Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

nr. 130.1 ZLLI 5reltog r. J««t tSir. I I 45. Zahrgang. 
Zer össtsche TageSderiU. 
vrb Großes Hauptquartier, 6. Juni. 
«eRltcher »r t e g » i ch a u » t« fc. 
ArtillcrietLtigkeit wechselnder Stärke. Mehrfach 
brachten Erkundungsgefechte Gefangene ein. 
Heeresgruppe Deutscher Kranprm». 
_ Ander Schlachtfront ist dir Lage unverändert. 
Oertliche Kampfhandlungen westlich von Pon- 
tvrse, nördlich der AiSne und am SaviereS- 
Grunde brachten uns in den Besitz feindlicher Erd- 
wrrke und Gräb-n. Der Arrillcriekamvr war viel 
fach Icbqaft, Chateau Thicrry lag unter anhalten¬ 
dem Zerstornngsfrner der Franzosen. 
. D-e Beute der Heeresgruppe Deutscher Krön- 
prrnz seit Mar beträgt nach bisherigen Feststel¬ 
lungen mehr als 55 000 Gefangene, darun- 
ter über luOO Offiziere, mehr als 650 Ge- 
schütze und weit über 2000 Maschinen- 
S r w e h r e. 
.., 3® den beiden letzten Tagen wurden 4 6 feind 
l'che Flu g z e u g e und 4 Fesselballone 
zum Absturz gebracht. 
. . Das Jagdgeschwader Richthofrn schoß gestern 15 
feindliche Flugzeuge ab. 
Hauptmann D e r t h o l d und Leutnant M e n k- 
hoff errangen ihren 31., Leutnant Löwenhardt 
ftlncn 27., Leutnant U d r t seinen 26., Leutnant 
Krrsteln seinen 21. und 22. Luftsieg. 
Der Trsie Aeneralquartiermeister: Ludendorfft 
-»tb Berlin, 6. Juni. (Amtlich.) An der Schlacht¬ 
front örtliche Kämpfe nordwestlich von Chateau- 
Thierry und an der Ardre. 
Lesterr-ichifch - nngarischer Tagesbericht. 
Mtd Wien, 6. Juni. Au der Tiroler- und 
Biavefrout andauernde A tiveriekämpse. 
Ter Chef des Generalstabes. 
Die Ergebnisse des Sieges. 
Nil, Berlin, 6. Juni. Der große Sieg der 
Deutschen Kronprinzen zwischen der Aisne und 
Marne hat wiederum einen bedeutenden Teil der 
feindlichen Slreitkräfte und Kampfmittel vernichtet. 
Zu der bereit» gemeldeten Gefangenenzahl von 
über 55000 sind die schweren blutigen Verluste 
der Franrosen an Toien, Verwundeten und Ver 
mißten hinzuzur chnen. Bereits im Mär, mußte 
da» französische Heer infolge de» ZurückwrichenS der 
Engländer beiderseits der Somme starke Teile der 
bereitgestellten Foch'schen Manövrierarmee ein- 
setzen, die mit m die schwere blutige Niederlage hin» 
«ingeriflen wurden. Als in Flandern die Eng- 
lander aufs schwerste erneut bedroht waren, sah sich 
der Entente-Generalissimu» zum zweiten Male ge- 
Swungen, auch dorthin starke Kräfte einzusetzen. Im 
-erlaufe der Kämpfe an der Nordfront setzte er 
allein 18 französische Divisionen zur Unter¬ 
stützung der Engländer in Flandern ein und 
hielt weitere Kräfte dort in Reserve bereit. Die 
verlustreichen Kämpfe im Kemmelgebiet erhöhten 
dann die Blutopfer der Franzosen ganz außer- 
ordentlich. Die Schlacht zwischen AiSne und 
Marne mit ihren täglichen riesigen Fortschritten 
riß aufS neue die schon stark gelichteten französischen 
Reserven auseinander. Sie zwang General Fach 
zum abermaligen überhasteten Einsatz seinerDivisionen 
an der von der deutschen Führung gewählten Stelle. 
