Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

* Der neue deutsche Gesandte bei der russischen 
Eowjetregieruno, Tr. He lfserich, ist am Freitag 
zur Mebernahme seines Amts nach Moskau abge» 
reist In seiner Begleitung befindet sich der Bot¬ 
schaftsrat Graf Bossewitz, der seinerzeit die Leiche 
des ermordeten Grafen Mirbach nach Deutschland 
»b« cführt hat. Das seinerzeit für Herrn Dr. Helfferich 
zu Vorberatung der WirtschafrSfraaen für die 
F.iadensverhandlungen eingerichtete Büro hat mit 
d» vollzogenen Friedensschlüssen im Osten seine 
ktrdetten hinsichtlich deS OstfriedenS erledigt. Die 
/Korbereitüngen der für den Friedeusschluß im Weste» 
k» Betracht kommenden wirtschaftlichen Fragen 
tollen soweit gefördert sein, daß sie in der Organi- 
f»rion zum Abschluß geführt werden können. 
* Der deutsch-ukrainischr Vertrag ratifiziert. 
Der Austausch der Ratifikationsurkunden über 
den deutsch-ukrainischen Friedensvertrag hat in 
Wien stattgefunten. Der Vertrag mit Oesterreich 
stößr dort auf Widerstand. Und dabei bemüht sich 
Oesterreich mit äußersten Kräften auf geraden und 
auf Schleichwegen, Nutzen aus der ukrainischen 
Freundschaft zu ziehen. Wir sehen gutmütig zu 
und schließen den Vertrag ab. Das Geschäft ver¬ 
stehen andere besser als wir. 
Ausland. 
** Das Kabinett Hnffarck. Ter neue österreichi- 
schs Mstnsterprsitent Freiherr von Hussarek hat 
die Minister des Kabinetts Seidler in sein Mini¬ 
sterium mir Ausnahme der beiden polnischen Mini¬ 
ster Twardowski und Cwiklinski. die nach dem 
Wunsche des Polenklubs ausscheiden sollen, über- 
nomnren. Anstelle des Unterrichtsministers Cwik¬ 
linski trist der Sektionschef Madeysky und anstelle 
des polnischen Landmannsminister Twardowsky 
der Sekuonschef im Finanzministerium Galecki. 
Das neue Ministerium erschien bereits am Freitag 
in der Sitzung des Abgeordnetenhauses. Der neue 
Ministerpräsident Dr. Max Hussarek ist auch von 
der liberalen Presse als deütschgesinnter Mann an¬ 
erkannt worden mit dem Hinzufügen fteilich, daß 
er „aber" als ehemaliger Professor des Kirchen- 
rechts in Wien kirchlichen Gedankeagängen zuneige. 
Von anderer Seite wird daraus hingewiesen, daß 
er den Christlichsozialen nabestehe. Und so kommt 
man zu dem Ergebnis, daß man die Politik des 
neuen Mannes werde abwarten müssen, eine Tak¬ 
tik. die sich gegenüber auf neue Posten berufenen 
Männern in den meisten Fällen empfiehlt. Gegen¬ 
über Hussarek wurde indes diese Vorsicht von man¬ 
chen Seiten von vornherein so weit getrieben, daß 
schon bald von einem Scheitern seiner Mission die 
Rede war. In Wien schätzt man cm dem neuen 
Ministervräsidenten seine große volitische Erfah¬ 
rung. seine taktische Gewandtheit in Verhandlungen 
und die umfangreiche Kenntnis deS Parlaments¬ 
betriebes und der politischen Persönlichkeiten, die 
er sich durch eine siebenjährige Tatigkit als Mini¬ 
ster erworben hat. 
** Annahme deS österreichischen Bndgetprovi- 
soriums. Das österreichische Abgeordnetenhaus bat 
am Freitag nach längerer Debatte in namentlicher 
Abstimmung mit 215 gegen 196 Stimme» ein 
sechsmonatiges Budgetprovisorium sowie in einfacher 
Abstimmung den Sechsmilliardenkredrt angenommen. 
