TTr 156 I Aeranttvortl. für den redaktionellen Keil i. D.« A. Wetzler. I Q *1**15 401 ft
I sur Len Anzeigenteil: I. Parzeller .Fulda. - Notation?, j LNeNLrQft k"»S.
Idruck und
Fernsprecher
Verlag der Fuldaer Acttendrnckerei in Fulda. — I AC. Trtf>rrjnnQ
er Nr. 9. Lelezrnmin.Adresse: Fuldaer Zertun«. >
Abwehrerfolg am La Basiee-Kanal.
Der dwlscht T-g-sbkricht.
'vtt. Großes Hauptquartier. 8. Juli.
Westlicher Krieg»schauvlatz.
Heeresgruppe Krouprinz Rupprecht.
Die Arti llerietiitigkeit lebte am Nbö,d
auf. Sie nahm während der Nacht beiderseits der
Lhs, am La Dassee-Kanal und zu beide«
Seiten der Somme zeitweilig große Stärke an.
Rege ErkundungStätigkeit. Stärkere Vorstöße de»
Feindes bei Merris und südlich der Lhs schei¬
terten.
. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz,
Westlich von Chateau Thierrh hielt lebhafter
Zeuerkampf an. Vorstöße deS Feinde» gege« de»
Clignon-Abschnitt und südwestlich von Reims wur-
oeu abgewiesen.
Leutnant Billik errang seinen 22. Lustsieg.
$K Erst« Leneralouariiermeifter: In de » d »rlk.
vtd Berlin. 8. Juli, abends. (Amtlich.)
Englische Teilangriffe beiderseits des La Basiee-
Erfolgveicher Kampf um die Casson-Ltellun-en
sind unter schweren Verlusten ge sch ei-
Kanals
tert.
Oesterreichisch - ungarischer Tagesbericht.
vtb Dien. 8. Juli. Das Ringen um die C a s-
s»«-Stellungen chtlich de» Monte Pertiea
dauerte bi» in de« Nachmittag an. Siebenmal hat
sich das tapfere Ottofaner Regiment Nr. 7» im Ge¬
genstoß auf den Feind geworfen, ehe dessen An-
griffskrast völlig gebrochen war und er endgültig i»
seine Gräben rurückstuten mußte. Der Regiment«-
»ommandeur der Ottosaner. Oberstleutnant Cal-
ler, ist an der Spitz« seiner Braven de« Heldentod
gestorben.
Sonst i» SLdweste» steine größere» KarchH»
Handlungen.
In Albanien ging gestern der Italiener an
öttc mittleren und unteren Dojusa mit starkem
Westflügel zum Angriff über. Wir nahmen die
im Flutztal vorgeschobenen Postierungen gegen
die Hauptstellung zurück.
Der Chef de» Generalstabs.
Also Geduld!
Ju einem Brief des Feldmarschalls v. Hinden-
b u r g an den General der Artillerie von Roetel in
Naumburg an der Saale heißt eS:
j »Steht gut; nur müssen untz die geehrten Heim-
,strategen gütigst Atempausen gestatten. Ohne die
geht es heutzutage wirklich nicht, wo die Schlachten
8 Tage und länger dauern, wo man da? ganze
Heer nicht mehr auf einem einzigen Schlachtfolde
vereinigen kann, und wo beide Großmächte der
Welt eine Artillerie zu schaffen vermögen, die gleich¬
zeitig, mit voller jfraft auf der ganzen weiten
Front auftreren könnte. Also Geduld!"
Ein GesaugniSloch für deutsche Offiziere in London.
' Leutnant zur See Sp., der aus dem Offizier¬
slager Kagworih zu einem Verhör vor dem Prisen¬
gericht nach der Hauptstadt gebracht wurde, berich¬
tet Wer seme Erlebniffe: Er wurde sofort in eine
elende Gefängniszelle gebracht, die nur zwei Meter
hoch, zwei Schritte breit und vier Schritte lang
war, also ein Loch, in dem ein Manu mit knapper
Not aufrecht stehen kann. Die „Einrichtung" bestand
aus einer schmalen Holzpritsche, einem verschmutz-
ten und zerriffenen Strohsack, drei alten, blutbe»
e:n Decken, einem Stuhl, zwei Eimern, einem
und einem zerbrochenen Teller. Während der
ganzen acht Tage, die er darin zubringen mußte,
wurde dem Offizier keine Gelegenheit gewährt, sich
.im Freien zu bewegen. Waschen mußte er sich an
einem Wasserhahn. Rasieren durfte er sich nicht.
