Fortgang der Schlacht in Benetien.
Bisher 3V 000 Gefangene
. Der deutsche Abendbertcht.
*-tb Berlin, 18. Juni, abends. (Amtlich.)
Bon den Kauchsfronten nichts Neues.
Lesterreichisch. ungarischer Tage-Sericht.
Wien ,18. Juni.
Tie Schlacht in Benetien nimmt ihren
Fortgang. Tie Armee des Generalobersten Frhrn.
v. Wurm gewann anzahlreichen Stellen
Raum. Ihr Südflügel erreichte in iahen Kämpfen
den Kanal Fosebba. Generaloberst Erzherzog
Joseph baute seine Erfolg« im Monte llo-Ge-
biete aus. Italienische Gegenstöße scheiterten an
drei Kampftagen. An drei Kanrpstagen wurden kn
diesem Gebiet 73 italienische Geschütze eingebracht,
darunter zahlreiche schwere Kaliber. Beiderseits der
B r e'ct t a rannte der Feind abermals vergeblich
gegen unsere neue Stellungen an. Ebenso erfolg-
los verliefen südlich von A s i a g o mehrere englische
Angriffe.
Tie Zahl der Gefangenen ist auf 30 000
gestiegen, jene der erbeuteten Geschütze auf 120. Die
Beute an Minenwerfern sowie sonstigen Krieasmit-
teln ist noch nicht gezähl.t
Der Chef des Generalstabes.
Die Angst um Paris.
Arthur Mcper, der Herausgeber des „Ganlois",
schreibt in seinem Blatte: „Wohl sagt man. Reims
and andere Srädte werden beschossen. Paris kann
eist gleiches Schicksal haben, aber Paris und die
anderen S«ädte sind nicht dasselbe: Paris ist: „die
Stadt". Jeder Franzose hat zwei Dinge, die er
liebt: Frankreich und Paris. Ich weiß auch wohl,
daß die großen Generäle es für möglich halten,
auszugeben, und die Loire zu verteidigen. So dacht«
auch Gallieni. Aber da folge ich doch Herde, wenn
»r erklärt, daß Paris' nicht ein beliebiger Punkt
ist. In Paris lebt ein Zehntel der Franzosen, es
«st der Mittelpunkt der Industrie, die größte Sammel¬
stelle aller Reichtümer in Europa. Es ist das
Zentrum unseres Eisenbahnnetzes, es ist Herz und
Kopf Frankreichs."
Genf, 18. Jnni. Der Verteidigungs - Ausschuß
oon Paris beschloß, die Bevölkerung der Vorstädte
oon Paris sortzuschaffen und sie nach dem
mittleren und südlichen Frankreich abruschieben. Auch
tei beabsichtigt, die hauptstädtische Bevölkerung im
ßause des Monates Juli allmählich sortzuschaffen.
Amsterdam. 18. Jimi. Der militärische Mitarbei¬
ter des . Aieuwe Courcckrt" knüpft in einer militärischen
Betrachtung an eine Bemerkung des Pariser Abgeord¬
neten Brunnet an, wonach es möglich fei. daß die
Deutschen infolge einer neuen Offensive nahe an
Maris bcrcmkämeu, daß eine planmäßige Be-
Lchießimg möglich wäre Er bemerkt dazu: Man
bcdsnke, daß die nrächtige Festung Antwerpen in einer
Woche frei, nachdem der Angreifer lediglich einen Ab.
schnitt des Fortsgürteis mit Belagerungsgeschützen
niedergeliärmriert batte. Kommt es zu einem regel¬
rechten Angriff auf da» großverschanzte Lager von
Paris so wird es ebenso wabrschernlich genügen, eine
weite Bresche zu eröffnen Ene richtige Belagerung
deS gesamten Fortkreises ist, wie die Erfahrung ge¬
lehrt hat, jetzt nicht mehr nötig.
Ei» französisches Flugzeug in Holland abgeschosien.
