Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

Jerusalem operieren, nach einer ereignislosen Nacht 
kiiren Vormarsch gegen Jericho wieder auf. 
Nach geringem Widerstande rückte um 8.20 morgens 
australische Kavallerie in das Dorf ein. 
\}m See- nnfl HebeiMki-le«. 
eine einrigartise Leiftttng. 
Deutsch« Kren,er im Stille« und Jüdische» Cjtan 
— 450 Gegangene, wertvolle Ladung. 
Mid Berlin, 23. Febr. (Amtlich.) S. M. S 
Hilfskreuzer ,Mol^ ist nach 15monat iger 
Kreuzfahrt durch den Atlantischen, Indischen 
und Stillen Ozean dank der hervorragenden Füh¬ 
rung seines Kommandanten, Fregattenkapitäns 
Nerger und der glänzende» Leistung seiner Be¬ 
satzung glücklich und Erfolg gekrönt in die Hei 
mal zurückgekehrt. Das Schiff hat de» See¬ 
verkehr zu unseren Feinde« durch Vernichtung von 
Schiffsraum und Ladung in schwerster Weise geschä¬ 
digt. Mehr aks 400 Angehörige von Be¬ 
satzungen versenkter Schiffe, darunter die verschie¬ 
densten Nationalitäten, insbesondere auch zahlreiche 
farbige und weiße Militarpersoneu stud durch S. 
M. S. „Wolf" nach Deutschland üöerge- 
führt. 
Außer mehreren von bewaffnete« Dampfer» er¬ 
beutete« Geschützen hat S. M. S. „Wolf" große 
Mengen von wertdÄlen Rohstoffe»: Clummi, 
Kupfer, Messing, Zink, Kakaobohnen, Kopra usw. 
im Werte von vielen Millionen Mark 
zurückgebracht. Nähere Angaben werden noch ver¬ 
öffentlicht. 
Der im Februar 1917 von S. M. S. „Wolf" 
aufgebrachte und als zweiter Hilfsk c'uzer ausge- 
rüstete englische Dampfer „Turritella", der den 
Namen „Iltis" erhielt, hat unter Führung des 
ersten Offiziers S. M. S. „Wolf". Kapitänleutnant 
Brandes erfolgreich im Golf van Aden ope 
riert, bis er durch englische Streitkraste gestellt und 
von der eigenen BesaArng versenkt wurde, die sich 
in Stärke von 27 Köpfen in englischer Gefangen 
schast befindet. 
Diele unter den schwierigsten Berhältniffen ohne 
jeden Stützpunkt und ohne Verbindung nrit der 
Seimat durchgeführte Kreuzfahrt S. M. S. „Wolf" 
stellt eine einzigartige Leistung dar. 
Der Chef des AdmiralstabeS der Marine. 
Die in der Seekriegsgeschrchte aller Zeiten un¬ 
übertroffenen Taten unserer Kreuzer und Hilft- 
schiffe find um eine neue und glänzende Leistung 
vermehrt worden. 
Niemals zuvor fft unter ungleichen Verhältnissen 
von dem schwächeren Gegner so Ueberkeaenes gelei¬ 
stet worden, wie in diesem Kriege von unserer Ma- 
rine gegen die Vereinigung der stärksten Seemächte. 
Den Feinden stoben Hilfsschiffe, Seefestungen. Zu- 
fluchtsbäfen in de'- ganzen Welt zur Verfügung, 
tvährend untere Schiffe nirgends die aerinoste Hilfe 
erwarten können und jedem Zwischenfall ohne Ret¬ 
tung verloren sind. 
Was die „Emde n" trotz alledem aeleistet bat. 
war nicht nur militärisch glanzend, sondern auch 
von recht erbeblicbem Einfluß aiff die Kriegführung 
und die Wirtschaft Enalands. In noch erhöhtem 
Maße gilt das von den beiden Krertteffahrten der 
„M ö v e" unter Korvettenkapftän Graf Dobna- 
Slftlohitten. die nacki gewaltigen Erfolgen im Kreu- 
zerkrieq aeacn den feindlichen Handel zwei'rfl die 
britische Sperre durchbrach und mit Beute und zahl¬ 
reichen Gefangenen im heimischen Hafen landete. 
Die Fabrten des Hilftschiffs „Seeadler" in den 
fernen Gewäffern de§ Stillen Ozeans endeten zwar 
weniger glücklich, da kein Füh-er, Graf Luckner, 
nach ruhmreichen Taten und groben Erfolgen in 
Gesangcnscbaft geriet, aber auch dieser Kreuzer hat 
in fernen Meeren dem deutschen Namen Ruhm, und 
Ehre verschafft. 
