frmgeit für die höheren Aufgaben, Ke er gesor8eri
und erhalten hat.
! Wenn man von „Dolksregierung" der von „Re-
tzierung der nationalen Verteidigung" spricht, so
muß das Regieren nicht im Sinne des Herrschen?,
sondern des Arbeiten? auf gefaßt werden. Die
Macht ist nur Mittel zum Zweck, nämlich zum
Dienste am Daterlande. 'Kraftvolle Verteidigung
bis zur Erlangung deS äußersten Friedens und
sorgsame Pflege deS inneren Friedens müssen die
allein leitenden Gesichtspunkte sein für alle Par¬
teien im Reichstage und alle Bürger im Reiche.
Mehr als femals brauchen wir eine feste und
fruchtbare Arbeitsgemeinschaft im Reichstage. Die
ist aber, nur möglich, wenn auf dem Altar des Va¬
terlandes noch mehr Opfer gebracht werden als
bisher, nämlich Opfer an parteipolitischem Eigen-
nutz und Eigensinn.
Die letzten Vorgänge.
Die Zentrmns-Parl.-Korr. schreibt: Es ist jetzt
nicht am Pkitze, der Entwicklung und Wende der
Dinge nachzugehen, die im Grafen Hertling die
Ueberzeiraurkg gefestigt haben, daß er sich nicht mehr
in der Lage glaubte, an der Spitze der Regierung zu
oerbleiben. Es genügt die Feststellung dex Tatsache,
daß die Sozialdemokraten sich gewei¬
gert haben, in eine vom Grafen Hertling geleitete
Regierung emzutreten und daß auch die Fraktion der
fortschrittlichen Volkspartei im Reichs,
tag dem Grafen Hertling das Vertrauen aufgekündigl
hat. Das Zentrum hat dem auS feinen Reihen her«
vmgegangenen Kanzler bis zuletzt uneingeschränktes
Vertrauen bewahrt und es wird dem scheidenden
Kanzler auch stets ein dankbare? Gedenken erhalten.
Gras Hertling hat durchaus nicht immer die vom
Zentrrrm gewünschte Politik gemacht, aber das hat
die Partei nie abhalten können, dem Wollen Md
Wircken des Reichskanzlers vertrauend gegenüber zu
stehen. Ausschlaggebend für den Entschluß deS Reichs¬
kanzlers, dem Kaiser sein Rücktrittsgesuch zu unter¬
breiten, war die letzte interfraktionelle Besprechnng,
in dar mit Nachdruck di; baldige Verleihung der Au¬
tonomie an Elfaß-Lothringen gefordert»nd
von sozialdenjokratischer und freisinniger Seite die
Aufhebung der Paragraphen 9,9 und 21.3 der
Reichsdersassung verlangt wurde. Der erstere be¬
stimmt bekanntlich, daß niemand zugleich Mitglied
des Bundesrats und des Reichstags sein könne, der
letztere, daß jedes Mandat im Falle der dienstlichen
Besörde.mng seines Inhabers erlischt, wenn eS sich
um einen Reichs- oder Staatsbeamten handelt. Diese
letztere Frage würde kaum zu Schwierigkeiten Anlaß
gegeben haben: es konnte in der Tat niemand ernste
Bedenken gegen die Aushebung des Artikels 21. 2
haben, da die Wiederwahl «des also aus dem Parla¬
ment Aus scheidenden die fast lückenlose Reael war,
also die Bestimmung in Wahrheit nur eine Belästig,
ung der Wähler bedeutete. Was aber den Artikel
9.2 anlangt, so ist die Haltung des Zentrums in die¬
ser Frage nicht einheitlich, doch wird sich die Fraktion
an dem in Aussicht gestellten Antrag auf Aushebung
dieser Paragraphen, für die sich auch die National¬
liberalen eingel-tzt haben, nicht beteiligen. Daß Graf
Hertling der Forderung keine Sympathie entgegen-^
bringt, ist seit langem bekannt; um, der von der Mehr¬
heit der Volksvertretung indesien für notwendig ge¬
haltenen Entwicklung nicht hindernd im Wege zu
.stehen, hat Graf Hertling seine Entlastung genom¬
men. Jedermann wird Respekt haben vor der Ueber-
ieuaungstreue eines Staatsmannes, der sich nicht
mtschließen konnte, in seinen alten Tagen umznler«
ten und das Gegenteil einer Auffassung zu vertre-
ht, die er während einer ganzen lanaen politischen
Laufbahn verfochten hat. Graf Hertling war stets
rnd ist heute noch ein unentwegter Anhänger des
Monarchischen Regierunassystcms, dos die Krone un¬
beschränkt läßt in der Auswahl ihrer verantwortli«
hen Ratgeber, und vermochte sich nickt zu entschsie-
ien am Ende seines Lebens die Beschränkung der
Krone auf den .Kreis einer Barlamentsmehrbeit
brrchzufirhren. Für diese Beschränkung aber war die
Aufhebung des Artikels 9, 2 zwar nicht in der Form
sie absolute Voraussetzung., wohl aber praktisch das
Wahr- und Wegzeichen. Allerdings ist seine Aufhe¬
bung durch den Entschluß des Kaisers formell noch
nchj. erfolgt; die Entscheidung liegt in der Hand deS
Vrmdesrats.
