Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

kein dankbares Geschäft. Dazu gehört, was Fürst 
Bismarck einmal als Zivilcourage bezeichnet hat, Zivil¬ 
courage auch gegenüber einem Teile der Wählerschaft. 
Aber mit Ihrer Arbeit haben Sie den Dank de» Volkes 
verdient und den.der verbündeten Regierungen erworben. 
Der Reichskanzler hätte gern diesen Dank persönlich 
ausgesprochen. Er hat aber im glichen Hauptquartier 
wichtige Besprechungen. Aufrichtigen Dank auch den 
AuSschutzvorsitzendeo und Berichterstattern. Alle Mit- 
glieder waren Schwerarbeiter. (Heitere Zurufe.) Auf 
die Beamten fällt bei Ausführung der Gesetze eine 
schwere Last. 
Eine Anzahl zurückgestellter Etatsreste werden 
debattelos erledigt, nachdem Reichsschatzsekretär Graf 
v. Rödern folgende Erklärung abgegeben hat: Die 
Reichsleitung ist sich der finanziellen Schwierig, 
keiten, in der die Beamtenschaft sich befindet, 
durchaus bewußt. Di« Beamtenschaft kann sich darauf 
verlassen, daß im Herbst wirksame TeuerungS- 
matznahmen zu ihren Gunsten getrosten werden. 
Eine Entschließung Gröber auf Einsetzung eine» 
Ausschuss es für Sozialpolitik wird angenommen. 
Es folgt die zweite Lesung der «reditvvrlage. 
Abg. Ebert (Soz.): Wir bedauern aufs tiefste, daß 
das furchtbare Blutvergießen fortdauert. Da« deutsche 
Volk ist erfüllt vom ehrlichen Friedenswillen. Die 
Regierung hat wieder ihre Friedensbereitschaft erklärt. 
Die feindlichen Regierungen. Kammern und leider auch 
die Arbeitervcrtretungen haben es an ehrlicher Friedens¬ 
bereitschaft fehlen lassen. (Lehr richtig!), sie verkünden 
immer von neuem den Kampf bis zum Ende und 
tauschen ihr Volk über die WiederstondSkraft Deutsch. 
landS hinweg. Auf entehrende, feine politisch«, Wirt- 
schaftliche und kulturelle Zukunft vernichtende oder 
herabdrückende Bedingungen wird das deutsche Volk 
niemals eingehen, eS will einen ehrenvollen Frieden für 
alle. Da die Gegner uns einen solchen Frieden bis 
heute verweigern, werden wir auch diesmal die Mittel 
bewilligen, die zur weiteren Verteidigung der 
Lebensinterefsen unseres Volkes und zur Erreichung 
des Friedens erforderlich sind. (Lebh. Beifall, Zischen 
bei den ll.-Soz.). 
Abg. Geyer (ll.-Soz.) verlieht eine Erklärung seiner 
Fraktion, nach der sie die Kriegskredite ablehnt. 
Die Krieg kr edite werden in zweiter und dritter 
Lesung gegen die Stimmen der Unabhängigen a n ge - 
nommen. 
Präsident Fehrenbach: Es liegt eine außerordent¬ 
lich angesirengle Arbeit hinter uns. Ich glaube sagen 
zu dürfen, daß wenn, so diesmal der Reichstag mit 
hoher Genugtuung auf die geleistete Arbeit zurückblik- 
ken darf. Aus dem großen Stoff, der den Gegenstand 
unserer Beratung bildete, bebe ich nur hervor, die drei 
Friedensvertrage mit der Ukraine, Rußland und Ru- 
mänien. die Erledigung des Etats und der 14 Steuer¬ 
gesetze. Die Friedensverträge im Osten mögen de» 
kritischen Beobachtern in dem Einzelheiten Anlaß zu 
Beanstandungen geben, aber das Volk, das diese Frie. 
densschlüfle im ganzen betrachtet, wird mit großer 
Genugtuung und Dankbarkeit diese Friedensschlüfle 
anerkennen (Bravo). Diese Friedensverträge trage» 
die Unterschrift des Staatssekretärs, der in diesen 
Lagen aus seinem Amte geschieden ist. Ich glaube 
eoch, von dieser Stelle aus feststellen zu sollen, daß 
chn diese Tatsache des Abschlusses dieser Fri^ens- 
schlüsse nicht bloß seine historische Bedeutung, sondern 
auch die Dankbarkeit wnü die Anerkennung des beut» 
scheu Volkes sichert. (Beifall). Ueber die Rotwendig- 
dom Standpunkt der zahlenden Steuerpflichtigen. 
