Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

5. -er Beifall deZ Herl. VaterS, de? 
»bersten Friedensfürsien der Welt, der sich in der 
halbamtlichen ^ Zustimmung des „Osserpvrtore Ro- 
rrano" zu den Grundgedanken der Rede kundgibt; 
3. Unruhe, Besorgnisse und angespannte Ge- 
zenarbeit im Lager der Kriegstreiber, 
sie sich bedrängt fiihlen. Aus den Stimmen im 
Perbandslager hat man den Eindruck einer allge- 
rremen grundsätzlichen Ablehnung, wenn- 
;leich sich hier und da schüchtern ein milderer Klang 
in den Cbor mischk Saß die feindlichen Macht¬ 
haber ablehnend antworten würden, war voraus» 
zusehen; denn sie wollen keinerlei Verhandlungen, 
weder amtliche, noch verttauliche, weder allgemeine, 
noch spezielle, so lange sie nickt durch die geplante 
militärische Kraftprobe die Kricaskarw verbessert 
haben. Daraus haben sie ihre letzte Hoffnung gesetzt 
and müssen demgemäß sede Anbahnung des Frie¬ 
dens zu Verbindern oder wenigstens ru verschleppen 
suchen. Diese krieasverlängernde Taksik wird ihnen 
nun durch die geschickte Politik von unserer Seite 
recht sauer gemacht. Daher das große Isußaehot von 
Ministerreden, Zeitungsartikeln, agitatorischen Der- 
anstaltungcn und heimlichen Winkelzügen. 
Die erste Gegerrrede ging bezeichnender WciP 
nicht von der belgischen Regierung 'auch die 
Graf Hertling in erster Linie angeredct hatte, son¬ 
dern von dem englischen Minister Balsour. Eng¬ 
land trat als Vormund Belgiens auf den Plan, 
als Vormund desselben Belgien, dessen Unabhängig¬ 
keit in den Vordergrund geschoben wird. Balsour 
hot außerordentlich weitschweifig gesprochen. Um 
die praktischen Fragen der Gegenwart wickelt er 
geschichtliche Rückblicke herum, sogar mit Aufwär¬ 
mung des alten. längst widerlegten Unsinns von der 
deutschen .Kriegsanstiftung zum, Zweck der deutschen 
Weltherrschaft, und ein Loblied auf das „Gleichge. 
wicht", nämlich auf das „Gleichgewicht auf dem 
europäischen Festlande, dos es England ermöglichen 
soll, auch fernerbin das zerspalteue Europa zu be¬ 
herrschen. Diffrs Beiwerk sollte die Aufme-ksamkeit 
ablenken von der Schwäche der Gegengründe, die 
Balsour zu der aktuellen Kernfrage weoen Belgien 
nur anzuführen vermochte. Deutschst t:d hat die 
Fr/heit und Unabhängigkeit Belgiens angeboten 
und nur die Sickerung geoen einen neuen 
A u g n st du^ch Belgien hindurch verlangt. Ueber 
Art, und Maß dieser Sicherüng der wirklichen Neu¬ 
tralität soll man sich eben in den Vorbesprechungen 
und FriedensverHandlungen verständigen. Wer die 
Besprechung ablehnt und auf das entgegenkommende 
Angebot mit weiteren unannehmbaren Bedingungen 
antwortest zeigt damit, daß er nicht den Frieden, 
sondern die Fortsetzung des Kricaes will. 
An diesem englisch-französisch m Spnnge z«eht 
auch nach wie vor die belgische Regicrrrng selbst, 
die nach einer Kundgebung ihres Ministerpräsiden¬ 
ten nur eine Besprechung unter Teilnahme ihrer 
Verbündeten ffir zulässig hält. D. h. sie bleibt er¬ 
geben unter der Vormundschaft derselben Mächte, 
die Belgien in das Unglück gebracht haben. Ein 
derartig abbängiges Bestien bleibt eine unerträgliche 
Kriegsgefahr für Deutschland. 
Der Vorschlag zur Güte, den wir der landssüch¬ 
tigen Regierung von Havre gemacht haben, ist also 
auf englischen - Besebl abgelehnt. Bis auf weiteres. 
