Mrie. Ue6er En meßef die Korrespondenz
Wilhelm: Wie bekannt, werden russisch^ Kriegs¬
gefangene zur Rückbeförderung in ihre Heiniat an
die Grenze des tickiecko-slowakWen Staates ge¬
braut. Ter Nordbahnhof ist Haas Uber von Russen
umlauert. Heute gegen 12 Uhr mittags wurde
ein Trupp von etwa 1000 russischen KriegSgefan-
neuen zuin ölordbahnhof eskortiert. Eine
Wache bealeitete die Russen, und sie «innen ganz
intim und :n Ordnung zum Balmhof. A lS die
be'den Absperrposten eines Schützenreglmsots dis
Russen herairziehen sahen, bemerkten sie N'cht. dem
die Gefangenen eskortiert waren, und glaubten,
daß sie auch eine Horde vor sich hätten, die. wie
a> derwärrs. vielleicht einen Ueberfall auf den
Bahnhof planjL'. Angesichts der erdrückenden
Uebermacht gaben die beiden Posten Alirnrschüsse
in die Luft ab. Die militärische Bahnhofswachs,
die die Schälle hörte, alaubte nun. daß es sich um
erncn Uebersall meuternder Russen handele und
«ab einige Schüsse gegen die Kriegsgefangenen ab.
Man horte alsbald Hilferufe und erst setzt klärte
sich der beklagenswerte Irrtum auf. Vom Bab *
Hof kam alsbald Hilfe Die verwundeten Russen
wurden verbunden und ins Agornohosvital ge¬
bracht. Fün' Russen erlitten schwere Schußwun¬
den. Zwei Russen wurden getötet. Ein Gerücht
»besagt. daL vier Russen ums Leben gekommen sind.
Eine strenge Untersuchung des Tatbestandes wurde
eingeleitet. Unter den anderen Kriegsgefangenen
verursachte der Vorfall große Aufregung. Doch
gelang es k ild. die erregten Gemüter zu be«
ickwichtiaen.
Militärische Besetzung Deutsch-Böhmen-
durch die Tschechen. »
Die Tschechen beginnen nunmehr, nachdem sie ih-
ren Staat konstituiert haben, mit der militärischen Er¬
oberung Deutsch-Böhmens. Schon in der Nackt zum
1. November trafen plötzlich tschechische Soldaten in
dem urbcutscken und durch seine Glasinbustrie weltbe»
kannten Haida ein. entwaffnctcn die dort befindlichen
dcutlch-österreichischcn Truppen, verjagten sie und rich¬
teten ein tschechisches Kommando ein. Ebenso verfuh¬
ren sie in anderen rein dcut,ckcn Jndustriebezirken,
darunter auch m Warnsdorf. Gleichzeitig wurden in
Deutsch-Böhmen Modilmackungsbefehie angeschlagen,
die die Deutsch-Bödmen für Untertanen des tschechischen
Volkes erklären und die Deutschen unter Androhung
schwetster militärischer Strafen zwingen sollen, sofort
in die tschechische Armee einzuireten. Gleichzeitig ha.
ben die tschechischen Behörden auf sämtliche Samm¬
lungen, wissenschaftliche Präparate und Bibliotheken
der Prager ocutschen Hochschulen Beschlag gelegt. Eine
der berühmtesten Handschriftensammiun wn, ebenso eine
Jnkunabetnbibliotgek, die nahezu 09 Bände umsaht,
fallen auf btc'e Weise an den tscheckrschen Staat.
Der neue galizische Krieg.
Wien, 5. Nov. Aus Galizien trafen lm Parla¬
mentsgebäude Offiziere ein. die die Lage in Ga¬
lizien solgendermaßen darstellen: Gegenüber dem
Bestreben der Polen, ukra.irische Sprachgebiete
unter ihre Kerrscl>aft zu bekommen, sind die Ukrai¬
ner entschlossen, zu den äußersten Mittel zu grei¬
fen. . Polen und Ukrainer in Ostgaftzien befinden
sich in einem ausgesprochenem K ieasziistand. Die
deutschen Bewohner Galiziens sowie das dem
deutsch-österreichischen Staate anaebörende Militär
verhalten sich neutral.. Beide Parteien versuchen,
sie in den Kampf an ihrer Seite hineinzuziehen.
