I
tfiruönon in ruhiaen Bahnen bewegte. Die Vorhand-
Zungen in Brest'Liwwsk wurden sehr eingehend er-
Hrtert. Die Be Prechung die fast volle drei Stunden
lauerte, war immer vertraulich. Es dürfte sich in-
»essen laut „Berl. Tageblatt" im wesentlichen um
)ie Informationen der Fraktionsfüh>er über die
Kanzlerrede im Hauptousschuß >owie um die Eiörte-
rung der Kriegszielfraaen, insbe ondere auch der Ost¬
sragen und der Vorgänge in Oesterreich gebandelt
haben.. Der Reichskanzler, bessert Teilnahme an»
• gekündigt woiden war, war nntrworteterwiile nicht
erschienen. Die „Voisische Zeitung" meldet noch:
Es war auch wie bisher der Führer der unabhängigen
Sozialdemokraten Aba. Haase erschienen.
Beim Reichskanzler fand Tiensiag abend eine
Konferenz statt, an der auch Generalseldmor'chall
von Hindenburg und General Ludendorff teil»
nahmen.
Oer Mn m Waten
Vor dem Entscheidungskampf.
.Zürich, 24. Jan. „Secolo" meldet aus Paris:
Die bevorstehenden Frühjahrskämpfe werde,
auch in Frankreich all'em in als Entscheidunas-
kä mpfe betrachtet. Masseneinberufungen erfolgten.
Mehr als 400 000 Franzosen aus der Industrie und
den Kriegsbetrieben sind eingewgen. Fast olle Re¬
klamationen sind aufgehoben. Clemenceau versicherte
den Abgeoidneten, daß Frankreich entichlossen sei,
den Krieg unter allen Umständen zu Ende zu bringen.
Englisch-französische Truppenverili melzung?
Genf, 24. Jan. Der Pariser „Jntranstaeant"
glaubt, dem französischen Publikum ernstlich die Durch¬
führung der Einheitsfront onzeigen zu können;
er macht darauf aufmerksam, daß der engliscke Tage»,
bericht von einem Zusammenstoß zwischen Engländern
Und Deutschen im Südwesten von St. Quentin
spricht, wo bisher nur französische Truppen standen,
gleichzeitig spricht der französische Taesbericit von
einem deutsch-französischen Zusammensioh an der bel¬
gischen Küste, wo bisher nur en lische Truppen in
den Schützengräben laeen. Es sei noch mtt eitmiM,
bie Gründe dieser Neuerscheinung zu nennen, dürfe
man die Frage stellen, ob es sich nicht endlich um die
langerstrebte «Ve. schmelzun i* der Truppen handle.
Dir bevorstehende Berbandskvnserenz.
In der kommenden Woche werden voraussichtlich
die Ministerpräsidenten uud die Kriegsminister des
Verbandes in Paris Zusammentreffen. ES werden
nkkch englischen Blättermeldun en im. Vorder runde
stehen die Ereignisse in Rußland, daS Eingreifen der
Vereinigten Staaten, die Ausarbeitung eine» einheit¬
lichen Friedenspro ramms, die Sicherung der Lebens,
mitteiversor uni und die Vorbereitung der Wiederauf¬
nahme der militärischen Unternehmuneen im Friihjahr.
Es komme jedoch dieser Konferenz keine besondere Be¬
deutung zu.
Politische Streiks In Frankreich.
Bern, 23. Januar. Am 16. d. M. sind in Lyon
und St. E ti e n n e gleichzeitig revolutionäre Aufstande
ausgebrochen. Sie hatten ihren Ursprung in Arbeiter,
ausständen, die aber bald einen politischen Charakter
annahmen. Die Streikenden. zogen durch die Strotze
und verlangten den Frieden, In Lyon kam
es zu blutigen Zusammenstößen vor dem Rat-
hause, wo die Bevölkerung die Behörden belagert hielt.
Sie verlangte von ihnen billigere Lebensmittel. In
Etienne (Departement de l'Jsere) waren die AuSschrei.
tungcn noch ernsterer Natur. Die Bevölkerung Plün¬
derte die Läden und verschiedene Villen von Großindu¬
striellen. Obwohl man den Streikenden Lohnnuibesse.
rungen versprach, waren sie nicht damit zufrieden und
oerblieben im Ausstand. Am Freitag kam es ,u hefti-
grn Barikadenkömpfen.
Gegen die Republik.
