Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

TTr 1ft& > Verantwortlich für den redaktionellenTeil: Karl Schü tte, I f ft ttTrtl tQlÄ I druck und ..ag der Futdaer?>ctiendruckerei in FuIda. - I 45. ^ührgÜNg. 
I ll. IvO« j für Len Anzeigenterk:J. Parzekler, Fulda._RotationS- > 3^^****?5 ' »y|Q» j Fernsprecher ütt. 9. Tecegramm-Adreffe: ^nl&aerjeituwB^ !^^^^^». 
Erfolgreiche Kämpfe in Flandern. 
Set denW Tagesbericht. 
"'tb‘ B-rlin, 8. Mai, abends. (Amtlich.) 
Ocriliche Kämpfe südlich vom Diklebuscher See. 
'»tb Großes Hauptquartier den 9. Mai. 
Westlicher Kriegsschauplatz. 
Zwischen ?)Pern und B ailleul hielt tagsüber 
kbhafte Artillcrietätigkeit an. Oertlicke Angriffe 
üblich vom Diklebuscher See hatten vollen 
Erfolg. Rheinische und badische Truppen erstürmten 
in 2 Kilometer Breite stark auSgebaute feindliche 
Linien auf dem Ostufer des Bhder-Baches. Sie 
stießen hier anscheinend in einen französisch-englischen 
Angriff hinein und zersplitterten seine Kraft. 
Nur zu beiden Seiten der Straße Reninghelst- 
.Kemmel kam der feindliche Angriff zur vollen 
Entwicklung. Er wurde ebenso zurüügeschlagen wie 
tztegenanqrifst: gegen unsere neugewonnene Stellung. 
!L>ir machten 675 Gefangene von sechs französischen 
und zwei englischen Divisionen, die schwere blu¬ 
tige Verluste erlitten. Bei Abwehr englischer 
Vorstöße am Südufer der Lys bei Bucquoy und 
südlich von Albert machten wir Gefangene. Bei 
dem gestrigen^ erfolglosen nächtlichen Angriff austra¬ 
lischer Truppen an der Straße von Cord ie-Brah 
blieben 45 Gefangene, darunter 4 Oifiziere, in 
unserer Hand. Nördlich vom Lueebach und auf 
dem Ostüfcr der A v r e blieb die Fenertätigkeit ge¬ 
steigert. 
Erfolgreiche Erkundungsvorsiöße an mehreren 
Stellen der übrigen Front. 
In den drei letzte« Taren verlor der Gegner im Luft¬ 
kampf und durch Abschuß von der Erde aus 37 Flug¬ 
zeuge. Oberleutnant Schleich schoß gestern 3 feind 
liche Flugzeuge ad und errang damit seinen 28. 27. 
und 28. Luftsieg. 
O st e n. 
Ukraine. 
An der Nordküste des A sow sch en-Meeres stießen 
wir dis zur D o n m ü n d u n g vor und haben R o,t o w 
besetzt. Die Verhandlungen über dieFestfttzeiner 
Demarkationslinie werden demnächst beginnen. 
Der Erste Generalquartiermeister: Ludendorsf. 
vtl Berlin, 9. Mai. abends. (Amtlichi. 
Von den Kriegsschauplätzen nichts Neues. 
Ocsterveichisch - ungarischer Tagesbericht. 
wtb Wien, 8. Mai. . 
Das Artillerieseuer wurde stellenweise lebhafter. 
Oestlich von Capo Sile, am Laghi-Beckeu, am Monte 
Pertica und am Südhang des Monte Alesi wurden 
feindlich« Erkundmigsunternehmungen abgewiesen. 
D.er Chef des Genrralstabs. 
wtb Wien, 9. Mai. 
An der Piavesront war das Geschützseuer 
auch gestern beiderseits lebhast. An der Gebt r g s- 
front wurden an mehreren Stellen italienische 
Erkundungen vereitelt. 
Der Chef des Geueralstabs. 
Der Friede von Bukarest. 
