T7r i Verantwortlich für den redaktionellen!
I". jD J+ j für den Anzeitzenteil:J. Parzelter
'V.-!-g feer *ulfeaer «etimfetufetel in'gulfea. - I 45^ lötlVCtatlÖ.
ia Sir. 9. Telegramm-Adresie: Futdaer ^ettump. | ~
Der Lettische Abendbericht.
wtb Berlin, 11. Juli, abends. jAmtlich.) Von
den Kampffrsnte» nichts Neues.
Lesterrerchisch - ungarischer Tagesbericht.
vtk Wien, 11. Juni.
Aus dem italienischen Kriegsschauplatz leine nen¬
nenswerten Ereignisse.
In Albanien hieven sich unsere Truppen in einer
Wideritandslinie eingerichtet. Eine im Devott-Ta!e
dorfühlendc französische Kompagnie wurde abge¬
wiesen. .. ,
Der Ehcf dcS Generalstabes.
Erlundunisgefechte.
«tb Berlin, 1l. Juli 1918. Die ErkundungS-
tätigkeit war auf Seiten des Verbandes am 10. Juli
besonders in Flandern undbeiderseiis der Somme
lebhaft. Ueberall wurden seine Abteilungen abge-
wiesen. Südlich Dixmuidcn nahmen die Deutschen
einige Belgier gefangen. Ein früh im Nebel nach
kurzem Früerüberfall versuchter Vorstoß der Franzosen
bei Nanteuil scheiterte. Im Elsaß brachte ein
erfolgreiches Patrouillenunternehmen südwestlich
Diedolshausen den Deutschen Gefangene ein
Das- Fernfeuer ihrer schweren Geschütze lag mit
erkanntem Erfolg wiederum auf dem wichtigen Com-
piegne und auf den Bergwerksanlagen von Noeux.
Die unmögliche Gegenoffensive.
* Berlin, 11. Juli. Ueber Focht Gegenoffensive
meldet die ,Züricher Morgenzeitungft Wenn man i«
der Presse Vermutungen anstellt, die Ententekonferenz
habe wahrscheinlich beschlossen, eine baldige Offensive
im Westen und in Italien ins Werk zu setzen, so
muß darauf hingewiesen werden, daß diese Gegen»
offensive seit mehreren Togen bereits im Gange ist,
ober bisher nirgends geschlossen zu einer
Durchführung gelangte und auch ohne jeglichen
Erfolg von mehr als örtlicher Bedeutung geblieben
ist. Mit FochS aufgebrauchtem Reserveheer kann
man keine Offensive unternehmen. Man kann den
Gegner täglich an einzelnen Stellen zwar belästigen,
aber zu einer Entscheidungsoperation reichen die
heute vorhandenen Kräfte der Engländer und
Franzosen nicht zu. Diese Tatsache erlaubt der
deutschen Heeresleitung, ihre eigenen Offcnsivvorbe-
reitungen in aller Ruhe und Gründlichkeit zu treffen.
; Fliegerangriff auf Offenburg.
Karlsruhe, 11. Juli. Amtlich wird gemeldet:
Ein heute erfolgter Angriff mehrerer feindlicher
Flieger auf Offenburg, bei dem eine beschränkte An¬
zahl Bomben abgeworfen worden ist, hat einigen
Sach- und Gebäudeschaden verursacht. Personen
sind nicht verletzt.
Der Exzar am Lebe«.
Berlin, 11. Juli. Der Hauptkommandierende
-er Nord-Uralfront telegraphierte am 27. Juni
nach Moskau: In Anbetracht der Gerüchte von
der Ermordung des Nikolai Romanow erstatte ich
den offiziellen Bericht, daß ich am 27. Juni unter
der Mitwirkung der Begleiter der Kriegsinjpektion
und des Kriegskommrssars des Kriegsbezirks vom
Ural und eines Mitgliedes der allrussischen Unter-
suchungskommission eine Besichtigung der Räume
vorgenommen habe, in denen sich Nikolai Romanow
mit seiner Familie befindet und eine Kontrolle der
Wache und Bewachung. Sämtliche Mitglieder
der Familie und Nikolai Romanow selbst sind am
Leben, und die Nachrichten von seiner Ermordung
sind eine Provokation.
20 000 Tonnen versenkt.
wth Berlin, 11. Juli. Amtlich. Von unseren
U-Booten sind im Kanal neuerdings 4 bewaffnete
Dampfer mit zusammen 20000 B.-R.-T. versenkt.