Haag, 18. Juni. Hollandsch Nieuwsbureau mel¬
det aus Vlisjingen: Am Montag nachmittag ist
ein französisches Flugzeug vom holländischen Militär
abgeschossen worden. Es ging gerade auf dem
Flugplatz von Vlissingen nieder. Die beiden Jnsas-
sen, der Flugzeugführer und der Beobachtungsoffizter,
wurden interniert.
Me Bedeutung der Offensive in Italien.
Ter Laie ist geneigt einen militärischen Erfolg
einzig und allein nach Um erreichten Bodengewinn,
überhaupt nach sichtbaren Erfolgen, zu beurteilen. Der
moderne Stratege erblickt sein Ziel in der Vernichtung
der feindlichen HeereSmachr. Dieses Ziel wird er¬
reicht dich die Außergefechtsetzung infolge Tod »der
Verwundung, durch Gefangennahme und endlich durch
Aindung der feindlichen Kampfkraft an die unbeweg¬
liche Front.
< Nachdem auf der ganzen Westfront die Initiative
au uns übergegangen ist und die Reserven Fachs
durch unsere Operationen festgelegt worden find, war
ein Frontteil vorhanden en dem noch eine gewisse Be¬
wegungsfreiheit herrscht« m* wo eine Bindung der
feindlichen Truppen, noch nichr vollzogen war. DaS
war der italienische HeereSslügel. Die Entente
hcn sei. längerer Zeit versucht, sich diese Bewegungs¬
freiheit zunutze zu mach«:-, um dann ihrerseits sofor¬
tige Masmahmen an der italienischen Front vorzube-
reiten. Infolge der noch vorhandenen ffeien Derfü.
pnng über die Kräfte fing auch fünf italienische Di¬
visionen nach Frankreich verschoben worden, um dort
die Reserven FochS zu vermehren. Nunmehr ist der
Entente die BewegnngSfreibeit verloren gegangen, und
auch an der italienischen Front ist die B i'n d u ng der
Kräite durch die Initiative der Mittelmächte einge¬
treten
Tie österreichisch-ungarischen Truppen haben beider¬
seits der Brenta und links der ganzen Piave mit
starken Kräften eine» Vsrsteh unternommen. Auf der
ganzen Ausdehnung der Front ergibt sich ohne wei¬
teres daß starke Machtmittel dabei dort eingesetzt wor¬
den sind. Durch die b'S jetzt erfolgten taktischen Er¬
folge ist die freie Berfügun, über hie italienischen
Truppen unterbunden warben; weiterer Abtransport
auf den italienischen Kriegsschauplatz ist nicht mehr
möglich. Des ist der st r a t e g i s ch e Erfola der
durch die Angriffe der österreichisch-ungarischen Armee
bereits erreicht ist. Aus den SV vvv Gefangenen, die
die österreichisch-ungarischen Truppen bis seht einge¬
bracht haben, ist die Große des Erfolge? zu ermessen.
Ben einer -stegreichen Abwebr". wie italienische Stim-
rnrn Mitteilen wollen, kann bei einer solchen Gefan-
arnenzalss natürlich nicht die Rede sein. Die Italie¬
ner kabeln selbst erklärt daß sie durch di« Angriffe
nicht überrascht worden seien. Umso höher ist dieser
Verlust an Gefangenen und Material zu bewerten.
Namentlich längs der Piave haben die österreichisch¬
ungarischen Truppen scher!«: Erfolge zu verzeichnen.
Sie haben den M'o ntelloblock in ihre Hand ge¬
bracht und haben sich auf dem rechten Ufer der Piave
einen tiefen und wichtigen Brückenkopf geschaffen.
Wie von der österreichr'ch-ungarischen Heeresleitung
die bis jetzt erzielten örtlichen Erfolge ausgenutzt wer-
- den sollen, liegt völlig im Dunkeln. Mer es steht fest,
daß auch an dem italienischen Flügel die Initiative
der Entente entwunden und auf die Mittelmächte über-
gegange» ist.
