie wurden abge¬ 
wiesen, flutete« zurück, verloren etwa zwei Drittel 
ihrer Bestände. 
Dre Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: 
I von Hoefer, Feldmarschaiieutnar-.t. 
Als in den Weihnachtstagen des vergangenen Jah- 
Os die russische» Stellungen au der Bzuva-Rawka- 
iinie schiver bedroht waren, hatte man sich in rus¬ 
sischen Kreisen mit dem Gedanken vertraut genracht, 
diese Stellung evll. aufzugeben und auf die sogenannte 
Bionielinie, die von der gleichnamigen Stadt 
bis nach dem südlich von Warschau gelegenen Grodec 
reicht, zurück-uziehen. Diese Stellung war von den 
russischen Pionieren zu einem Meisterwerk der ino- 
dernei: Berteidigungsfeldbefesügung ansgebaut wor¬ 
den. Tiefeingeschnittene Schützengraben, Drahtver¬ 
haue, Wolfsgruben, Flatterminen, spanische Reiter 
und in Bewn angelegte Unterkunstsstande sollten hier 
jedem Feind den Zugang nach der polnischen Haupt¬ 
stadt verwehren. Aber selbst in dieser von den Mili- 
tärschriststellern der gesamten Entente dutzendmal für 
uneinnehmbar erklärten Linie bewegt sich jetzt der rus¬ 
sische Rückzug ostwärts. Unsere Truppen „folgen 
dichtauf", gehen somit unmittelbar gegen War¬ 
schau vor. __ 
Bon Nordwest, Südwest und Süden nabt irch den 
Russen das Bechangnis in Gestalt der unwiderstehlich - 
Widerstand zu leisten, ihre Linien wurden aber durch¬ 
brochen. Die Armee Woyrsch hat die vorgeschobenen 
Brückenkopst'telluugen bei 
und die feindliche Linie bei! 
südlich Jwangorod besetzt. 
w a no or od gestürmt 
ladislawo, 15 Kilometer 
vorrückenden Heere der deutschen und österreichisch- 
uilgarischc» Verbündeten. In Kurland, südlich 
des Njemen urrd am Narew geht der Vormarsch der 
deutschen Regimenter unaufhaltsam fort, als handle 
es sich um einen Uebungsmarsch. Westl. vom 'Narew 
versuchen die Ruflen nur noch unorganisiert in eilig 
zusanimengezogenen Verbänden ihre Sperrbefestig- 
ungen urrd Brückenköpfe zu halten. Ein starkes Werk 
der Vorstellung von Rozan, dem Mittelpunkt der 
Narewlinie zwischen Lomza und Nowo-Georgiewsk, 
befindet sich bereits in den Händen der deutschen 
Truppen. Die vollständige Durchbrechung der Na- 
. rewlinie zwischen Rozan und Ostrolenka ist nur noch 
eine Frage von Stunden. Bei N o w o g e r o d wur¬ 
den die Rüsten bereits von deutscher Landwehr völlig 
geschlagen. Sie ließen zweitausend Gefangne in den 
Händen der Sieger und'ziehen sich nun zurück. — 
Osterr.-ung. Truppen haben die Höhe südlich von 
Lublin besetzt, während die Heere Mackensens bei 
Der Kries im besten., 
Der französische Kriegsbericht. 
wtd Paris, 20. Juli 1915. Amtlicher Bericht von 
Dienstag nachmittag: Im Artois, um Souchez, bei 
Neuville und St. Vaast die Nacht über heftiges 
Bombardement. Nördlich des Schlosses von Carleul 
Handgranatenkämpfe. Im Aisnetal eine ziemlich leb¬ 
hafte Kanonade. Soissons wurde beschossen. 