Die zweite Einladung zutn Meinungsaustausch 
war fln den Präsidenten Wilson erganoen, von 
seiten des Grafen Czernin durch das förmliche An¬ 
gebot einer Borbekvrechung mit Oesterreich: von sei¬ 
ten unseres Reichskanzlers durch die Zustimmung 
zu seinen vier „Grundsätzen". Aber Wilson hat sich 
nicht an Oesterreich gewandt. Wilson hat auck über 
die Billigung seiner Grundsätze noch keine Freude 
gezeigt. , Vielmehr wird aus Washington durch die 
Presse ein Fühler ausgestreckt, ob mau nicht Deutsch¬ 
land zu weiteren Verzichtleistungen im 
Westen veranlassen könne, wenn mcm ifmt oestatet, 
die „Beute im Osten" zu behalten. Dieser dumm¬ 
dreiste Schach zug ist halbamtlich mit der kurzen 
Kennzeichnung versehen worden: „Politischer Un¬ 
sinn." 
Das Verhalten WilsonS erklärt sich daraus, daß 
er zur Zeit seinen Vorschlägen zum Meinungsaus¬ 
tausch keine praktischen Fosten geben darf, weil er 
sonst die Pläne seiner Perbündetcn weaen der letz¬ 
ten militärischen Kraftprobe stören würde. 
^ Die feindlichen Machthaber wollen nichts vom 
Frieden hören -oder sehen, — bis sic ihre letzte Kraft¬ 
probe versucht haben. Aber "der Fluch der Menschheit 
nmß die Staatsmänner treffen, die nicht vor dem 
Ausbruch des letzten aroßen Rinacns die Verständi¬ 
gung suchen; ihre S.-fte muß ersticken am Blut, an 
dessen- Opferung sie die Schuld traoen. 
Frankfurt, 4. März. Ueber die geringen Aus¬ 
sichten eines Weltftiedens äußert sich der Berliner 
Korrespondent der „Franks. Ztg.": An urieils- 
fähigen Stellan in den neutraft- ,Hauptstädten, wo 
mau das Material zur Beurteiluna der Wirkung 
der Hertlingschen Rede vielleicht noch ge¬ 
nauer übersehen kann, als bei uns, hat man den 
Eindruck, daß nicht nur die englische und franzö. 
fisch« Presse, wie übrigens auch die italienische in 
ihrer ganz üSerwieacndcn Zahl, sondern daß auch 
'die gegenwärtigen Regierunaen in London und Pa¬ 
ris wie einst unseft Friedensanaebvt so auch die letz¬ 
ten Vorschläge des Reichskanzlers ab¬ 
lehnen. Auch die belcxscke Regierung schließt 
sich dem an. Es ist kaum mehr zweifelhaft, daß die 
führenden Mächte der Entente in Verfolgung ibrer 
auf Eroberung ausgehenden Krieosziele auf der 
Fortsetzung des Krieges beharren. 
Der Papst und de Paten. 
Nack Depeschen ans Warschau bat der polnische 
Regentschaftsrat am l. Februar an den Papst e:n 
Schreiben gerichtet, in dem der Papst der uneuchük- 
terlicken Tre^e der Polen für die katholt cke Ktrche 
versichert und um seinen apostolischen Segen erb ¬ 
ten wird. Papit Benedikü antwortete mit einem 
Schreiben, in dem es beißt: 
Wir nehmen gern und wohlwollend die Aeußerungen 
dieser Liebe u. Verehrung entgegen, Unserer ens w ün¬ 
schen wir euch vor allem das, was wahrlich ieder wohlge. 
sinnte Mensch begehrt, daß das edle polnische Volk zu¬ 
gleich mit der Möglichkeit, sich selbst zu regieren, 
auch mit Gottes Hilfe sein einstiges Wohlergehen und 
seinen einstigen Ruhm wicdererlange. Wir werden 
nicht aufhören, zu Gott zu flehen, daß er über, diesem 
Staate seine barmherzige und schutzreiche Hand halte, 
und als erste der HimmelSgaben, als den Beweis vä¬ 
terlichen Wohlwollens nehmt den apostolischen Segen, 
den wir euch, teure Söhne und erlauchte Männer, und 
dem gesamten Polen huldreich spenden. 
Per Kr!w> im 
Englische Sorge» wegen der Offensive. 
Der militärische Mitarbeiter der Londoner Wal en- 
schrift „The World" schr eb am 15 Januar: „Haigs 
Verluste baben während zweier Offensiven nah den 
Veröffentlichungen des Kr-.egeannes eme Million 
Toter überstiegen. Es war rinve, meidlick, daß die 
englischen Truppen zrir Offensive übergingen und 
alle Offensiven sind sehr kostjpieüg. Die,e Tatsache 
aber macht eS dem Oberkommando bekond'rl zur 
Pflicht, das Leben auch nicht eines einzigen Schützen g 
zu vei sch " »den. Viele unserer Osfmsiven, unter 
denen die Camb aikcklacht nur eine ist, haben gezeigt, 
daß sicher in sehr bedeutenden Fra-en unsere Heeres- 
leimng bin er der deutschen zurückstebt. Andererseits 
ober darf man nicht annehmen, daß die Gesamtvor- 
ckürse*allein auf S>r Douglas Haig fallen. Das 
französische Oberkommando bat auch seinen Anteil an 
dersVerantwortung. Das Krieesgfück der letzten 
4 Feldzugs'ahre zu wenden, ist e«n gigantisches Unter» 
nebmen. Tai ächlick fit.b die Den! eben großenteils 
auf dem entscheidenden Op rationSgebiet i-tzt für 
uns viel gefährlich er, als sie es während ihre? 
