Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

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ml?? I VenmtwvrNich fü» Len redaktionellen Teil: Karl Schütte. I <AJO I Vertag de, Fuldaee «ettendruckeret m Fulda. - Preis monatl. I AZ 
• furfu »Tyfi.-.fn: ?. jjar^fllfr.pwUo.—Wctcil«pr{t»m(f. | ISfOt1TöC| 2*« ltCUflUvCr (710* | 95 Pfa. — ftrrnjpr. Nr. S. Teteir.Adresse: .Midier Ze,tun'. \ 7J. JU 
Friede — Brot. 
Ein Aufruf der Zentrum-Partei. 
Der Waffenstillstand ist abgeschloffen. Sein Zweck 
Ist die möglichst rasche H.'ibeiführung des Frieden». 
Die Härte ferner Bedingungen «rupreßt uns deu 
Schrei nach dem Frieden. 
Der Friede muß un» die Neuordnung der Welt 
drinqen. Er wird ein Rieenwerk bedeute« bei 
höchster Kraf anstrenguog, die Monate erfordert. So 
ianqe Zeit aber kann und wrll weder da» deutsche 
Bolk noch die Welt auf den Frieden warien. 
' Da» Gebot der Stunde ist daher» sofort einen 
Vorfrieden zu schließen. Ihn fordert die Mensch¬ 
lichkeit» die Kultur, die Borkswohlfahrt, die Existenz 
Europa». 
! Die G rundkaaen für den vorfrieden sind 
da. Es sind die 14 Punkte Wilson», die von beiden 
Parteien im Prinz p angenommen worden sind. 
Die Punkte, über die innerkalb der Entente Mei» 
»unzsverschiedenheilen zu bestehen scheinen, können 
tür den all em, ine» Freden zurückgestellt werden, 
tleber die Lebensfragen Deut.cklandS ober muß sofort 
Klarheit geschaffen weiden. Die» kann nur durch 
«inen Borfrieden geschahen. 
Die deutsche Regierung hat den Feind am zweiten 
Dage nach dem Abjchluß des Waffenstillstandes (13. 
November) um den Ab chlutz eines Vorfriedens 
ersucht. Eine Antwort ist bisher nicht ein» 
iegangen. Deutches Bolk, bist Du zu gutem 
ei! nicht selbst daran schuld? Wo ist Dein von 
ollen Bevölkerungschichten aufgenommener, Tag für 
Tag sich wiederholender Ruf nach dem 
Vorfrieden? Einem Ruf von 70 Millionen 
Men chen kann auch eine Welt von Feinden nicht 
lvidei stehen. 
! Alle neutralen Völker werden sich diesem Schrei 
der Menschlichkeit anschließen. Sie alle wiffen, daß 
»in all zu langer Daffensiillstond mil unertiöglichen 
Bedingungen, wie sie in der Kriegsgeschichte einz'g 
dastehen, schrrldlos« Frauen «nd Kruder weiterhin 
dahinsterben lasten wi'd, von Tag zu Tag neue Un- 
ordnuna über Deutschland bringt, und taS einst so 
schoffenssrob« „nd arbeitsstarke deutsch« Volk der 
Veinichiung prei»aibt. 
Darum Parteifreunde erhebt Euch! Stellt den 
Bo frieden in die Mi te Eures Denken», Redens 
und Handeln»! »Laßt nn» immer und immer wie¬ 
der d-n Ruf nach dem Weltfrieden der Versöhnung 
und Berständignng erheben! 
WaS wird der Borfrieden uns bringen? 
Er muß dir Hungerblockade aufheben.den 
»virrichaft licken Wiederaufbau de» neuen 
Bolksreicie» ermöglichen, nn ere Gefangenen zu- 
rückführen und zahllo'e Wunden heilen, die der 
Krieg un« schlug. Schmerzliche Opfer werben wir 
dringen müsten, da» ist klar. Aber sie muffen mann¬ 
haft getroaen werden. 
Ein schleuniger Borfriede allein kan» uni den 
Wiederbeginn eines erträalichen Dasein» und eine 
durch Arbeit gesicherte Zukunft sewährleisten. Jeder 
Taa des jetzigen Zustandes, jede Woche der Veilän- 
gerung des Waffenstillstandes bedeuie» für unS ei- 
»en »nerietzlchrn, uneinbringlichen Verlust. 