Auch Herr v. Hintze?
Berlin, 30. Sept. 1918. Die B. Z. am Mittag
meldet den Rücktritt auch des Staatssekretärs des
Auswärtigen Amts v. Hintze.
Wie das Wolff-Büro hinzufügt, sei eine Bestäti-
Sung der Meldung noch nicht zu erholten. An-
»ahrscheinlich klingt es nicht. So ziemlich in der ge¬
samten deutschen Presse kam dieser Tage die lebhafte
Bestürzung zum Ausdruck daß sich die"Reichsleitung
anscheinend von den Ereignisien In Bulgarien völlig
habe überraschen lassen. Diese Vorwürfe trafen vor
allem den Leiter des Auswärtigen AmieS, sodaß
sein Rücktritt nicht übeiraschen könnte. Herr von
Hintze würde danach nur knapp ein Vier.eljahr die
Leitung des Auswärtigen Amtes unter sich gehabt
haben. Er wurde erst Mitte Juli dieses Jahres
von seinem Gesandtenposten in Kristiania als Nach-
folget Kühlmanns an die Spitze deS Answärtigen
Amte? berufen. Die starken Hoffnungen, die man
auf ihn setzte haben sich nach Ansicht führender
Parlamentarier nicht erfüllt. Schon gelegentlich der
Buricm-Note wurde man den Verdacht nicht los, daß
unser Auuswärtiges Amt damals durch diesen wich¬
tigen Schritt unseres Verbündeten bis zu einem ge¬
wissen Grade überrumpelt worden lei, ein Verdacht,
der durch die zögernde nachträgliche Zustimmung
unserer Regierung nicht enikräftet werden konnte.
Ob und wie weit es in eines Menschen Kraft ge¬
legen hätte, die Vorgänge in Bulgarien zu beein¬
flussen und aufzuhalten, lätzt sich z. Z. kaum beur¬
teilen, daß sie die Stellung deS Leiter? unseres
Auswärtigen Amtes nicht befestigen konnten, liegt
auf der Hand.
Der Hanptansschnß
tvcrt gestern mittag 2 Uhr zusammen. Die Sitzung wurde
mit einer Erklärung deS Vizekanzlers v. Payer ein-
geleiret. Dieser verlas den Erlaß deS Kaisers,
in dem dem Grafen Hertling für seine patriotische Av.
beit Dank ausgesprochen und das Abschiedsgesuch deS
Kanzlers genehmigt wird. Vizekanzler v. Payer be.
merkte, das das ganze Volk dem Kaiser aufrichtig für
diesen Entschluß danken werde, und er bitte die Partei,
führet, noch heute mit ihm zusammen über die Einzel¬
heiten dieser Durchführung zu beraten. Nach Herrn v.
Payers Rede vertagte sich der Ausschuß. Die Besprv.
chungen oer Parteirührer mit ihm über die Parlamen.
tarisierung der Regierung begannen am Wend.
Aus der Sitzung wird noch gemeldet, daß Vizekanz¬
ler v. Payer erklärte: wir haben die sichere Hoffnung,
daß es uns gelingen wird, in kürzester Frist die für die
Zukunft des Vaterlande» höchst bedeutsame Entwicklung
zu eine unserer Einigkeit und Kraft stärkenden Lösung
zu bringen." Zur Frage der Einberufung der Vollver-
fammiung des Reichstags erklärte Präs? t sehren-
bach, daß er darüber mit den Par ! und der
Regierung verhandeln werde. Ein ■ -sammen-
tritt des Plenums liege vorern . wenn die
neue Regierung gebildet sei, werte ]i , Lage besser
übersehen lassen.