Der Einbruch in vie italienische Front.
wtb Wien, 16. Juni. Aus dem KriegSpresseguar,
. ticr wird gemeldet: Gestern ftüh hat nach mehrstündi¬
ger macbtvoüer Artillerievorbereitung der osterr.-uu-
garifche Offen sivstoß an der ganzen Süd¬
westfront eingesetzt. Bon der Piavemündung bis
zum Ortler, im Lagunengcbiet und im von Weinreben
dnrchzogcnen Gelände eiensiwohl wie im wi'dzerklüfte-
tcn Gebirgslaud und in den Regionen ewigen EiseS find
rmserc Truppen an vielen Stellen in die Stellungen des
Gegners eingedrungen und haben ihm Graben um Gra¬
ben in erbittertem Ringen enttisien. Trotz der infolge
der letzten Regenperiode hochgeyenden, mehr als kilome-
rerbreiten Pi a v e haben die Truppen an mehreren
Stellen den U ebergang unter dem Schutze der aus¬
gezeichnet loirkcnden Artillerie erzwungen und haben in
breiter Front am Westuker der Piave Fi'ch gefaßt und
sich in überraschendem Stoß in den Besitz von großen
Teilen der kahlem domn.-reuden Höhen des langgesirck-
ten Montell o-R ü ck e n s gesetzt. Auch an der T t,
roler Hochgebirgsfront har der Gegner dem ersten
wuchtigen. Anprall nicht stand gehalten. Selbst das
Heranziehen stärkerer Reserven und das schnelle Ein¬
greifen schon bereitgestelltcr Angriffstruppeii konnte den
Erfolg des Tages nichr ausgleichen. Trotz erbitterter
Gegenangriffe von Italienern, Franzosen und Englän¬
dern vermochte der Feind nicht überall unserm Stoß
staudzuhalten, so daß im Ostteil der Hochfläche der Sie¬
ben Gemeinden über zwei Kilometer Raum nach vorn
im schwierigsten Gebirgsgelände gewonnen ist. Die wei¬
ter folgenden Gegerungriffe der verbünde! en Feinde
scheiterten an der unerichütterlichen Abwehr des Ver¬
teidigers auch im Abschnitt bei Riva. Die Zahl von
16 000 Gefangenen und zahlreich erbeuteten Geschützen
zeigt den Enderfolg dieses ersten Kampftages.
wtb Wien, 17. Juri. Aus dem Kriegspresscquar-
iier wird weiter gemeldet: Was der erste Tag der
einsctzeuden Offensive an Erfolgen brachte, wurde ge¬
stern allen verzweifelten Anstrengungen des Gegners
zum Trotz teils behauptet, teils unbeeinflußt durch
alle Beschwerlichkeiten der ungünstigen Witterung, w e i-
ter ausgebaut. Das Westufer der Piave, von den
beherrschenden Höhen des Monrello bis hinunter ans
Meer, war der Schauplatz erbitterter Kämpfe,
in deren Verlauf sich unsere dort operierenden Armeen
in den Besitz weiteren feindlichen Gelän¬
des und dadurch einer größeren Sicherheit aller bis¬
her errungenen Erfolge setzten. Sowohl der Raumge¬
winn im Gebiete des Montello, wie auch westlich von
San Dona, die Einnahme des vielumstnttenen Capo
S i l e, sind die ersten Früchte des mit so unvergleichli¬
cher Schnelligkeit und durchschlagenden Erfolg" unter,
nommenen Fluhüberganges, der für die Italiener ebenso
überraschend wie bedrohlich ist und uns einen Ausblick
für alle weiteren Möglichkeiten eröffnet. Auch während
des gestrigen TaAeZ blieben alle beiderseits der
Brenta errungenen Erfolge fest in den Händen der
österreichisch-ungarischen Truppen. Kern Fuß breit
Boden in dieser wildzerklüfteten Gebirgslandschaft, wo
jeder Schritt nach vorwärts von nicht zu unterschätzen¬
der Bedeutung ist. konnte der Mafien Verteidigung der
alpenländischan Regimenter entrissen werden. So schlos¬
sen sich die Erfolge des zweiren Kampftages würdig den
dyrausgegangenen Ereignissen an.