Darum Paneifreunde, tretet geschloffen und rest- 
ko» ein für deu Borfrieden, tretet damit ern 
für Brot! 
Die Zentrumspartei. 
«eue deutsche Note an die Alliierten. 
Rotterdam, 23. Nov. Nieuwe Rotierdamsche 
Conran, meldet au» Pari»: Die schweizerische Re- 
tziernng übermittelte den Regierungen der Alliierten 
und der Bereinigten Staaten eine Mitteilung der 
deutschen Regierung, worin er'ucht wi>d: 
1.Um sofortige Eröffnung von Ver¬ 
handlungen über den Frieden. 
. 8. Da» Zusammrnneten einer deutsch-amerika- 
«r'chen Konferenz im Haag, die über die Leben«. 
Mittelvrriorgung DrutichlankS berate« soll. 
‘ Demgegenüber wi,d beione, daß die Bereinigten 
Staaten die Absicht schon zu erkennen gegeben haben, 
ta engen Zusammenhang mit den übrigen Alliierten 
zu verhandeln. 
Erbarmungslos. 
^ *kr> S»aa. 21. Nov. In der heutigen Plenarsitzung 
»er Waffen,lill,tan »kommission teilte Generat Nudant 
i«it. daß Marschall ff och die in dem Scheiden der 
»eutschen Waffenstillstandskommission erbetenen Mil. 
jderungen der WaffenstillstandSbedingunga» — ins¬ 
besondere also die Verlängerung der Räum>«>iSfri,1en 
—.ab gelehnt habe, und zwar ohne irgendwelche Be, 
Gründung für diese Ablehnung zu gebe». >l» darauf 
nochmal« an Hand der Karte, unter Angabe von Zah¬ 
le« ausgeführt wurde, daß es technisch undwrchsübrdar 
-zsi, in den festgesetzten Fristen «ine Armee von über 3 
.Millionen. Mann in Ordnung auf schlechten, engen 
Straßen über die wenigen Rheinübergänge zurückzu, 
iführen, erklärte General Nudant, daß er derartige 
Mitteilungen künftig nichtmehrentgegen, 
nehmen werde. Dir Schivierigkeiten seien wohl be» 
ika nt, die Fristen seien aber unabänderlich. Die Lcr,e 
sei einmal so und nicht ander». Da» sei unser sa wa¬ 
cher Punkt. Deutschland habe die WasfenstillstandSbe- 
»ingungcn angenommen. Wenn e» die» nicht getan 
hätte, so wurde seine Lage nicht besser. General Win. 
trrfeldt »erta» hierauf die bereit» mitaetestw Pro te st- 
»ote. 
Auch in den Beratungen der Sonderkvmmissionen 
für Maicralabgaben. Tran.portweien. Gesangenenrück- 
pobe usw. zeigen die Franzosen da» gleiche Bild de» 
Sie ers. der rückst chttlo» seine «acht aus- 
nutzt. Tie Forderungen, die bezüglich der Beschaffen- 
heit de» zu liefernden Material», hinsichtlich besten Be- 
reilstellung u. dgl. erhoben werden, sind praktisch uner- 
süllbar. Obivoht Marschall Fach bereit» bei der Un- 
terzeichnun, des Waffenstillstände» auf d«e Und »>rch- 
füorbarfeit der Bedingungen feierlich tnngc» 
wiesen lvar un» dieser Hinweis seitdem wiederholt vor- 
Gebracht worden ist, so sucht er offenbar seinen Triumph 
,darin, die auspezwun ene» Bedingungen aur» schärfste 
»u seinen Gunsten ausutegen und mit größt r Strenge 
Gurchzuführen ohne Rücksicht darauf, ob Tau'rnde, viel, 
«icht Hunderttaufenbe, auf dem Rückzuge Var Erschöpf, 
tan am Wege umkommen oder in Gefangenschaft ge- 
ok unser oanze» Transport, und Ernäh. 