IZum Zähneputzen mußte er die hohle Hand be¬
nutzen. Seine wiederholten Bitten um einen TisL
an dem er wenigstens seine Akten für das Geriet
vervollständigen könnte, blieben unbeachtet. Ebenso
seine Bitten um einige Lektüre. Das Effen. das
meist ungenießbar war, wurde ihm in einem Napf
«bracht. Der Wärter benutzte denselben Napf
dazu, um das schmutzige Spülwasser aus dem Eimer
zmn Besprengen des Bodens zu schöpfen. Mehrer-
Male sagte der Wärter beim Bringen des Effeus
selbst. _ „Es ist unmöglich, das zu effen!" Auch das
Eßgerät war verrostet und verschnnrtzt. Nach den
qualvollen acht Tagen in der Zelle erkrankte Leut¬
nant Sp. an heftigem Fieber und einem schweren
Hautausschlag, den er auf Infektion durch den
schmutzigen Strohsack zurückführte. Da für diese
ganz. niederträchtige Behandlung eines deutschen
Offiziers keinerlei fachliche Begründung vorlag,
mußte er als ein Ausdruck bloßer, gemeinster Nach¬
zucht aufgefaßt werden. In den Schraubstock kann
-England seine Gefangenen ja nicht «ehr gut spsn-
uxn. so erfindet es Foltern anderer Art.
Die amerikauischen Truppensendnngen.
,wtb Berlin, 6. Juli. Die amerikanische!Propa'
ganda der Entente, die in gleicher Weise al» Schreck¬
mittel für die Mittelmächte wie al» letzte» Tr»fd>
mittel für das verblutend« Frankreich gedacht ist,
ffchlägt sich durch ihre Maßlosigkeit selbst. ES kommt
vor, daß Funksprüche von verschiedenen Stationen
sogar an ein und demselben Tage einander wider¬
sprechen. Während der Funkspruch Lyon vom
4. Juli 1060115'Mann meldet, spricht Lloyd Ge-
orge nach einem Funkspruch vom gleichen Tage nur
von 900000 Mann. In einem anderen Funkipruch
vom 4. Juli wird die große Begeisterung hervorge¬
hoben, welche die amtliche Ankündigung hervorgerufen
habe, daß bi» 1. September eine Million Amerikaner
in Frankreich angekommen sein würden. Noch weniger
ist sich die Ententepropaganda über die Größe im
klaren, welche das amerikanische Heer jetzt oder in
Zukunft haben soll, denn in dem für die Wahrheit»-
nebe und Genauigkeit de» Ententefunkdienste« so
bemerkenswerten Funkipruch vom 4. Juli heißt er
ernmal, der Generalquartiermeister plane «ach einer
Mitteilung an de« Kongreß die Einkleidung von 4
Millronen Soldaten bi» 1. Januar, dann aber wird
amtlich gefunkt, daß bi» 1. Januar vier Millionen
Amerikaner in Frankreich angekommen sein werden.
Die Erklärung dafür liegt vielleicht darin, daß beide
Male bei der Datumsangabe vorsichtshalber die
Jahreszahlen wezgrlassen sind.
Der Gesandtenmorv irr MoSkau.
Die Ermordung de» deutschen Gesandten Gra¬
fen von Mirbach in der neuen Hauptstadt Kern-
rußlendS ist wieder ein Beweis, daß die Entente
vor nicht» zurückschreckt. Sie erinnert'an je»e» fei¬
nen Anschlag, den der englisch« Gesandte i« Kri-
stiania, Findlay, seinerzeit gegen Sir Roger kase-
«ent verübte, an die Attentate auf neutrale Schiffe,
tie unter deutscher Flagge verübt wurden und an
ähnliche Ausschreitungen englischer Perfidie.
