Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

Flr 296. ! ^«mtwortlich für den redaktionellen Teil: Karl Schütte. « 11 7>»»riQlft I «etla« bet fluicaet ilctienbruietettn iulöa. -^teiSinonatU 1 K IrtjirQ 
sur dre Anzerpen: I. Parzetier, Fulda.— Wotaljonlbrud. | HvvtlluCf ÄJ* vCZCtlti Cf Kvl©* J 85 spfi. fremtpt. ¥ti.9. fftt?t»iHOreüt: .^fulbnet Zertunu | “J* 
Die Reichskonferenz der 
Arbeiter- und Soldatenräte. 
21. Dez. Im verlaufe der gestrigen 
Sitzung, über die wir schon berichtet haben» kam e# zu 
Sarm. mtb Radau. Szenen, wie sie blsher selbst ,n 
^brsammlung noch nicht dagewesen warrn. Zu¬ 
nächst deschästi ite man sich mit der Wahl de» neuen 
Voll,u^Srate». Zentralrat genannt, in dem 27Mit- 
«lieber au» allen Teilen de» Reiche» entsandt werden 
sollen. Bei den Auseinanüersetzungen vor der Wahl 
»mq e» außerordentlich lebhaft zu. Die Folge der Er- 
ktärung oer Unabhängi en, sie würden sich nach derAch 
kehnung aller ihrer Anträ -,e an der Wahl nicht beteilv 
gen, war. daß die von den Mehrheit»-Sozialisten ein¬ 
gereichte Kandidatenliste im Handumdrehen angenom¬ 
men wurde. Darauf aber entfesselten die Unabhängi ,en 
e,ne un ieheure Lärmszene .Ihr seid schöne Helden! 
Fehlt bloß noh LudendorffI- und ähnliche Zurufe fal¬ 
len aus ihren Reihen. Man bedroht sich ge ienseitig mit 
den Fäu -.en; überall bilden sich kleine Gruppen, die 
«regt aufeinander losschreien. 
Nachdem man sich au,getobt. tritt wieder aus «i. 
«ige Zeit Verhältnismäßi,e Ruhe «in. Nun soll Schluß 
Jgemacht werden, und Lüdemana beantragt, die beiden 
etzten Punkte der Tagesordnung: .Sozialisierung" und 
„Friedens frage" von der Tage»ordnung abzu- 
fetzen. Bei dem lärmenden Widerspruch den die 
Linksradikalen gegen diesen Antrag erhebe >. kommt e» 
zu Zusammenstößen, die bi» jetzt wohl den Höhe- 
Punkt desien darstellen, wa» man auf diesem Kongreß 
erlebt hat. Die Unabhängigen schreien der Mehrheit 
zu. der Antrag s« ein Bewei» dafür, daß e» ihnen mit 
der Sosialisierung garnicht ernst sei. da» Ganze sei 
eine Ueberrumpelung, «ine gemeine Schiebung der 
schlimmsten Art. Bon der anderen Seite wird da» 
ebenso entschieden bestritten. Ueberall b Iden sich er. 
reate, schreiende, lärmende Gruppen. Da» .Volk" auf 
den Tribünen greift in die Verhandlun en ein. Unten 
im Saale droht man sich mit den Fäusten, von oben 
herunter winkt und droht und brüllt man. ein kreischen¬ 
der Zuruf einer Genossin schrillt gell von d« Tribüne 
herunter in den orkanartigen Lärm hinein. Sbert 
versucht sich Gehör zu verschaffen, um die Sache aufzu- 
klären. Leinert schwingt erregt, aber ergebni»lo» 
die Glocke, e» schreit und lärmt und brüllt von allen 
Seiten wohl eine Viertelstunde lang. Und man lärmt 
nicht vergeblich. Da» .Volk" setzt seinen Willen durch: 
der Antrag Lüdemana wird abgelehnt und die Sitzung 
vertagt. 
In der heuttgen Sitzung steht e» im Ditzung»saa!e 
wüst und leer au». Auch die Trrbünen sind schwach 
besetzt, nur die Spartakustribüne, von der au» da» 
»Volk" mitzuregieren pflert. weist eine gute Besetzung 
auf. Zunächst wird da» Resultat der namentlichen Zet. 
telabstimmung über den Antrag Lüdemann mitieteilt: 
Es haben 290 dafür. 115 dagegen gestimmt. Eine Re¬ 
solution der Unabhängigen, die Bunde» st aatenauf» 
z u d e b e n, wird nach kurzer Debatte abgelehnt. Dann 
erhält H i lferd«ng da» Wort zu seinem Vortrag über 
^Sozialisierung". Er schüttet viel Wasser in den 
uberschäumenden Wein der Sozialisierung»fanatiker. 