runi'i>,hstcm zusam »enbricht, Hungersnot nnd Arbeit', 
«osigkeit zu wirtschaftlichen und po itischen Katastrophen 
Nlhren. scheint den erbarmungslosen Frgnzoieu gleich 
»ult»g »u je»». ' 
wtb Berlin, 22. Nov. Am WaffenstillstandS-Abkom. 
men war bestimmt, daß jene deutschen Trupoen, die 
nicht fristgemäß die Räumung vollzogen haben, zu 
Kriegsgefangenen gemacht werden. Hinsichtlich 
Iransportunfähiger Kranker und Verwundeter 
sieht die Sonder-Beftimmung des Artikels II vor, daß 
sie vom deutschen Sanität» . Personal eepstcgt werden 
sollen. In dieser Ge enüberstellung tritt die Uebercin. 
summung dariiber klar zuta e. tah zurückgebliebene 
kampffähige Truppen krieg»!,,fangen werden, daß trän», 
poi tun fähige Kranke und Verwundete dagegen der 
Kriegsgesan'enschafl nicht veriallen sollen. Nach, 
träglich besteht »un Frankreich auf der Korderonq 
daß die zurück ebliebenen Verwundeten und Kranken 
als Kriegsaefannene anzusehen und zu behan. 
dein seien. Diese Forderung steht in schroffstem Gegen- 
sntz nicht nur zu dem Sinne des WaffensiillstandS-Ab» 
kommeuS. sondern zu allen Vereinbarungen, die im 
Laufe des Kriege» auf diesem Gebiete srüher getroffen 
worden sind. 
Diese französische Forderung stellt die brutalste 
Vergewaltiguna aller Grundsätze de» Rechte» 
und der Menschlichkeit dar, die die moderne 
Kriegsgeschichte au zuweisen hat. 
Französische Gehässigkeit. 
Tie Franzo en entpuppen sich immer mehr als 
die oehäjsigsten unter nn eren Gegnern. Ohne alle 
Rücksicht auf die Z vi bevölke»ung wollen sie auS 
Denischland möglichst viel Beute h-rausholen, 
die Reicheeinheit zertrümmern und das Land 
der Anarchie übe»liefern. Die bervorragenden 
Marschle stungen der demchen Tnippen weiten be¬ 
mängelt und bekriitelt und ter Obeisten Heeres¬ 
leitung Lä sigkelten in der Räumung vorgeworen. 
Es werden nicht nur Betiiebsmi'tel und Ei enbakn» 
maierial schlechthin eefo-tert, sondern auch an seine 
Hochwertiakeit große »nfoiderungen gesteilt^ obwohl 
über die Qiial' äi der geforderten Gegenstände im 
Waff.nstill>>andrvettkag nicht daS L.indrfte ge>g 
ist- 
Diese» Auft^e'en der Franzosen legt, wie Hin- 
eenburg in dem Telegramm ans dem Großen Ha»p>- 
quartier schon andeuleie, den Schluß nahe, daß sie 
es auf Wiederaufnahme der Feindselig¬ 
keiten abgesehen haben. Die teui che Regierung 
ha» sich daher veranlaß« gesehen, an die Oberste Hee- 
r-Sleitunq die kategorische Wei «ng zu richten, daß 
sich de Truppen unter keinen Umständen in 
ein Feuergefecht einzulaisen baden, selbst 
wenn die Franzosen schiefen. Unter allen Umstän¬ 
den koll neues Blut vermie en und die Verwüstung 
des Landes verhütet weiden. Der Generalquarlter- 
mesiler Gröner hat so'vi t geantworiet, daß enl pre- 
chend dem Wunsche der Reichsleit ng den Ti uppen 
der Waffengeb auch gegen die Feinde nochmals aus¬ 
drücklich verboten worden «ft. 
Es bestätiat sich, daß tue Franzosen in Sch fett¬ 
st a dt ein noch nicht abgerücki s deat che» Regiment 
gefangen genommen haben, obwohl die Räumung«- 
frrst no b nicht adgelanfen war. A >t»in Luxem bürg 
ist bei Diekirch ein deutsches Jn'anter»rregimeni 
auf dem Rückmarsch rnierniert worden. Wie von 
zuiiändiger Seite mitgeteilt wird, muß mit der Mög¬ 
lichkeit gerechnet werden, daß noch größere T> uppen« 
ve, bände von den Franzosen gefangen genommen 
worden sind. 