Die DesprMtMseit.
* Berlin, 30. Sept. Die heutigen Besprechungen
beim Vizekanzler v. Payer mit den Partei¬
führern ergaben Klarheit dahin, daß ein Koalitions¬
ministerium auS Vertretern aller Parteien der gegen¬
wärtigen politischen Lage nicht entiprechen würde, daß
vielmehr das neu zu bildende Ministerium aus Mit¬
gliedern der Mehrheitsparteien unter Zu¬
ziehung der Nationalliberalen bestehen solle.
Für die diese Lösung sprachen sich die Vertreter der
Mehrheitsparteien und der >, asionalliberaken aus.
Das neue Ministerium wird auf der Grundlage der
Programms stehen, das die Mehrheilsparteien während
der letzten Tage für die zu verfolgende Innen- und
Außenpolitik vereinbart haben. Ueber die Personen-
fragen sind Entscheidungen bis zur Stunde noch
nicht gefallen.
* Reichstagspräsident Frhrenbach gab in der
Montagssitzung deS Reichshaushaltsausschusses folgen¬
de Erklärung ab: Das „Berl. Tagbl.-hat behauptet,
ich hätte dem Reichskanzler im Aufträge der Mehr¬
heitsparteien das Unhaltbare der Lage geschildert.
Davon kann keine Rede sein. Seitdem ich Reichs¬
tagspräsident bin, habe ich an den Verhandlungen
der Parteien nicht mehr teilgenommen und kann
daher auch nicht ihr Vertrauensmann sein. Am
Freitag schickte mir der Kanzler eine Einladung zu
einer Rücksprache auf SamStag abend 6 Uhr. Dieser
Einladung, die an mich in meiner Eigenschaft als
Präsident deS Reichstages erging, habe ich entsprochen.
* Nationale Verteidigung. Der sozialdemokratisch»
»Vorwärts bringt einen Artikel, der di« möglichen
Gefahren in den schwärzesten Farben an die Wand
mast:
„Dann (nach dem Abfall aller Bundesgenossen)
stehen wir, deutsch-S Voll, allein gegen Franzokn, (?r.g.
länder, Italiener, Amerikaner und ihre zahllosen Hilf?.
Völker und kämpfen mit dem Rücken an der Wand, den
Untergang vor unseren Augen. Mitlosigkeit bemächtigt
sich der Soldaten, die Westfront bricht, der Feind strömt
in unser Land. Deutsche Städie geben in Rauch und
Flammen auf. Flüchtlingssckaren wälzen sich ostwärts,
ihr Zug vermischt sich mit dem de? ordnungslo? zurück,
flutenden Heeres, dringt in alle Städte ein und ver¬
breitet überall den Geist hoffnungsloser Niedergeschla.
genheit. Die Nahrungsmittelzufuhr versagt jetzt ganz.
Auf den Straßen sieht man Menschen, die sich plötzlich
um sich selber drehen und dann niederstürzen, vom Hun.
ger getötet. Es gibt keine Kohlen meBr,. folglich lein
Licht und keine Straßenbahn, die Industrie stockt, ent¬
läßt ihre Arbeiter. In Millionen Familien sagt man
sich, wie gut e? noch war. als man feine sieben Pfund
Kartoffeln und feine vier Pfund Brot die Woche hatte,
und daß man jetzt erst weiß, was uackw? Elend ist.
Hunderttausende sterben, eine DabnsinnSstimrnUng be.
"-ächttgt sich der Ueberlebenden. Aufstände brechen aus,
die man mit blutiger Gewalt niederzuschlagen versuch»
Statt des Krieges dnaußen der.Krieg daheim. Schützen,
graben äu den Strafen, Masch'>engewehre in den
Häusern, Leichen von Männern, Frauen und Kindern
auf dem Pflaster. Man stirbt, stirbt alle Tode. Durch
den Hunger, die Kugeln, die Seuchen, die im Gefolge
dieser Schrecken nicht ausbleiben. Inzwischen verhan¬
delt die Regierung, die dritte, sünste, siebente, die seit
dem Sturze der letzten eingesetzt ist, mit den Gegnern.