Und nun kommt eine neue Melduna. die unsere 
Herzen böber schlagen läßt: der Bericht von den 
fünftierteliäh^iaen Kreuz- und Querlabrten des 
Hilfskreuzers „Wolf" unter Fregattenkapi¬ 
tän Nerger, die noch über das hinausgehen, was 
ihren Vorgängern Solang. 
Bis in die a u st r a l i s ch e n Gewäsier drang 
das moderne Wikingerichisf, das nun erfolggekrönt 
mit mehr als 400 Gefangenen in die Heimat zu¬ 
rückkehrte. Außer durch die Schädigung der feind¬ 
lichen Schiffahrt und Wirtschaft hat der Kreuzer 
durch Herbcischaffung großer Mengen wertvollster 
Rohstoffe — Gummi, Kupfer. Messing, Zink. Kakao¬ 
bohnen, Kopra im Betrage von vier Millionen — 
unserer Kriegsführung unvergleichliche Dienste ge¬ 
leistet. 
Wahrlich: wenn die L e i st u n g den Erfolg ent- 
scheidet, so kann niemand unserer Marine den 
ersten Rang in der Welt streitig machen. 
Sonne, Regen und Wind im Gesicht, weiß sie stets 
aufs neue die Welt zur staunenden Bewunderung 
zu zwingen. Die Heimat aber wird fast verlesen 
um Worte des Lobes und des Dankes für solche 
Leistungen, die das unmögsich Scheinende imruer 
wieder so unbearciftich osämend erfüllen. 
Frgattenkapitän Karl August Nerger. der HeD 
der beispiellos kühnen und crfolgre-chen Fuhrt über 
die von den Briten „beherrschten" Meere, ist 1863 kn 
die Marine eingetreten. 1611 wurde er zum Korvetten, 
kaptiän befördert und zur Dienstleistung in- Reichs¬ 
marineamt kommandiert. Im Reichsmarineamt war 
er kurz vor Ausbruch deB Weltkrieges der Abteilung 
für ilitärische Fragen der Schfffk-kouitruktion und der 
Wtffenausbildung zugeteitt. 
Ter U-Bootkrieg. 
^td Berlin, 23. Febr. (Amtlich.) Neue N-BootS- 
erfolce im westlichen Mittelmeer: 22,000 
Br uttssr Register rönnen. Ein etwa 6609 Tonnen 
großer bewaffneter tief beladener Frach'dampser mit 
Passagier deck wurde aus Zerstörer- und Fi'chdampfer- 
bedeckung der bewaffnete tief beladene Transport- 
Kämpfer „Maiar" (2700 Br.-Reg.-To.), aus einem 
stark gesicherten Geleit-ng herausee choffen. Unter 
den üdriapn versenkten Sckiffen konnte der bewaffnte 
erst 1917 erbaute sian-ömche Dampfer „Bille de 
Verdun" festaesiellt werden, der mit Erdnüssen von 
Dakar nach Marseille unterwegs war. Ter Kapitän 
des Dampfers wurde gefangenaenommen. 
Der Cbef deS AdmiralstabeS der Marine. 
vtb Berlin, 28. Febr. Namentlich der neu erbaute 
und schon wieder versenkte Dampfer „Bille de Verdun¬ 
ist nur cm Be.spiel unter vieren, für daS Mißgeschick 
daS die französische Handelsflotte feit Kriea-beg-.nn 
verfolgt, wäre es nicht unser Borteil, wir könnten auf- 
nchti« Mitgefühl empfinden für den Niedergana der 
französischen Seewirtschaft. 7814 zählte die französische 
Handelsflotte 2'/, Millionen Brtg.. 1616 immerhin noch 
2,2 Millionen, aber Ende 1617 gab sie der UnterftaatS- 
sektretärLemery rn der Kammer mit .kaum- I V, Millionen 
Brtg. an Die Verluste 1917 berfffett „irair Bläh 
dom 3. Januar nach einem Br.fsatz von P. de Rousier 
mehr als dobpelt so hock wie 1916. nämlich 699.048 
gegen 318.580 Tonnen. Allein im lebten Jahre tour, 
den demnach 28 vom Hundert des Friedensstand«» der, 
nicktet und _ seit KriegSbegin« beinahe die Hälfte. 
Ohne Unterstützung durch 1,3 Millionen englischer und 
0 7 Millionen neutraler Brtg. könnte die französische 
Regierung nicht im entferntesten ihren Schiffsraum- 
bedaf, den de Monoy am 26. Dezember 17 in der 
Kammer auf 7% Millionen Brtg. schätzte, befriedigen. 