Der Chef des Admiralstabrs der Marine.
Berbandsumtriebe in Spanien.
Die Notwendigkeit „eines Gesetzes, das der spa¬
nischen Regierung die unnmmgänglichen öffent¬
lichen Machtbefugnisse zur Gewährleistung der spa¬
nischen Neutralität überträgt", ergibt sich aus auf¬
sehenerregenden Enthüllungen der neutralistischen
Madrider Blätter „2a Nation" und „La Tribuna".
An Einzelheiten, die daraus der „K. Ztg." gemeldet
werden, ist folgendes hervorzuheben: Der Nachweis
der Fälschung eines Rundschreibens der deutschen
Botschaft durch da? der englischen Botschaft unter¬
stellte Comittce of Information, das in Wirklichkeit
der Mttelpunkt der B e r b a n d s s p i 0 n a g e ist.
Die Aufdeckung der Missions Francaises Militaires,
deren Mitglieder unter dem Schutze der französischen
Botschaft als Hilfskräfte des französischen Kriegs¬
ministeriums wirken und in gewaltigem Umfange
den Ankauf von Kriegsmaterial besor¬
gen, und besonders auch die Anfertigung von Mu¬
nition für Frankreich veranlassen. Wegen der Auf¬
sätze, bte den unglaublichen Mißbrauch brandmar¬
ken, den Frankreich mit seinen amtlichen Vertretren
in Spanien treibt, wurde die „Tribuna" beschlag¬
nahmt. In der „Nacion" vom 26. Juni werden
Schriftstücke veröfsenllicht, wonach die franzö¬
sische Botschaft durch das französische .Konsu¬
lat in Barcelona in Verbindung mit dem Chef des
französischen Spionagedienstes spanische Jun¬
ior aup spanischen Dampfern bestochen hat.
Die Leute bekommen monatlich 500 Peseten und
haben dafür in einer ihnen übergebenen Geheim-
sprache an eine Deckadresse in Barcelona die An¬
wesenheit deutscher U-B 0 0 t e mit genauer Orts¬
angabe zu melden, ferner die Anwesenheit deutscher
Fahrgäste aus spanischen Dampfern und sonst noch
aUkä, was für Verbandskriegsschiffe irgend von
Wert sein könnte. De gesamte spanische Presse gibt
die Enthüllungen der „Nacion" wieder. Das größte
spanische Blatt, das Madrider „Abc", fragt, was
die Regierung gegen diese Spionage der amtlichen
französischen Vertretungen, die eine Förderung des
Verbandes darstelle, zu tun beabsichtige. Die neu¬
tralistischen Zeitungen wollen die Enthüllungen der
Verbandsspionage fortsetzen und erklären in Ueber-
einstimmung mit der gesamten öffentlicheil Mei¬
nung Spaniens, das Verhalten der Verbandsmächte
sei um so unwürdiger, als die Neutralität Spaniens,
auS der der Verband infolge der ungeheuren Kriegs¬
konterbande doch schon bisher den größten unneu-
tralen Nutzen gezogen habe, noch viel ernstlicher in
Gefahr bringe.
Derartige Vorkommnisie bestätigen, daß des neue
spanische Spionaatsgeseh sich gegen die VerbandS-
spionage in Spanien richtet. Daher treten auch alle
Verbandsfreunde in Spanien so heftig gegen das
neue Gesetz auf.
* Das halländische Kartosseizeschäft. Nach dem
Haagschen Korrespondenzburean geht die Abmachung
über die Ausfuhr holländischer Frühkartoffeln nach
Deutschland dahin, daß Holland 2000 Bahnwagen
liefert, wogegen Deutschland 5000 Wagen zu ' 10
Tonnen mit Steinkohle, wenn möglich, lauter Gas¬
kohle, abgiktt. Betont wird, daß diese Kartoffelmenge
den holländischen Bedarf für 5 Tage auSmacht,
während die Kohlenmenge die holländischen Gasan¬
stalten 20 Tage lang versorgt. Bis zu Beginn dieser
Woche waren 50 Bahnwagen Kartoffeln nach Deutsch¬
land abgegangen.
