uldaer Zeitung
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Nr. 33.
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45. Jahrgang.
Set deutsche Tagesbericht.
wtb Großes Hauptquartier, 7. Febr. (Amtlich.)
Westlicher Kriegsschauplatz.
Rahe der Küste am Nachmittag Artilleriekampf.
Don einem Vorstoß westlich von Zandvoorde
Mtd aus Vorfeldkampfeu im Arwis brachten Infan-
terieabteiluugen Gefangene ein. Tie englische Ar-
tillerie war am Abend zu beiden Seiten der Scarpe
und westlich von Cambrai wieder tätig. Ein fran¬
zösischer Vorstoß in der Champagne scheiterte. Im
Maasaebiet hielt Artillerietätigkeit im Anschluß an
eine südwestlich von OrneS erfolgreich dnrchgeführte
Erkundung tagsüber an.
Bizeseldwebel Esivein schoß in den letzten drei
Tage» sechs feindliche Flugzeuge ab.
Bo« de« andere» Kriegsschauplätzen «tchts Neues.
Der Erste Generalauartiermeister: Ludendorff.
vtl, Berlin, 7. ""ebr.. kAmtlich.) Bau
de« Kriegsschauplätzen nichts Neues.
Desterreichisch-tingarische Tagesoeruyle.
wtb Wien. 7. Febr.
Keine besonderen Ereignisse.
Der Chei deS KrnrralsiabS.
Die „weitere energische Kriegführung'
wird in der neuesten englischen Thronrede
feierlich verkündet. Wenn der schwächliche Schatten'
könig von England sich so in Harnisch wirft, kommt
ein komischer Zug in das blutrünstige Bild. Aber
der „König" ist das Mundstück des Diktators Lloyd
George., und die „Thronrede" bestätigt also, daß
dieser hartnäckige Walliser nicht nur den Willen
hat. den Krieg bis zum äußersten zu treiben, sondern
daß er sich auch die Fähigkeit zutraut, seine
VAker unh die Verbündeten zu weiteren schweren
Opfern fortzureißen.
Letzteres zeigt sich besonders darin, daß die Thron¬
rede von den Verständigungsvorschläaen der deut¬
schen und österreichischen Staatsleiter. überhaupt
nicht spricht. Die feindliche Konferenz in Versail¬
les, .ltkt bekanntlich die Anregungen des Grafen
Hertlmg und des Grafen Czernin als nichtssagend
bei Seite geschoben. Die enali'che Thronrede gebt
mit'Stillschweigen dittüber hinweg. Wenn unsere
Staatsmänner noch friedlicher geredet. noch mehr
Enfaegenkomyien bekundet hätten, so wäre auch das
vbnL Eindruck auf die Herren Llovd George und
Clemeneeau geblieben: denn , die haben nun einmal
beschlossen, noch einmal das Waffenglück zu
bersucken, um ibre unglückselige Kriegskarte in letz¬
ter Stunde .aufzubessern. Von diesem Entschluß
lasse» sich die waghalsigen Spieler durch keine
Engels- oder Menschenrnngen abbringen.
England hat im vorigen Jahre 900 000 Mann
verloren. Das rührt Herrn Lloyd George durch¬
aus nicht, und ebensowenig läßt sich der „Tiger"
Elemenceau durch die offensichtliche Erschöpfung der
stanzösischen Raffe erweichen. Sie wollen unter
teilen Umständen neue Massenopfer an die
Schlachtfront treiben, .und sie .sind überreugt, daß
ihnen das gelingen wird. Nämlich das Herantrei.
ben der Truppen. Ob sie wirklich den Sieg ffir
wahrscheinlich halten, ist noch rweiseldoft. Aber diese
Leute, die um ihr eioenes Dasein in. blinder> Leiden¬
schaft den letzten Einsatz wagen, was machen sich die
aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Es liegen zwar Berichte vor über französische
Dreßäußerungen, die mit dem kriegswütigen Be.