Rückzuges von der Marne im September 1914 
waren. Eine aroße Offensive ist in Varbe- 
reitun-r, und cs wäre geradezu Wahnsinn, anz-in chm-n. 
daß sie fechsirinae. Im Gegenteil, siewird zweifel¬ 
los von Erfolg'begkeitet fern. Sie wird wahr¬ 
scheinlich die letzte im K'ieae sein, denn die unge¬ 
wöhnliche'» Verluste, die ans beiden Sett-n erlitten 
wockeil ftn<baben einen ko'ck-m Umfana ange¬ 
nommen, daß kein möglicher mili'äriicher E-fo^g eine 
Fortwtznna d'e'es Gemetzels aulwieaen könnte. Es 
ist darum Pflicht des Kr>egskabinetts, -n solch einer 
Krise die La-e so sorafältra wie mö-lich'zn er'oä'en 
und sich selber da-eaen zu sichern, dyß der entsck- dcnde 
Feldrua von 191S nicht durch unzureichende Führung 
beeinflußt wird." 
Ter ^-Doslkrie-s. 
Wtb Berlin, 3. März. (Amtlich.) Der unermüd. 
kiben Tätigkeit unterer U-Boote fielen im Aermel- 
kanal und an der Ostküste Englands wiederum 
2260g Bruttoregi-stertonnen Handelsschiffs¬ 
raum zum Opfer. 
Unter' den versenkten Schiffen befanden sich der 
englische Dampfer „Hnnismore" von rund 5000 
V-rnttoregWer onnen und ein beladener englischer 
Daiupfer von über 6000 Brutioreoilte' tonnen. Zivei 
Tankdampfer von 5000 und 3000 Brnttoregiüer. 
tonnen und ein enffikcher bewaffneter Fracht- 
dampfer wurde mit Ladung aus starken feindlichen 
Sicherungen berausaelckossen. 
Ter Chef des Admirafftakes der Marine. 
Die W^ar neveuLe in N.val. 
Ueber die in Reval gemachte Butte, wweit sie 
für die Krieassübrung zur See in Betragt komm', 
erfahren wir, daß u. a. ackt alte Untersee¬ 
boote in unsere Hönde eefallcn sind; dazu drei 
Dampfer von 1200 bis 3000 Tonnen, eine An¬ 
zahl kleinere Fabrreu e, Eisbrecher, Hkbes-stiff; 
Schlepper, fe»ner It Bootnetz-Material owft anderes 
Seekiiegsmoterial. — Was euS !en ru "scheu Kftegs- 
schiffen, die vor der Be etznna durch uns in Reval 
waren, geworden ist, ist nicht bekannt. Wir wissen 
nur, daß der Kreuzer „Rurik" auf der Fahrt Mach 
Hslsingfors 100 Seemeilen von Reval en'fe'nt im 
Eise stecken geblieben ist. Es ist wcr'> schein ich, dal? 
die anderen kleinen Kreuzer gleichfalls iikl Meere 
eingefioen find. 
-—«3EP— '■ -- 
Sozialrstffchc To' beit. 
* Wien, IN. Febr. Im Geaenlatz zu den fi’M en j 
Blättern, die dein deut'cherr Vergeben t;:ii A b md - 
durckauS zuftimmen 'üdt-die sozialistische,"tr&ett- r*> -4»"--ck 
daran schar-e Kritik und sch-erbt den neuen t'rie ' ee en j 
Rußland der deutschen Eroberuu asisucktt ou - 
Im Abgeordnetenhaus bringen die Sozi-rsist-w rinn 
Anfrage ein, worrn. die Fortsehun' d-w Irr denke ::- 
Handlung mit Rußland, die grundsätzliche Zuftinnnun - 
zu Wilsons .friedensprogramm, die Joportire Entl-rffma 
der älteren Landstnrmlente oewrdert und obeudreia 
verlangt wird, daß kerne österreichisch-ungarische Truppen 
in der U^rarue gegen Rußland verwandt werden. 