So glatt und so rasch, wie mancher sich die Sache vor¬ 
stellte. werde e» nicht gehen; man werde sich gedulden 
müssen. Man werde auch nicht konfiszieren können, 
sonder» man werde entschädigen müssen; deshalb dürfe 
auch der Einzelne nicht allzugroße persönlich« Vorteile 
davon erwarten. Ueberhaupt dürfe man die Soziali- 
sierung nicht zu einer Lohnfrage herabwürdigen. Wie 
man sieht, im Großen und Ganzen alle» recht vernünf¬ 
tig. Trotzdem, oder soll man sagen gerade deswegen 
findet er damit bei einem Teil der Versammlung den 
chärfsten Widerspruch, den Barth zum Au»druck bringt. 
Gestern wollte man. so sagt er. die Frage überhaupt 
absehen und heute ? Die gähnende Leere, die in diesem 
Saale herrscht, zeigt, wa» man im tiefsten Herzen da. 
rüber denkt. (Stürm. Beifall bei den Radikalen.) Wir 
fitzen bi» an die Nase im Ehao» und wrr werden darin 
ersaufen, wenn wir in dieser Frag« nicht gründlich und 
schnell arbeiten. (Zuruf: Demagoge.) Wa» hindert un» 
denn morgen, eine Verfügung hinau»geh«n zu lassen: der 
Kohlenbergbau ist von morgen an Staatseigentum. 
Da» Volk will Taten sehen, sonst macht e» nicht mehr 
mit. Nach längerem Hin und Her wird die Debatte 
geschlossen und ein Schlußantrag angenommen, ebenso 
ein Antrag Lindemann : mit der Sozialisierung aller 
dazu reifen Betriebe. in»besonder« de» Bergbaue» un¬ 
verzüglich zu beginnen. 
Die Hoffnungen der Mehrheit, daß r« wenigsten» 
heute ohne die üblichen Lärm» und Radauszenen ab. 
gehen wird, wird schwer enttäuscht. «» ist eine Ironie 
de» Schicksal», daß gerade ein Antrag der di, beiden 
feindlichen sozialistischen Parteien zur Einigkeit mahnen 
will, den Anlaß gibt, zu Lärmszenen, die alle» bisher 
Erlebte noch weit in den Schatten stellen. Ein Ver¬ 
treter der Frontsoldaten trat in einer ganz offenkundig 
ihm au» dem Herzen kommenden eindringlichen Weise 
für die Einigkeit ern. Die Unabhängigen und 
EparrakuSleute antworten mit einem Hohn- und Spott- 
tzelächter, rufen dadurch den Widerspruch der Mehrhert 
und schon ist der Spektakel fertig. Di« «indring, 
lichen Ausführungen bt» Frontsoldaten haben auch 
Ledebour, der wegen .unüberwindlich«" Heiserkeit 
«uf fein Referat d« Fried«n»frage verzichtet hatte, 
«ine so belebende Wirkung, daß er ptötzlrch seine 
Stimme wiederfindet. Er redet sich in eine immer 
cößere Hitze hinein, reizt dir Mehrheit bi» auf» äu- 
erste, der Tumult beginnt wieder zu wachsen und ar- 
et in ein förmliche» Toben au», al» Ledebour mit den 
Dingern auf die Volksbeauftragten auSruft: Mit die¬ 
sen diskreditierten Krreg-beförderern wollen wir nicht» 
fu tun haben. Jetzt setzt auch da» Volk auf der Tri. 
üne ,in. Ein Brüllen. Johlen, gellende 
Pfiffe erschallen von allen Selten; im Sitzungssaal« 
drlden sich erregte Gruppen, die wild durcheinander 
schreien und sich mit den Fäusten bedrohen. Nur müh» 
Sam vermag sich ein zweiter Frontsoldat, ein Vertreter 
i« noch auf dem Rückmarsch befindlichen Truppen, 
durchzusehen. Aber auch er gibt den Kampf angesicht» 
dieser Raserei auf und zieht schließlich den Eint, 
nung»antrag, der solche Erfolge gezeitigt hat, re¬ 
signiert zurück. Nun erscheint ein dritter Soldach der 
v»e Kameraden auffordect. im Osten und Südosten, 
»m Weiten die Kameraden aufzuklären, über da», wa» 
Hier geschehen ist. Die »nwort werden Sie. ruft ei 
den Unabhängigen zu, am 19. Januar erfahren. 