Da sie keine Widerstandskraft mehr hinter sich weiß,
gibt sie dem Feinde alles, wa? er haben will, Land, den
Goldschatz der RcichSbank, stellt Milliardenwechsel über
Milliardcnwechsel auS, geht jede Verpflichtung ein, die
man ihr »bvreßt, denn sie muß ja Frieden haben, Frie.
den um jeden Preis! Aber dieser Frieden wird kein
Frieden sein, der nährt! Er wird die Hölle auf
Erden sein wird schlimmer sein als selbst der Krieg!"
Daraus folgert der „Vorwärts": »Wer hat daS
Herz, sein eigenes Volk einem solchen unbeschreiblichen
Jammer auSznsehen, wenn er es überhaupt noch hin.
dern kann? Darum mutz die Westfront fest
bleiben. Jeder muß sich dessen bewußt sein, daß es
jetzt auf ihn mehr ankommt als je. Jetzt handelt es
sich wirklich nicht um Eroberungen, jetzt handelt es sich
darum, in Ordnung und ohne unerträgliche. Belastung
zum Frieden zu kommen. Me Wahrscheinlichkeit spricht
dafür, daß es jetzt nicht mehr lauge dauern
kann. Die Standhaftigkeit einiger Wochen kann das
Elend vieler Jahre ersparen. Die Regierung muß alles
tun, um sobald wie möglich zusammen mit den Ver¬
bündeten an den Konserenzt'sch zu kommen. Es wird
eine Regierung der deutschen Demokra.
t i e sein müssen, die zur Konferenz geht und Garantien
dafür sind Notwendig, daß sie nicht nur dam bestellt ist,
die früher Verantwortlichen von den llnannehmlich.
keiten de? Friedensschlusses zu entlasten, sondern daß
sie dazu da ist, nach dem Dillen des Volkes zu bleiben
und über die dauernde Erhaltung des Friedens zu
wachen. Die Reaierung, die an den Friedensschluß
geht, muß eine Volksregierung sein, die das
ganze Volk hinter sich hat.
Hinter dem Alarmruf steckt wohl etwas Partei¬
tendenz, da die äußerste Linke ihre „Unerttbehrlich-
keit" reckt drastiich geltend macken möchte; aber im
letzten Grunde ist der Aufruf, daß wir uns alle um
eine Reqierung der nationalen Verteidi¬
gung scharen sollen, wohl zeitgemäß.
Der Waffenstillstand an der bulga¬
rischen Front abgeschloffen?
vtb Berlin, 30. Sept. Der französische Fnnk-
spruch meldet unter dem 29. September: Heute nacht
ist ein Waffenstillstand zwischen den bul¬
garische» Abgesandten «nd dem Hauptquartier der
Orientarmee in Saloniki unterzeichnet worden.
Es ist aus der ganzen Front der Befehl gegeben
worden, die Feindseligkeiten «inznstellen.
Bemerkung des W. T.-B.: Nach hier vorliegenden
Nachrichten sind die Bedingungen des Waffenstill¬
standes der Regierung in Sofia noch nicht bekannt.
Durch dieses Telegramm werden die nächst!-on^
Meldungen zum Teil überholt.
, Die Lage in Bulgarien.
* Berlin, 30. Sept. Nach den bis gestern abend
an unterrichteter Stelle bekannt gewordenen Nach¬
richten ist in Sofia eine entscheidende Wendung zum
Bessern zurzeit nicht eingetreten. In militärischer
Hinsicht kann allerdings nach allem, waS man hört»
eine Beflerung festgestellt werden; aber die p o l i t i s ch e
Lage bleibt nach wie vor sehr bedenklich, da
es den Anhängern deS Bündnisses bisher noch nicht
gelungen ist, Malinow auszuschalten und seinen
Bittgang zur Entente Lügen zu strafen. Dos bul¬
garische Heer muß unter diesem tiefgehenden inneren
Zwist, der daS Land in zwei Lager spaltet, natnr-
gemäß sehr leiden.
