Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

Abg. Blum (80 kam auf die Ausführungen de» 
Vorredners über Kirche und Staat zurück, die bewie- 
feit, daß er das Wesen der katholischen Kirche und Re. 
ligion absolut nicht kenne. Die katholische Religion 
jst und bleibt eine Religion de» Frieden«, sie erkennt 
aber die Pflicht an. dl« höchsten Güter der Menschheit 
Mre, Freiheit, Recht und Vaterland gegen ungerechte 
Angriffe zu verteidigen. Die christliche Reli. 
gion fördert das Heldentum in dem Soldaten und er» 
mutigt ihn. seine Pflicht gegen Volk und Vaterland 
bis zum Tode zu erfüllen. Was da» wirtschaftliche 
Durchhalten betrifft, so herrscht vielfach in der Bevöl. 
kerung Beunruhigung wegen der jetzigen Dürre. In 
weiten Strecken des Vaterlandes ist aber mit einer 
Rekordernte zu rechnen, fodatz wir im Durchschnitt eine 
Normalernte erwarten können. Zur Erfassung 
der ?lahrungsbestände sind die militärischen Stellen 
nicht die richtigen Organe. Der Landrat und eine 
Zivilkommission würden viel mehr herausholen. Ich 
schließe mit einem Aufruf an den Opfersinn der 
Bauern, alle«, wa» in ihren Kräften steht, zur Ver. 
besierung der VolkSernähruna zu tun, mit einem Auf» 
ruf an die Behörden, gute Vorschläge zu machen und 
mit einem Aufruf an den Himmel, uns den Segen zu 
einer guten Ernte zu geben. (Beifall im Zentr.) 
Abg. Fürbringer (ntl.) trat für eine deutsche 
Rheinmündung ein, die durch den Ausbau de» Dort. 
Mund-Gmskanals erreicht werden könnte. 
Abg. Gaigalat (Hosp. der Kons.) bat die Regierung 
sich der aus russischer Gefangenschaft heim gekörten 
mittellose» Ostpreußen warm anzunehmen. 
Areiag: Weiterberatung. 
Die NebergattgStvirtfchaft. 
Me wirtschaftlichen Maßnahmen, hie sich infolge 
5eS Kriege» als notwendig erwiesen, haben alles über 
den Haufen geworfen, was früher das wirtschaftliche 
Leben unseres Volkes auSmachte. Unsere Ausfuhr 
und unsere Einfuhr stockt, unser Zusammenhang mit 
der Weltwirtschaft ist zerschnitten, wie unsere Kabel 
nach überseeischen Ländern. Wir sind im Wirt» 
schaftsleben zurückgeworfen auf die Zeit vor hundert 
Jahren, ja noch weiter. Kein Wunder also, daß die 
besten Köpfe sich mühen mit dem Gedanken, wie wir 
nach dem Frieden, der ja doch einmal kommen muß, 
wieder den Anschluß an die Weltwirtschaft finden 
könnten, wie wir de» Uebergang Herstellen könnten 
von dem Leben deS »geschlossenen Handelsstaates", 
zu dem Deutschland heute geworden ist, wieder hin¬ 
ein in das Welthandelsland, dar Deutschland in den 
letzten Jahrzehnten vor dem Kriege war, und daS es 
wieder werden muß. 
Unstreitig hat keine Stadt in Deutschland volks¬ 
wirtschaftlich mehr gelitten als Hamburg. Man 
kann sich über den Sturz Hamburg- einen Begriff 
machen, wenn man bedenft, daß jährlich über ein 
Drittel der gesamten deutschen Ein- und Ausfuhr 
im Werte von rund 7 Milliarden Mark über Ham¬ 
burg ging. Und heute ist durch die englische Blockade 
Alles abgeschnitten. Trotzdem klagen und jammern 
die Hamburger Bürger darüber nicht. Sie bringen 
auch willig die großen Opfer, welch« der Krieg von 
uns allen fordert. Worüber sie sich beklagen und 
was diese sonst nach außen so verschwiegenen Män» 
ner des Handelsstandes nunmehr laut und energisch 
dem deutschen Volke kund geben wollen, daS ist die 
schablonenhafte Einmischung von Berlin auS in alle 
Verhältnifle, welche ihrer Art nach die größte Ge¬ 
schicklichkeit des einzelnen ManneS erfordern. DaS 
ist die bureaukratifche langweilige Behandlung von 
Fraaen, die nach kaufmännischem Gebrauch rasch und 
entschieden beantwortet und gelöst sein müssen. Und 
wenn auch jetzt während des Krieges mancherlei 
Einschränkung und Unterbindung der Einzeltätig¬ 
keit notwendig ist, so möchten sie doch nicht den 
Berliner Polizei» und Bürokratengeist in der Ueber» 
ganaswirtschast weiterschleppen. 