Auf den Maashöhen war die Nacht unruhig. Beim 
Graben von Calonne wurden zwei Angriffsversuche der 
Deutschen leicht zurückgeschlagen. Vier unserer Flug¬ 
zeuge warfen gestern 48 Granaten auf den Abzweigungs- 
dabnhof Ehallerange, Ein Geschwader von sechs Flug¬ 
zeugen warf vormittags auf die Bahnhofsanlagen 
von Eolmar 16 Bomben ab. Am Hauptbahnhof und 
am Güterbahnhof wurden Schäden festgestellt. Die 
Flugzeuge kehrten wohlbehalten zurück. — Amtlicher 
Bericht von Dienstag nacht: Im Artois Artillerie- 
kämpse. Die heftige Beschießung von Reims forderte 
mehrere Opfer der Zivilbevölkerung. Zwischen Maas 
und Mosel, in Les Eparges. im Gebiet von Fey-en-Haye 
und im Priesterwalde ziemlich lebhaftes Geschütz¬ 
feuer. In der Nacht von 19. zum 20 Juli belegte 
eines unserer Lenkluftschiffe den Militärbahnhof 
und das Munitionslager von Vigneule-Hattonchatel mit 
23 Granaten. Unser Luftschiff kehrte ohne Unfall in 
unsere Linien zurück. 
Eine Folge der französischen Verluste. 
Genf, 21. Juli 1915. Sämtliche Territormlsol- 
daten dev Klasse 1889. die sich in Marokko befin¬ 
den, werden jetzt nach Frankreich zurückbevusen. 
(ctr fst.) 
Wer plündert in Frankreich? 
wtb. ,Excelsior' vom 7. Juli 1915 brachte fol¬ 
gende Notiz: 
„Im Laufe des vergangenen März wurde in Ver¬ 
folgung gewisser Tatsachen bei Frau Proust in Paris 
Haussuchung abgehalten. Man fand Gegenstände ver¬ 
dächtigen Ursprungs, vor allem zwei Ordonnanz-Re¬ 
volver samt Futteralen, alte Fayencen und Leinenzeug. 
Zur Verantwortung gezogen, erklärte die Frau Proust, 
datz ihr all' das von ihrem Manne, Adjutant beim 70. 
Territorial - Regiment, übermittelt worden sei, der die 
Fayencen aus dem Schlosse von Ecouen, wo seine Ab¬ 
teilung untergebracht war, genommen habe. Ein Haft¬ 
befehl wurde sofort gegen den Unteroffizier, der zur 
Front abgegangen war, erlassen; der Unteroffizier aber 
verübte, sobald er sich entdeckt sah, Selbstmord, indem 
er sich zwei Kugeln in den Kopf schoß, unter Beteuerung 
seiner Unschuld. Seine Frau erschien gestern vor dem 
Kriegsgerichte unter Anklage der Mitschuld am Dieb¬ 
stahl durch Hehlerei. Nach dem Plaidoyer wurde Frau 
Proust freigesprochen." 
Der .Ercelsior' nennt das einen „dramatische" 
Vorfall". Wir nennen es eine neue Bestätigung de" 
bereits genügend .erhärteten Tatsache, daß die 
französischen Soldaten im eigenen Laude 
plündern. 
Bewilligung eines neuen englischen Kriegskredüs. 
:: Im englischen Unterhausc verlmrgie Minister¬ 
präsident A s q u i t h einen Kriegskrcdit von 150 
Millionen Pfund Sterling (5 Milliarden Mark), was 
die Gesamtsumme für das Finanzjahr auf 650 Milk, 
bringt ober auf 1012 Millionen (über 20 Milliarden 
Mark) seit Beginn des Krieges. Die Kriegsausgaben, 
so wurde ausaeführt, werden steigen. Die Anlechen 
an die Verbündeten können steigen, wenn S t a a 
ten sich der Sache der Verbündeten an. 
schließen, die an den früheren Abschnitten des 
Krieges nicht teilgenommen haben. Asquith 
erwähnte auch, datz der Wortlaut der Klausel, die 
von den Anleihen handele, abgeändert worden sei. 
Die Regierung verlange jetzt, daß das Geld als 
Vorschuß in Form von Anleihen und Bewilligungen 
für Zwecke, die mit dem Kriege im Zusammenhänge 
ständen, ausgegeben werden dürfe. Die verlangten 
Kriegskrcdite wurden einstimmig bewilligt. 
Der ftmWrtes seien England. 
Pjajtik und in dei: Wieproz-Niedwungen sich in brei¬ 
ter Front der Eisenbahn L u b l i n—Ch o l m nähern. 
Die Russen versuchen an dieser Stelle nochmals 
Die Geschütze der „Lusitania". 