Die Ukrainer verfügen über zwei Divisionen Eisen-
bahntrnvven und ziemlich viel Artillerie. Die
Polen befinden sich vorläufig noch entschieden im
Nachteil, da sich ihre Legionäre größtenteils zer¬
streut hab-xi und sonstige polnische Truppen nur
wenig zur Hand sind. Der polnische Kommandant
von Przemysl Puchalski suchte d e dort staiionier-
tcn Teile des Salzburger Infanterieregiments
Nr. 59 zu veranlassen, oeaen das Ruih. Inf.-Regt.
Nr. 9. das auf Przemvsl maischjerte. zu kgnipfen.
Die österreichischen Abteilungen wollen in die Hei-
nwt zurück, um sich der deutsch-österreichischen Re-
gierung zur Dersüa'mg zu stellen. Der Rückzug
durch das polnische,@-1tven und durch M tsch.echo-
slowakische Gebiet ist jedoch mit großen Schwierig,
keilen verbunden, und die 59ex befürchten, auf der
Re.se entwaffnet zu werden.
Ernste Unruhen in Ungarn,
vth. Wftn, 5. November. Der Korrespondent
des Neuen Wiener Tageblatt meldet aas Budapest:
Während in Budapest auch heute nackt größte Ord-
nung und Rübe herrsch,?, kommen aus der Provinz
ernste Nachiich en. In vielen Gemeinden der K'ei-
nen Karpathen hat der verhetzte Pöbel di- Be-
Hörden weggejagt. U. berat! w.rd die Pro'la-
mation des slowakischen Nationalrates verbreite,.
Aus den, Gemeinden an der unaarijchen Grenze
werden die ungarischen Stuhlrichter und Noore
weggejag,. In Südungarn ist es zu Unruhen
im Bergwerk Reichitza gekommen.
Italienische „Vertragstreue".
Wien, ß. Nov. Amtlich wird verlautbart: Im Punkt
1 der zwischen dem Armeeoberkommando und der ita¬
lienischen Heeresleitung abgeschlossenen Waffenstill,
standsbcdtngungen wurde die sofortige Einstel¬
lung der Feindseligkeiten vorrgesehen. Am
8. November, drei Uhr früh, wurde an die Armee der
Befehl zur Einstellung der Feindseligkeiten gegeben.
Acht Stundenn später rfuhr das Armee.Oberkommando.
daß die italienische Heeresleitung iusdrücklich festgesetzt
habe, die Feindseligkeiten erst 24 Stunden nach Unter-
zeichnung einzustellen. Das Armeeoberkommando legte
ggen die plötzliche Aenderung der bereits unterzeichne,
ten Bedingungen Verwahrung ein unv wies auf
die Unmöglichkeit hin, den dnem eigenen Heere bereits
erteilten Waffenstillstandsbefehls zurückzunehmen und
verlangte sofortige Einstellung der Feindseligkeiten.
D:e italienische Heeresleitung zeigte sich aber nicht ge.
neigt, den durchius berechtigten Wünschen des Armee-
oberkommandos zu willfahren. Tie italienischen Trup¬
pen nützten vielmehr die Unklarheit der Lage aus. um
nröh »milk i tff r i schle" Erfolg«, zu err/In.
6 e n. So fuhren im engen Zillertal unfern dicht auf-
geschlossenen Kolonnen plötzlich italienische Panzerautos
mit Maschinengewehren und Geschützen vor» machten
schließlich Halt und erklärten die überholten Trupven
— mehrere Divisionen — als gefangen. Auf
Widerstand waren sie nickt gest jßen, da unsere Leute
®:e rzeindkesigkeiken bereit eingestellt batte n Das
Armeeoberkommando protestierte aeaen dieses Vorgehen
nochmals und forderte die Freilassung aller auf so
gewainame Weise gefangen genommenen Leute. Eine
Antwort rst noch nicht eingetroffen.
Deutschland und Rußland.
vtb 5: eriin, 6 November. Die ruisi cke diplo¬
matische B er iretu ng ist heute fiüh mit Sonder-
zuq nach Rußland ab gerei st. Die russische Bot.
schaft ist geschlossen worden. Auch d e Niederlassung
der Russischen Telegraphen - Agentur hat ihre Ta-
ligkeit klnstellen muffen. Die Krimina'polizei bat
gestern ihre Raume b letzt, alles Aktenma'erial der-
siegelt und nach dem Polizeiprästdium oehrachi.