* Tie Explosion in Grenoble. „Nouvrlliste de
Lyon" gibt über die Explosionskatastrophe in Grenoble
weitere Einzelheiten bekannt. Am 3. Juli, 3 Uhr
morgen?, fand die erste ungeheure Explosion
statt, di»-im weitesten Kre, e zu vernehmen war und
alle Fensterscheiben Grenobles zum Bersten brachte.
In zahlreichen Wohnungen stürzten die Wände ein.
Während der Explosion herrschte eine unbeschreib¬
liche Panik/ Die Tiadt war in dichte Rauch¬
wolken gehüllt. Kurz darauf erfolgte die zweite
Explosion, die gleichfalls schweren Schafeen anrichteie.
Die inzwischen heruntergelaffenen Rolläden waren
söintlich zerstört. Hierauf folgten sich die Explosionen
ohne Unterbrechung bis 11 Uhr abends. . Die
Rettungsarbeiten waren außerordentlich schwieri».
Die Beklemmung der Bevölkerung war unheimlich,
da die Rettung der Sprengstoffabrik und des Gas¬
werkes zweifelhaft erschien. Eine Zettlang war
Grenoble von vollkommener Zerstörung bedroht.
Die Eisenbahnlinie nach Lyon war unterbrochen.
Die aanze Nacht hindurch flüchteten die Einwohner
von Grenoble und die umliegenden Ortschaften nach
Westen. Der Sachlhaden ist außerordentlich be-
deutend. Einige Fabriken mußten den Betrieb ein-
stellen.
* Streik in der en,!ischen Flugzeugindustrie
,Daily Erpreßt berichtet, daß sich der Streik in der
englischen Flugzeugindustrie ausbreiiet. 22 000 Per¬
sonen haben jetzt die Arbeit niedergelegt.
* Die finnische Regierung für eine Monarchie.
Die finnische Regierung beiprach mit den LandtagS-
gruppen in einer geheimen Konferenz die Rkgikiungt-
form. Dab»i teilte Regierungschef Paasikivi mit,
daß die Regierung beschlossen habe, die Annahme
der monarchischen Staatsform zur Kabinetts¬
flage zu machen. Die Republikaner betonen, dies
sei illoyal, und verlangen eine Volksabstimmung,
vor der sich jedermann beugen werde.
Der Kanzler im HauptauSschutz.
"Berlin, 11.Juli. Reichskanzler Traf Hertling
feer am Donnerstag morgen auS dem Großen Haupt-
guartier nach Berlin zurückgekehrt war, erschien am
Vormittag im HauptauSschutz des Reichstags, um sich
dort über den Wechsel im Auswärtigen Amt auSzu-
sprechen. Einleitend erklärte feer Vizekanzler von
Payer, der Reichskanzler werde zum Dell vertrauliche
Ausführungen machen. Bei früheren Vorgängen aber
seien trotz beschlossener Vertraulichkeit Meldungen ver¬
öffentlicht worden, feie verwirrend gewirtt hätten.
Deswegen wünsche feer Reichskanzler, dah dem vorge¬
beugt werde und alles, was der Reichskanzler sage
zunächst al» vertraulich behandelt werde. ES solle dann
ein amtlicher Bericht veröffentlicht werden. In einer
Geschäftsordnungsdebatte widersprachen die Abgg.
Haffe (Unadh. Toz ) und Tcheidemann sToz.) dem Vor-
schlage, über die Verhandlungen im HauptauSschutz eine
Zensur der Berichte einzuführen. Der HauptauSschutz
stimmte nach kurzer GeschäftSordnungSdebatte einem
Vorschläge de» Abg. Erzberger zu, entsprechend dem»
früher geübten Verfahren die Berichte über die Reden
vom RegierungStisch durch die Regierung selbst in dem
von der Regierung gewünschten Wortlaut veröffentlichen
zu lassen, dagegen aber die Reden der Abgeordneten
von diesen selbst durchsehen zu taffen. Hierauf erhielt
daS Wort der
Reichskanzler Graf Hertling.
Er erklärte: Der Wechsel im Staatssekretariat be¬
deutet keinen Wechsel des politischen Kurse?
Die Politik des Deutschen Reiches führt allein verant¬
wortlich der Reichskanzler. Der Staatssekretär de»
Auswärtigen hat die auswärtige Politik im Aufträge,
im Einvernehmen und unter der Verantwortlichkeit des
Reichskanzlers zu führen. DaS ist von Anfang an
Grundsatz deS Deutschen Reiches gewesen. Dieser
Grundsatz steht auch heute fest.