Wie von der Tarantel gestochen, fudren die llnab» 
hängigen von den Plätzen auf. Wieder br,cht ein 
fürchterliche» Toben au». Pfiffe gellen abermal» 
durch den Saal und eine ganz« Anzahl Unabhängiger 
?kürzt sich auf den Redner, einer packt ihn so.mr. aber 
chlietzlich siegt die Bewnnenheit doch rm letzten Mo. 
ment. Eine Szene muhte auch Scheidemann er¬ 
leben. der noch bevor er da» Wort er rrff, von seinen 
Anhängern mit lebhaftem Händeklatsch»» empfangen 
wurde. Da» war aber zugleich auch da» Signal für 
»ch Unabhängigen, dre alle» versuchten, ihn niederzu» 
»rüllen. wobei _ sie von de« Tridünenbesuchera rrne 
Kräftige Unierstützung fanden. Auch Scherdemann ,rng 
«b mü der Drohung. fr.tz die »«twort a» 1». Ya»u« 
gegeben werde. 
t Unter den zahllosen Erklärungen. Telegrammen, 
mit deren Verlesung die Tagesordnung schließt 
ß 
befindet sich auch ein Telegramm de» Arbeiter, und 
Soldatenrat» Frankenstein, in dem s«s«rt:ge» Einschrei¬ 
ten gegen Liebknecht und Genossen vertnrgt wird. Nach 
einem Schlußwort de» Vorsitzenden Lernert und mit 
einem Hoch aus die revolutionäre und vereint« sszrali. 
jtische Republik Deutschland wird hierauf die Tagung 
geschlossen. 
Nach dem Rätekongretz. 
Man schreibt uns au» Berlin: 
Gott verschone un» vor einem zweiten solchen h'ir- 
oolutionsparlament! Man muß es gehört, gesehen und 
erlebt haben, wie sich die Herren Delegierten in ihrer 
letzten Sitzung gegensestig in di« Haare gefahren sind, 
als sie über den Antrag einer gütlichen Einigung und 
Bereinigung der beiden feindlichen sozialdemokratischen 
Bruderparteien beraten sollten. Ein richtiger Hexen¬ 
sabbat. Nur gut, daß olle» vorbei ist und sogar noch 
oerhästnismätzig glimpflich vorüberging. 
Der erste Räle-Kongretz hat getagt und wir möch¬ 
ten glauben, daß es wenigen nach einer Neuauflag, 
* «lüstet. Immerhin ist die politische Bedeutung dieser 
leichskonserenz der Arbeiter- und Soldatenräte nicht 
gering zu veranschlage«. Sie hat der Mehrheit»- 
sozialdemokratie einen unbestrittenen 
Sieg gebracht, sie hat dem demokratischen Ge¬ 
danken über die Forderung der Klassenherrschaft zum 
Sieg oerholfen und sie hat der Reichsleitung eine er¬ 
hebliche Festigung und Stärkung ihrer Stellung ge¬ 
bracht. Gerade die Erkenntnis, daß der Radikalis- 
mu» aus dem Kongreß auf schwachen Füßen stand, hat 
immer wieder zu wüsten Szenen geführt, da durch 
Lungenkrast und Terror ersetzt werden sollte, was der 
äußersten Linken an wirklicher Macht und Einfluß 
mangelte. Insbesondere der mit überwältigenderMehr- 
heit gefaßte Beschluß der F r ü h r r l e g u n g de« Ta¬ 
ges für die Wahlen zur Nationalversamm¬ 
lung hat deutlich erkennen lassen, daß sich allmählich 
in den weitesten Kreisen auch der sozialistischen Mos¬ 
en die Ueberzeugung durchgesetzt hat, daß nur di« 
Nationalversammlung al» Ausdruck der Willensmei- 
nung de» ganzen Bolle» geordnete Verhältnisse un» 
wieder dringen könne, und daß nicht» törichter wäre, 
al» dem deutschen Volke noch der furchtbaren Nieder¬ 
lage in diesem Kriege eine Parteidiktatur und Klassen- 
Herrschaft aufzuzwingen. 