Der -Schatzsekretär dankte den Bewilligern, der 
Präsident Fehrenbach gedachte der Zahler. 
So gehört es sich, denn die Steuergesetzgebung 
hat ein doppeltes Gesicht. Vorn ein lachendes Ant¬ 
litz im Hinblick auf die zuströmenden Mittel, hinten 
ein bekümmertes oder gar weinendes Antlitz im 
Hinblick auf den Steuerzettel rmd das entschwin¬ 
dende Geld. 
Das Volk muß zahlen, weil das ringende Vater¬ 
land das Geld notwendig braucht und der Reichs¬ 
tag die ttmlcigen beschlossen hat. Der gesetzliche 
Zwang genügt aber in den heutigen Verhältnissen 
nicht für sich allein. Um die richtige Stimmung im 
Volke zu erhalten, muß bei den Steuerzahlern das 
Verständnis und die Bereitwilligkeit 
für dir saure Pflichterfüllung geweckt werden. Gern 
zahlen, oder wenigstens zahlen ohne Murren, 
— das ist das Ziel der finanzfwlitsschen Volkserzieh- 
ung, auf das der Reichstagspräsident anregend hin¬ 
wies. 
Steuerinachen sei kein dankbares Geschäft, sagte 
der Schatzsekretär und erinnerte an das Wort'Bis¬ 
marcks von der Zi v ilko u r a g e, — Zivilkvu- 
rage auch gegenüber einem Teile der Wählerschaft. 
Alle anderen Parteien des Reichstages haben diesen 
Mut erwiesen, nur die -Sozialdemokraten haben die 
Verantwortlichkeit für die neue» Steuergesetze ganz 
oder teilweise von sich abzuschieben versuchst. Dos ist 
nicht schön. Für die Scheidemannsche Partei kann 
man freilich als mildernden Umstand gelten lasten, 
daß sie für den agitatorische» Wettbewerb mit den 
„Unabhängigen" sich möglichst viel Pulver «nd freie 
Hand bewahren will. Andererseits hätte es aber 
mehr Anerkennung verdient, daß der Reichstag bei 
der Ausgestaltung der Steuergesetze die größtmög¬ 
liche Rücksicht genommen hat auf diejenigen, die von 
der Sozialdemokratie angeblich vertreten werden. 
Wenn der Reichstag zu den 2500 Millionen der Re¬ 
gierungsvorlage noch 1800 Millionen hinzugefügt 
hat, so geschah das gerade im Iutereste der sogen, 
kleinen Leute, znr ousgleichenden Gerechtigkeit, und 
zur schärferen Heranziehung der geldkräsflgen Ele¬ 
mente.^ Diese Steuerreform übertrifft die Vor¬ 
gängerinnen in der Schonung der schwächeren 
Schultern, bedeutet also sowohl in sozialer Hin¬ 
sicht als sin demokratischen Sinne einen 
Fortschritt, so daß auch die vernünftigen Sozial- 
kraten zustinrmen müßten, wenn sic die gehörige 
Zivilkourage hätten und nur von sachlichen Erwäg¬ 
ungen statt von agitatorischen Berechnilmqen sich 
leiten ließen. 
Ob bei der Einstigen Wahlagitation das schlie߬ 
lich« Nein der sozialdemokratischen Fraktion eine 
entscheidende Rolle spielen wird, ist überdies noch 
sehr fraglich. Die Hetzer werden sagen: Ihr wolltet 
nur das Gesicht wahren, habt aber keine wirkliche 
Opposition oder Obstruktion gemacht, sonder« in 
dem Ausschüsse mitgearbeitet an der Bolksbelastrmg- 
Die an deren Parteien übernehmen offen und 
rückhaltlos dir Verantwortung vor den Wählern. 