schlnß der Versailler Konferenz nicht zufrieden sind,'
und aus England wird gemeldet, daß Lord H a l-
ba n e eine Rede zu Gunsten einer Aussprache, unter
den kämpfenden Mächten gehalten, also sich an die
Seite von Lansdowne gestellt hat. Von diesen Re¬
gierungen darf man aber für den Augenblick noch
keine greifbaren Erfolge erwarten. Wohl jedoch darf
»an hoffen, daß nach dem Fehlschlag der an-
«Mndigten Kraftprobe die Friedensbewegung sich
durchsetzt. Um die „große Offensive von 1918" kom¬
men wir nicht herum. Der letzte Ansturm der
feindlichen Genoffenschaft muß zu nichte gemacht
werden.. Erst wenn die Ohnmacht klar zu Tage
Legt, wird die Vernunft sich durchsetzen können.
So lebhaft der Wunsch ist, daß weiteres Blut
vergießen ersvart bliebe, darf man sich der Erkennte
«iS nicht verschließen, daß die voreilige Eröff
rmna von Frievensi'er^nhft'naen nicht so glatt und
ftfmell zum Abschluß fübrt. Wie ungeheuer schwierig
es ist, nntchäswissmen oder verble"^e'en Unterhänd¬
lern vorwärts zu kommen, das erfahren wir sa zur.
zeit in Brest, oblchon doch im Osten die Verhält
Wille viel klarer liefen als im Welten. Am Jah¬
restage des ersten FriedenSonoebotes vom Te'ew-
ber 1916 haben wir uns mit Recht gesagt, daß die
schroffe Ablehnung dieses Vorschläge« zur Güte für
»ns kein Unolück gewesen ist, da wir nach den in¬
zwischen errungenen Erfolgen mit viel mehr Wucht
und Aussicht in den Verbgndlunassaal eintre^en
können. Wenn wir nun den letzten Ansturm der Geg¬
ner gründlich zuscbanden machen, so wird untere
Stellung am Konferenztisch noch weiter anfaebes-
kert. Dann können wir v'el le-chter und schneller
durchsetze'' was wir fordern müssen.
Die .Krieasverlängernna ist bedauerlich: aber
hinter ibr stcht die Verkürzung der Friedensver¬
handlungen.
Dem neuen Berha"dlnnst?abschnitt in
Brest-L towsf
widmet die ,Rordd. Allg. Ata/ einen Artikel, in dem
sie einen letzten und eindringlichen Mahnruf an
H>r,n Trotzki ricbter.
Ilnkere Diplomaten so beißt eS darin, haben bis jetzt
die äußerste Geduld und daS äußerste Maß von
k«tg e gen ko mm e n Herr» Trotzki entgegenge-
bracht. Sie wollten den Russen Gelegenbeit geben,
durch einen Frieden der Versöhnung und der Verstau»
digung im Wege des Kompromisses zu einer für berde
Lander befriedigenden Lösung zu kommen. Die bis¬
herigen Verhandlungen in Bresl-Litowsk und der be¬
gleitende Chorus der russischen Funksprüche und der
russischen Press? zeigen nicht, daß die Russen dieses
Entgegenkommen und diese Geduld zu würdigen ver¬
standen hätten. Im Gegenteil, die öffentliche Meinung
in Deutschland hat den Eindruck gehabt, daß Herr
Trotzki durch dieses weite Entgegenkommen, vrellercht rn
falscher Einschätzung der tatsächlichen Lage, noch in
seinen Ideen der Hinschleppens der Verhandlungen
znm Zwecke der Revolutioniernng von Westeuropa be¬
stärkt worden ist. Ein Gipfelpunkt der Entstellung ist
es aber wenn Herr Trotzki letzt, wie ein offener russi¬
scher Fünkspruch angibt aus Drest-Litowsk nach Pe¬
tersburg telegraphiert hat. »daß die Deutschen die
Verhandlungen verschleppen". Das Organ der Mchr-
heitSpartcien der Sozialdemokraten in Leipzig schreibt
im Anschluß an einen Artikel der „Prawda": „Die
Bolschewisten sollten sich lieber ernsthaft um einen
vernünftigen Arteten bemühen, als auf die internatio.
nale Revolution zu lauern und zu spekulieren. Die
Völker wollen der, Frieden, und niemand in Deutsch¬
land sehnt sich noch der Beglückung durch TrotzkiS Rote
Garde." In diesen Worten sieht Herr Trotzki die
Meinung der überwiegenden Mehrheit deS deutschen
Volke», die vollkommen klar zum Ausdruck kommt.