Die ErnöhrungSnöle. 
Drohende Hungersnot. 
Der Staatsiekrelär des KriegSernährungSamteS 
Wurm gibt eine Darstellung der Lage unserer 2-» 
bensmittelversorgung, die a, schwerem Ernst nichl« 
zu wünicken übirg läßt. Wir entnehme» feinen 
Ausfubrungen folgende Stellen: 
Wie sich jetzt zei it, ist f üher die Nahrun »mittel- 
Versorgung Deutschland» viel zu günstig rin eschätzt 
worden. Dazu komm n dre Folgen der militärischen 
Niederlagen. Die Hoffnung auf die Ukraine ist damit 
zusammen,ieEchen. Die heimische Ernte ist ge- 
ringer, als man sie in Rechnung gestellt hatte, na- 
mentlrch bei den Kartoffeln. Mit dem i.ugenblick de» 
Waffenstillstandes baden fast alle K r i e a » g e s a n g e n e n 
auf deren Aroritskrast die deuische Landwirtschaft im 
wesentiicken beruhte, die Arbeit eingestellt. Dadurch 
sind Millionen von Zentnern Kartoffeln in 
der Erde grblieoen uns bei dem Frostwetter dem Ver¬ 
derben anoeimgefallen. Der heimische V ehbcstand 
zeigt von Monrt zu Monat eine gerin ere Er rcbr keit 
an Schlachtvieh und sonst« en tierischen Produkten. 
Schon seit zwei Jahren muhte in den Viehbestand 
tief er »gegriffen werden, um auch nur Sie unge¬ 
nügende Flerschration aufrecht zu erhalte» Dabei 
konnten selbst die Milchkühe nicht geschont werden, wo¬ 
raus sich für die Kinderernährung uns die S te rb l i ch- 
kert der Säuglinge bei einer auch ; ur noch wenige 
Monate daueinden Fortsetzung dieser VornhenS Sie 
entsetzlichsten Folgen ergeben müssen. Durch den au! 
Grund der harten WaffenstillstandSbedin unien not- 
wendrg gewordenen übereilten Rückmarsch ist eine ord» 
nungSmatzi e Verwaltung deS Proviants und dessen 
restlose Rückführung in die Heimat unmöglich ge- 
worden. Verschärft wird diese Not noch durch die un» 
auf/.ezwungene überstürzte Abgabe der Transportmittel, 
ferner dadurch, daß in manchen Ge enden durch dir 
örtlichen Gewalten bedeutende Mengen von Vor- 
räten vorzeitig und planmäßig einem ungeregelten 
Verbrauch zugeführt wurden. 
Durch alle diese Bedinann-en ist eine La e ent¬ 
standen, in der nur die schleunigste Heranschaffuni 
von au »länd isch en Nahrunasmttteln da» 
deutsche Volt vor dem Hun er bewahren tonn Obwohl 
der zentrale Verwaitunp»apparat völlig ungestört sunk» 
tioniert. so steht doch infot e de» Maneel» an Rah. 
rungr- und au Transportmitteln der Zusammen, 
bruch vor der Türe. sallS e» nicht gelin t. da» 
grogc Vcrsorgunakdefizit in den Haupt ao nbezirken 
dura, rechtzeitl «» Einsetzen der in AuSsitt gestellten 
amerikanischen HilrSaktion und einer unmittelbar ein» 
setzenden Hil,Sbere,tscha,t der Neutralen so ou»,u. 
gleiwen, daß d»e ausländischen Zufuhren dw rnlän» 
öi,chen Voriate genügend ergänzen. 
Nach die er Tarste un , gibt es keinen anderen 
Weg, die Bevölkerung der Städie vor der Hunae s - 
noi zu bewahren, als die Zuiuhr von Lebensmitiein 
seitens der Neutialen und Feinde. Zn'zeit besteht 
aber noch die Blockade nnd der immer wieder erklärte 
Entschluß unserer Feinde, daß während der Dauer 
des Woffenstillstendes keine Zufuhren noch Deutsch» 
land pcatiet werten. Mit ander, n Go len: Den,ich- 
land kann nur eere>trt werden, wenn schleunigst an 
die Sr Ile des Waffeastillsiandes der'l'orsriede trttt, 
so daß fiele Zufuhr erfolge» kann. Unjere Fernor 
aber wollen sich in Borsriedensverbondlnngen nur 
aann einlasien. wenn eine recktmäßiae R gieruna, 
die das Berlrauen des ganzen Volkes besitzt, gcbudrt 
worden ist. 