DaS wollten die Hamburger einmal öffentlich 
kundgeben. Und da sie nicht mit Unrecht fürchteten, 
daß ihre Wünsche, wenn in großen Denffchristen 
niedergelegt, nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit 
gelesen und nicht den nötigen Eindruck machen wür¬ 
den, luden sie den deutschen Reichstag nach 
Hamburg ein. Ungefähr 170 Abaeordnete folg¬ 
ten der Einladung und wurden mit Sonderzug nach 
Hamburg befördert. Dort haben ist den letzten Ta» 
aen die fiihrenden Kreise der Kaufmannschatt den 
ReichSboten Vorträae geholten und ihnen darge¬ 
legt, was ihrer Ansicht nach nötig sei, um unsere 
Wirtschaft wieder vorwärts zu bringen. ES ist im 
wesentlichen ein knavPeS Rezept, daS sie gaben: was 
sie verlangten, ist die Freiheit deS wirtschaftlichen 
Handelns. DaS war der Sinn aller Reden und e8 
war nur die geschickte Formulierung der Wünsche 
aller, wenn der Generaldirettor der Hamburg-Arne» 
rika-Linie Ballin den Satz prägte: „Sorgen Sie da» 
für. daß man Abstand nimmt von der gefährlichen 
Absicht, Volkswirtschaft und Weltwirtschaft im Ka» 
sernenhof zu betreiben!" Natürlich wissen euch die 
Hamburger, daß wir auS dem Treibbause, in das 
unS der Krieg eingesperrt hat, nicht sofort in die 
rauhe Luft deS Weltverkehrs hinaus dürfen. Dabei 
könnten wir uns Schlimmeres zuziehen, als bloße 
Erkältungskrankheiten. Ein Uebergang ist also not- 
wendig. Und der ganze Streit, der schon lange tobt, 
und der mit den Hamburger Reden nun an die 
breiteste Oeffentlichkeit gebracht ist, geht um die 
Frage, wie diese UebergongSwirffchast aussehen soll, 
auf w e l ch e Dauer sie etwa eingerichtet werden 
und zu welchem Z u st a n d e sie hinüberleiten soll. 
Besonders in der letzten Frage scheiden sich natür¬ 
lich die Geister. Indessen scheint eS uns überhaupt 
falsch, diese letzte Frage zu stellen. Wir können heute 
so wenig übersehen, wie die Verhältnisse etwa fünf 
Jahre nach dem Friedensschluß aussehen werden, 
wie wir vor fünf Jabren die heutige Gestaltung 
der Dinge auch nur abnen konnten. Wir kennen 
nicht die' Strömungen, die nach dem Krieae in der 
Welt herrschend lein werden, und wir wissen nicht 
einmal, ob der kommende Friede die Gewähr der 
Dauer in ssch tragen wird, ob überhaupt ein Anfang 
wird gemacht werden können und müsse in der Rich¬ 
tung, die auf eine Vermeidung künftiger Krieae ab¬ 
zielt. Es ist klar, daß man ein anderes Wirffchafts- 
spstem aufftellen muß, wenn man — trotz aller be- 
tonten Friedensliebe — innerlich davon überzeugt 
ist, daß wir im nächsten Jahrzehnt einen neuen Krieg 
zu führen haben werden, und ein ganz andere-, wenn 
man alle Kräfte des V'lk-t '•Mn zu lenken bemüht 
ist, daß der Welt eine schrecklichere Wiederholung die¬ 
ses Völkermordens erspart bleib«. 
Daraus ergibt sich scbon die Beantwortung des 
ersten Teiles der obigen Frage, auf wie lange Dauer 
die UebergangSwirtfchaft einzurichten sei. Der frühere 
Vizekanzler Dr. Helfferich hat einmal gejagt, der¬ 
jenige Uebergangskommissar werde der beste sein, der 
sich selber so rasch wie möglich überflüssig mache, und 
darin hat er recht. Gerade vom rein wirtschaftlichen 
Standpunkt aus. Es mag ja sein, daß dieser Krieg 
viele Entwicklungen beschleunigt hat, z. B. die man¬ 
cher Technik. Aber eS kann doch gar kein Zweifel 
darüber sein, daß er uns wirtschaftlich einfach zurück- 
grworfen hat, so daß wir Jahre oder vielleicht so¬ 
gar Jahrzehnte brauchen werden, bis wir auch nur 
den früheren Stand einigermaßen wieder erreicht 
haben werden. 