Deo Friedensvertrag Zwischen Deutschland, Oester- r 
ietdjsllrjgarn, Bulgarien und der Türkei einerseits . 
itnb Rumänien andererseits, der nunmehr im Wort¬ 
laut vorliegt, besagt in der Einleitung, daß die ge¬ 
nannten Mächte befcblossen haben, die in Buftea am 5. 
März 1918 Unterzeichneten Friedenspräliminarien in 
einen endgültigen Friedensvertrag umzugestalten. 
Das erste Kapitel betrifft die Wiederherstellung von 
Frieden u n d Freundschaft und besagt in 
Artikel 1, daß der Kriegszustand beendet ist und daß 
die vertragschließenden Teile entschlossen sind, fortan 
in Frieden und Freundschaft miteinander zu leben. 
In Artikel 2 wirv bestimmt, daß die diplomati¬ 
schen und konsularischen Beziehungen 
sofort- wieder ausgenommen werden. 
Kapitel 2 regelt die Abrüstung der rumänischen 
Strcitkräftc, die nach Maßgabe der genaueren Bestim¬ 
mungen durchgcsührt werden soll. 
Rach Artikel bleiben von den Divisionen 1—10, 
die zurzeit in B c s s a r a b i e n verwendeten zwei 
Infanteriedivisionen der rumänischen Armee auf 
Kriegsstärke, bis infolge der in der Ukraine durchge, 
rührten militärischen Operationen der Verbündeten 
Mächte eine Ecfavr für die Grenzen Rumäniens nicht 
mehr besteht. Die urigen acht Divisionen sollen in der 
Moldau in ■ verringerter Friedensstärke erhalten . blei¬ 
ben. Alle übrigen rumänischen Truppenteile, die nicht 
im Frieden bestanden haben werden aufgelöst. 
Kapitel 3 regelt die Gebietsabtretungen, 
lieber die nach Nr. 1 der Friedenspräliminarien von 
iisiimörnen abzutrctende Dobrudscha wird be- 
itimmt. daß Rumänien das ihm 1913 zugefallene bul¬ 
garische Gebiet an Bulgarien mit einer Grenzberichti¬ 
gung zu dessen Gunsten wiederabtritt. An die 
verbündeten Mächte tritt Rumänien den nördlich 
der soeben erwähnten neuen Grenzlinie liegenden 
Teil der Dobrudscha bis zur Donau ab, und zwar 
zwischen der Gabelung des Stroms und dem Schwar¬ 
zen Meer bis zum St. Georgs-Arm. Tie Verbündeten 
Mächte irerdcn dafür Sorge tragen, daß Rumänien 
einen gesicherten Handelsweg nach dem 
Schwarzen Meere über Cernavoda-Konstanza 
erhält. Rumänien ist feruer damit einverstanden, daß 
feine Grenze zugunsten O e it e r r e i ch -N n - 
garns eine Berichtigung erfährt. Tie neue Grenze 
beginnt beim Eiienbahndurchlatz westlich Turn-Seve- 
rin, südlich Dudasa und endet am Pcuth einen Kilo¬ 
meter östlich von Lunea. Das Staatsvermögen in den 
abgetretenen rumäniscken Gebieten geht ohne Entschä¬ 
digung und ohne Lasten, jedoch unter Wahrung der 
darauf ruhenden Privatrechte auf die diese Gebiete er¬ 
werbenden Staaten über. 
Unpolillsche Zeitläuse. 
dl. Berlin, 8. Mai 1918. 
> (Nachdruck verboten.) 
Auf den Fliesen der Berliner Bürgersteige findet 
tttan in dieser Jahreszeit viel Figuren und In¬ 
schriften. In Kreidcstrichen, als ob die Kreide vom 
Kriege garnicht, beinflußt würde. Gebilde aus Recht¬ 
ecken und Dreiecken, als ob dort auf dem Pflaster die 
Flächenbahn studiert werden sollte, und vorn und 
hinten die Worte -Himmel" und -Hölle", die wie 
ernste Gewissensmahuungen aussehen. Darum her¬ 
um eine .Kinderscharf die mit der Spannung von 
Renubahnbcsuchcru die Sprünge verfolgt, die der 
seweilige Spieler macht, um kunstgerecht den Weg 
in den „Himmel" zu finden. 