Die Mehrheit, die für die Vorlage gestimmt hat, 
setzte sich zusammen aus de» Christlich-Sostalen, 
den deutsch-nationalen Parteien, den Deutsch-Radi¬ 
kalen, den Rumänen, dem Polenklub und einem 
Teil der Italiener. Das Haus hat sodann die 
Sommerferien angetreten. — Es ist dem neuen 
Ministerpräsidenten also gelungen» woran manche 
zweifelten, eine Einigung zwischen den deutschen 
Parteien und den aus Zweckmäßigkeitsgründen mit¬ 
gehenden Polen herbeizuführen. 
' Das neueste Portugal ist das des Diktators 
Pa es. Dieser hat bei der Kongreßeröfftmng er- 
flärt, er stehe auf republikanischem Boden und werde, 
treu der Entente, in größerem Umfange eine Be- 
teiligung Portugals am Kriege organisieren. Je- 
denfalls bleibt es in diesem Punkt beim — Steten. 
aus dem Nacydargevlet. 
h'. Haimbach. Bei dem kurzen aber heftigen 
Gewitter, daS am Freitag mittag über unsere 
Gegend zog, schlug der Blitz in einen Kornhaufen, 
der auf dem Felde stand. Der Kornhanfe» ging in 
Flammen auf. 
□ Großenlüder. Der Musketier Jos. Brähler 
erhielt an der Somme das Eiserne Kreuz. 
ff Bad Salzschlirf. Der Kanonier Arnold er¬ 
hielt in den Kämpfen am Kemmelberge das Eiserne 
kreuz. 
l.. Ans der Rhön. Wir erhalten folgend« Zu¬ 
schrift: Wenn wir jetzt durch die Felder gehen, 
müsien wir mit Dank aufschauen zu dem Geber der 
ö] 
2m Sanne der Schuld. 
Roman von Erich Friesen. 
Die Matrone blickte auf. 
«Einen Herrn Oberst von Gersdorf, liebes 
Fräulein." 
„O, Papa l Der ist drinnen. Da kommen Sie 
nur gleich mit." 
Und behende hüpfte sie der allen Frau voran 
ins Haus. 
Oben auf der Treppe bleib sie stehen und war¬ 
tete. 
«So! Da wären wir!" 
Neugierig blickte die Matrone in das frische, 
lustige Mädchengeficht. Danu schüttelte sie leicht 
den Kopf. 
„Sie können doch nicht Irmgard von Gersdorf 
sein, liebes Fräulein?" 
„Nein, Gott sei Dank nicht!" lachte Junzler 
Uebermut hellauf. .Ich bin nur die Trute — die 
teilte Hummel! . . . Aber nun kommen Sie her¬ 
ein! Wen soll ich melden?" 
„Mein Name tut vorerst nichts zur Sache. Ru¬ 
fen Sie bitte. Ihren Herrn Vater! Ich möchte ihn 
sprechen — aber gleich. In einer sehr wichtigen 
Angelegenheit. Es hantell sich nämlich um Frcm 
von Thorn —" 
Trudi, die schon davontrollte, blieb stehen und 
stieß einen Schrei der Ueberraschung aus. 
„Um Beate? Großer Gott! Was werden sie 
drinnen sagen! Kommen Sie nur! Rasch, rasch!" 
Und ohne jede Anmeldung, zog sie die klein«, 
zage Frau mit sich hinein ins Wohnzimmer. 
.Lieber Vater! Goldenste Mama! Denkt nur! 
Nachricht von Beate!" 
Der Oberst, der ganz vertieft in seine Zeitung 
war. sÄ-ang auf. Irmgard, die in einem Buche 
las. erschrak so sehr, daß das Buch ihrer Hand ent¬ 
glitt und zu Boten fiel. Und Frau Malwine. die. 
wie zumeist, über eine feine Handarbeit gebeugt 
saß, rief mit vor Erwartung bebender Stimme: 
V «Beate lebt?" 
guten Gaben, der uns bis hierher unser tägliches 
Brot gegeben. Roggen und Weizen stehen nun gut, 
auch die Sommerfrucht hat sich nach öfterem Regen 
noch gut entwickelt. ES sei nun auf einen Hebel« 
stand hingewiesen, der, wenn es nicht die größte 
Not erfordert, unterbleiben sollte. In de» letzten 
fahren sah man an manchen Orte», daß die Frucht, 
die kaum reif abgemacht wurde, um gar bald zur 
Dreschmaschine zu komnzen. Da die Körner davon 
dann noch sehr weich sind, trocknen sie sehr zu- 
sammeu, und werde» nicht wie die von ausgereifien 
glatt, sondern ganz schrumpfig. Am meiste« leidet 
aber daS Mark im Korn, welches doch der Haupr- 
eil für Mehl und auch für Saatfrucht ist. Wenn 
doch der Landmonn schon 10 Monate warten muß 
bis zur Ernte, warum soll er nicht das Getreide 
noch 8 bis 10 Tage draußen lasten, damit der Stoff 
ans dem Halm sich auf die Lehren, bezw. Körner 
übertragen kann; denn gerade hierdurch werden die 
Körner fest, mehlreich, mablfähig und lagerfäbig. 