Der Dank der Kaisers an den Schatzsekretär. 
vtd Berlin» 14. Juli. Vom Kaiser ist dem 
Staatssekretär des Reichsschatzamtes nachstehendes 
Telegramm zugegangen: 
Ihr« Meldung von der Verabschiedung des Etats, 
der Bewilligung der KriegSkredite und de» Ab. 
schluffe« des Struerprogramrns durch den Reichs¬ 
tag hat mich mit lebhafter Genugtuung erfüllt. Ich 
danke Ihnen für ihre erfolgreiche Arbeit. Die Armee 
wird in den Beschlüssen den Beweis dafür erblicken, 
daß die Heimat enrfchlosfen hinter unseren 
Waffen steht, und daß ein starker Wille und Zukunft«, 
sinn herrscht. Deutschland wird unüberwindlich sein, 
wenn es sich selbst seiner Stärke bewußt bleibt und 
fest auf Gott vertraut. 
Deutsches Reich. 
* Fürst Lichnvwsklis Ausschluss. Dem Vernehmen 
nach standen bei der Beratung des Herrenhauses zwei 
Anträge zur Beschlußfassung, von denen der eine den 
dauernden Ausschluß de« Fürsten Lichnowskh aus dem 
Herrenhause, der andere den zeitlich begrenzten Aus¬ 
schluß verlangte. Es verlautet, daß schließlich der 
erste Antrag angenommen sei. Der Beschluß bedarf, 
um rechtskräftig zu sein, noch der königlichen Geneh¬ 
migung und wird erst veröffentlicht, wann diese er¬ 
folgt fft. 
keit der neuen Steuern, die für jeden Beben* I Sie können einerseits die Notwendigkeit und 
tunosvoll ünd. taerhon »n.r hna «nif > andererseits die bestmögliche Ausgestaltung 
und Verteilung der Lasten allen verständigen Bür¬ 
gern Nachweise». Dr-jer Nachweis muß ober auch 
so geführt werden daß er in alle Kreise dringt »nd 
von alle» .Köpfen erstßt werde«' kan«. Dahm: sogt 
Präsident Fehrenbach mit Recht: Es wird unsere 
Aufgabe sein, zu belehren und zu beruhigen. 
Für die Belehrung und Beruhigung des Volkes 
müssen Schrift und Wort hcraugezogen werden. Die 
steurrpolitiffche AuflVruug bildet chnen wichtigen 
Teil der staatsbürgerlichen Erziehungsarbeit. Sie 
muß im Einklang bleiben mit der gesamte« Bartei- 
tätigkeit, die unter den schwierigen BerhÄtnifsen der 
Gegenwart eines frischen Aufschwunges bedarf. 
Keine Partei darf warten, bis die Neuwahlen aus¬ 
geschrieben werde«, sondern muß von langer Hand 
tw zäher, zielbewußter Arbeit um die Aufklärung 
und Sammlung ihrer alten und neuen Anhänger 
sich bemühen. In den Zerrtrumskreisen ist dadurch 
ein guter Grund gelegt durch die Richtlinien des 
Reichsausschusses, an deren Hand man dem Volke 
nicht nur die Steuerpolitik, sondern die gesamte Tä¬ 
tigte« Unserer Fraktionen klar und lieb machen 
kann. 
Das ist keine engherzige oder sÄbstsüchtige Tätig¬ 
keit im Interesse der Partei allem, sondern ein p ä- 
tx i o 1tf ch es Werk, da nur durch die kräftige Or¬ 
ganisation und die gesunde Agitation der positiven 
Parteien der Geist, die Geduld und Aus¬ 
dauer gesichert werden kann, den wir unbedingt 
gebrauchen zum Durchbollen und Durchsiegen. 
So bildet die glückliche Lösung der Steuerstage 
einerseits eine« Quell der Befri edigun g, an¬ 
dererseits aber auch einen Ansporn zur rührigen 
Entfaltung der Parteiarbeit in der Presse, in Ver¬ 
einen und Versammlungen und im. geselligen Ver¬ 
kehr. 
tungsvoll sind, werden wir das Volk aufklären müssen. 