Der französische Minister-Präsident Clemenceau
bat des Mine! gefunden, das nach «einer Meinung
für der KrieaSrest den Veriretein Frankreichs und
damit dem Lande selbst seinen Willen aiifzwingen
soll. Dieses Mittel ist die Angst vor einem Zu am-
menbruch der Republik und vor der Proklamation
des Prinzen Louis Napoleon, der bis zum Kriege
in Brüssel lebte (er ist mit der P inzessin Clemen¬
tine von Belgten verheiratet) und 'eikdem sich in
England oufdält, zum Kaiser. Ist diese bonaparti-
s ische Gefahr für die französisch? Republik so groß?
Sie ist augenscheinlich größer geworden als zuvor,
denn dre» Kriegsunlust^ der Bevölkerung ist keine
Phraie, und alle Beriröstungen mit amerikanischer
Hilfe können die Empfindung des Grauens vor den
furchtbaren Blu opfern, die doch keinen Eifolg Vor¬
sprechen, nicht mindern. Und die Armee 'pricht
wenig sympathisch von den englischen Bundesgenossen
und von dem eitlen Präsidenten Poincarä und von
der Advokaien-Reaieruna in Paris.
. . ..—■——MB——
Unpolitische Seitlänse.
A- Berlin, 23. Januar 1918.
(Nachdruck verbaten.)
Deutsches Familien fest am 27. Januar:
Geburtstag des Landesvaters.
Eine riesige Familie von 70 Millionen Angehöriger.
Die können ihr? 140 Millionen Füße nicht alle unter
einen Tisch streiken, aber wenn sich die Masse auch ver¬
teilt auf das weite deutsche Reich und in feldgrau auf
die weiten besetzten Gebiete-, an dvesem Gedenktage
herrscht doch die höhere Einheit:
70 Millionen Seelen und ein Gedankt
70 Millionen Herzen und ein Schlag:
Heil, Kaiser, dir!
In der Gesinnung steckt eS. dis Herzlichkeit macht
iS. So wird es eine richtige Familienfeier. Die
äußerlichen Festlichkeiten leiden unter den KriegS-
vcrhältniffcn; jetzt schon zum Viertenmal. Das'ist
Nebensache. Der Geist ist es, der lebendig und selig
Macht: der Familiengeist in der ganzen Nation. Kind¬
liche Liebe, brüderliche Eintracht, felsenfeste Treue auf
Leben und Tod!
Der Krieg hämmert auf unS: die Schläge bringen
diel Ach und Weh, aber sie schmieden auch etivaS
Gutes und Schönes. Wer es vorher noch nicht recht
gewußt und gefühlt hat, der svürt es heute im Kopf
und im Herzen: wir gehören alle -uisammen, verbunden
in Gemeinbürgerschaft mir Gedeih und Verderb, die
großen und die kleinen, die gelehrten und die einfäl¬
tigen, die reichen und die armen, die kämpfenden und
die arbeitenden Volksmasien; wir bilden eine Fa.
milie, von derem Schicksal unser Wohl und Webe ob¬
hängt. Der erhabene Kaiser und der kleinste Mann
aus dem Volke, — die wirken in derselben Werkstatt,
die ringen mit demselben Feind, die ziehen an demsel¬
ben Strange eines ehrenvollen und gedeihlichen Frie¬
dens. ,
STm warmen Herde dieser deutschen Familie herrscht
echte und rechte Demokratie. Wo man diese? Schlag¬
wort protzig im Munde führt, da müssen Präsident oder
Minister ihre Diktatur und Zwanasmaßregeln stützen
In der deutschen Familie ergibt sich die heilsame Ord¬
nung von selbst. Fre, ist der Mann, der nach seinem
eigenen Gewissen handelt. Unser eigenes Gewissen treibt
unS zum Anschluß an den nationalen Herd, zur Ein¬
fügung in die deutsche Hausordnung, zur g-s'imden Fa-
milicnzucht. Damit ist der Einklang von Freiheit und
Ordnung von selbst gegeben.
Wer hat zur Belebung des Familiensinn? am mei¬
sten beigetragen? Der Kaiser selbst, als er: in ben
Schicksalstagen zu Beginn des .Krieges da« einfach«
und klare War. sprach: „Ich kenne keine Parteien
mehr: ich kemir nur DeutscheI DaS Wert hatte viel
DaS alles bedeutet wohl noch nicht, daß eine
Umwälzung der französischen Sioarsform in Sicht
ist, aber es gibt Clemenceau die Handhabe, den Ab-
geordneten zu Gemüte zu führen, daß die Republik
Frankreich nicht allein um den Sie«, sondern auch
um die Existenz kämpft. Das soll für die Gegen-
wart die M irisier - Krisen ausschließen. Aber das
tollwüli e Weite, verharren im Kiiege befestigt die
Grundlagen der Republik stcber nicht, die ohnehin
le nen Relpekt nieir >m fron mischen Volke -u ver¬
lieren hat. Es ist eine Art Verzweiflungs-Kampf,
in dem Eng'ands erster Verbündeter sich befindet.