Die Schwierigkeit der Oesterreicher.
wtb Wien, 18. Juni. Die Blätter melden: Seit
üem Beginn der deutschen Augriffsschlacht im Wessen
wurde in der Oeffenttichkeit sehr oft die Frage
erörtert, weshalb der österreichifch-uugarischee Angriff
an der Sükwestfront nich: gleichzeitig eingesetzt habe,
um so den schlagenden Beweis von der Einheisftont
des Vierbuntes zu liefern Donrgegenübcr möge kurz
aus einige Momente htngewiesen werden deren Au¬
ßerachtlassung Fernstehende zu vorschneller und gewiß
nicht zutreffender Beurteilung der Lage verleiten
könnte. Es gibt keinen anderen. Kriegsschauplatz, der
auch nur annähernd eine derartige Verschieden¬
heit hinsichtlich des Klimas und der W i t t e r u n gs-
verhältnisse aufweift wie die zusammenhängende
Freut, vom Snlffer Joch bis zur Lagunenküste von
Venedig. Während in der venezianischen Ebene be¬
reits trockenes, schönes Semmerwetter den geeigneten
Zeitpunkt für den Beginn größerer Akti»en als ge-
ko,inner: erscheinen lassen kann herrschen tm Gebirge
noch schwer, Nebel und Regenfälle und in höheren
Lagen starker Schneesall urch stehen in Verbindung
mit Schneestür men einer Offen sivbeweauna
hindernd im Wege. De- Eintritt klaran Frühlings-
Wetters mit raschester Sckineeschmelze verwandelt die
bisber fast ausgettockncte Torrente der Ebene in rei¬
ßende Strome und schafft durch steigendes
Grundwasser im Mündungsgebiet weite Sümpfe u!nd
Morastflkcke. Vorstehende Momente lassen erkennen,
mit welchen Schwierigkeiten auch beste Führung oft.
mals zu rechnen hat und daß eine nur scheinbar be¬
rechtigte Ungeduld ihre Quelle aus Umständen schöpft,
dir in der Oeffentlichkeit nicht voll erfaßt find.
Die Leistungen der deutsche« Eisenbahntruppen.
Berlin, 18. Juni. Unsere großen Erfolge in
der Ukraine sind nicht zum mindesten den gewalti¬
gen Leistungen uuserer Eisenbahntruppen zn ver¬
dank n, die eS ermöglichten, eine Strecke von unserer
ersten Stellung bis nach Rostow am Don (1800
Kilometer) in 79 Tagen zurückzulegen. Die Bautrup-
pen haben bereits 82 Brücken wiederhergestellt. Der
Bau weiterer 40 Brücken bis zn Ende dieses MonatS
ist zu erwarten.
Moskauer KriesSerkkSrung an Sibirien.
wtb Moskau, 18. Juni. Die Zeitungen besprechen
die Bedeutung der gestern veröffentlichten Kriegs¬
erklärung der russischen Regierung an die gegen-
revoluttonäre neugebiltzetc Regierung in Sibirien. Im
Zusammenhänge mit der. Verhängung des Kriegszustan¬
des über Moskau sind durch Verbrgurg deS Bolksbeauf-
tragken für Kriegswesen alle bürgerlichen Zeitungen
verboten worden.
Bon dieser Kriegserklärung hört man durch das
vorstehende verspätete Telegramm zum ersten Male.
Die gegenrevoluttonäre Regierung iu Sibirien hatte sich
kürzlich ausdrücklich zeg«n die Bplschewiki-Herrschaft er¬
klärt.
»
Nach der Petersburger Presse stellt sich das Bild
der Ereignisse in Sibirien folgendermaßen dar: In
Westsibirien sind die Bolschewiki anscheinend
durch die Graenrevolutionäre und die mit ihnen
verbündeten tschechischen Truppen gestürzt worden.