Wir können unseren Wählerin, unseren Mitbürgern 
nicht bringen das Ende der Opfer und der Entsagung 
Aber unsere Schuld ist es nicht, wir werden unser 
Volk belehren und anfrufen müssen, weiter 
die Opfer und Entbehrungen zu tragen. Aber «ock- 
dem uns die Güte des Himmels im Sommer 1918 von 
einer Fehlernte bewahrt zu haben scheint und nachdem 
wir auch die Hoffnung haben können, aus dem Osten 
doch allmählich etwas mehr zn bekommen so werden 
wir mit unserem treu aushaltenden Volke auch in 
diesem Winter die Entbehrungen und Opfer tragen 
kömien. (Beifall.) Den ersehnten Frieden kön¬ 
nen wir nicht bringen, aber wir werden vor dem Volke 
festste Len, was wir bisher schon »rit Genugtuung stjt- 
stelleu konnten, daß die Schuld an »nS, an dem deut¬ 
schen Volke, cm dem deutschen Reichstag, cm den deut¬ 
schen Regierungen nicht gelegen ist. (Sehr wahr!) In 
den letzten Tagen ist es wieder mit der allerklmsten 
Bestimmtheit festgestellt worden, daß wir bereit sind, 
allerdings zu einem ehrenvollen Frieden, ober auch 
zu einem Frieden, der auch für unsere Gegner ein 
ehrenhafter sein könnte. Sie wollen den Frieden 
nicht, sie bleiben bei dem wetteren Wahn des Ver- 
nichtungswillenS gegen unser Volk. Wahrlich, hier 
gil-l es nichts anderes als diesen Vernichtungöwillen 
zu brechen. Wir vertrauen auf Gottes Schuch. Wir 
vertrauen auf unser tapferes unvergleichliches Heer, 
das durch Siege in diesem Sommer die Grundlage 
legen wird für einen ehrenhaften dauernden Frieden. 
(Lebst. Beifall). 
Das Haus vertagt sich bis zum 5. November. 
Die «euen Steuerlasten. 
Vierzehn Steuergesetze! Vierzehn Nothelfer für 
die Reichskasse! Ertrag: 4 Milliarden und 300 Mil- 
lionen. 
In der Schlußsitzung des Reichstags ist dieses 
große Werk gefeiert worden. Erfreulicherweise wurde 
die Sache von zwei Seiten beleuchtet, sowohl vom 
Standpunkt der einnehmende» Reichskasse als auch 
2m Banne -er Schul-. 
Ä8j Romcm von Erich Friesen. 
Verblüfft starrte Minna ihre Herrin, die ihr eine« ! 
-anz seltsamen Eindruck machte, an. 
„Packen? Aber der gnädige Herr da unten —" 
fett, fort!" 
Eine Stunde später, alZ Duukelheit sich hcrab- 
tzesenkt hatte, schlichen Herrin und Dienerin durch 
die Hinterpsorte zum Hause hinaus — auf leisen 
Sohlen, unbemerkt, wie zwei Diebe in der Nacht. 
Ms sie an dem verhangenen Fenster des Kran¬ 
kenzimmers vorbeikamen, hinter dem ei« matter 
Lichtschein erschimmerte, blieb die größere der beiden 
dunklen Gestalte einen Augenblick stehen «nd 
preßte die Hand aufs Herz. 
„Gut, daß Du es nie erfuhrst!" «nrrmelten die 
zuckenden Lippen unhörbar vor sich hin. „Es hätte 
Dir zu wehe getan!" 
Noch ein letzter Blick hinauf nach dem Fenster, 
— ein tiefer Seufzer, der wie ein Stöhnen klang — 
und Marja Wassilewska, wie wir sie fetzt wieder 
nennen müssen, wanderte hinein in die stille, dunkle 
Nacht-ein schuldbeladenes, verzweifelndes »nd 
müde gehetztes Weib. 
14. 
Die Austegnng bei den Gersdorfs war groß, als 
man gewahrte, daß Beate fort war — ohne Ab¬ 
schied, ohne irgend eine Spur zu hinterlassen. 
Die fleine Trudi weinte ihr aufrichtig« Tränen 
mach. Der Oberst brummte und knurrte allerhand 
nicht eben Schmeichelhaftes in sich hinein. Und 
Frau Malwine erklärte mit bei ihrem sanften Natu¬ 
rell seltener Schärfe, daran sei wieder einmal ihre 
älteste Tochter schuld, deren sicher völlig grundlose 
Verdächtigungen das arme Geschöpf aus dem Hause 
getrieben hätten. 
Irmgard schwieg zu all diesen Gefühlsausbrü¬ 
chen. Sie wußte, sie hatte das Rechte gewollt, 
konnte sich aber in ihrem Gerechttgkettssin« den Vor- 
Wurf nicht ersparen, daß sie vorhin bei ihrer Be¬ 
gegnung mit Hans-Leopolds Frau ans der Treppe 
zu weit gegangen war. Bor allem, daß sie den Zeit- 
Puntt für ähre offene Anklage schlecht gewählt hatte. 