Es können Uebriraschungen folgen, die Clemenceau
selbst nicht für möglich gehalten hat.
Tie Iren fordern Selbständigkeit.
Die Sinn Feiner-Partei will die Frage der
UnabhänaigkettJ'rland« einer V o IkS abst i m m u ri g
unterwerfen, an der alle Irländer über 18 Jah,'e
teilnehmen tollen. Malieranschläge in ganz Irland
verkündeien den Beschluß der Sinn Feiner Paitet,
dem Jrenvolke eine Petit on zu unterbreiten, die
von allen Nationen der Welt verlangt, daß bei der
Zu ammenkunft zur Erneuerung Europas nach dem
Kriege Irland wieder zum unabhängigen Sraale
xemacht werde.
Oimtontf.
Russischer Bürgerkrieg.
Die von den Maximalisten in Petersburg an
läßlich der Auslösung der Nationalversammlung be
süichieien Verjüche zur Gegenrevolution haben an
ichunend die Macht der Räieregierung nicht beein
flussen können, weil ihre Kräfte zu gering waren
Die Macht der Maximalisten wird auch weiierhin
davon obhängen, ob sie sich auf die Petersburger
Gaini on verlassen können oder ob die Nationalver
sammlung sich anderswo eröffnet und größeren An>
bang bei den Truppen finden. In Petersburg be-
findet sich noch e,ne Garnison von enva 200 000
auf das wildeste hausenden Soldaten, die sich Ans-
ichreiiungen jeglicher Art zuschulden kommen lassen,
aber wie lange sie zu der aiigenblicklichen Regierung
halten werden, ist durchaus zweifelhaft.
Tie Kämpfe im Inneren Rußlands nehmen
ihren Forluang. Zum Oberbefehlshaber an der
inneren Front, d. h. in den Kampfgebieten gegen
die Ukraine, >m Tongebiet ufw. ist vom Rat der
Volkskommissare derMatro' e (!) Dubenko ernannt
worden, der in elfter Linle die Operationen gegen
Kaledin leiden soll.
An der Front dauern di« Kämpfe zwischen den
Ukrainern und den Max malisten an. Lie rmsiche
achte Armee beabsichtigt die Front zu ver¬
lassen. Drei Armeekoi ps der neunten Armee werden
sich wahrscheinlich antchließen. Die Ukrainer suchen
daS zu verhindern, aber die großrussi'chen Truppen
beai sichtige» sich zur Verfügung der Charkower Re
gieruug durchziiscblagen. Hinter der Front mehren
sich die blutigen Zusammenstöße, und weitere sind
zu erwarten.
Schließlich set noch bemerkt, daß beiTaganroy
Kämpfe zwischen den Kuban- und Don-Kosaken
stat,fanden, in denen die Kuban-Kosaken den Sieg
davongetiaqen haben wollen.
Jedenfalls geht aus diesen Nachrichten deutlich
Hervar, daß die Zustände in der russischen Arme"
deren fernere» Auftreten im Weltkrieg nicht mehr
möglich e, scheinen lassen.
Eine russische Armee van ven Rumäne«
geschlagen.
Die Kämpfe zwischen Ruflen und Rumänen
hoben bei Galay größeren Umfang angenommen.
Nach für die Russen unglücktichen Auseang traten
3200 Mann mit 22 Geschützen, 61 Munitionswagen,
53 Feldküchen und ltzO anderen Fahrzeugen und
1200 P erden auf ur. ier Gebiet über.
Benierkensweit ist die Nachricht, daß rumänische
Truppen auch in Befparabien einrückten und
bei Kischinew zum Kampf kamen. Eie wur¬
den geichlagen und verloren Gefangene. Man ist
der Ansicht, daß Rumänien beabsichtigte, sich Beßa-
robiens, daS eS bekanntlich nach dem russisch-tür¬
kischen Feldzüge ablreten mußte, wieder zu bemäch¬
tigen.
Straßenkampf in Petersburg.