Auch die Entfernung de» Berliner 
v»ilzug»rates. dessen Wirken nicht nur für 
Berlin, sondern für da» ganz» Reich mehr al» einmal 
verhängnisvoll gewesen ist, Ist ein« dankenswerte Tot 
de« Rätekongresser. Die Reichsregierung ist nunmehr 
wenigstens nicht mehr «urschließllch die Beauftragte 
der Berliner A.» und S.-Räte und sie besitzt setzt 
Kraft de» Beschlüsse« der Reichskonferenz die Macht 
und da» Recht der Gesetzgebung und Exekutive. Der 
al» Kontrollorgan vom Kongreß in» Leben gerufene 
27er Ausschuß, der Zentralrat, dem aurschließ- 
lich Kandidaten der Fraktion der Mehrheflsso-Iallsten 
aus der Reichskonferenz angehören, gibt hoffentlich des. 
fet al» sein Vorgänger die Gewähr einer ruhigen und 
stetiaen Führung der Reichrpeschäftr. 
Di« Regierung selbst Ist unverändert geblieben, 
wa» ihr allerdings nicht olsBorzug ongerechnet werden 
kann. Mehr al» einmal hat der Kongreß den Bewei» 
erbracht, daß die fetzige Reichsleitung wahrhaftig kein 
einheitliche» Gebilde ist und e» ist überau» fraglich, 
ob das Derbleiben eine» Manne» wie Barth in der 
Regierung das so dringend nötige einheitliche Han¬ 
deln der Reichsleitung ermöglichen wird. 
Dringlicher als bisher schon wird an die Regierung 
jetzt di« Forderung gestellt werden, daß fi« für die Zeit 
bi» zum Zusammentritt der Nationalversammlung g e» 
ordnete Verhältnisse ln unserem Innern 
schafft. Sie hat dir Macht in Händen, um den bren¬ 
nendsten Bedürfnissen Genüge zu tun; konnte sie bi», 
mit einem Schein von Berechtigung zu ihrer Entschul- 
digung noch geltend machen, daß die tatsächlich ob¬ 
waltenden Berhältnisse ihr eine Betätigung ihres guten 
Willen» überaus erschwerten, so hat sie nunmedr Ge- 
lrgenhett zu zeigen, wie stark der Wille Ist, den sie zur 
Geltendmachung der Rechte de» Volkes oufzubrinarn 
enffchlossen ist. Di» ihr obliegenden Aufoaben sind 
zweifello» riesengroß, «bet fir selbst hat sich zu ihre« 
Bewältigung gemeldet «ntz darf «ach gewiß fein. fr,ß 
ihr dir Unterstützung aller guten Deutschen niemal« 
fehlen wird, wo « «m die Rot von Volk »nfr v«tr»° 
land geht. 
Die Bildung de» Zentralrate». 
Berlin, 21. Dez. Der neugewöhle „Zentralrat 
dar sozialistische« Republik Deutschlands" hat sich 
am 20. Dezember gebildet «nd zu Vorsitzende« Lei- 
nert (Hannover), Lohen (Neuß) und Hermann 
Müller, zum Kassierer Schäfer (Köln) und zu« 
Schriftführer Waeger (Ostfront) bestimm,. 
Der Vollzuggrat der H.» und S.-Räte Groß. 
berlinS führt die Geschäfte für Gioßbeiliner Ange¬ 
legenheiten. _ 
Die Kornmandogewatt in den Garnisonen. 
verlin, 21. Dez. Dre Beschlüsse, die die Reichlkon. 
seren, der Arbeiter- und Soldatenröte mit Bezug auf 
da» Herr und dre Kam man da ge Walt gefaßt hat. 
die in den einzelnen Garnisonen den örtlichen Soldaten- 
raten übertragen werden sollte, haben zu verhandlun. 
gen zwischen dem ersten Generalquartiermister General 
Gröner und der Reich»Ieitung geführt. Die 
verhandlun ,en haben, wie verlautet, zu einer v e r - 
stäntigung geführt, die bald mitgeteilt werde» wird. 
Ein Aufruf Hindenburg». 
