Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

tuciücji iimiteu. 2.ai iJüuöouunium IN drr 2 o* 
drudscha ist nur eine vorläufige Lösung und wird 
ficher zu Gunsten Bulgariens gcander: weiden. Bul¬ 
garien muß auf sich und seine machtvollen Bundes- 
genossen, die Mittelmächte, vertrauen. Heute heißt 
es fest zusammen, und durchhallen, bis unsere aus 
allen Linien geschlagenen Feinde vollständig 
«iedergerungen sind und sie die Nutzlosigkeit 
de» weiteren von ihnen verschuldeten Blutvergießens 
einsehen müssen. Ich glaube, daß dieser Tag n icht 
mehr fern ist. 
* Deutsche Kriegsgefangene. Unter der Ueber- 
schrist „Deutsche Kriegsgefangene" veröffentlicht die 
„Nordd. Allg. Zig." eine offiziöse Auslassung, wo- 
r,n es heißt: Der Kaiser hat sich dahin ausge- 
fprochen, daß grundsätzlich in der Tatsache der Ge- 
fangennahme an sich kein Vorwurf für die Ge¬ 
fangenen erblickt werden solle, solange nicht etwa 
das Gegenteil erwiesen sein tollte, denn eS sind oft 
die Künsten, Verwegensten und Ausdauernsten, 
die in Gefangenschaft geraten. Aber die Ehre 
der gesamten Armee und des Einzelnsn bedarf einer 
Festnahme, der Art der Gefangennahme. Sie 
wird auch im Interesse der Gefangenen selbst liegen, 
vm sie gegen unbegründete Verdächtigungen und 
üble Nachreden zu schützen. Es folgen dann Aus¬ 
führungen über die Berrchterstatiung der Offiziere 
an ihre Vorgesetzten über die näheren Umstände 
ihrer Gefangennahme und dann heißt es: Auch 
den Unterosfiziereu und Mannschaften wird eine 
Bescheinigung ausgestellt, daß unverschuldete 
Gefangenschaft Vorgelegen hat. 
Errre Umwälzung im Ernährnngswesen 
will der Abg. Dr. Roeficke vom Bund der Land¬ 
wirte durch einen Antrag rm ReichstagSausfchutz her¬ 
beiführen. Der Antrag lautet: 
1. Das Reich soll nur (X) M-llionen, Tonnen Ge¬ 
treide beschlagnahmen und durch Brotkarten nur 
diejenigen Teile der Bevölicrung damit skriorgen, tue 
mit diesem Quantum täglich inir X Gramm dei Strrk- 
kung des Bioletz in der bisherigen üöttche» Form ver¬ 
sorgt werden können, und -war zu einem dem bis¬ 
herigen Preise cnisprechenöcn Preise. Versorgt wird 
zunächst die Bevölkerung mit dem niedrigsten 
Einkommen. Das übrige Brotgetreide 
ist völlig f r e i z u g e b e n. 
2. Für die Kartoffeln ist das LiesrrungSpriu. 
zip des Frühjahrs 1816 anzumenden. Ter Grundsatz 
muß sein, daß die Kartoffeln, die durch di? Lieferungs- 
Verträge für das Reich stchergestetlt werden, so hoch 
Im Preise jtehen, daß der Landwirt das volle 
pekuniäre Interesse hat, vor allem das Reich zu belie¬ 
fern. Einen Ausgleich des Preises zur billigeren Ab¬ 
gabe an die unbemittelte Bevölkerung hat das Reich 
in geeigneter Weise herbelzuführen. Tos durch Lie. 
ferungsoertrüge festzulegenl^ Quantum rp so zu be¬ 
rechnen. daß pro Tag und Kopf der versorg'-ngsberech- 
tigten Bevölkerung 1 Pfund Karlofhchn ge sich er k ist. 
gm übrigen bleibt die Kartoffel von jeglicher B e. 
wirtschaftung frei. 
3. Die M i l ch p r e i s e sind gemäß den heutigen 
Produktionskosten, die bei freiem Markte vereckniaien 
Marktpreisen entsprechen würden, zu erhöhen. Tie 
Kommunen haben Einrichtungen zu brassen, daß die 
minderbemittelte Bevölkerung die Milch m ermäßig¬ 
ten Preisen empfängt. 
4. Die Bewirtschaftung des Viehes und Fettes 
bleibt zurzeit bestehen. 
5. Obst, G e m ü je, Eier bleiben von jeder Be¬ 
wirtschaftung frei. 
Die bisherige Bewirtschaftung der Nahrungsmit¬ 
tel hat wegen mancher Mängel scharfe Kritik gefun¬ 
den. Das regt zu Abändcrungscmträgen an. Der 
Antrag Roesicke bedeutet aber einen verwegenen 
Sprung ins Dunkle. 
