Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

von iuiigeaduem zurückzujuhrcu. Ter 2iuni,’tet 
erklärte, daß er nicht ohne Besorgnis in die Zn- 
lunft sehe. 
Japan baut schlecht« Schiffe. 
' wtB Rotterdam, 19. Jan. Den Blättern zufolge 
wird in einem Bericht im Japan Chronirle über dre 
schlimme Beschaffenheit der von den japanischen 
Werften in der letzten Zeit gelieferten neuen Schiffe 
geklagt. Ein Schiff von 5000 T. soll z. B. so schlecht 
gebaut sein, daß die Maschine schadhaft wurde, ehe 
das Schiff auf seiner ersten Reise seinen Bestimmungs¬ 
ort erreichte. Auch andere Mängel dieser Art sind 
bekannt geworden. Viele kaufen lieber alte Schiffe 
zu sehr lohen Preisen, als daß sie neue bauen lassen. 
Ten Rückciang in der Beschaffenheit der neugebauien 
Schiffe hält das Japan Chronic!« für eine Folge 
der günstigen Geschäftslage im Schiffbau. Tie Scblff- 
bauunternehmer wollen so viel verdienen wie mög¬ 
lich und erweitern andauernd ibre Werfien, um olle 
Bestellungen onnehmen zu können. Dagegen bleibt 
ste Zahl der gelernten Arbeit, r und Ingenieure immer 
ckeich, da der notwendige Nachwuchs fehlt. 
Die ZwangSauShebung der Neger in Westafrika. 
Bern, 19. Jan. ES ist läntzst bekannt, daß cS 
der französischen Regierung nur mit den äußersten 
Maßregeln der Zwangsaushebung noch gelingt, die 
gelichteten Bestände ihrer Kolonialtruppen vom 
Senegal zu ergänzen. Jetzt har sie ein neuer Mittel 
dafür ausfindig gemacht, indem sie den Negerabgr- 
ordneten Djagne vom Senegal zum Kommiffar 
der Republik! in Destafrika mit dem Rang« eines 
Generalgouverneurs ernannt hat mit der Aufgabe, 
Frankreich unter seinen Landslruien amtlich zu ver¬ 
treten, Zweck dieser Ernennung ist, mit Hilfe d'S 
Negerabgeordneten und durch seinen Einfluß noch 
den letzten Rest an Kanonenfutter au« den Negern 
deS Senegals herauszupressen, der sich noch mit 
Gewakmiiteln herausprcffen läßt. Djagne leitete 
seine Aufgabe auch bererrS damit ein, daß er im 
„Petit Journal" mit großen Phrahien die Pflicht 
der Seneoalneger darlegr, auch ihrerseits für die 
bedrohte Freiheit der Welt an der Seite Frankreichs 
bis zum äußersten einzntreien. 
Japan und Deutschland. 
vtb Berlin, 22. Jan. Die Stimmung in Japan 
beleuchtet deutlich die Rede des japanichen Gene¬ 
ralleutnants Tan aka, die er am 20. Mai 1917 in 
Schanghai hielt. Generalleutnant Tanaka, der 
als die rechte Hand des japanrichen Knegsministe- 
riums gilt, führte folgendes auS: 
.Für un» Japaner ist e» nicht ausreichend, den 
Heroismus der Deutschen nachzuahmen, wir 
müssen mehr tun. Wcr müssen un» sorgfältig mit der 
Prüfung der Gründe beschäftigen, die diesem Volke 
die Möglichkeit geben, so mächtig zu sein, daß e» so 
glänzend diesen furchtbaren Krieg führt, und wir müs¬ 
sen alles mö liche tun, um Deutschland in seiner kunst¬ 
vollen Organisation, seiner Einigkeit und Vaterlands¬ 
liebe nachzuahmen. Möchten die japanischen Sol- 
baten den deutschen Kämpfern nacheifern und die japa¬ 
nischen Kuli» den deutschen Arbeitern in ihrer ehrlichen 
Pflichterfüllung und Vaterlandsliebe nachahmen, möch¬ 
ten sie diesen Mustern in allem ihrem Streben folgen. 
Wir befinden unS gegenwärtig im Krreg« mit den 
Mittelmächten, aber cs wird der Tag des Frieden» 
kommen und dann wird e» die Pflicht de» japanischen 
"Volkes sein, die Hand wahrer Freundschaft den 
mächtigen Germanen enige«, en zustrecken 
Wie auch in Zukunft die Stellung Japan» gegenüber 
Deutschland bestimmt werden wird, einen Boden für 
deutschfeindliche Richtung wird e» in Japan nicht geben. 
Die deutschfreundliche Richtung hat ihre Vertreter un¬ 
ter den angesehensten Staatsmännern. 