Berlin, 80. Sept. CS tritt immer deutlicher in
Erscheinung, daß die Gründe, die den Verhängnis-
vollen Umschwung in Bulgarien herbeigeführt haben,
im wesentlichen nicht militärischer Natur gewesen
sind. Die maßlosen Parteikämpfe im Lande,
bolschewistische Umtriebe, wild; Gerüchte über die
Kriegslage und die von bündn.iSfeindlichen Elementen
in Bulgarien selbst geförderte Ententepropaganda
sind auch in die Arme« gedrungen und haben an
der Widerstandskraft des sonst so tapferen Heeres
gezehrt. An maßgebender Stelle wird die Gestaltung
der Dinge auf dem Balkan immer no h ruhig und
zuversichtlich verfolgt. Die Bündnis:reue des Königs
von Bulgarien ist über jeden Zweifel erhaben. Mi
VenUgkuung dürfen wir insbesondere feststellen, daß'
auch die Presse in Oesterreick-Ungarn die durch
Bulgariens Schwanken geschaffene Lage durchaus
ruhig beurteilt. Auch die Bevölkerung in der ver¬
bündeten Monarchie hat ihre Ruhe bewahrt. Sie darf
gewiß sein, daß sich das deutsche Volk heule mehr
denn je mit ihr verbunden fühlt und von dem Ge¬
danken durchdrungen ist, daß ein gesichertes Oester-
reich und ein starkes Ungarn unbedingt im Jnlereff«
des Deutschen Reiches liegt.
König Ferdinand.
* Berlin, 30. Sept. Nach neueren Meldungen
ist Könia Ferdinand von Bulgarien nicht in Wien
eingetroffen; nur seine beiden Töchter. Der König
befindet sich in Sofia.
Köms Ferdinand an Kaiser Wilhelm.
Berlin, 30. Sept. (Privattelegrowm.) Wir wir
bestimmt hören, hat König F e r d in a n d von
Bulgarien an Kaiser Wilhelm ein Tele¬
gramm gerichtet, in dem er ihm in gleicher Weise«
wie in seinem Telegramm cm den Kaiser von Oester¬
reich seine Bundestreue versichert.
Sawow Oberbefehlshaber?
* Berlin, 30. Sept. Rach dem „Lokalanzeiger"
ist dem General Sawow der Oberbefehl über die
bulgarische Armee übertragen worden.
Unser Gesandter in Sofia.
In einem Berliner Abendblatt werden Angriffe
gegen den deutschen Gesandten in Sofia gerichtet.
Unter anderem wird Kritikr daran geübt, daß er sich
im Sommer vierzehn Tage der Erholung in einem
deutschen Bade gegönnt hat. Diese Angriffe weist
die „Nordd. Allg. Ztg." zurück. Gras Oberndorf
habe die Pflichten seines Amtes mit der größten
Sorgfalt wahrgenommen und auch die Lage in Bul¬
garien jederzeit zutreffend beurteilt.
Der Friedenspreis jür Bulgarie«.
«-tb Amsterdam, 29. Sept. Reuter erfährt, daß
die englische Antwort auf das bulgarische Gesuch um
einen Waffenstillstand bereits in der Antwort des
Oberbefehlshabers der alliierten Armeen in Maze¬
donien gegeben worden sei. In dieser Antwort
werde vollkommen deutlich angegeben, daß die mili¬
tärischen Operationen nicht " unterbrochen werden
könnten. Was den Antrag angehe, daß bevollmächtigte
bulgarische Vertreter mit den Alliierten über den
Frieden verhandeln sollten, so sei der Regierung in
Sofia deutlich zu verstehen gegeben worden, daß der
Abschluß eine? Friedens mit Bulgarien in notwendiger
Weise den völligen Bruch der bulgarischrjn
Regierung mit derTürkei und gleichfalls
mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn
in sich schließe. Die alliierten Regierungen würden
natürlich jede Bürgschaft fordern, welche sie für not¬
wendig erachteten, um ihre militärischen Operatione n
zu sichern und das Senden deutscher T r u p p en
nach Bulgarien zu verhindern. Es handele sich darum,
ein solches militärisches Abkommen zu schließen, daß
die Operckstonen der Alliierten auf dem Balkan von
bulgarischer Seite nicht mehr bedroht würden. Dieses
schließe die Demobilisierung der bulgarischen
Armee oder deren Verwendung an anderer Stelle
gegen die heutigen Bundesgenossen Bulgarien in sich.
Hinsichtlich des Landbesitzes werde nichts ohne Serbien
und Griechenland geschehen. Aber eine der Be-
dingunaen eines vorläufigen Abkommens müsse die
Räumung all deS Gebietes außerhalb
Bulgariens durch die BMgaren sein, welches
von den bulgarischen Armeen seit Ausbrnch des Krieges
besetzt worden ist.