Er will den wuchernden Schleichhandel in Brot¬ 
stoffen und Kartoffeln dadurch bekämpfen, daß er den 
Handel zuläßt. Nämlich in der Weise, dass von 
Rechtswegen nur so viel Brotgetreide und Kartof¬ 
feln beschlagnahmt werden, als zur Versorgung der 
unbemittelten Volkskreise, der Leute mit dem „nie¬ 
drigsten Einkommen" erforderlich ist. Der Rest soll 
dem freien Markt überwiesen werden. 
Die Vieh-, Fleisch-, Fett- und Zuckeiversorgung 
will Dr. Roesicke in dem bisherigen Zustande belas¬ 
sen. Neben Obst und Gemüse sollen' auch die Eier 
von jeder Bewirtschaftung frei bleiben. Im Fleilch- 
und Fettverkehr gibt eS aber doch auch Schleichhan¬ 
del, und wenn die Eier ganz frei gegeben werden, so 
ist sicherlich keine Preisermäßigung erwarten, 
weil sie Dr. Roesicke von dem legitimen Handel er¬ 
hofft. sondern eher eine weitere Preissteigerung zu 
befürchten. 
Das ist aber Nebensache gegenüber den Vorschlä¬ 
gen für die Brot, und Kartoffelversor- 
g u n g. 
Sie erste Klippe bildet der Grenzstein zwischen 
der unbemittelten und der bemittelten Bevölkerung. 
Wo sollen die „niedrigsten Einkommen" aufhöreu, 
die der Antrag Rösickc nicht bloß versorgen, sondern 
sogar auf Kosten der Gemeinden beschenken will? 
Wer nicht mehr zu dieser bevorzugten Unterschicht 
gehört, kann Brot und Kartoffeln nur erhalten, wenn 
et die jeweilig geforderten Marktpreise bezahlt. Tie 
werden durchgehends bedeutend höher sein, 
als die jetzt vorgeschriebenen Preise, und sie können 
unter den wechselnden Zeit -und Zufuhrverhältnissen 
bis ins Unerträgliche steigen. Unerträglich vielleicht 
nicht für die .Kriegsgewinnler, ober wohl für den 
Diittelstand. Daher will er das Reich veranlassen, 
für die beschlagnahmten Kartoffeln und Brotsrüchte 
befriedioende Preise zu zahlen und den Landwirten 
die Freiheit geben, den Rest dieser Erzeugnisse unbe¬ 
hindert in der einträglichsten Weise zu verwerten. 
An die sog. bemittelten Klaffen der Bevölkerung 
brauchen sie nur zu liefern, wenn diese einen locken¬ 
den Preis zahlen, der die Erträgnisse der Viehzucht, 
der Brennerei usw. überwiegt. Ob da der schutzlose 
Teil der Bevölkerung immer noch die notwendigen 
Nahrungsmittel überhaupt finden kann, namentlich 
gegen Schluß des Erntejahres, ist sehr unsicher. 
Dabei darf man den Zwffcheuhandel nicht außer 
Betracht lassen. Getreide läßt sich auflaufen und aus- 
stapelu in Erwartung eines künftigen Mangels mit 
großen Preiserhöhungen. Um die freien Kartoffeln 
Werden sich Trockenfabriken, Brennereien, Viehlieb¬ 
haber usw. reißen. So würden die ganzen Mittel, 
und Oberschichten des Volkes in eine gefährliche 
Zwickmühle geraten.^ 
Obendrein hätten sie die Aussicht, künftig noch viel 
höhere Steuern zu zahlen, sowohl an das 
Reich wie cm die Gemeinden. Das Reich soll näm¬ 
lich die Unkosten tragen, die dadurch entstehen, 
daß für das beschlagnahmte Getreide höhere Erzeu¬ 
gerpreise gezahlt, aber von den bevorzugten Volks¬ 
schichten nur die bisherigen Brotvreise gefordert wer¬ 
den. Die Gemeinden sollen, wie der Abg. Roesicke 
in einer Erläuterung seines Antrages cmsfübrt, die 
notwendigen Kartoffeln ankcnfen „zu einem Preise, 
der den Selbstkosten ausreichend entspricht", und sol¬ 
len dann „den minderbemittelten Volkskreisen da. 
durch helfen, daß sie diesen die Kartoffeln znm 
herabgesetzten Preise ausliefern und die Dis- 
ferenz draufzahlen". Diese Millionendiffe- 
ren; muß aber doch wieder aufgebracht werden, und 
zwar gerade von denjenigen Steuerzahler«, die nicht 
daran profitiert habe», sonder» vo» vornherein schon 
schwer belastet waren. 