Die Kinder spielen Himmel und Hölle. Wenn 
sie größer werden, erkennen sie mehr und mehr, 
welch' ein tiefer Ernst hinter dem Spiel steckt. Zwi¬ 
schen Himmel und Hölle springt und ringt die ganze 
Menschheit in einem fort. Die Ungläubigen wie die 
Gläubigen. Die letzteren haben die tröstliche Hoff- 
«!ung auf den Himmel im Jenseits und fühlen sich 
ln der Himmelfahrtswoche besonders erhoben und 
gestärkt. Wer diese Hoffnung verloren hat, strebt 
um so sehnsüchtiger den Himmel auf Erden an, 
der sich nicht finden und nicht begründen lassen will. 
Am wenigsten in der fetzigen schweren Zeit, die ge- 
radezu nach einer Hölle auf Erden aussieht. Als 
wenn die ganze Menschheit bei dem Springen über 
die Kreideftgur ihres Schicksals mit beiden Füßen in 
das Höllcnvicrtel geraten wäre! 
Bei den Berliner Straßenbildern fehlt eins von 
den letzte Dingen: Das Fegefeuer. Das ver¬ 
misse ich gerade jetzt. Denn das Elend, in dem zur 
Zeit die Menschheit schmachtet, ist immer noch keine 
Hölle . Es fehlt ihm der schlimmste Stachel: Die 
Ewigkeit und Unheilbarkeit. Wir sorgen und klagen, 
es dauert schon fast vier Jahre, und das sei sehr 
lange. - Nun. was sind irdische Jahre im Verhalt- 
Kapitel 4 behandelt die K r i e g s e n t s chä di *n5 
gen und besagt in Artikel 13: Die vertragschließen¬ 
den Teile verzichten gegenseitig auf den Ersatz 
ihrer Kriegskosten, d. h. der staatlichen Aufwendungen 
für die Kriegführung. Wegen der Regelung von 
Kriegsschäden bleiben besondere Vereinbarungen Vor¬ 
behalten. „ _ 
Kapitel 6 betrifft die Räumung der besetz¬ 
ten Gebiete. Die von den Streitkräften der Ver¬ 
bündeten Mächte besetzten Gebiete werden zu einem 
später zu vereinbarenden Zeitpunkt geräumt werden. 
Während der Zeit der Besetzung wird die Stärke des 
B e s a tz u n g s h e e r e s, abgesehen von den m Wirt¬ 
schaftsbetriebe verwendeten Formationen, 6 Divisionen 
nicht übersteigen. Bis zur Ratifikation des Friedens- 
Vertrages bleibt die gegenwärtige Okkupationsverwal¬ 
tung bestehen. Nach der Ratifikation des FriedenS- 
vertrages wird die Zidilverwaltung der besetzten Ge¬ 
biete den rumänischen Behörden wieder übergeben 
werden. Die Verkehrseinrichtnngen, wie 
insbesondere "Eisenbahnen, Post, Telegraphen werden 
bis auf weiteres in militärischer Verwaltung 
bleiben. Rach der Ratifikation des FriedeuSvcrtrages 
wird bas Besatzungsheer Requisitionen nicht 
mehr vornehmen. Das Reckt des Oberkommandos zur 
Requisition von Getreide, Sülsenfrüchten, Futtermit¬ 
teln, Wolle, Vieh und Fleisch aus den Erzeugnisien des 
Jahres 1918, ferner von Hölzern sowie von Erdöl und 
Erdölerzeugnisien bleibt jedoch bestehen. Ebenso das 
Recht, wegen der Gewinnung, der Verarbeitung, der 
Beförderung und der Verteilung dieser Produkte die 
erforderlichen Anordnungen zu treffen. Von der Ra¬ 
tion des Friedensvertrags an wird der Unterhalt 
des Vesatzungsheeres mit Einschluß der 
dafür vorgenommenen Requisitionen auf Kosten 
Rumäniens erfolgen. 