Daß Kreise, die der bolschewistischen Regierung
^uahestehen, de« Mord «»gestiftet haben sollten, cr-
I scheint ganz ausgeschlossen. Dafür ist das Beneh-
men der russischen Machthaber gerade in der letzten
Zeit sachlich zu korreft und auch zu sehr von. der
Notwendigkeit eines Wohlverhaltens gegen Deutsch¬
land diktiert gewesen. Ein Mitglied der bolsche¬
wistischen Regierung hat sich im Hause der deut¬
schen Gesandtschaft in Moskau ernquortiert, zum
Beweise, daß di« Regierung die Bürgschaft für die
Sicherheit des deutschen Gesandtschaftspersonals
übernehme. Gerade in der letzten Zeit hat eine
heftige Ententepropagonda in Rußland eingesetzt,
die besonders auch in der Forderung gipfelte, daß
man sich mit der Bolschewrki-Regierung auf einen
leidlichen Fuß stellen müffe. Hand isi Hand damit
geht und ging natürlich das Bestreben, die Bezieh¬
ungen zwischen Deutschland und dem bolschewisti¬
schen Rußland zu verschlechtern. Aus diesen Ge¬
danken heraus wurde die Entente-Agitation ini
Rußland betrieben.
•
Graf v. Mrrba ch-H arff ist am 2. Juli 1871
gehren und trat 1896 als Attache in den diplomati¬
schen Dienst. 1899 wurde er zum Legationssekre»
tär ernannt, war zunächst als dritter Sekretär in
London, dann als zweiter Sekretär rm Haag, weiter
in Budapest und erneut in London tätig. Bon 1906
bis 1908 bekleidete er den Posten eines zweiten Se¬
kretärs in Paris. Die folgenden Jahre bis 1911
stand er dem Botschafter in Petersburg als erster
Sekretär zur Seite. Don da an war er bi» kurz
vor Kriegsausbruch als Vortragender Rat im AuS-
wärttgen Amt beschäftigt, ging 1914 als Gesandter
nach Stuttgart und im folgenden Jahre noch Athen,
wo er bis zur Vertreibung der Gesandtschaften der
Verbündeten durch die Entente di« deutschen In-
tereffen erfolgreich und nachdrücklich vertrat. So¬
dann leitete er die Politische Abteilung bei der Mili¬
tärverwaltung in Rumänien, bis er im Dezember
1917 mit der Mission nach Petersburg betraut
wurde. Bon dort kehrte er Februar 1918 zurück.
Ende April begab er sich dann als vorläufiger Ver¬
treter der Reichsleitung bei der Sowjetrepublik nach
Moskau.
Wie die „Germania" erfährt, ist der bisherige
deutsche Gesandte in Kristiania, Admiral von
Hintze, als Nachfolger des ermordeten Grasen
Mirbach in Aussicht genommen. Hintze war von
1903 bis 1911 Militärbevollmächtigter in Peters¬
burg. Er ist der Sohn eines bürgerliche» Kauf.
mannS in Schwedt a. O. und steht im 54. Lebens¬
jahre. , ,
SMffnkow.