Keine gemachten Kundgebungen und keine weiteren
Phrasen können die Mittelmächte bei ihrem festen und
unabänderlichen Entschlüsse wankend machen, sich aus
eine Räumung der West gebiete Rußlands
in der von Herrn Trotzki gewünschten Art und Weise
ni ch r einzulassen. In diesem Entschlüsse beftär.
stärken d>e Mittelmächte die Gefahren, die von einem
revo'utionierenden und von Hunger und Seuche durck.
müteteten Rußland für diese Randgebiete und für
Westeuropa droben, wenn ein fester Damm fehlen
würde. In der Frage des Selbstbestimmungsrechts
der Völker sind die Verbündeten den Russen außeror¬
dentlich weit entgegengekcmmen. Weitere Sem.
promisse scheinen nicht mehr denkbar. Auch
in den Fragen der Grenzen der von Rußland befreiten
Gebiete dürfte der Standpunkt der Verbündeten größe¬
res Entgegenkommen nicht mehr möglich machen. Mit
Grosi-Rusiland steht daher die Frage so. ob Herr
Trotzki seinerzeit dem gerechten und entgegenkommen¬
den Standpunkt der Verbündeten Rechnung tragen
will oder nicht. . m .. ,
Mit der Ukraine schreiten die Verhandlungen in
gutem Tempo weiter fort. Gelingt es. einen Abschluß
mit der Ukraine zustande zu bringen, so kann die Ent¬
wickelung der Friedensverhandlunaen mit Herrn
Trotzki uns gleichgiltig sein. Verscherzt sich - Herr
Trotzki durch mangelnden Friedenswillen seinerseits
die letzte Möglichkeit die ihm für einen Frieden und
damit für eine Erlösung des unter dem Kriege zu.
sammenbrechenden Rußland gegeben ist, fo werden
nicht die. Mittelmächt- sondern TrotzkiS eigene Parte,
die Rechnung zu bezahlen htben.
Neue Soffnunaen.
Mit der Hoffnung auf einen raschen innerpoli¬
tischen Zusammenbruch der Mittelmächte —■_ in
Deutschland - infolge der schroffen Parteiaessensätze,
in Oesterreich.Ungarn durch die Feindseligkeiten der
Nationalitäten— boben unsere Gegner den Krieg
begonnen. Diese Erwartungen sind, wie alle ihre
kühlen Berechnungen, von dem Wirbelsturm der
nationalen Begeisterung, der die, deutschen Stämme
und die Völkerschaften der Monarchie ergriff und
sic zur Verteidigung der hartbcdrängten Heimat zu
den Waffen ries, fortgeblasen worden. Aber man
kennt im feindlichen Lager uns. Dauffchc und un¬
sere Feßler bester, als uns lieb sein kann. Nnd
man hoffte auf die Zukunft, auf das deutsche Erb¬
übel her.inneren Zwietracht. ‘
Die oewaltige Freude, die das Ausland durch»
raste, als Extrablätter mit den sensationellsten
lleberschriften" vom „Zusammenbruck, der Mittel-
Mächte" die Kunde vom letzten Berliner Streik
brachten, ist dosier begreisiich. Und man versiebt es
auch, daß die feindliche Presse die einlaufenden Mel¬
dungen aus Deutschland ein klein wenig für ihre
Leserwelt umarbeitete und aus ihnen Folgerungen
zog, die überall ein angenehmes Gruseln hervor-
rufen mußten. Ihr Zweck war vornehmlich der,
den durch die militärischen Mißerfolge, durck Not
und Leid gesunkenen Mut im eigeneu Lande zu
heben, durch den Hinweis, daß der angeblich .un¬
vermeidliche Zusammenbruch der Mittel-
m ä chte" bereits eingetreten sei und unaufhaltsam
fortschreiten werde. Die Stunde des vollkommenen
Ententesieges sei nabe. „Manchester Guardian"
schrieb, man müsse mehr als 50 Jahre in der deut»
scheu Gesckichte zurückoesien, um ein Ereignis von
äbnlicker Bedeutung anzutreffen. Der Streik fei
die erste Kundgebung der deutschen Volksseele nach
einer Berwinguna deS „Militarismus".