Da drinnen lag der SHverkronke. allem An¬ 
schein nach bereits dem Tode verfallen. Wie. wenn 
er vor dem Einschlafen noch eiiaual, in einem letz¬ 
ten lichten Augenblick, nach seinem Weibe verlangen 
sollte? 
„Wir müsse« sie znrückholeu!" rief der Oberst, 
der unruhig im Wohnzimmer auf und ab stampfte. 
,Meißt Du den», wo sie ist, Vater?" meinte 
Irmgard mtt einem leichten Anflug von Spott. 
„Wo den» anders, als zuhause — im „Haide- 
siUotz"! Oder in „Beatesruh"!* 
| Irmgard lachte bitter aus. 
„O Vater, Vater! Wie wenig kennst Du diese 
Frau! Die ist fort und kommt nicht wieder!" 
Der Oberst hielt in seinem Hin und Her au und 
blieb stehen. 
,^Kommt nicht wieder? Bist Du verrückt w- 
wmden?" 
„Du wirst sa sehen, «ater!" 
JpoFS der Kuckuck, Mädchen! Du machst einem 
ganz konfus. Werde fosiirt im »Saideschloß" an- 
klingeln." 
Er rannte zum Telephon. Irmgard aber ging 
still ins Krankenzimmer: sie wußte, wie die Ant¬ 
wort lauten würde. 
Sie war deshalb auch nicht im geringsten über¬ 
rascht, als gleich darauf ihr Vater mit kirschrotem 
Kopf auf der Schwelle des Krankenzimmers erschien 
und ihr nach einem besorgten Blick aus Harts-Leo¬ 
pold, der völlig teilnahmslos dalag, zurannte: 
„Nicht dort!" 
„Ich wußte es," erwiderte Irmgard. Wer eS 
Lang nicht triumphierendssondern wehmütig. 
„Jetzt werde ich in „BeateSruh" cmklingeln." 
„Unnöüg. Vater!" 
Nach wenigen Augenblicken dqsselbe Resultat. 
Der Oberst brummte und krmrrie, wie das sv ferne 
Art war. Aber das änderte nichts « da Sach. 
läge. 
Surlan-. 
** Die Kabinettsbildung in Holland. 
Die Königin hat den Führer der Katholische» 
Staatspartei Msgr. N o I e n S mit der Zusammen¬ 
stellung eines neuen Ministeriums beauftragt. 
NolenS wurde in Benlo in Limburg 1860 ge¬ 
boren, empfing 1887 in Roermond die Priester¬ 
weihe, promovierte 1899 in Utrecht zum Doktor der 
Rechts» und Staatswissenschaften, war als Lehrer 
an einer höher» Bürgerschule und an einem Priester¬ 
seminar tätig und trat 1896'als Abgeordneter für 
Benlo in die Zweite Kammer, wo er nach Schaep- 
monS Tode die Leitung der katholischen Fraktion 
übernahm und bei allen Parteien im größten Ansehen 
steht. 1916 wurde NolenS, der schon Hausprälat deS 
Papstes war, zum Apostolischen Protonotar ernannt. 
In der Kammer hat er wiederholt zu Fragen der 
Arbeterversicherung und über die Verhältnisse im 
limburgischen Bergbau vielbeachtete Reden gehalten. 
Er wurde bereit» vorher als aussichtsreicher Kandidat 
für den Posten des Ministerpräsidenten genannt, 
doch hieß es erst kürzlich, er würde mit Rücksicht auf 
seinen geistlichen Stand die Berufung nicht annehmen. 
Da nun aber der amtliche Ruf an ihn ergangen ist. 
der sicher nicht ohne vorangehende Fühlungnahme 
mit issm erfiflgte, so scheinen seine anfänglichen 
Bedenken nicht den Ausschlag gegeben zu haben. 
Die weitere Wahrung einer ruhigen und sicheren 
Neutralitätspolitik würde bei einem Kabinett NolenS 
in guten Händen liegen. 
Äks -em Nachvargeviei. 
sss AuS dem Kreise Fulda. Wegen verbotenen 
EieraufkausS wurde eine Frau aus Salzschlirf mit 
W'Mark bestraft, eine Frau au» Müs wegen Ver¬ 
heimlichung von Roggen mit 20 Mark. 
(!) Petersberg. Musketier Wrlhelm Müller, 
Sohn des Dionysius Müller, erhielt im Westen 
das Eiserne Kreuz. 