Damit sind wiederum erhebliche französische Streit- 
kräfle gebunden, ein Umstand, der den Ententeführer 
der operativen Armfreiheit gänzlich beraubt. Die 
stolze Manövrierarmee der Entente, an die sich die 
kühnsten Hoffnungen und Erwartungen der Feinde 
knüpften, besteht al» so che nicht mehr. 
Von schwerwiegender Bedeutung ist auch die Ein¬ 
buße deS Feinde- an Kampfmitteln während 
der Schlacht zwischen Aisn nnd Marne. Die große 
Anzahl der erbeuteten Geschütze, Maschinengewehre 
und anderer Wa ffen,der Verlust deS gesamten ein¬ 
gebauten Materials auf der ousgebauten Kampf¬ 
front, der Verlust ferner von fünf umfangreichen 
Vionierdepots, von Werkstätten verschiedenster Art, 
von Barackenlagern und sieben großen mit allen 
Bedürfnissen ausgerüsteten Lazaretten, der Ausfall 
vieler Fabriken, Eisenbahnwagen, Maschinen und 
Brückentrains und dergl. trifft die feindliche Kriegs¬ 
führung aufs empfindlichste. Erhöbt wird die Be- 
deutung der schweren französischen Niederlage durch 
den Verlust von weit über 3000 Quadratkilometer 
-um Teil fruchtbarsten Gelände» mit bedeu¬ 
tenden strategischen Punkten. Von tief einschneiden¬ 
der Bedeutung rst schließlich die Ausschaltung wich- 
rigster Eisenbahnlinien für die Versorgung des 
gesamten franrösffchen Landes und Heere». 
Die Kämpfe am 5. Juni. 
Berlin, 6. Juni. An der Front zwischen 
Marne und Reims setztzten die Franzosen ihre 
lebhaften Anstrengungen fort, das waldige Höhcnge- 
lände zu sichern, während sie im Zentrum, wo die 
Deutschen am weitesten vorqedrungen sind und 
daran arbeiten, das Bois de Gohelle "zu verdrahten, 
versuchen, die an der Marne angelegten Flügel ihrer 
Linie vorzuschieben. Ihr handstreichartiger Ueber- 
fall am Morgen des 5. 6. scheiterte jedoch ebenso wie 
ein anderer auf die deutschen Postieruniegn von 
Berneuil- Das französische Artilleriefeuer, dos 
mit weittragenden Batterien bis über die Beste 
langte und bereits angefangen hotte, die noch unzer- 
siörten Orte in Trümmer zu schießen, ließ cm 5. 6. 
infolge der Bekämpfting durch die deutschen Bat- 
terien wesentlich an Heftigkeit nach. Deutscherseits 
wurden Bahn- uttd Straßenverkehr hinter 
der französischen Front gestört. Der Babnhof von 
Jout» wurde in Brand geschossen. Im Südteile von 
Reims konnten mehrere große Brände und Explo¬ 
sionen beobachtet werden. In den Flieaerschuppen 
nördlich von Bousacourt wurden noch zwei unzer- 
störte französische Flugzeuge festgestellt. 
Luftangriffe au« Calais und Boulozne. 
wtb Berlin, 6. Juni. Außer zahlreichen an¬ 
deren Zielen wurden die wichtigen feindlichen Um« 
fchlagplatze Calais und Boulogne erfolgreich 
Mit Bombe» belegt. 
U-Me an der asiieritaii'dun Küste. 
i.;,.i:uü4mer Blätter füllen Spalten mit Nack, 
rickten über Angriffe deutscher U-Boote 
a n der amerikanischen Küste. Man hat 
diese Nachrichten offenbar bis jetzt zurückgehalten, denn 
die ersten Angriffe liegen schon Cf Tage zurück. Aus 
dem Wust der Meldungen stellen wir die Hauptsachen 
zusammen: 