Kapitel 6 enthält die Regelung der Donau- 
schiffahrt. Danach wird Rumänien mit den ver¬ 
bündeten Mächten eine neue Donau-SchiffahrtSakre 
absckließen. Für den Strom von Braila abwärts wird 
die europäische Donaukommission als dauernde Ein¬ 
richtung aufrechterhalten bleiben. Sie wird fortan nur 
aus Vertretern von Staaten bestehen, die an der Do¬ 
nau oder an der europäischen Küste des Schwarzen 
Meeres gelegen sind. Rumänien gewährleistet den 
Schiften der anderen vertragschließenden Teile den 
freien Verkehr auf dem rumänischen Teil der 
Donau mit Einschluß der zugehörigen Häfen und wird 
von ihren Schiffen und Flößen und deren, Ladungen 
eine Gebühr erheben, die sich lediglich auf die Tatsache 
der Befahrung des Stromes gründet. Auch wird Ru¬ 
mänien künftig keine anderen Gebühren und Abgaben 
auf dem Strom als die durch die neue Donau-Schiff 
nis zur Ewigkeit? Jedes Jahr ist nicht einmal ein 
Tröpfchen aus dem unerschöpflichen Ozean. Wir 
dürfen uns über die Dauer nicht beschweren, so 
lange wir überhaupt noch ein Ende absehen können. 
Und das Ende winkt. Wie bei der Ausfahrt aus 
einem düstern Bergwerksschacht der Lichtstrahl vom 
Ausgange allmählich breiter und Heller wird. Die. 
Erlösung komntt langsam, aber sie kommt sicher, sie 
rückt immer näher, und darum ist die sog. Höll» auf 
Erden, wenn sic auch noch so viele Leiden und Aasten 
bringt, doch immer nur ein Fegefeuer, das sich mit 
Geduld und Gottvcrtrauen überstehcn läßt. 
Wenn nun die Kriegszeit überstanden sein wird, 
kommt dann der Himmel auf die Erde? Eine große 
Erleichtertlng wird es geben, ein erfrischendes Auf¬ 
atmen. In dem. Bewußtsein, daß das Schlimmste 
glücklich überstandcn ist, werden die Menschen den 
Rest der irdischen Mängel und Uebel mit mehr 
Gleichmut ertragen. Denn ein schwerer Rest wird 
auch im alleraünstigstcn Falle noch übrig bleiben. 
Wer sich einbildet, es werde nackt dem Kriege das 
Reich des ewigen Friedens, der allgemeinen Wohl¬ 
fahrt und der reinen Nächstenliebe sich begründen 
lassen, den möchte ich in seinem Glückstraum nicht 
stören, aber mitträumcn kann ick, nicht, leider nicht. 
Der Himmel konnnt nicht aus die verpfuschte Erde. 
Was zu erreichen ist, kann man eine Milderung 
des irdischen Fegefeuers nennen. 
Weiter nichts? Nun. das ist schon sehr viel. Wie 
manchen habe ich schon seufzen hören: „Ach, wenn 
wir doch nur die schönen Zeiten vor dem .Kriege wie¬ 
der hätten!" Und viele fügen hinzu: ,J!ch fürchte, 
wir werden niemals wieder so bequem und so billig 
leben können, wie dazumal." Das wird wohl stim¬ 
men. Aber waren wir denn dazumal zufrieden? 
Haben wir nicht in der „schönen. Zeit vor dem 
Kriege bittere Klagen gehört und heftige innere 
Kämpfe erlebt? Die irdische Menschheit kommt nie. 
mols zur wirklichen Ruhe und -vollen Zufriedenheit. 