Me Geschichte lehrt, daß nach großen Kriegen 
nur die fe&ic Betätigung gllxr irn Bolle wu¬ 
selnden Kräfte unter Mithilfe -e§ Staates normale 
Verhältnisse wieder Herstellen konnte. Darum muß 
der UebergangSwirtschalst ausschließlich die. eine 
Aufgabe zugewiese« werde«, sich selbst möglichst 
rasch überflüssig zu mache«. DaS ist der Sinn deS 
Wortes und des Begriffs der UebergangSwirtfchaft. 
Der Stein ist in» Rollen gekommen, so lesen wir 
in der »K. Vztg.'. durch die Entwürfe von Bundes» 
rntSverordnmtgen, die da» Gebiet der Webwarea. Ko. 
lonialwarem und der Kauffohrteifchiffe be. 
treffen. Was in den Verordnungen beabsichtigt war, 
war die Fesllegung der Zwangswirtschaft für unbe. 
stimmte Zeit. Der Schiffsraum sollte von einer bu» 
reaukratischen Behördestelle aus rattoniert werden, so 
ungefähr wie da» Petroleum oder wie die Marmelade. 
Der Reichrkommiffar sollte bestimmen, was jede» 
Schiff zu laden und wo es zu laden hätte, was es be. 
fördern, wieviel e» befördern von wo und wohin eS 
Lasten bringen soll. Man wollte die Mißerfolge der 
ZEG. verewigen und den freien Handel im Ausland 
mich nach dem Kriege ausschalten, trotz der Mißerfolge 
der ZGG. in den vier KriegSjahrsn, trotz der Mißer. 
folge diese» Systems in der Ukraine. Die Hamburger 
sagen: Wenn für die AnfangSbedürfniffe mit der noch 
vorhandenen und für den weiteren Bedarf mit dem 
unter dem Schutz de» Beihilfengesetze» vermehrten 
Schiffsraum auSretchen werden, dann wird sich ohne 
jeden staatlichen Eingriff der Transport aller etnzu. 
führenden Güter besser und schneller bewirken lassen, 
al» wenn der Schiffahrt staatliche Fesseln angelegt 
werden, die fie für den internationalen Verkehr von 
vornherein unbrauchbar macht. Wenn wir aber nicht 
genügend Schiffsraum haben sollten, dann genügt e», 
daß nn freien Zusammenschluß der deutschen Reeder 
eine Stelle geschaffen wird, welche die Pflicht hat. nö. 
tigenfall» durch Anforderung einzelner Schiffe die 
Einfuhr besttmmter notwendiger Güter zu sichern, 
während im übrige« die Reeder sofort in fteier und 
während der Vergangenheit genugsam al« national 
bewährter Leitung die alten Linien aufbauen und dem 
deutschen Namen im Ausland« zu Ansehen und Gel. 
tung verhelfen können. 
Deutscher Reich. 
* Parteiführer der Mehrheit beim Reichskanzler. 
Im Reichskanzler-Palais fand am Mittwoch nach» 
mittag auf Wunsch aus den Mehrheitsparteien eine 
Besprechung statt, an der sich außer dem Grafen 
Hertling Staatssekretär Frbr. v. Kühlmonn,, Unter» 
staatSlekretär v. Falkenhauien, General Gröner so¬ 
wie die Parteiführer deS Zentrums, der Fortschritt¬ 
ler und der Sozialdemokratie beteiligten. Wie der 
.Tag' erfährt, wurden in vieler Beratung alle zurzeit 
schwebenden Fragen der auswärtigen Politik behandelt. 
Besonder» eingehend beschäftigten sich die Herren mit 
den Ostfragen. Die streng vertrauliche Be prechuna, 
die am frühen Nachmittag begann, zog sich bi» nach 
7 Uhr abend» hin. 
* Herr von Bethman«. Die in einem Teil der 
Presse verbreitete Nachricht, der frühere ReichSkanz- 
ler von vetbmann Hollweg lei seit einiger Zeit ler- 
dend und sein Befinden habe sich durch einen Schlag¬ 
anfall verschlechtert, berühr, wie wir frststellen kön¬ 
nen, auf völlig freier Eifindung. Herr von Beth- 
mann Hollwecj befii )-t sich bei bester Gesundheit. 