Keitel, 21. Dez. In einem Aufruf. «egeLe» si» 
Großen Hauptquartier LilheI«»hShe, Weihnachten 1»18, 
blickt Generatield«narsch«L ». Hindenbur, «uf die 
gewaltigen Krie »leist ungrn de» zur Wehrhaftigkeit er¬ 
zogenen deutschen Volke» in Waffen zurück, 
da« nicht vor einer Welt von Feinden zusammengc» 
brachen sei. Hierzu befähigt sei «« durch ta» heilt e 
Feuer der vatert,nb»tieb«. dem Witten zum 
Step« und dem Geist der Treue. La» deutsche 
Heer sei dahin, Zerfetzt, «ufgelfrst, »bwoht di» ,u etzt, «fürch¬ 
tet un» geachtet von den Feinven. Den Offizieren, h»ch 
und niedrig, komme al» Erziehern und Führern de» VolkS- 
heere» unbestreitbar ein hoher Anteil an dem Rudme 
zu. E» sei eine kt«inliche Rache, ibnrn die Lbzeicte« 
und Waffen «bzuspi«tien un» sie at» unfähig der v«. 
seht«,rwalt »u erklär«». Die Zerstörung »er n«« 
ti»n«ten Hizf* de» deut,chen Solfc» »en Grund 
«uf sei die Adficht jener »e»n;:n«nden zersetzen den 
Geister, die am Werke seien, um die Reugefialtung d-a 
Grundlage zu hemmen Trotz mancherlei Krankest», 
rrschemungen, vereinzelten Fällen von Setbstwicht. 
Eitelkeit und Unwahrhaftigkeit lehre da» deutscheDsfi- 
zrerkorp» gesund und stark au» dem Kriege zurück. 
Da» deutsche Cffi lerlcip* sei kerngesund; seine Le. 
bensaufpaoe sei da» Woh! der Gesamtheit und die Ehre 
de» deutschen Namen». Darum habe e» sich auch in 
den Dienst der neuen Re rerung pestellt, um den Zu¬ 
sammenbruch unsere» nationalen und wirtschaftlichen 
Dasein» zu verhindern. Dabei muß e» aber erbittern, 
wenn in kleinlicher Rache die Autorität im Heere un¬ 
tergraben wird. Alle jene aber, die sich al» Schma¬ 
rotzer im deutschen Offiziertkorp» gezeigt haben, sollten 
und müßten ab, eschutteit werden. Der Aufruf schließt: 
Wenn ich als Oberbefeh »hrder de» deutschen Feld¬ 
heere» am Ende meiner mrutArischen Laufbahn meine 
Stimme erhcbe für meine Kameraden und Untergebe¬ 
nen. mein« treuesten Stützen in Kampf und Not. so 
möge man darin auch ein heilige» Vermächtni» au» 
der verganrenheit entnehmen für die neue Zeit, für 
die neue Zeit, der deutschen Stämme mit der alten 
Mahnung: .Wa» du ererbt von deinen Väter« Haft, 
erwirb e», um e» zu dcsitzen." 
Vranktekch» Schuld am Krlege. 
* Berlin, 21. Dez. In einer Unterredung mit 
de« Tonderlrrichteistotier de» Lokolanzeiaer» sprach 
der frühere deutsche Botschafter in Paris Freiherr 
von Schorn über di<- Vorgeschichte de- 
Krieges, kr saate «. Das frarnösiiche Volk 
bade zweifest»» 1914 den Krieg nicht gewollt, ober 
>s bade in Fr«n?>e>ch eine Krieasparlei bestanden, 
die schließlich die Oberhand gewann. Im Mai 
1814 bade.der fion ösische Bo'schaster der Schweiz 
vorgrschloaen, sich von ihren Nachbarn die Neuirali- 
lät garaniieren zu lassen und al» Gegenleistung die 
Verpflichtung der Verpflegung von Verwundeten 
der Kriegführende« im Kriegsfall zu übernehmen, 
wogegen Frankreich geneigt sein würde, der Echnreiz 
di« Geireiderinfubr «uf seinen Bahnen zuzusichein. 