» 
Hindenburg an die deutsche Jugend. In Paffau 
ist im Anschluß an dort gehaltene vaterländische Ju. 
gcndvorträge über .Deutschen Geist" und .Deutsche 
Disziplin" an Eeneralseldmarschall von Hindenburg 
eine kurze begeisterte Kundgebung gerichtet worden 
aus welch- folgende Antwort eingetrosfen ist: »Mit 
herzlicher Freude erfüllt mich da» Gelöbnis der Ju. 
zend PaffauS, unserem kämpfenden Geschlecht nachzu¬ 
eifern, Gehorsam gegen Gott, Landesherrn. Eltern 
und Vorgesetzte. Deutsche Disziplin und deutscher 
Geist haben unS die Riesenkraft verliehen zum Wider, 
stände gegen den übermächtigen Feind. Deutsche Ju¬ 
gend laß dir diese? deutsche Kleinod nicht rauben! 
Werve nicht international, bleib allezeit kerndeutsch. 
Preußischer Landtag. 
Abgeordnetenhaus. 
* 
Sitzung vom 22. Januar. 
Das Haus, da» seine Sitzung erst gegen 8 Uhr b«. 
gann, um den Fraktionen Zeit zu Besprechungen, na, 
mentlich zu solchen über die Wahlrechtsvorlage, zu bie- 
ten. verabschiedete zunächst die Vorlage über die V e r- 
einfüchung der Verwaltung. 
Bezüglich der V o r s ch u le n wurde der von der 
Kommission gemilderte Antrag Heh (Ztr.) angenom. 
men, der die Vorrechte der Vorschule! gegenüber den 
Gemeindeschülern bei der Aufnahme in die höheren 
Lehranstalten einschränkt. 
Liese. 
Die Geschichte einer Stiefkindes. 
8j Bon Maria Köck. 
„Möcht' wiffen, was der H/err Raimund eigen:- 
lich an dem z'nichten Ding findet!" setzt bissig die 
Schwester hinzu Der Neid steht ihr am Gesicht ge¬ 
schrieben. Sie hat seit vier Jahren eine Hoffnung«- 
lose Bekanntschaft mit einem Postunterbeamtrn. Wa¬ 
rum kann ihr nicht so ein Glück werden wie der 
jüngeren Schwester? Sie hätw gleich zugegriffen. 
Was wartet denn auf sie? Höchstens eine solche 
„G'frettheirat" (Armeleuts-Heirat), wo jeder Kreu¬ 
zer dreimal umgedreht werden muß, bevor man ihn 
ausgibt. Ihr Franz! war ja «in recht lieber Kerl, 
aber, mein Gott, was hat man von der Lieb', er 
müßt' sich halt trösten. ... 
Die zwei kleinen Schulbuben kümmern sich weni¬ 
ger um diese Angelegenheit, denn sie haben mit 
Schulgehen, Nachsitzen, Spielen und Raufen viel zu 
tun, als daß sie sich mit den Affären der „faden 
Gretl" beschäftigen könnten. 
Nach einer Woche kam Herr Raimund und sagte, 
er müsse doch Nachsehen, wie es seinem „lieben Gre- 
terl" gehe. Man sehe sie ja gar nicht mehr. 
„Bitt' nur hineinzugeh'n. Herr von Raimund, 
das Mädel ist so g'schreckt. Seit wir ihr von den 
ehrenden Msichlen. die Sie haben, erzählt haben, ist 
sie ganz weg. Misten S' halt ein biflerl Geduld 
haben mit dem Ganserl, sie iS noch so jung, aber ein 
braves, folgsam.'- Weiber! werd'n |s haben an ihr. 
das kann ich Sie versichern und fleißig! Die arbei¬ 
tet Ihnen für drei!" 
„Da« wird S' als die Frau des Fabrikanten Rai- 
mund nicht brauchen, liebe Frau Meisterin," unter¬ 
brach der Freier etwas protzig den Redefluß seiner 
künftigen Schwiegermutter. Er war ein starker, gro¬ 
ßer Adann von ungefähr vierzig Jahren. Eine dicke, 
schwere Uhrkette ruhte auf der Wölbung dez bereits 
s^hr bemerkbaren Bäuchleins, an de» fleischige» Fin¬ 
gern «ralänzteu eiv La« vrackchae Solitär?. Dichte» 
Rach Crlcdiaung flauerer Vorlagen folgte Beratung 
deS Antrages Hammer, daß die Regierung unter Zu, 
ziehung des Handwerks- und GcwerbekammertageS 
wirtschaftliche Maßnahmen vorbereite, um den Hand¬ 
werk »zwei gen die durch den Krieg schwer gelit. 
ten haben, den Wiederausba'u zu ermöglichen. 