Darum mriß immer wieder au» dem ganzen 
Lande den Bersmeln ter Ruf in die Owen nellrn: 
Her mit der N a'ionalv er sammln ng! 
a Berlin, §2. Nov. In politischen K'e'stn. die 
einen genauen Einblick in u»>»re Ernährungsmög- 
lichkeiien besitzen, werden di« Ausführungen de» 
Siaaisfekretär Barth in der Sitzung de» Groß- 
Berliner-Soldatenrai» (vergl. Nr. 271) vollinhaltlich 
bestätigt. Barth hatte bekanntlich auf die fchwe-e 
Gifährdung un erer Ernährung hingewie en «>»> ge¬ 
sagt, daß die voihandene« Lebrnemiltel nur für 
kurze Zelt ansieichen, und daß die Gefahr außer¬ 
ordentlich wachse, wenn die Zufuhren au» unseren 
östlichen Piov nzen anSbleiben sollten. In politi¬ 
schen Kreiien wird die Folie,ung gezogen, daß die 
Negieriinr mit allen Mitteln den schleunigsten 
Abschluß eines Borfriedens erzielen müsie 
Nur der Borfr eben befreie unS von den Gefahten. 
die Huneersi'»» mit sich bringe. 
Danzi,, 21. Nov. Ueber S stpreußen geht seit 
letzter Naclt starker Schnee fall nieder. Dadurch wird 
die Einerntung von Millionen Zentnern Kartoffeln 
und Rübe», die durch die herrschcnte Gnppe und die 
abrückenden ru sisckien KriegSeesanrenen vcrzö. ert 
wurde, zur U n mö r lich keit. Die Felder sind zenti. 
meterhoch mit Schnee bedeckt 
ReichSzerfallr 
Die A.-n.S.-Räte in Oldenburg, OstfrieS' 
fand. Bremen, S>ade, Harburg, Hamburg 
und Schleswig-Holstein haben em« neue 
Republik ge ründer. Gleichzeitig lchnnen die Be¬ 
strebungen zur Lo!>Iösung deS Rheinlonde» stär¬ 
ker zu werden. Mit z'inehmendem Eeust und von 
einem täglich wachsenden PersonenAeis w rd dort 
die Fiaae der Loslösnng vom Reich und der Bil¬ 
dung eine» eigenen SiaatsweienS erwogen. Wie 
dem „Vorwärts" a«S Köln gemeldet wird, l>eg» 
bereit» i n fix und fertiaet Plan vor. Die Gren¬ 
zen de» neu zu bildenden Skaate» sind nick dem 
genannten Blatt noch nicht fest abgesteckt. Man ist 
der bestrebt, da» Industriegebiet völlig einzurlie- 
dern Nah Süden hin wird man An'chluß an die 
Rheinpfalz und Rbeinhesien suchen. Es haben be¬ 
kannte Wi tschafispolinker Berechnunaen über di« 
ökonomisch« Leb usfäbiakeit der neuen Republik an- 
gestellt. Ihre Ergebnisie sollen durchaus günstig 
sei». „Wir werde«, so warnt der „Borwörts", mit 
der Abtrennung als mit einer fast unvermeid¬ 
lichen Tat ache zi« rechnen haben, sofein in Berlin 
nicht eine soforii^e Konsolidierung gelingt und die 
Wahlen zur Na>ionalver!amml»ng mit prößiex Be¬ 
schleunigung auSge chriebe» werken. Die Dinge 
stehen auf de» MefferS Schneide." Rheiailche Preß- 
stimmen iprechen sich gegenwärtig no ch gegen die Ab- 
trenn»ngtbestrebungen aus, aber sie werden mit der 
Macht der Tat achen um sich grerfen, wen« das 
Chao« in B rlin länger andanert. 
Sie weiden auch anderwärts Anklang finden. 