Berlin, 6. November. In den Blättern wird
mitgeteil, aß der unabhäna^e Sozialist Dr. Co:n
(Nordhau r die vergangene Nacht ,n der rnssi chen
Botschaft ' ebracht und sie am Morgen mit einem
Paket v rlr s n habe. Hierzu wird mi,geteilt, daß
der Eintritt >n die Botschaft keinem von der Polizei
verwehrt wurde und in auch der Abg. Cohn hrnein-
gekangte, daß aber der Austritt nicht gestattet wurde
und deshalb Cohn die Nacht in der Boftchaft habe
zubringen muffen. Das Paket, daß Joffe dem Abg.
Cohn ubergab, entbielt nach seiner Versicherung nur
Geld, und zwar Beitrage für empfangene Fürsorge
an das Rnte Kreuz.
Zer öenljdje Tagesdmchl.
wtb Großes Hanptguarticr, 6. Nov. (Amtlich.
. Weitia • Urieaeichauvlatz.
Infanteriekämpfe in der Schrldeniedcrung. Auf
dem Schtachtselde zw schen der Schelde und der
Oise haben wir uns vom Gegner abgesetzt. Der
Feind, der gestcrn nach stärkstem Artillrricfeurr
seine Angriffe wieder aufnehmen wollte, stieß auf
geräumte Stellungen. Bei seinem weiteren Vor¬
dringen wurde er durch unsere Nachhuten in E n-
zelkömpfc verwickelt, die im Walde von Normal
und südöstlich von Landrecies größeren Umfang
annahmen. Der Fr nd stand am Abend westlich
von Bavai, am Ostrande des Waldes von Mormal,
östlich von Landrecies und östlich von Guise Auch
Irschen der O sc und der Maas haben wir größere
Bewegungen dnrchgcführt. Der Gegner ist im
Lause des Tageö gefolgt und hat westlich der Aisne
die allgemeine Linie Marle-Dizy le Gros-Eclt, er.
reicht. Ocstlich der Aisne stehen wir mit ihm
nördlich von Le Cheöne und westlich von Bcaumont
,n Grfrchtbfühlung. Stärkere Angriffe des Fein¬
des bei Bcaumont und Letanne wurden abgewicsen.
Südlich von Dun stieß der Amerikaner unter
heftigem Feuerschutz über die Maas und drang in
die Waldnngkn ans den östlichen MaashLhen zwi
schen Millv und Vilosnes em. Das sächsische Ja
gerrcgimrnt Nr. 7 warf den in der Mitte der
Kampffront auf Fontaincs vordrinaenden Fe nd
zurück und nahm den Epinep-Wald wieder. Die
Kämpfe fanden auf dem Kamm der östlichen Maas-
hohen ihren Abschluß. Auf dem Ostufer der Maas
schlugen brandenbnra sche und sächsische Regimenter
erneute Angriffe der Amerikaner aus den Höhen
östlich von Sivrh und in dem Walde von Etrave ab.
W r schollen am 4. Novbr. 45 feindliche Flug,
zeuge ab. Oberleutnant Bolle und Leutnant Koen-
necke errangen ihren 35. Luftsieg.
Der Erste Generalguartiermeister Groener.
'ttd Berlin. 6. Nov.. abends. (Amtlich.)
Heftige Angriffe nordöstlich von ValencienneS»
bei Bavai und bei Anlnop an der Sambre konnten
die Durchführung der zwischen Sclve und O se
einnrlcitcten Brwegnngcn nicht hindern. Von der
Oise b s znr Maas keine größeren Kämpfe. Auf
dem Ostusrr der Maas erneute Angriffe der Ame.
rikaner. Ocstlich Tun konnten sie etwas Boden
gewinnen, im übrigen sind sie gescheitert.
Unsere F.ont.