^>ke Belastung der Gemeinde» nnrd noch gepet- 
gert durch den Milch Vorschlag des Abg. Röficke. Er 
will, wie er weiter dcrlegt, den Milchpreis unbe¬ 
dingt auf die Höhe der „Selbstkosten" bringen, um die 
Landwirte zu stärkerer Erzeugung zu veranlassen. 
Me^r Milch ist ja dringend zu wünschen, besonders 
im Interesse des Nachwuchses, aber bei verlockenden 
Preisen entsteht die Gefahr, daß das Biehfuttcr die 
menschlichen Nährstoffe beeinträchtigt. Für die min¬ 
derbemittelten Kreise soll nun der hohe Erzeuger¬ 
preis der Milch dadurch erträglich gemacht werden, 
daß die Gemeinden einen Teil des Preises tragen. 
Veber ein selches Opfer aus der Gemcindekaffe ließe 
sich immerhin reden unter der Voraussetzung, daß 
auch die Kinder und die Kranken des M i t t e l st a n- 
d e s angemessen versorat werden. Können aber die 
Gemeinden mit durckicknittli-Ker Leiftungsköbicflcit 
auch noch die Milchkosten tragen, wenn ibneu die 
Kartoffeln schon so schwere Lassen aufgehalst haben? 
Auf dem Wege, den Dr. Roesicke in so kühnen 
Strichen vorgezeichnet, wird es nichtgehen. Aber 
es hat sein Gutes, wenn endlich einmal ein formu¬ 
lierter Antrag dem Ausschuß vorliegt. Aus der Kri¬ 
tik können sich bessere Anträge entwickeln. In dieser 
Hoffnung müssen wir das vielgescholtene, aber noch 
keineswegs entbehrliche Joch des alten Versorgungs¬ 
wesens geduldig weitertraaen, bis da§ neue Ernte- 
jghr frische Mittel und frische Gedanken liefert. 
Deutsches Ileich. 
* Die Krankheit des ReichStagSpräsidenten Tr. 
Kaempf besteht in schwerer Arterienverkalkung, zu 
der in den jüngsten Tagen eine Lungenentzündung 
hinzugetreten ist. Das Befinden deS Kranken ist 
bedrohlich. Seine Tochter, die sich an das Kranken¬ 
bett ihres Vaters begeben hatte, um ihn persönlich 
zu Pflegen, iss an Diphtherie erkrankt. 
* Ein Aktionsprogramm der Sozialdemokraten. 
Der „Vorwärts" veröffentlicht ein Aktionsprogramm 
der Sozialdemokratie, das von einer auf dem Würz¬ 
burger Parteitag eingesetzten Kommiision entworfen 
ist und bezweckt, die Parteiarbeit auf der Grund¬ 
lage der durch den Krieg geschaffenen politischen und 
wirtschaftlichen Verhältnisse zu ordnen. Die siaat?» 
rechtlichen Forderungen der Sozialdemokratie bleiben 
darin unverändert. Das Volk soll entscheidenden 
Einfluß auf die Parlamente und die Selbstverwal» 
tung gewinnen. Als- Mittel dazu werden das gleiche 
und geheime Wahlrecht für alle Körperschaften, das 
parlamentarische Regierungs hiiem, Erweiterung der 
Befugnisse des Reichstags insbesondere in bezug auf 
Krieg und Frieden, Ersetzung des Heeres durch ein 
Volksheer, Abschaffung der geheimen Diplomatie 
usw. usw. empfohlen. Auf dem Gebiet der Finanz- 
und Steuerpolitik wird verlangt, daß das „bisherige 
System der Absperrung deS deutschen Inlands¬ 
marktes durch hohe Lebensmittel zölle" fallen soll. 
Aber auch olle Verbrauchsabgaben auf notwendige 
Lebensmittel sollen beseitigt werden. Tie direkten 
Sieuerquellen scheint die Sozialdemokratie bagegen 
für einen unerschöpflichen Brunnen zu halten; denn 
sie verlangt einmal „Abliogung eines beträchtlichen 
Teils der Kriegsschulden durch schärfste Erfassung 
der in der Kriegszeit entstandeneu Vermögensver- 
mehiung", außerdem einen „allgemeinen Schulden¬ 
tilgungsbeitrag", dann reichsgesetzliche Ordnung und 
Erhöhung der Einkommens- und Vermögenssteuern 
und natürlich starke Verschärfung der Erbschafts- 
st uern. Gewiß wird auf diesen Gebieten noch 
viel zu holen fein, aber man beachte, 
daß die Sozialdemokratie nicht nur den kom inenden 
neuen Bedarf decken will, sondern auch noch das 
große Loch im Steuersäckel glaubt stopien zu können, 
das sie selbst durch Beseitigung der wichtigsten und 
ertrag'echsten indirekten Steuern zu reißen 
empfiehlt. Wir glauben nicht zu viel sage», wenn 
m,r behaupten, daß die Tatsachen üb r ftese Idee 
er gültig zur Tagesordnung überee k» werden. 