* Bad Salzschlirf. Albert Scholl wurde zum 
Unteroffizier ernannt weil er mit seinem Geschütz 
bei der letzten Offensive innerhalb weniger Sunden 
drei feindliche Flugzeug hernntergcholt hatte. 
r: Mackenzell. Der Gefreite Richard Mehler, 
Inhaber der Eisernen Kreuzes, Sohn des Maurers 
und Landwirts Joseph Mehler, wurde au der West¬ 
front zum Unteroffizier ernannt. 
0 Hanau. Im benachbarten Ortt Bruchköbel 
geriet der 60jährige Landwirt Heck unter die 
Räder seines mit qwei Kühen bespannten Wagens. 
An den erhaltenen Llerletzunqe» ist er gestorben. 
-ft. Frankfurt a. M. In der Person eines Born- 
henner Rollkutschers verhaftete die Polizei einen 
Feldpostpaleträuber allergefährlichsterSorte. 
Der Mann hat seit Jahr und Tag die für die kriegs- 
gefangeuen Offiziere der hiesigen Gefangenenlager 
eingegangenen Heimatpakete beraubt «nd deren In¬ 
halt, soweit er ihn nicht sofort verbrauchte, in seiner 
Wohnung zu einem förmlichen Warenlager aufgesta¬ 
pelt. Der Wert der gestohlenen Sachen, di« haupt¬ 
sächlich in Tabaken, Kleidern, Konserven und Le¬ 
bensmitteln bestanden, beläuft sich auf mehrere tau¬ 
send Mark. Als Helfer bei seinen Räubereien be¬ 
diente sich der Kutscher eines Schulkuaben, in deffen 
Wohnung ebenfalls größere Menge» des Diebsgutes 
vorgefunden wurden. — Der um die Erschließung 
des Hochtaunus als Wandergebiet hochverdiente 
Obertelegraphenaffistent a. D. Aug. Lips ist heute 
im Alter von 83 Jahren gestorben. Der Taunus- 
8nb ehrte den verdienten ÜKomt schon vor Jahren 
durch die Erbauung des „Lipstempels" oberhalb 
Falkenstein. — Ei» junges Mädchen aus dem 
Voll Dangen sah man der nächsten Zeit ent¬ 
gegen. 
Aber merkwürdig — die Schatten des Todes, die 
das Gerkdorffche Haus bereits umschwebt hatten, 
sie zögerten, sich herabzuseuken. Ganz gegen die Be¬ 
fürchtungen der Aerzte und Pflegerinnen, die den 
Patienten schon dem Tode verfallen glaubten, schien 
sich der Zustand bessern zu wollen. 
Würde Hans-Leopolds zähe Lebenskraft den Sieg 
davontragen? 
Was sonst die Herzen aller und besonders Irm¬ 
gards Herz mit hoher Freude erfüllt haben würde 
— es erweckte jetzt schweres Bangen. 
Wie würde der .Kranke die Nachricht aufnehmen, 
daß seine Frau fort war? 
Vorläufig war allerdings die Zeft noch nicht da 
für Sorgen nach dieser Richttmq bin. Tage ver- 
chugen, in denen HanS-Leovold »och völlig bewußt¬ 
los dalag. And wieder Tage, in denen er bei hal- 
ber Bewußtlosi^ert in einer Art von Schattendasein 
dahindämmerte — die Erschöpfung nach dem zeh¬ 
renden Fieber. 
Aber der Morgen brach herein, an dem er bei 
völlig klarer Besinnung tue Angen öffnete. 
And sein erfte» Wort war: 
CH- i i* 
„-oeair: 
. Seine Pflegerinnen waren in größter B erleg en- 
fceit. Man versuchte ein paar Ausreden, Entschul¬ 
digungen — die körperliche Schwäche des Kranken 
kam ihren Bemühungen zu Hilfe. Er sank wieder 
in seinen frühere« Trauwzustand zurück, ohne fürs 
Erste nochmals nach feiner Frau zn fragen. 
Di« ganze Familie hielt eine Versammlung ab, 
um darüber zu beraten, wie man dem bedauerns¬ 
werten Stern, sobald er dauernd zur Besinnung ge¬ 
kommen fein würde, den furchtbaren Schicksolsschlag 
beibringen sollte. Niemand hatte eine Ahnung da¬ 
von, wo dir junge Frau sich mit ihrer Zofe, die 
ebenfalls fest jenem Tage verschwunden war, aus- 
hlflt. 