Marschall Fock hat dnrck neue große Gewaktan-
gilffe offenbar E, folge erzielen wollen, die ihm ge-
üatien, seine geplanten schweren Bedingungen für
den Waffenstillstand mit Deutschland auf bas
Aeußerste zu steigern, und d:e Negierungen der
Enienie haben ihm darin zugestimmt, denn sonst
batte der Waffenstillstand schon abgeschlossen sein
können, und der feindliche Großangriff wäre über-
flüssig gewesen. Die ganze feindliche Uebermacht ist
oazu auf lenoieit worben, die Franzo en besonders
haben das Aeußerste verrucht, aber der Zusammen-
bruch dec deutschen Linien ist ebensowenig wie früher
erzielt worden. Nur einige kleine Vorstöße sind den
Feinden an der weit ousgedehnien Westfront geglückt
während ec selbst von neuem kolossale Vertun e zu
verzeichnen hat. Felvma ickall v. Hiiidenbargs Wort
von der Standhaftigkeit unserer Felbgrauen hat sich
al o durchaus bewährt und diese Toimcke wird für
die Berhandlungen gewicht g in die Wagichale fallen.
Daß unsere Fe dgrauen nicht ge chlagen werden
können, muß auch die erregte Stimmung in dec
Heimat beruhigen und ave Ueber reibungen verhüten.
DIE FRONT IM WESTEN
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Paris
WTB£329
msm nu> EN »
front3/ttZI.3.78 /ronfn/nSJ.78/ronTsm7.27TQ
lleb.r das Schicksal der belgischen Bergwerke.
Der C^cf der deutschen politischen Abteilung in
Bruffel hat an den spanischen Gesandten offiziell fol¬
gende Anfrage gerichtet:
Würden die neutralen Regierungen Spaniens und
Hollands sich bereit finden, alle belgischen Kohienzru-
bcn nach der Räumung durch die deutschen Truppen
mter ihren Schutz zu nehmen und gegenüber der kai-
erlichen Negierung die Garantie dafür zu übernehmen,
dag keinerlei Kohlenkörderunz wäh'end der Dauer der
Feindseli leiten statlfindet? Würden die genannten
Reererungen auch die Garantie dafür überne men. dag
wahrend dieses Zeitraums die vorhandenen Kohlcnvor-
inte unbenutzt wcibcn mrt der Ausnahme der Menge:,,
die für die Erhaltung der Kohlengruben unbedingt
notivcndig sind? Wenn die genannten neutralen Re¬
gierungen diese Garantie übernehmen, so einfiele da¬
mit für Deutichiand die Notwendigkeit, die Kohlengru-
ben beim Viückzuge zu zerstören.
Zrrr Dsrgrschjchie des tt-Bost-Kerezes.
Wir haben kürzlich von dem vielbemerkten Artikel
Mitteilung gemacht, in dem Prof. S ch u l z e - G a e.
v e r n i tz. ein liberaler Politiker nnd Abgeordneter, be-
hcmptete. daß Wilson Januar 1917 durch die Erklä-
rung des unbeschränkten U-Boot-Krieges zum Kriege
gegen Teutschland veranlaßt worden sei. während er
mit Vorbereitungen zu einem Friedensvorschlag beschäf.
tigt war. Gegenüber verschiedenen Anariffen weist jetzt
Vrofesirr von Schulze. Gaev-rnitz darauf hin, daß
sein Artikel einen inhaltsg-treucn Auszug aus
einem erheblich ausführlicheren Artikel bi'de, den
er Neujahr 1918 in der .Deutschen Politik" damals
ziemlich unbeachtet, veröffentlicht habe. Bei der Ab¬
fassung des Artikels sei er sich der Verantworti'ng voll
bewußt gewesen und mit besonderer Sorgfalt zu ^oerre
oeaanoen. .Um die Kreise der Auswärtigen Polstik nicht
zu stören, so schreibt er, „kegt- ich den fertigen Artikel
dem Auswärtigen Amte "nd erhielt, nach,
dem eine Woche vergangen war, die D r u cr e r l a u d-
n r s, gezeichnet vom Herrn Staatsjekretär selber. Ist
es wohl anzunehmen, daß das Auswärtige Amt, das
doch unterrichtet sein muß, in einer so hoaiverantwort.
lichen Sache Mitteilungen zum Drucke ließ, die den Tat¬
sachen widersprechen? Mein Zweck war eben, dem
deutschen Volk einen anderen und klareren
Wilson nabe zu bringe'n. als denjenigen, als
welchen man Wilson in einem gewissen Teile der Presse
lmm-r dorxestellt hat. Tenn Wilson ist. wie eben die
Machwerhältnisie der Welt liegen und wie jeder Kun.
drge seit Jahren vorausgesehen hat, der Schiedsrichter
der Welt. Aber auch Wilson ist ein Mensch und gegen¬
über Schmähungen von uns nicht ganz unempfindlich.