An meinem politischen Standpunkte, wie ich
ihn in meiner Rede vom 28. November v. I. vor dem
Plenum de» Reichstages festgelegt habe, an diesem
meinem Standpunkt sowohl bezüglich der innereu
wie auch bezüglich der äußeren Politik halte ich
meinerseits vollkommen fest. Daran wird sich,
solange ich an dieser Stelle stehe, nicht» ande^,.
Bezüglich der inneren Politik habe ich dreda-
mal, ae»ebenen Zusagen, soweit es an meinem Willen
lag, vollkommen eingelost und ich werde dafür m«,
treten, datz auch die w ltere Au,,uhrung feer von nur
gemachten Zusagen erfolgt und etwaige Hindernisse
mit Energie überwunden werden. Darauf
können feie Herren sich "»lasten «as feie answart.a°
Politik anbetrifft, so habe ich meinen -tandpun^
gleichfa"s damals am 29. Novembr- «- ?- d°utl,ck
markiert. Ich habe den Herren gesagt: Ich stehe auf
dem Standpunkt feer kaiserlichen Antwort auf b«e
Friedensnote fee« Papstes vom 1. Auaust v. I.
Die friedensbereite Gesinnung, die diese Antwortt #e-
seelt hat, beseelt auch mich, aber ich h"de hinzuzefugt.
meine Herren, datz di« friedensbereite1 »estnnung n'cht
den Feinden einen Freibrief a-ben darf für unabseh.
bare Fortsetzung de» Krieges. Wahrend un,erep
Bereitschaft, »u einem ehrenvollen Frieden dw Hanfe,
,u re.chch,' se,t einem Jahre gar nicht gezwenelt^ wer¬
den kann, haben wir bis in feie letzte» Tage hinein die
«ufreigenden Reden der feindlichen Staatsmänner
gehört. Herr Wilson will den Krieg bi» zur Vernich¬
tung. und war Herr «alsour »esagt hat, "utz leöem,
Deutschen wirklich die ZorneSrote in? Ge,icht treib n.
Wir haben doch ein Gefühl für dre «hre unseres Vater»
landeS. Wir können un» nicht öffentlich unausgesetzt
auf diese Weise beschimpfen lasten, und zwar steht,
hinter der Beschimpfung der VernichtungSWille«,
Solange dieser DernichtungSwille besteht, mu„en wir
mit unserm treuen Volke auSharren. - Ich bl” J?“®
uberzeugt, ich westz es, datz in den weitesten Kreisen
unserer Volkes überall feer ernste Dille besteht Ewi
lange der VernrchlSwille der Feinde besteht muffen wir
durchhalten und wir werden durchhalten rm Ver^
trauen auf unsere Truppen, im Vertrauen auf unsere,
Heerführer und im Vertrauen «uf unser herrliche«
Volk, diese schwere Zeit mit ihre» protzen Entbehrungen
und fortgesetzten Opfer so wunderbar ertragt. «;n oer
Bereitwilligkeit, auf wirklich,ernste DerhandlungSvor-
fchiäge der un» fernfeliche» Machte ernzugehen, ist aber
feie politische Rei chSr eg i er un g mit der
obersten Heeresleitung vollkommen ernrg.
Der Reichskanzler berührte dann noch rm eri^elnen
die politischen ZukunftSprobleme im.Osten und Achten.
Dezüglrchdes Ostens sagte er: Wir gehen auf
dem Boden deS Friedens von Brejt.L-towsk uud ww
wollen diesen Frieden in loyaler Werse ausgesuhri sehen.
Da- ist der Wille der deutschen Reichsleitung, und darin
wird sie unterstützt von der obersten Heeresleitung Die
Schwierigkeiten der Ausführung de? Vertrages liege»
darin, daß. wie Sie wiffen. die Verhaltniffe in Ru߬
land noch so außerordentlich unsicher zmd. Wir find ge¬
neigt, meine Herren, an die Loyalität der gegenwärtige»
ruffischen Regierung hier in Berlin zu glauben. Aber,
meine Herren, wir werden nicht so unbedingt anney«
men dürfeii und können, daß die gegenwärtige ruffuch,
Regierung auch die Macht hat. die uns gegebenen Zu.