15 Schiffe versenkt? 
Man schätzt/ daß seit dem 2b. Mai etwa 15 a m e, 
rrkanische Schiffe von U-Booten an der nord» 
atlantischen Küste ver senkt worden sind. Das 
größte dieser Schiffe, die „Carolina", war auf dem 
Weg nach Portorico. Es wurde 125 Meilen von Sandy 
Hook cn.gcgrrffe» und meldete das durch Funkspruch 
am Abend des 2. Juni. Es hatte 220 Fahrgäste und 
100 Mann Besatzung an Bord. Davon werden 68 ver. 
"ätzt. Die „Texei, 3210 To., eines der beschlagnahm, 
ten holländischen Schiffe, mit einer Ladung von Por¬ 
torico nach Newyork fahrend, wurde am Sonntag 60 
Meilen von der Küste von Neu-Jersey versenkt. Ter 
U-Dootkommandant ließ drei Schüsse abgeben, kam 
selbst an Bord, hieß die 36 Mann starke Besatzung in 
die Boote gehen und ließ dann das Schiff durch eine 
Bombe in die Luft fliegen. Die Mannschaft wurde 
später von einem Küstenwachschift ausgenommen und 
nach Atlantic City gebracht. ^Weiter wurde der Scho, 
ner „Edward H. Colc" am Sonnrag abend angegrif¬ 
fen. Ein amerikanisches Hilfsfahrzeug rettete ~ die 
Mannschaft. Der Kapitän des Schoners bebauptet, 
das angrei sende U-Boot sei 60 Meter 
lang gewesen und habe zwei große und ein klei¬ 
nes Geschütz an Bord gehabt. Der Scann will auch 
ein zweites U-B cot gesehen haben, das einen 
amerikanischen Dampfer verfolgte. 
Aus den weiteren Nachrichten über das Borgeheu 
der Unrerseeboote ist noch folgendes zu entnehmen: 
Von versenkten Schiffen werden noch mit Namen ge¬ 
nannt: „Edna", „Halters Lunn" und „Hauppage". 
Die „Gdna" lourde am 27. Mai bei Kap Delaware kiel¬ 
oben treibend gefunden. Sie muß also schon früher 
das Opfer eines U-BooteS geworden sein. Noch früher 
muß die der Schoner „Halters Lunn" und „Hauppage" 
erfolgt sein, denn deren beiden Kapitäne erzählen, daß 
sie mit rhren Mannschaften dorr dem U-Boot, das ihre 
Schiffe zerstörte, ausgenommen worden seien und an 
Bord des Tauchbootes die Versenkung der „Edna" sich 
angesehen hätten. Dafür, daß ein Teil der Angriffe 
weiter zurückliegt, spricht auch die Angabe, daß die Be¬ 
satzungen einiger versenkter Fahrzeuge acht Tage an 
Bord des U-Bootes sich aufhielten, ehe sie in ihre Boote 
gesetzt oder einen, dorüberfahreicken Schiff mitgcgeben 
worden seien. Sehr verwickelt stick die Angaben über 
das Schicksal der 340 Insassen des versenkten Dampfers 
„Carolin a". Ein Flieger will 35 Meilen südwärts 
von Beach Hcaven drei Rettungsboote gesehen haben, 
die nach der Küste sichren, daneben aber andere Boote, 
die leer aus dem Wasser trieben. Andere Meckungeu 
sprechen von der Ankunft des einen und anderen Bo», 
tes in einen oder anderen atlantischen Hafen, sowie* 
davon, daß an aickeren Stellen ein Boot umgeschtc-gen 
sei Tie Tauchboote solle« «uh schon Minen ge¬ 
legt tzaberu Amerikanische Minenfeger wollen schon 
an der atlantischen Küste oirre große Anrae: solcher 
deutscher Minen ausgefischt haben. ' Gleichwohl hält 
man aufrecht, daß man nicht die geringsr» Furcht ber, 
spüre, dreht prahlerisch den Spieß um und sagt, die 
deutschen Angriffe geschehen nur aus Angst vor dem 
amerikanischen Millionenheer. Die Hoffnung, daß mcni 
die Berschlfsung dieses Heeres verhindern könne, werde 
sich als eitel erweisen. 
Trostsprüchr. 