,jiir die Uebergangszeit bilden die Forderung 
der vorläufigen Beibehaltung der LebenSmitiel- 
rationierung und der Rohstoffverteilung sowie der 
Frachtdienstkontrolle nichts besonde-es, da man 
darüber wohl allgemein einig ist. Für die Unter¬ 
bringung der Arbeitskräfte beim Ende des Krieges 
wird verlangt, daß jeder seinem Beruf zugeführt 
werde. Ei» besonderer Abschnitt betrifft Maßnahmen 
gegen monopolistische Wirtschaftsgebilde. Die 
Mittelnandsfrage bleib; unberücksichtigt. 
Das Aktionsprogramm ist-recht arm an führenden 
Gedanken und an praktischen Einzelvorschlägen, wie 
sie sich andere Parteien^ z. B. das Zentrum, für 
den Wiederaufbau unseres deutschen Wirtschafts¬ 
lebens nach dem Kriege haben angelegen fein lassen. 
Man leie, um nur ein Beispiel dafür zu nennen, 
die umsichtige Vorarbeit nach, die das Zentrum in 
allen Parlamenten für den Mittelstand in die Wege 
geleitet hat und die der Reichstagsabg. Irl in einer 
Broschüre (D^r Wiederaufbau deS gewerblichen 
Mittelstandes nach dem Kriege von Marlin Irl. 
Mitglied des Reichstages, Verlag der Germania 
m Berlin C. 2) eingehend schilderte. Bon solchen 
Zielen ist in dem sozialdemc r ti chen Programm 
nicht ein Hauch zu finden. Wre ollte es auch anders 
lein. Die Pariei, der die ökonomische Eniwicklun' 
der bürgerlichen Gesellschaft mit Natur Notwendigkeit 
um Untergang des Kleinbetriebes führen soll, hat 
elbstverständlich für diese wichtigen Glieder in 
unserem Staats- und Wirtschaftsleben keinerlei 
Interesse. 
Toleranz in Sachsen. 
* Dresden, 18. Mai. Bei der Beratung über da? 
Gesetz betr. die Wohlfahrtspflege in der ersten fächsi. 
scheu Kammer bedauerte Oberhofpredige: Dr. Dibc- 
l i u §, daß die Kirche als Trägerin der WohlfcchrtS- 
pilege ganz ungenügend berücksichtigt sei. Gras von 
Lckönburg -Glauchau führte dazu aus, die 
katholischen Barmherzigen Schwestern würden in 
Sachsen bei der Wohlfahrtspflege fast völlig auSgeschal. 
tet. Ihre Tätigkeit sec vedeutend eingeschränkt durch 
das Gesetz der staatlichen Oberaufsicht über die kath. 
Kirche.' das ein Ausnahmegesetz sei, da danach kathol. 
Schwestern ihre Liebetztärigkeit, die auch van Anders¬ 
gläubigen anerkannt werde, nur mit Genehmigung 
und unter Aufsicht detz Staates ausüben dürften. Da¬ 
zu sei die Genehmigung jederzeit widerruflich. Der 
bereifende Paragraph des Gesetzes fei ein Schimpf für 
diese Engel der christlichen Liebe und wirke beute ge. 
radezu gehässig. Es gebe Punkte, wo eine Neuorien¬ 
tierung nötig sei. Dazu gehöre dceieS unzeitgemäße 
und veraltete Gesetz. Die StaatSrcgierung möge ein. 
mal prüfen, ob der Paragraph nicht abgeschafft wer¬ 
den solle, Kultusminister Dr. Beck fühlte sich be¬ 
schwert darüber, daß der Vorredner ein Gesetz, das 
1876 mit gutem Vorbedacht erlassen worden fei, als 
Ausnahmegesetz bezeichne, das gehässig wirke und so. 
gar als ein Schimpf bezeichnet worden sei. Der Re, 
gierung sei immer daran gelegen gewesen, den kathol. 