Tie neuen Hoffnungen, die sich an die Berliner
Ausstandsbewegnnq geknüvft haben, haben dos
Schicksal aller Entente-Hoffnungen gestabt. Ter
Streik ist beendet. Er hat nickt den^vomAuS-
lande erwarteten Verlauf genommen. Deutschland
arbeitet, arbeitet ans den Endsieg! Aber die Saat
des AvsstandeS ist im Ausland« aufgegangen. Die
neu erstandenen Hoffnungen auf den deutschen Zu»
sammenbrück beleben die Kampfzäbigkeit der Feinde:
sie gaukeln istnen als erreichbar ein Krie»snel vor,
das nie zu erzwingen ist: Deutschlands Niederlage.
Sie erfüllen sie mit ftisckem Mut und erlauben rhren
Staatsmännern, öffentlich an ihren weitgreifenden
Eroberungszielen festzuhalten. Ja dem amtlichen
Bericht über die dritte Versailler Taqungdes
Obersten Kriegsrates der Entente vom 30. Januar
bis 2. Februar hat dies Ausdruck geftmdmt:
„Tie einzige unmittelbare Ausgabe der Alliierten
besteht da,in mit der äußersten Kraftanstrengung in
geschlossenste: und wirksamster Zusammenarbeit d:c
militärischen Bemühungen der Alliierten fottzusetzen.
bi? deren Truck in de" feindlichen Regierungen und
Völkern einen Stirn». ^gSvmschwung hcrvorgrbnrcht
hat. der die Hoffnung auf den Abschluß eines Frieden-
unter Beding»ugen rechtfertigen würde, die keine Auf.
ga''e all der Grundsätze der Freiheit, Gerechtigkeit und
Achtung vor dein Völkerrecht, für die Alliierten ein.
treten vor dem angriffslustigen und nichts bereueuden
SrilitariSmu» bedeut-«." - a.
Den Sinn dieses phrasenreichcn, dunklen Satzes
kennen wir. Er lautet: Krieg — bis England
seine erst kürzlich durch Lloyd George öffentlich der-
kündetml weltpolitischen Raubziele ver¬
wirklicht haben wird! Ten auch mit brennen¬
der Sehnsucht den Frieden erharrenden Völkern der
Entente dürfte dieses Ziel ihrer Regierenden er¬
reichbar erscheinen, da sie ja in den Berichten ihrer
Presse über die Vorgänge in Deutschland d«n ^Zu¬
sammenbruch der Mittelmächte" in nahe Zukunft
gerückt sehen. . . . •
Der Streik ist zwar beendet. Aber unter seinen
Nachwirkungen, die auch die FriedenSverhand-
lunaen in Brest-Litowst beeinflussen, werden wir
n o ch l a n g e l e i d e n. Das Schwert wird wieder
flitfruuiuK&eit beutfdjc llnübcilffltpfit
verdorben hat. Bedeutet das »icht eine unnötige
und grausame Verlängerung dieses furchtbaren
Krieges? ^ ^
D.e rufstsche K^euve üter den Stre k.
Hätte eS des geringsten Beweises dafür bedurft,
daß die unglückliche Streikbewegung rn Wien und
Berlin den Krieg verlängern würde, so ist dl^er
nunmehr durch das Verhalten der russischen Presse
in vollem Umfang erbracht worde«. Unter Be^
kündung der verlogensten Nachrichten bemühen sich
die russischen Gewalthaber den Eindruck zu erwecken,
daß das Proletariat jetzt in der Lage sei, dem „Im¬
perialismus" und Kapitalismus ein für allemal
ein Ende zu machen.
Durch Furlspruch teilte Lenin seinen von
Freude berauschten Anhängern mit, daß einer der
Ihrigen. KolschewinSki. den Oberbefehl über die
ukrainische Armee übernommen habe. Am Don hät¬
ten 46 Kosaken-Regimenter den Krieg gegen Kale-
bin ausgenommen. Große Freude bereite ihm die
Bildung eines Arbeiterratcs in Berlin.
