Full text: Fuldaer Zeitung (1918)

frmgeit für die höheren Aufgaben, Ke er gesor8eri 
und erhalten hat. 
! Wenn man von „Dolksregierung" der von „Re- 
tzierung der nationalen Verteidigung" spricht, so 
muß das Regieren nicht im Sinne des Herrschen?, 
sondern des Arbeiten? auf gefaßt werden. Die 
Macht ist nur Mittel zum Zweck, nämlich zum 
Dienste am Daterlande. 'Kraftvolle Verteidigung 
bis zur Erlangung deS äußersten Friedens und 
sorgsame Pflege deS inneren Friedens müssen die 
allein leitenden Gesichtspunkte sein für alle Par¬ 
teien im Reichstage und alle Bürger im Reiche. 
Mehr als femals brauchen wir eine feste und 
fruchtbare Arbeitsgemeinschaft im Reichstage. Die 
ist aber, nur möglich, wenn auf dem Altar des Va¬ 
terlandes noch mehr Opfer gebracht werden als 
bisher, nämlich Opfer an parteipolitischem Eigen- 
nutz und Eigensinn. 
Die letzten Vorgänge. 
Die Zentrmns-Parl.-Korr. schreibt: Es ist jetzt 
nicht am Pkitze, der Entwicklung und Wende der 
Dinge nachzugehen, die im Grafen Hertling die 
Ueberzeiraurkg gefestigt haben, daß er sich nicht mehr 
in der Lage glaubte, an der Spitze der Regierung zu 
oerbleiben. Es genügt die Feststellung dex Tatsache, 
daß die Sozialdemokraten sich gewei¬ 
gert haben, in eine vom Grafen Hertling geleitete 
Regierung emzutreten und daß auch die Fraktion der 
fortschrittlichen Volkspartei im Reichs, 
tag dem Grafen Hertling das Vertrauen aufgekündigl 
hat. Das Zentrum hat dem auS feinen Reihen her« 
vmgegangenen Kanzler bis zuletzt uneingeschränktes 
Vertrauen bewahrt und es wird dem scheidenden 
Kanzler auch stets ein dankbare? Gedenken erhalten. 
Gras Hertling hat durchaus nicht immer die vom 
Zentrrrm gewünschte Politik gemacht, aber das hat 
die Partei nie abhalten können, dem Wollen Md 
Wircken des Reichskanzlers vertrauend gegenüber zu 
stehen. Ausschlaggebend für den Entschluß deS Reichs¬ 
kanzlers, dem Kaiser sein Rücktrittsgesuch zu unter¬ 
breiten, war die letzte interfraktionelle Besprechnng, 
in dar mit Nachdruck di; baldige Verleihung der Au¬ 
tonomie an Elfaß-Lothringen gefordert»nd 
von sozialdenjokratischer und freisinniger Seite die 
Aufhebung der Paragraphen 9,9 und 21.3 der 
Reichsdersassung verlangt wurde. Der erstere be¬ 
stimmt bekanntlich, daß niemand zugleich Mitglied 
des Bundesrats und des Reichstags sein könne, der 
letztere, daß jedes Mandat im Falle der dienstlichen 
Besörde.mng seines Inhabers erlischt, wenn eS sich 
um einen Reichs- oder Staatsbeamten handelt. Diese 
letztere Frage würde kaum zu Schwierigkeiten Anlaß 
gegeben haben: es konnte in der Tat niemand ernste 
Bedenken gegen die Aushebung des Artikels 21. 2 
haben, da die Wiederwahl «des also aus dem Parla¬ 
ment Aus scheidenden die fast lückenlose Reael war, 
also die Bestimmung in Wahrheit nur eine Belästig, 
ung der Wähler bedeutete. Was aber den Artikel 
9.2 anlangt, so ist die Haltung des Zentrums in die¬ 
ser Frage nicht einheitlich, doch wird sich die Fraktion 
