Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

uldaer Zeitung 
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Zreitog den 11, Januar 1918, 
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45. Zahrgang. 
Der Öfuljdje Tagesbericht. 
«rtb Große» Hauptquartier, 10. Im,. 
Westlicher Kriegtsckiauvlah. 
Südöstlich von Dpern am Nachmittage lebhas. 
ler «rtillerickamps. Westlich von Zandvoorde 
scheiterte ei» starker nächtlicher Erkundung-Vorstoß 
»er Gußiäutet 
Hn der übrigen Front blieb dir Gefechtstätigkeit 
gering. _ 
Im Dezember betragt der Verlust der selndllche» 
8» st st reit kr aste an de» deutschen Fronten 
V Fesselballone und 119 Flugzeuge, von denen 47 
hinter unseren Linien, di« übrigen jenseits der geg- 
verischen Stellungen erkennbar abgcstürzt sind. 
Wir haben im Kamps 82 Flugzeuge und 2 Fes¬ 
selballons verloren. 
LestlicherKriegrschauplatz “T* 
Nichts Neuer. L+. 
und 
Mazedonische Front 
Italienische Front 
Tie Lage ist unverändert. 
Ter Erste Generalauartiermeister: Ludendorsf. 
nctd Berlin, 10. Jan., abend». (Amtlich.) von 
den Kriegsschauplätzen nichts Neue». 
Hesterrelchisch-unaarischer Tageibericht. 
v,d Wien, 10. Jan. 
Lestlicher Kriegsschauplah 
Waffenstillstand. 
Italienischer Kriegsschauplatz. 
Westlich «siago wurde ein feindlicher Angriff ab. 
gewiesen. 
Der Ehes de» Grueralstab». 
Die Verhandlungen in Vrest-LitolvSk 
Brest-Llt»wlk. 0. Jan. Heute vormittag fand eine 
Vollsitzung, an der sämtliche Delegationen und die 
ukrainischen Vertreter teilnahmen statt. Staattsek. 
retär v. Kühlmann gab zunächst einen kurzen 
Rückblick auf die Vorgeschichte u,rd den bisherigen 
Gang der Verhandlungen: Die von der russischen 
Delegation für die Erklärung der anderen Mächte 
festgesetzte zehntägige Frist ist am 4. Januar 
1018 Mitternacht, abgelaufen, von keinem der an. 
deren Kriegführenden ist eine Erklärung über den 
Veitritt zu den Fr,eden»verhaudlungen eingegangen. 
Wie sich au» dem Inhalt der Mitteilung der verbün¬ 
deten Regierungen vom 2b. Dezember 1917 ergiM. 
war die wesentlichste Forderung, die darin gestellt 
wurde, die einstimmige Annahme der alle Völker in 
?gleicher Weise bindenden Bedingungen durch alle 
eindlichen Mächte. Ter Nickteiutritt dieser Dedin. 
&unge» hat die au» dem Inhalt der Erklärung und 
em verstreichen der Frist sich ergebenden Folgen. 
Da» Dokument ist hinfällig geworden. 
Der Staatssekretär kam dann auf die Forderung 
»er russischen Regierung, die Verhandlungen nai 
Stockholm bezir. in da» neutrale Ausland zu ver, 
legen, zu sprechen und erklärte e» al» feststehend und 
u n ab änderlichen Beschluk der vier ver. 
bOMbrten Mächte, daß sie nicht in der 
S» gef i n d. die Verhandlungen an einem 
ün deren Orte weiterzuführen. Cie sind 
ab^r wie finder au» Höflichkeit bereit, die forninle 
Schlusiverhandlung und Unterzeichnung der Präli. 
minarien au einem mit der russischen Delegation zu 
Vereinbarenden Orte vorzunehmen und über die Wahl 
diese» Orte» in eine Debatte einzutreten. E» kann 
nicht unerwähnt bleiben, daß seit dem Abschluß de» 
Gedankenaustausche» vor der zeitweiligen Unterbre¬ 
chung der Unterhandlungen sich manche» zngetragen 
ha», wa» geeignet schiene. Zweifel an der auf. 