Glaubensgenossen gegenüber nicht das Gefühl aufkom- 
m«n zu lassen, als wenn sie zurückgesetzt würden. Da, 
rauf wartete er mir dem wirklich satt genug bekann. 
ten „Wohllvollen" wieder auf. Bischof ' Dr. Löb- 
m a n n erwähnte, daß er das Wohlwollen der Regie¬ 
rung nicht bezweifeln wolle. Doch sei gerade in der 
jetzigen Kriegszeit in vier oder fünf Fällen der Wunsch 
nach, Brmberzigen Schwestern nicht genehmigt worden 
Der Wunsch sei doch wohl berechtigt, daß jetzt nicht 
. derartige. Schwierigkeiten bereitet würde» bv.r 
Schönburg „ Glauchau ergriff nochmals das 
Wort, um den scharfen Tadel, der in den Worten des 
Kultusministers gelegen habe, zurückzuweisem Sr 
wies nach, daß ein Gesetz ein Ausnahmegesetz sei, wenn 
eine gewisse Kategorie Sa« Menschen nur mit beiön. 
derer Genehmigung zur Ausübung der Caritas zuge. 
lassen werde und eS kür die davon Betroffenen gehäs¬ 
sig und für sie «nt ^Schimpf sei. — Diese Aussprache 
bat hat der „Sächsischen Volkszeitung' Veranlassung 
gegeben, in zwei sehr interessanten Artikeln das fächsi 
Oberausfichtsgesetz über die katholische Kirche und die 
Vorkommnisse der letzten Zeit eingehend zu behandeln. 
Erwähnt wird darin, daß neuerliche Gesuche um Zu. 
lassung von katholischen Schwestern in Meißen und um 
Einrichtung eines monatlichen Gottesdienstes in Cos. 
wig abschlägig beschieden wurde, obgleich man sogar 
wegen der Eoswiger Angelegenheit anheimgegeben 
hatte, ein zweites Gesuch einzureichen. Gnädigst soll¬ 
ten sechs Gottesdienst« bewilligt werden, wenn im be¬ 
nachbarten^ Weinböhla statt bisher zwölf nur sechs 
Gottesdienste fortan gehalten würden. Das soll man 
gen? Spricht das von Wohlwollen? Aehnlick liegt 
der Fall von Reitzenhain; den dortigen 108 Katholiken 
wurde die Genehmigung zur Abhaltung von gelegent¬ 
lichen Gottesdiensten vom Ministerium rundweg abge¬ 
schlagen. Mit Recht sagt das erwähnte Blatt der sächs. 
Katholiken, man wolle nicht vom Wohlwollen der Re¬ 
gierung abhängig kein, sondern die Katholiken hätten 
Anspruch auf Gewährung eines natürlichen Reckte?. 
Darum müsse das Aufsichtsaesetz in der Versenkung 
verschwinden. Es müsse gewissen Stellen die Möglich,' 
feil genommen werden, die zarteste Rücksicht zu neh¬ 
men auf einige kleine Kreise im andersgläubigen 
Volksteil und jenachdem Zuckerbpot oder Missche zu 
reichen. Auch alle gerecht deutenden Protestanten 
würden damit einverstanden sein, daß wir nicht mit 
Ausnahmegesetzen und nicht nach Grundsätzen sogen. 
Wohlwollens behandelt würden. 
Ans lkirche und Schule. 
* Dernbach, 21. Mai. Heute Nackmittag 6'/, 
Uhr ist im hiesigen Her, - Jesu-Krankenhaus der 
Hockwürdigste Abt des Cisterzienserkloster Marren¬ 
statt, Konrad Kolb, der vor etwa» über ockt Tagen 
hierher gekommen war und sick einer Operation 
hier unterzog, im Herrn entschlafen. Fast zwanzig 
Jahre lang bat der als Nachfolger von Bischof 
Willi in der AkttSwürd- am 28. August 1898 ge¬ 
wählte Parer, ein vortrefflicher Ordensmann und 
hochverdienter Ordensoberer, an der Spitze der ihm 
sehr viel verdankenden Abtei gestanden. Kürzlich 
hatte er das 66. Lebensjahr vollendet. 8. i. p.l 
Sur -ein Mchvargebiet. 
Y Großenlüder. Am 13. Mai erlitt der Muk- 
ketier August Schnell, Inhaber de» Eisernen 
Kreuzes, den Heldentod. Er wurde mit mehreren 
Kameraden im Unterstand, den eine Granate ein¬ 
gedrückt hatte, verschüttet. Trotz sofortiger aufopfe¬ 
rungsvoller Hilfeleistung war keine Rettung möglich. 
X Uttrichshausen. Dem Privatpersonenpost- 
Beförderer von Uttrichshausen nach Neuhof, Fuhr¬ 
werksbesitzer Anton Hach, wurde das Militär- 
Berdienstkreuz verliehen. 