An vielen Stellen sind die Telrgrap intimen in den
Hsinde« der Tschechen. Omsk ist durch die Tsche¬
chen ge n o m m e n worden. Bei Tomsk, Jekateri-
nenburo und Ufa finden schwere Kämpfe statt. Die
GegenrevolutioMre hqkrn eine eigene sibirische
Regierung eingesetzt, die sich bereit crllärt hat,
sich mtt der Moskauer Regierung zu verständigen
und Rußland mit Brot zu versorgen, wenn sich die
Sowjetreoicrmrg jeder militärischen Gegenmaßnah¬
men enthält. Lenin hat jedes Perhandeln mit
den Gegenrevoluttonären abgelehnt und Truppen
"egen sie in Bewegung gesetzt. Besonders scharf
äußert sich Lenin in einem Ausruf gegen die Fran¬
zosen und britische Börsenleute, deren Umtrieben
er in Sibirien gegcnübersteht. In den angrenzen-
den Wolga-, Ural- und sibirischen Bezirken bcsieblt
Lenin die Mobilisation der fünf letzten Jahr¬
gänge, und in Moskau die Mobilisation der Inge¬
nieure der gleichen Jahrgänge.
Der tt. v»»t??rez.
wtb Berlin, 18. Juni. (Amilich.) Im Sperr-
aebieir des Mittelmeeres verrenkten uns,re U-
Boote 6 Dampfer nud 4 Segler von zusammen
24,500 Br.-Reg.-Tonnen.
Ein englischer Hilfskreuzer versenkt.
wrb London, 17. Juni. (Reuter.) Die Admirali-
tat teilt mit: Der Hilfskreuzer „Patria" ist
am 13. Juni durch ein deutsche? Unterseeboot tor.
pediert Und versenkt worden. Ein Offizier und 15
Mann der Haudelsmarinemannschaft werden ver¬
mißt und sind wahrscheinlich ertrunken.
Untersuchung der gesunkenen „Königin Regents"-
Nach dem Haager Korrestpondenzbu reau soll am
Mittwoch nachmittag das Schleppboot „Zeekand"
ausrahren zur llntersuchuug des gesunkenen Hospital»
ichiffes „Königin Regentes". An Bord befinden sich
der engliche Kommandeur Fargus und der deutsche
Kopitänleutnant Gadow, während die Leitung der
Untersuchung dem holländischen Leutnant z. S.
Elster Klasse Bink übertragen wurde.
Zwei norwegische Segler in Amerika versenkt.
Wie Reuter aus Washington meldet, sind die
norwegischen Segler „Samson" und „Kringsjaa"
durch ein Tauchboot torpediert worden. Die Be¬
mannungen sind gerettet.
Die russischen Schiffe in Amerika und
England beschlagnahmt.
wtb Helstttgfors, 15. Juni. „Husvudstadsbladrt"
meldet: Moskauer Nachrichten zufolae sind alle in
amerikanischen und englischen Hafen liezenden
russischen Fahrzeuge beschlagnahmt wor¬
den „Novaja Shisu^ berichtet, daß acht der größten
und besten Dampfer der russischen Freiwiüigenflotte
in den ostasiatischen Gewässern genommen wurden
und die übrigen den Befehl erhielten, nicht in Se^
zu g'hen. Der Kommissar für auswärtige Ange¬
legenheiten hat hiergegen Protest eingelegt.