richtigen Absicht der russischen Regie, 
r u n g zu erwecken, mit den Mächten de» Vierbunde» 
»um Abschluß eine» raschen Frieden» zu gelangen. In 
e»ner der russischen Kundgebungen war eine angeb, 
lrch ,n der Sitzung vom 28. Dezember 1017 dnrch den 
Vorsitzenden der russischen Delegation Herrn Joffe 
gegebene Antwort au»führlich wiedergegeben, die wie 
ein Einblick in die Akten lebrt. lediglich au »'der 
Phantasie de« Erfinder» entsprungen 
ist. Diese ,n allen Teilen erfundene Mit. 
teilung hat erheblich dazu beigetragen, da» Urteil 
über den bisherigen verlauf der Verhandlungen zu 
verwirren und deren D.gebniffe zu gefährden. Wenn 
ich trotzdem d,e Hoffnung nicht völlig aufgeben möchte 
daß die Verhandlungen zu einem ersprießlichen Er^ 
gebni» führen können, so gründet sich diese Hoffnung in 
erster Linie auf den un» bekannten und durch die rus. 
fische Delegation in beredter Weise zum Ausdruck ge- 
brachten Wunsch nach einem dauernden u 
»esicherten Frieden und auf die Erfahrung' 
dir wir in den Verhandlungen mit der Arbeitsmethode 
der russischen Abordnung gemacht haben. Soweit sich 
Var vierte Gebot. 
**1 Roman von Lola Stein. 
Im Privatkontor Ernst Dammann» saßen der 
»yef und Hpbert Gregor sich gegenüber. Und Gre- 
gor erzählte dem hoch aufhorchenden Manne alle», 
tvaS er erlebt da draußen. 
• k»nstt 2'ctrtnaitn schüttelte rimnajs ifjtt da» 
«dere den Kopf. 
„Nur um sein große» Vermögen noch zu vergrö- 
ßern hat Alvarez diesen Plan gefaßt? Ich kann 
mir da» nicht Vorsteven. Sprechen Sie doch ganz 
offen, lieber Gregor, haben da auch vielleicht Pri¬ 
vatgründe mitgelprocheiz? Sie umgehen alles, was 
sich auf Alvarez' Familie bezieht. Seine Tochter 
muß jetzt ein erwachsene« Mädchen se'n. Er selbst 
hot mir, als Sie das erstemal in Bueno« Aires 
waren, geschrieben, daß Cie seinen Damen so sehr 
gefallen hätten. Ich habe wohl da» Nichtige getrof¬ 
fen, Gregor, wie?" 
Da gestano Robert Gregor auch diese» zu. Er 
offenbarte de ganze Jntrigue. 
„Und wissen Sie auch. Gregor, daß dieser Al- 
darez sein Vermögen und seine große Position zum 
tzrrßtrn Teil wir verdankt?" sagte Ernst Dam¬ 
mann. „Al« ich ihn kennen lernte, war er nicht» 
und hatte nicht». Aber er war ein intelligenter, 
fähiger Kopf. Da habe ich ihm die Mittel gegeben, 
um ein großer Kaufhaus zu gründen, durch jahre¬ 
langen .Kredit habe ich ihn in den ersten Jahren 
leine« Bestehen« hochgehalten. E« sind die« alte 
Schulden, die lange getilgt sind, denn er ist sehr 
vermögend geworden, aber doch mit meiner Hilfe! 
Und da« will er mir so lohnen! 
Nun, gleichv'el, solche Erfahrungen macht man 
oft im Leben. Und diesem einen Kunden, den wir 
da verloren haben, werden wir nicht lange nach« 
trauern. Tie andern werden w'r un« zu erhalten 
wissen. Ich werde gleich morgen persönlich an un¬ 
sere Kunden schreiben, dir werden jetzt nicht ab. 
springen, dafür ist mir nicht bange. 
au« den vor der Arbeitspause geführten verhandknn. 
gen ein Urteil bilden läßt, holte ich die Schwierig, 
feiten materieller Natur nicht sür groß 
genug, um ein Scheitern de» Friedenswerke» und da- 
mit voraussichtlich die Wiederaufnahme de» Kriege» 
im Osten mit seinen unabsehbaren Folgen für ge¬ 
rechtfertigt zu halten. 