Es liegt mir fern, Herrn von Bethmann einen Vorwurf
zu machen, daß die Entscheidung zugunsten des rück,
sichtslosen U-Bootkrieges fiel. Nicht in der Wilhelm,
straße, wo im Januar 1917 die Spatzen von den Ta¬
ckern pfiffen: Gemackt wird er doch! Die Entscheidung
stel im Großen Hauptquartier. Sie ging auf
Männer zurück, die gew I den festen Willen hatten und
ehrliche Patrioten waren. Es war aber unser Unheil,
daß über die größten weltpolitischen und Weltwirtschaft,
sichen Fragen letzten Endes Militärs entscheiden, die
ihrer ganzen Vorbildung nach europäisch-konti¬
nental eingestellt waren, denen weltpolitische und
weltwirtschaftliche Gestchtsvunkte, insbesondere die
Grundlar en der angelsächsischen Macht, die Grundzüge
der angelsächsischen Volksehre, der Frriheitsschwung un.
serer Gegner, die tiefeinschneidende Bedeutung der
Blcckade fernlaaen oder unbekannt waren. Sie unter,
schätzten 1917 Amerika wir 1914 England. Einer un-
serer bervorragendsten Männ-r bezeichnete die Mirwir-
kung Amerikas gleich Null. So kam jener Entschluß zu.
stände, welcher den „Schwarzen Tag" des Krieges und
den Wendepunkt unseres Schicksals bedeutet."
Die DorgSnge in Krel und Ham bürg.
«ad Berlin, 6. November. Ueber die Lage in
Kiel erfahren wir von zuständ'aer Seit folgendes:
Der dmilitärische Schutz der Ostsee durch die
Lllarine ist lückenlos h e r g e st e l l t. Alle auslanfen
den Schiffe führen die Kriegsflagge. Die Be¬
wegung unter den Mairosen und Arbeiiern ist in
ruh gere Bahn zurückgekehrt. D,e Mannichaf-en der
Mailne bemühen sich, Ordnungswie''rigreitkn ent-
mta zu treten. Es folgt allmählich allgemeine
Abgage der Waffen. Privaihäuser und Geschäfte
blieben ebenso wie Lozare.te und Krankenhäuser und
behelligt. Die Banken sind fast alle in Betrieb.
Die Berpflegnng in den Kasernen und auf den
Schfffen w:rd in der bisher gewohnten Weise durch
geführt. Tie Lebensmittelversorgung der I>vilbe
volkerung ist bisher nicht gestört. Die Beslriebe
sind noch ,m Ausstond. Die Bevölkerung ist ruhig.
"tb Berlin, 6. November. Die Ereiqriffe ,n
Kiel sind nicht ohne Einfluß ruf die Arbeiieischofk
der Hamburger Werft geblieben. Die Betriebe
sind aufständig. Es ist zu Disstplinlofigkeiten
und gewalt amen Ueber^riffen aekommen. Gleiches
wrrd aus Lübeck gemeloek. Abqeieben von Aus-
chieilungen in einigen Werken ist Privateigenium
N!cht beichüdlgt oder cnqetastet worden. Dre Be
Volke ung ist nicht gefährdet.
Hamourg, 6. Nov. Ta sich die Straßendemon
iiaiionen, oie sich b Sher in ruhiger Wette ab piel-
mt, verstärkt haben, bleibt die Börse heuse geschloffen.
tooUa tu und Marineangehörigen nahmen ihren
Ossizleren und den noch nicht angeschloffenen
Kameraden die Waffen ab. Auf den Werften ruht
die A>beit fast gänzlich. Die Schiffe im Hafen
tragen ro'e Flaggen. Heute Mittag wurde ein
l^oldatenrat cebildet, der an die Komman-
dantur in Ai-ona folgenden Forderungen in Form
eines Ultimatums gestellt Hai: 1. Freilassung aller
rnhaftierten Militärpersonen, 2. Ab chaffunq aller
Gradabzeichen, 3. Uebernahme der Lebensmtttelver-
ioraung durch den Soldatenrat. Bis 4 Uhr nach
mittagswird Antwort gefordert.