Das amerikanische Marinecnnt nennt als amtlich 
gemeldete Versenkungen einen Dampfer und 3 Sckoner 
und spricht gleichfalls von 2 U-Booten, die an der Küste 
von Neu-England arbeiteten. Beamte des Marine, 
amrs selbst erklärten, sie glaubten, daß die U-Boote 
jetzt nach ihrem Hafen zurückkehrten. Gleich nach dem 
Emtrefsen der ersten Berichten von U-Bootangriffen 
seien U.Boorjäger ausgesandt worden, um die Küste 
abzustreifeu. Die getroffenen Maßregeln seiet, zu¬ 
reichend, um einen Angriff an all den Orten abzu- 
wehren, von wo «,s T r u p pen nach Frank¬ 
reich verschifft würden. Im Ganzen würden von 
den Opfern der U-Boote noch350 Menschen vermißt. 
Reuter meldet aus Washington: Die Aktion der 
deutschen Tauchboote kam im Kriegskabinett zur Sprache. 
Der Lrbensmtttelkontrolleur Hoover erklärte, die Zu¬ 
fuhr von Lcbensniittetn und Vorräten für das über¬ 
seeische Heer werde durch das Erscheinen der U-Boote 
Die Washingtoner Berichterstatter der Newhorker 
Blätter behaupten, die Angriffe der deuffchen U-Boote 
hätten zum Ziel, die Rückbcrufung eines Teils der 
amerikaniscken Flotte aus den europäischen Gewässern 
zu bcranlasten. Sie fügen hinzu, daß diese Rechnung 
sich als falsch erwiesen habe und weisen auf eine an¬ 
gebliche Erklärung des Marineministers Daniels im 
Flottenausschutz des Repräsentantenhauses hin, wonach 
die Verteidigungsanlagen an der amerikanischen Küste 
so stark seien, daß keine Schiffe aus der Kriegszone 
zurückzukebren brauchen. Die Leitaufsätze der ameri. 
kanischen Blätter leugnen, daß das Auftreten der 
U-Boote eine Panik herdorgerufen habe und bestrei. 
ten. daß die Verschiffung der amerikanischen Truppen 
nach Europa unh der sonstige Schiffsverkehr im At¬ 
lantischen Ozean dadurch behindert würde. Die Deut, 
schon würden nur das eine erreichen, den KriegSeirer 
in den Vereinigten Staaten zu fördern und den 
Kampfgeist zu stärken. — In Zusammenhang damit 
gehör: auch eine Meldung der „Central News Agen¬ 
tur" aus Newyork, wonach dort die Geheimpolizei am 
Abend des 4., Juni in verschiedene deutsche und 
andere Klubs eingedrungen sei und hier die Deutschen 
be, f.öbiichcn Feiern zu Ehren der Leistungen ter 
der deutschen U-Boote angetrosfcn hätte. 50 feindliche 
Ausländer seien in Hast genommen worden. 
Schließung der ^aen. 
Nach Newhorker Blättern ist der Newhorker Hafen 
wegen des Auftretens der U-Boote geschlossen 
worden. Nach späteren Meldungen sind alle atlan¬ 
tischen Häfen Amerikas geschlossen worden. 
'Furck t vor Lu tangriffr 
Man scheint in Amerika übrigens auch Angst vor 
Lvitangirfftu zu haben. Es ist die Anordnung ge¬ 
troffen worden, daß die Küste verdunkelt bleiben 
muß. Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme sind 
auch die Lichtreklamen in Newvork verboreu worden. 
Die Gebäude, in denen Lickt gebrannt wird, müssen 
nach außen abgeblendet werden. Gründe für diese 
Maßnahmen sind rückt angegeben worden. Man. rech¬ 
net jedenfalls mit der Möglichkeit, datz die deutschen 
U-Boote Wasserflugzeuge mitführen könnten. Die 
..Finanzial Times" meldet in ihrer Börsenübcrsicht 
als Tatsache, daß in Amerika Luftangriffe bereits 
staitgesunden hätten. Man wird nähere Nachrichten 
abwarten muffen. 