Auch zur Saat sind solche Körner bedeutend besser 
und keimfähiger. Deshalb die Bitte: Laßt das Ge 
treibe etliche Tag« draußen ttocknen, «in jeder hat 
selbst d n Nutzen davon und hilft dem Baterlande. 
O Gelnhausen. Im benachbarten Huckeiheim 
goß die 17 Jahre alte Landwirtstochter Katharina 
RieS Petroleum in da» Herdfeuer, wodurch eine 
Explosion entstand. AlSbald glich das Mädchen 
einer Feueriäule. An den Folgen der erlittenen 
Brandwunde« ist es geswrbe«. 
G) Hauern. Die Stadtverordneten haben be¬ 
schlossen, den Kriegerfrauen vom 1. Juli d. I. ab 
eine Teuerungszulage von 10 Mk. und 5 Mk, 
für jedes Kind monatlich zu bewilligen. Hierdurch 
erwächst der Stadt eine Mehrausgabe von jährlich 
367 200 Mk. — Den städtische» nichtständigen B ü r o- 
hilfsarbeiternundden nichtständigen Arbeitern 
wurde eine weitere zehnprozenrige Teuerungszulage 
bewilligt. 
* Hann.»Münden. Ein verwegener Einbruchs- 
diebstahl wurde in der Wohnung deS Architekten 
Kraft verübt. Die Diebe drangen erst in in die 
Speisekammer ein, too sie sich gütlich taten, dann 
erbrachen sie den Schreibtisch, in dem sie 250 Mark 
fanden und den Schlüssel zum Kassenschrank, 
aus dem sie lausend Mark entwendeten. Auch 
Kleidungsstücke und Wäsche haben sie mitgenommen. 
* Kassel. Der wegen Diebstahls verhaftete Arbeiter 
B. aus Niedervellmar sollte zum Verhandlungs¬ 
termin vocgeführt werden. Auf dem Flur des Justiz- 
paloster entwich B. in Riesen prüngen. Nach¬ 
mittag- gelang eS einem Schutzmann, den Flüchtling 
in der Nähe des Phil'ppinenhofeS nach einer auf¬ 
regenden Hetzjagd wieder zu verkästen. 
* Stadtilm. Bei Geilsdorf waren zwei Unbe¬ 
kannte in das Gehöft des Landwir-s Schrick«! in 
Göfletborn eingetreten und stahlen eine Gans. Ein 
französischer Kriegsgefangener bemerkte den 
Diebstahl und eilte den Dieben nach, um ihnen das 
gestohlene Gur wieder abzunehmen. In der Nähe 
des ehemalige« Behchanschen Teiches angekommen, 
s ch o s se n die beiden Schurken den G- langenen nieder. 
gn. Gieße«. Aus einem Abteil vierier Klasse 
des Frühzuges nach Fulda stürzte während der 
Fahrt der neunjährige Sohn der Botenfrau Dern- 
grs auf den Bahnkörper. Das Kind war auf der 
Stelle tot. Das Unglück wurde dadurch herbeize, 
sühtt. daß durch bas Gedränge im mehr als über¬ 
füllten Ableil der Junge gegen die Tür gedrückt 
wurde, sodaß diese äufflog. 
hd. Herdorf. Auf der Sttecke KölwGttßen 
entgleisten oberhalb der hiesigen Station meh¬ 
rere Wagen eines GüterzugeS. Menschenleben ka¬ 
men nicht zu Schaden, doch ist der Materialschaden 
bedeutend. 
* Wiesbaden. In Bierstadt wurde ein Mann 
beim Kartoffeldiebstahl erwischt. Er konnte 
nickt einmal Hunger als MilderungSqrund anführen, 
sondern nur die Sucht zu rauchen war Schuld 
daran. Die Karwffeln sollten al« Tauschobjekt gegen 
Zigaretten »ach Wiesbaden gebracht werden. 