Der österreichisch , ungarische Minister Gra 
Ezernin schloß sich diesen «ukführungen an und 
erläuterte, daß znnächst technische Gründe eine ver. 
legung de» verhandl„ng»orte» unmöglich machen, weil 
beide Parteien von hier au» mit direkten Drähten 
mit ihren Regierungen verbunden sind und täglich ein 
Meinungsaustausch mit den Hauptstädten stattfindet. 
Wir alle können diesen Apparat nicht missen, sollen 
die Verhandlungen nicht unendlich erschwert und ver¬ 
zögert werden. Noch wichtiger ober ist da» zweite 
Motiv: Heute handelt e» sich nicht mehr um ver. 
bondlungen zum Zwecke eine» allgemeinen Frieden«, 
sondern eine« Sonderfrieden». Die verle. 
gung der verbnndiungen auf neutrale» Gebiet würde 
der Entente die von ihr ersehnte Gelegenheit geben, 
störend einzugreifen. Die Regierungen England» 
und Frankreich» würden vor und binter den Kulissen 
alle» versuchen, um da» Zustandekommen diese» Son, 
derfrieden? zu Verbindern. Wir weigern un», den 
westlichen Mächten diese Gelegenheit zu liefern. Wa¬ 
den eigentlichen Teil der verhandlnnoen anlangt, in 
welchem eine 17,'bereinstimmung zwischen Ihnen und 
„ns noch nicht erzielt ist. so haben wir »n» in der 
letzten Plenarsitzung bindend geeinigt, diese Fragen 
einer Kommission z» übergeben, welche sofort ihre Ar¬ 
beiten zu beginnen hätte Alle vier Alliierten sind 
völlig darüber einig, die Verhandlungen auf der von 
dem Herren Staatssekretär und mir entwickelten, 
mit den russischen Herren bereit» bindend abgemach, 
ten Grundlage zu Ende zu führen. Wenn die Herren 
von der russisckien Delegation von den gleichen Absich, 
ten beseelt sind, so werden wir zu einem alle befried!, 
genden Ergebnis gelangen; wenn nicht, bann werden 
die Dinge ihren notwendigen Lauf nehmen. — aber 
die Verantwortung kür die Fortsetzung de» Kriege» 
fällt dann ausschließlich auf die Herren der russischen 
Delegation. 
Großwesir Talaal Pascha und Jiistizminister 
Povow schließen sich namen» der türkischen und bul. 
gacischen Delegation den AuSfübrungen an. 
Darauf gab General S offmann al» ver. 
treter der Obersten Heere»leining Deutschlands fol- 
gende Erklärung ab: ,E« liegt mir hier eine Anzahl 
Funksprüche und Ausrufe vor, unterzeichnet von den 
B rtretern der russischen Regierung und der russischen 
Obersten Hecre»lrit„ng. die teil» Beschimpfun, 
gen der deutschen Heere»einricht»n. 
gen und der deutschen Obersten Heeresleitung, teil» 
Aufforderungen revolutionären Eba. 
rakter» an untere Truppen entbalten. Diese 
Funksprüche und Aufruse verstoßen zweifellos gegen 
den Geist de» zwischen den beiden Armeen gechtosse» 
nen Waffenstillstände». Im Namen der deutschen 
Obersten Heeresleitung lege ich gegen Form und Iw 
Sie aber, l'eber Gregor, haben sich in diekr Af¬ 
färe al« ganzer Monn gezeigt! Alle Hochachtung 
vor Ihnen! E« gibt viele iunge Menschen, die 
einer solchen Versuchung erlegen wären! Mein 
Hau« haben Sie vor einem empfindlichen Schaden 
bewahrt, e« hätte doch eine böse Krise für mich be- 
dsutet. Und — im Vertrauen — ich bin nicht mehr 
so zäh wie in früheren Jahren, wo e'n solcher 
Kampf mir Freud« bereitet bätte. ich füble doch 
schon da» Alter." Er seufzte leicht auf. „Und auch 
Schwarz wird alt, er kann nicht mehr so recht ar- 
heilen, da ist e« gut für unser Hau«, daß wir solche 
tüchtige, erprobte Kräfte wie Sir haben, lieber 
Gregor! Sie können auf meine wärmste Dankbar- 
feit rechnen!" 