Jnteresiant ist die Tatsacke, daß England noch vor ei¬ 
nem halben Jahre Frankreich mit 2 Millionen Brtg. 
nushclsm konnte Von den obengenannten 1,8 Mill. T. 
bat England k»r seine eigene drinn-oben Ziuecke im 
Laufe de» leiste« Hakb'abreS 706 066 Brtg. znrückge. 
zogen und wird unbarmherzig weitere Kürrungen fol. 
gen lassen, denn was kümmert die englischen Mockt- 
Haber die Schwierigkeiten der französischen Robstaff- 
bersorgnng, wenn der N.Bootkrieg ihre eigen« Ein, 
fuhrwirtschaft mit dem Zusammenbruch bedroht. 
«etd Berlin, 22. Febr. (Amtlich) Neue st-choots» 
ersoae aus dem nördlichen Kriegs chauplatz. 
18000 B. R. T. Unter den versenkten Scki'ffen' 
befand sich ein großer Dampfer von über 10000 
B. R. T. vom Aussehen des englische» Dampfer« 
„Orama". 
Der Ebef deS AdmiralstabeS der Marine. 
wtb Berlin, 82. Februar. Der englische HilfSkreu, 
zrr „Orama" war ei» neues, schnelles, mit Turbine« 
und drahtloser Telegraphie ausgerüstetes Sckiff von 
12 827 Tonnen und wurde am 18. Oktober 1617 ver¬ 
senkt. An Fahrzeugen über 12 000 Tonnen zählte die 
englische Handelsflotte 1614 nur 71 Stück. Auch der 
fast tägliche Verlust kleiner Fiicherfahrzeuge schädigt 
die Ernährung Englands empfindlich bei der Hochsee¬ 
fischerei. und der Genuß von Fischen spielt drüben eine 
erbeblick wicktioe-e Re»? als bei uns. Don der ebe. 
malS etwa 2290 ^amp'er zählenden Fstcherflotte steht 
heute, soweit neck vorhanden, der areßere Teil al» 
Minensucher. V-ol-it» o^er ^acktt'ckitte im Marine., 
dienst, H-nweis aui dielen Notstand beanttagle 
der Abg. ^"ellairds nn Unt^rbause am 26. Januar 1918 
die Freigabe von 200 flischdamtssern für den Fang. 
Der Vertreter der englischen Admiralität erwiderte, 
daß inlolge des wacklenden Bedarfs zurzeft an keine 
Freigabe von F^ckdawpfern zu den*en sei. Da der 
Fang eines ?°ilckdan-vl-rS >n Frie^enS-eiten ani ei¬ 
ner zwei- bis dreiwöckioeu Neffe 106 060 Pfund Fische 
n--d mebr beträat. läßt sich der Ausfall ermessen den 
d«'e engiiscke Vo"?ernöhrnng durch den U.Bootkricg 
auch auf diesem Gebiete erleidet. 
Ein französisches kl-^oot verloren. 
»ttd Baris, 23. Febr. (Aaence HavaS.) DaS U- 
Boo t „Bernou i llc", das vor einigen Tagen z« 
einer Kreuzkahrt au-gelanken war, ist bisher nicht 
an leinen Stützpunkt zursickaekehr,. 
Furchtbare 'ffskatastrophe in der 
Nordsee. 
Ein englischer Geleikzua von 29 Schiffen ve^nngknckt. 
Kopenbiwea, 23. Febr. Die hiesigen Blät¬ 
ter melden mrs Bergen, daß ein großer engli¬ 
scher Handelsgeleitzug von einer K a- 
tastrophe betroffen worden sei. Montag 
früh verließen 29 Schiffe, und zwar 18 skandina- 
viscke vnd 11 englische, im Geleitzuoe England mrf 
der Reise nach Norwegen. Der Geleitzug geriet auf 
See in einen furchtbaren Sturm. Am Mitt¬ 
woch morgen ereignete sich dar erste Unglück. Ein 
dänischer Dampfer verschwand plötzlich. 
Hinzueilende Schiffe fanden eine Anzahl Drackstücke 
«nd die um Hilfe rufende Besatzung: es war aber 
unmöglich, sie zu retten. Nach den Drackstücken zu 
schließen, bandelte es sich mn den dänffchen Dam¬ 
pfer „Georg". Mittwoch nachmittag versank 
dkötzlich der englische Dampfer „tzar"owgate". am 
selben Abend der schwedisch« Dampfer „Svanoe". 
Auch ein anderer Dampfer ging verloren. 