Wenn sich überhaupt der Himmel auf Erden 
fabrizieren ließe, dann hätte es doch, in langer, schö- 
wer Fviedenszeit der verflossenen Jahrzehnte ge- 
fahrtSatte zugelassenen erheben. Deutschland. Oester¬ 
reich-Ungarn, Bulgarien, die Türkei und Rumänien 
haben das Recht, auf der Donau Kriegsschiffe 
zu halten. Diese dürfen aber mit dem Ufer eines an¬ 
deren Staates nur mit Zustimmung dieses Staates in 
Verkehr treten. Jede der in der Donaumündungskom- 
miffion vertretenen Mächte hat das Recht, je zwei 
leichte Kriegsschiffe als Stationsschiffe an den Donau- 
mür-dungcn zu halten. Diese können ohne besondere 
Ermächtigung bis nach Braila hinauf Aufenthalt neh¬ 
men. 
Kapitel 7 behandelt die Gleichstellung der Reli¬ 
gionsbekenntnisse in Rumänien. « 
Kapitel 8 enthält die Schlußbestimmungen. Danach 
werden die wirtschaftlichen Beziehungen 
in Einzelverirägen geregelt, soweit nicht ein anderes 
bestimmt ist, gleichzeitig mit dem Friedensvertrag in 
Kraft treten. Das gleiche gilt von der Wiederherstel¬ 
lung der Rechtsbcziehungen, der Regelung von Kriegs¬ 
und Zivilschäden, dem Austausch der Kriegsgefangenen 
und Zivilintermerten usw. Die Ratifikationsurkunden 
sollen tunlichst bald in Wim ausgetauscht werden. 
Unter den Friedensbedingungen, die den Rumä¬ 
nen gestellt worden sind, ist keine, die Rumänien sei- 
ner staatlichen Lebensfähigkeit beraubt, und auch in 
ihrer Gesamtheit wirken, die Friedcirsbedinguncstn 
nicht als eine Beeinträchtigung der Dascinsmögltch. 
ketten Rumäniens als eines selbständigen Staates. 
Aber nicht um der schönen Augen der Rumänen 
willen oder aus irgendwelchen anderen ^empfindsa¬ 
men Erwägungen ist man verhältnismäßig milde 
mit Rumänien verfahren, sondern ans ganz nüch¬ 
ternen „Gründen des eigenen Vorteils: Rumänien 
wird aus lange Zeit hinaus einer der wichtigsten 
Lieferer der Verbündeten an Getreide, Mineralöl 
und anderen Rohprodukten sein, und es mu ß t e 
darum lebens- und arbeitsfähig erhalten werden. So 
hat man den'Rumänen nicht bloß, die ungehinderte 
Benutzung des über Ezernavoda nach dem Seehafen 
Konstanza führenden Schienenweges gewährleistet, 
Hot ihm nicht bloß die Donaumündungen belasten, 
durch welche Braila und Galatz mit der See ver¬ 
bunden werden, sondern hat ihm auch Aussichten 
auf die Erwerbung von Beßarabien eröffnet, wo es 
sich einen neuen Seehafen schaffen kann. Die bei¬ 
den zurzeit in Beßarabien verwendeten Infanterie, 
divisionen dürfen auf Kriegsstärke verbleiben, bis 
infolge der in der Ukraine durchgeführten militäri¬ 
schen Operationen der Verbündeten Mächte eine Ge¬ 
fahr für die Grenzen Rumäniens nicht mehr besteht, 
so wird ausdrücklich in Artikel 4 des Friedensver¬ 
trages besttmmt, und diese Bestimmung deutet dar¬ 
aus hin, daß man sicher mit dem Erwerb Beßara- 
biens durch Rumänien rechnet. 
Das.Hauptstück des Friedensvertrages bildet das 
dritte Kapitel, das von den Gebietsabtretun¬ 
gen handelt, und in diesem Kapitel ist der wichtigste 
Abschnitt derjenige, der von der Dobrudscha 
handelt. Die gesamte Dobrudscha wird Rumänien 
abgenomme«, und zwar fällt der südliche Teil des 
Gebietes an Bulgarien, während dcr_ Rest in den 
gmeinscnnen Besitz der Verbündeten Mächte übergeht. 