an dem in Aussicht gestellten Antrag auf Aushebung 
dieser Paragraphen, für die sich auch die National¬ 
liberalen eingel-tzt haben, nicht beteiligen. Daß Graf 
Hertling der Forderung keine Sympathie entgegen-^ 
bringt, ist seit langem bekannt; um, der von der Mehr¬ 
heit der Volksvertretung indesien für notwendig ge¬ 
haltenen Entwicklung nicht hindernd im Wege zu 
.stehen, hat Graf Hertling seine Entlastung genom¬ 
men. Jedermann wird Respekt haben vor der Ueber- 
ieuaungstreue eines Staatsmannes, der sich nicht 
mtschließen konnte, in seinen alten Tagen umznler« 
ten und das Gegenteil einer Auffassung zu vertre- 
ht, die er während einer ganzen lanaen politischen 
Laufbahn verfochten hat. Graf Hertling war stets 
rnd ist heute noch ein unentwegter Anhänger des 
Monarchischen Regierunassystcms, dos die Krone un¬ 
beschränkt läßt in der Auswahl ihrer verantwortli« 
hen Ratgeber, und vermochte sich nickt zu entschsie- 
ien am Ende seines Lebens die Beschränkung der 
Krone auf den .Kreis einer Barlamentsmehrbeit 
brrchzufirhren. Für diese Beschränkung aber war die 
Aufhebung des Artikels 9, 2 zwar nicht in der Form 
sie absolute Voraussetzung., wohl aber praktisch das 
Wahr- und Wegzeichen. Allerdings ist seine Aufhe¬ 
bung durch den Entschluß des Kaisers formell noch 
nchj. erfolgt; die Entscheidung liegt in der Hand deS 
Vrmdesrats. 
Auch Herr v. Hintze? 
Berlin, 30. Sept. 1918. Die B. Z. am Mittag 
meldet den Rücktritt auch des Staatssekretärs des 
Auswärtigen Amts v. Hintze. 
Wie das Wolff-Büro hinzufügt, sei eine Bestäti- 
Sung der Meldung noch nicht zu erholten. An- 
»ahrscheinlich klingt es nicht. So ziemlich in der ge¬ 
samten deutschen Presse kam dieser Tage die lebhafte 
Bestürzung zum Ausdruck daß sich die"Reichsleitung 
anscheinend von den Ereignisien In Bulgarien völlig 
habe überraschen lassen. Diese Vorwürfe trafen vor 
allem den Leiter des Auswärtigen AmieS, sodaß 
sein Rücktritt nicht übeiraschen könnte. Herr von 
Hintze würde danach nur knapp ein Vier.eljahr die 
Leitung des Auswärtigen Amtes unter sich gehabt 
haben. Er wurde erst Mitte Juli dieses Jahres 
von seinem Gesandtenposten in Kristiania als Nach- 
folget Kühlmanns an die Spitze deS Answärtigen 
Amte? berufen. Die starken Hoffnungen, die man 
auf ihn setzte haben sich nach Ansicht führender 
Parlamentarier nicht erfüllt. Schon gelegentlich der 
Buricm-Note wurde man den Verdacht nicht los, daß 
unser Auuswärtiges Amt damals durch diesen wich¬ 
tigen Schritt unseres Verbündeten bis zu einem ge¬ 
wissen Grade überrumpelt worden lei, ein Verdacht, 
der durch die zögernde nachträgliche Zustimmung 
unserer Regierung nicht enikräftet werden konnte. 
Ob und wie weit es in eines Menschen Kraft ge¬ 
legen hätte, die Vorgänge in Bulgarien zu beein¬ 
flussen und aufzuhalten, lätzt sich z. Z. kaum beur¬ 
teilen, daß sie die Stellung deS Leiter? unseres 
Auswärtigen Amtes nicht befestigen konnten, liegt 
auf der Hand. 