SvsGberWen u.i>enhess.aemtern. 
0 Fritzlar. Der Gefreite Wilhelm Schemann 
seither iger Geschäftsführer im Hotel Raegel, wurde 
zum Unteroffizier befördert. 
Lokales. 
Fulda. 27. Jul- ! iS. 
<b Inhaber des Eisernen Kreuzes. Herr Divi- 
siouspfarrer W«lh. Pfeifer, früher Sradttaplan, 
wurde in den letzten schweren Kampfe» mit dem 
Eiseinen Kreuz erster Klaffe ausgezeichnet. 
(*) Cinennung. Ter Zahnarzt Franz H o h m a »n 
wuroe auf dem weglichea Kriegsschauplatz zum Felü- 
zahnarzt einer Division ernannt. 
Ein verlegener, fast peinvoller Ausdruck legte 
sich auf die fahlen Züge der kleinen Frau. 
„Sa. Frau von Thorn lebt!" 
„Gott sei Dank! Wo ist sie?" drängte der 
Oberst. 
„Bei mir im Hause." 
„Ulrd Sie sind — ? Ihr Name —?" 
„Frau — WaMewska!" 
,D>i« Mutter der verstorbenen —" ^ 
„Marias Mutter!" vollendete die Matrone hasttg. 
„Bitte, ftagen Sie mich jetzt nichts mehr. Lassen 
Sie mich Ihnen alles erzählen — der Reihe nach! 
Dazu habe ich die weite Reise von Nagusa hierher 
unternommen." 
Sie atmete ein paarmal schwer auf. Tann fuhr 
sie, den ihr angebotenen Stuhl sc^veigend zurück- 
weisend, mtt mühsam erkämpfter Ruhe fort: 
„Meine Tochter ist nicht tot, wie Sie glaubten. 
Sie lebt. Wie das alles kam, werten Sie sogleich 
hören. Ich bin hier im Aufträge meiner Tochter. 
Ich wäre schon früher gekommen; aber meine Toch¬ 
ter war krank — schwerer Nervenchock nach all der 
ausgestandenen Angst. Ich durste sie nicht allein 
lassen. Jetzt aber gebt es wieder besser. Und nun 
sollen Sie alles erfahren!" 
Traurig ließ sie ihre Augen im Kreise umher« 
schweifen, in der Erwartung, überall feindseligen, 
verächtlichen Blicken zu begegnen. ES hatte ihr 
ihre Aufgabe erleichtert. Die wohlwollende Gute, 
die ihr aus aller Augen erttgegenleuchtete, mackste 
sie unruhig, verlegen. 
Hatte man wirklich noch gar keine Ahnung von 
der Wahrhett? Und Marja hatte ihr doch gesagt, 
daß das öftere Fräulein von Gersdorf — — 
„Wollen Sie nicht Platz nehmen? Sic müsien 
doch müde sein!" bat Frau Malwine mft einladen¬ 
der Handbewegung. Sie haben eine weite Steife 
hinter sich — brauchen Stärkung. Trudi, mein 
Kind, bring Wein!" 
Doch die alte Dame hiett das junge Mädchen, 
das sofort davorreilen wollte, zurück. 
* Di« Frage der Entlastung des Jahrgangs 1870. 
Awtkich wird gemeldet: Die Entlassung auch nur 
«Meck Teils des Jahrgangs 1870 wird aus mili¬ 
tärische» Gründen in absehbarer Zeit nicht möglich 
sei». 
— Defitzwcchsel. Das A. Henkel'sche Grundstück 
Karlstraße 11 hierseAit, in dem sich der Krnemaro- 
groph «Germania" befand, ist käuflich in den Besitz 
des Keus«anns Joseph Zahner dahier übergegangen. 
Der Kaufpreis beträgt 40,000 Mark. 
ob. Ein geriebner Schwindler treibt sich seit 
einiger Zeit in unserer Stadt herum. Er gibt sich 
als mittellosen Kriegs.eilnehmer aus, um so bcsser 
seine Betrügereien ausführen zu können und das 
Mitleid zu erwecken. Bei einer Familie in der 
Heinrichstraße wurde er bestens bewirtet und ihm 
zudem, da er ohne jede Barschaft zu sein vorgab, 
eine Fahrkarte nach Leipzig aus Erjparniffen der 
Familien - Angehörigen am Bahnhof eingeyändigt. 