* Der Gesetzentwurf betr. Me Rechtsfähigkeit ber 
religiösen Genossenschaften ist im der Kommission fast 
einstimmig und unverändert angenommen worden. Die 
Kommission hat gründliche Berichterstattung beschlos. 
sen. die wegen der Schwierigkeit und der Bedeutung 
der' Materie de» Gesetzentwurfes allgemein gewünscht 
wurde. Deshalb wird e« nicht mehr möglich sein, den 
Gesetzentwurf noch vor der Vertagung des HauseS auch 
im Plenum zu verabschieden. Aber e» besteht kein 
Zweifel daran, daß der in der Kommission mit so gro. 
ßer Mehrheit angenommene Entwurf auch im Plenum 
im Herbst mit großer Mehrheit angenommen werden 
Wird. 
* Dt« Besteuern^ de» MehreinkommenS. Der 
mSt. Vztg." wird von parlamentarischer Seite auf 
eine Anfrage, ob bei der Besteuerung de» Mehrein¬ 
kommens auch solches auS Teuerungs- und Kriegs¬ 
zulagen herrührendeS herangezoge» wird, gefchrie- 
ben: »Me in Betracht kommenden Kreis« können be¬ 
ruhigt sein, weil nach dem jetzt vorliegenden auf 
Grund des Antrages Gröber ausgearbeiteten Ent¬ 
wurfs alle Einkommen unter 13000 Mark 
(Veranlagung 1918) frei bleiben. Weiterhin 
bleibt euch jedes Mehreinkommen, das im Jahre 
1918 gegen 1914 nicht mehr als 3 000 Mark be» 
trägt, frei. Damit dürften alle Teuerungszulagen, 
gleichviel, ob staatliche oder private, von der Steuer 
befreit bleiben. Von der Mehreinkommensteuer wer» 
den voraussichtlich höchsten» 80 000 Steuerzahler 
(von im ganzen etwa 15 Millionen Steuerzahlern) 
betroffen. 
»td Reuthen, 20. Juni. Bet der Landtag»» 
«xsatzwabl wurde anstelle de» verstorbenen Zen¬ 
trum sabneordneten Pfarrer» Peer der Erzprieste» 
Franz Roth er in Tost mit allen 407 abgegebene» 
Stimmen zum Landtaq»abgeordneten für den Wahlr 
kreis Gleiwitz gewählt. 
** München, 20. Juni. Die Kammer der Abg. 
bat beuie noch dreitägiger Debatte fast einliimmig 
die von der Regierung voroelchlagene Refor m der 
d irekien Steuern in der Fassung de» Ausschusses 
angenommen. Neu einpeführt weiden soll damit in 
Bayern eine eigene Vermögenssteuer, die ent¬ 
gegen dem Willen de» Finanzminister» auch auf 
Luxusgegenstände ausgedehnt werden soll. Die 
Reformvoclage geht nunmehr an dir Kammer der 
Reichträte. 
Kur dem lkacyvargeviet. 
(*) Riesig. Die Sammlung zugunsten der Lu- 
dendorff-Spende ergab in unserer Gemeinde 
die Summe von 14928 Mark. 
V Graßenlüder. Der Pionier Johann Dehn ha 
im Westen da» Eiserne Kreuz erhalten. — War die 
ersten Christen einst ihren todbereiten Mariyrern 
fast unzählige Male in frommer Fürbitte an die 
Katakomben - Wände schrieben: „P«, Befig»riam* 
lFrieden und Erquickung gib ihnen!), da» wieder¬ 
holen die Gläubigen der Pfarrei im gemeinsamen 
Fürbitl-Gebet zu den hl. 5 Wunden schon zum 72. 
und 73. Male am Sonntag nach dem HauptgotteS- 
dienste. E» sind gefallen im Juni d.J. der Kanonier 
August Kremer von hier und der Musketier With, 
Gie» in Uffhausen. Letzterer schrieb noch vor einigen 
Tagen seiner besorgtenMutter die trostvollen Worte: 
„Habt keine Angst um meine Religion. Eure gute 
Erziehung hat mich da» Beten gelehrt und davon 
gehe ich nicht ab." R. I. P. 
(1 Oberufhausen (Kr. Hünfeld). Kanonier Ed¬ 
mund Kehl wurde in Frankreich zum Oberge- 
freiten ernannt und mit dem Eiserne» Kreuz aus¬ 
gezeichnet. 
r. Steina«. Der in einem Fußartillerie-Regi- 
ment stehende Landwirt Otto Reinhardt von 
hier erhielt für hervorragende Tapferkeit vor dem 
Feinde da» Eilerne Kreuz. 
st Franffurt a. M, Zwei Bockenhetmer Frauen 
haben der Stadt Frankfurt 200000 JL mit der Bestim¬ 
mung vermacht, daß au» den Zinserträgen der 
Stiftung bedürftige Frauen der Stadtteils Bocken, 
heim, die nicht unter 45 Jahre alt sind, unterstützt wer. 