* 
Bor 1 M Jahren, tm Oktober 1916. waren die 
Amerikaner schon einmal durch den Besuch eines 
deutschen Kriegs-U-Bootes, „U 53", in Er¬ 
staunen gesetzt worden. „11 53" batte die 6500 Kilo¬ 
meter lange Strecke von Wilhelmshaven bis New¬ 
port (Rhodo Island) in 17 Tagen zurückgelegt, blieb 
jedoch nur zlvei Stunden im Häsin, und ging dann, 
ohne seinen Brennstoff zu ergänzen, wieder in See. 
Seit der Kriegserklärung der Vereinigten Staaten 
haben die Amerikaner stets in der Besorgnis gelebt, 
daß, wie „U 53", wieder deutsche U-Boote in die 
amerikanischen Gewäffer gelangen wn'irden, um den 
Seeverkehr Amerikas mit Europa, insbesondere die 
amerikanischen Truppen trän Sporte, • an der Wurzel 
zu fasten. 
Daß die Kriegführung in solcher Entfernung sehr 
schwierig ist und sehr Großes von den Booten und 
der Besatzung verlangt, ist begreiflich. Ebenso ist es 
klar, daß je mehr die Bereinigten Staaten sich zum 
Mttelpunkt der Kriegshilsi für unsere Feinde au8- 
wachsen, je mehr von dort die wichtigsten Trans¬ 
porte m,sgeben. und je mehr man mit der Hoffnung 
auf die Hilsi von dort die sinkende Zuversicht in den 
anderen Ländern unserer Feinde aufrecht zu erhal¬ 
ten sucht, desw mehr der Zeitpunkt für einen An¬ 
griff auf diesen Feind günstig zu sein scheint. Vor¬ 
läufig liegen ja erst Nachrichten über einige Bersen- 
kunaen vor. Sollte sich hier zur See eine neue Of¬ 
fensive entwickeln, dann würde sie wieder ein glän¬ 
zendes Zeugnis für unsere wachsende Kraft ;um 
llnterseebootskrieg oblegen und die beste Antwort 
sein ans die Prahlrede Lloyd Georges über den N- 
Boot-Kricg. In den Sperrgebieten um England hat 
sich unzweifelhaft die Abwehr zu einem wohlüber¬ 
legten Svstem entwickelt, das zwar unserer U-Boote 
nicht Herr wird, ihnen aber doch ihre Ausgabe nach 
Kräften erschwert. Bon solchem Svstem kann in 
amerikanischen (bewässern keine Rede sein. Drüben 
hat man noch gar keine Erfahrung, und der Appa¬ 
rat läßt sich nickst ohne weiteres verpflanzen. Im 
übrigen haben die Bereinigten Staaten in richtiger 
Würdigung des Geldverdienstes alles, was sie an 
Abwehrfahrzeugen erzeugten, nach Europa gebracht. 
Auch von den'wenigen brauchbaren Zerstörern, die 
sie besaßen, baben sie anscheinend die meisten nach 
Europa geschickt. Man könnte sich also denken, daß 
da eine recht aussichtsvolle Möglichkeit für den 11- 
Boot-.Krieg entstände, wenn auch die vorliegenden 
Einzelmeldungen noch nicht eine größere Ossinsive 
dort erkennen kaffen. 
Der U.«»«tkrieg. 
wtb Berlin, 6. Juni Im Mittelmeer ver¬ 
senkten deutsche und österreichisch-ungarische U-Boot« 
5 Dampfer und 6 Segler von zusammen über 
80 000 Br.»Reg.-To. Die Dampfer wurden 
aus stark gesicherten Geleitzügen h«rau»geschoffen, 
einer von ihnen war ein Kriegsmaterial» 
transporter. 
Bulgarien «nd Ostmazedonien. 