Der «Kriegsteilnehmer" trat aber die Reise gar 
nicht an, sondern wurde am andern Tage wieder 
hier gesehen. Die Fahrkarte wird er wohk wieder 
verkauft haben. Es ist anzunehmen, daß der Gauner 
seine Betrügereien forrsetzt und es sei deshalb vor 
ihm gewarnt; Vorkommendenfalls setze man die 
Pol'zer in Kenntnis. 
F. Der Kornschnitt hat in unserem Kreise viel¬ 
fach schon begonnen. Der Ertrag der Kornernte 
wird sowohl hinsichtlich der Stroh- als auch der 
Körnermenge als gut bezeichnet. Leider verzögert 
da» Regenweeter daS völlige Reifen und die Ein- 
bringung der Brotftucht. Auch Weizen und Hafer 
sind fast schnittreif und stehen im allgemeinen recht 
gut. Di« jetzige feuchte Witterung kommt de» Knollen¬ 
gewächsen sehr zu statten. 
* Kriegsgefangene in der Landwirtschaft. Amt¬ 
lich wird bekanntgegeben: Aus Grund der Berner 
Vereinbarungen zwrscheu der deutschen und franzö- 
fischen Regierung über den Austausch von Kriegs¬ 
gefangenen ist es notwendig, daß von de« der Land¬ 
wirtschaft gestellten Kriegsgefangen in allernächster 
Zeit eine Anzahl entzogen wird. Irgendwelche 
Ausnahme» können nicht zugestanden werden, da 
die genaue und pünktliche Durchführung des Ab¬ 
kommens erforderlich ist, wenn nicht das ganze Ab¬ 
kommen und somit die Rückkehr unserer deutschen 
Kriegsgefangenen auS Frankreich in Frage gestellt 
werden ivll. Die Lager werden den vertragschließen¬ 
den Arbeitgebern die zu entziehenden Gefangenen 
namentlich bekanntgeben. Gesuchen um Be¬ 
lastung derartiger Gefangener kann nicht entsprochen 
Weden. D»e Inspektion wir für möglichst baldigen 
Ersatz Sorge zu tragen bemühlt sein. 
vermischtes. 
* Professor Hermann Schneider, der ausgezeich¬ 
nete Historienmaler und künstlerische Leiter der 
.Fliegenden Blätiett, ist in München im Alter von 
72 Jahren ge orten. 
* Für 30 000 Mark Schokolade wurde aus dem DuiS. 
burger Hauptpostamt beschlagnahmt. 
* Hamsternde Frauen als Räuber. Zwei Frauen- 
die eine Hamsterei nach Holzminden gemacht hatten- 
haben die Gutmütigkeit einer Kriegersrau mit schweren 
Undank belohnt. In Stahle bet Holzmmden wies 
die Kriegersfrou, die Mitleid mit den schwer bela¬ 
denen Frauen halte, ihre be-den 12 und 7 Jahre 
alten Töödter an, den Frauen den Weg zu zecge», 
und den Handwagen herauszuholen. Zwei Reise¬ 
körbe und vier Säcke wurden darauf gelegt, und 
dann ging es nach dem Bahnhof Holzminden 
Die beiden kleinen Helferinnen stiegen mit in 
den Wagen ein, aus dem die beiden Frauen 
sie aber trotz ihrer Bitten nicht wieder 
herausließen. Tie Kinder schliefen schließlich vor 
Müdigkeit ein, und während t>ie;er Zeit entkleideten 
die Frauen das ältere Mädchen und putzten 
damit eine Tochter heraus, die eine der 
Frauen bei sich hatte. Auch das andere 
Mädchen mußte Schuhe und Sirürnpse hergeben. 
In Geljenkirchen angekommen, verschwanden beide 
Frauen und ließen die Kinder weinend und 
hungernd am Bahnhof stehen, deren sich schließlich 
oie Bahnhofsmijsion erbarmte, die sie ihren Eltern 
zurücksandle. . 
Wer kommt mit? 
DaS Ergebnis der Luderrdorffspeude wird allem An¬ 
schein nach in unserer Siadi kein besonders erfreuliches 
werden, wenn auch von tingcincn Ereilen reichlich ge¬ 
geben worden ist, weil Du, mein lieber Mitbürger, über 
Ihre Bedeutung immer noch nicht klar zu sein scheinst. 