Paris, 24. Jan. Nach einer Depesche der Lon¬
doner Blätter aus Petersburg wütet in den
Straßen von Petersburg feit zwei Tagen eine
S m l a ch t.
in sich und brachte eine gewaltige Wirkung hervor. „Alle
Landeskinder sind mir gleich lieb und wert, auch die
lebhaften Jungen, die manchmal gepoltert haben. Wir
Machen einen dicken Strich durch die vergangenen Streiche
und Zlvistigkeiten. Jetzt heißt e»: alle für einen und
einer für alle. Jetzt sammelt die Familie ihre sämt-
lickien Glieder zu der Kraftprobe um Sein oder Nicht,
sein. Jetzt müssen wir allzumal siegen oder untcr-
iehenl"
Und die Familie hat sich gesammelt, sie hat drei
lange Jahre hindurch mit vereinten Kräften gerungen,
sie hat schwere» überstanden und herrliche Erfolge er¬
reicht, sie hat sich gegen eine ganze Welt von Feinden
siegreich behauptet und steht setzt im Begriffe, mit der
lebten Kraftanstreugung die Frucht einzuernten. DaS
Erntefest, das Friedensfest können wir augenblicklich
noch nicht begehen: aber etwa» Vorgeschmack davon kön.
nen wir un» setzt schon leisten an dem Geburtstage de»
Familienoberhauptes. da» un» durch Drang und Not
immer vorwärt» geführt bat. bereit» bi» an die Grenze
de» gelobten Friedenslande».
„Arbeit ist de» Bürger» Zierde, Segen ist der
Mühe PreiS." Diesen Ver» kann man voll und ganz
auch auf den Kaiser anwenden. Ter erste aller Bür¬
ger hat ein gerütteltes und gehäufte? Matz von Arbeit
und Sorge zu tragen, und jeder weitz, wie rastlo» und
unermüdlich der Kaiser all' die Pflichten erfüllt, die
ihm sein hohes Amt anferlegt, wie er bald im Hauvt.
ouartier, bald an wichtigen Frontteilen, bald bei den
Verbündeten unermüdlich tätig ist für da? Heil der
großen deutschen Familie. Wer In den bebaglichen Frie-
denSzeiten vielleicht gedacht hat, daß Herrscher einen
leichten Beruf hätten, der wird inzwischen wohl eine»
bessern belehrt worden sein. Arbeit, schwere Arbeit
mit arifreibrntzem VerantwortlichkeitSgefiihl füllen die
Tage und vielfach die Rächte de» Landesvater» au»,
der sich keinen RormalarbeitSiag leisten kann. Und
d»r Segen bleibt auch nicht au» als der Preis seiner
Mühe. Ter äußerliche Segen wird bezeichnet durch
die Worte de» Kais-licdel:
Fühl' in t Throne» Glanz
Die hob Wonne ganz
Liebling de» Volk» zu sein.
Die Liebe seine» Volke», die stet» wachsende, herz¬
liche, dankbare inrd verwaulicke Anhänglichkeit der Fa¬
milie von 70 Millionen ist der schönste Segen für den
braven Haushaltungsvorsiand.
Wenn wir von der kaiserlichen und konlgllckün Ar¬
beit reden,. so müssen wir besonder» der Lasten ge.
denken, die im letztverflossenen Lebensjahr auf die Schul¬
tern de» Herrscher» fielen. Sein Geburtstag von 1917
üand unter dem Eindruck der schroffen Ablehnung un¬
ser» Friedensangebotes durch die trotzigen Feinde. Da
galt e»„ gegenüber dieser Böswilligkeit Beschlüsse von
ungeheurer Tragweite zu fassen. Wir mußten unsere
Tauchbootwaffe «tnsetzen. Dann «ber mußten vir mir
England» Pläne in Palästina.
Auf einer in Leed» abgehaltenen Konferenz der
Zionisten wurde mltgetellt. eS ist die Absicht der rngli.
schon Regierung, in einigen Wochen eine jüdische Kam.
M!,,ion nach Palästina zu senden, die die Vorarbeiten
für die Unterbringung der jüdischen Nation in Palä.
st,na beginnen soll. Dieser KounMion soll ein Stab
von technischen Fachleuten. Ingenieuren, Architekten
Stadteerbauern. Landwirten folgen. Die zionistische
Kommission bat nicht die Absicht, eine internationale
rrinanzgruppe in Palästina zur Ausbeutung de» Lan.
de» und de» arabischen Proletariate» zu schaffen son-
dern durch Ankauf von Land da» jüdische Proletariat
anzusicdeln, da», wie man hofft, einträchtig mit den
Arabern zusammenarbriien wird.