Die bulgarffche Presse hat sich in letzter Zeit mft 
der Frage der Kriegserflärung der Verbündeten an 
Griechenland beschäftigt und nach einer solchen ver¬ 
langt. mit der Begründung, daß seit langem nicht 
nur veniselistische irreguläre Truppenteile an der 
mazedonischen Front den Verbündeten gegenüber¬ 
stehen, sondern die reguläre griechische Arme«. Auch 
der bulgarische Ministerpräsident Radoslawow Hot 
sich in einer in der Zeitung „Ccmbana" veröffent. 
lichten sehr bemerkenswerten Unterredung über das 
Verhältnis Bulgariens zu Griechenland geäußert. 
Es ist selbstverständlich, so wird dazu von Berlin 
aus versichert, daß wir auch in den bulgarisch-grie¬ 
chischen Streitigkeiten doll auf Seiten der Bulgaren 
stehen. Deutschland und Oesterreich-Ungarn haben 
schon ftüher in Aussicht gestellt, daß sie für den Fall 
der Aufgabe der griechischen Neutralität Bulgarien 
ihre Zustimmung zum Erwerb der o st m a z e d o - 
nischen Gebiete erteilen würden, damit auch 
dort der Wunsch des bulgarischen Volkes nach Her¬ 
stellung voller nationaler Einheit Bulgariens erfüllt 
werde. 
Zum deutsch-englischen Gefangenenaustausch. 
wtb Berlin, 6. Juni. Am 6. d. M. werden vor. 
aussichtlich die bereit» seit einiger Zeit angekündigten 
Verhandlungen über die Gefanaenenfragen zwischen 
deutschen und englischen Delegierten unter Leitung der 
niederländischen Regierung im Haag beginnen. Auf 
Seiten Leider Regierungen besteht offensichtlich da» Be¬ 
streben, auf möglichst breiter Grundlage die schweben, 
den Fragen einer befriedigenden Lösung entgegenzu- 
führe», und e» tst, wenn die Verhandlungen in diesem 
Geiste geführt werden, zu hoffen, daß einer betracht- 
lichen Zahl Kriegsgefangener und internierter Zivil. 
Personen die Freiheit wiedergegeben und das Los der 
Gefangenen erleichtert wird. ES kann aber dem Geiste 
der Verhandlungen nicht zuträglich fein, wenn gleich¬ 
zeitig nebenher, wie dies in der Nortbrliffe-Preffe in 
allen Tonarten bis jetzt der Fall war. die gehässigsten, 
der Wahrheit und Gerechtigkeit widerivreckenden An- 
gaben über die Gefangenenbehandlung in 
Deutschland einh-rpehen. ES dürste im Jnterrffe 
eine» guten Verlaufes der Verhandlungen liegen, wenn 
auf diesem Gebiet auck die gepneriseh« Presse zum 
mindeste! während der Verhandlungen dieses unwür¬ 
dige Treiben unterlassen würde. 
* Eine griechische Enthüllung. Au» Genf meldet 
der .Berl. Lokalanz/: Der griechische Advokat 
AthanaciadiS veröffentlicht hier, daß ihm eine Hobe 
Summe onqeboten wurde, un eine aufsehenerregende 
Schriftenfälschung zu begehen, die bestimmt war, als 
Grundlage eines in Athen durchzuführenden Lan - 
desverratsprozessesgegkn König Kon st an» 
tin und dessen Anhang zu dienen. AthanaciadiS 
wies doS Anerbieten zurück und läßt die Frage offen, 
ob die Urheber jenes Streiches auf der Suche nach 
einem willigeren Werkzeug seien. 
Deutscher Neicksrag. 
Sitzung vom 6. Juni. 
Vizepräsident Pausche teilt za Beginn der Sitzung 
mit, daß ein Antrag der Mehrheitc-parteien vorbereitet 
werde, der die ganze Frage des Vizepräsidiums neu 
regele. Er schlägt deshalb vor, zunächst die Präsiden, 
tcnwnbl aoszufrtzc». Das Haus stimmt zu. 
Tie Debatte über Belagerungszustand und Presse, 
zensur wird fortgesetzt. 
Kapitän zur See B»y-Ed nimmt den Generalstab 
der Marine gegen Angriffe des Abg. Gothein in 
Schutz. 