* Kein Grund zur Beunruhigung für das Rhein¬
land. Der General-Quartiermeister weist in ernenl
Schreiben an den Oberpräsidenien der Rheinprovinz
darauf hin, daß die augenblickliche Kriegslage keinen
G,und zur Beunruhigung für die Bevölkerung der
Rheinpiovinz bietet. Tie von militärischer Seile
einyeleiteien Erkuudungen bezweckten lediglich, die
Möglichkeit der Unierbringung militärischer Einrich-
tungen für den Fall zu Prüfen, daß es zu einem
Waffenstillstand und zur Räumung der beietz'en Ge¬
biete im Westen kommen sollte, wodurch naturgemäß
wenigäens eine vorübergehende stärkere Belegung
der westlichen Grenzgebiete bedingt werden würde.
* Königliche Schlösser und Hofgebäude a's La-
zarctte. Dem „Tag" zufolge hat der Kaiser Befehl
gegeben, eine große Anzahl königlicher Scklöffer und
Gebäude, die der Hofverwaltung unterstellt und für
Lazareltzwrcke geeignet sind, in Lazarette umzuwan¬
deln, um für die Berwundeten aus den besetzten
Geb eien Unterkunst zu schaffen. In Berlin sind
dafür das Königliche Marstallgebäude, das Schloß
Cvailottenburg, in Potsdam das Schloß Mailh, die
Billa Finkenstem, die ganze Westseite der Königli¬
chen Oranreiie und wahrscheinlich auch einige Räume
des StadijchloffeS in Aussicht genommen. Charlot-
tenhof, die Neuen Kammern bei Sansouci und das
Maimorpala s dürften der Räumiickkerten wegen
nicht in Be -acht kommen. Fe-ner sind die könig-
ttchcn Schlösser in Wiesbaden, Koblenz, Brühl mu>
Homburg für den gleichen Zw ck bereitgestelll war-
den. Im ganzen iollen, wie verlautet, etwa sechszi^
Schlösser und Hofgebäude der Veiwundetenbeherber
giing dienstbar gemacht werden. Tie Belegung er
folgt direkt ans d n Lezairttzügen mit der Eiririch
tui g der Httk sve Wallung.
* Tie Lrrsorsung Wien». Wie die „Ungarische
Post" meldet, wur>e der Abe> Ellenbogen nach Budo-
Pest entsandt, um an zusländieer Stelle wegen der
Versorzun i Wiens mitLevensmittew Verhandlungen zu
führen Der unrarrsche Not onalrat gab die Erklärung
ad, daß dem Wunsche nc ch Aushilfe mit Lebensmitteln
in meitestgehenrem Maße Genüge tzeleistet wird.
* lOllllkü versprengte Oesterreicher. Zwischen
Mostar und Monienegro befi den sich über 100009
der pirnaie Coldalen, die auf den Transport m die
Heimat wanen.
* Erthast.ing der Thronfolger »Mörder. Bei
Enllaffnng politischer Häftlinge in Bosnien u d der
Herzogwina sind auch des Mordes an Erzherzog
F-anz Ferdinand Veldächtigte oder Verurteilter 1-
laffen Waiden.
* Deutsch-feindliche Kundgebungen in Bukarest.
Als in B ttarest am Sonniaz wie gewöhnlich die
deutsche Militörmusik vor einem Hotel zu ipieken
begann, sttz:e die Volksmenge mir der Absingung
rumänischer Lieder und der Marseillai e ein, die
bald die Militärmusik übenönien. Zufällig anwe^
sende oder vorüberfahrende deutsche Offiziere, da
runter auch der Festungskommandant, Generallcut.
nant Kock, wurden mit Pfuirufen empfangen.
Deutsche ü. ,i tme Militärpolizei griff en und zer¬
streute die Menge, ohne daß es zum Waffcngebrauch
gekommen wäie.
* Trotzdem. Aus New fflork wird gemeldet: Das
Krix samt teilt mit, daß dre Kanonenfabrikarion tivtz
der gttedrnsabsichten beschleunigt wiro. ——
iür spätere Krieg« gerüstet sei und keinen Man et an
>cywc<..r Llrtllrrie leidet. Amerika will in dieser Be»
ziebmgg von den anderen Völkern unabhängig sein.
Deutscher Reich.