Er schüttelte dem jungen Mann die Hand. 
Dann sah er auf de Uhr. 
„Donnerwetter, wir haben un« verplaudert! DaS 
kommt, weil ich beute vorm'ttag keine Zri für Sie 
'and, Gregor. Ich sollte schon längst zu Hause 
sem. Aber ich möchte doch noch Nähere« von Ihnen 
hören, da ich morgen gl^ch die Angelegenheit 
m die Hand nehmen will. Haben Cie noch eine 
Stunde Zeit für mich?" 
Robert Gregor bejahte, aber ihm wurde unbe- 
haglich zu Sinn. 
. «Dann begleiten S'e mich in meine Wohnung. 
F’.e” ^eu,e obend unser Gast. Meine Frau 
wird sich auch freuen, einen alten Bekannten wie- 
derznsebcn." 
Robert Gregor erschrak. Me« in ihm schrie auf: 
• I , um deinet- und ihretwillen darfst 
™ j"1?*- dlber der da vor ihm stand, war sein 
Ehef. dem er nimmermehr diesen Wcinsch absck-lagen 
durste. Uno neben der Anast. die ihn erfüllte, 
jiibclte tief. t,ef in ihm eine Stimme: du wirst sie 
Wiedersehen, endlich, rndl'ch den heiß entbehrten, den 
lanae. lange vermißten Anblick genießen. 
,, /-'iF" Fß er mit Ernst Dammann im Auto 
Und sic fuhren den Weg, den er einst-n« mit Ero 
allabendlich gegangen, vor langer, lmgcr Zeit. 
halt dieser Funksprücke und Aufrufe auf da» Ent¬ 
schiedenste Prolest ein." 
Feioinur^chaU-Lculnant d. Esi»zserie», Oberst 
Gantschew und General der Kavallerie Jzzet 
Pascha schlossen sich diesem Protest im Namen de» 
k. u. k. Armee-Oterkornmanvo». der bulgarischen Obersten 
tzeereSleitun i und der oitoinanischen Armeen an. 
Auf Vorschlag de» Volt»kommiffar» für au»- 
wärti e An eleaenheiten Trotzkij. wurde nunmedr die 
Sitzuna unterbrochen, damit die russis >>en Dele¬ 
gationen Gelegenheit haben, zunächst unter sich zu be¬ 
raten. 
Rnssi'chc» Zugestandni». 
Mtd vrest-Lit»w»k, >0. Jan. In der heute vor¬ 
mittag ab ehaltenen Sitzuni erklärte sich die ruisischr 
Dele ation bereit, die Friedrn»verhandlunaen 
inBrest-LitowSk fortzusetzen. Ferner stellle 
sie fest, daß die vom Wolffbureau veröffentlichte Dar- 
siellunz über den Verlauf der Sitzung vom 28. Dezember 
1917 dem tatsächlichen Hergang entspiicht. Die 
von der russischen Telegraphen-Agentur verbreitete 
Nachricht über den Verlauf dieser Sitzung wurde 
russische.seit» al» unrichtig bezeichnet. 