AuS dem österreichischen Abgeordnetenhaus.
reib Wien. 22. Januar. Sine bei dem letzten in
Prag zusammen getretenen Kongreß der tschechischen
Abgeordneten gefaßte Entschließung batte sich ganz und
gar auf den Boden gestellt, daß die Ordnung der na-
tionalen Verhältnisse der Tschechen keine Innerstaatliche
österreichische, sondern eine internationale Angelegen-
heit sei. Die Veröffentlichung Vieser Entschließung
wurde verboten. In der heutigen Stzung de» Abge¬
ordnetenhäuser wurde deshalb interpelliert, und Mini-
sterpräsident v. Seidter gab folgende Antwort:
Au» der Prager Entschiietzung können unserer Feinde
die Ermunterung herau»lesen. in der Verfolgung der
geven den Zusammenhang unsere» Slaatrwesen« ge.
richteten Grundsätze nicht zu erlahmen. Die Entschlie»
ßung läßt eine Auffassung in geradezu staatiseind-
irchem Sinne zu. der von jedem Oeste, reicher mit ge-
rechter Entrüstung zurückgewiesen werden mußte Trotz
derlei Ouertreibere, wird sich Oesterreich» unzerstörbare
Leben»kcajt gegen seine äußeren Feinde unwiderstehlich
fortietzen. (Lebhafter Beifall)
An die Erklärung de» Ministerpräsidenten knüpfte
sich eine längere Debatte. Mehrere Abgeordnete gaben
nameu« der Teiitschen Böhmen», Mähren» und Sriste-
siens Erk.ärunge» ab, worin sie in schärfster Weise die
staatsrechtlichen Besprechungen der Tschechen bekämpfen
und die Errichtung einer selbständigen Provinz Teutsch-
K i hv c»» rri» eigenem Landtage fordern, sowie für
Mähren vollständige Durchführung der nationalen Au¬
tonomie der Deutschen Mähren». Tie tschechischen und
südslavischen Redner kritisierten die Fricdensverhand-
lungen in Brest-LitowSk. Ter Pole Gloslinski verwies
auf die Besorgnis der Polen angesichts der Stellung¬
nahme de» Generals Hoffmann und protestierte gegen
die beabsichtigte Grenzsicherung Deutschland» auf Kosten
de» polnischen Kohlenbecken». Der polnische Sozial¬
demokrat DeSzynSki wandte sich gegen die Auffassung,
al» ob Deutschland Oesterreich-llngarn gerettet hätte.
Ohne Oesterreich, die Türkei und Bulgarien hätte
Deutschland sich der Feinde nicht erwehren können. Ter
Sozi, idemokrat Adker erklärte, die Sozialdemokraten
verlangten nicht einen Bruch oder da» Unmögliche, daß
Deutschland sich plötzlich unter die Führung Oesterreichs
begebe. Wenn man in Berlin sagt „für uns ist Trisst
wie Straßburg", dann dürfe man sich nicht aufregen,
wenn Ezernin sagt, „mir ist Straßburg wie Triest".
Man könnte nicht die Früchte de» Bündnisse, einseitig
genießen. Der christlich-soziale Matasa betonte, auch
die Ehristlich-Sozialen ständen auf dem Boden de» Ver-
ständigimgsfriedenS. Großen Raum in der Debatte
nahm die AuSstandSbeweguna ein. Die fozialdemokra
üben Redner bezeichneten da» Zugeständnis der Re¬
gierung al» Beginn einer wirklichen Demokratisierung
Oeestrreich». Di« Chrsilch-Sozialei, warfen den So¬
zialdemokraten vor, daß sie den in der Bevölkerung be.
stehenden Unwillen über die EriiährungSVerhältnisse zu
parteipolitischen Zwecken ausnutzen.
In Besprechung der AuSstandSbewegung
erklärte der Ministerpräsident, daß diese zwar keinen
ausschreitenden Charakter an sich trug, abe doch bedenk¬
liche Formen hätte annehmen können. Tie bekannte
Vereinbarung mit der Arbeiterschaft dürfe nicht al» Er.
gebni» de» Klassenkampfe» aufgefaßt werden. Wa» die
Regierung im Auge hatte, war ausschließlich die Wah¬
rung der staatlichen und gesellsckastlickien Interessen.
Andererseits hat die Regierung keine Bedenken getra¬
gen, besonder» auf dem Gebiete de» Gemeindewahl,
recht» die verfassungsmäßige Einleitung der von ihr
seit langem erwogenen Reformen zuzusagen. Die Durch¬
führung wird so geschehen, daß der nationale Besitzstand
gewahrt wird (Lärm und Zwischenrufe bei den Tsche¬
chen) und die berechtigten Ansprüche aller Volksteile
Rahmen de» Möglichen ihre Befriedigung finden.