Der Zusammentritt des rumiinischra Parlaments
vollzog sich in Jassy ohne Zwischenfall. Als König
Ferdinand bei der Verlesung dec^ Thronrede be¬
tonte, daß die Verlängerung des Widerstandes eine
vollkommene Erschöpfung der Kräfte de- Landes her»
brigeführt hätte, tönte ihm aus den Reihen der
Volksvertreter laute Zustimmung entgegen. Mit
gleichem stürmischen Beifall wurde eine Stelle über
die Angliederung Beßarabiens ausgenommen. Hierzu
erklärt die Thronrede: „Die gute Aufnahme, die
dieses große Ereignis bei den Mächten, mit denen
wir über den Frieden verhandeln, gefunden hat, hat
den Weg geöffnet für die Wiederherstellun g
unserer Freudschaft, wie sie in der Ber¬
gan genbeit bestand. — In einer Besprechung
der Regierungsmehrheit betonte Mmisterpräsident
Marghiloman, daß die Erhebung der Anklage gegen
die früheren Machthaber aus der Jnitia-ive des Par¬
laments und nichr aus jener der Regierung erfolgen
müsse.
Ter Durchbruch v. Lettow-Borbecks.
Der englische Bericht aus Ostafrika besagt:
Zwischen dem 8. und dem 10. Juni zog sich die feind¬
liche Streitmacht südivärts vom Luttoflusse in daS
schwierige Berg- und Bnschgclände um M a l e m a zu,
rück. Unsere Berfolgungsabtcilungcn drangen nach
einer Anzahl kleinerer Gefechte mit feindlichen Abtei,
lnngen ohne Widerstand am 12. Juni in Malema ein.
Der Feind hatte sich weiter südwärts gegen den Li,
gonh«fluß zurückgezogen. Die Länge unserer Hauvt,
verbindnnaSlinie auf portugiesischem Gebiet überschreitet
bereits 800 Meilen. Die Gesamtläng, der Berbin,
dungSlinien aller unserer Heeresabtettungen vberschrei,
ten damit 1000 Meilen.
Tie Meldung bestätigt die bisherige Annahme,
daß es dem General v. Lettow wiederum gelungen
ist, sich der drohenden Umklammerung durch eine»
erfolgreichen Durchbruch zu entziehe». Der
Hinweis auf die Länge der Berbindungsliuie scheint
die öffentliche Meinung unserer Gegner darauf vor¬
bereiten zu lassen, daß mit einer Beendigung der
kriegerischen Handlung in Ostafrika vorerst nicht zu
rechnen ist.
Die Engländer ln Persien.
Englands Spezialität ist bekanntlich der „Schuh der
kleinen und schwachen Völker^ ui'd es hat in der Aus¬
übung dieser Schützertättgkeit eine solche Meisterschaft
erlangt, daß eS am Ende kaum noch auffällt, wenn «in
solchermaßen von England „geschühws" Land eines
Tages auf der Landkatte als englische Kolonie oder der¬
gleichen erscheint.
Reben zahlreichen anderen Völkern „schützt" England
gegenwärtig Persien und dieser „Schutz" ist be¬
reits soweit gediehen, daß die britischen Machthaber in
Persien die "Perser als „Verbündete" ansprechen. JS9
verlohnt sich, bei der von den Engländern in Persien
befolgte» Politik einen Augenblick zu verweilen, denn
die Entwicklung des persischen Problems ist eine Sache,
die uns lebhaft angeht.
An früheren Zeiten, als Ri-fgland noch ein mäch¬
tiges Reich war, herrschte zwischen den Engländern und
Russen ein ständiger scharfer Konkurrenzkampf um den
„Einfluß" auf Persien. Mehr als einmal drohte die¬
ser wirtschafttiche und politische Wetikamvs der eng¬
lischen und zaristischen Negierung zu ernsthaften Rei¬
bungen zu führen. Erst durch das A.bk»,mmen von
1907 tm irden diese Reibung »flöchen beseitigt. Man
schuf „Interessensphären" und zwar eine russische
im Norden und eine b r i t i s ck> c im Südc", währ-;id
in der Mtte den Persern selbst eine neutrale Zone
gnädigst überlassen wurde. England batte bannt zwei
große Ziele erreicht. SS hatte ernmal d,e Einigung mtt
Rußland und durch die Deseinguntz der Reibungsflachen
die Möglichkeit künftiger Bündnisse geschaffen und es
hatte gleichzeitig ein starkes Bollwerk für die Sicherheit
seines indischen Besitzes aufgerichtet.