X Langenbieber. Für tapferes Verhalten an der 
Westfront wurde nach mehrmaligen schweren Ver¬ 
wundungen dem Joseph Vieth das Eiserne Kreuz 
verliehen. 
* Hanau. In Ravolzhausen erhielt ein Land¬ 
wirt für ein trächtiges Schwein 2000 Mark 
ausbezahlt. 
* Frankfurt a. M! Auf dem holländischen 
Schraubendampfer „Veritas", dex soeben von Hol- 
land rheinaufwäris nach Frankfurt fahrt, steht auf 
dem Hinterdeck ein Sarg mit der Leiche eines in 
Rott-rdam verstorbenen Direktors einer holländischen 
Schiffahrtsgesellschaft. Die Leiche wird nach Frank¬ 
furt a. M. gebracht, um hier dem Wunsche gemäß 
beerdigt zu werden. Ter kostspielige Leichentrans¬ 
port auf dem Wasserwege mußte gewählt werden, 
veil eine Ueberführung mit der Bahn zurzeit nicht 
ausgeführt werden kann. 
kt. Frankfurt a. M. Der Fabrikant Oskar 
Staiding, der am Dienstag in feiner Wohnung 
aus Eifersucht von dem Tapezierer Johann 
Wittmer niedergeschossen wurde, ,st seinen Verletzun- 
gen erlegen. Tie Untersuchung ergab, daß Staidurg 
mit der Frau Wikimers ein intimes Verhältnis 
unterhalten bat, wovon dann der im Heererdienste 
stehende Mann Kenntnis erhielt. — Eine hiesige 
Großfirma, die im Verbrauch elektrischen Stromes 
sich einer großen Sparsamkeit befleißigt und dadurch 
700 Mark weniger verausgabt hatte, als ihrePsticht- 
abnahme betrug, wurde vom städtt chen Elektrizitäts¬ 
werk brieflich aüfgefordert, diese 700 Mark betragende 
Differenz nachzuzahlen. Die Firma hat von dem 
Gebot der Sparsamkeit weitgehenden Gebrauch 
gemacht und soll nun für ihre Handlungsweise, die 
im Interesse der Allgemeinheit geschah, noch be¬ 
straft werden. Theorie und Praxis'. 
* Apoida. Bon Dieben hermgesucht wurde die 
Familie des Landwirts 2 skar Bartel in dem Nach¬ 
barorte Stobra. Gestohlen wurden drei goldene 
Uhren, über 400 Mark Bargeld, Wurst, Schinken, 
cped und Fett, kurz alles von dem Schwem, das 
für den Jahrekbedaif geichlacktet worden war. 
* Avs Thüringen. Die 23jährige Tochter des 
Fleischeimeisters Biermann in Saalfeld kam als 
Bremser in in Rossenbach beim Besteigen des bereits 
,n Bewegung befindlichen Zuger zu Falle. Sie 
wurde überfahren und gelötet. — Die in Neustadt 
a. O. bei ihren Eltern zu Besuch weilende Gal.in 
des Staatsanwatts Ackermann aus Weimar- hatte 
von der dortigen Kriminalpolizei die Nachricht er» 
halten, daß ihre Wohnung während ihrer Abwesen- 
i«i vollständig ausgeräumt tooiben sei. Die 
Wohnung laa im dritten Stock 
* W cSbud-u, Julie v. P fe^lfchifters, die 
bekannte Pi n ün urd Kompon st in, entschlief hier 
>m 79 Lebensjahre. Sie wurde am 18. April 1840 
zu Mannheim als Tochter des bockangesehenen 
Schriftstellers Legationsrat v. Pfeilschifter geboren. 
Dieser hat in der katholischen'Bewegung der ersten 
40 Jahre des vorigen Johrbunder s eine große 
Rolle gespielt. Er aehört zweifellos zu den hervor¬ 
ragendsten Journalisten, die das katholische Deursch- 
land hervorgebracht hat. Schon früh lernte Julie 
Not und Sorge kennen, hat sich aber ans eigene» 
Kraft von dem Druck der Berhältuisie, ttotz un¬ 
zähliger Schwierigk.iten, zrc einer ehrenvollen Stel¬ 
lung durchqeruugen. In ihrem 14. Leb nsjahre 
trat sie am 17. Mai 1884 im Mozartverein zu 
Darmstadt zum erstenmale öffentlich auf und be¬ 
gann kurz darauf schon selbständig zu unterrichten. 
Bis heute gehörte sie unstreitig zu den bedeutend¬ 
sten Musikpädaaoginnen und Komponistinnen der 
Gegenwart und erfreut« sich als solche der verdienten 
Anerkennung hervorragender Fachgenoffen und aller 
musikalisch-gebildeten Kreise. 