Die Leine warmherzige Tru i konnte sich t ' 
. AB W öteiscmftfit ^e&£3srua*. ix* Sind» ts» tatu* -ib- 
Rheinland, das Donnerstag nacht keine« Anschluß 
nach Bad-9lauhcim mehr erhielt, erkundigte sich auf 
dem Hauptbahnhofe bei einem Soldaten hach einem 
preiswerten Nachchnartier. Der „hiffsbereite" Sol¬ 
dat führte das Mädchen in die Anlagen und suchte 
es hier zu vergewaltigen, wobei er mit seinem Sei¬ 
tengewehr drohte. Als ihm das nicht gelang, entriß 
er dem Mädchen die Tasche und floh damit. Die 
1l e b e rs a l l e n e begab sich nach dem Bahnhof zu¬ 
rück und blieb im Uebernachtmigszimmer der Bahn- 
hofsmission. Hier^wurde ihr im Schlafe dann di« 
Uhr, eine zweite Tasche, der Hut und der Schirm 
gestohlen. In beiden Fällen konnten die Diebe noch 
nicht ermittelt werden. — Am Mittwoch Nachmittag 
| fanden kriegsgefangene Franzosen im Schwanhei. 
wer Walde eine Rote Kreuz-Schwester unt ausge¬ 
schnittenen Pulsaderir blutüberströmt in bewußtlo- 
sem Zustande vor. Die Schwester wurde, nachdem 
ihr von einem Schwanheimer Arzte die erste Hilfe 
zuteil geworden war, dem Städtffchen Krmlkenhäuse 
zugeführt. Hier stellte sich heraus, daß die Schwe¬ 
ster, die sich Hausmann nennt und als Hilfs¬ 
schwester beim Roten Kreuz beschäftigt sein will, 
schon am Montag Vormittag im Schwanheimer 
Walde die Tat ausgeführt und seitdem — zwei Tage 
und zwei Nächte — bewußttos am Tatort gelegen 
batte. Heber ihre Beweggründe zu der Tat verwei¬ 
gert sie jede Auskunft. 
* Kassel. Dos stellv. Generalkommando hat dem 
Nachtwächter H. Bodenbender in Niederweimar und 
dem Invalide« Wilhelm Fritz« in Rhöda <Kr. Wolf- 
Lage») für die Festnahme und Ablieferung mehrerer 
Kriegsgefangener eine Belohnung von 10 b«w. 
15 Mark gewährt. 
* Bad Wildungen. Die Zahl der hier anwesen¬ 
den Kurgäste hat mit über 5500 gegen dar Vor¬ 
jahr eine Steigerung von über 1200 Personen er¬ 
fahren. 
* Kastel-Mainz. Am Mittwoch morgen sollte fa 
Kastel ein Möbelwagen, der den Hausrat ei»« 
von auswärts zugezogenen Familie barg, auSgelade« 
und in die neue Wohnung geschafft werden. ES 
war nicht nötig. Diebe hatten in der Nacht bereits' 
die Arbeit geschafft und den größten Teil der Möbel 
gestohlen. 
* Erfurt. Eines großen Vertrauen», 
bruches machte sich die in der Handwerkskammer 
angestellte Buchhalterin Marie B. aus Erfurt 
schuldig. Sie griff ihr anvertraute Gelder a« uud 
verbrauchte sie. Die Summe der Unterschleffe be¬ 
läuft sich auf über 4000 Mark. Bor de« Schöffen¬ 
gericht versprach die Angeklagte, die ei« Eparkaflen- 
duch über 1500 Mark hat, den Schaden wieder aus¬ 
zugleichen. Sie wurde zu 3 Monaten Gefängnis 
verurteilt. _ 
Lokaler. 
Fulda. 15. Juli 1918. 
* Inhaber de» Eifer»«« Kreuzes. Dem Kelluer 
Peter Jahn, Sohn der Witwe Snsauua Jahn, 
wurde im Westen von Prinz Eitel Friedrich da« 
Eiserne Kreuz üLerreicht. Dieselbe AnSzesi^mug 
erhielten im Westen di« Gefreiten Joseph, Georg 
und Franz Schleichert, Söhne der Wttto« Rosa 
Schleichert. 