Die haikpffächlichste Verantwortung für dir Er»
nrordung des Grafen Mirbach tragen Sawinkow
und seine Helfershelsesr. Sawinkow, der sich noch
versteckt hält, wird als Leiter der Entente-Bestreb-
««gen in Moskau br^ichnet. Er hatte Verbin-
düngen mit den Tschecho-Slowaken und den Men¬
schewiki. In seiner bisherigen Laufbahn hat dieser
Sozialrevolutionär. der unter Kerenski KriegSmi-
nffter war, den Befähigungsnachweis für denvoli-
tischen Mord reichlich erbracht. Er ist der Mör¬
der deS Polizeiministers Plehwe. Nach dieser Tat
w?rde er verhaftet, eS gelang ihm aber, während
serm Mittäter hingerichtet wurden, nach Paris zu
entfliehen. Er hat dann die Geschichte dieses Atten-
tatt nt fernem Roman „Das fahle Pferd" litera-
rffch dargestellt. Es gibt aber kaum einen Gewalt«
akt der russischen Terroristen, an dem Sawinkow
in der Folgezeit sich nicht beteiligt hätte. Zweimal
wurden durch ihn Anschläge gegen den Zaren ver¬
sucht, die aber mißglücken. Nach seiner Flucht
Ln £LL*J^8 bis zur Revolution von schrist-
stellerischer Arbeit. '
Die Urheber des Verbrechens. ~
Belagerungszustand
eruart worden. Die gestern nacht von den linken
Sozialrevolutionären besetzte Telepbon- und Tele-
graphenstation ist von den Bolschewiki einige Stun¬
den spater zurückerobert worden. Die in ihrem
Quartier mit Arfillerie beschaffenen linken Soziack-
revolutionäre haben i« Laufe des gestrigen Ta«S
Parlamentäre geschickt. Die Bolschewist haben be¬
dingungslos« Unterwerfung gefordert. Die Sozial-
revolutionäre sollen sich auch mit der Aufforderung
zum Streik a« die Eisenbabner gewandt haben. Sie
haben anscheinend eine Absaa« erbalten.
Gerüchte, daß in Petersburg. Joroslow und in
««deren Städten der Auf stand loSaebrocben sei,
werden van der Reglerung als unbegründet
Snweit bisher sestzusteflen war, hat das Atten¬
tat und d:r seiten? der Gegenrevolntwnöre ansae-
aebene Parole ,„Krieg gegen Deutschland" ,
diesen viele abwendig jj/guxfyt Jnjolgz-,1
dessen besteht begründete Aussicht, daß die Bolsche¬
wik der Lage in Moskau Herr werden. Die über
den Gesandtenmord angestellte Untersuchung hat
weiter ergeben, daß das Verbrechen offenbar von
langer Hand vorbereitst worden ist.
Der fvtzialrevolutionäre Putsch niedergeschlagen.
Der sozialrevolutionäre Putsch in Moskau hatte
zunächst einen größeren Umfang angenommen, und
an verschiedenen Stellen der Stadt ist heftig ge¬
kämpft worden. Nach den neuesten Nachrichten sind
die Bolschewisten Herren der Stadt und haben
de» Putsch niedergeschlagen. TaS Ko¬
mitee der Sozialrevolutianäre, zu dem die Mörder
de» Grafe« Mirbach geflüchtet sind, verteidigt sich
weiter im verbarrikadierten Dtadttheater. Dir So¬
zialrevolutionäre haben zu den Gruppen der Bol¬
schewisten Parlamentäre entsandt und ihnen unter
günstigen Bedingungen ihre Uebergabe angetragen.
Die Sowjetregierung hat dies abgelehnt und ver¬
langt bedingungslose Uebergabe sowie die
schärffte Bestrafung der Mbrder. De sozialrevo-
lutionären Führer haben erklären lasten, daß Graf
Mirbach ermordet worden sei, um damit den
Frieden von Brest-Litowsk hinfällig
zu mache«.
Ausstoßung der Antibolschewifte» aus dem Sowjet.
vtd Moskau. 8. Juli. Meldung der Peters¬
burger Delegr.-Ag. Der Moskauer Sowjet beschloß
die den Parteien der Sozialrevolutio¬
näre und Menschewiki angehörigen Mitglieder aus
seiner Körperschosst auZzustoßen.
Dementi des Gerüchts von der Ermordung
des Exzaren.
Moskau, 7. Juli. Meldung der Pet. Tel.-Ag.
Ter Vizepräsident des Vollzugsausschusses des Sow¬
jets in Jekaterinburg hat dem Rat der Volks«
komisiare mitgeteilt, daß tne Nachricht von der Er-
mordung de? ehemaligen Zaren eine der üblichen
provokatorischen Lügen ist.
Deutsche Hilfe für Rußland?