Der Ausschuß hat beschlossen, die Regierung zu er, 
suchen, das LandeSgewerbeamt zu betrauen, an dem 
Wiederaufbau mitzuarbeiten durch Sammlung -und 
Vorbereitung von Erfahrungen. Anregungen und Bei¬ 
spielen über die Möglichkeit von Verbesserungen der 
handwerklichen Technik uni» Wirtschaft sowie de» ge¬ 
werblichen Genossenschaftswesens. '*» soll weiter da. 
hin gestrebt werden, daß die in gleiche» Richtung ein, 
setzende Fürsorge für das Handwerk seiten- de» Rei¬ 
che«. deS Staates und der Selbstverwoltungskörper 
tunlichst einheitlich geregelt und gehandhabt werden 
möge. Weiter wird eine Reihe von Einzelvorschlägen 
von der ^Kommission gemacht. 
HandelSminifter Tr. Sydow: Denn wir uns, das 
Hobe Haus und die Regierung, im Frieden zusammen¬ 
gefunden haben, um die selbständige wirtschaftliche 
Eristenz zu erbalten, io wird diese Notwendigkeit durch 
den Krieg verstärkt. Je länger der Krieg dauert, desto 
mehr scheint eS mir eir, Erfordernis von sittlicher und 
politischer Bedeutung zu sein, die wirtschaftlichen Exi. 
stanzen davor zu bewahren, daß sie in der großen 
Menge sich verlieren und versck'»oinden durch Einzie¬ 
hung der Detriebsieiler. durch Monopole an Rohstof¬ 
fen. durch Zusammenlegung der Betriebe, durch fehlende 
Arbeitsgelegenheit lind fehlende Arbeitskräfte sind 
viele Handwerker und sonstige Inhaber mittelständiger 
Betriebe genötigt worden, ihr Unternehmen mifzuge» 
den. Ek ist eine notwendige Aufgabe, diese Dxisten. 
zen nach dem Kriege wieder i e l b st S n d'i g zu ma, 
chen, insbesondere durch Beschaffung von Rohstoffen, 
Gewährung von Krediten. Beschaffung von Arbeits¬ 
aufträgen und Arbeitskräften. In der Haupffacb« be¬ 
steht zwischen den Antragstellern und der Reaierung 
llebereinstimmung. Unter.Mitwirkung de» Lande», 
gewerbeamte» wird ein zweckmäßige» Programm «ms» 
gestellt werden. sBeffall.) 
Die Beratungen über diesen Gegenstand werden 
abgebrochen. 
Ein Antrag Andre» aus Gewährung von Staat». 
Mitteln zur Beseittgnng der Hochwasserschäden 
im N a b e t a l bei Kreuznach und bei Gestemünde 
gebt an den Hm'vtausscknß. 
Mittwoch: Wohnungrgesetz und andere Vorlagen. 
Julius Buck em +. 
- Köln. 27. Jan. Der bekannte Zentrumsjour, 
nnlist und Politiker Dr. Julius Bachem ist nach 
lanaem schweren Leiden heute früh im Alter von 72 
Jahren gestorben. 
Julius Bachem, der am 2. Juli 1845 in Mül¬ 
heim a. d. Ruhr geboren wurde, studierte zuerst in 
Bonn zwei Semester neuer« Sprachen und Natur. 
Wissenschaft. dann in Berlin Jurisprudenz; 1868 trat 
er beim Kölner Landgericht als Auskulator ein: 
ging aber fast aleic^eittg als Redafteur an den da. 
maligen „Kölnischen Blättern", der späteren „Köl- 
nffchen Volkszeitung", in die Journalistik über. 
Nach der Ablegung deS Staatsexamens und der Er- 
nennung zum Advokaten am Kölner Landgericht 
wurde e« immer schwieriger, zwei Herren zu glei¬ 
cher Zeit zu dienen, und Julius Bachem entschied 
sich endqiltig für die Journalistik, denn «Wen sie 
einmal hat,'den läßt sie nicht leicht wieder loS", wie 
er selbst in seinen „Erinnerungen" sagt. In die'er 
Rückschau bekennt er auch von sich: „Gleich m der 
ersten Zeit meiner journalisticben Tättgkeit fiel m:r 
eine Aufgabe zu, welche die Hauptaufgabe meine? 
öffentlichen Wirkens geworden und geblieben rst: d,e 
Propagierung des ZentrumSgedankenS und die Ver- 
trettmg der ZentrumSvolittk. Publizistisch habe ich 
cm der Wioae der Zentrumsfraktionen gestanden 
und die Fraktionen zeitlebens auf ihren Wegen in 
den Parlamenten begleitet. Insbesondere wurden 
von mir im Jabre 1871 in einer Reihe von 
Arttkeln in der „Kölnischen Volkszeitung" eingehen¬ 
der die Gesichtspunkte entwickelt, welche für die Bil¬ 
dung des Reichstags-ZentrumS maßaebend waren". 