Abg. Dr. Herzseld (11. S.) brachte Klagen seiner 
Partei vor, die sich einer besonderen Ueberwachung 
durch die Bebörden zu erfreuen glaubt. Ihr seien 99 
Versammlungen verboten woroen. Das stellvertre¬ 
tende Generalkommando in Münster habe eine Bro. 
schüre zur Verbreitung in Arbciterkrcisen herausge- 
gebeu und dazu die Mitwirkung sozialdemokratischer 
Gcwerkschaftsbecnnten und Redätwure zu gewinnen 
versucht, .Diese wurden zu Arbeirerverrätern. (Große 
liurühc bei den Soz. Abg. Noske ruft: Hanswurst! 
(zu den unabh. ©oj.j): Lallen wir. uns das bieten 
lassen, daß so.ch ein Kerl uns beschimpft? (Vizepräsi¬ 
dent D o v e bittet, bei der Sache zu bleiben und nicht 
zu einer allgemeinen Polemik üverzugehen s 
Al-g. Tr. Werner-Gicsten (T. Fr.): Wenn Abg. 
Gothein sich darüber beschwert, daß die alldeutsche 
Presse bei der Pavierzumessung bevorzugt werde, so 
weise icb darauf hin, datz die.Provinzpreffe geradezu 
Not leidet, während das „Berliner Tagebl." für die 
banalsten Dinge und Anzeigen Papierverschwendung 
übr. 
Abg. Pvspiech (Pole): Den polnischen BerufSver. 
einen ist cs nicht möglich, Versammlungen abzuhalten. 
Abg. Meerseld (Soz.) bringt eine Reihe von Ein« 
zelsällen über Zensurmaßnahmen vor, 
Aba. Dr. Müller-Meiningen (Bp.l: Niemand hat 
es gewagt, den Belagerungszustand und die Zensur zu 
verteidigen Mögen diese Debatten hier durch die Be. 
seitigung her politischen Zensur eicktrch arifhören. 
LtaatSsrkretär Wallraf: Ich habe stets tief b». 
dauert, daß der Krieg ein Eingreifen in die Freiheiten 
immer noch nötig macht. Mir der Papierzuteilung habe 
ich ressortmäßig nichts zu tun. Dr, Herzfeld bezeichnet 
die Zensur ’ als einen Auswuckis des Militarismus. 
Wie steht es aber damit in Englano und Amerika? 
Nirgends aber wird so rücksichtslos vorgegangen nie 
bei den Bolschewicki. 
Oberstleutnant von dem Bcrgh gibt eine DrrstellunD 
über die Möglichkeiten der Beschwerde über die Zen. 
surbebörden 
Abg Hanse (U. S.): Rur die Aushebung des Be.- 
lagrNivgszustandcs und der Zen-ur kenn helfen. 
General von WriSbrrg: Wenn bemängelt wird, daß 
den aus russischer Gefangenschaft Ziirückgekehrten va¬ 
terländischer Unterricht erteilt wird, so würden wir 
unsere Pflicht versäumen, wenn wir diesen Unterricht 
nicht erteilten, zumal diese Leute vier Jahre unter 
russischem Einfluß gestanden baben. 
Damit schließt die Aussprache. 
Eine Entschließung des Ausschusses betreffend Ber. 
Haftung und AufcntballSbefchränkung lvird angenom¬ 
men. Darauf wird der inzwischen erngebrachte Antrag 
betreffend Regelung der. Vizepräsidentenschaft der Ge- 
schöftsordnüngskommiffion überwiesen. 
Freitag: Anfragen, Etat des- Innern. 
Preuszischer Landtag. 
Abg»,ed»et»»!»«»« 
Sitzung vom 6 Juni. 
Tie Beratung des KultuSetats wird fortgesetzt. 