Stelle Dir dazu vor, oder laß es Dir von denen, 
die von draußen hereinkommen, sagen, wie es im 
Kampfgebiet aussreht, in einem Landstreifen. der bei 
einer ungeheuren Länge stellenweise eine Breite hat 
„Danke! Bleiben Sie nur! Was ich zu sagen 
habe, sollen Sie fofort erfahren. Alle zusammen... 
Es ist nichts Gutes—." 
Unwillkürlich trat Irmgard einen Schritt vor. 
Sie wußte, was jetzt kommen würde. 
„Reden Sie! Wir warten." 
Ihr Ton klang ernst, fast befehlend; ater er 
gab der armen Frau ihren gesunkenen Mut wie¬ 
der. Hasttg raffte sie sich auf. Und die Hand auf 
die Lehne des Stuhles gestützt, berichtete sie in 
schlichten, bewegten Worten, hie und da üef aufat- 
vlenü, als fühlte sie sich testest von einer Äst, den 
ganzen Sachverhalt. 
Und je weiter sie sprach, desto ruhiger wurde 
sie, desto mehr wuchs ihr Mut — der starke, unbe* 
zw ingliche, alles überwindende Mut der Mutter, 
die ihrem Kinde jedes Opfer bringt — und koste 
es selbst das Leben. 
,Jch weiß, was unsere Zukunft ist nach diesem 
offenen Bekenntnis", schloß sie mit seltsamer Stütze, 
zum erstenmal dem Obersten voll ins Gesicht 
blickend. „Aber das schreckt uns nicht. Das Ge¬ 
wissen meines armen Kindes wird erleichtert sein. 
Und das Geläute der Totenglocken, das sie gleich 
einem höllischen Spuk Tag und Nacht verfolgt, 
wird aufhören. Und ihr toter, von ihr über alles 
geliebter Gatte wird dort obckrim Himmel ihr Be¬ 
kenntnis hören und ihr verzeihen —." 
„Aber Hans-Leopold ist ja ggr nicht tot!" 
Trudi in ihrer kindlichen Naivität platzte damit 
heraus, mitten hinein in die wortlose Still«, die 
der erschütternden Erzählung gefolgt war. 
„Er — ist nicht — tot?" schrie Frau Wasfilewska 
auf. „Er ist nicht tot?" 
Beruhigend legte der Oberst die Hand auf den 
Arm der fieberhaft erregten Frau. 
„Nein. Er licht — Gott sei Dank! Ganz wider 
Erwarten hat sich fein Zustand gebessert. Aber der 
Arzt sagt, die Angst und Sorge um seine Frau be- 
einträchtigen di« Rekonvaleszens. Er spricht den 
ganzen Tag von Beate!" -- ' " 
- (Fortsetzung folgt.) 
wie unser ganzer Kreis Fulda. Diele hundert Htzälur, 
viele von der Größe 'FüvW'Md größte» sind -derwüsteff 
manche vollkommen vom Erdboden verschwunden, da 
alles Holz, alle Steine für die Karnpfhandlmnz ver. 
brauchr worden sind. Und wie siebt es bin uns 'dagegen 
aus? Sie im riefsten Frieden. Fulda liegt 2g 0 Klm, 
von unserer Grenze enifernr, genau so wen liegen auf 
der anderen Seite Rovon, Pcronne, Bapanme. Albere. 
Was würde unser Schicksal fein, wären unsren Truv- 
Pen so weit zurückgewiesen wie der Feind? 
Darum, was schuldest Du den Feldgraues Riciit 
denen, di« die Mühen des Krieges gern ertragen, irer.it 
auä) vier., fünfmal in Schmerzen geblutet herben für 
uns, auch nicht denen, die ihren Opfermur mit oem Hel« 
dentode bezahlt haben und nun in Gotr raches ober den 
Angehörigen daheim, die gewiß schwer geMÄfr find, 
die aber Pott und die Zeit wieder aufrichtm und die 
nach menschlichem Ermessen zum großenTeli ihreir 
Kummer überwinden werden. Nein, es gilt denen zu 
Helsen» die neben alledem, was wir zu nagen haben, uns 
was wir leichter ertragen können, ihre Geßnndheit ge. 