Während der ganzen Reise wurden weder Untersee¬ 
boote noch Kriegsschiffe gesichtet. Es wird daher 
nicht angenommen, daß die Schiffe versenft worden 
seien. — Die ,F>orrowqate" ist untergeaanaen, weil 
ich die Lgdung verschoben hatte. Bon den 29 Schif¬ 
fen des Geleitzuoes find nur acht in Bergen ein» 
getroffen und später noch zwei in Stavanger einge- 
laufen. Man hofft aber, daß es noch eine'' größe¬ 
ren Anzabl Schiffe gelungen ist, einen englischen 
oder schottischen Nothafen zu erreichen. 
So tranrrg vom rein menschlichen Standpunkt der 
Tod so kieker neutraler Seeleute ist. ko zeigt dock da« 
Geleit durch englische Kriegsschiffe. daß es sich bei dem 
ganzen Gekeitzug neutraler Schiffe um sehr unneu- 
Wale Schiffahrt in englischen Diensten unter englischem 
Woffenschrrh gehandelt hat. Von diesem Gesichtspunkte 
aus muffen wir Hervorbeben, daß der Sturm Schiffs¬ 
raum in nnsers Feindes Dienst zerstört hat. wodurch 
die Not Englands, das in diesen unbarmherzigen 
Krieg gegen uns leichten Herzens eintrat, weil e» ihn 
leicht zu gewinnen hasste, weiter vergrößert wird. 
Vernichtung van Schiffsraum wird manchem unserer 
apsermütiaen Soldaten an der' Front das Leben er. 
halt-n. Das Ungrück. von dem die neutralen Schiffe 
befallen worden find wäre ohne das englische Geleit- 
zngshstem. das eiue Mebrzahl von Schissen gleichzeitig 
ein und derselben Gefabr aussetzt, nicht so groß ge, 
wesen. Cs wäre zu wünschen, daß die Neutralen im¬ 
mer mebr erkännken daß nur ste es sind, die in den 
ihnen anaebotenen englischen Gek-itzügen die Haut zn 
Markte tr-^-en. Das gilt sowohl unseren Untersee¬ 
booten gegenüber wie vom Aufruhr der Elemente. 
dann werde ein in allen Landern ausbrechender 
Massenstreik die „Gewaltmenschen" niederrin- 
gnes. Wenn der Abg. Ledebour im Reichstage 
behauptet, auf andere Weise als durch einen Gene¬ 
ralstreik werde ein Bersiändigungssrieden nicht zu 
erreiche» fein, dann wirst das auf die hinter ihm 
stehenden Dtaffen natürlich genau so, als wenn er 
ste direkt aufforderte, baldmöglichst in den 
Generalstreik einzutrete«: zinnal frie Ar' eitet ja 
recht gut wiffeu, daß auch die „unabhängigen" So- 
zialdcnrotraten im Parlament einen gewissen Wert 
darauf legen, äußerlich nicht als Anstifter des 
Streiks zu erscheinen und ihre Redewendungen ent¬ 
sprechend einrichten. In Wirstichkeit bedeutet also 
die Aeußerung des slbg. Ledebour eine ganz unzwei- 
deuttoe neue Aufforderung zum Gene¬ 
ralstreik. In dieser Verbindung ve-d'ent eine 
Mitteilung der „Deutschen Taoesztg." Beachtung, ■ 
wonach seit e;«iocr Zeit Ameicben verschiedenster 
Art darauf bindenten. daß planmäßig und in 
großem Umfange gewühlt wird, um 
die Arbeiterschaft in einen neuen 
Streik hineinzutreiben. 
* 
Erkranstrng des Gra'en Podewffs. Staatsminister 
Graf Podewils kann infolge E'kraukung an den 
weiteren Friedensverhandlungen vorerst nicht teil- 
nehmen. An seiner Stelle ist der Geheime Legation», 
rat von der bayerischen Gesandtschaft in Berlin, 
v. Echoen, abgeordnet, der bereits die Reise nach 
Rumänien angetrewn bat. 
Vollstreckte Todesurteil« in Italien. Laut „N. 
Zürcher Ztg." meldet Agentur Stefani aus Rom: 
Die zum Tode verurteilten, des Kriegsverrates be¬ 
schuldigte» italienischen Staatsangehörigen Gatti. 
Lanzetti und PegaMno wurden in dem' Fort Pie- 
tralta erschaffen. 
Falsche polnische Nachrichten. Nach M'tt-ilungen 
von amtlicker Sielle ist die Meldung daß in Ezen- 
stochau, Lodz und Wloclawek der Belagerungs¬ 
zustand der 'ängt worden fei und daß der polnische 
Reaent'chaftsrak den Feldmarichafleuinant Rozwa- 
dowsst zum Generalissimus aller polnifcheu Abtei- 
lungen ernannt habe, unzurr.ffend. Die Nachncht 
fft e iirnden. 