Bachems Mtftteiter war feit Mtte der 70er Jahre 
CardaunS; auch als Bachem Mtglied des Abgeord- 
netenhaufeS wurde, behielt er durch tägliche Einsen¬ 
dung von Arttkeln von Derliy auS mit CardaunS 
zusammen die polittsche Leitung des Blattes. 
Sckwn früh — mit 31 Jahren — war er 1876 
als Vertreter für Mülheim-Sieg-Mpperfürth in 
dos parlamentarische Leben einaetreten. Mit nach- 
halttger Beaeisteruna drang er in das Wesen Windt» 
Horst« und seiner Pplittk ein. „Wie würde Windt- 
Horst e» machen?" war für ihn, als der große Füh¬ 
rer schon lange beimgeganaen, die Frage, deren Be¬ 
antwortung so Windtborst für die publizisttsch« Ver¬ 
tretung der Zentrumspolitik wie jedenfalls auch un¬ 
mittelbar auf dem varlamentarischen Boden seine 
Nachfolge über das Grab binmrS als geisttgen Füh¬ 
rer weiterkebend erkennen ließ. 
Im Jabre 1896 Kat er auS dem öffentlichen 
Leben zurück. Seitdem bat er feine polittsche» An- 
schauunaen trat noch in der Presse vertreten. Bor 
drei Jahren schied er au« seiner Redaktionsstellung, 
die er 45 Jabre mne gehabt hatte. , » 
B. war ein außerordentlich fruchtbarer und auch 
schwierigen Lagen gewachsener Journalist, semer 
Haarundein flotter," schwarzer Schnurrbart ließen 
den Fabrikanten jedoch um einige Jahre jünger er- 
scheinen. 
Etwa« verlegen über die ihr zuteil gewordene 
kurz« Abfertigung öffnete die Frau die Zlnimertür, 
ließ Herrn Raimund eintreten und zog sich dann in 
die Küche zurück. 
Grete, welche nähend beim Fenster gesessen hattB 
stand erschrocken auf. Sie wollte etwas sagen, doch 
blieb ihr jedes Wort in der Kehle stecken. Ihr Herz 
klopfte zum Zerspringen. Aengstlich und doch neu- 
gierig schaute sie den Eintretenden an. Diesen gro- 
ßxn. noblen, reichen Herrn also sollet sie heiraten. 
Ter begehrte sie. Ein bißchen Stolz regte sich m ihr. 
Doch er rmrßte bald einem peinigenden Gefühl Platz 
machen. Ter Herr da schaute sie so eigen an. Sw 
fühlte, wie ihr dar Blut in die Wangen ftteg. Hilf«, 
suchend sah sie nach der Tür. Aber niemand kam. 
Warum ließ man sie denn so allein mft dem frem- 
den Mann? Der aber blickte sie mit unverhohlenem 
Wohlgefallen an. Er betrachtete sie mit so ruhiger 
Befriedigung wie ein Käufer einen wohlfeil erwor- 
Beiten nützlichen Gegenstand. Diese Sicherheit des 
Besitzes, die sich in der Men« des Fabrikanten aus- 
drückt, war e«. was das Mädchen — ohne daß es 
sich genau darüber Rechenschaft geben konnte — so 
aufregte. 
„Aber wer wird denn so erschrecken." begann 
Herr Raimund. Seine Stimme klang fett und un» 
fein. Er zog ei» Etui auS der Tasche und hielt eS 
ihr hi«. 
„Sa. mein Möderl, daß Du siehst, daß ich'» ernst 
und ehrlich mein'!" 
Gre^e zögerte, das Ding in die Hand zu nehmen. 
„Ra. na," lachte der Bräuttgom. ,/Kannst es 
schon nehmen. Schau nur erst hinein!" 
„Aber, Herr von Raimund," wollte da» Mäd- 
chen einwenden. , 
„Nichts da, keine Faxen — und Herr v. Rat¬ 
mund heiß ich nit für Dich, Kleine, da heiß ich ganz 
einfach HanS." » ... 
Die StinmB Raimunds tetzt ganz e—««ich. 