&«l solle«, — Der «ejvennytzex Bolz. Schnvftertzr. 
6V, traf im dritten Stock feines Hauses einen auSge. 
sucht elegant gekleideten jungen Herrn, der angab 
einen Mieter besucht zu haben, bei näherem Nachsehen 
sich jedoch al» ein Einbrecher entpuppte, der im Hause 
bereit» einen Einbruch verübt hatte, und das Diebes» 
gur abbolen wollte. Der Dieb im Gehrock und 
Lackschuhen wurde verhaftet. — In den ersten Tagen 
der Juwelen, und Goldankcmfswoche wurden bet der 
hiesigen Ankaufsstelle bereits für 200 000 M Iu. 
»eien zum Verkauf gegeben. — Das Lebensmittel- 
amt hat m, Wirkung vom Mittwoch eine Erhöhung der 
Preise für Beerenobst eintreten lassen. Infolge¬ 
dessen kam mit einem Schlag wieder Obst auf den 
Markt. Kirschen wurden am Mittwoch zum ersten 
Mal auf Grund der Lebensmittelkarte in den städti. 
scheu Verkaufsstellen <m Familien mit mehr als 6 
Köpfen verkauft. 
* HerSfeld. In der StistSruine fand am 19. 
Juni eine vaterländische Veranstaltung zu Gunsten 
der Goldankaufrstelle statt. 
* Melsungen. Der Kreistag hat im diesjährigen 
Voranschlag Mittel zur Förderung der Einrichtung 
von Krankenpflege-Stationen im Kreise be- 
reitgestellt. 
* Kassel. Der 32jährige Arbeiter Johann 
Joechen, der wegen schweren Diebstahls zu 3 Jahren 
Zuchthaus verurteilt worden war, entsprang auf 
der Fahrt nach Frankfurt a. M. seinem Begleiter. 
* Kassel. Eine Belohnung von 450 Mark 
wird in einer hiesigen Zeitung demjenigen zugesichert, 
der eine 2—3-Zimmerwohnung nachweist. In einer 
weiteren Anzeige werden 100 Mark für den Nachweis 
einer 6-Zimmerwohnung geboten 
-4- Höchst a. M. Die Stadt befindet sich gegen¬ 
wärtig in einer bedrohlichen Wasser not. Die 
Brunnen-Anlagen sind durch den Zustrom chemischer 
Abwässer derart verseucht, daß da» Wasser für 
Trink- und Kochzwecke ungenießbar geworden ist. 
Man führt die Verunreinigung de» Wassers daraNf 
zurück, daß die von den Neuanlagen der Farbwerk» 
abströmenden Abwässer infolge mangelhafter Kanal« 
Anlage auf unterirdischem Wege in die Brunnen ge¬ 
raten und sich hier mit dem Ouellwasser vermengen. 
Die Einwohner sind gezwungen, ihren Wasserbedarf 
in den nicht auS den verunreinigten Brunnen ge¬ 
speisten Stadtteilen, den Nachbar - Orten oder all¬ 
einigen Quellen in der Stadt zu decken. Ein neuer 
Brunnen, der oberhalb der Farbwerke liegt, konnte 
der Wasserversorgung noch nicht dienstbar gemacht 
werden, da di« Fertigstellung der Rohrleitung sich 
biSlana verzögert bar. 
(») Herdorf. Auf dem Anschlußgleise nach der 
Grube Bollebach wurde ein spielende» Kind vom einem 
Zuge überfahren und getötet. 
. vom Westerwald. Eine große Wildsaujagd in 
der Gemarkung Stein-Neukirch brachte statt der er¬ 
sehnten Borstenttere einen andersn Fang nämlich 2 
Russen, die aus ihrer Arbeitsstätte bei Bietzen ent¬ 
wichen waren und sich in einem fast Unzugänglichen 
Die höchst« Ehrung 
erfahren goldene Erbstücke und Andenken, 
wenn sie in eiserner Zeit dem Vaterland 
geweiht werden. Laß sie nicht nutzlos im 
Kasten liegen! Bringt sie zu den Goldau- 
kaufsstellen. 
Juwel»,,- un» Sold-SnUuufmvache 
für tzessen-Nassau II. — 23. 3un(. 