Nach diesen' Erläuterungen Reuters könnte sich
Bulgarien ungefähr den Frieden ausmalen, den ihm
die Entente zu gewähren bereit wäre. Vollständige
Wehrlosmachung, Aufgabe aller auch berechtigter
nationalen Errungenschaften, Auslieferung an die
Gnade Serbien- und Griechenlands und dann:
Warten, was die Entente weiter über Bulgariens
Schicksal beschließen wird. Mlt anderen Worten:
Freiwillig den Kopf aus den Block! Aus diesen
Friedensbedingungen für Bulgarien kann auch jeder
Deutsche ohne Mühe ersehen, was für ein Schrckml
Deutschland bevorstünde, wenn es gezwungen wäre,
einen von der Enteutr datierten Frieden über sich
ergehen zu lassen.
Gegen unwürdigen Kleinmut.
Auf ein Huldigungstelegramm der siebenten Ta¬
gung des Vereins rheinisch.westfälischer Landgemeinden
an den Kaiser lief eine Anttvöridepesche ein, in der es
beißt: „Der Rückblick auf die wunderbaren Erfolge un.
serer heldenmütigen Söhne und ihrer genialen Führer
bewahrt das deutsche Volk auch in den Wechselfällen
des Krieges vor unwürdigem Kleinmut und
unberechtigten Zweifeln. Unbeirrt ist es
entschlossen, den ihm aufgezwungenen Verteidigungs-
kampf bis zum siegreichen Ende durchzuführen, damit
das Vaterland gegen feindliche Vergewaltigung dauernd
geschützt und gesichert wird."
Aus ein Huldigungstelegramm der Vaterlandspartci
an den Kaiser lief eine Antworr ein, der Kaiser habe die
zuversichtliche Hoffnung, daß das deutsche Volk in allen
seinen Gliedern in dieser schweren und ernsten Zeit
sich entschlossen hinter ihn stellen und für die V e r t e i.
digung des Vaterlandes gegen die schänd.
lichen Pläne der Feinde Gm und Blut bis zum letz,
ten Atemzuge einsetzen wird.
Staatssekretär Dr. Sols in München.
München, SO. Sept. Staatssekretär Tr. Sols, der
gestern in München einiraf, wurde heu:e vom König
in Audienz empfangen und zur Tafel geladen. Er
hielt heute vormittag vor geladenem Publikum einen
Vortrag. Er sprach über den Krieg und die Kolonien.
Er legre die Gründe dar. die es für Deutschland zur
Notwendigkeit machten, überseeische Besitzungen zu er.
langen und z« erhalten. Machtvolitisch seien unsere ko.
lonialen Ziele rein defensiver Natur. Die Militarisie¬
rung Afrikas sei von Frankreich ausgegangen, wir hat.
ten sie nicht mitgemacht und wollten sie auch nicht mit.
machen. Er betonte weiter, daß unsere kolonialen
Kriegsziele unberührt vom Auf und Ab der kriegerischen
Geschehnisse stets die gleichen bleiben würden: Tie
Rückgabe der Kolonien und die Schaffung eines AuS.
gleich? unter den beteiligten Staaten.
Nus dem Kaeyvargevier.
./* Margretenhaun. Am 28. September ging die
letzte Sendung getrocknete? Laubheu der Darlehns¬
kaffe Böckels von Station Wiesen ab. Es wurden
in 3 Ladungen geliefert von den Schulen von
AllmuS (15'/« Ztr.), Almendorf (20 Ztr.), Margret« -
haun (66 Ztr.), Niederbieber (23 Ztr.) und Trais¬
bach (27 Ztr.); zusammen 157'/« Zentner.
* Hünfetd. Dem städtischen Wege - Aufseher
Rupp el wurde vom König das Allgemeine Ehren¬
zeichen in Silber verliehen.
a. Bad Salzschlirf. Ein hiesiger Einwohner
wurde wegen unbefugten Auslaufens'von
Butter zu einer Geldstrafe von 100 Mark verurteilt.
(!) Langenschwarz. Der Musketier und der Ka¬
nonier Scheu ring, Söhne desBlJoh. Scheuring,
wurden an d»r Westfront mit dem Eisernen Kreuz
ausgezeichnet.
X Schwanheim a. M. Mit Rotz und Wagen
trafen in der Nacht zum Freitag Diebe auf einem
hiesigen Baumstück ero,; zerschnitten dasj den Platz
umhegend? starke Drahtgitter und plündfzten die gai*J
tragenden Obstbäume vollständig, wobei sie etwa 8
bis 10 Zentner Obst erbeuteten, lind das geschah'
trotz des hier wohlorganisierten FeldbewachungS-^
dienstes. :
7,: Gelnhausen. Im Gettenöacher Forst fanden;
Pilzsammler einen Steinpilz, der daS sittliche:
Gewicht vou 1200 Gramm aufwies.