» 
Im d-nt'chen Vos'ewir" e« gewiß sren^i- empfinden 
werden, daß uniere B'vollmäkbti'ten in B-est-Li ow k 
däzu übrrreaangen sind, d e Dinae beim rechten 
Namen ril nennen »nd mit den Maximalisten in 
der Sprach- zu sprechen, die sie Wohl am besten 
verstehen vermö en. Die Au lass,Ingen der Peter«» 
fmr fr Teleg'aph nagentnr, die feil dem 2-*. Dezember 
in die Welt geaa»gen sind, und die Flu bl her, mit 
denm die Bol chewik, unsere Front in Olten «„ 
überschwemmen versuchen baden unsere Bevoll¬ 
mächtigten in B-er-Litook offenbar aelebr», den 
Ton ungelchwmster Offenherzigkeit zu finden. Die 
von den Mittelmächten in idrem Beslrben, zu einer 
«hilichen Verständigung m>t dem russischen Volke 
z» gelungen, den r» si chen Delegierten ge enüber 
bewiestue Ngchoi bigtei», ba>te die Mgximglistiiche Ne¬ 
gierung >n Peler«burg offenbar die Lage vergessen lassen, 
in der sie sich »n« gegenüber tatsä »lief» befinden. S^or 
allem müssen wirda'g»i bestehen, daß von Maximalisti- 
scher Se>ie aus nicht mit In k'gnen, Verdrehungen 
»nd Lügen gearl-eit-ch wird, wie das tat'ächlich ge¬ 
schehen ist, »m unser entgegentommen in Breil Lttowsk 
z i oiskiedi' e>en. Soll eine Verständigung zwischen 
.en Rus e» und uns zustande kommen, so muß sie 
auf beiden Serien eh>l,ch sein und vor allem auch 
der nun einmal durch unsere Wasfenerfclae geschaffene 
La^e Rechnung tragen. 
Tazlich« In'ormat on der Pa teiführer. 
Berlin, 1f\ Jan Um den Reichstag dauernd 
über die vor-ä ge in B est-Litowst aus dem Laufen, 
den zu halte», weroen von jetzt allabendlich die 
.trakti on »f ührer im Au?w rtigen «int durch den 
UnterrlaaKsekretär von dem Butsche über die vor änge 
in Breft-Litowsk informiert. Dabei haben die 
Fraktionkführer auch Gelegenheit, ihre Wunsche zur 
Sprache z» bringen. 
Berlin. 10. Fan. UntersiaatSsekretär von dem 
Bursche hatte gestern abend die Führer der Reichstag». 
Parteien zu einer Besprechung zu sich gebeten. Er 
machte Mitteilun en üver die verhandlunaen in B re st- 
Litowskundzwar über unser Verhältnis zurU kraine 
und die Unterhandlungen mit deren Delirierten. 
WNson^ ffrt den beviuinngen. 
Wie schon Llovd George« Nede vor den Gewerk, 
schäften, so ist auch Wilson« Botschos« an den Kon¬ 
greß trotz alles Frieden ZgcredeS keine Frieden«., 
sondern eine Krieg«re de. Die der briiische Pre¬ 
mier, spricht auch der amerikanische Präsident, al« 
wäre er der Sieger, al« lägen d e Miltesmächt» ge- 
demüligt und zerschmetlert am Boden, als müßten 
sie glücklich sein, nach solch milde Friedensbeding, 
ungen gestellt zu erhalten. 
Eva stand vom Ruhebett »uf. auf dem sie ge¬ 
legen. Es war später al» sonst und ihr Gatte kam 
noch immer nicht. Lange, lange hatte sie d,i« Auto 
örtfahren gehört, da» ihn allabendlich au« dem Ge. 
chäst abholte und da» er selten warten ließ. Wa« 
,iell ihn b»ute zurück? 
Dre Unruhe, die den ganzen Tag über ihr ge. 
l»grn, wurde stärker. Sie ging im Zimmer aus 
und ab, nahm ein Buch »ur Hand und legte «» wie¬ 
der fort. Sie konnte heute ihre Gedanken nicht 
samzneln. konnte nicht« unternehmen. Wie damal«, 
nach der Mutter Tod die langen Monate, so hatte 
sie auch heute wieder den Tag verbracht, untätig, 
gequält, elend. 
Cie verließ ihr Zimmer und ging binnnter kn 
den Musiksalon. Cie setzte sich ce, den Flügel. 
Musik, diese wunderbare Trösterin in einsamen 
St inden, sollte ihr auch jetzt wieder helfen. 
Leise gl'tten ihre Hönde über die Tasten, ein- 
zelne Akkord«, abgerissene Töne erklcmgen. Und 
dann wurden e« doch Melodien und' auch ihre 
Stimme fehle ein, ihre süße, sehnsüchtige, aber un- 
geschulte Stimme. 