Fichtendickicht ei« wetterfestes Lager mit reichen Le. 
bensmittelvorräten eingerichtet hatten. Die Russen 
hatten hier schon 10 Tage gehaust und wollten später 
nach der Schweiz auswandern. Die Lebensmittel 
rührten von nächtlichen Einbrüchen in den Nachbarorten 
her. 
* Schmalkalden. Die Frau de» Besitzers Büttner 
vom Nüßleshof wurde von einem wütend gewordenen 
Ochsen auf die Hörner genommen. Das Tier ver¬ 
letzte die Frau so furchtbar, daß ihr di« Gedärme 
aus dem Leibe heraustraten. Die Schwerverletzte 
wurde dem hiesigen Krankenhaus« zugefübrt. 
* Heiligenstadt. Eine vernünftige Entlastung 
der Gerichte erkennt man in nachstehender Bekannt¬ 
machung: Der Landwirt Joh. Ludolph in Aren», 
hau en hat wegen Beleidigung de» Schulzen Drift 
eine Buße von 500 Mark an da» Rote Kreuz ge- 
zahlt. Der Landrat. 
AiirDberhessen u.denhess.llemtern. 
A Marburg. Da» Schwurgericht verurteilte am 
18. Juni nach einer sich bis in die Abendstunden 
hinziebenden Sitzung den 62 Jahre alten Gärtner 
Joh. Heuser au» Erdhaufen bei Gladenbach, der 
zugunsten seiner früheren Haushälterin, einer jetzt 
in Gießen wohnenden Frau Müller, die mit ihrem 
früheren Ehemann Schneider einen Ehescheidungs- 
Prozeß hatte, etnen falschen Eid leistete, zu 5 Monaten 
Gefängnis. Mildernd kam in Betracht, daß er ohne 
jede anderweitige Veranlassung sich selbst bezichtigt 
hakte. Die wegen Verleitung Mitangeklagte Frau 
Müller wurde zu einem Jahr Zuchthau», 5 Jahren 
Ehrverlust und dauernder Unfähigkeit, al» Zeuge zu 
erscheinen, verurteilt. 
A Marburg. Der Senior der hiesigen juristischen 
Fakultät, Geh. Justizrat Professor Dr. Ludwig 
Ennrcceru», begeht am nächsten Sonntag fern 
50jährigeS Doktorjubiläum. Der Gelehrte, der im 
75. Lebensjahre sieht, gehört seit 45 Jahren dem 
Lehrkörper der hiesigen Universität an. Trotz seines 
bohen Alter» ist der sich bester Geiundheit erfreuende 
Gelehrte noch eifrig wissenschaftlich tätig. 
" Marburg. Die Historische Kommission 
für Hessen und Waldeck, bte im Jahre 1914 zum 
letzten Male hier ragte, tritt im Juli wieder zu 
einer Sitzung zusammen. 
* «irchhai». Der Vlzefelwebel Rudolf Weber, 
Sohn de« Lehrer» Weber dahier, wurde zum Leut» 
nant der Reserve befördert. 
:: «irchhmn. Am Mittwoch tagte im hiesigen 
Landratsamte unter dem Vorsitze de« Stellvertreters 
des Herrn Landraie» eine Versammlung von Man» 
nein aus fast allen Ortjchaften de» Kreises, um 
Mittel und Wege ansfindig zu machen, damit das 
Laubheu in möglichst großen Mengen der Allge» 
meinheit zugänglich gemacht wird. Stn anwesender 
Vertreter der VerwertungS-Gesellschast betonte, daß 
nur Blätter gesammelt werden sollen; Zweige wür» 
den von den betr. Maschinen nicht verarbeitet. Die 
getrockneten Blätter werden zu Pulver gemahlen, in 
formen gepreßt und al» Futterküchen dem Vieh, 
ütler beigemischt. 
:: Neustadt. Die Ludendorff.Spende ergab 
)en Betrag von rund 800 Mark. Dazu waren von 
der Stadt (90 Mark bewilligt. 
Lokaler. 
Fulda, 21. Juni 1918. 
*5« Inhaber de» Eisernen Kreuzes. Dem Ge- 
reiten Joseph Quanz wurde daS Eiserne Kreuz 
verliehen. 