Liebknecht steste dort heute an der Spitze der
Regierung. Die russische Revolution stehe nun nicht
mehr allein. General Sofsmanns Borwurf in Brest-
Litowsk, daß die Russen den Bürgerkrieg in daS
Gebiet der Mittelmächte bineinzutragen bemüht
seien, habe sich jetzt bewahrheitet. — Kein Wunder,
wenn derartige Berichte über die Streikbewegung
in Deutschland die russische Breffe mit wildem Ju¬
bel erfüllen, und wenn ein Matt, wie die „Nowoja
Schisn" in einem langen gesperrten Artikel dem
deutschen Vroletoriat ein Loblied singt. Dieses habe
vi^l gesündigt, aber auch viel getan, um alle seine
Sündcm wieder gut zu mache«. Rußlands Wicht
sei eS min. den deutschen Revolutionären zw helfe«
und es dürft! unter keinen llmftä«den in
Brest-Litowsk mit Dentschlam Frieden schlie¬
ßen. selbst wenn dieses zu Zugeständnissen bereit
^ Allerdings denkt der russische Soldat an
der Front ganz anders. Dort wächst der Un¬
willen über die Verschleppung der Friedensverband-
lunoen in einer für die Leninregierung höchst be-
denllichen Werse, und die Soldaten erklären, daß bcr
etwaigem Scbeiiern der Unterhandlungen Trotzki
und Lenin ,«zum Teufel gehen", dis Sozialrevolutio¬
nären ans Ruder kommen und Kaledin sich zum
Diktator macken werde. — Die russischen Intelli¬
genten und Bemittelte« inackcn ihrerseits kein >6ehl
daraus, daß sie nur noch auf einen deutschen Bor¬
stoß zur Rettung Aus den anarchistischen Zustände«
hoffen.
Der Krlp« Im (flostpn.
Kein Generaiissimi 9?
wtl- London. 5. Febr. Unte'bairS. Auf eine
Anfraae von Asqnith erwiderte Bonar Law, m>l
Rücksicht auf wichtige militärisch« Interessen sei es
unmöglich, ohne dem Feinde wertvolle Einblicke zu
neben, weitere Ernzelyei'en oder Erklärungen deS
Tätigkeitsbereichs de« Versailler KriegSrats zu geben.
Ein Generalissimus sei nicht ernannt worden.
Sens. 7. Febr- Di« Agence Sava« fügt zu der
(vorstehenden) Erklärung Bonar LawS Hinz«: »ES
besteht nicht desto weniger Anlaß zu glauben, daß
die angenommene Lösung sich wenig von der Er¬
nennung eiueS G e » « r a l i f s i m u S unterscheidet f
Paris war gewarnt. ,
trtfe Berlin. 7. Febr. Zu dem letzten Luftangriff
auf Pari« wird halbamtlich erklärt: Deutsche
Bombenge'ckwader baben in der Nacht zum 3l. Fanuar
zum ersten Male planmäßig und kraftvoll die Stadl
Paris ongeariffen. Der Angriff war erfolgreich,
Verluste und Schaden nach dem amtlichen franzö,ffchen
Berichte stark. '
Tie Strafe, die die Stadt Pa'is damit erduldet
hat, war bart, aber gerecht; schon vor einem Viei te!-
jahr batten wir F-ankreich durch Funk pruchgewaint,
die Bombenangriffe auf offene deutsche Städte itien
außerbalb der deutschen OperarioriSgebiete foi izu etzen.
Sit. hatten gedrobt, daß, fall« die e Luftangriffe
nicht aufhörren. Pari« die Strafe zu tragen
haben würde. Frankreichs Regierung hat nicht ge¬
bärt. Am beiligen Weihnachtsabend übe, fielen feind¬
lich« Flieger d,e offene Stadl M a n n b e r m, sie griffen
im Laufe de« Januar die offenen Siädte Trier,
Heidelberg. KarKruhe, Rastalt, Freiburg
'n zweckloser Weise mit Bomben an. Die Stunde
der Strafe war gekommen. Frankreich ist abermals
gewaint, nicht mehr durch Worte, ond»rn durch die
Tai. Und sollte auch btefc warnende Strafe unbe¬
achtet bleiben, sollten wiederum friedliche deutsche
Heimstätten durch feindliche Fl'eoerdomben zu leiden
lmbkn, so wird die Stadl Pari« erneut die
vergeltende Strafe zurrdulden haben in
etnem Umfange und einer Stärke, wie sie rückfälligen
Verbrechern gegenüber am Platze ist.