Wobl selten ist politische Unvernuufk so schnell 
vor oller Welt abgeföbrt worden, wie in diesem 
Falle des Bere'-rens nach Fr wdensverhandlunaen 
mit Rußland: kaum sch cken sich die deutschen 
T'iippen z»m Bo-marsch nach Osten an, als auch 
schon die sonst o fanatisch znben und ipröden Herren 
Lenin und Trctzki sich schleunigst zum Frieden'cklaß 
bereit e>klären. Das ist der beste Beweis dafür, 
elche Mittel zum Ziel führen und welche 
nicht. Dieser Fall kennzeic! net aber auch in wünlchens» 
weiter Deutlichkeit die Pol tische Unreife derer, 
die sich nicht gescheut haben, mitten in d'esem Kriege 
eine deran taltlme und undankbare Haltung einzn» 
nehmen, die mit kleinlicher Beschränk heit das 
Pa>teisüppcken'am Feuer des Weltbrdndes glaubten 
kochen zu dürfen. Die logische Fowe der letzten 
Fo-derung müßte lein, daß nian diejenigen, die 
nichts zur Siche-un: der Ukraine b ltrq^en wollen, 
auch nichts von deu> zu kommen läßt, was 
in der Ukraine errun en wird: die Leb nemittel zu> 
Aufbessening un erer E nä'irung. Vielleicht würde 
bann das Ärbeitervolk s inen fal-chen Apoueln 
gtündllch heiml-uchten ii.ed ihnen bcibringen, worauf 
es heute ankommt. 
* 
General Lrrdendorsf Ebrcnboktor. Tie medizinische 
Fakultät der Universität Frcivurg hg! den ärsien Gcne. 
ralguarticrmerster Ludendorff anläßlich der Wieder¬ 
gewinnung der Universität Do.rpat zum^ Ehren¬ 
doktor ernannt, Ter Prorektor der Universität Frei¬ 
burg hat folgendes Glückwunschtelegramm an Gcnc- 
ralfeldmarschall van Eichhorn gesandt: bf 
Tw südivestlicbste Universität Deutschlands bcglück- 
wünscbt Ew. Exzellenz zur Befreiung der östlichsten 
Universität Dorpat und hofft, daß diese Hochschule nutz 
wieder eine Stätte deutscher Wissenschaft 
wird und bleibt. 
* EtnstttNichlaa aege» d'e den töte Gcscndt'chKt 
in Bern. Dem „Bund" zufolge ist vor ku.zem in 
der deutschen Gesan- ischast zu Bern von der sch e'- 
zerischen Post ein Paket mit fa scher dlbsenderadresse 
ans Ba el abgegeben worden, das eine Bor, ichiung 
ntit Pyospho-zündung enthieli, die bei unvorsichtigem 
Hantieren'Veranlassung zu einem Brande l ä-w geben 
können. Das schweizerische poliniche Depariem.ni 
ist von dem Fall durch die deutsche Ge andwchafk in 
Kenn-nis gesetzi worden. Der „Bund" betoiu, daß 
das Vorkommnis ehr bedauerlich sei, auch trenn es 
sich nur »m ein Bub- nstück (?) bandeln ollte. 
* Die Kornvorrätc der Ukraine. Tie Getreide- 
Vorräte in der Provinz Cherson allein belaufen sich 
auf über L0 Millionen Pud (1 Pud sind 33 deutsche 
Pftind). Die in den anderen Provinzen der Ukraine 
verfügbaren Gctreidevorräte sind gleichfalls sehr be. 
deutend. Man schätzt, daß die Ukraine in ihrem 
Gebiet gegenwärtig wenigstens über einig: Hundert 
Millionen Bud Getreide ve- fügt. 
* Englische Ranch- und Ernäh'nngssriPe». In 
einer großen Takak-GesellsL/rst teilte der Präsident 
in-der Generalversammlung dieser Gesellschaft mit, 
daß die englischen Tabakvorräte biunen kurzem ganz 
erschöpft sein würden. Der Präsident wünschte, 
daß Schiffsraum zur Verfügung gestellt werde. Wenn 
die C-ew.ohnheitsraucker nicht eine Unze Tabak pro 
Woche hätten, würden sie um so mehr essen, und die 
Lebensmittel würden doch auch znm größten Teil 
über See eingcführt. Luch Lord Rhondda, der Er¬ 
nährungsminister Englands, hege diese Befürchtun¬ 
gen. 
' Deutsches ReiK. 