* Ergebnis der neuen Kriegsanleihe. 71 xd) of¬
fiziösen Mftte.Iungen wird das Ergebnis der 9.
Kriegsanleihe vermutlich das der vorangegangenen
erreichen lüber 14^ M.lliardenh.
* Einiguiigsbrstrcbuugen in der Soziifldemo.
kratie. SLach dem „Bert. Tagebl." werden inner¬
halb der führenden sozialdemokratischen Kreist
ernsthafte Versuche gemacht, die beiden feindlicher.
Flügel wieder zu vereinigen. Zu diesem Zwecke
soll eine BerltändiguriLskolmisnon Aussicht ge>
nommen sein, in die von beiden Seiten, von -der
Scheidemanngruppe und von der Gaasegrrippe
Vertreter entsendet werden sollen. — Wir haben
von jeher die AusfaffunA vertreten, daß die Spal¬
tung der^ deutschen Sozialdemokratie nicht von
Dauer sein würde und den Krieg kaum lange über¬
dauern dürfte, weil die Gründe, die zur Spaltung
geführt haben, nicht prinzipieller, sondern nur tak.
tifcher Natur gewesen sind. Wenn jetzt eine Ei¬
nigung der beiden Flügel zustande kommen sollte,
besteht allerdings die Gefahr, daß sie nur durch
eine Annäherung der jetzigen Regierunassoziakisten
an die radikalere Gesinnung der Unabhängigen er«
möglicht wird.
** aimueast wieder M. d. R. Von den Unab-
hängigen Sozialdemokralen soll mehrfach an deni
Abg. Slahl, der seit der gerichtlichen Verurteilung-
Liebknechts den Wahlkreis Spandau für die Mehr-
beiis-Sozialdemokraten im Reichstage vertritt, das
Ersuchen gerichtet worden sein, Liebknecht wieder
feinen alten Platz zurückzugeben. Stahl aber babe
diesem Ersuchen keine Folge geleistet. Nun sollen
angeblich Verhandlungen mit dem unabhängigen Abg.
Zubeil, dem Vertreter des Wahlkreises Teltow-Cdar-
lottenbura, schweben, der aber geneigt sein soll, sei»
Mandat niederzulegen, um Liebknecht wieder de»
Weg in den Rekchsrag zu bahnen.
Rur dem Rachbargediet.
::: Edelzell. Der Gefreite Aloys Hohmann,
Sohn des Fabrikarbeiters Peter Hobmann, wurd«
an der Westfront mit der hessischen TopferkritSme"
daille ausgezeichnet.
p Herbstein. Eine Frau von hier, die an der
Grippe schwer erkrankt war, wurde tobsüchtig
und starb nach einigen Tagen.
(!) Unterberuhards. Dem Landwirt Anton Weber
dahier ist in der Nacht zum 1. ^November ein schwere-
pemäieteS Schwein gestohlen und ungefähri
600 Meter vom Torfe abgeschlachtet worden. Kopf'
und Rückgrat haben die Diebe liegen gelassen, da sie
wohl nicht alles schleppen konnten. Dank der Wach¬
samkeit und Umsicht ces Bah»schaffners Sauer zu
Eckweisbach konnte das Fleisch auf dem Bahnhof
Fulda beschlagnahmt werden. Dir Diebe stammen^
Ucherem Vernehmen nach aus der Frankfurter
Gegend.
— HLnfeld. Auch in unserer Stadt werden die
Opfer des Weltkrieges immer zah^eicher Der Tele¬
graph brachte etm Dienstag dem Hause Rud. Aha
dahier die Trauernachricht, das in den Kämpfen
auf dcm westlichen Krregsjchaurkatz der reittuant
und Kompanieführer Karl Aha den Heldenwd für
sein Vaterianb erlitten bat. Ter Trauerjaü ver¬
dient um so mehr Teilnahme, als vor etwa Jahres¬
frist bereits ein Sohn der Frau %t im Kriege ge-
fallen ist. Ihre 5 Söhne batte sie in den Krieg ziehen
seben von denen noch 3 unter den Fahnen stehen.
Die Tapferkeit und treue Pflichterfüllung fanden
noch in letzter Zeit Anerkennung dadurch, daß ihm
durch den Kaiser das Eiserne Kreuz erster Klasse
überreicht wurde.