Bei den darauffolgenden Verhandlungen zwi!chen 
dem französtichen Militäraitachee Major Pageot 
und dem schweizerischen Generalstab habe Pageot 
n. a. erklärt, da di» Au«g!eich«vrrhandlungen zur 
Beseitigung de» deutsch-französischen Gegensatzes in- 
bezug auf E lsatz-Lotdringe» erfolglos gewe en 
und ein Entgegenkommen Deutschlands nicht zu er¬ 
warten sei, müsse es schließlich einmal zu 
einer Auseinandersetzung komme«. Der 
Major habe unbedingt mit der Mitwirkung Ru߬ 
lands und England» und mindesten» mit der 
Reurraliiät Italien» gerechnet. E» fei damals 
zu keiner schriftlichen Abmachung mit der schweize- 
rischen Regierung gekommen, aber der Vorschlag 
des französisch?» Botschafters, daß iw Kriegsfall« 
Frankreich die Getreidezufuhr nach der Schweiz 
unter der Bedingung zusichern wolle, daß di« Schweiz 
das verbleiben des Getreides im Lande garantiere, 
habe «ußerordeniliches Aufsehen erregt und eine 
Anfrage bei der deutschen Regierung veranlaßt, ob 
si, in der Lage sei, di« ungehinderte Zufuhr von 
Ke'reid» und auch von Kohle zuzusichern. In 
Berlin habe man sowenig an ein« un¬ 
mittelbare Kriegsgefahr geglaubt, daß 
Perh«ndlungen mit der Schweiz wegen Ausführung 
des AohIenabkommenS erst für spätere Zeit in Aus¬ 
sicht genommen wurden. Frankreich habe mit der 
«bsolut sicheren Unterstützung England« 
in einem Krieg gegen Deuuchland gerechnet, daß 
im Kriegsfälle die Getreidezufuhr via Rotie'dam 
durch Deutschland hindurch gesperrt sein würde. 
Frankreich allein hätte die Blockade nicht durchführen 
können. Während der Spannung de» Balkankrieges 
Hobe der Botschafter dem französischen Minister- 
prtfldenten freundschaftlich einen Verzicht auf gegen- 
s»itige Rüstungen und friedfertige- Rebeneinanderleben 
d»rgesch'«gen, worauf Barihou mit der Forderung 
der Rückgabe von Elsaß-Loihringen geantwortet habe. 
N«u» ««erhSrt« Forderungrn Lrr 
Fran;»fen. 
Die Franzosen haben neue unerhörte Forderun- 
gen an di« deutjch« WaffenstiüstandSkommijsion ge¬ 
stellt. 
Ei« »erlonirn, baß D,»tschl«nd di» Hiit»nwerke 
nutz Fabriken ktsaj-Lothringens und der benach¬ 
barten Gebiete mit Kohl« nnd R,hstosse versorgt. 
Ang«f»rdert werde« für die kisenerzeugunq in den 
genannten Gebieten au» de« rechtsrheinische Koh¬ 
lenrevier täglich 10500 Lonne« Koks, die wesenllich 
mit der Eisenbahn herangeführt und für die Eisen¬ 
erzeugung diene» sollen. Für die anderen Werke 
der Gebiete soll die notwendige Kohlen- und Koks- 
menge vou 35000 Lonne« täglich auf dem Was¬ 
serwege geliefert werden. Dazu kommen 
noch Kohlenlieserungen für die Be atzungstruppen. 
Außerdem verlangte die französische Vertretung die 
Lieferung von Fabrikaten und Material und di« 
»Rückerstattung" de» den Werken entnommenen Ma¬ 
terials. Beauftragte der französischen Rraierung 
sollten in Deutschland an Ort und Stelle diejenigen 
Feststellungen und Rachpiüfun-eu vornehmen, „die 
zweckdienlich sein würden". Damit wäre natürlich 
;eder Handel« p onagr Tür und Tor geöffnet. Im 
Falle der R chibefolgung dieser drakoniichen vor- 
ichrrftrn wurde in der französischen Wunichliste „so¬ 
fortige Anordnung von Gegenmaßnahmen" an.e- 
droht. Die deuriche Wirtschaftskommission erklärte 
sich trotz der krassen Einseitigkeit die er Forderun'«n 
zu ibrer Eröiterung nach dem Prinzip der Ge¬ 
genseitigkeit bereit. Der fron zös. Oberst Mei cl« 
als Sachverständiger brach jedoch dre Verhandlungen 
brüsk ab. 
w. Berlin, 81. Dez. Di« deutsch« Wassenstill¬ 
standskommission teilt «it: Zur Weitrrführuna der 
von französi cher Seite vor?elegten Forderungen 
über die Belieferung vonElsaß-Lothrinaen 
und der Nachbargebiete mtt rech srbein icteu Brenn¬ 
stoffen und anderen Rohma'er allen soll «ach de« 
Vorschlag der französtichen Regierung am 28. Dez 
in Luxemburg mir dem vom Genei alstab un'r von 
Fach bestimmten französtichen Generaloberst Mkr¬ 
eier und einer deutlchen Kommission, die höchste-s 
aus drei Personen besteht, verhandelt werden. Die 
deut che» werde» sich «lsdaO d»Uh«, 
d «geben. 