Zeitung war er einer der schöpferischsten und ideen¬ 
reichsten Mitarbeiter: als Lanrtagsabgeordneter und 
auch weiterhin in den großen Organisationen bei 
Zentrumspartci hat er ein Menschsnalter hindurch 
ein großes Maß praktischer politischer Arbeit gelei. 
stet. Seine Arbeitskraft aber ist auch damit noch 
nicht erschöpft worden: auch als Buchfchriftstrller 
kann Dr. Julius Bachem auf eine lange Reihe von 
Arbeite« zurückblicken und in allen diesen Büchern, 
mögen sie nun parteipolitischen Inhalts fein, oder 
aus dem Fachgebiet deS Verfasser», der Jurispru¬ 
denz, stammen, oder allerlei Einzelbeiten aus dem 
Nähkästchen eines Zentrumsjournalisten erzählen, 
erkennen wir das Wesen dieses Mannes, eine unqe. 
wohnliche Beweglichkeit deS Geistes, ein festes Hin¬ 
arbeiten auf besttmmte ihm vorschwebende Ziele. 
Und immer, mag er in der Zeitung, mag er in Bü¬ 
chern zu seinen Leiern sprechen, kommt der leichte 
Plauderton, die anspruchsloseste, schlichte Darstel- 
lunasweffe seinen Arbeiten zstatten. 
Hervorragend sind die Verdienst« Julius. Ba¬ 
chems um die GörreSgefellschast, deren Mit¬ 
begründer er war. und um dos Staatslexikon 
der Görresgesellschaft. dessen redaktionelle Leitung er 
nach dem Tode Dr. Adolf Bruders übernahm. Mit 
welchem Erfolge, beweist die Tatsache, daß dos um¬ 
fangreiche und schwierige Werk, dessen erste Auflage 
er noch zum Abschluß zu bringen hatte, inzwischen in 
drei weiteren Auflagen erscheinen konnte, deren spä- 
tere sich von der ersten ganz wesentlich unterschei¬ 
den, lmb daß es weit über die deutschen Katholiken 
und über Deutschlands Grenzen hinaus, bei Freund 
und Gegner wachsende Anerkennung gefunden bat. 
Es hat Julius Bachem auch, ebenso wie dem Vor¬ 
sitzenden der Görres-Geftllschaft, Prof. Frbr. von 
Hertling, dem heutigen deuffchen Reichskanzler, die 
Ernennung zu Ehrendoftoren der Staatswissenschaf- 
ten durch die Universität Löwen eingetragen. 
Berühmt geworden ist BacbemS Won: „Wir 
müssen ans dem Traum heraus." ES war das die 
Ueberichrift eineS im Jahre 1906 in den Münchener 
historisch-politischen Blättern erichienenen Artikels. 
Bachem betonte darin nachdrücklich den nicht konfes¬ 
sionellen Charakter, der Zentrumsvanei und regte 
zur lebendiien Mitarbeit der Katholiken auf allen 
Gebieten an; nicht Abschließung, sondern rege An¬ 
teilnahme müsse die Losung sein. Der Artikel ist hr 
seinen Einzelheiten bekanntlich lebhaft umstritten 
worden und ist der Ausgangspunkt langjähriger 
AuSiinandersehunaen gewesen. Aber auch diejenigen, 
die nicht mit Bachem einer Meinung waren, werden 
bezeugen, daß tiefinnere Uebeizeugung und uner¬ 
schütterlicher Wille, das Beste zu erstreben, der Leit¬ 
stern all' seines TunS und Lassens war, werden 
dankbar seiner großen Verdienste gedenken. 
Wie groß der poliiiich« Einfluß diese» ManneS 
gewesen ist, »u früheren Zeiten im Kölner Stadt- 
veror'neien-Kollegium, im preußischen Abgeordneten¬ 
haus, später im Landes- und ReichSausschutz der 
Zentrumspartei und in den provinziellen Organi¬ 
sationen des Rheinischen Zentrum», auf den Gene¬ 
ralversammlungen der Zentrumspresse und in ihren 
gemeinsam mit parlamentarischen Persönlichkeiten 
abeehaltenen Sitzungen, in unzähligen Spezialbera- 
tuneen über aktuelle Fragen, wie oft er unter den 
chwierigsten Verwicklungen die Lösung gesunden, die 
Entscheidung zum Guten berbeigeführt hat, daS wird 
in seinem vollen Umfange nicht sobald bekannt wer¬ 
den. Eicher ist, daß der jetzt Heimgegangene unter 
den Politischen Publizisten deS letzten halben ahr» 
Hunderts einen der allerersten Plätze eingenommen hat. 
Ueber seine letzten Tage teilt die „Köln. Vztg." 
mit: Der Lebensabend Jul. Bachem» war durch 
mancherlei köiperliche Leiden und Beschwerde« ge¬ 
trübt, und wenn er seine rührige und gewandte Feder 
auch noch bis fast zum Versagen seiner Kräfte Weiler 
führte, so war er sich über l>*~ Ernst seines Zu¬ 
standes doch nicht im Unklare«». Nachdem er Ende 
voriger Worbe durch einen seu.er geistlichen Freund, 
die Sterbesakramente empfangen, trat bald der Bex. 
fall der letzten Kräfte ein und ein sanfter Tod «t. 
löst« den hochverdienten Veteranen der Zentrum-, 
Partei und der ZentrumSpresse von allem Eiden leih. 