X Harbach (Rhön). Kanonier Richrrd Vogler,
Sohn des Landwirtes Leonard Vogbw. erhielt int
Westen das Eiserne Kreuz. ;
G l..ha,i «n. Sett längerer Zeit werden Ort-
schäften des Freigericktes und K nzig.nles durch
Ein bruchs - Diebstähle beunruhigt, bei denen
mit Voriieve in den Gehöften die Viehbeitände heim«
gesuckt werden. Zu einer solchen Tiebesfahtt waren
am Sonntag wiederum vier Personen ans Frankfurt
ausgezogen, die aus einem bei NeuieS (Krei? Geln¬
hausen) aufgeschlagenen Pferch vier Hammel sinhlen
und im naben Walde abschlachteten. Schwer mit
Rucksäcken beladen kamen sie am Bahnhof Nieder¬
rodenbach an und erregten die Aufmerksamkeit dar
Bahnbeamten, Als sie zur Feststellung ihrer Per--
sonalien nach dem Stalions-Gebäude geführt werde»
mllien, warfen sie ihre Rucksäcke fort und sprangen?
über den Zaun. Drei Personen entkamen, der
vierte, ein Arbeiter Franz Beulh aus Frankfurt/
wurde festgmommen.
§8 Kessel. Der gestern im Alter von 68 Iah-'
ren gestorbene Landeshauptmann a. D. Wilgelntt
Riedesel Freiherr zu Eisenbach war ami
10. März 1850 als Sohn des hessisch-darmstädti-^
ich n .eätlnsrn : r« si,
sch n Hausministers' Rifdesel Freiher rn zu Elsenbach
rn Tarmnadl geboren, be richte das doitige Gymna¬
sium und studierte sodann Rechts- und Vcr i'al-
tungswissenichaften in Gießen, Marburg, Heidelberg
und Berlin, wurde Gerichtsreferendar in Tarm-
siadt, ipäter in Lauterbach und Gießen, trar dann
in Venvaliungsdienst über und wu de als Regie-
rungsassessor von der preußisch n Regierung über¬
nommen, worauf er zunäckft in Hanau, später in
Gelnhausen Dienst versah, bis er dann in den acht¬
ziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum
Land,at des Kreises Gelnhausen gewählt wurde.
Das Amt als Landrat üb>e, er über 12 Jahre auS,
bis er, da er sich mehrfach als Abgeordneter deS
Kommunallandlag»s in soz-alen Angelegenheiten her¬
vorgetan halte, am 1. Juli 1894 einstimmig zum,
Landeshauptmann der Bezirks- und Provinzio ver-^
Wallung in Hessen gewählt winde. Unter seiner
24 jädrigen Amtsführung nahm die Verwaliung des
Bezirks einen ungmhnien Aufschwung; die soziale
Versicherungsgeietzgebiing. die Fürsorge für verwahr-
loue Kinder und die völlige Neuordnung des Wan-
derarbeilsstättenweftnS brachten v'ele und neue Auf¬
gaben; daneben erfuhren die Landki ankenbäuier, die
Heilanstalien des B>zirksverbandes eine völlige Mo¬
dernisierung unr we entliche Ansgestaltung und es
muß dem Verstorbenen nachgcrübmt werden, daß er
an all diesen Fragen mit großem Interesse und in
dem Bestreben tätig war, die ihm unterstellte Ber-
walinng zu höchster Blüte zu bringen. Im persön¬
lichen Perkehr von größter Liebenswürdigkeit, er¬
freute er sich bei allen Mitgliedern des Kommunal-
und Provinziallandtages größter Achtung und Be¬
liebtheit.
* Kassel. Wie aus Berlin gemellwt wftd. bat der
Keifer cmpgordnet. cre große An j'R kö n i gt.
Schlösser und Gebäude als Lazarette für di«
aus den geräumten Gebielen zinustck!ransporlicrtcu
Verwunderen einzuricktcn. In Kassel kommen, wie
verlautet, folgend« Gebäulrckkrit-r» in Frage: das ge¬
samte WisHrlrttshödc: Schloß mit Ausnolnne detc
. kaiserlichen Gemächer, in denen d'e wertvollen
^Kuirjtpeaenstände und Möbel aufbcwahrt werden
fallen, d.rs Prrn-rnhaus. las mit dom benachbarte»
Friedrjchögymnasirml zu einem La-rrrcit verbunden