. , Die enalisch« Thronrede.
Rotterdam. 7. Febr. Aus London wird ge«
j meldßtt Dir Session des englischen Unterhauses
wurde geschloffen. In seiner Thronrede erwähnt
der König die Beteiligung Amerikas am Kriege.
Ueber Rußland heißt es: Rußland, das durch
innere Spaftungen beunruhigt war, war nicht mehr
imstande, im Kampfe auSruharren, bis die Früchte
seiner großen Opfer gepflückt werden konnten. In
diesem Augenblicke hat Rußland aufgehört, seine»
Anteil an der Aufgabe der Verbündeten zu leisten.
Diese tragischen Ereignisse tragen dazu bei, auch dre
anderen Verbündeten zu schwächen. Aber rn den
wechselnden Ereignissen stcht klarer als i-mals der
Entschluß der Temokrarien fest, der Welt einen ge¬
rechten und dauerhaften Frieden zu sichern. Weiter
gibt der König noch eine Uebersicht über dre mili»
tärischen Ereignisse und äußert zum Schluß die Hoff¬
nung, daß es gelingen wird, über Irland zu
einem friedlichen Ausgleich zw gelangen. Er schließt
mit dem Vertraue« aus eine weitere energische
Kriegfübrung. Die glückliche Fortsetzung des Krie¬
ges sei das erste Ziel.
Requirierung aller Lebensmittel i« England,
wtb ümfterbom, 7. Febr. „Allgemeen Handels,
blad" meldet aus London vom 6. Februar: Lord
Rhandda hat die örtlichen LeLensmittelkommisfionen
ermächtigt alle Lebensmittelvorräte der
Kleinhändler mit 'Ausnahme der Genußmittel
in ihren Distrikten zu requirieren. Dies ist di«
strengste Maßregel, die bisher von dem Lebensmittel,
koatrollenr angewandt wurde. .
Kürzung der LedcuSmittelralloneu au der
englische« Front.
Die englische« Blätter besprechen die jetzt einge»
tteten« Heiabjetzung der LebenSmiitelrattonen für
vi« englilchen Coldalen um ein D> Mel. Die Blätter
ia en, daß die H« tesleitunc, sich erst nach langem
Zögern zu dieser Maßnahme entschlossen habe, da
zweifellos die Eo'daien am meisten An pruch hätten
auf unvetmmdeite. Ernährung.
Russland.
Hunperunruhen in Petersburg
wtb London. 7. Fcbruqr. (Reuter.) Die „Times"
berichten aüS Peter bürg dom 1. Februar, daß ta
einigen Hauptstraßen Hungerunruhen stattgefunden
haben, deren Ursache war. daß das Gerücht verbreitet
worden war daß die Brotration von ein Viertel Pfund
auf ein Pfund tägtich erhöht worden wäre.^ Große
Menschenmengen versammelten sich!vor den Bäckerladen
und GemeindeverteitungSmagaqinen. Sie waren sehr
enttäuscht, al» sich das Gerücht als verfrüht heraus,
stellte. Die Rote Gacke feuerte auf die Aufrührer.
In einer der größeren Brauereien Petersburg htndcr-
betten in den letzten Tagen Soldaten und Rote Garde
die hungernde Menge, sich der dort eingelagerien Kar.
tofselvorräte zu bemächtigen, die meist erfroren und
für dre menschliche Ernährung ungeeignet waren.
„Daily Matt" berichtet aus Petersburg vom 2. Febr.:
Die verfügbaren Lebensmittel reichen noch für acht
Tage bei der Hungerratton von *4 Pfund täglich
einige 'Tage länger. Am Donnerstag und Freitag
wurden die Vorräte geplündert.^ Einige SÄ-
daten und Seeleute nahmen an der Plünderung teil.