opfert haben für uns, ihre gesunden Gliedemnaßen ver¬ 
loren haben,, verurteilt sind, für das, wirs sie uns 
Gmes geran haben, bis an ihr vielleicht fesnes Lebens, 
ende als Krüppel umherzulaufen. Ihnen ßoll geholfen 
werden; nicht durch demütigenöe Geschenke^, nein, sie. 
die durch ihr Schicksal schonungslos auS dem Gleis« 
ihrer bisherigen Tätigkeit hevausgeriffen Find, sollen 
durch Belehrung und Vermittelung wieder ans den Weg 
einer gesunden Arbeit gebracht werden, die «Lein, nächst 
Gott, sie wieder aufrichten, ihnen den innevnn Halt und 
ihr Selbstvertrauen wieder geben kann. 
Zu diesem Zweck, lieber Mitbürger, stillst Du spen. 
den. Spenden? Ist das der rechte Anichrnck dafür? 
Ist das nicht vielmehr eine heilige Pflicht, eine 
Steuer, nur eine Erleichterung unseres j&üxc belaste¬ 
ten Gewissens, wenn wir nach besten Kräften geben? 
Und nicht für einen, für diesen oder jenen» für den Ge. 
suuden, für den Reichen, den Kriegsgewinnler, nein, 
für uns alle, jeder muß beipflichren, Jeder, der fern 
bleibt, lädt eine schwere Schuld auf Ith. Die Frage 
kann nur sein, wie viel gebe ich, wie hoch stelle ich mein 
Selbst ein und meinen mir erhaltenen Besitz. Was wir 
jetzt an Mangel zu leiden haben, ist und bleibt Bohl, 
ergehen und Glück gegen das Schicksal der Hundert, 
taus.nde von Unglückliche», die Hav und Gut und Hei. 
mat verloren haben. 
Darum gib, gib so viel Du kannst, u»d wenn es selbst 
nur 5 oder 10 Pfennige sind, 5 Pfennig auf jede« Ein. 
wohner der Stadt ergeben allein 1000 Mk. und toie viel 
Tausends können mehr geben ohne z« entbehren. Wir 
wollen und sollen aber entbehren; v«s entbehrt wird 
gegenüber dem armen Dtensch, dem beide Beine abge. 
schossen sind, der einen Arm verloren, den anderen nickt 
mehr gebrauchen kann, der nach schwer verheiltem Kopf, 
schuß sich nicht mehr für KörperarbeÄ bücke», nur schwer 
zur ungewohnten Denkarbeit übergckhen kann. Entbehre 
wie sie einen Monat, eine Woche renr, dann fließt das 
Geld in Strömm. Die Kriegsgetmnner sollen gewiß 
auch heran und haben in noch viel höherem Maße Pflicht 
und Gelegenheit zu geben; aber dem Weg zur SaunnÄ. 
stelle muß jeder finden. Darum meff und wer schon ge. 
geben und glaubt noch nicht das Ätßerst« getan zu ha, 
be», der gehe noch einmal. y 
Ich gehe hem noch einmal, wer kommt mit. J 
Ein Einwohner Fuldas. 
Letzte Nachrichten. 
vtb Berlin, 26. Juli. St^h ten außergewöhn¬ 
lich verlustreichen Angriffen zwischen Aisne und 
Marne hat der Feind, der hier ten erstrebten Durch¬ 
bruch trotz rücksichtslosesten Menscheneinsatzes nicht 
erringen konnte, in den besten letzten Tagen vor¬ 
läufig nur noch di« Kraft zu erfolglosen Teil«»» 
griffen gefunden. In den gestrigen Morgenstun¬ 
den grif er unter starkem Feuerschutz unsere Stel¬ 
lungen bei Dillemontoire an. — Gleichzeitig stieß 
er vergeblich gegen die nördjfich anschließende Front 
vor. Seine Bewegungen uind Berettstellungen la¬ 
gen mehrfach unter wirksarnstem deutschen Feuer. 
Bei der Aowchr im Gegenstoß brachten wir 130 
Franzosen als Gefangene chn. Auch bei Oulchy-le- 
Ehateau erneuerte der Fernd seine Bemühungen. 