Der Weltkrieg bringt wunderliche Wendungen
unb erstaunlich« Ueberraschungen.
Tie Dolschewiki-Regierung in Rußland hatte
den kühnen Plan, die Revolutton nach Deutschland
und Oesterreich zu wagen, und Herr Trotzst machte
noch in Brest-LltowSk kein Hehl aus seiner Hoff¬
nung, die beiden -Kaisermächte auS den Angeln
heben zu können.'' Und jetzt? Deutschland und
Oesterreich stehen gegen all« äußeren und inneren
Angriffe unerschüttert da, ober die Bolschewik-Re¬
gierung selbst ist schwer bedroht durch die Gegen¬
revolution, die von den früheren Bundesgenossen
Rußlands durch Geld und Truppen unterstützt
wird, und in dieser Not rufen die Sowjetleute nach
der Hilfe desselben Deutschland, das sie zu
Uitterwühlen gedacht hatten.
Nach dem russischen Blatte „Molwa" soll sich der
russische BolkSkommiffar Sablin Trotzki in einer
BolkSverammlung erklärt haben, daß unter den
gegenwärtigen Derhältniffen Rußland die
Hilfe Deutschlands jn Anspruch neh.
men dürfe-
Die Not ist groß. An der Murmanküste
erscheinen immer mehr englische Schiffe, Warden
immer mehr Truppen und Kriegsmaterial gelandet:
der feierliche Protest gegen diese Vergewaltigung
des neutral gewordenen Landes bleibt wirkungslos.
In der Mitte des Ruffenreiches Hausen die t s ch e-
chisch-slowakischen Regimenter, um die sich
aller sammelt, waS mit den Bolschewiki unzufrieden
ist oder für englisches Geld eine offene Hand hat.
lind von Osten her droht die Gefahr ei«;? japa¬
nischen Vorstoßes. Die Sowjettrgierung lernt
am eigenen Leibe kennen, WaS „Eiickreisunq" be¬
deutet. Gedeckt und sicher ist sie nur nach Westen
hin, weil Deutschland und Oesterreich mit ihre Frie-
den geschloffen haben und den Frieden treu wahren.
unser Grundsatz ist: Kein« Einmischung in die
inneren Angelegenheiten Großrußlands. Wir haben
kein« Liebe fürs bolschewistische Programm und
keine Bewunderung für die bisherigen Leistungen
der „Räte", j Aber wir lassen den Russen ihre
Selbstbesttmmung, so lange sie unsere Rechte und
Interessen ungestört taff'n. Jetzt fordern aber die
bedrängten Machthaber noch etwas mehr: sie moch¬
te« von Deutschland eine aktive Hilfe haben
gegen dis Eindringlinge und deren eingeborenen
Anhang.
Hätte Deutschland da§ Recht zum Eingreifen?
Zweifellos, denn die ganzen Machenschaften, sowohl
die Truppenlandungen, wie die revolutionären
Kämpfe, haben keinen anderen Zweck, als Gro߬
rußland wiederum gegen Deutschland und Oester¬
reich mobil ju machen und unS abermals den
Zweifrontenkrieg zu bescheren. Die Reisen deS
c*errn Kerenski, des Leiters der letzten ruffischen
Offensive, machen die Sachlage vollends flar.
Wenn wir daS Recht haben gegen dieses feind¬
selige Treiben einzuschreiten, so folgt daraus nicht
ohne weiteres, daß wir alsbald einen Feldzug in
Rußland hinein unternehmen müßfen. Das ist
eine Frage der Z Weckmäßigkeit, die nur die
berufenen militärischen und politischen Führer unter
Abwägung der entstehenden Schwierigkeiten und der
möglichen Vorteile zu lösen haben.
Deutschland als vielbegehrter Nothelfer!