Au» gen thüringischen Sloalenhöil man brieite 
von Zusammen chließungs-Bestiebungen. Auch durch 
ganz Süddeutschland und beonders durch 
Bayern gebt eine sehr scharfe, sich mit jedem Tag« 
verichärfend« Bewegnnq geoen daS, wo« gege»wä>tig 
in Berlin geschieht. Das demoiraii cheSüddeu,schland 
lebni die Dikialur de» Proletariats, dw in Berlin 
gepiedigi wird, mit all r Ent chiedenheil ab. 
Eo kracht der Bau be« Reiches in allen 
Fu^en. Die Gefahr lieg« nahe, daß sich da« R,ich 
in selbständige Siaaiengebild« auslöst, die erne nur 
begrenzte LevenSsähigkeil besitzen wuiden. Deutsch¬ 
land, zrifallen, zergliedert, oufgeirilt, würde auf 
Jahrzehnte, wenn nicht Iabihundeite, als Macht¬ 
saktor in der r-^elt ausgehöik haben ,u bestehen. 
Wir rufen der Rearerui^g zu: Einig! euch in Berlin! 
Nehmt Fühlung mit den Einzels oalen, beiücksichtigl 
ihre Wun che, soweit sie Berechtigung haben nnö 
den Interessen des Reiches nicht widerstieben. Berlin 
ist n chk Deulfchland. Bedenk': Das Reich rst l» 
Gefahr! Laßt da« Reich zu Worte kommen! Gebt 
uns die Ratioua lveriammlnng! 
Di« Retchslritung des Herrn Ebei t versucht die 
Unzufrieöenhert im Reiche zu beschwichiigen, soweit 
es ihre Mine! erlauben. Sie har z. v. aus den 
Proiest aus Hessen folgende Antwort mit sehr 
wohlilingenden Verheißungen gegeben: 
Durch ihre Einladung der »inzetstaaten zu einer 
Konferenz in Bert,« hat die Rrich«rrg»rrung zum Aus¬ 
druck gebracht, dag sie weit entfernt ist, die Einzel» 
jtaaten auszuschalten, vielmehr aus engste Au» 
jammenardert mit ihnen on der Wiederausrichtung 
de» Reiches Wert legt. Sie sieht in der Rationalver- 
jammlung ebenfalls dos vornehmste Mittel zur Er¬ 
reichung diese» Ziels. Sie strebt nicht nach der Dikta, 
tur einer Stadt oder etne» BunderstaatcS, sondern 
nach der solidarischen Deuwkratie eine» «iuhestlrchen 
Deutschlands-. 
W-rk amer wäre es, wenn die Regierung klipp 
und klar die Wahl und bw Einberufung der 
Nationalveriammlung in aller Form und 
endgültig zu nahen Terminen ausschriebe. Das 
Volk will titit greifbare Gewähr für die joli» 
cartjche Temokiatte haben. 
Dl« Berlluer Dikialur gefährdet neben dem 
Frieden und dem Brok auch den Fortdeuand de» 
deutschen Reiche« und damit eie ganze Zukunft der 
beul,chen Ration. Deut,chiand zerfällt, wen» 
es nicht endlich geling», dre Berliner Ouertrrrber 
zur Vernunft oder wenigsten» zur Ruh« zu bringen. 
Entweder muß der alt« Reichstag einberusrn 
werden, oder wir muffen unverzüglich zur Wahl der 
R atronalver,ammlung fchreiien. Die bisherig« 
Zerfahrenheit in Berlin ruiniert sonst da« ganze 
Reich und da« Volk selbst. 
• 
Marburg. 20. No». Der Arbeiter, und Soldaten- 
rat für dre Kreise Marburg. K»rchhain, F antenberg 
Zlepenhain und Biedenkopf beschloß, di» Bolksrei,irrung 
zu ersuchen, baldigst eine Nationalversammlung 
kinbrruien zu wollen. 
Karlsruhe, 28. Nov. Die Volksregierrmaen in Stutt- 
gart und München sowie der maßfebenden Stcllen 
in Köln und Düsseldorf hoben sich mit der brdi» 
1^:7. Volksrrgierung durch den Lank,Ausschuß tcr Ar- 
»euer» und koldaterrräte dahin verständigt, daß sie un¬ 
ter allen Umständen gewillt sind, gegenüber den maß- 
losen Forderungen der Berliner Liebknrchtgruppe zu- 
sammenzu iehen und tm äutzerücn Falle nicht vo. einer 
selbständigen Regelung der Ge,Nuckesuddeutsch» 
land» und Rheinland» Halt machen wurden. 