[] Wiesbaden. Im Bereich deS Landgerichtes 
Wiesbaden hoben die Ehr scheidungsprozesse 
durch den Krieg erheblich zugenommen. 
* Eltville. Di« Wildschweinplage macht 
sich in zahlreichen Gemeinden deS Rheingaus in 
solchem Umfang bemerlbar, oaß auf Anregung der 
Gemeinde Lftvrllr die sämtliche» davon betroffenen 
-^rffchaften sich zu einer Jnterrsiengemeinschaft zur' 
Beseitigung der Plage zufammentuu wollen. i 
'* Kastel. Im Rhoine bei Kastel wurden durch 
Soldaten der Militärschiffahrtspolizei zwei anein¬ 
ander gebundene Leichen gelandet. Es waren ei» 
junges Mädäml aus Grimsbeim und ein kriegsge» 
fangener Russe, die beide ein Verhältnis unterhielten 
und seft einiger Zeft vermißt wurden. 
sI Finthen b. Mainz. Divisionspfarrer und 
Domkapitular Johann Gg. Schäfer ist in Ant» 
werpen plötzlich gestorben. Die Leiche des Ver-- 
ewigten wird nach hier überführt. 
ft- Main;. Einer der hervorragendsten Aerzte 
R^inhefsens, Sanitätsrat Dr. Dahlem -Oppenheim, 
ist rm hiesigen Krankenhaus dem TetanuLbazilliis 
erLaen. 
* Erfurt. Eine hier lebende Frau veranlaßte 
durch eine Eingabe an die Milttärbebörde. daß ihr 
Ehemann cingezogen wurde. Dieser rack te sich 
dadurch, daß er cmzestste. seine Frau habe nconcrtelang 
seine nicht abgegebenen Brotkarten für sich verwendet. 
Die Folge war. daß die Frau zu 30 Jt Strafe verur. 
teilt wurde. Fn der Urteilsbegründung wurde betont, 
daß im Interesse der Allgemeinheit eine strenge Ahn, 
düng solcher Handlungsweise geboten sei. 
Kur Geisa und Umaebung. 
* Geisa. Den Heldentod fürs Vaterland starb in 
einem Feldlazarett, das dom Feinde- bombardiert 
wurde, nach schwerer Verwundung der Kraftwagen¬ 
führer Eduard Rohm, Sohn des Maurermeisters 
Heinrich Rohm Hierselbst. — Mit dem Eisernen 
Kreuz ausgezeichnet wurde der Krieger Franz Joseph 
Hellmer, Sohn des Rtetardus Weber hierMbst. 
Surtvberhessen u.-enheji.Semtern. 
A Marburg. In der Nähe von Brungershausen 
eriet ein 18 Jahre alter Bursche aus Warzenbach 
eim Baden in der Lahn, in eine tiefe Stellej 
und ertrank. 
* Äirchhain. Ein Hahn überfiel in einemj 
hiesigen Wirtschaftsgarten ein dreijähriges Kind, das 
in den Geflügelhof geraten war, und hackte ihm ein 
Loch in die rechte Wange. 
(!) Allendorf (Kr. Kirchhain). Unteroffizier 
Martin, Inhaber des Eisernen Kreuzes 2. und 
1. Klasse, Sohn des Landwirts Konstantin Martin, 
wurde auf dem westüchen Kriegsschauplatz zum 
Vize-Wachtmeister befördert. 
Lokales. 
Fulda, 24. Mai 1318. 
Inhaber des Eiserne« Kreuzes. Der Vize- 
Wachtmeister Karl Leber, Sohn des König!.Musik¬ 
direktors Gottfried Leber, wurde auf dem westlichen 
Kriegsschauplatz zum Leutnant befördert und mit 
dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. 
♦ Beförderung. Der Vizewachtmeister Hermann 
Helfrich, früher angestellt in der Molkerei Fulda, 
»vurde im Westen zum etatsmäßigen Wachtmeister 
befördert. 
■n. Die verbotene feine Gasthauswäsche. Wasch¬ 
bare Tüll-, Filet», Stickerei-, Spitzen- oder Seiden» 
tischzeuge sind zwar von der Beschlagnahme der Be¬ 
kanntmachung vom 20. April 1918 ausgenommen, 
unterliegen jedoch, ebenso wie sonstige waschbare und 
abwaschbare Web-, Wirk- und Strickwaren dem Ver¬ 
bot über die Verwendung von Wäsche in Gastwirt¬ 
schaften, dürfen also in solchen und ähnlichen Be¬ 
trieben den Gästen nicht mehr zur Benutzung über¬ 
lassen werden. 
v. Das Laub in der Futternot. An der Front 
ist Mangel an Futter und wir haben die dringende 
Pflicht, diesen Mangel zu beheben. Deutschland 
sitzt 2,5 Millionen Hektar Laubwälder und mit, 
diesen gewaltigen Laubmengen ist es sicher möglich, 
den Futtermangel an der Front zu beseitigen. 