Der Ministerpräsident schloß mit einem Aufruf, die
politischen Meinungsverschiedenheiten hinter dem ge¬
meinsamen Gedanken zurückireten §h lassen. Ta»
Bat erlaub sei in Gefahr. Die Ausgaben der
Regierung sind tausendmal schwieriger, als man in der
Oeffentlichkeit vielfach glaube, und diejenigen glauben
machen wolle, die auf die Regierung in dieser Lage
Parthervfeile abschösscn. Tie Negierung vermöge ihre
schwierige Aufgabe nur zu erfüllen, wenn sie in einer
starken Volksvertretung starken Rückhalt findet. (Leb.
Hafter Beifall und Händeklatschen.)
dem Eintritt Nordamerika» in die Reihen unserer Geg¬
ner rechnen. Eine Entscheidung dieser Art nimmt Seele
und Leib furchtbar in Anspruch. Der Kaiser hat nach
gewissenhafter Ueberlegrmg klug und kühn gewählt.
Dann kam die Revolution in Rußland, die neue Sor¬
gen erregte und neue Maßregeln nö)ig machte zum
-weckmäßigen Anschluß an die schwankenden und gären,
den Elemente im Osten. Daneben die gewaltigen mili¬
tärischen Vorstöße zur Befreiung von Galizien und der
Bukowina. -»*• Eroberung von Riga und Dagö, zur
Durchbrechu. r italienischen Front, sowie die Be¬
hauptung unser,, 'eftfront gegen die ver,weifelten An-
griffe der Engländer und Franzosen. Wenn der Kai¬
ser al» oberster Kriegsherr die kühnen Pläne Hinden.
'nira» geprüft und gebilligt hatte, dann wurde er als¬
bald wieder in Anspruch genommen durch die p o l i t i-
lbe n Aufgaben de» Lanidesvater». Zwei Kanzler-
Wechsel in einem Jahrei Wir haben ja die .Krisen noch
in frischer Erinneruvg, und wir freuen unS, daß der
Herrscher durch die Berufung des Grafen Hertling eine
Lösung gefunden hat, die Stetigkeit und innere Ruhe
' bricht. Ein erfreuliche» Ereignis war e» ja. al»
Rußland an der Friedensglocke zog. Aber die FriedenS-
v«rhandlüng Ist ein Rosenstrauch mit dielen Dornen.
Der Ausgleichrversuch wirft fortwährend neue Zweifel
und Streitfragen auf. Von Tag zu Tag wird die stlug.
heit i'nd die Geduld auf neue Proben gestellt, und all'
die Sorgen treffen -usammen im Haupte de» Monar.
m. Krieg zu führen, ist schwer; aber Frieden zu
schließen, wird manchmal noch schwerer. Der Kaiser
wird mich in seinem neuen Lebenssahre viel Mühe ha-
ben, sehr viel Mühe, nicht bloß wegen de» letzten Ent.
scheidungrkampfe», s>»idern auch wegen der FriedenS-
verhandlimgen im Westen, deren Beginn wir alle er.
hoffen, ohne un» die Schwierigkeiten zu verhehlen.
, Wenn du klagen willst über die Lasten und Leiden
de» langen Kriege», so bedenke: der Kaiser fühlt sie
ebenso gut, wie du, ja, aus seinen Schustern lastet und
drückt noch diel mehr al» auf den Schultern der ein¬
fachen Bürger. Seine Sorgfalt und seine Mühewal¬
tung gelten auch deinem Wähle. E» ist also nicht mehr
al» billig und recht, daß du die Bemühungen de» Lan-
deSbater» nach deinen schwachen Kräften unterstützest.
Wie denn? Ganz einfach, indem du getreusich deine
Pflicht tust ak» griter Bürger und wackerer Deutscher.
Tann bist du rin kleine», aber würdige» Mitglied der
großen Familie.
Auf dem nationalen Herde möchte ich mit diesem
'esttäglichen BlaSrvhr die heilige Flamme anfachen,
den Familiengei st neu beleben, der alle» ver¬
einigt und beseelt zu gemeinsamer Arbeit, den Kaiser
und die Fürsten und alle Stämme und Schichten der
Bürgerschaft, so daß bi» zum m'ten Ende der Drangsal
da» Wort in voller Kraft bleibt:
Dir wollen sein ein einig Volk von Brüdern,
Ln keiner Rot un» trennen noch Gefahr!