Bulgarien bekommt zunächst nur das Gebiet, das 
cs im Jahre 1913 nach den Balkankriegen an Ru¬ 
mänien hat abtrcten müssen, aber auch hinsichtlich 
des nördlichen Teiles der Dobrudscha werden bald 
anderweite Bestimmungen getroffen werden, durch 
die den bulgarischen Wünschen Rechnung getragen 
wird. Wenn dies nicht setzt schon geschehen ist, so 
ist der Grund dafür darin zu finden, daß es zwi¬ 
schen Bulgarien und der Türkei noch einige Fra¬ 
gen zu bereinigen gibt, von deren Lösung die end¬ 
gültige Regelung der Dobrudscha-Angelegenheit ab¬ 
hängig ist. Es'handelt sich bekanntlich Darum, daß 
die Türken als Ausgleich für den Uebergang der Do¬ 
brudscha in bulgarischen Besitz eine Rückerstattung 
des Gebietes von Adrianopel verlangen, das 
gütige Regelung der Dobrudscha-Angelegenheit ab¬ 
treten müssen. In dieser Angelegenheit ist bereits 
eine grundsätzliche Einigung zwischen Türken und 
Bulgaren herbeigeführt worden, und es unterliegt 
keinem Zweifel, daß auch die noch vorhandenen Mei¬ 
nungsverschiedenheiten in bundesbrüderlichem Geist 
werden beglichen werden. 
Bei den zugunsten Ungarns vorzunehmendcn 
Grenzberichtigungen handelt es sich zunächst darum, 
schehen müssen. Aber was hat der Menschenwitz zu¬ 
stande gebracht? Einen Weltkrieg, wie er in dieser 
Weise und in dieser Verheerung seit der Sintflut 
rwch niemals dagewcsen ist. Bosheit und Dumm¬ 
heit wirken zusammen und bekamen das verhäng¬ 
nisvolle Uebergewicht. Die Vernunft konnte sich 
nicht anders mehr helfen, als daß sie das Sck,wert 
zur Abwehr in die Hand nahuz. In Babylon wollte 
man vor alten Zeiten schon einen Turm bauen, der 
bis in den Himmel reichen sollte: das Ende war die 
Sprachverwirrung. Der neumodische Turmbau der 
sog. Kultur, der ebenfalls die Erde bis in den Him¬ 
mel bringen sollte, endet in der Kriegsverwirrung. 
Auf die kühnen Bauversuchc ist ein Zeitalter der 
Zerstörung gefolgt, — einer grausamen 
Zerstörung und einer raffinierten Zerstörung, 
die mit allen Hilfsmitteln der modernen Technik 
schonungslos arbeitet. Das alte Dichtcrwort kommt 
da in erschrecklicher Weise zu Ehren: Jst's auch 
Wahnsinn, so hat es dock» Methode! Freilich, der 
blutgierige und vernichtende Wahnsinn der .Kriegs¬ 
treiber hat nur zu viel Methode. Die Zerstörung 
von Leben und Gut wird jetzt mit einer Kunstfertig, 
keit betrieben, die den Neid aller Menschenquäler 
aus den früheren Jahrhunderten herausfordert. 
Wer mild urteilen will, kann vielleicht sagen: 
Tic Menschen sind wie kleine Kinder, die ihre er- 
sten .Kräfte am Umwerfen und Zerbrechen üben, 
weil sie noch nickt imstande sind, etwas aufzubaucn. 
Wenn ich bei meinen! jüngsten Enkel ans der Matte 
hocke, so macht es dem Knirps ein riesiges Vergnü¬ 
gen, die Säule umzureißen, die ich aus den Bau¬ 
klötzchen gebildet habe. Allmählich versucht er auch, 
das eine Klötzchen auss andere zu setzen: ober es 
will ihm schlecht gelingen, und wenn er das dritte 
anbrinaen möchte, so stößt er die beiden ersten wieder 
um. Es mag ja sein, daß die Menschheit trotz ihrer 
vielgepriesenen Kultur noch in der täppischen Kind¬ 
heit steckt. Jedenfalls steckt sie noch in den Flegel¬ 
jahren, wo man viel Unfug treibt und nichts Ge¬ 
scheites leistet. In tausenden von Jahren ist die 
Menschheit noch nicht vernünftig geworden. Wie 
daß die Grenze vom Kamme des GrenzgebrrgeS 
nach s-inem östlichen Fuße hin verschoben wncd. 