Arbeiterräte und ReichSregiernug. 
Amtlich wird gemeldet: Die Revolu'wn bat ei» 
neues Sloatsrrckt geschaffen. Für die eiste Ueber- 
ganoszeit findet der ner'k Rechtszusiand seinen Aus¬ 
druck in nacksiehender Vereinbarung zwischen dem 
Bol> uaSrat de« Arbeiter- »nd Co>ka'rnra,es von 
G-vß Birlin „nd dem Rat der Bolksbeaustiagten: 
I Tie volitiscke Gewalt lieit in den Händen 
eer Arbeiter- und Eoldatenräte der deutschen 
so-ialistischen Republik. Ih,e Auf-abe ist es. dre Er. 
runpenscho'ten der Revolution zu bedaupten. sowie die 
Geeenrerolution nieder?udnltcn. 2. Bis eine Detc« rer- 
tenversammtung der Arbeiter- und Soldatcnräte eireu 
Vollzuavrat der deutschen Republik gowählt 
hat, übt der Berliner VollzugSrat d,e Funktionen 
der Arbeiter- und Coldgtenräte der deutschen Republik 
im Einverständnis mit den Arbeiter, und Ldldaten. 
räten von Gioß-Berrin aus. 8. Die Bestellung de? Ra. 
te» der «vt tsbeauftragten durch den Arberter. 
und Sold' tenrat ton Groß-Berlin bedeutet t,e lieber, 
traeung der Exekutive der Rcpubtrk. 4. Die Berufung 
u«ä Abberufung der Mitglieder des entscheidenden Ka. 
binettS der Republik und — biS zur cndgitti en Resk- 
lung der staatlichen verhättniffe — auch %'rcufcen8, er. 
folgt durch den zentralen Vollzu srat. dem auch da» 
Recht der Kontrolle zusirht. ö Vor der Berufung der 
Fackm ini,rer durch daS Kabrnctl ,st der VollzugScat 
zu hören. ^ , 
Sobald al» möglich wird rrne Rerchsversamm. 
lung von Detrgrertcn der Arbeiter- und Soldaten- 
räte zusomn entrctc«. 
Im Anschluß an diese Vereinbarung, die das erund 
säht ich« Verhältnis der Ardk'ter. und Soldaienräte zur 
Reicherrgierun > festsrht. sollen als >ald Richtlinien, 
für die Arbcrter- und Soldarenräte herauSgegebcn wer- 
den. 
« 
Bei der besten AuNe^una ist das eme Art von 
Waffenstillstand, aber keine klare und befiiidioende 
Regelung. Der Regierung wi'd freilich d'e „Exe- 
kutive der Republik" zugesp ochen. aber die Beiu- 
fung und Abberufung der „Bolksbeouftra^en" wird 
dem zentralen Bollzuqsrai übernagen und bis zur 
Bildung desselben dem Berliner BoNrues.at 
Vorbehalten. Es bleibt al o die Oberherrschaf, der 
Herren Richard Müller (Berlin) und Molkenbnhr 
tat'ächlich bestehen, wenn nicht die Regierung in den 
Be,liner Eoldatenräien ein« Rückenstärkung findet 
und behält. 
Die Ankündigung einer Reicksversammlung von 
Delegierten der Arieiier- und Soldaten,äie ist ans 
einen ganz unbestimmten Te>m>n erfolgt, lls ist 
zu befürchten, daß Herr Müller und seine radiialen 
Eenofien das Zwiicken p„l mr, diea. Delegierten- 
veisommlung nnd dem Zentrolrat benutzen werdrn, 
um die ihnen verhaßi Naiionlversammlung hinaus- 
znjckieben oder womöalich überhaupt zu vereiteln. 
Schon di, Verzöge,ung ist ungeheuer gefährlich. 