, Da« sie immer sang, wenn die Sehnb.icht über¬ 
mächtig in i r wurde und sie zum Flügel zog, sang 
sie auch heute. Da» Lieberduett au» der „Wal. 
küre": * 
Wa» je ich ersehnt 
Ersah ich in dir, 
In dir fand ich 
.Wa« je mir gefehlt! 
Auflach ich. 
In heiliger Lust 
Halt ich o!e Hehre umfangen, 
Fühl ich drin schlagende« Her;!' 
Aber da« Ia ichzen der Wonne, da? diese Worte 
durchbeben soll, hatte nicht in Eva« Stimme ge¬ 
legen. Sie hatte geklungen wie von verhaltene», 
Schluchzen durchbrbt. Und so klang sie auch jetzt, 
el« sie Siegllnces selige Antwort auf diese Worte 
sang: 
Wir haben gelernt, doppelt /vorsichtig zu 
se'n, wenn Wilson vom Frieden spricht, denn er 
hat die Welt lange genug w.it seinen Friedensschal¬ 
meien geäfft. Auch diesmal hat er es wieder ver¬ 
standen, recht verlockende Gedanken in seine Aus¬ 
führungen zu verflechten, und man muß leider be, 
fürchten, daß er auch d esmal wieder etliche Leicht- 
flculiee hl »;n« einfängt; ixl doch der „Vor¬ 
wärts^ bereits ausfindig gemacht, daß Wilson» 
Rede geradezu als ein „Muster staatsmännischer 
Mäßigung" ersche'ne. Wir sind allerdings sehr an- 
d ».-r Ansicht und möc'^n befürchten, daß Wilson 
sich gerade über diesen Erfolg seiner Botschaft am 
meisten freut, da er diese Wirk ing ganz sicher eben¬ 
so sebr beabsichtigt hat, als die andere, d'e Russen 
kopffcheu zu machen und die Friedensverhandlunge» 
iw Or'en zu stören. 
Präsident Wilson bat 14 Leitsätze oder Frie- 
densbed'»Fingen ausgestellt. Die ersten Beding¬ 
ungen sind derart, daß sie eine Grundlage für Frie. 
deusverbandlnngen bieten können. Sie sprechen im 
wesentlichen das aus. was Deutschland verlangt, 
und dwofür es teilweise kämpft. Auch w'r sind für 
die öffentliche Verhandlung von Volker- 
vereinbarnnoen. Nnstre Friedensunterbändler in 
Brest-Litowsk haben ja dem russischen Wunsch nach 
Veröfsentk'chnmg der Berbandlunacn stattoeoeben, 
trotz mancher Bedenken daaeoen. die sich übrigens, 
wie der Zwischenfall in Brest-Lilowsk oekehrt hat, 
als berechtigt herau^aestellt haben. Die Freiheit 
der Meere, die Freiheit der Schiffabrt ist ein 
.Hanp'z'el unseres Kampfes. Wir wollen die Frei¬ 
heit der Meere allen bringen, während England 
unier Freiheit der Meere nur die eioene See^'err- 
schaft verl'chen will. Wenn Herr Wilson als drit¬ 
ten Punkt, soweit wie möalich, die Beseitigung 
aller w'rlschaftfichen Schranken und die Gleiihhcit 
der Handelsbeziehungen fordert, so findet 
er anch b'er Dcuckchlarnd auf seiner Seile, schwer¬ 
lich iedoch En"land und Frankreich, die den wirt- 
festlichen Kriea geoen uns wei^erführen wollen. 
Die Herabsetzung der Rüstungen, soweit 
sie mit der inneren Sicherheit des Landes Verein- 
bar ist, ist e'enkalls e'n Prowammpnnkt, über den 
man in Den'schlanü diskutieren kann, vorausgesetzt 
nainrlich, daß sich alle Regierungen und Völker 
dieser Forderung unterwerfen. 