Preußischer Landtag.
Abgeordnetenban«.
Sitzung vom 24. Januar.
Da» Hau» erörterte zunächst den Antrag Fuhrmann
(ntl.) auf Sicherstellung de» R e ch t e » d e r S t a a t».
beamten zur politischen Betätigung. —
Ter Aurschuß hat einstimmig einen Antrag angenom.
men, durch den die Regierung ersucht wird, eine Ver.
fügung zu erlassen, welche den Beamten da» ihnen zu.
stehende Recht der politisiden Betätigung sicherstcllt,
ihnen jedoch untersagt, auf dienstlichem Wege und in.
nerhalb der Diensträume zur Betätigung für politisch«
Parteien auszufordern.
Die Abgg. ». Zedlitz (Fr. kons.). Winckser (kons.)
Richthofen (lons.) und Voisltz (ntl.) treten für Rückwei^
sung de» Anträge» an dir Kommission ein, da kein Be¬
richt vorlag.
Abtz. H.fsmana (tU<5.) allein widerspricht. Die
Vaterlandspartei wollte ,n der Zwischenzeit auf die Re-
gierung einwirken. Da» Menetekel in O-stereeich sollte
al» Warnung dienen, Wi« sieben, wie Oesterreich,
zehn Minuten vor der Katastrophe. (Großer Lärm^
Ordnungsruf.) Sie woll->n da» Volk wieder in den
Krieg Hetzen und neue Millionen ovferN. (Erneuter
Ordnungsruf.) D«e Ereianistr tn Oesterreich hätten
auf den Ausschuß doch vielleicht Eindruck gemacht. Aber
wen die Ge-ter verderben wollen, den schlagen sie mit
Blii'dhcit. Ich warne in zwölfter Stunde! (Gelächter.)
Da» Han» beschließt Zurückverweisung de» Antrag»
an die Kommission.
fir» folgt d>e wl-bei-holte Beratung de» Entwürfe»
eine» Wrhnungtzgesetze».
Handcl»minster Dr, Stzde« erklärt sich mit den De.
schsüssen der Kommissivn einverstanden und dankt ihr
für die Schnelligkelt mit der sie gearbeitet hat.
Rach kurzer Erörterung wird der Antrag der Kom.
Mission angenommen. Im übrigen wird da» Gesetz
nach den Beschlüssen de» Herrenhaus«» en bloc ange-
nommen.
Unverändert rmch den Beschlüssen de» Herrenhause»
anaenommen wird sodann da« vargschaftSstcherung»,
»«setz.
ES folgt dann die Beratung de» Antrag» Andrei
snatl.) au' ssaalliche N"«-rstÜhl>ng d»r durch da» Hoch¬
wasser geschädigten Bewohner de» Rahefal-S und bei
Geestemünde. Der Antrag wird nach kurzer Erörte¬
rung mit einer Abänderung der Kommiss'on angenom.
men. wonach auch die anderen, durch Hochwasser aefchä»
diyten Gebiete des Rheins und fe-ner Nebenflüsse die
staatsiche Unterstützung erhalten sollen.
ES folgen landwirtschaftliche Anträge. Ersten» soll
die Anbausläche f fu Kartoffeln vergrößert
werden. Zweiten» soll für S a a t k a r t o f fe l n
Sorge getragen werden. Drittens soll Gemüsesa.
men und andere Sämereien beschafft werden,
desgleichen Düngemittel, insbesondere Stickstoff¬
dünger.
LandwirtschaftSminister von Eisendardt-Rothe: Bei
der Bersorauna der Landwirtschaft mit Düngemitteln
und Gemüsesamen wird alles geschehen, wa» möglich
ist. Mit der Tendenz drS Antrages auf Vermebrung
der Kartoffelanbaufläche bin ick auch einverstanden.
Eine Vermehruna de« Kartoffelanbaus ist zur Ernährung
der Bevölkeruna dringend erforderlich. ES sollen finanzielle
Beibilsrn für die Vermebrung der Anbaufläche gewährt
werden und zwar 8.60 Mark für jeden Zentner der
Mehranbaufläche.
Aba. Braun (Soz.l: Wir lehnen jede Liebesgabe
und Prämie ab, die nur die Verbraucher belasten und
die Preise steigern. Der Anbauzwang sollte eingeführt
werden.
Aba. Haase (Fortschr. VpO: Wir werden für den
Kommission»antraa stimmen, erwarten aber, daß auch
der Großgrundbesitz sich bemüht, ferne Anbaufläche zu
vergrößern.