» Zn« Gefangeuenaustausch zwische» DentsU 
land und Frankreich. Beim Kriegsministerium 
und beim Zentralkomitee der Deutschen Vereine 
vom Roten-Kreuz, Abteilung für Gefangen enfürsor», 
ge gehen in Bezug auf die Anfang Mai 1918 der»' 
öffentlichten neuen Berner Vereinbarungen zwischen 
der deutschen und französischen Regierung über den' 
Austausch bezw. die Internierung der länger al« 18 
Monate in Gefangenschaft befindlichen Krieg» - und' 
Zivilgefangenen zahlreiche Gesuch« um Berücksich.* 
ttgung von Gefangenen für diesen Austausch sowie 
um beschleunigte Heimschaffung einzelner Gefangener 
ein. Hierzu ist zu bemerken, daß alle Gesuche uw 
Berücksichtigung bei diesem Austausch sich erübrigen/ 
da vereinbarungsgemäß alle Gefangenen nach einer; 
Gefangenschaft von 18 Monaten in die Heimat tnu 
lassen bezw. die Offiziere in der Schweiz interniert 
werden müssen, und ein namentliche» Anforder« 
dieser Gefangenen bei der französischen Regierung 
nicht erfolgt. Eine beschleunigte Heimschaffung läßt 
sich nicht ermöglichen, da ein vorzugsweise! Abtrans¬ 
port einzelner Gefangener den Vereinbarungen 
widersprechen würde. Der Abtransport wird mit 
Rücksicht auf die große Zahl der durch das Abkommen 
getroffenen Gefangenen und mit Rücksicht auf die 
Kriegswirtschaft ganz erhebliche Zeit in Anspruch 
nehmen. ES läßt sich daher nicht Voraussage», 
wann der einzelne in die Heimat entlassen wird. 
Besondere Anträge auf Austausch, bezw. In¬ 
ternierung sind beim Zentralkomitee der Deutsche« * 
Vereine vom Roten Kreuz Abteilung für Gefangenen- 
sürsorae zu Berlin daher nur in denjenigen Fälle» 
zu stellen, wo e» sich um kranke, bezw. verwun¬ 
de t e Kriegsgefangene handelt, die nach dem 1. No» 
vember 1916 gefangen worden sind. 
8 Drei russische Gefangene sind gestern abend 
gegen 10 Uhr an der neuen Holzrampe im Güter- 
bahnhof vom Rangierpersonat festgenommeu und 
nach dem Bahnhof Fulda verbracht worden, von 
hier aus wurden sie der Polizei übergeben. Di« 
Gefangenen waren nach ihren Angaben einem 
Bauern in der Nähe von Kirchhain davonge¬ 
laufen. 
-2- Es regnet. Wie ein befrefteS Aufatmen geht 
eS durch Stadt und Land. Wie haben sich Land¬ 
wirt und Gärtner danach gesehnt! Und wer ist 
heute nicht Landwirt oder Gärtner? Fa>t jeder hat 
lein Stückchen Gemüseland, und wenn er noch so 
fleißig gegossen hat, er weiß doch, daß da» nicht den 
Regen ersetzen kann. Hoffentlich bleiben des Him mel» 
Schleußen zu einem Dauerregen geöffnet. Ein war¬ 
mes Dankgefühl wird im H cn wach, es regnet k 
vermischter. 
* Schwere» Stratzenbahnunglück. In Mühl¬ 
heim a. R. entgleiste ein vollbesetzter Straßenbahn¬ 
wagen und stürzte eine hohe Böschung hinunter. 37 
Personen wurden verletzt, viele davon schwer. 
* Mit Handgranaten wurden in der Nähe de» 
Bahnhof» Haltern im Münsterland der nach Ham¬ 
burg fahrende D-Zug bewocfen, aber nicht getroffen. 
Der Zug stoppte sofort, doch konnten die Verbrecher 
nicht gefaßt werden. 
* Da« Urteil im Korkener Doppelmordpr^eß. 
Die 19 Jahre alte Katharina Heutz aus Karken, dl« 
dort am Abend des 28. Februar d. I. den Pfar- 
rer Fischer und desse» Haushälterin durch Axt» 
hiebe und Durchschneiden des Halses ermordete, 
hatte sich jetzt vor dem außerordentlichen Kriegsge¬ 
richt in Aachen zu verantworten. Die Angeflagte 
war geständig. Sie wurde wegen Doppelmordes 
zweimal zum Tode und zum dauernden Verlust der 
brtgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Das Urteil 
nahm sie anscheinend gleichgültig auf. 