* Der ReichstagSpräfident Kamp' ist an einer 
Brustfellentzündung erkrankt und befindet sich in 
einer Lkilanstalt außerhalb Berlins. Bei d-m Hoden 
Alter des Patenten, Dr. Kämpf stcbt <** iß. Seben?» 
fahre, b-rekckt bei den Anoe'-örigen ern"e B-wroni«. 
c Dnaestelltenkammern. Ein aukgearbeitcter Ge. 
setzentwurf mit mikführlickier Begründung über die 
Erichtung paritätischer Airgestelktcnkommwrn wurde 
von der Vereinigung deutscher Privatbeamten- und 
Angestelltenverbände den zuständigen Stellen einge. 
reicht. Die überwiegende Mehrheit der deutschen 
Privatbeamten und Angestellten Hat sich damit für die 
Schaffung besonderer Kammern für ihren Stand und 
gegen die Angkiedernng cm die zu errichtenden Arbeits¬ 
kammern ausgesprochen. Ueber die Stellung der po¬ 
litischen Parteien zu dieser grnndsähl'chen Frage ist 
bis jetzt bekgj-nt geworden, dnß sowohl die bei den 
sozialdemokratffchen Parteien als mich die Fortschritt¬ 
liche Volkspartei ffw die <?ins>eziehimg der gesamten 
Angestellten in die Arbeitskammern eintreten. 
Auf den glffchen Standpunkt haben sich die gcwerk- 
schaitlichen Angestelltenverl £ nbe gestellt. Tic Ange, 
stellten erstreben aber dauernde Stellungen mit läi,ge- 
ren Kündigringsfristen, die Arbeiter wünschen Icicbt 
und schnell lösbare Dienstverträge, Aus alldem geht, 
wie au? Interessentenkreisen geschrieben wird, her. 
vor, daß die Verhandlungen zwischen der Arbeitg'ber. 
schaft und der Angestelltenschaft überhaupt nicht in 
den Rabmen der Arbeitskammern hineinpasscn. 
* Ein Minister als Mableedner ist in deusschen 
Landen bisher nicht daaewewn. Jetzt bot der Vize¬ 
präsident des preußilchen Smntsministennms, Dr. 
Friedberg, der nach fein-r Ernenmmg znm Mi¬ 
nister wiederum als na'ionallibe.'aler Kandidat für 
das Abg-ordne'enbaus zur Wahl gestellt worden ist, 
vor seinen Wählern in Solingen eine viel be» 
achtete Rcde gehalten und sich in dieser nickt nur 
erneut zu dem gleichen Wahlrecht in Preußen be¬ 
kannt, sondern auch Minel und Weoe angeaeben, 
durch die man die nationalliberale Landtaasfraktion 
für die Zustimm, ng zu dem gleichen-Wahlrecht ge¬ 
winnen könnte. 
* Die rheinischen N'-tionalliberaken für das 
qle-che Wahlrecht. Der Vorstand der nationallibe- 
>a!en Partei der Rbeinprovinz hielt am Sonntag 
in Köin eine Sitzung ab, an der auck Staatsmi- 
nister Tr. Friedberg teilnabm. Nack längerer Be¬ 
ratung wu'de ein Beschluß angenommen, der ein¬ 
stimmig und drin end di? nationalliberale Fraktion 
des Aboeoidneienhanses bittet, für die Einführung 
des rseichen Wa'-lrecktes einmü'ia eiuzutreten. 
* Das Drama von Neustrelitz. Tie „Landeszer- 
tuna für die beiden Mecklenbu-g" veröffentlicht eine 
Erklärung des Ministeriums des großherozgl. Hau¬ 
ses, die besagt: Der Großherzog beabsichtigte sich 
mit der Prinzessin eines deutschen Fürftenibauses 
zu verloben, deren Anmut Und Liebreiz tiefen Ein¬ 
druck auf ihn machte. Vorher müßten Hinder. 
nisse beseitigt werden aus einer früher beab¬ 
sichtigten Verbindung, die wegen der 
Ebenbürtigkeitsfrage gescheitert war. Die 
zur Lösung jener Verbindlichkeiten gepflogenen Ver¬ 
handlungen, die schwieriger waren, als erwartet 
werden konnte, drückten stark auf das Gemüt des 
Großherzogs und als er schließlich die erhoffte gün¬ 
stige Lösung für stark gefährdet ansah, bemächtigte 
"ck seiner eine derarsige Verrwciflnng, daß seine 
klare Urte'kskraft aet"M und sein Gemüt verwirrt 
- -cde. Aus diesem Wrstande geistiger ,Ver- 
j'-ritit? ist allein der unglückselige Sckriit tu 
erklären. Alle anderen umlaufenden Gerüchte sind 
nnb-ear'indet. 