Die beherrschenden Höhen sowie die Gebirgspasse 
gehen also in ungarischen, Besitz über, sodaß enr 
Ueb erfüll wie ihn Rumänren rm August des vor- 
vorian Jahres gegen. unsere osterreichrschi-unga. 
rischen Bundesgenossen „ verübt hat. durch btef« 
Grenzverschiebung unmöglich gemacht wird. Der 
Gebietszuwachs Ungarns betragt ungefähr 5000 
Quadratkilometer wenig bewohnten Gebirgslandes, 
während Oesterreich von Rumänien den südlich von 
Czernowitz in die Bukowina einsprmgenden -mma- 
nischen Gebietes im Umfange von etwa 600 Qua¬ 
dratkilometern erhält. , T1 ... .. 
Wichtige Sicherungen haben wir erhalten ur die 
Lieferung von Lebensmitteln verschiedener 
Art und von Erdöl, soweit Rumänien daran Ueber- 
schuß hat. Tie Regelung und Erfüllung dieser Ver¬ 
pflichtungen wird zweifellos auch für die künftige 
Gestaltung unserer Wirtschaftsbeziehungen mcht 
ohne Einfluß bleiben. .. 
Bedeutsam sind auch die Bestimmungen über die 
Donauschiffahrt, über deren' Regelung, die 
Verhandlungen über die neue Dampffchiffayrtsakre 
noch näheres bestimmen werden. Die freie Toumr 
wird für uns und unsere Verbündeten eine Grund¬ 
lage segensreicher Entwicklung sein und dl- teils 
alten, teils im Kriege erst sichergestellteu guten wirt¬ 
schaftlichen und politischen Beziehungen noch mehr 
terinn'gen können. . 
Die Gleichstellung der R eligi o n § b e k c nn t - 
nisse in Rumänien kann zum inneren frieden in 
Rumänien wesentlich beitragen, in etwa auch eine 
Lösung der rumänischen Judenfraae anbahnen., und 
darüber hinaus über den ganzen Balkan beruhigend 
wirken. 
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwilchen den 
vcrt-ündeten Mächten, und Rumänien werden m 
Einzelverträge« geregelt, die einen wesentlichen Be¬ 
standteil des Fricdensvertrages bilden und soweit 
darin nicht ein anderes bestinimt ist, gleichzeitig 
mit dem Friedensvertrag in Kraft treten. Tie wich¬ 
tigste dieser wirtschaftlichen Besttmmubgen ist ohne 
Zweifel das rumänische P. e t r v l e u m a b k o m - 
men- * 
Der Friedensvertrag und das. was aus den zu^ 
gehörigen wirtschaftlichen Abmachungen bekannt ge¬ 
worden ist, sind eine tüchttge Leistung der deutschen 
und österreichischen Diplomaten, preiswert und dan¬ 
kenswert in hohem Grade. 'Es ist nicht die Schuld 
unserer Staatsmänner, wenn in den Abmachungen 
immer wieder Wechsel Auf Ile Zukunft gezogen 
werden. Biele Dinge, und auch sehr wichtige, mu߬ 
ten späterer Vereinbarung Vorbehalten werden. Es 
ließ sich eben nicht alles mit einem Federstrich end- 
gilsig regeln. In manchen Fragen kann das letzte 
Wort erst gesprochen werden, wenn sich zeigt, ob zu 
der erforderlichen Mitwirkung auf der Gegenseite 
sowohl der gute Wille, als auch die Fähigkeit vor¬ 
handen ist. ' So ist z. B. auch in Sachen der Be- 
satzungöiruppen ein bedächtiger Abbau- vorge 
sehen, um Erschütterungen der Ruhe und Ordnung 
in der Uebcrgangszeit uröglichst zu verhüten. Aus 
feen wirtschaftlichen Abmachungen erfährt die 
„.Kreuzzeitung", »daß die Vorteile, die hauptsäck>- 
lich in dem Getreideabkonunen und in dem Prtro- 
lcumvertrag bestehen, für Deuffchland nicht zu. 