Eine sehr ehrenvolle Rolle, aber dos eigene Hemd
ist uns näher, als die Röcke der Nachbarn. Wir
haben den Ukrainern geholfen, wir haben den
F st h e n geholfen, wir haben den Finnen gehol-
fen. Das w»ren Anstrengungen, die notwendig
geworden, um uns im Osten eine gesicherte Front
und wichtige Einfuhrmöglichkeit zu schaffen. ES
waren auch^ Unternehmungen von mäßigem Um¬
fange, die nicht mehr Kräfte forderten, als wir zur
Zeit ohne Gefahr für die Hauptkampffront entbeh-
ren konnte«. Ein Borstoß in Großrußland hinein,
nach Archangelsk und zur Murmanküste oder in Si-
birien hinein, wäre ei» Unternehmen von ganz
anderen Maßen.
Deutschland wird durch die dorfigen Machen¬
schaften unserer Feinde vorläufig bei weitem, nicht
so bedroht wie die Räteregierung. Bis die Cnglän-
dgc, Japaner, Tjchecho-Slowaken uzd KerenZftleijte
die Gegenrevolutton durchführen könnten,^ müßt«
noch geraume Zeit vergehen. Und dann würde ew
Bürgerkrieg, ein EhaoS entstehen, nt das bestenfalls
erst wieder nach geraumer Zeit Ordnung gebracht
Werden könnte. Dann würde die Aufftellung unS
Ausbildung einer neuen Armee von gewichtige«
Stärke abermals geraume Zeit erfordern. Unter
diesen Umständen brauchen wir keineswegs in Er¬
regung zu geraten, wenn die Feinde sich am Eis<
meer einneues Saloniki schaffen oder nt Si¬
birien in einem Wüsten kri eg ihre Kräfte der-
zetteln. Sie haben seit Jahren Vorliebe für rat»
weit ausschweifende Kriegführung, wahrend wi,
daS Zusammenhalten der Kräfte an der jeweilig
entscheidenden Stelle bevorzugen. Der Vorteil wa»
bisher auf unserer Seite.
Daher ist es sehr zweifelhafi^ov wrr dem „ehren,'
dollen" Ruf derSowjettegierung Folge leisten kön¬
nen Lenin und Genossen werden vorläufig Wohl
aus die Selbschilfe angewiesen sein und dabei von
ihren verwegenen Plänen der Weltrrvolutioniernng
nach russischem Muster gründlich kuriert werden.
Der Vorstoß unserer Feinde nach Rußland ist
für uns ein weiteres Zeichen, daß sie zu einem Stegs
an der Westfront sich nicht für fähig haltsr^
Die Wsichten der Entente.
Stockholm, 8. Juli. Aus Petersburg erfährt
„SvenSka Dagbladet" über HelsingforS: Die Entents
stellt als Bedinaung für eine Einmischung in
die Angelegenheiten Rußlands, daß hervorragende
russische Staatsmänner sie verlangen. Diese solle«
eine Regierung bilden, die das Erbe von Ke-
rensftS Interimsregierung antritt. MS Mitgl'eder
werden genannt Kerenski, Terestschenko,
Stachowitsch (Minister de§ Innern) und Is«
wolski (Minister des Aeußern). Man erwartet,
daß diese neue Regierung mit englischen Schiffen
nach der Murmanküste gebracht werden. Dort solle
die Erfüllung der Allianzversicherung und die Auf-
Hebung d«S Friedens von Brest proklamiert werden.'
Eine „Times"-Meldu»g bestäfigt, daß die ^Anreg¬
ungen Trotzki8 bezüglich eine? Bündnissses.
mit Deutschland immer festere Gestalt «t-;
nebme. Bolschewistische Trupr»» an der Murnran«,
Kiste bekunden die feste Absicht, die eingedrungencki i
Ententekräfte zu bekämpfen und aus dem russisch?« ^
Reichsgebiet hinauszujagen.
Der Kampf um die Murmanküste. '
wtt Moskau, 8. Juli. Die hiesige Preffe meldet:^
Am 16. Juni ist in Kem ein Psnzerzug mit,
englischen, französischen und sermschen
Truppen unter Führung russischer Offiziere «inqe-,!
troffen. Der Führer des ZugeS gab an, der^Zug
fei eingetroffen, um die Stadt gegen die anrückeu-,
den Finländer zu verteidigen.