DHanar». Da» Hanauer Stadttheater, das'
im Dezember d. I- auf ein 150jährige» Bestehen!
zurückolicken kann, hat die dieswinterliche Spielzeit
am SamStag mit der Aufführung von ShakejtzeareO
Tragödie „Hamlet, Prinz von Dänemark", eröffnest
Die neuangeschaffte Stilbühne kam in diesem Stück-
zur besonderen Geltung. j
ft. Frankfurt a. M. Aus einem hiesigen Futter¬
stoffgeschäft wurden kürzlich gestohlen 180 Meter
Serge, 300 Meter Eisengarnfuttrr, 110 Meter Hosen-
taschrnfntter, 30 Meter Eroise, 10 Meter blauem
Filz, 85 Meter Aermelfutter, 161,85 Meter Buckskin,
zwei Anzüge und rin Mantel. Der Verbleib der
wertvollen Waren konnte bisher nicht ermittelt
werden.
* Kassel. Der 46 Jahre alte Fabrikarbeiter
Adolf Tb. hat durch Erhängen seinem Leben ein
Ende gemacht. Er soll die Tal begangen haben,
weil er durch einen Schicksalsschlag sein nicht unbe¬
trächtliches Vermögen verloren hatte.
(:) Lorsbach. Einbrecher stahlen aus der Leder«;
fabrik von Ruhl und Reichleser drei wenvolleTreib¬
riemen.
<p Oberursel. 29. Sept. Die Stadtverordnetem
Versammlung beschloß die Einrichtung einer städtischen
Milchwirtschaft. Als Grundstock hierzu schenkt«
Stadtverordneter Ludwig von Sans der Stadt 10
Kühe, die sich der betreffende Ausschuß selbst auS-
suchen kann.
)( Friedberg. Die in Aussicht genommene und
in den Bezirken Wiesbaden^ und Kassel bereits
durchgeführte Milchpreiserhöhung wird, wie aus
fachmännischen Kreisen mitgeteilt wird keine
Steigerung der Milcherzeugung hervorbriingenj
namentlich auch in Hessen, da hier. die Landwirt»
die Milch zu einem billigeren Preise als in den
Nachbarbezirken liefern müssen. Diese Tatsache
hat bereits bewirkt, daß im Monat September di»
Milcherzeugung schon sehr bedenklich zurückgegaw-
^"si ^Wiesbaden. Zur Bekämpfung der hier über-
band nehmenden nächtlichen Ladeneinbrüche stellt di«
Militärverwaltung auf Ersuchen und gegen billiges
Entgelt den Geschäften Nachtpoften zur Der-!
fügunq. .
i. Würzburg, Der 24jährige Bierbrauer Wrlh?
Schmitt von Binsbach hatte dem Bürgermeister«,
seines Orte? Fleischwaren gestohlen, die bei «inert
Haussuchung bei ihm gesunden wurden. Aus Wurs
hierüber zündete er in der Nacht vom 6. zum 7^
Mai die große DopPekschennedeS Bürgermeister«
an und legte sich bei Müblbansen auf das^ Bahn-s
gleise, wurde aber von der Lokomotive auf die Seite,
geschleudert. Er erlitt schwer^ Verletzungen und kam
inS Spital nach Arnstein. Nach seiner Heiluna wurde,
er verhaftet. Bei dem Brande wurde die Scheun«
mit allen Vorräten eingeäschert, auch 5 Schweinej
verbrannten. Da» Schwurger'chr verurteilte Schmitt,
zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis. .
-- -f— f
Aus Geisa und Umgebung. _
n AuS dem Geisaer Amte. Eine für die Krieg»-«
Chronik und Kriegs-Statistik intereflante und.
praktische Einrichtung hat der Stadtsekretär von,
Geisa, Herr R. Winter, getroffen. Er sammelt,
seit dem 1-. August 1914 sämtliche Nummern der,
,Fuldaer Zeitung" und der ,Weimarischen Staats-!
zeitung" als Erinnerung cm den Weltkrieg für die,
kommenden Geschlechter. Die seit Kriegsbeginn bls.