Hier scheiterten seine Angriffe nach hartnäckigen 
Kämpfen unter besonders schweren Feindverlusten, 
die Gegend von Coinoy war der Schauplatz erbit¬ 
terter hin und her wogercher Teilkämpfe, in denen 
der Gegner vergeblich höbe Opfer brachte. An der 
Marne ichetterten nach LV-stündiger Arttllerievor- 
bereitung am spaten Awnnittage in der Gegend 
von Torw.ans feindliche Angriffe. Sie wurden 
bis zum Abend unvermindert heftig fortgesetzt und 
entschieden sich zu unseren Gunsten. Südwestlich 
Reims batten mehrfache feindliche Angriffe das¬ 
selbe Schicksal von Bo»lonnes. Auf das Kampf» 
feld vormarschierende Kindliche Kolonnen gerieten 
in das Schnellfeuer mfiserer Batterien, daS ihnen 
schwerste Verluste zufuxste. Auch hier blieben bei 
den Kämvfen 100 Frmzzosen in unserer Hand. Wei- 
tere 52 Gefangene wurden nördlich Bouilly einge¬ 
bracht. 
Hdp. Haag, 26. Jul- Nachdem etwa 1000 Waggons 
Frühkartoffeln wach Deutschland abgesandt 
worden sind, wurde die weitere Ausfuhr eingestellt 
w-"-en deS eigenen bringenden Bedarfs. Infolge¬ 
dessen werden auch «ickt die ganzen 80 000 Tonnen 
Steinkohlen aus Tnulschland kommen. Die all- 
aemeinen Berhandlnmaen über weiteren Warenaus¬ 
tausch werden noch, fortgesetzt. 
Mtb Kristiania, 26. Juft. Rach einem Londoner 
Sondertelegramm an ,Aftonposteu" und ,TidenS 
Teg«'greift der Str-eik der Munition» arbeiten 
in aanz England Eglich immer mehr um sich. Er 
umfaßte gestern bereits wber 150000 Mann, davon 
allein in Birmingham 80000, in Coventry 12000-, 
und in Manchester 10000. 
ÄU5z»g aur dem Ztanderamtr-Regifter 
de» Kömiql. Standesamte» Fulda. 
Sterbefälle in der Zeit vom 19. bis 26. Juli 1818. 
17. Juli: Margareta Helena Braun, 10 I. 10 M. 
- T. 19. Josewh Klöhr. 10 M. 2 T. 19. Försters. 
Wttwe Emma SZernharvi geb. Dötzold, 66 I 8 M. 7 T. 
21 Franz Etzel, 2 I. 3 M. 23 T. 2!. Anna Sckwab. 
24 I KM. 24 T. 23. Privatin Amalia Dadreux, 77 I. 
11 M 8 T. 23. Schreiner Eduard Ruppe!, 31 I. 10 M. 
22 T. 
Zum Eintrag gekommen« Sterbefälle ortLanSehöriger 
• Krieger. 
1 Juni 1918: Gefreiter Joseph Karl Alexander 
Kramer, Metzger, 28 I. 11 M. 23 T. 28. Mai 1818: 
Gardist Karl Franz Trapp, Maschinensetzer, 21 I. 2 M. 
12 T. ___ 
Wettmworanssage. Sonntag, 28. Juli 1918. 
Veränderlich, 'pater aufklärend, kühl. 
Ar«S de« Berluftlifte«. 
Gefr. Paul Beck, «assel. gef. Gefr. WilhDecker, 
Srotzenind«, sch. v. Eduard EH I, Xafiel-weblbeiden. 
sch. v. Gefr. Jos. F l a d u u g. Crairbach, l. v. Karl 
Fürst, Bfcbet, gef. Karl Gutermuth. valherda. gef. 
Utffz. Jotz Hoh mann, Snsenau. l. v. ^.eop. Köhl, 
vad gef. Gefr. Franz Lehmann. Hilders, 
l. v. Karl Leister, 8re-«n (Dermbach. 1 l. v. Karl 
Herm. Otto Pfaff. r-imd ch, 'ff. Gefr. Jos. Ru hl. 
verdßeiK, l ». Wuq. Scharfenberg, *«ffd, gef. 
Philipp Schmitt, Lad Saljfd)llrf, fö. t>. Stn. d. L. 
Franz Scholl, ««fiel, sch. v- Karl Seiles Schlitz, 
l. v. Kriedr. Seitz. tzaia«. sch. v.
	        
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