unterschätzen sind. Teilweise mögen diese Abmach- 
ungcn eine bare Kriegsentschädigung enrsetzen, aber 
nebenher wäre eine solche doch sicher zu erlangen 
gewesen. Sie hätte auch fördernd ans die Stim¬ 
mung des deutschen Volles gewirkt. Bisher ver¬ 
lautete. daß insofern noch eine mittelbare .Kriegs- 
enffchädigung verlangt worden wäre, als die von 
uns vorgenommenen Requisitionen nicht bezahlt z» 
werden brauchen. Aus dein '. 'öftentlichten Ver¬ 
trag geht das aber nicht Herr . Wie weit sich bei 
dem Abschluß des Vertrags Herr von Kühlmainr 
durch die Friedensresolution des Reichstags, in die¬ 
ser Hinsicht gebunden gefühlt hat, läßt sich nicht fest- 
stellen." . .! 
Das Blatt fürchtet für die Uebergangszeit allerlei 
Arrgermsse und Reibungen, schon weil das uns 
viel Tausende mag es noch dauern, bis sie zu einem 
friedlichen Zusammenleben haltbare Grundlagen 
schaffen kann? 
Unseren Ururur . . . enkeln wünsche ich alles 
gute, und wenn sie ein Stück Himmel auf der Erde 
finden sollten, so sei es ihnen herzlich gegönnt. Aber 
Du und ich, wir werden es nicht erleben. Was 
machen wir denn nun in dem Jammertal? j 
Kommt der Himmel nicht zu uns herab, so inus- 
sen wir zum Himmel fahren. Bei dieser Himmel, 
fahrt kann uns'freilich die moderne Technik nicht hel¬ 
fen. Auch die denkbar besten Flugzeuge oder Bal¬ 
lons kovunen nicht hinaus über die Lufthülle, in der 
die armselige Erdkugel schwimmt. Aber der G e r st 
kann sich erheben bis in himmlische Regionen. Der 
Geist, der gehoben wird von der Auftriebkraft des 
Glaubens und von dem Propeller der christlichen 
Hoffnung. Den Weg, den die Seele nach dem Tode 
gehen wird, legen wir im Geiste schon besuchsweise 
zurück und empfinden den Vorgeschmack des Him¬ 
mels als Trost und Stärkung in 'den Mühseligkei¬ 
ten der irdischen Pilgerreise. 
Enrpor die Herzen! Zwischen Himmelfahrt und 
Pfingsten ist die allerbeste Zeit zu einer Erho¬ 
lungsreise in die höheren und beffcren, Regio¬ 
nen, zu einem erquickenden Ausflug des Geistes, de, 
ähnlich wirkt, als wenn der Insasse eines Kriegs¬ 
gefangenenlagers einen Urlaub in die Heimat be¬ 
käme. 
Dos himmlische Heimatsgefühl ist die beste Salbe 
für alle Gebrechen auf der Wanderfahrt durch die 
irdische Jämmerlichkeit. Hier haben wir zur Zeit 
unseren Wohnsitz, aber Heimat ist dort oben, woher 
unsere Seele stammt und wo sie ihren Ruheplatz 
wieder finden soll. Der sein Sinnen und Trach¬ 
ten auf das himmlische Altersheim richtet, bleibt 
frisch und fest in allen Strapazen des kurzen Erden- 
wallens. In der Heimat, in der Heimat, da gibt's 
ein Wiedersehen und ein Wohlergehen., 
Ueber ein Kleines!. Nur eine Weile. treu-, 
lich'ausharren und durchhalten!
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.