1917 einschließlich erschienenen Nummern betbet,
Zeitungen stehen bereits zu stattlichen Bänden ver¬
einigt im städtischen Archiv. Neben diesen haben
26 Bände der deutschen Verlustliste Aufnahme ge¬
funden. Die Namen aller auS dem Fuldaer Lande,,
dem Amte Geisa, dem 4. Verwaltungs-Bezirk Derm¬
bach überhaupt,, den Aemtern Hünfeld, Eiterfeld,
Hilders :c. verwu)»deten, gefallenen und vermißten?
Soldaten werden rot unterstrichen und, ,was^ dre
Geisaer Kriegsteilnehmer betrifft, in ein seit Kriegs¬
ausbruch besonders geführtes statistisches VerzerchnlS
unter Angabe der Seitenzahl der Verlustlisten ein¬
getragen. Von den aus Geisa bis jetzt eingezogene»
465 Kriegern sind 62 gefallen. Neben der Liste der
eingezo-enen Krieger führt Herr Stadtsekretär Wrn-
ler nc anderes Verzeichnis über die Gefallenen.
- --
Lokale». !
Fulda, 1. Oktober 1918!.
4t- Beförderung. Der Oberleutnant KarlWegner/
Sohn des Rentners Gottfried Wegner, Inhaber de»
Eisernen Kreuzes 1. u. 2. Kl., Führer einer Ffteger-
staffel im West-'N, wurde zum Haup mann beförderte
—* Web-, Trikot-, Wirk- und Strickgarne an»
Knnstwolle. Am 1. Oktober tritt eine Bekanntmachung
in Kraft, durch die Web., Trikot.. Wirk- und Strickgarns
aus Kunstwolle beschlagnahmt werden Ausge-
nommen sind die Strickgarne, die sich m .vanShaltnngen
oder hansgewerblichen Betrieben znm Zwecke der Ber^
arbeitung und diejenigen, die sich bei Fzikrasttrcten die.
ser Bekannimachung bereits in handclsfertiger Auf¬
machung für den Kleinverkanf m Warenhäusern oder
sonnigen offenen Ladengeschäften befinden. Tie Ver.
Äußerung und Lieferung an die KricgZwollLedcrf.Ak.
tiengescllschaft, Berlin SW. 48, Verl. Hedemannftr. 1/6.
ist gestattet. Lebnt diese einen Ankmü ab, so konn die
Freigabe der Garne bei der Sektion W. 1. der p-iegs.
Robftoff.Abteilung des Kriegsministeriums in Berlin
SW. 43, Verl. Hedcmannstr. 10, beantragt
Außerdem ist die Verarbeltuyg der in Frage kommen,
den Garne zur Herstellung solcher Halb, und Fertig.Er,
zeugnisie gestattet, deren Anfertigung von der Kriegs»
Rohitofl-Wtellung nachweislich gegen Delegschein ge.
nehmigt worden ist. Der Wortlaut der Bekanntmachung
ist auf dem Landratsamt einzujehen
—* Tierische und Pflanzliche Spinnstoffe. 8«;
1. Oktober tritt eine Nachlrogsbekanntmachung z^
per Bekanntmachung, betreffend Bestandserhebung
von tierischen und pflanzlichen Spinnstoffen usw.
vom 31. Mai 1916 in Kraft. Danach sind nunmehtz
'auch sämtliche au» Kunstwollen hergestellte Garne
und Seidenfäden, sowie Abschnitte, Abgänge und
Abfälle von den Fellen und Pelzen meldepflichiig,
die in der Bekanntmachung im einzelnen aufgeiührr
sind. Ferner enthält die Nachtraglbckanntmachung
neue Bestimmungen über die Meldescheine. Di»
ersten Meldungen über die am 1. Oktober vor^
handenen Vorräte haben bis zum 10. Oktober z«
erfolgen. Ter Wortlaut der Nachtragsbekanntmachung
ist auf dem Landratsamie ein^usehen.
(*) Schwurgericht. Für die am Montag den 21.
Okt. in Hanau unter dem Vorsitz des Herrn Land¬
gerichtsrat Grau beginnende Schwurgerichtsperiode
wurden u. a. folgende Herren als Geschworene au§«
gelost: Karl Zwenger, Kaufmantc Fulda; Fer¬
dinand Neitzert, Fabrikbesitzer Kommerzienrat,
Fulda; PiuS Kramer, Bierbrauereiüesitzer, Fulda;