Erzberger Über Kack» 
V»rlin, 21. Dez. Ein Mitarbeiter der »Aat. Ztg." 
Reich,» auf ftcfunMt politischer iuU> wrltjchajürcher hatte «oe 1I«tair»i>ung nut de« vorfitzend«» d«r d«ut- 
schen Waffenstillstand, .ommission, Staat»,ekretar Sr* 
berger. in deren «erlauf «rzberger äußerte daß un- 
zweifethost zu erkennen war. daß General Fach dreS. 
mal den Deut'chen freundlicher ent egenkam und emen 
wohlwollenderen Ton anschlug. Da» erstemal hatte er 
die Waffenstillstand,lommission mrt großem Mißtrauen 
betrachtet. Im Laufe der Vechandiun^en sa^te Ge. 
nerat F»ch. dotz er verstehe, daß den deutschen verhan- 
delnden Gruppen drei An elegenhcrten am Herze» 
sie en. nämtich Leben»mittetversorgung Her- 
beiführun« erneS möglichst schnellen Fr re den» und 
die deutschen Kriegsgefangenen. Auf den letzten 
Punkt wollte General Fach diesmal mctt erngeben, 
hinsichtlich der beiden anderen Fragen nahm er aber 
eine wohlwollende Haltung ein. Den stärlsten Eindruck 
auf Foch macht« offensichtlich die S> klarung. daß da» 
Deutsche Reich demobilisiere. Erzberger sagte, dap 
unsere Erklärungen bei der Ent?nte jetzt Vertrauen 
finden, weil man gesehen habe, daß wir di« Macht be¬ 
sitzen. unser« Zusa-ren einzulöien. Ueber die Persön¬ 
lichkeit de« General» Fach erklärte Erzbrrger, daß er 
du^ch und durch Soldat ist und energische» und de- 
stimmte» Auftreten Hab«. Wiederholt wie» er mit be¬ 
sondere« Nachdruck darauf hin. daß er sich nur mrt 
militärischen Fragen ,u befassen habe und daß d,e 
Politik ihn nicht» angehe. Daher wurde auch über dl« 
inneren deutschen Verhättnrss« nicht gesprochen. Wa» 
die «- u S -R ä t e antangt. so werden diese von,roch 
im bei etzten Gebiet au»drücktich nicht anerkannt. Erz- 
berger wurde )chtießl,ch gefragt, wie e» mit der Mög- 
lichkeit einer Besetzung der b rSher neutralen Zone steht 
und erwiderte darauf: „General Foch habe sich in dieser 
Fragtz freie Hand aurbedungen. um gegebenenfalls dre 
neutral« Zone zu besetzen, aber nur dann, wenn ge- 
wisse Bedingungen nicht erfüllt werden sollten. Ich 
glaube, daß e» mir gelungen ist. diese Gefahr zu zer, 
störe» und kann heute sckon sage, daß dre Bedingun- 
ge» erfüllt werde» können." 
Die englischen Forderungen. 
Haag. Wie der .Daily Expreß" erfährt, faßte 
das britisch, ReichSkriegskabine't wichtige Beschlüsse 
über die Bedingungen, di« der Friedens¬ 
konferenz vorzulegen sind. Das Kabinett will 
>n erster Linie darauf dringen, daß die deutschen 
Kolonie» nicht zurückgegeben werden. Was 
die Frag« der Sntichädigung anlangt, so würden die 
briiischen «n'prüche wohl solange zurückgeitellt werden 
müssen, bi» die französischen und belgischen Ansprüche 
befriedigt find. Werter will man Deutschland dazu 
zwingen, die Rohmaterialien für den Wieder- 
aufbau der alten und für die Gründung neuer In¬ 
dustrien zu liefern. Es wurden weiter Maßnahmen 
vorgeschlagen, um eine Ueberschwemmung der briti- 
schen Märk'e mit deutschen und anderen Waren, die 
i« großen Quantitäten für den Abtransport fertig 
liegen, vorzubeugen. Man müsse eine scharfe Em- 
fuhrkontroll« einführen. 
Der König von Italien in Paris. 
Senf. 80. Dez. Ter König von Italien ist 
Donneretag in Pari» eingetroffen. Präsident 
PoinrareundMinisterpräsident Clemenceau empfingen 
ihn auf dem Bahnhof. Am Abend besuchte der 
König «it dem Herzog de» Präsideule» Wilson und 
dann den Präsidenten Poinc rr«. 