* Ein Perser in Persien von England verhaftet. 
Der Führer der persischen konstitutionellen P<rr- 
teien und ehemalige Vizepräsident des persischen 
Parlaments Prinz Snleiman Mirza, fft auf persi¬ 
schem Boden durch den englischen Konsul in Ker- 
mandschah festgenommen und als britischer Gefan- 
siener nach Khanekin abtransportiert worden. Me 
kedem Rechtsgefühl ins Gesicht schlagende Verhaf- 
ttrng des angesehenen persisch«! Politikers hat in 
ganz Persien die größte Empörung «msgelöst. 
Deutscher Reichstag. 
Sitzung vom 23. Februar. 
DerP-rpst über fe ne Fr ede'i sbefirevunqen. 
Köln, 24. Febr. Der Papst richtete an Kardinal 
v. Hartmann ein Schreiben, in dem er ihn fiir die 
Weibnockts-Glückwün'che dankt und über seine Frie¬ 
dens - Bestrebungen erklärt, es freue ihn be'onderS, 
zu e> kennen, daß alles, was er zur Abwendung oder 
Beendioung des Krieges im Fn ereff« des allgemeinen 
Walles bisher un>ernommen habe, der Kardina's 
volle Zusiimmirng gesunden habe. An eister Stefle 
tröste ibn das Bewußtsein, recht eeffandekt zn haben, 
dann aber auch, und zwar nrcht wenig, die Zustim¬ 
mung aller Gutgesinnten. Ter Papst'schließ»: „Da 
wir mit unserer Mahnung nichts für dre Beendi¬ 
gung der unmen'chlichen Leiden erreicht haben, wollen 
wir uns im Gebete an Goit wenden. Der Frieden 
ist n cht so sehr eine Frucht menschlicker Bemühun¬ 
gen, als ein. Geschenk der oönlichen Güte." 
Keine Kriegsgrfangeuenpost nach Rußland mehr. 
, Von zilstänt iger Seite wird nöitgeteilt: Mit 
Rücksicht auf die veränderten Politischen Verhält¬ 
nisse hat der Austausch von Kriegsgefangenenpost 
mst Rußland durch die Front eingestellt werden 
müssen. Ta auch auf dem Wege üker Schweden 
zurzeit keine VefördennngSgeleoe"heit nach Rußland 
besteht, k-'mnen bis auf weistres keinerlei Post¬ 
sendungen an Krj^H-xsf,„^n» in Rußland an¬ 
genommen werden. Dasselbe gilt für die bisher 
über Schweden und Rußland ieförderlen Postsen. 
düngen an Kriegsgefangene in Rumänien. 
Neue Strekkagitation. 
In der M.ittwochsitznng der Reichstags hat der 
Abg. Ledebour erstatt, ein wirsticher Verftän- 
digungSsrieden werde erst möglich sein, wen» da« 
Vroletariat „seine Macht in di« Wagschale werk^ 
Einige RcchnungSsacheu werden erledigt. Zur Der, 
Handlung steht dann der Bericht des Hauptausschusses 
über militäriscke Angelegenheiten. 
Ein Antrag Müller-Meiningen (fr. Dpt.) 
Fehrenbach (Ztr.t, Stresemann (natl.). Stückten (C.) 
ersucht den Reichskanzler, dafür Sorge zu tragen 1. 
die Entlassung der Jahrgänge 1869 uno 
1870 au» dem Heeresdienst, L Zurückziehung derjeni. 
gen Mannschaften des L a n d st n r m e S, die seit 
ÄriegSbeginn unausgesetzt 'm Felde stehen. 
Der HauptauSschuß lordert weiter die Beseitigung 
oder wenigstens die Milderung zur Strafe des streu¬ 
en A r r e st e s. Auch sollen alle Mannschaften ein 
^echt auf Urlaub haben. Die Uniodangigen 
Sozialdemokraten verlangen eine Denkschrift über die 
Strafrechtspflege in Heer und Marine wäh. 
rend des Krieges. 
Abg. Stück len (Soz.): Die Entlastung der ältesten 
Jahrgänge mutz nu» endlich erfolgen. Die MUitär» 
Verwaltung hat bisher die Beschlüste des Reichstages 
nicht beachtet, Diele von den Leute» sind schon (50 
Jahre alt und für die Verteidigung absolut nicht mehr 
zu brauchen, sie liegen nur in Lazaretten und kosten 
viel Geld. &3 könnten leicht Hunderttausend«! von 
älteren Leuten fr ei gemacht werden. Leider gibt eS 
noch immer Leute, die jahrlang keinen Urlaub erhal¬ 
ten haben, die Offiziersburschen fahren dagegen mehr¬ 
mals im Jahre nach Hause, um der Frau Hauptmann 
Lebensmittel zn überbringen. 