sagen überall durchzusühren. Wir tun, was wir rönnen,
um den Frieden von Brest-Litowsk auszuführen. Mer
wie die Zustände sind, gibt e§ unaufhörlich Verwicklun¬
gen, unaufhörlich Reibungen an den Grenzgebieten, um
aufhörlich Übergriffe dieser oder jener kleinen, HeereS.
gruppe. Mer ich wiederhole unser Prinzip: W,r stehe»
auf dem Boden des Friedens von Brest-Lrtowfl und wir
wollen den Frieden loyal ausführen, wir wollen mit der
gegenwärtigen ruffischen Regierung loyal verhandele
Sie alle, meine Herren, stehen noch unter dem Eindruck
des furchtbaren Verbrechens in Moskau, des
Attentates, da? an unserem Gesandten dort verübt wor¬
den ist — eine völkerrechtswidrige Tat, wie sie arger
nicht zum Himmel schreien kann. Alle Spuren deute»
darauf hin. daß die fluchwürdige Tat auf Anr«.
gung der Entente geschehen ist. um uns mit der
jetzigen ruffischen Regierung neuerdings in Krieg zu
verwickeln —, ein Zustard. den wir aufs eifrigste
vermeiden wollen. Wir wollen kein en neue»
Krieg mit Rußland. Die jetzige russische Regierung
will den Frieden und braucht den Frieden, und in dieser
friedensgeneigten Absicht unterstützen wir sie. Auf der
anderen Seite, meine Herren, ist ja mich wahr, daß sehr
verschiedenartige Strömungen durch daS, ruffische Reich
hindurchgehen. Bestrebungen der verschiedensten Art;
monarchistische Bestrebungen, Bestrebungen der Kadef»
tenpartei, Bestrebungen der sogenannten rechten Sozial¬
revolutionäre usw. Wir halten unsere Ohren und
Unpolitische Zeitlöufe.
fl. BerIin, 10. Juli 1918.
(Nachdruck verboten.)
Tausende von braven Männern fallen aus bei
Schlachtfelde. Wir bedauern den vorzeitigen Tc
der Tapferen und trauern mit den Hinterbliebenei
Aber wir fügen uns in das Verhängnis, weil wi
wiffen, daß von Adams Zeiten her auf dem Mer
fchengeschiecht der Fluch des Waffenkampfes laste
Wenn Völker in Streit geraten, so kommt es zu
Machtprobe; sie fordert schwere Opfer, doch alle Bl
teiligten sagen sich, daß hier eine höhere Gewalt d
Ereigniffe bestimmt und der Streit im offenen -Dirn
»erringen von Bewaffneten gegen Bewaffnete aui
setragen wird. Der ehrliche Krieg ist m e n f ch
»ich.
Teuflisch dagegen ist das Attentat, dr
Mordanfall aus dem Hinterhalte, wenn ein Menst
«nt verborgenen Waffen sich an einen wehrlose
Mitmenschen heranschleicht, um ihn meuchlings z
ermorden. Darum ruft so eine heimtückische Blu^
tat mehr Entsetzen und Entrüstung hervor, wie di
dlutlgen Zusammenstöße auf dem Schlachtfeld,
^,w>es Gemisch von Grausamkeit und Feigheit, vo
r“"be* Dut und tückischer List ist schauerlich UN
ekelliast wie ein höllisches Erzeugnis. Dabc
die Empörung in allen Gemütern, die'noch mensck
I:ch empfinden, .ei der Nachricht von der Ermoi
duna Bes deuffchen Gesandten in Moskau
Das Gerücht von der Ermordung des Zarc
N, k 0 l a u S hat sich nicht bestätigt. Der aLaesetzi
„HelLstherrscher aller Reußen" hat bei der Revo
lution seinen Thron und seine Freiheit verlöre:
aber nicht das Leben. Das war ein lichter Pun!
auf dem dunklen Felde.. Denn gerade in Rußßlan
war der Meuchelmord zu politischen Zwecken lan
deLüblich geworden. Manche Zaren und viele voi
ihren hervorragenden Gehilfen mußten unter dci
Kugeln und Bomben der „Nihilisten" ihr Lcbei
kaffen. Die Umstürzler vom vorigen Jahre begnüg
ten sich mit der Festnahme des Zaren und seine
Gehilfen., Es schien so. als ob man sich zu eine
rnännlichen Kampfesweise aufgcschwungen hätte
Aber nun regen sich hinterher wieder die Trieb>
«>es Meuchelmordes, und der neu erwachte Blutdurs
richtet sich gegen einen Mann, der an den inneren
Wirren in Rußland gar nicht beteiligt ist und dem
Lande nichts anderes bringen wollte, als Freund¬
schaft und Frieden auf dem Boden des abgeschloffe-
nen Vertrages. Der Versuch einer Gegenrevo¬
lution zeiffgt schlimmere Giftblütcn, als die Re¬
volution selbst.