Abg. Dr. Kansmann (Zir.) rmdniete dem geschiede¬ 
nen Kultusminister ein dankbares Abschiedswort. Mit 
Absichr unterstrich er, datz das Kultusministerium kein 
einseitiges Fachministerium sei, als das es der neue 
Minister in. der Kcmimission hingestcllt hat. und wies 
darauf hin. daß dem Kultusministerium zwei Haupr- 
aufgabcn obliegen, einmal die Füchrung der Schulpoli« 
ttf und zum anderen die Regelung des Verhältnisses 
zwischen Kirche und Staat. Mit überzeiigender Wärme 
verwarckre sich Dr. Kaufmann für die Konsessio- 
n a l i t ä t unserer Volksschule, da durch die kon¬ 
fessionelle Volksschule das Ziel der religiös.sittlichen 
Charakterbildung am sichersten erreicht werde. Gleich 
nachdrücklich betonte der Zentrumsredner die Zueinan- 
dergehöritzieil vori Kircke und Staat, die ohne 
gros;e Rbt niemals getrennt werden sollte. Er warnte 
vor unbesonnenen Ueberstürzungen rm Schulwesen 
und wies darauf bin, daß bei der Schulreform _ die 
Volksschule in erster Linie gefördert werden müsse. 
Darum kan« sich das Zentrum auch nicht mit den 
Vorschulen befreunden, durch die den Volksschulen 
vielfach die besten SchL'er rnlzcge» werde.! Zum 
Schluß bat der Aachener Stiftvrob-t. daß _an der 
Wiederherstellung des durch schwere Bauschäden ge¬ 
fährdeten Aachener Doa.s sich tas ganze Volt beteili¬ 
gen wolle Wir betrachten als den notwendigst-n Bil. 
dungsfaktör die Pflege der Religion, wie ste nur durch 
die Konfession möglich ist. Die christliche Religion. ist 
für unser deutsches Volk auch für die Zukunft der wich¬ 
tigste und entscheidendste Bildungsfaktor und deshalb 
wünschen wir, daß ste in der Schule überall durchdringt. 
Für die Konßffsionalrtät der Volksschule treten auch 
die Bischöfe ein. Sie fordern ferner, daß konfessionelle 
Minderheiten an höheren Sckulen von Lehrern ihres 
BekenntisseS in der Religion unterrichtet werden. Mit 
Recht ist in der Kommission von einem meiner 
Freunde hervorgehoben worden, daß her Satz „hie 
Lehre und die Wissenschaft muß frei sein", auch aijs 
die Katholiken Auwenduna finden muß. An den Ka-, 
tholiken ist aber dieser Wunsch keineswegs in Erfül¬ 
lung gegangen. (Lebb. Beifall.) 
Abg. Lüdicke (hi.) forderte, daß die konfessionell 
Schule die Regel bleiben, aber auch den bereits vor. 
haudenen Simultanschulen Lickt und Luft gegönnt 
sein sollen. 
Es folgte eine lange Rede des Abg. Adolf Hoff, 
mann (II. Soz.), in der er wie immer seinen Haß ge¬ 
gen die Kirche die Zügel sckießen ließ und zum Schluß 
den »blicken Krack vrovozierte. 
Abg. Dr. Blankenburg luarl.l wünschte bessere Aus- 
stiegmöglickkeiten für die Voüsfckullehrer und auSgie. 
bigere Tauernngszulagen für die Lehrkräfte aller Grade. 
Abg. Troub lVp.) verteidigte die Simultanschulen. 
Die katholifcke Kircke soke fick von Rom trernien und 
eine deutsck-katbolifche Kirche, werden, dann könne ein 
friedlicher Wettbewerb mit der evangelischen Kirche 
stattffvden. 
Kultusminister Dr. Schmidt: Zu einer großen 
Schulreform erachte ich die Zeit noch nicht für gekom¬ 
men. Durch das Volksschulunterbaltungsgesetz ist die 
konfessionelle Volksschule gehalten und an ihr werden 
w,r deshalb festbalten. Aber das könfesssonelle Prin¬ 
zip solle auch nicht überspannt werden. Ich kann nur 
nochmal» betonen, daß wir an dem fetzigen Verhältni» 
»wischen Kircke und Staat festbalten und daß ich eS für 
rin großes Unglück hielte, wenn an diesem Verhältnis 
gerüttelt würde. 
Frenaa: -kortfetzunL.
	        
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