:: Die Frage, ob die „Lusitania" Geschütze an 
Bord gehabt habe oder nicht, erfährt eine weitere 
Beleuchtung durch die unter Eid abg eg ebene 
Aussage des Kriegsfreiwilligen Franz L u - 
dolph, der bis zum Kriegsausbruch als Boots¬ 
mann auf dem Dampfer „Präsident Grant" der 
Harnburg-Amerika-Linie gefahren hatte. Sie lautet: 
„Ende Oktober oder anfangs November — das 
Datum kann ich nicht mehr genau angeben —, 
wurde ich in New-Iork von einem unbekannten Nor¬ 
weger mit auf die „Lusitania" genommen, die dort 
im Hafen lag. Mein Bekannter war auf der „Lusi¬ 
tania" angeheuert. 
Ich habe mir das Schiff genau ansehen können. 
Dabei stellte ich fest, datz aus der „Lusitania" au 
Back- und Steuerbord, des Vor- und Hinterschiffes 
auf jeder Seite je ein "Geschütz, im ganzen vier Ge¬ 
schütze, standen, die mit Segeltuch überzogen waren. 
Ich kann allerdings nicht sagen, welcher Art die Ge¬ 
schütze waren, doch waren die Rohre sehr lang, ich 
schätze sie auf 3—4 Meter. Signalkanonen konnte 
ich nickst sehen. Mein Freund erklärte mir, daß die 
Lusitania" Hilfskreuzer und deswegen armiert sei. 
In einem Lichtspieltheater.in Brooklyn habe ich 
ziemlich in derselben Zeit eine Darstellung der Aus¬ 
fahrt der „Lusitania" aus dem Hafen gesehen; man 
konnte deutlich erkennen, wie die Geschütze einge- 
schwenfi wurden, nur die Ausfahrt zu evVglichen." 
42. Zahrgang. 
Der Kries seien Runlanl 
Der Siegeszug in Kurland. 
lieber den Vormarsch gegen M i t a u und Riga 
wird dem „Berk Tagebl." gemeldet: Nach Ueber- 
windung des Wristaabschnittes ging es in be¬ 
schleunigtem Tempo auf der ganzen Front 
vorwärts. Ueberall waren die russischen Truppen 
im Rückzuge begriffen. Da vermutet wurde, daß 
sie die Bahn nach Mitau zum Transport ihrer 
Truppenteile benutzen würden, so wurde ein G e - 
waltmarsch von hundert Kilometern 
nach ostwärts angesetzt, um die Bahn zu erreichen 
und die Absicht des Gegners zu vereiteln. Diese 
hundert Kilometer wurden, wie der Korrespondent 
ausführlich schildert, in drei Tagen erkämpft. 
Nur dem raschen und bisher unwidersteh¬ 
lichen Vorstoß unserer Truppe» in östlicher 
Richtung war es zu verdanken, daß , die Russen das 
Land, das sie hinter sich ließen, nicht stärker ver¬ 
wüsteten, als es ohnehin geschah. Es gelang, 200 
soeben rekrutierte Leute abzufangen. 
Sonst aber wurde von den Russen ein großer Teil 
der Bevölkerung Weggetrieben, ebenso das Vieh. 
Zahlreiche Häuser wurden niedergebrannt. Ueberall 
haben die Russen im eigenen,Lande wie^ 
Feinde gehaust. Die Gutshöfe sind gründ¬ 
lich geplündert. Der Inhalt der Schränke rrnd Ki¬ 
sten ist wüst auf dem Fußboden zerstreut. Ganz 
besonders hart war der Befehl der russischen Lei¬ 
tung. das auf dem Halm stehende grüne Ge¬ 
treide abzumähen, umi es dem deutschen Zu¬ 
griff zu entziehen. Allerdings waren die Bauern 
schlau genug, zunächst mit den schlechten Stücken an¬ 
zufangen und besonders die an den Wegen liegen¬ 
den Felder zu schneiden, während andere Stücke un¬ 
berührt sind. (ctr. bln.) 
Betriebseinstellung der Bahn Warschau—Petersburg. 
Kopenhagen. 20. Juli 1915. „Tidende" meldet: 
Die Eisenbahnlinie P et ersb urg—Warsch au 
hat den Grsamtbetrieb vorübergehend eingestellt, 
(ctr. bln.) 