In diesem Falle kann man auch nicht sagen, eS
handle sich um die Verirrung des einen oder anderen
Einzelmenschen, der aus persönlichem Wahnsinn ge-
handelt habe. Hinter dem schändlichen Meuchelmord
steht eingestandenermaßen die Partei der sog. So-
glrev^lutionäre, die den sog. Terrorismus, d. h.
VerLibung von ersckwecklichen Frevellaten in
ihrem Programm hat. Und hinter dieser Metzger¬
partei stecken die englischen und französischen Agen¬
ten, die kein Geld und keine Mühe sparen, um Ru߬
land in Verwirrung und neue Umwälzungen zu
stürzen, weil sie mit List und Gewalt die Rnffen
zur Wiederaufnahme des Kampfes gegen Deuffch-
land anzutreiben hoffen.
So paßt das Attentat von der vorigen Woche
zu der Mordtat von Sarajewo, die zu dem Welt¬
kriege den Anstoß gegeben hat. Soeben hatten wir
am Peter- und Paulsfeste zum- vierten Male in Ent¬
rüstung und Trauer den Gedenklag begannen an das
teuflische Verbrechen, das den.Erzherzog Franz Fer¬
dinand und seine edle Gemahlin dahinraffte. Der
Frevel von Sarajewo war auch nicht die Ausgeburt
eines vereinzelten kranken Gehirns, sondern er war
beschlossen und sorgfältig vorbereitet von der ser¬
bischen Geheimaescllslbaft, die von der ferbffchein
Regierung die Geldmittel und die Waffen erhalten
hatte. Und diese meuchelmörderische Regierung
hatte wieder ihren Rückhalt in Petersburg.
Als sie von Oesterreich zur Rechenschaft gezogen
wurde, kam von Peiersburg das Telegramm:
„Macht mobil, wir machen auch mobil!" Zum
Schuhe der Meuchelmörder wurde taffächlich mobil
gemacht, und nicht nur in Rußland, auch in Frank¬
reich und England. Unsere verbündeten Feinde
können die .Schande nicht abwaschen, daß sie zur
Verteidigung der Mörder ihr Schwert gezogen haben,
Am Tage vor dem Kriegsausbrüche wurde in
Paris der Abg. Jaures erschaffen, als er mit sei¬
nen Freunden in einem Gasthaus beim Mittageffen
saß. Der Meuchelmörder wurde gefaßt und in Haft
gesetzt. Die Ermordung dieses einflußreichen
Freundes deS Friedens lag iyr Interesse der KriegS-
partei. Mer kann man Nachweisen, daß die Kriegs¬
hetzer hinter dieser Bluttat stecken? Die Mitschul¬
digen wissen sich der Entlarvung zu entziehen. Drei
Jahre und elf Dionate sind inzwischen verfloffen,
und der Mörder sitzt noch immer in Untersuchungs¬
haft. Ter Prozeß wird vertagt und abermals ver¬
tagt. Warum? Weil die hohen Herren die Ent¬
hüllungen fürchten, die bei den Gerichtsverhandlun¬
gen zutage kommen würden. Der Präsident der
Republik ist noch immer derselbe, die Ministerien
haben vielfach gewechselt, aber in der entscheidenden
Frage waren sie alle von demselben Kaliber. Alle
ließen die Rechtspflege versumpfen und gewährten
dem Mörder freie Kost und Statton anstatt deS ver¬
dienten Fallbeiles.
Wenn die pharisäischen Engländer ihre Hände
waschen wollen, so braucht man nur hinzuweisen
auf den skrupellosen F i n l a y, den englischen Ge¬
sandten in Norwegen, der den Kammerdiener des
Iren C a s e m e n t zur Ermordung seines Herrn
anzustiften suchte. Der Mann war nicht so bestech¬
lich, wie die russffchen Helfer der Entente. Als
Herr Casement aber eine Landung in Irland wagte,
fiel er in die .Hände der Engländer und sie bereite¬
ten ihm am Galgen' das Schicksal, das ihm ihr Ge¬
sandter in Norwegen schon zugedacht hatte.