Tie Reicksstelk« als Preistreiber, lieber einen 
aanz mcrkwürdioen Vorgang, der sich in den letzte» 
Agocn in Konstanz äm Bodensee abgespielt hat, 
berichtete der nationollibmale Akg. Koch in der ba¬ 
dischen Kammer. Wie der Slbgeordnete mitteilte, 
sind in Konstanz Beauftragte der Reichsbekleidungs- 
stelle eingetroffen, die alle einschlägigen Geschäfte 
ausgesucht und Waren für 800 000 Mark aufgekauft 
haben, deren Jnventurwert nur 390 000 Mark be. 
tragen hat. Der Abgeordnete wandte sich scharf ge¬ 
gen dieses Gebaren einer Reichsstelle, die hier in 
geradezu anstößiger Weise die Preise habe treiben 
helfen und bei der Auswucherrmg des Volkes vor- 
angegangen sei. An dp Negierung wurde eirpe 
Anfrage gerichtet. 
Kur dem liaDvarqevier. 
Landwirte und Großstadtkinder 
Der Vorsitzende der Kasse' rLandwit'chafs- 
k a »' m ex r ichteie an die Land virte des R g ernn -s- 
bezirk Kassel die eindrinalicke Bitte, sich auch in 
d,e em Sommer der Großsiadtlinder anznn- hmen 
und ihnen E holung unst Kräftigung zu g währen. 
4t T'pperz. Muskener Hermann Willkomm 
von hier wurde im Septeinber v. I. fn.r ieine 
7apfe>keit und E»'schlo'senheit mit dem Eiiernen 
Kreuz ausoezeicknet. Anfangs Oktober kam er in 
d-ck>'»-,„ N- b- n Poe krp-'lle, nachdem iein Ma chinen- 
w r durch ein: Han g a ate unbeauchb.r wu e , 
n-.it nocu 5 .. cm ->atcn >n G fangen schaft; 24 Stun» 
en unir-n sie binier d-r Fron! in einem Keller 
t-iteriueit. Am frühen BWgen überrannten sie den 
Pagen rind eniflohen. Leider fielen der Feldwebel 
und 2 Kaiueraden -n dem sie verfolgenden Piaicki» 
nengewch - ,eur>; Willkomm, an Hand, Anne und 
<ein verwundet, erreichte mit den beiden anderen 
die denl che Li >e. 
2: WcrchcSberg (Kr. Fulda). Der Gef,eite Her- 
mann Ara wn>de im Me en für lapferes Ver¬ 
alten vor dem Feinde nm deui E> einen Kieu; 
ans eze chnet. 
** HainzeN. Der Untrro'sizier Jo'eph Rätzel, 
Inhaber des Ei ernen K>enzes, wurde auf dem 
wesilirten Kr>e, sichaupwtz zum Sergeanien be¬ 
fördert. 
XHatten!',oft Der Unteroffizier Balensin Weß, 
Inhaber des Et ernen Kreuzes, wurde auf dem welt¬ 
lichen Kriegsschanp atz jum Sergcan-en befördert. 
Kerzell. Ter Gefreite Gregor Ha in er, In¬ 
haber des. Eisernen «reuzes, wurde im Ogen zum 
Unrero sizier be ördeik. 
ttz Stork be; Flieden. Der Vizefeldwebel Eduard 
Kräh, Co' n des Hüttners Richard Kräh, Inhaber 
des Eiwrnen Kreuzes zweiter Klasse, erhielt für be- 
sondeie Tapseikrit auf dem westlichen Kriegsjchan- 
Platz da? Eiserne Kreuz elfter Klasse. 
X Rasdorf. Mit dem Eiseinen Kreuz wurde 
der Schütze Emil Kalb, So n des Maurers Jakob 
Kalb, für tap;eres Verhallen vor dem FLtnde aus¬ 
gezeichnet. 
^ Großentaft. Der Gefreite Aloysius G e n s l e r 
Softn des Landwirts und Cchmiedenmislers Adal- 
>bert Gensler, erhielt für sein tapferes und uner- 
jchrockenes Verbal ren bei den schweren Käiiipfen in 
Flandern das Ei-ernc Kreuz. 