Sein Andenken wird allen Mitgliedern der Zen¬ 
trums, allen wahren Freunden des Vaterlandes un¬ 
vergeßlich sein. 
Deutscher Reich. 
* Berlin, 22. Jan. Der bisherige Leiter der 
RetchSkarwffelstelle RegierungSrat Dr. Arnoldi 
ist als Vortragender Rat in daS Reichsschatzamt 
eingetieten. Mit 'einer Stelle ist der Landrat 
Jung Han mit der Leitung der Reichskartoffelstelle 
beauftragt war en. 
* Der Empfang der Parteiführer durch den 
Staatssekretär v. Kühl mann, der für Dienstag 
angesetzt war, ist verschoben worden, weil sich der 
Staats,ekreiär von der Reise recht angegriffen suhlt. 
Vielleicht wird der Empfang Mittwoch stattfinden. 
Gretl hatte gehorsam das Etui geöffnet. Ein er¬ 
stauntes „Ah!" entfuhr ihren Lippen. 
„Gelt, da schaust halt!" schmunzelte Raimund. 
Jetzt klang es wieder recht gemütlich. 
„So, jetzt aber gib Dein Fingerl her und !aß 
sehen, ob Dir das Rrngerl paßt." 
In der nächsten Sekunde funkelte ein DrAant 
an dem überschlanken Goldfinger der Braut. 
DaS Mädchen war von dem raschen, zielbewuß- 
ten und sicheren Auflreten des Fabrikanten so ein- 
geschüchtert, von den Drohungen und Zurechtweisun¬ 
gen der Eltern so verängstigt, daß sie, ihrer großen 
Jugend und ihrem schwachen, unselbständigen Cha¬ 
rakter entsprechend, nun alles über sich ergehen ließ. 
Sie fühlte, wie der ftemde Herr da sie umarmte, 
stteichelte und küßte — ein kaltes Entsetzen war da. 
bei in ihrem Innern — sie hörte bald wie im 
Traum ihre Mutter hereinkommen, fühlte sich von 
ihr umarmt und geküßt, was sonst nie vorkam; der 
Vater, welcher aus der Werkstatt gehoft worden war« 
schüttelte ihr die Hand und sagte: 
„Ra, Mädel, je« schau halt dazu und halt Dich 
brav, daß D' das Glück auch verdienst." 
Er freute sich aufrichtig, der biedere Mann, das 
hörte man auS dem Ton keiner Sttmr t. 
Dann wandte er sich an seinen zukünftigen 
Schwiegersohn: 
„Werd'n schon entschuldigen, Herr Raimund, daß 
ich Ihnen nit de Hand aeb'. aber Sie sehe». Ich komm 
von der Arbeit, der Firnis rich't einen schön zu. 
Denn S' mir aber vielleicht am Sonntag die Ehr' 
geben wollten, so könnten wir gleich wegen der Ein¬ 
richtung reden." 
„Sicher komm' ich. lieber Herr Meister," sagt« 
der Fabrikant. „Mich werd'n S' jetzt recht oft da 
seh'n. Sie werd'n ja nicht» dagegen haben?" 
„O bitte," mischte sich jetzt die Meisterin ei«: 
welch« fand, daß ihr Mann schon zu viel geredet 
hatte, „es wird uns immer eine Ehr« und ein Ver¬ 
gnügen sein." 
Da» sagte sie hochdeutsch. Sie hatte er schon öfter 
gehört nnd wollte tu t zeigen, daß sie auch 2rb»'»s- 
«* Mfe L« Ätf* »>, st paöei ««»Hte.ft! *** 
/ 
* Leber Graf Hertling» Stellung wird von be¬ 
sonderer Seite dem .Bayrischen Kurier' mitgetctti, 
sie sei nach den letzten Konferenzen nicht nur voll¬ 
kommen unerscküttert, sondern noch stärker a I«, 
vorher. Herttmg habe das volle Vertrauen des 
Kaisers, der es gerade in diesen Tagen an Be¬ 
weisen dafür nicht habe fehlen lassen. 
* Eine Rrnorganisatioa de» ErnährungSstzste«» ? 
Da» KrregSernährungSamt teilt amtlich mit: Die von 
einer Nachrichtenstelle verbreitete Mitteilung, daS Kriego- 
«rnährungSamt habe einer Neugestaltung des Ernähr- 
ungSsystemk zurestimmt, welche zum Ziele hat, die bi»- 
herige Tätigkeit der kommunalen Verbände und Be¬ 
hörden durch eine genoflensck)aftllche Organisation der 
Erzeuger zu ersetzen, entspricht nicht den Tatsachen. 