_ Abg. Müller-Meiningen (Fr. Dp): Die Jahr, 
gänge 1666 und 1870 müssen unbedingt zurückgezogen 
werden. Bayern hat bis 1872 alle Jahrgänge in die 
Heirnat zurückgenommen. In Preußen ist rm Februar 
erklärt worden, daß nur noch etwa tausend Mann 47, 
und 48fähriger Landstürme! an der Front ständen, 
das fft eine direkt falsche Angabe. Viele Verordnungen 
des KriegSmimsteriums werden an der Front gar 
nicht beachtet. Am meisten leidet der Mittelstand. Die 
Urlaubsklagen sind berechtigt. Auch darf der Urlaub 
nicht zu^ Homsterfahrien mißbraucht werden. Ein ge¬ 
meingefährliches Treiben ist es, die Volksvertretung 
und die Oberste Heeresleitung gegeneinander auszu. 
spielen. 
General von DriSbrrg: Man sollte nicht Hoff, 
nun gen erwecken, die nicht erfüllt werden. Die Ent. 
lassung der Jahrgänge 1869 bis 1870 hängt lediglich 
von der militärischen Lage ab. Das Gleiche gflt von 
der Zurückziehung aus der vordersten Linie. Es wäre 
gefährlich, weitgehende Anträge anzunehmen, weil da¬ 
durch unerfüllbare Hoffnungen erweckt werden könn, 
ten. Die UrlaubSvertoeigerung als Strafe sei unzu¬ 
lässig. wenn auch eine Verschiebung unter Umständen 
nötig werden könnte. Don Mißstimmung an der 
Front habe ich nichts bemerkt. Als die Nachricht von 
Brest.Litowsk kam, haben mir die Truppen bei Apern 
zngerufen: „Hurra. Herr General, jetzt geht es den 
Engländern ans Fell!" Das ist die wahre Stimmung 
an der Front. 
Abg. Werner-Gießen (D. Fr.): Wenn Väter und 
Söhne in der Front stehen, daun muß unbedingt der 
Vater zurückgezogen werden. 
Gegenüber dem Abg. Ryffel (U.-Soz.) erstatt 
General Scheuch: Aus politischen Gründen finden 
Wiedereinziehvngen nicht statt. Erst recht nicht wegen 
Zugehörigkeit zu einer politischen Partei; wohl aber 
würden solcke Leute eingezogen, die sich als Hetzer her¬ 
ausstellten und die Bedingungen für die Zurückstellung 
nämlich Leistung von Dcunitionsarbeit nicht mehr er¬ 
füllten. (Beifall rechts) 
General v. Lengermann bittet, dem Anttag auf 
Vorlegung einer Denkschrift über die Strafrechts, 
pflege abzulehnen. Ein solcher Antrag würde außer¬ 
ordentlich schwierige Arbeit bereiten. Dem Reichstag 
werde bald «n Entwurf zvgehen, wonach in solchen 
Fällen, die mit strengem Arrest bedroht weichen, eine 
mildere Strafe zug-kaffen werden kann. 
Abg. Prinz Sckönoich-Earolath (natl.): Daß der 
Urlaub nicht nnmittelbar nach einer Strafe eintreten 
kann, liegt auf der Hand. Wir haben dos Vertrauen 
zur Heeresverwaltung, daß sie alles tut, um im Sinne 
des Antrages zn wirken. 
Abg. v. vlraefe (kons.): Der ResolUtionSbazillnS 
grassiett bei uns. Alle Selbstverständlichkeiten, über 
die wir alle emig sind, werden in diese Form gegossen. 
Damit wird der Sacke kein Gefallen getan. Bei den 
KriegSgesell^chalten sitzen immer nock viele Leute, die 
«ingezogen werden könnten. Jetzt füllen sie. an den 
Fingern große Ringe mit Brillanten. Perln'adrln »n 
den Schlipsen, die KupceS erster Klasse. Sir sollten 
e» lieber lieb-r ernmal im Schützengraben versuchen. 
(Sehr richtig! recktS.) 
Abg. Haegv (Els.5 wandte fick gegen die Ausnahme, 
bcbandlung elsaßlothttngifcher Soldaten bei UrlanbS- 
anträgen. 