Der Hanptansschnß 
tvcrt gestern mittag 2 Uhr zusammen. Die Sitzung wurde 
mit einer Erklärung deS Vizekanzlers v. Payer ein- 
geleiret. Dieser verlas den Erlaß deS Kaisers, 
in dem dem Grafen Hertling für seine patriotische Av. 
beit Dank ausgesprochen und das Abschiedsgesuch deS 
Kanzlers genehmigt wird. Vizekanzler v. Payer be. 
merkte, das das ganze Volk dem Kaiser aufrichtig für 
diesen Entschluß danken werde, und er bitte die Partei, 
führet, noch heute mit ihm zusammen über die Einzel¬ 
heiten dieser Durchführung zu beraten. Nach Herrn v. 
Payers Rede vertagte sich der Ausschuß. Die Besprv. 
chungen oer Parteirührer mit ihm über die Parlamen. 
tarisierung der Regierung begannen am Wend. 
Aus der Sitzung wird noch gemeldet, daß Vizekanz¬ 
ler v. Payer erklärte: wir haben die sichere Hoffnung, 
daß es uns gelingen wird, in kürzester Frist die für die 
Zukunft des Vaterlande» höchst bedeutsame Entwicklung 
zu eine unserer Einigkeit und Kraft stärkenden Lösung 
zu bringen." Zur Frage der Einberufung der Vollver- 
fammiung des Reichstags erklärte Präs? t sehren- 
bach, daß er darüber mit den Par ! und der 
Regierung verhandeln werde. Ein ■ -sammen- 
tritt des Plenums liege vorern . wenn die 
neue Regierung gebildet sei, werte ]i , Lage besser 
übersehen lassen. 
Die DesprMtMseit. 
* Berlin, 30. Sept. Die heutigen Besprechungen 
beim Vizekanzler v. Payer mit den Partei¬ 
führern ergaben Klarheit dahin, daß ein Koalitions¬ 
ministerium auS Vertretern aller Parteien der gegen¬ 
wärtigen politischen Lage nicht entiprechen würde, daß 
vielmehr das neu zu bildende Ministerium aus Mit¬ 
gliedern der Mehrheitsparteien unter Zu¬ 
ziehung der Nationalliberalen bestehen solle. 
Für die diese Lösung sprachen sich die Vertreter der 
Mehrheitsparteien und der >, asionalliberaken aus. 
Das neue Ministerium wird auf der Grundlage der 
Programms stehen, das die Mehrheilsparteien während 
der letzten Tage für die zu verfolgende Innen- und 
Außenpolitik vereinbart haben. Ueber die Personen- 
fragen sind Entscheidungen bis zur Stunde noch 
nicht gefallen. 
* Reichstagspräsident Frhrenbach gab in der 
Montagssitzung deS Reichshaushaltsausschusses folgen¬ 
de Erklärung ab: Das „Berl. Tagbl.-hat behauptet, 
ich hätte dem Reichskanzler im Aufträge der Mehr¬ 
heitsparteien das Unhaltbare der Lage geschildert. 
Davon kann keine Rede sein. Seitdem ich Reichs¬ 
tagspräsident bin, habe ich an den Verhandlungen 
der Parteien nicht mehr teilgenommen und kann 
daher auch nicht ihr Vertrauensmann sein. Am 
Freitag schickte mir der Kanzler eine Einladung zu 
einer Rücksprache auf SamStag abend 6 Uhr. Dieser 
Einladung, die an mich in meiner Eigenschaft als 
Präsident deS Reichstages erging, habe ich entsprochen. 
* Nationale Verteidigung. Der sozialdemokratisch» 
»Vorwärts bringt einen Artikel, der di« möglichen 
Gefahren in den schwärzesten Farben an die Wand 
mast: 
„Dann (nach dem Abfall aller Bundesgenossen) 
stehen wir, deutsch-S Voll, allein gegen Franzokn, (?r.g. 
länder, Italiener, Amerikaner und ihre zahllosen Hilf?. 