»uf einem Festessen hielt Po in rare »inen Toast 
auf den König, worin er der italienischen Politik ge- 
dachte, die schon 1L0S sich endgültig vom Dreibund 
abgewendet und Frankreich dreve sicherunggegeben 
bade, daß Italien an keinem Angriff auf Frankrerch 
teilnehmen werde; die» Wort habe Italien gehalten 
(aber d»e Verbündeten verraten. D. Red.) und eS da. 
vit der französischen Regierung ermöglicht, ferne be¬ 
sonder» tüchtigen Atpentru ppen gleich beim Anfang 
de» Kriege» an die deutsche Front zu werfen. 
Der König von Italien nannte in seiner Erw'.de- 
rung die vom Präsidenten betonte Verbindung zwischen 
Frankreich und Jialie» einen neue» Bewei» für dir 
Unsterbtrchkeit der ruhmvollen lateinischen Rasse. Dü 
Sonne de» Siege» leuchte über der Erfüllung der Hoff, 
nungen Frankreich» und Italien», der Wiederkehr der 
einst Frankreich durch preußische Gewalt entriflenen 
geheiligte» Gebiete an den Buse« de» Murterlande», 
und der Gewinnung der natürlichen Schutzwehren für 
Italien, de» Alpenwalle» und de» Adriatrschen Meere». 
Ei« seltsamer Plan. 
Brrsla», 84. Dez. Ober schlesische» B'ätiern liegt 
eiu Fl»gbla 1 mit «iner Erklärung bei, di« zur Bil» 
tun« einer unabhängige» Republik Ober- 
schlefieu unter Garantie von Deutschland, Polen 
und dem Tichechenftaat auffordert. Hierzu teilt das 
polnische Kaltowitzer Blatt «Gazeta Ludowa" mit, 
daß von den Anhängern dieser Idee bereits 8 Ab¬ 
gesandte »ach Prag geschickt worden seien, um mit 
Masaryk zu verhandeln. Dieser habe ihnen erklärt, 
daß di« Tschechen Anspruch auf Teile OberschlesienS 
machen, aber einer Republik Oberschlesien sympathiich 
gegenüber stehen. Alle» häng« von der Entente ab. 
Er habe einen Kurier nach Paris gesandt, um über 
diese Frage Bescheid zu erhalten. 
Nicht nur, daß die Feinde Stücke von Deutsch¬ 
land losreißen wollen, auch in Deutschland gibt es 
traurige Gesellen, di« ihr Vaterland in Fetzen auS- 
einanherreißen möchten. Wirhrscheinlich sind in Ober¬ 
schlesien auch polui che Hände mit im Spiele. Ten 
Anstoß bat wohl die famose Kirchen- und Schul- 
po ilik Adolf Hoffmanns gegeben. Auch ander- 
lvärt» hat sie die Maart:« Störung gefördert, 
deren Parole LoS von Berlin ist, aber beim 
Reich wlll man dort doch unter allen Umständen 
bleiben. Erreicht wird durch die oberichlesi!chen Afi- 
!plit>erungsb«!lredungen nur, dag die Entente di« 
Uneiniglelt in Deutjchland wachsen sieht, unsere 
Hltfldsihkeit sich'zunutze macht und mit täglich er¬ 
höhter Anmaßung auftritt und jchiverere Forderun- 
,e, flkflt 
Ltsaer gegen Sparlakar. 
In einer Versammlung des Münchener Sparlakur« 
bundes wurde Ministerpräsicrnt Eisner mit stürmi¬ 
schem Beifall, oder «uch zum Teil mit Pfeifen be- 
»rüßt. Der Ptii.'strrprusivent erklärt« den Bersam» 
mrlien, »it Rotzer Reootmiarrerrderei und -spielerei 
werde nicht» erreicht, «nd wiederholt« mit ernstem 
Nachdruck: „Spielen Sie nicht mit dem heuer. Ich 
warne Sie! Weun die Orhuung nicht aufrechterhal¬ 
ten werden k«nn, tz»nn letze ich ZnstärtLe, die ich nicht 
wünsche. Ich «arre Nie. Sie hebe« unter sich die 
Reart!»«. welche Stint fließen lasse» will. Ist da» 
erst geflossen, dann iß dos «uch fr«« Ende der Revo 
lutionl^ 9* «ttfitznd m iknechr irsße Auf» 
ti 
e
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.