Wir brarichen unbedingt und möglichst bald b>e Na- 
tionalver ammlung, um drei bltternoiwendigr Dinge 
zu. reiren: den Frieden nach außcn, das tägliche 
Br», nnd dre nationale E>nnacht. 
Der sie binirrtrrrbt. begeht ein Verbrechen am 
dem,chen Bolle. _ 
Der Rüikmarsch «nserer Truppen. 
Zum Rückmarsch der Westhccre wird gcmcldet, 
bah eie Truppendurchzüg« in den rheinischen Grenz« 
orten nunmehr Tag und Nacht in unverminderter 
Stärke andauern. In Aechrn marschiert Rcgi» ent 
auf R giment mit Musik in die Stadt ein. Die 
Truppen sind in guter Stimmung. Rote Fahnen 
kennt man nicht mehr bei ihnen. ES he>rscht muster¬ 
hafte Ordnung. In Köln ruht in den DurchoangS- 
straßen jeglicher Brrkehr. Gegen die Soldairn und 
Zivilisten, di« Militärgut plündern, wird mit groser 
Streng« vorgegangen. «uj tem oberrheinischen Bahn-, 
Hof Biebrich plünderten Soldaten uud Zivilisten 
Ei'enbahnwagaon» aus. Ter «'beit.r- und Sol- 
datrurat ließ sie vcrha ten uud sofort erschießen. 
In Eliaß»Lo bringen hat General Fock alle Sol¬ 
daten- und Aibeuerräie in den von den Franzo en 
besetzten Ga»ni onen verboten. Ter 8»Slundenlag 
wurde wieder abaeichafft. 
Frankfurt, 22. Nov. Di« v. Armee unter dem 
Oberbefehl des General« v. d. Marwitz wird auf 
ihrem Hermzuge am 89. Nov. den Rhein uberschrein. 
Der Uebergang vollzieht sich in drei Heeressäulen 
drei verschiedenen Punkten. Di« Hauptmasse, eine 
Doppelreihe, geht bei Mainz über die Brücken und 
und dann in zwei Reihen nach Osten. Ti« jüdl'che 
bewegt sich in der Richtung Groß-Gerau, Langen 
nach Seligenstadt und erreicht hier den Main; die 
Hauptgruppe, ebenfall» von Mainz kommend, mar- 
tchiert über Höchst—Frankfurt weiter. Ter nöidlich« 
Flügel der Armee setzt bei RüdeSheim über den 
Rhein und grht nach Roiden zur Ladn. Tie ganze 
Turchmarschzert der gewaltigen Menichenmasien, so¬ 
wie des umfangreichen HerreSParkS durch unser Ge¬ 
biet wird, falls alle» glatt von statin geht, auf 
8-9 Tage berechnet. In Frankfurt weiden tägüch 
20060 Mann eiuquarriert. 
Frank,urt. 23. Rov. Wie die Frankfurter Zei- 
tuna vern'mmt, gehört nach neuester Auslegung der 
Waffenstrlluandsbedingungen Frankfurt teilweise 
zum Brückenkopf Mainz und ist teilweiie neutrale 
Zone. Der Magistrat beschloß, da, auf hinzuwi, sin, 
daß Franksurl überharipi nicht besetzt werte, denn 
ein« grortnere Berwaliung sei in einer teilweise 
besetzten Stadt nicht möglich. 
Folge« der scharfen Waffcnstillstandsbcdingungen 
Haag. 21. November. TaS Hauptquartier der Alli- 
irrten sandte diese Nacht soti'enden Funkspruch an seinen 
Vertreter bei der Waffenstillstandskommission in «pa: 
»In bestimmten Fabriken von B elgie n steht Arbe'ts- 
losigkeit infot e de» Rohtenmanpet» bevrr. Die 
Werke erwarten einen weit sätischen Transport, 
der den Rdern überschriiten hat, aber durch d e gegen- 
wärtipcn mitiiäri,ctrn Operationen wciterzumhren ve» 
hindert sein soll. .*0000 Arbeitern droht Arbettsloiinkeu. 
Bitte, ergreiien Sie sosort Schritte bei der Waf- 
senstillitandskommiffion, um die nöti e.> Brennstoffe 
zunächst diesen Werken, dann aber auch allen übrigen 
Werten des geräumten Gebiete» znAuführe»
	        
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