In dem vierjährigen Völkerringen haben nur
unsere. Feinde das teuflische Hilfsmittel des
Meuchelmorde? angewandt. Unsere Hände sind rein
geblieben und die der Verbündeten auch. In Oester-
ipich ist allerdings der Ministerpräsident Stürghk
von einem rabiaten Sozialisten ermordet worden;
aber das war erstens die Tat eines einzelnen Fana-
ttkerS und zweitens hatte es nichts zu schaffen mit
der hohen Politik oder der Kriegführung, sondern
hing nur mit i n n e r S n Parteistreittgkeiten zu¬
sammen. 1
Wer im Vöflerringen zu heimtückischen Frevel-
taten seine Zuflucht nimmt, ladet nicht allein nur
Schande auf sich,, sondern gibt auch ein unwill-
ki'irliches Geständnis seiner Schwäche. Ter starke
Mann sucht und findet sein Heil im offenen Kampf.
Auf krummen Wegen zu schleichen und an Wehr¬
losen sein'Mütchen zu kühlen, ist Sache der Unter¬
liegenden.
Glücklicherweise scheint das Moskauer Attentat
weder seinen Urhebern noch seinen Begünsttgern
Vorteil zu bringen. Nach den bisherigen Nachrich¬
ten fiat die aegenwärtige Regierung in Moskau
die Geaenrevolution überwältigt. Wenn die Frev¬
ler geglaubt haben, sie könnten zwffchen Deutsch¬
land und der russischen Regierung einen.Zwist her¬
beiführen. so haben sie sich vollends verrechnet. Daß
gerade Gegenteil tritt ein. Wenn wir auch an die¬
ser „kommunistischen" Sowjetregierung kein Wohl¬
gefallen haben, so müsien wir ihr doch den Vorzug
geben vor allen ihren Gegnern und Wettbewerbern,
weil sie den Frieden aufrecht zu erbalten sucht.
Und die Sowjetleute selbst sind angesichts der Ge-
aenrevolutton und dos Einmarsches von ftemden.
Truppen erst recht auf die Gunst und Unterstützung
der Mittelmächte angewiesen. Sie haben ja auch
ihren Gegnern schon angedroht. daß sie sich um Hiffe
nach Deuffchland wenden würden. Ob wirklich
unsere Truppen noch einmal nach Osten marschie¬
ren werden, um in Rußland nach dem rechten zu
leben, das muß man vorläuffa dabinaestellt sein
lassen. Möglich ist ja alles in diesem schicksalsreichen
und überrascbumisvollen -Krieg: doch vorläufig
haben wir im Westen dringlichere Arbeit. . Die
Sühne für den Mord unleres Gesandten scheint^ ja
die dortiae Regierung ehrlich zu vesorgen. Viel¬
leicht wird sie auch aus eigener Kraft die Aufftän-
dischen und die Eindrinaligge zu überwältiaen ver¬
mögen. und das wäre bedeutend bester, als wenn
sie aus deutt'chen .Kräften sich forffchleppen müßte.
„Auf dem Felde der Ehre gefallen!" Diese«
ruhmvolle Nachruf gebührt auch dem ermordeten
Gesandten Grälen Mirbach. Gerade weil er so
tüchtnq und erfolgreich war auf seinem Posten in
dem verworrenen Lande, hotten unsere Feinde ihn
aufs Korn genommen. „Ablösung vor", heißt eS
im .Kriege. Der Soldat rückt tapfer und treu an
die Stelle, wo sein Kamerad aesallen ist. Ein neuer
Gesandter in Rußland wird das Werk fortsetze«,
das der Ermordete mit Erfolg begonnen hat.
Attentate sind teuflffch, aber der Teufel erreicht
nicht immer das Ziel, dos er im Auge hatte. Sehr
häufig sind die Attentate nach dem ersten Schäden
zum Vorteil der guten Sache auSgeschlagen. Möge
das auch hier der Fäll sein. Wir wollen inzwischen
aus der Enttüstung über das schändliche Treiben
unserer Feinde den neuen kräftiaen Enffchluß zum
Turchhalteu und Durchs! egm schöpfen,. werk da-
fünfte Kriegsjahr zum Erntejahr wird.