Derl Ausbruch des Weltkrieges benutzte dann Eng¬
land. um sich im Verein mit Rußland über die v o l .
lige Aufteilung deS persischen Gebietes zu eini¬
gen Sie kamen überein, sich ihre bisherigen Inter¬
essensphären gänzlich einzuverleiben und auch die neu¬
trale Zone unter sich aufzuteilen. Perpen wurde trotz
seiner Reuttalirät zum Kriegsschauplatz „gemacht und
es wäre wohl schon längst um die Selbständigkeit Per-
siers geschehen, wenn der für England
Verlauf der Dinge ans dem europäischen Kriegsschau¬
platz es mcht zur Einschränkung seiner asuttischen Plane
gezwungen Härte und wenn andererseits durch den Zu¬
sammenbruch Rußlands den russischen Absichten m Per¬
sien nicht von selbst ein Ende gemacht worden Ware. ^
Im Brester Frieden verpflichtete Rußland sich.
Persien zu räumen, und diese Verpflichtung wurde auch
erfüllt Für England war das natürlich nur e,n
erwünschter Anlaß, das russische Erbe anzutreten und
es sich allein in Persien bequem zu machen. Die Brrten
haben nicht lange gezögert, das von den Russen ge¬
räumte Land mit Be sch lag zu belegen. Emen
unverdächttgen Zeugen für dies englische Urtternehmen
gibt Oberst Kennian, der englische Konsul in Kiruicm-
schab ab. der in einem Aufruf an die persische Bevöl¬
kerung vom 4. Aprll 1918 ganz offen zugibt, daß Eng¬
land eine eigene starke Truppenmacht aufgestellr und
nach Perfien in Marsch gesetzt habe. In der
Tat sind mi der afghanischen Grenze schon vor e,Niger
Zett starke englische Kräfte mit Artillerie aufmarschiert
und die Engländer sind auch mit all den Elementen in
und um Persien in Verbindung getreten, die sich heute
Bolschewisten nennen. Besondere Anziehungskraft übt
auf die Engländer Baku, der Mittelpunkt,der Petro-
lei'mindnstrie, aus, und wenn England erst am Kas¬
pischen Meer Fuß gefosßt hat. dann ist es ihm gelungen,
zwischen die Türkei und Mittelasien einen Keil zu
treiben.
Die Türken haben die drohende Gefahr, erkannt und
darum zum Flankenfchntz ihrer in» Kaukasus
stehenden Truppen beiderseits des Urmiasees Fuß
gefaßt und Täbris besetzt. Diese „mili'ärische
Maßnahme mag notwendig und den augenblicklichen Er¬
fordernissen entsprechend gewesen fein, man darf aber
fragen, ob es rrichi für die Türkei in ihrem Interesse
und auch im Interesse Mitteleuropas notwendiger ist»
daß sie durch kraftvolle Abwehr der brsiischen Bedroh¬
ung in M e s o p o t a m i e n . den Engländern die Lust
zu ihrem persischen Unternehmen nähme, als wenn sie
durch Verzettelung ihrer militärischen Kraft nicht nur
den Engländern die in Mesopotamien errungenen Er¬
folge nicht stteittg macht, sondern die Feinde auch noch
in die Lage versetzt, in Perfien vorzudringen und die
türkischen Heere noch an anderen Stellen zu fesseln und
zu gefährden. .
Persien ist für Mrtteleurova fast wie ein vorgelager¬
tes Tropenland, aus dem zahlreiche Rohstoffe,^ vor allem
Baumwolle, zu gewinnen sind. Aufgabe unserer Poli¬
tik ist es daher, darauf Bedacht zu nehmen, daß uns der
Zugang nach Persien nicht verbaut wird.
Berhaudlunge« mit den Türke».
In Konstantinopel tritt eine Konferenz zusammen,
deren Ziel eine Verständigung der Mittelmöchte über
die militärischen und wirtschaftlichen Ziele im Kaue
kasus ist.