** Da» Berdienftkrenz für KriegShilfe ist dem 
Seminarlehrer Strecker und dem Führer tet 
Jugendbataillou Schreiner an der Bah« Joseph 
Dauguillier verliehen worden. 
fl Der erste Anstausch gefaugeuer Offiziere traf 
in der Nacht zum 12. Juli aus Frankreich m Sstgemj 
ein. Unter den ausgetauschten Offizieren befindet^ 
sich auch Hauptmann M. Richard Schmitt von 
hier. > 
a-ä. Miete rverein. In der Generalversannnluug, 
am Samktag wurde nach der ErgänzungSwahl de» 
Vorstände» die in der letzten Mierervetsammluug 
beschloffen« Eingabe an da» stellvertretende General¬ 
kommando de« 18. Armeekorps verlesen. Di« Bitt¬ 
schrift richtet sich bekannttich gegen die vom Han*- 
besitzerverein in deffen letzter Generalversammlung 
beschlossene» Mietssteigerunge». An die Verlesung 
der Bittschrift knüpfte sich die Mitteiluug, daß be¬ 
reit» eine Reihe Entscheidungen de» MieteinignngS» 
amteS vorlägen, die zugunsten der Mieter erfolgte«. 
Erfreulicherweise seien «ine Anzahl Mietssteigerungr«, 
teilweise sogar wesentlich, wieder reduziert worden. 
Der neugewählte Vorsitzende, Herr Studienrat 
Hübinger, bemerkte, daß viele Mieter, uamenüich 
Frauen, die mit einer Mietssteigerung bedacht 
worden seien, in große Aufregung geriete« und 
keinen Rat gewußt hätten. Die von de« stellv. 
Generalkommando» de« 1., 2. und 7. Armeekorps 
zum Schutze der Mieter erlassenen Bestimmungen 
feien freudig zu begrüßen. Die von einer MietS- 
sie:geru»g Betroffene« möchte« sich vertrauensvoll 
an da» MietSeinigungSamt oder an den Borstasd 
de» Mielerverein» wenden, welcher ihnen mit Rat 
und Lat zur Seite stehen und einen Ausgleich 
finden werde. Der Beitritt zum Mieterverei« wurde 
als sehr nützlich empfohlen. 
bewunderte und aufrichtig geliebte Beate für immer 
fort sei. Jede» Tag rannte sie zum Tor, in der Er¬ 
wartung, daß irgendwo die wohlbekannte Mauke 
Fraueugestaft austauche» würde. 
So auch heute. 
Sehnsüchtig spähte« die großen schwarzen Auge» 
die Straße eutkurg. 
Vergebens. Keine Beate. 
Dangen gewahrte sie, wie drüben, jenseits der 
Straße, auf dem Fußpfad, nach dem Thiergarten ja, 
ein Mann herangetorkelt kam. 
Jetzt blieb er stehen und beguckte sich von weitem 
die Gersdorssche Billa. Dann machte er ein paar 
Schotte auf sie zu, besann sich aber und kehrte wie¬ 
der um, woraufhin er sich auf die Bank schräg 
gegenüber fallen ließ, mit dem Gesicht mrch der 
Hanserstont zn, so daß er alles übersehe» konnte, 
Was dort ein- und ausainq. 
Die Neugierde der Leinen Trudi war geweckt. 
Was für ein unangenehmer Mensch! Es war 
Lar, er hatte es auf die Gersdorffche Mlla abge¬ 
sehen. Was er da wollte? 
Zuerst dachte Trudi daran, den Vater zu rufen. 
Wer wozu eigentlich? Der Mann dort gab ja gar 
keine Veranlassung zu irgendwelchen Besorgnissen! 
Er saß ganz ruhig da, schmauchte seine Pfeife und 
nahm dazu hte und da einen Schluck aus einer 
Schnapsvulle. Daß er sieb die Villa anguckte, konn^ 
ihm doch niemand verwehren! 
Immerhin — Trudi blieb am Tore stehen. Sie 
wollte abwarten, bis der unheimliche Mensch sich 
davon machte. 
Me sah. wie er sich nach einer Werl« schwerfällig 
von der Dank eflhob, wie er in einem großen Bogen 
auf das Haus zugetrottet kam, wie er bei ihrem 
Anblicks stutzte und dann mit komffcher GrandeM 
den schäbigen Hut zog. 
„Wünschen Sie semand zu sprechen?" fragte 
Trudi,_ sich mutig stellend, oboleicb ihr Leines Herz 
ungestüm pochte, als sie den wüsten Menschen fr 
dicht vor sich sah.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.