Völker und kämpfen mit dem Rücken an der Wand, den 
Untergang vor unseren Augen. Mitlosigkeit bemächtigt 
sich der Soldaten, die Westfront bricht, der Feind strömt 
in unser Land. Deutsche Städie geben in Rauch und 
Flammen auf. Flüchtlingssckaren wälzen sich ostwärts, 
ihr Zug vermischt sich mit dem de? ordnungslo? zurück, 
flutenden Heeres, dringt in alle Städte ein und ver¬ 
breitet überall den Geist hoffnungsloser Niedergeschla. 
genheit. Die Nahrungsmittelzufuhr versagt jetzt ganz. 
Auf den Straßen sieht man Menschen, die sich plötzlich 
um sich selber drehen und dann niederstürzen, vom Hun. 
ger getötet. Es gibt keine Kohlen meBr,. folglich lein 
Licht und keine Straßenbahn, die Industrie stockt, ent¬ 
läßt ihre Arbeiter. In Millionen Familien sagt man 
sich, wie gut e? noch war. als man feine sieben Pfund 
Kartoffeln und feine vier Pfund Brot die Woche hatte, 
und daß man jetzt erst weiß, was uackw? Elend ist. 
Hunderttausende sterben, eine DabnsinnSstimrnUng be. 
"-ächttgt sich der Ueberlebenden. Aufstände brechen aus, 
die man mit blutiger Gewalt niederzuschlagen versuch» 
Statt des Krieges dnaußen der.Krieg daheim. Schützen, 
graben äu den Strafen, Masch'>engewehre in den 
Häusern, Leichen von Männern, Frauen und Kindern 
auf dem Pflaster. Man stirbt, stirbt alle Tode. Durch 
den Hunger, die Kugeln, die Seuchen, die im Gefolge 
dieser Schrecken nicht ausbleiben. Inzwischen verhan¬ 
delt die Regierung, die dritte, sünste, siebente, die seit 
dem Sturze der letzten eingesetzt ist, mit den Gegnern. 
Da sie keine Widerstandskraft mehr hinter sich weiß, 
gibt sie dem Feinde alles, wa? er haben will, Land, den 
Goldschatz der RcichSbank, stellt Milliardenwechsel über 
Milliardcnwechsel auS, geht jede Verpflichtung ein, die 
man ihr »bvreßt, denn sie muß ja Frieden haben, Frie. 
den um jeden Preis! Aber dieser Frieden wird kein 
Frieden sein, der nährt! Er wird die Hölle auf 
Erden sein wird schlimmer sein als selbst der Krieg!" 
Daraus folgert der „Vorwärts": »Wer hat daS 
Herz, sein eigenes Volk einem solchen unbeschreiblichen 
Jammer auSznsehen, wenn er es überhaupt noch hin. 
dern kann? Darum mutz die Westfront fest 
bleiben. Jeder muß sich dessen bewußt sein, daß es 
jetzt auf ihn mehr ankommt als je. Jetzt handelt es 
sich wirklich nicht um Eroberungen, jetzt handelt es sich 
darum, in Ordnung und ohne unerträgliche. Belastung 
zum Frieden zu kommen. Me Wahrscheinlichkeit spricht 
dafür, daß es jetzt nicht mehr lauge dauern 
kann. Die Standhaftigkeit einiger Wochen kann das 
Elend vieler Jahre ersparen. Die Regierung muß alles 
tun, um sobald wie möglich zusammen mit den Ver¬ 
bündeten an den Konserenzt'sch zu kommen. Es wird 
eine Regierung der deutschen Demokra. 
t i e sein müssen, die zur Konferenz geht und Garantien 
dafür sind Notwendig, daß sie nicht nur dam bestellt ist, 
die früher Verantwortlichen von den llnannehmlich. 
keiten de? Friedensschlusses zu entlasten, sondern daß 
sie dazu da ist, nach dem Dillen des Volkes zu bleiben 
und über die dauernde Erhaltung des Friedens zu 
wachen. Die Reaierung, die an den Friedensschluß 
geht, muß eine Volksregierung sein, die das 
ganze Volk hinter sich hat. 
Hinter dem Alarmruf steckt wohl etwas Partei¬ 
tendenz, da die äußerste Linke ihre „Unerttbehrlich- 
keit" reckt drastiich geltend macken möchte; aber im 
letzten Grunde ist der Aufruf, daß wir uns alle um 
eine Reqierung der nationalen Verteidi¬ 
gung scharen sollen, wohl zeitgemäß. 