Reaierungsvettreter konnten die hungernde Menge
nicht beschwichtigen. Ein Soldat, der ein Pfund Brot
für S Rubel verkapste. wurde ertränkt. Fleisch ist seit
Beginn des TauweltekL billig. Das Pfund Kohl tostet
SV Kopeken. Das meiste Brot ist mit Stroh vermengt.
Selbst in den Krankenhäusern gibt es Weißbrot nicht.
Die Haussuchungen nach Lebensmitteln haben wenig
Ergebnisse sie vermehren die Nervosität der Bevölke¬
rung. Die Aussicht auf Durchsuchung von Privatwoh.
nungen durch Soldaten und Seeleute der Roten Garde
beunruhigt dre Bürgerschaft sehr.
«rd Rotterdam, 6. Febr. Daily News" melden aus
Petersburg- Der Lebenvmtttdlmängel ist vor allem in
den der Hauptftadi benachbarten Disttikten sehr groß.
In vielen Fällen wurden Eisenbahnzüge, die mit Le¬
bensmitteln nach Petersburg unterwegs waren, ange.
hatten nnd auSgeraubt. Am Freitag wurden bei ei¬
nem Gefecht zwischen Dauern und Bewachungsmann,
sthastcn eines Mehlzuges 10 Personen getötet und 25
vcttoundet. Die Preise steigen immer. Kattoffeln
kosten ungefähr 3 M bo9 Pfund, Butter die kaum auf.
zutreiben ist. gegen 30 JL M Pfund. Zucker etwa 17
Mark ta» Pfurw. Der Petreidemangel Wird unmer
fühlbarer.
ft«»ttrffltntef It» »utzlatid.
Die Bolschewik gehe» recht planmäßig in der
Umformung des ehemaligen Zarenreiche« in eine»
Sozialistenstaat Vox. Rach dem sozialistischen Grund-
satz „Religion ist Privatsache" fchre^u sie nunmehr
zur Trennung von Staat und Kirche. Wie schon
berichtet, sind zunächst die Ausgaben für Kultu« und
Geistlichkeit ausgehoben worde«. Lenin und Genos-
,«n begnü ,«n sich damit nicht; sie gehen noch Wetter.
Die Petersburger Teleg.aph-n - Agentur melde
n mlich:
»ld Petersburg. 6 rtzebr. Ein Erlaß über di«
Gewissensfreiheit der religiösen Gesellschaften,
Trennuno von Staat und Kirche, Ab,chaffung
aller Vorteile, dir st ü auf daS Glaubensbekenntnis be-
gründen, und alle Beschränkungen der Gewissens,rei»
heit oerkünsct ote vollkommene Freiheit der retigi-
öfen Riten, soweit sie nicht die Bürgerrechte und die
ästemirche Ordnung berühren. - Nieniand darr seine
burrerlichen Pstichten unter Berufung au» seine religiöse
Heber eufluna vernachlässigen. Der religiöse Eid
wird adgefchafft und durch eine feierliche Versi¬
cherung ersetzt. Die Eintragung der Eheschließung
und Geburten geht auf eine bürgerliche Behörde über.
Die Schulen werden von der Kirche getrennt. Der
obligatorische Religionsunterricht wird aufae-
hoben. Die kirchlichen uns religiösen Gesellschaften
genießen keine Sonderrecht? oder Untettrützung von
feite» deS Staates und besitzen kein Eigentum. Alle
Guter in ihrem Besitze werscu als BottSetgentum er-
ftött. , - . ..
*tb Petersburg, 8. Febr. Das Kommissariat für
öffentliche Wodität,gleit teilt über A u»s chr t\ t u n 9en
in btt Nachbarschaft de» Klosters Alexander RewSki
Lawra m.t: Am 20. L begaben sich Vertreter de«
Kommissariats zum Kloster undber Kathedrale Alexander
NewSki. um deren innere Einrichtung zu unter,uqei,
und den Grad zu bestimmen, rn dem sie für du
Zwecke der öffentliche» Wohlfahrt nutzbar gemacht werden
könnten. Da das «SrgebnrS dieser Untersuchung guasir,