Abg. Wirth (Ztr.): Aus den Briese« aus dem 
Beide -yfcnnxi «an «cht ein objektiv«» Bild ans de« 
Felde draußen. 68 entsteht vlekmeyc nur «tn Zerr» 
dild. wie w.r es bei der Rede deS Abg. Rhssel geiehen 
haben. Mit der Behandlung der Beschwerden durch 
das Kriegsministerium sind wir sehr zufrieden. Wir 
leugnen keineswegs, daß Schäden vorhanden sind aber 
wir sind doch überzeugt, daß es immerhin da« nur 
Ausnahmefälle sind, die moralischen Kräfte des Volkes 
haben in diesem langen Kriege eine starke Einbuße 
erlitten, aber die Summe der moralische« Kräfte un, 
seres Volke» wird doch ausreicke», diesen Krieg sieg- 
reick zu beenden. lLebh. Beifall.! 
General v. Wttsberg legt entschiedene Verwahrung 
ein gegen die Anschuldigungen des Abg. Rvssek. vmi 
einer Verbitterung an der Front könne gar keine Rede 
sein. (?S herrsche dort durchweg die alte deuffche 
Dienstfrcudigkcit. Abg. Rhssel habe mft »einer Rede 
allerdings einen Erfolg: er finde damit Beifall drau¬ 
ßen beim Feinde. (Lebh. Beifall rechts. Unruhe bei 
den" Sazmldemokraten.) 
Nach weiterer imerheblkcker Anssprache werden die 
Anttäge de» Ausschusses und der Arttrag Dr. Müller. 
Meiningen angenommen; der sozialdemokratische A». 
tron wird abgelehnt. 
Montag: Etat. 
Deutsches Reich. 
* Große Reichstaqsfitzung. Im Reichstag 5t> 
omnt heute nachmittag die Beratung des Etat». 
Reichskanzler Graf Hertkinp, der gleich zu Beginn 
das Wort nimmt, wich etwa en« hakbe Stunde 
spreche», der stellvertretend« Reichskanzler v. Pacher 
eine Stunde. Am Dienstag wird Reichsschatzsekre» 
tär Gras Rödern den Etat begründen. Vizekanz¬ 
ler v. Payer wird im Name» der Regiernna eine 
entschiedene Erklärung zugunsten deS gleichen Wahl¬ 
rechts in Preußen abgeben. 
* Das dentsch-österreichisch-ungarffche WirischaftS» 
bnndnis wird laut ,Tägl. Rundsch.^ wadrkchernkich 
nicht zustande kommen, da gegen ein solches 'awohl 
die industriellen wie landwirtschaftlichen Are, c Norv- 
und SffddeuischlandS Bedenken hegen. Dre entgehe»« 
den Vorarbeiten für daS Bündnis würde dann de« 
Handelsverträge zugute kornmen, der an dessen Ereile 
trettn würde. 
* Nationalliberale und Mehrheitsparteien. Di« 
Nationalliberalen im Reichstag wollen ihr Weitere- 
Zusammenarbeiten mir den Mehrhettspatteie» tm 
der bevorstehenden Stellungnahme der Sozialdemo» 
kraten in der Frage des letzte» Streikes abhängig 
machen. 
* Daß die Unabhängigen Sofialdem»kraten tat 
Reichslage gegen den Friedensvertraa mit der 
U r k a i n e gestimmt laben, rst selbst dem „BorwärtS" 
zuviel. Er liest diesen Genossen folgendermaßen di« 
Leviten: 
Dieser FttedenSvertrag fft, waS immer man gegen 
ihn sagen map, der erste, der nach einem dreieinhalb¬ 
jährigen Kriege zustande gekommen fft. Er ist oben¬ 
drein nicht m,t einer Bourgeoisregierung, sonder» »il 
emer sozialdemokratischen Regierung geschlossen worden. 
Er leat dem Gegner weder Kontributionen auf noch 
nimmt auf seine Kosten Annexionen vor. Wie in aller 
Weit kommt eine Pattei die eine FttedenSpartei sein 
will, dazu, einem so tck«n Vertrag ihr« Zustimmung 
zu verweigern? Die Pattei der »unabhängigen* 
hat sich je länger, je mehr zur bloßen Nein sage» 
Maschine herausgebildet. WaS immer im NeickStag 
vorgeschlaaen wird, sie stimmt dagegen und fühlt sich 
in dieser leeren Protestgebärde wahrscheinlich noch recht 
nrotzarttg. Naive Gemüter — e» müssen aber schou 
sehr naiv« sein — mögen sich von der Forschheit dieser 
unentwegten Reinsagerei fo.iat imponieren lasse«. Di« 
Arbeiier werden wenig Verständnis aufbrinaen «für 
parlamentattsche Akrobatenkunststücke, mit deren Hilfe 
man vor lauter Friedensliebe gegen den Friede«, d. h. 
doch also für die Fortsetzung des KttegeS stimmt. 