Die Angestellten der M u r m a n - D a h n haben
sich in einer am 28. Juni in Kem abgehalteuen
Dersammlung fiir ihre bolickewistischen Vertreter
ausgesprochen und die Mitglieder der Sozial-Revo¬
lutionäre und der Menschewiri-Partei aus dem i
Eisenbahner-Sowjet ausgeschlossen.
Der Kongreß aller Militär- und Seeabteilungeg!
des Abschnittes Weißn«er-Murmansk hat die Eiil-
berufung eines all-rujsffchen Kongresses der
Seeleute kwschloffen, um die Aufgaben der Flotte
in der jetzigen Lage zu klären. - j
Verdoppelung der japanischen HeereSstärke. '
* Haax, 8. Juli. Reuter meldet aus London-
Die ,Time»^ berichtet aus Tokio, daß dort am
1. Juli eine Dersammlung der Feldmarschalle^
und Admirale stattfand. ES wurde ein Plan für
ein Zusammenwirken von Heer und Flotte auSge-
arbeitet. Grundsätzlich wurde beschlossen, das Heer
auf 21 Armeekorps, 42 Divisionen und 126 Regi¬
menter zu erweitern. Hiermit wird die Heeresstärke
verdoppelt.
Der neue Kredit Amerikas an Frankreich.
* Basel, 8. Juli. Der neue Kredit, den dis
Bereinigten Staaten soeben Frankreich bewilligt
haben, bettägt 110 Mill. Doll. Die Schuld Frank«!
reich? bei den Vereinigten Staaten beläuft sich auf
1115 Millionen Dollars und die Gesamtschuld der
Alliierten auf 6 765900915 Dollars.
U.»Booterfolge.
E Berlin, 7. Juli. Unsere Unterseeboote haben
im Mittelmeer 4 Dampfer und 3 Segler von rund
16000 Brutoregistertonnen versenkt.
Der Chef de« Ldmiralflgh?» &rr Marin».
Fliegerangriff auf englische U-Voote.
Berlin, 8. Juli. Am 6. Juli nachmittags
haben zwei Staffeln der Seeflieger des
Marinekorp» unter Führung von Oberleutnant der
Reserve Christiansen und Leutnant der Reserve
Recht vor der Themse-Mündung die englischen
U-Boote „G. 25" und „E- 51" durch Bombentreffer
und Maschinenoewehrfeuer schwer beschädigt.
Feindliche Zerstörer versuchten, die beiden U-Boote
einzuschleppen. „G. 25 wurde zuletzt in sinkendem
Zustande beobachtet.
Der Chef des Admiralstabes der Marine.
Wieder hat der amtliche Bericht von der hervorra¬
genden Leistung eines unserer besten Seeflieger, Ober¬
leutnant» Dr. Christiansen, Meldung erstatten können.
Am ». Juli, nachmittags Hot dieser bewährte Offizier
mit seiner Staffel vor der Themse-Mündung zwei
englische U-Boote angegriffen und beide erheblich be¬
schädigt, eines davon so schwer, daß sein Sinken wahr¬
scheinlich ist. Der Kampf zwischen U-Boot und Flugzeug,
da» ist eine der phantastisch anmutenden neuen Gefechts¬
arten. die diesen Erfolg un» gebracht hat. der Kampf
»wischen zwei technischen, auf? höchste entwickelten, selbst
todbringenden, aber auch äußerst verletzlichen Waffen.
Die zwangsweise Abführung des Bischöflichen
Administrator» von Wilna. In der ReichSüigS-
fitzung vo m8. Juli hat der Abg. Korfanth
über die TaTifoche berichtet, daß der bischöfliche Ad-
ministtator M i ch a l k e w i t s ch in Wilna auf 4em
ZwangSwege nach Maria-Laach abgeführt worden
ist. Dazu machte im weiteren Verlaufe der Aus¬
sprache der Abg. Erzberger, über dessen Rede
wegen der langen Tauer der Sitzung nur kurz be¬
richtet werden konnte, jolgeuhe AzzZfirhrnnge«: „(Ü3,
äMis -