Abg. Jan» (kons.): Der Abg. Braun empfiehlt den
Anbauzwang, also ArbeitSzwanq ber Höchstlohn. Wer
im Glashau» sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Die
Landwirte haben im vortaen Frühjahr durchaus ihre
Pflicht beim Kartoffelanbau getan. Die Prämie ist
notwendig, weil die Produktionskosten sich fortgesetzt
steigern. .
Der Antrag der Kommission wird angenommen.
Nach Erledigung kleineret Vorlagen vertagt sich
daS HauS.
Nächste Sitzung 26. Februar.
Sur dem Naqbargevret.
% Maberzell. Der Unteroffizier August K ind
Sohn de» Bahnwärters Johanne» Kind, wurde au)
dem östlichen Kriegsschauplatz in Anerkennung treuer
Pflichterfüllung znm Sergeanten befördert. ;
p. Oberbimbach. Der Lehrer Johannes Kluthe
von Lbeibimbach ist zum Leutnant befördert wor¬
den und gleichzeitig mit dem Eisernen Kreuz für
hervorragende Tapferkett auf dem westlichen Kriegs¬
schauplatz ausgezeichnet worden. — Dem Bürger¬
meister Jos. Frank ist das Berdtenfikreuz für
Kriegshiife verliehen worden.
X Eichcnrird. Dem Gefreiten bei einem Ar-
tisterie-Regiment im Westen Emil Bogel» In¬
haber der hessischen Topfeikeitsmedaille, wurde für
unerschrockenes Verhalten vor dem Feinde da»
Eiserne Kreuz verliehen. \
F Gruben (bei Sckwarzbach). Der Schütze Otto
Kling, Sohn der Witwe Kling, wurde am 13.
Dezember v. I. für hervorragende Tapferkeit auf
dem russischen Kriegsschauplatz mit dem Eiserne»
Kreuz ausgezeichnet. \
4« Rücker« bei Flieden. Für wiederholt be-
wiejene Tapferkeit in den Flanderkämpfen wurde»
dem Schützen Franz Karl Roihmann und dem
Musketier Gregor Schäfer, Sohn des Hüttners
Bonifaz Schäfer, da« Eisern« Kreuz verliehen. Der
Kanonier Emil Seiberling wurde mit der Hes»
fischen TapserkeiiSmedaille ausgezeichnet.
G Langenselbold bei Hanau. Der Handelsmann
Joseph Blümentbal aus Langenselbold hatte gegen
die Verordnung über die Höckstpieii« für Runkelrübe«
gefehlt und deswegen durch 7 richterliche Strafbefehle
mit Geldstrafen von zulammen 1175 Mark bestraft
worden. Auch die Landwirte, dir ihm die Rübe«
verkauft hatten, waren bestraft worden, wenn auch
nicht so hoch. Eigen diese Sirafbefehle ba'ten
Blümentbal und drei der Veriäuier Einsprucg er¬
hoben, der vor dem Schöffengerichte Lang nseibold
zur Verhandlung gelangie; sie maarten oe.lend, daß
sie von dem Bestehen eine» Höchstprri'es nicht» ge¬
wußt hä len. Die Kaufueschöfte waren a ich bereit«
im September abge chlossen word-n, während die
Bekanntmachung des KrerSanS chussc» erst im Okto¬
ber erfolgt wäre. Von der BundcSrat---Verordnung
im März bötten sie erst recht nichr» grwußi; sie
hätten erfahren, daß die Stadt Hanau und da»
KornhauS den Zentner Rüben z» 3 — 4 Aiork ge¬
kauft und danach annehmen müssen, wenn solcke»
von diesen Stellen geschähe, sie auch nichts zu be¬
sorgen hätten. Das Gericht hielt diese Einwände z»
ihrer Entlastung für ausreichend und jprach sie
jämtl ch fre-,
* Osfrubach «. M. In dem Betriebe der Firma
Mayer und Schmidt zerriß beim Ernlaken von
Schmirarl in einem Lasiauszng das Draht eil, sodaß
der Aufzua, in welchem der 48lährige Arbeiter Niko¬
laus Kobl von Hainstatt stand, absiürzte. Kohl
zog sich hierbei schwere Verletzungen zu und starb
alSbald.
Offenbuch a. M. Der dieser Tage verho bene
Prolcirist Emit Grünebaum hat sein beträchtlicher
Vermö en zur Hälfte der israeliiischen Gem mdel
und zur Hälfte der Stadt Offenbach vermacht.^/