eh. Grr tzci iast. Am Sonntag abend fand dahier 
im kleinen -'aale des Ga- tt >ts K hl ffn die 
Männer und Jünglinge -ine Bv.ksvereinsv 'nnm- 
lnng statt. Bor überfülltem Hause sprach Hers 
Volk-V'reinssekretär Frank aus Fulda über die 
gegenwärtige militärische, politl'che und wirtschaft¬ 
liche Laae. Mit großem Interesse und gespannter 
Aukmerk'amkeit folgten die Zuhörer den Worier 
des Redners und gewannen sichtlich die Ueberzeugung, 
daß wir militärisch alänzend gestellt sind, daß wir 
auch wirtschaftlich nichts,'l befürchten hraucken und 
daß alle Vernichtungspläne un erer Feinde zu 
Schanden werden müssen, wenn wir wie bisher auch 
zu Hause wie eine eherne Mauer zufammenstehen 
nud durchhalten bis die Friedenssonne, die jetzt 
endlich den Schleier ihres verhüllten Antlitzes ge¬ 
lüftet hat, uns ihr ganzes lichtes, goldenes, verklärtes 
Gesicht zeigt. Herr Pfarrer Weiaand. der Leiter 
der Versammlung, unterstrich beionders die Aus¬ 
führungen des Redners über die ansschlaggebende 
Bedeutung der Landwirtschaft für den glücklichen 
Ansgang des Kiieges, anerkannte die große Opssr- 
williflkei't der hiesigen Bevölkerung im allgemeinen 
und forderte auf, nicht aus Kleinmut oder Kriegs- 
müdigkeit den glücklichen Ausgang des Krieges, vor 
dem wir un mit eibar i ehe», in Gefahr zu bringen. 
Ein Mirglie'' des Bolksvereins, das an einem vor 
kurzem in Eisenach abgehaltenen kriegswirlschgst- 
lichen Jnsormationskursus teilgenommen hatte, er¬ 
stattete einen kurzen Bericht überden Be> lauf dieser 
Tagung, und verstand es, damit auch weitere Kreise 
seiner Mitbürger für die vielen Anregungen zur 
Hebung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und 
zur Be eitigung der vielen Krebsschäden des KiiegeS 
in der Häuslichkeit und Oeffentlichkeit zu.interessieren. 
Mit einem Hoch auf die beiden höchsten Gewalten, 
in Kirche und Staat, auf unser tapferes Heer 
und seine genialen Führer fand die Versammlung 
ihren Abschluß. j 
$ Poppenhauscn. Der seit Kriegsbeginn ununter¬ 
brochen in einem Fel-a-tillerie-Regiment kämpfende, 
erst kürzlich zum Unieroffizier beförderte Benno' 
Schönberg, Sohn des SattlermeisierS Iranz 
Schönbera, wuide jctzt znm Sergeanten befördert. 
* Kelsterbach. Der fiühere Oekonomieverwalter 
Schulte dahier wurde wegen Geheimschläch« 
terei vethaftet. Er hatte acht Schweine in dem 
abgelegenen Gehöft etneS früheren Bahnwärters 
heimlich abgeschlachtet und das Fleisch zu 7 Mark 
das Pfund an Frankfurter Wirte verkauft. - j 
^ N cd a. M. Der Musketier Otto Fang» 
bänel von hier geriet 1916 in russische Ge¬ 
fangenschaft. Aus dieser floh er vor zwei 
Monaten, er wurde aber auf dem Wege in die Hei¬ 
mat noch zweimal verhaftet, trotzdem gelang es ihm 
immer wieder zu entkommen und Warschau zu er¬ 
reichen. Hier fand er vorerst in einem Lazarett Auf¬ 
nahme. Wie der junge Soldat seinen Angehörigen 
mitteilt, ist es ihm in der Gefangenschaft schlimm 
ergangen. . 
(?) Büdingen. Der jugendliche Heizer Gustav 
Falte auS dem nahen OrliShau'en wurde im 
Hanauer Ostbabnhof, als er die Gleis- überschreiten 
-vollie, von einem Gü'.erzuge überfahren und ge¬ 
tötet. j 
(§) Offenbach a. M. Nach einem Zwist schoß 
die Arbeiterfrau Schmidt in der Schloßgrabengaff« 
ihren Mann nieder. Der Mann kam -lebensgefähr¬ 
lich verletzt ins Krankenhaus. 
h. Frankfurt a. M. Zu Gunsten der notlxiden« 
den Angehörigen des Kl inhandels und Kletnge- 
w rbes hat die Handelskammer ein großzügiges 
Hi fswerk eingeleitet. Aus den eingehenden Geldern 
soll eine Stiftung errichtet werden, die der Handels¬ 
kammer angegliedert wird. Die Leitung des Hilfs¬ 
werkes hat' ein Ausschuß übernommen, an dessen 
Spitze Regierungspräsident Dr. v. Meister-Wies¬ 
baden steht. 