* Die Brotnot in Oesterreich. DaS österreichi-
sche Ernährunasamt hat die Brotration um die Hälfte
verkürzen müssen. Das ist eine schwere Heimsuchung^
für unsere Verbündeten. Wir zollen ibnen herzliches
Beileid und würden ihnen gerne helfen wenn wir
nur könnten. In Wien, wo die Kürzung der
Brotration jetzt auch vorgenommen wurde, ist im
Gemeinderat und auch sonst in amtlichen Kundge¬
bungen d«e Sache so dargestellt worden, als ob
Deutschland sich verpflichtet habe, die Mehlversorqung
Oesterreichs aus feine» eigenen Vorräten sicher-
zustellen, und der jetzig« Notstand auf die Unterbre¬
chung der deutschen Zufuhren zurückzuführen sei.
Das ist tatsächlich unrichtig, und die irrige Behaup¬
tung ist gefährlich für die guten Beziehungen zwischen
den beiden Völkern. Deutschland itt nicht in der
Lage aus seinen Vorräten abzugrbi n, sonst hätte es
nicht seine eigene Brotration herabzusetzen brauchen.
Dagegen steht die Aufbringung der Getreidelieferun«
gen auS der Ukraine unter deutscher Leitung.und
danach sollte Oesterreich einen bestimmten Anteil an
den Lieferungen erhalten. Diese Zusage konnte aller¬
dings in den letzten Wochen nicht ganz gehalten
werden infolge von Schwierigkeiten, die nicht die
Schuld Deutschlands sind. Deutschland hat im Ge»
aenteil Oesterreich bei der Belieferung mit ukraini¬
schem Getre'de daS größt« Entgegenkommen bewiesen.
Eigentlich müßt« man im Habsburgischen Reich« bei¬
der dünneren Bevölkerung mit den selbsterzeugte»
Nahrungsmittel» besser au »kommen, als ins
Deutschland. Wir wollen nicht untersuchen, ob un¬
sere Bundesbrüder mrt ihrer eigenen Ernte ebenso
sparsam gewirischafret haben, wie wir. Offenbar
haben sie sich aus die Anfuhren aus der Ükraiue
u«d Rumänien etwa» zu stark verlassen. Auf eine
schnelle und regelmäßige Zufuhr zu rechnen, war aber
etwas kühn. Deu.schland ist auch durch die Stok-
kungen getäuscht worden wrz Hanen jedoch unsere»
Bersorungsplan nicht in demselben Maße von de«
Zufuhren abhängig gemacht, wie die Oesterreich«.
Man darf wohl e»warten, daß die österreichische Re¬
gierung bald die öffentliche Meinung ihres Landes
darüb« ausklärt, wie unschuldig Deutschland an
der dortigen Brotnot ist. Es darf sich nicht der
Glaube festsetzen, daß Deutschland seine Ver¬
pflichtungen gebrochen und die Verbündeten in d«
Brotnot treulos im Stiche oelaffen habe. So ein unge¬
rechter Verdacht wäre Dass« auf die Mühlen der ische-
chischen Verrät« und der Aaentrn der Enteme, dieZwiv-
«>acktrwi ch «den brr den Kn> ermatten lnff-n wollen.
Das deutsche Volk ist zu dem weiteste» Entgegen¬
kommen bereit, das möglich ist, ober es richtet zu¬
gleich die Bitte nach Oesterreich, Satz man dort mit
den unangebrachten Borwürfen gegen Toutschland
ein für allemal aufräumen möge. — Der österrei¬
chische Minister für BolkSernährung Paul ist nach
Berlin abgereisi, um dort Derharrdlnngen wegen
der Ernährungsschwierigkeiten zu führen.
Prentzischer LanStag.
Atzq«ord»-»»»da»S.
Sitzung vom 18. Juni.
Das Haus beschäftigte sich zunächst mit kleinen
Vorlagen, darunter dem Antrag des Abg. A«nd auf