Inbema auf d'e k o l o n i a k e u An s p r ü ch e 
nimmt Dillon eine vermi'teln^e Stellung ein, mit 
der man sich, da er nicht, wie Llovd George, die 
dei'tschen Kolonien allein, sondern anch die Kolonien 
anderer Länder dem Sekhstbcstimmiingsrecht der 
Devölleruna unter Berücksicht'gnng der Ansprüche 
der Reoiernna «herweistn will, befreunden könnte. 
Rnnkt 6 behändest die Räumung des russischen 
Gebiete«. S'erüher wird in Brest-Litowsk ver- 
dandelt. Wenn Wilson verlangt, daß man Rnß- 
kand.eine unbeeinträchlliate i-nd unbehinderte Ge- 
leoenheit zur unabbäng'oen Bestimm, °jn seiner po- 
kitischen Entwicklung und narion"sen ll-oli'ik gewäh¬ 
ren soll, so siebt da« n'cht im Widerspruch mit den 
deutschen KriegSu'eken. 
Von Punkt 7 an nimmt Wilson die Melodie 
Lkovd George« auf. Er zällkt Belgien, Elf a ß. 
Lothringen, die polnischen Gebietsteile bn 
Dentschsand. die italienischen Ansprüche, 
die Bchandfiing der österreichisch-unga¬ 
rischen Völker, Rumänien, Serbien, 
Montenegro und die Türkei auf, ganz ähn¬ 
lich wie Llovd Georae. Aber auch er ist so merk¬ 
würdig veroeßlich, daß er weder an Irland denkt, 
noch^ an Aegvvten und sogar Indien nicht 
erwällnt, da« erst jetzt wieder an die Nationen ap- 
velliert. um von der englischen Gewaltherrschaft be¬ 
freit zu werden.. 
Wir haben hier eine vollständig cinseitsge Auf- 
stellnna von Friedensbedingunaen. die dem. Deut¬ 
schen Reich und * | n Mi/telmäch/en als ,,einzig 
„Tn bist der Lenz, 
Nach dem ich verlangte 
In frostiaen Winters Frist!" 
Dich grüßte me'n Herz 
Mit heiligem Graun, 
Al» dein Blick mir zcuerst erblühte!" > 
Die versunkene Frau am Flügel hatte nicht ge«: 
merkt, daß der Vorhang, der den Musiksalon von! 
dem danebenliegenden Zimmer trennte, langsam 
emporaehoben wurde, daß ihr Gatte auf der 
Schwelle stand. Er hatte der süßen Stimme sei-j 
ne« Weibes gesauscht, nun al» sie schwieg, nannte 
er lelle ihren Namen: 
„Ev!" ' " 
Da sprang sie mit einem leisen Schrei empor. 
„.H-rbe ich Dick er'chreckt. Kind? Warum sitzt 
Tn hier im Dinkes»?" Und er drehte das elek¬ 
trische Licht an., bell durchglänzte es den Raum. 
lind da sah Eva hinter ihrem Gatten einen an¬ 
deren D.'ann sr/llen und sie an« großen, tiefen, 
braunen Auoen onstarren. wektver>»,n, entrückt. 
Und sie selbst sah h'nein in oiese braunen Augen, 
nach denen sie sich gcsebnt, o so unsäglich gesehnt in 
der ganzen Zeit, und die Worte, die sie soeben ge¬ 
sungen, wurden noch einmal lebendig in ihrer 
Seele: 
„Du tist der Lenz, 
Nach dem ich verlangte 
In ftostigen Winters Frist!" 
Ernst Dammann sah auf die beiden jungen Men¬ 
schen, die sich gegenöherstanden, Auge in Äuge und 
ohne Worte. Seltsam dünkte ihn das. Und er 
sagte schnell: 
„Erkennst Du Herrn Gregor n'cht, Ev? Ich 
habe ihn gebeten, beule abend unser Gast zu fein!" 
Tie beiden fuhren aus ihrer Versunkenheit. Sie 
fanden sich zurück in dir Welt, in die sie gehörten, ii» 
die Pflichten, die der Alltag von ihnen forderte. 
Robert Gregor vcrlcuotc sich tief vor der Frau 
seines Chef». Uub sie reichte ihm ihre heiße, bebend« 
Hand. - »
	        
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