ft. Frankfurt a. M. Eine hier abgehaltene Be- 
zirkstagung des Bundes deutscher Ober- 
Postschaffner beschäftigte sich mit einer Anzahl 
sÄchtechnischer Fragen, die auch außerhalb der Kreise 
der Postbeamten Interesse beanspruchen. Es handelt 
sich, wie Oberpostschaffner W e i g a n d-Mainz in 
einem einleitenden Vortrag cmsführte, um dre 
Uebe- nahme einer Anzahl Dienstverrichtungen durch 
die gehobenen Unterbeamten, die bisher von mitt¬ 
leren Beamten versehen wurden. Im Jntereffe des 
Staatswohles ließen sich große Summen sparen, 
wenn die in der Untcrbeamtenschoft noch vielfach 
nutzlos daliegende Intelligenz ittv Postbetriebsdienst 
mehr Verwendung fände als dies bisher der Fall 
ist. Daß der Ausbau der Unterbeamtenklaffe mög¬ 
lich ist, lehrt die Kriegszeit, in der man wegen Per¬ 
sonalmangels zahlreiche gehobene Unterbeamte in 
Arbeitsgebieten beschäftigt, die, sonst nur mittleren 
Beamten zugängs-rch sind. Einzelne Schäden, die 
durch überraschende Wandlungen in der K'iegsnot 
ausgetreten sind, lassen sich in rubiaer Friedensar- 
bcit vermeiden, sicher aber wird durch die vermehrte 
Verwettdung der gehobenen Unterbeamten im mitt. 
leren Dienst eine nicht zu unterschätzende Bekriebs- 
vcrhillig'tng eintreten und damit dem Staate ein 
großer Dienst erwiesen, der im Hinblick auf die kom¬ 
menden aewalsigen Steuerlasten nicht doch genug 
zu veransBlaaen ist. Um ein ftiedliches und ersvrieß- 
liches Zitsammenarbeiten mit den mittleren Beam¬ 
ten zu 'gewährleisten und nach imten die erforderlich« 
Dienstzttckt zu wahren, sei die Umwandlung des 
Dienstlitcls bezw. der Diensfftellung in eine niedere 
BetriebsBlsitstentenklasse geboten. — Den Verhand¬ 
lungen wohnte auch ein Vertreter der Franffurter 
Obrrvostdirekffon bei. — Die Polftei verhaftete 
den lanagesttckten berüchtigten Keller- und Laden- 
eivb-ecker Wilhelm Götze aus Geuternach. Seine 
Methelfer waren schon vor einiaer Feit festgenom¬ 
men worden. Im Besitze des Verhafteten, der bei 
einer Tran ttnterkcksupf a-fttnden batte, fand Man 
noch ein reiches Lager gestohlener Gegenstände. 
- Hann. Münden. Die frühe e Stärkefabrik 
„Union" wird nack dem Kriege in den Besitz eine? 
'tandwirischaftlicken Unternehmens übetgeben. Ei 
sollen dort hanpt ächltch landwirtschaftliche Produkte 
elagert werden. 
* Sceien. Durch Unvorsichtiakeit erkchos- 
ien winde ans dem Bahnhof ein Weichensteller. 
Zw-i Bahnarbriter hantierten mit dem von einem 
Wachtmnnn für einen Auaenbl'ck abgestellten gela¬ 
denen C'ewe' r. Der Schuß löste sich und amg o?m 
durch ein Fenster auf die Gleise ichauen>en Weichen- 
steller in den Hals. 
EI Höchst a. M. Als dieser Tage eine Wiesba- 
derin ihren nach hier zur Arbeitsletsiung abkgm- 
mandieften Mann unve mutet be uckt-, mußte sie 
d-e Entdeckung macken, daß sich ihr Mann inzwi- 
scheu'einen „Ersatz" in einer belgiscken Arbeiterin 
ge chaffen haue, die mit dem Ungetreuen gemein- 
Famen Haushalt führte. Die betrogene Frau muß- 
te polizetliche Hilfe in An'ptuch nehmen, da der 
Mann Partei für die Belgierin ergriff und gegen 
sie tätlich wurde. 
* Flörsheim. Frau Dr. No?rdlin-er und Fa- 
biikant Fritz No rdli ng er nberwie en der Ge¬ 
meinde die Suitrme von 3 )000 Mark mit der Be- 
stimmiing, dass mit diesen Mitteln ein o-enannte- 
Wohlfah' 1 Sn aus, das Ärbet sloen Obdach bieten 
soll, erbaut we de. In dem Hanse 'o'.len züglet^ 
eine öffentliche Lesehalle und ein Heimatmuseum
	        
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