Der Waffenstillstand an der bulga¬ 
rischen Front abgeschloffen? 
vtb Berlin, 30. Sept. Der französische Fnnk- 
spruch meldet unter dem 29. September: Heute nacht 
ist ein Waffenstillstand zwischen den bul¬ 
garische» Abgesandten «nd dem Hauptquartier der 
Orientarmee in Saloniki unterzeichnet worden. 
Es ist aus der ganzen Front der Befehl gegeben 
worden, die Feindseligkeiten «inznstellen. 
Bemerkung des W. T.-B.: Nach hier vorliegenden 
Nachrichten sind die Bedingungen des Waffenstill¬ 
standes der Regierung in Sofia noch nicht bekannt. 
Durch dieses Telegramm werden die nächst!-on^ 
Meldungen zum Teil überholt. 
, Die Lage in Bulgarien. 
* Berlin, 30. Sept. Nach den bis gestern abend 
an unterrichteter Stelle bekannt gewordenen Nach¬ 
richten ist in Sofia eine entscheidende Wendung zum 
Bessern zurzeit nicht eingetreten. In militärischer 
Hinsicht kann allerdings nach allem, waS man hört» 
eine Beflerung festgestellt werden; aber die p o l i t i s ch e 
Lage bleibt nach wie vor sehr bedenklich, da 
es den Anhängern deS Bündnisses bisher noch nicht 
gelungen ist, Malinow auszuschalten und seinen 
Bittgang zur Entente Lügen zu strafen. Dos bul¬ 
garische Heer muß unter diesem tiefgehenden inneren 
Zwist, der daS Land in zwei Lager spaltet, natnr- 
gemäß sehr leiden. 
Berlin, 80. Sept. CS tritt immer deutlicher in 
Erscheinung, daß die Gründe, die den Verhängnis- 
vollen Umschwung in Bulgarien herbeigeführt haben, 
im wesentlichen nicht militärischer Natur gewesen 
sind. Die maßlosen Parteikämpfe im Lande, 
bolschewistische Umtriebe, wild; Gerüchte über die 
Kriegslage und die von bündn.iSfeindlichen Elementen 
in Bulgarien selbst geförderte Ententepropaganda 
sind auch in die Arme« gedrungen und haben an 
der Widerstandskraft des sonst so tapferen Heeres 
gezehrt. An maßgebender Stelle wird die Gestaltung 
der Dinge auf dem Balkan immer no h ruhig und 
zuversichtlich verfolgt. Die Bündnis:reue des Königs 
von Bulgarien ist über jeden Zweifel erhaben. Mi 
VenUgkuung dürfen wir insbesondere feststellen, daß' 
auch die Presse in Oesterreick-Ungarn die durch 
Bulgariens Schwanken geschaffene Lage durchaus 
ruhig beurteilt. Auch die Bevölkerung in der ver¬ 
bündeten Monarchie hat ihre Ruhe bewahrt. Sie darf 
gewiß sein, daß sich das deutsche Volk heule mehr 
denn je mit ihr verbunden fühlt und von dem Ge¬ 
danken durchdrungen ist, daß ein gesichertes Oester- 
reich und ein starkes Ungarn unbedingt im Jnlereff« 
des Deutschen Reiches liegt. 
König Ferdinand. 
* Berlin, 30. Sept. Nach neueren Meldungen 
ist Könia Ferdinand von Bulgarien nicht in Wien 
eingetroffen; nur seine beiden Töchter. Der König 
befindet sich in Sofia. 
Köms Ferdinand an Kaiser Wilhelm. 
Berlin, 30. Sept. (Privattelegrowm.) Wir wir 
bestimmt hören, hat König F e r d in a n d von 
Bulgarien an Kaiser Wilhelm ein Tele¬ 
gramm gerichtet, in dem er ihm in gleicher Weise« 
wie in seinem Telegramm cm den Kaiser von Oester¬ 
reich seine Bundestreue versichert. 