Rußland zieht den Jahrgang 1917 ein. 
wtb Petersburg, 21. Juli 1915. Der „Rjetsch" 
meldet: Der Ministerrat beschloß, noch im Laufe des 
Jahres 1915 die rm Jahre 1896 geborenen Wehr¬ 
pflichtigen, die nach den geltenden Besümmnngen erst 
im Jahre 1917 zu dienen haben, ernzuziehen. 
— Das Blatt tritt in einem Leitartikel dafiir ein, daß 
die Volksschullehrer auf dem Lande und andere des) 
Lesens kundigen Personen, um den Krieg zu einem 
wirklichen Volkskriege zu machen, von der Regierung 
besondere volkstümlich e Berichte (merkstDu 
was, lieber Leser?) über die Sachlage zwecks Weiter¬ 
verbreitung erhalten, da unter den Analphabeten, die 
80 vom Hundert der russischen Bevölkerung aus¬ 
machen, die wildesten Gerüchte über di, 
Kriegslage verbreitet seien. 
Aufgebot des ungedienten Landsturms in Polen, 
wtb Moskau, 21. Juli 1915. Der „Rußkoje 
Slowo" meldet aus Warschau: In ganz Polen 
wurde der ungediente Landsturm, die sogenannten 
Ratniki erster Klasse eingezogen — Die Semstwos 
stellten den Antrag, daß die gesamte Industrie zur 
Erzeugung von Munition militärisch organisiert 
werde. — In Ruß'ond herrscht ein derartiger Ar- 
beiternmngel. daß man üb:r Charbin 300 000 chine¬ 
sische Kulis kommen ließ, die jetzt erwartet werden. 
Die weittragende Entscheidung im Osten. 
London, 21. Juli 1915. Der Militärkritiker 
des „Daily Telegraph" schreibt: Das Schicksal, 
der englischen Armee in Flandern und des 
englischen Volkes daheim ist eng mit dem unge¬ 
heueren Kampf zwischen der Ostsee und dem 
Schwarzen Meer verknüpft, die endgültige 
Entscheidung, die der einen oder anderen Partei 
Niederlage oder Sieg verleiht, dürfte auf dem öst¬ 
lichen Kriegsschauplatz fallen. — Der militärische 
Mitarbeiter der „Times" schreibt: Ich würde keine 
Sorgen wegen des Busganges der Kämpfe in Polen 
haben, wenn die Munitionsversorgung dys 
Russen nicht einen so zweifelhaften Faktor bildet^ 
da sie aber erwiesenermaßen Mangel leiden, ist di- 
Lage höchst unsicher. Die Ereignisse der nächste» 
Wochen bieten großes dramatisches Interestec 
Der «ries mit Italien. 
Berschacherung der italienische« Truppe« 
wegen Geldmangels. 
Die Anleche in Italien hat emen gründlichen^ 
Fehlschlag gebracht. Wenn die dringlichsten Löcher 
gestopft werden, reicht der Ertrag (950 Millionen 
Lfie) kaum für einen Monat. T«bei muß sich erst 
noch zeigen, ob die gezeichneten Summen auch wirk¬ 
lich voll eingezahlt werden. 
Wer wenig hat, muß seine Ausgaben einschränken. 
So lehrt die bürgerliche Weisheit. Aber die italien, 
Politiker bereiten sich jetzt daraus por, ihre Kriegs¬ 
unternehmung auszudehnen und also den Aus« 
wand noch-ru erhöhen. Dieser „Zwiespalt der 
Natur" erklärt sich folgendermaßen: Hat Italien 
selbst kein Geld, so ist es auf die Zuschüste England- 
angewiesen, und wenn es den s Z. verheißenen Ine 
daslohn von England erhalten will, so muh Jtalwn 
seine Soldaten als Kanonenfutter auf dick 
.Kampfplätze der Verbündeten liefern. Was nach 
der gestrigen Meldung der neue Mnister Barzrlai 
und ein Turiner Blatt von einem Kriege m:t den 
„anderen Feinden" Italiens ankündigten, rst alstj 
nicht überraschend. . . 
Hätten die italienischen Kaprtalrsten mehrere- 
Milliarden zum Altar des Vaterlandes gebracht, ^ 
hätte Italien noch bis aus weiteres rtalienisch? 
treiben, d. % lerne Trupps W 
I
	        
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