Sorgfältig gewonnenes Laubheu hat erneu höheren 
Futterwert als gutes Wiesenheu, darum rechnet! 
man in der Praxis 86 Kilogramm Laubheu ans 
100 Kilogramm Wiesenheu. Esche, Ahorn, Linde, 
Pappel, Ulme und Vogelbeere geben das beste 
Futterlaub. Buche, Eiche, Erle und Birke sind als 
Futter etwa mittlerem Wiesenheu gleich. ES kommt 
darauf an, daß sich überall alle verfügbaren Kräfte, 
vor allem die Jugend, sofort beim Laubsammeln 
beteiligen, da es sich um ungemein große Mengen, 
handelt. Das Laub wird schattentrocken angelieserss 
und in Briketts gepreßt der Front zugeführt werden.1 
(*) Stadtverord retensitzung. Auf der Tagesord¬ 
nung der am 27. Mai statt findenden Stadtverord- 
netensitzung stehen folgende Punkte: 1. Teuerungs¬ 
zulagen für die beiden Lyzeen; 2. Bewilligung einer 
Ueberschreitung des Haushaltsplanes: 3. Nachweis 
über den Stand der Spareinlage» und Rückzahlungen 
bei der Sparkasse; 4. Nachweis über die Gasabgabe 
im 4. Vierteljahr 1917; 8. Nachweis über die 
Wasserobgabe im 4. Vierteljahr 1917; 6. Rechnung 
dou dem Haushalt der evang. Kleinkinderschule für 
1916 und 1917. (Zur kirchlichen Feier mis Anlaß 
der Missionstagung, vor allem zum FestgotteSdiensie, 
m Dom und zur zwanglosen Zusammenkunft in 
der Harnronie. hat der Diözesan-AuSichuß die Stadt» 
verordnten noch besonders ein geladen.) 
(*) Blüht die Eickp: vor der Esche, hält der Sommer 
große Wüsche, — so heißt eine alte Bauernregel, 
die jetzt oft erwähnt wird, weil in diesem Jabre die 
Eschen sehr spät austreiben. Daß darauf nicht viel 
zu geben ist, erklärt ein Sachverständiger im Fkass. 
Tagebl.' wie folgt: Bange machen gilt nicht — ich 
kalte es noch für ganz ungewiß, wie das Wetter 
dieses Sommers werden wird. Es ist richtig, daß 
die E>chen in diesem Jahre ganz ungtvöhnlich spät 
treiben, die Ursache dieser Erscheinung ist unbekannt, 
sie kann ober nickt in mangelnder Bodenseuchtigkert 
liege«. Mein Beruf bedingt täglich Bodenaufgrabnngen 
bis zu 2 Meier Tiefe; ich tann daher über den 
Groli der Feuchtigkeit urteilen. Ter Bode» erweist 
sich nur ganz cm der Ob-'rfläche trocken, bei 20 bis 
30 Zentimeter Tieft ist er normal'feucht, bei noch 
größerer Tiefe feuchter nl4 gewöhul'ck, stellesweife 
sehr »aß. An Schnee htt es im v r reu Wmter 
auch nicht gefehlt. Feuchtigkeit ist acso genügend 
vorhanden, der vorzügliche Stand der Felder und 
Wiesen bezeugt das zur Genüge. Im vorigen Jahre 
hatte» wir eu>en sehr trockenen Mai und Juni bei 
weniger BoSenftuchtigkett als jetzt, trotzdem batte» 
wir keinen nasse» Sommer, und in dem heiße», 
sehr trockenen Sommer 1911 harten wir im ganze« 
Sommer nur einen einzigen richtigen Regentag, 
das war der berüchtigte „SrebenschläferIn diesem 
Jahre hatten wir am 1. Ostertag Südwestwind, 
nach der Bauernregel hätten wir diesen Wind noch 
ein Vierteljahr behalten müssen, wir hatten aber 
von Ostern bis vor drei Tagen fast ununterbrochen 
Nördwesttoind. Die alten Bauernregel täuschen häufig, 
nur wenige treffen stets zu. wie zum Beispiel: 
„Wenn'« donnert ini Mar, ift der April vorbei!" 
oder: „Guckt im Oktober die Maus aus dem Loch 
dann ist sie satr, oder es hungert SU noch".
	        
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