Sawow Oberbefehlshaber? 
* Berlin, 30. Sept. Rach dem „Lokalanzeiger" 
ist dem General Sawow der Oberbefehl über die 
bulgarische Armee übertragen worden. 
Unser Gesandter in Sofia. 
In einem Berliner Abendblatt werden Angriffe 
gegen den deutschen Gesandten in Sofia gerichtet. 
Unter anderem wird Kritikr daran geübt, daß er sich 
im Sommer vierzehn Tage der Erholung in einem 
deutschen Bade gegönnt hat. Diese Angriffe weist 
die „Nordd. Allg. Ztg." zurück. Gras Oberndorf 
habe die Pflichten seines Amtes mit der größten 
Sorgfalt wahrgenommen und auch die Lage in Bul¬ 
garien jederzeit zutreffend beurteilt. 
Der Friedenspreis jür Bulgarie«. 
«-tb Amsterdam, 29. Sept. Reuter erfährt, daß 
die englische Antwort auf das bulgarische Gesuch um 
einen Waffenstillstand bereits in der Antwort des 
Oberbefehlshabers der alliierten Armeen in Maze¬ 
donien gegeben worden sei. In dieser Antwort 
werde vollkommen deutlich angegeben, daß die mili¬ 
tärischen Operationen nicht " unterbrochen werden 
könnten. Was den Antrag angehe, daß bevollmächtigte 
bulgarische Vertreter mit den Alliierten über den 
Frieden verhandeln sollten, so sei der Regierung in 
Sofia deutlich zu verstehen gegeben worden, daß der 
Abschluß eine? Friedens mit Bulgarien in notwendiger 
Weise den völligen Bruch der bulgarischrjn 
Regierung mit derTürkei und gleichfalls 
mit Deutschland und Oesterreich-Ungarn 
in sich schließe. Die alliierten Regierungen würden 
natürlich jede Bürgschaft fordern, welche sie für not¬ 
wendig erachteten, um ihre militärischen Operatione n 
zu sichern und das Senden deutscher T r u p p en 
nach Bulgarien zu verhindern. Es handele sich darum, 
ein solches militärisches Abkommen zu schließen, daß 
die Operckstonen der Alliierten auf dem Balkan von 
bulgarischer Seite nicht mehr bedroht würden. Dieses 
schließe die Demobilisierung der bulgarischen 
Armee oder deren Verwendung an anderer Stelle 
gegen die heutigen Bundesgenossen Bulgarien in sich. 
Hinsichtlich des Landbesitzes werde nichts ohne Serbien 
und Griechenland geschehen. Aber eine der Be- 
dingunaen eines vorläufigen Abkommens müsse die 
Räumung all deS Gebietes außerhalb 
Bulgariens durch die BMgaren sein, welches 
von den bulgarischen Armeen seit Ausbrnch des Krieges 
besetzt worden ist. 
Nach diesen' Erläuterungen Reuters könnte sich 
Bulgarien ungefähr den Frieden ausmalen, den ihm 
die Entente zu gewähren bereit wäre. Vollständige 
Wehrlosmachung, Aufgabe aller auch berechtigter 
nationalen Errungenschaften, Auslieferung an die 
Gnade Serbien- und Griechenlands und dann: 
Warten, was die Entente weiter über Bulgariens 
Schicksal beschließen wird. Mlt anderen Worten: 
Freiwillig den Kopf aus den Block! Aus diesen 
Friedensbedingungen für Bulgarien kann auch jeder 
Deutsche ohne Mühe ersehen, was für ein Schrckml 
Deutschland bevorstünde, wenn es gezwungen wäre, 
einen von der Enteutr datierten Frieden über sich 
ergehen zu lassen. 
Gegen unwürdigen Kleinmut. 