Rr dt«a ist nur, daß eine von verschiedenen landwirt« 
schaftuchen Körper,chaften eingei eichte Denkschrift, dre 
diesen Plan verfolgt Ge enstand, von noch fortdauern¬ 
den Besprechungen im KriegSernährungSamt t!t. 
" Darmftadt. 22. Jan. Die hessische Zweite 
Kammer nahm nack kurzer Dehatte da» Gesetz über 
dre Erneuerung der erledigten Mandate in sechs Wahl, 
krersen einstimmig an. Die Wahlen finden Voraussicht. ' 
Irch am 26. März statt. 
* Reutlingen, 2L Jan. Bei der heutigen Reichs- 
ersatzwahl für den bisherigen Abgeordneten von 
Payer haben von 16878 LLahlberechticten 4408 Wähler 
ihre Stimmen für den Landta^Sabg. Scheef (Vpti. 
abgegeben. Ein Gegenkandidat war nicht auiaestellt. ' 
** Köln, 21. Jan. In mustergülttger nachahmens¬ 
werter Werse rst man in Köln bemüht, in diesen 
Tagen de» rnnerpolittschen Haders und de» Streite» 
über die Kricgi^iele dr« s» notwendige Geschlossenheit 
innerhalb der städtischen Bürgerschaft zu fördern. Am 
Sonntag vercrn,gten vierzehn M asse nde rsa mm, 
I ungen zu denen die christlichen Gewerkschaften, 
die katholischen und evangelischen Arbeitervereine, die 
Innungen. Beamten, und Angestellten - Vereine. 
Fraueuvereine. der Konsumentenaurschuh und konfes¬ 
sionelle Vereinigungen eingeladen hatten, alle Kreise 
der Bürgerschaft, um au» berufenem Munde die The¬ 
men Auk dem Wege zum Frieden und Volksinteressen 
beim Friedenrfchiutz erörtert zu hören. Den Zweck 
der Versammlungen erläuterte der 2. Vorsitzende deS 
Ausschusses, dxr sich zu dem Zwecke gebildet hat. Dr. 
Leo Schwerins, mit folgenden Worten: »Wir 
wollen weder einer Partei noch irgend einer Grupps 
dienen. Deshalb hcchen wir un» an die gesamte Köl¬ 
ner Bürgerschaft gewandt, ohne Unterschied de» Glau. 
benS und der Partei. Wir beabsichtigen, in periodisch 
zu veranstaltenden Versammlungen die Bevölkerung 
über di- jeweils interessierenden Fragen aufzuklären. 
Fachleute, die die Wahrheit sagen und können und 
wollen, werden namentlich über politische und Wirt-» 
schastliche Fragen sprechen, sie werden die großen 
Fragen des Krieges frei von jedem Parteistandpunkt 
behandeln. Kriegs, und Friedensziele sind nicht die 
Aufgabe unserer Veranstaltungen. Aber wir wollen 
durch unsere Darlegungen unsere Heimatarmee' 
stärken und ermutigen, die letzten harten' § 
Monate de» furchtbaren Kriege» »u ertragen, um dem 
deutschen Volke da» zu geben, wa» eS braucht^.. St!» 
erster Redner der Versammlung im Gürzenich, die wir? 
hsrauSgreifen. betonte Generalsekrrtär Sieger-' 
Wald, wa» uns der Friede sichern müsse, sei dort 
allem die politische und territoriale Unversehrtheit! 
Deutschlands, sowie sein ungehinderter und gesicherter 
Rohstoffbezug und Handelsabsatz. Die Klagen über 
mangelhafte Erfassung der Levensmittel auf deMi 
Lande, ungleichmößgr Verteilung. Schleichhandel und 
Wucher ;eien sicherlich berechttgt, und e» müsse stän. 
big weiter an einer Besserung gearbeitet werden. 