»td Neu-Strelitz, 24. Febr. Groß Herzog 
Adolf Friedrich VI von Meckkenburg-Strelitz ist Plötzlich 
und un-rwartet flestorben. 
Großherzog Adolf Friedrich war 1882zu Neustrekitz 
geboren und batte erst am 11. Juni 1914 nach dem 
Ableben seines BaterS den Thron bestiegen. Er 
starb unvermählt. Eine seiner beiden Schwestern, 
Herzogin Jutta, ist die Gemahlin des Kronprinzen 
von Montenegro, die andere ist mit dem Prime» 
Ernst zu Lippe verheiratet. 
Siebzigster Geburtstag des Königs von Württemberg 
König Wilhelm II. von Württemberg wird a« 
heutigen Montag 70 Jahre alt. Aus diesem Anlaß 
werden ihm aus ganz Deutschland Glückwünsche d«- 
gebracht werden. Sie gelten dem Herrscher, der «S 
verstanden hat, fein Land durch eine von moderne» 
Ge ? erfüllte und zielbewußte Leitung zu hoher 
poiuijcher und kultureller Entwicklung zu bringe«. 
Sur lkirche und Schale. 
* Limb«^. Ueber die Unterbringnnfl v»< 
Kindern aus den Städten auf dem Lande hat de, 
Hochw.Herr Bischof Augustinus folgenden Ettlaß 
herausgegeben: „Zu meiner Freude hat die i« dies« 
schweren Zeit ofi mals bewäbrre Opferwilligkeit meiner 
Diözesanen im vorigen Jahre meiner Anregung, 
unterernährten Städtekindern einen Landaufenthalt 
zu verschaffen, ern dankenswertes Verständnis ent- 
gegengebrachtt Zwar sind auch auf dem Lande die 
Schwierigkeiten der Ernährung gewachsen; ich gebe 
mich aber dennoch der Hoffnung h n, daß der Opfer¬ 
sinn unserer Landbewo ner das bedeutungsvolle Werk 
der Nächstenliebe zu fördern nach Kräften sich be¬ 
mühen wird, um o mehr, als zu hoffen steht, daß 
nach dem glücklich erfolgten Friedensschlnß mit Ru߬ 
land die Knappheit der Lebensmittel, namentlich 
auch die scharfe Erfassung der Leben-mittel auf de« 
Lande, gemildert wird." 
Kur dem Nachbargebiet. 
— Zirkenbach. Der Ersatz-Reservist Ferdinaiü» 
Krick wurde an der Westfront für be ondereTapfer¬ 
keit mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. 
V Großenlüder. Am Sonntag nachmittag strnd 
>m „Kaiierhos" eine recht gut besuchte vaierläadisch« 
Beriammiung des Bolksvereins tiatt. Herr 
Pfarrer Hrllenbrand führte den Bo,sitz, knüpfte 
an die Bitte des Kaisers zur treuen Mrtarbttt für 
die E'kämpfung einer starke« und sichere» Zukunft 
des Baieriandes an und empfahl den BolkSverer» 
als die hierzu ouße,ordentlich wichtige Organisation. 
Er bat den BolksvereinssekretärFran k, die Zuhörer 
zu größiem Pflichtbewußtsein zu begeistern. Dies« 
gern gehörte Redner erfüllte voll und ganz di« Er¬ 
wartungen der ausmerkiam lauschenden Zuhör«. 
Ueber eine Siunde fesselte er alle durch feine treff¬ 
lich n Ausführungen über die miiitäiiscke» politifche 
lind win-chastiicke Lage des Vaterlandes und chu 
eine vor-ügkicke Siimmuna für den Entschluß, in 
Pflichttreue ouezuffalien bis -um fie'teichea Ende 
des Weltkrieges. Der Vorsitzende dankte ver-kichst 
lüc den geniiß- u. leh r«ichen Doriraa, fordei u 
-'en echten Bürger tu enden Spariamkett, Opfer .. »«, 
Aibcitiamkrtt u. treuer Pfilckier>üliung nach jeder 
Seiie hin auf und schloß mit den Worten: Wenn 
in dl.sem Jahre die Enischerdung fallen oll, dann 
liegt das in unserem Willen, in unserer Kraft, wen» 
wir den Willen zum Sieg frisch npd fteudig aufrocht 
erhalte». Eurige Litt)« und eia Hoch auf Kaiser
	        
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