* Sein büjähriges Jubiläum als Spieler in der 
Preußischen Klassenlotterie begeht am 1. Juli d. I. ein 
Groß-Berliner Bürger. Aus diesem Anlaß schreibt 
der betreffende Herr dem «Steglitzer Anzeiger" folgen, 
des: „Im Sommer 1868 begann ich zu spielen und 
spiele noch heute, ohne daß je eine Unterbrechung statt» 
gefunden hat. Zuerst legte ich 1 Mark für jede Klasse 
cm, schließlich steigerte er sich auf 10 M. In den 60 
Jahren betrugen die Lotterieausgaben 2654,68 JH, die 
Lotterieeinnahmen 1802,98 Jl, Der V e r l u st beträgt 
also 851,76 M, d. h. im Jahresdurchschnitt 17,03 M, 
Gezopen wurden meine Nummern 60 Mal. Nämlich 
mit 8000 M zweimal, 1000 M einmal, 500 JH viermal, 
300 M sechsmal, 100 -41 viermal. Mit dem Einsatz in 
der letzten Klaffe kam tch neunundneunzigmat und 
mit einem Freilos in den Zwischenklaflen Vierzehnmal 
heraus. Reich hat mich also das Spielen nicht gemacht, 
aber ebensowenig arm. Gs war eine stet» hossnungS. 
reiche Zeit." 
* Der falsche Solonueuführrr. Einen niederträch¬ 
tigen Schwindel betrieb feit längerer Zeit ein falscher 
Kolonnenführer vom Roten Kreuz. Der 36jährige 
Schlosser Felix Behr aus Neukölln beschaffte sich die 
Uniform eines Kolonnenführers vom Roten Kreuz und 
Unterärzte» und fügte seinem Namen den Doktortitel 
hinzu. In seiner Uniform war et ihm leicht, Namen 
und Wohnung von vermißten Kriegern zu erfahren. 
Er besuchte dann die Angehörigen und spiegelt« ihnen 
vor, daß er durch Beziehungen zu den Haupfftellen 
des Jr>ernattonalen Roten Kreuzes in London u>nd 
Genf in der Lage sei, den Aufenthalt der Vermißten 
zu ermitteln und einen Briefwechsel mit ihnen zu er¬ 
möglichen, Dem Gauner flössen au« allen Familien, 
denen er seinen .Beistand" lieh reichliche Mittel zu, 
fo daß er einen guten Tag leben konnte Jetzt ist er 
der Pelize' in die Hände gefallen. 
* Der Lanbrat Kt nicht der schuldige? Im .Woh» 
lauer Kre'kblatt" Kt folgendes zu leien: 
An den Unterzeichneten gerichtete Briefe tragen 
vielfach die Adresse: An „Herrn Geheimrat" usw. Ich 
muß daraus Hinweisen, daß mir dieser Titel nickt zu» 
steht da ick s. 8- die Bitte ausgesprochen habe, von sei¬ 
ner Verleihung Abstand zu nebmen. Den alten preu¬ 
ßischen Titel ..Landrat" schätze ich viel Höker und will 
auch stet», soweit er in meinen Kräften steht, der Rat. 
geber für alle bleiben, die mich um meinen Rat an. 
geben. — Leider werden heute sowohl von Erzeugern 
al« auch von Verbrauchern alle ik-nen unbeguew" ' 
Maßnahmen auf die Landräte geschoben obwohl t . 
vorgeschricbenen Ablieferungen von Getreide, Vir', 
Heu und Sttoh und dergl., die scharfen Kontrollen k c 
MLblen di« Abforderung vonEiern, die Herabsetzung 
der Brotration die verschiedene Bemessung der Fleisch, 
rationen je nach der Größe der Lrtschasten, die geringe 
Versorgung der Landkreise mit Lebensmitteln u. a. 
auf allgemeinen Vorschriften berußen, an denen kein 
Landrat etwa» ändern kann. Der preußische Beamte 
hat die Befehle, welch« er von böherer Stelle bekommt, 
auSzufübren. selbst wenn er sie nicht für richtig hält. 
Infolgedessen sind mir persönliche Anfeindungen we¬ 
gen der gegenwärtig notwendig« wirtschaftlichen 
M rtznahmen, insbesondere in Briefen ohne Unlerfchrift. 
völlig gleichgültig: Drohungen machen auf mich erst 
recht keinen Eindruck, Ich werde nach wie vor da» 
tun, war ich für meine Pflicht halte. Dr. v. Engel¬ 
mann, Königl. Landrat. 
(eßte Na sin fiten. 
W «öl». 20. Juni. Wie die „Köln. Ztg." er- 
ährt, haben über 100 000 in den Vereinigten Stcra» 
:en von Amerika lebende Russen eine Eingabe an 
sie amerikanische Regierung gedichtet, in der sie um 
die Erlaubnis zur Rückkehr nach Rußland 
siitten, um dort b-eim Wiederaufbau des Landes Mit¬ 
wirken ai können Diese Bitte ist von der amerika-
	        
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