Friedensangebote seien genug gemacht. Die FrledenS- 
bereittchaft müsse unfern Gegnern an der Westfront . 
aufgezwungen werden. B!S dahin müßten weiter 
Ovfer gebracht, die Zähne aufeinandergebissen werden. ; 
Stadtverordneter Justizrat Falk schilderte die großen' 
Erfolge, die w,r im Jahre 1817. da» nach Ansicht un¬ 
serer Feinde die Entscheidung in ihrem Sinne drin, 
gen sollte, errungen hätten. Die Entscheidung sei ge. 
fallen, aber zu unseren Gunsten. Was die Gestaltung! 
unserer inneren Verhältnisse anbetreffe, so dürften dte 
Verfassungen nicht still sieben, wenn die Volker voran¬ 
schritten. Der Friede müsse dem deutschen Volke d,e 
Sicherheit bringen daß Kinder und KindeSkrnder be-. 
wahrt bleiben vor einem zweiten solchen Kriege. Er 
müsse dem deutschen Volke ferner die Sicherheit brrn» 
gen, in Ruhe s-in-r Hände Arbeit zu genießen, frei 
zu sein in der Heimat, guck auf dem Meere «nd über 
See Oberbürgermeister Adenauer führte u. a. 
au,: Wir haben die Furchtbarkeit des Krieges ver. 
g-ssen weil wir vrS daran gewöhnt haben. Wir ha- 
den vergessen, daß Deutschland zertrümmert unser 
WirtschastSleben vernichtet, daß unsere Kinder und 
KindeSkinder in harter Fron unsren Feinde« ttrhut. 
pffichttg werden sollten. Sonst wäre -ine solche Zer- 
k'üktuna Unsere» S'rkkr» wie wir sie leider in dieser 
Feit sehen, nicht möglich. Wir dürfen a!ber nicht ver. 
geflen. daß unsere Friedensangebote mit Hohn zuruck« 
gewiesen sind Wir dürfen nickt vergessen, daß im 
Westen Millionen von Weißen. Sckwarzen und Gel¬ 
len st-hcn. darauf brennend, in unser Land zu brtn- 
gen und unter« Flure,, und Städie zu verwüste«., 
Unsere Unrinigkeit verlänaerl den 
Krieg, sic allein hält im Feinde noch dre Hoftnongj 
aufrecht un» doch noch schließlich zu bezwingen. Da. 
rum fort mit allem, wa» un» trennt? Fort auch mit 
dem innerpolitischen Hader. Fort auch mit dem 
Streit über die Friedensziel«! Der Feind ist noch 
nicht reif für Kn Friedensgedanken. Der Weg zum. 
Frieden geht nnr über den Sieg. 
dingS so komisch auS, daß Herr Raimund am liebsten 
empM sich bald, recht befriedigt von dem Er- 
qebnis seine» Besuches. Ein recht liebes Madel, btefe 
Gretl. Schüchtern, bescheiden und anspruchslos. So 
was brauchte er. Eine Frau muß nun endlich mal 
ins Haus, daß die Dienstbotenwirtschaft einmal ein 
End« hat. Bon allen Seiten wird so ein reicher 
Junaaeselle bestohlen. Ein« reiche, schone Frau aber, 
die mW wieder zu viel Ansprüche, die braucht für 
sich allein ein Paar Dienstboten. Da käme er vom 
Regen in di« Traufe. Und eine solche, die^großr 
Kapitalien mitbringt, die möchte er schon auch des¬ 
halb nicht, weil sie vielleicht darauf pochen wurde 
und herrschlüchttg wäre. 
Nein, da» wäre nicht». Herr im Hg«» ist Und 
bleibt er allein. Ein fügsame», demütiges Derb 
braucht er. Und das wird die Gretl sein. Hat sie 
sich ihm nicht gleich heute folgsam gezeigt? Beim 
Fortgehen hatte sie.ihm die Hand gegeben und ge- 
sagft „Adieu Herr — adieu — Hans!" Schwer kam 
«S ihr an. das hörte er. aber sie sagte es doch — weil 
er e- wollte. Er kam nun jgden Tag und sck'aute ihr 
stet- mit wohlgefälligem Schmunzeln zu. wie sie au 
ihrer Ausstattung nähte. 
Cie saß dann immer tief gebeugt über die Arbeit' 
die sonst so bleichen Van;ie>> geröiet, dir Augen säst 
immer ans die Näherei gerichtet, so daß die grün¬ 
lichen Sterne, die wir Bergsern anSiahen. so tief 
«nd unergründlich, von den langen, schwarzen Wim. 
pern fast aan, bedeckt waren. Der Bräniiaam las, 
stundenlang daneben 'tnd mühte sich, ein Gek-.näch ii- 
Gang zu bringen, doch »r batte nicht nie! Glück da- 
mit, denn Grete war meist schweigsam od> k anrwov 
tete nnr furj auf seine Froff-n. 
„Bist ein scheue« Haseri." sagte Herr Ratm»^ 
dann zärtlich und itreicdelt» di» ich! mrze» 'wwereu 
Flechten die da« unbedeutend, «,sick rchen »miahm. 
ten. „Saß ged «. Du wirst Dick Ubom g'wSH«^. tu 
mich und soll Dir nix «dgehe, bei Mi, " 
®rett lächelte dann rh wenig «nd vayt» «btcv 
irfc* HM •"* 'h^en ftomaam.
	        
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