Auf ein Huldigungstelegramm der siebenten Ta¬ 
gung des Vereins rheinisch.westfälischer Landgemeinden 
an den Kaiser lief eine Anttvöridepesche ein, in der es 
beißt: „Der Rückblick auf die wunderbaren Erfolge un. 
serer heldenmütigen Söhne und ihrer genialen Führer 
bewahrt das deutsche Volk auch in den Wechselfällen 
des Krieges vor unwürdigem Kleinmut und 
unberechtigten Zweifeln. Unbeirrt ist es 
entschlossen, den ihm aufgezwungenen Verteidigungs- 
kampf bis zum siegreichen Ende durchzuführen, damit 
das Vaterland gegen feindliche Vergewaltigung dauernd 
geschützt und gesichert wird." 
Aus ein Huldigungstelegramm der Vaterlandspartci 
an den Kaiser lief eine Antworr ein, der Kaiser habe die 
zuversichtliche Hoffnung, daß das deutsche Volk in allen 
seinen Gliedern in dieser schweren und ernsten Zeit 
sich entschlossen hinter ihn stellen und für die V e r t e i. 
digung des Vaterlandes gegen die schänd. 
lichen Pläne der Feinde Gm und Blut bis zum letz, 
ten Atemzuge einsetzen wird. 
Staatssekretär Dr. Sols in München. 
München, SO. Sept. Staatssekretär Tr. Sols, der 
gestern in München einiraf, wurde heu:e vom König 
in Audienz empfangen und zur Tafel geladen. Er 
hielt heute vormittag vor geladenem Publikum einen 
Vortrag. Er sprach über den Krieg und die Kolonien. 
Er legre die Gründe dar. die es für Deutschland zur 
Notwendigkeit machten, überseeische Besitzungen zu er. 
langen und z« erhalten. Machtvolitisch seien unsere ko. 
lonialen Ziele rein defensiver Natur. Die Militarisie¬ 
rung Afrikas sei von Frankreich ausgegangen, wir hat. 
ten sie nicht mitgemacht und wollten sie auch nicht mit. 
machen. Er betonte weiter, daß unsere kolonialen 
Kriegsziele unberührt vom Auf und Ab der kriegerischen 
Geschehnisse stets die gleichen bleiben würden: Tie 
Rückgabe der Kolonien und die Schaffung eines AuS. 
gleich? unter den beteiligten Staaten. 
Nus dem Kaeyvargevier. 
./* Margretenhaun. Am 28. September ging die 
letzte Sendung getrocknete? Laubheu der Darlehns¬ 
kaffe Böckels von Station Wiesen ab. Es wurden 
in 3 Ladungen geliefert von den Schulen von 
AllmuS (15'/« Ztr.), Almendorf (20 Ztr.), Margret« - 
haun (66 Ztr.), Niederbieber (23 Ztr.) und Trais¬ 
bach (27 Ztr.); zusammen 157'/« Zentner. 
* Hünfetd. Dem städtischen Wege - Aufseher 
Rupp el wurde vom König das Allgemeine Ehren¬ 
zeichen in Silber verliehen. 
a. Bad Salzschlirf. Ein hiesiger Einwohner 
wurde wegen unbefugten Auslaufens'von 
Butter zu einer Geldstrafe von 100 Mark verurteilt. 
(!) Langenschwarz. Der Musketier und der Ka¬ 
nonier Scheu ring, Söhne desBlJoh. Scheuring, 
wurden an d»r Westfront mit dem Eisernen Kreuz 
ausgezeichnet. 
X Schwanheim a. M. Mit Rotz und Wagen 
trafen in der Nacht zum Freitag Diebe auf einem 
hiesigen Baumstück ero,; zerschnitten dasj den Platz 
umhegend? starke Drahtgitter und plündfzten die gai*J 
tragenden Obstbäume vollständig, wobei sie etwa 8 
bis 10 Zentner Obst erbeuteten, lind das geschah' 
trotz des hier wohlorganisierten FeldbewachungS-^ 
dienstes. : 
7,: Gelnhausen. Im Gettenöacher Forst fanden; 
Pilzsammler einen Steinpilz, der daS sittliche: 
Gewicht vou 1200 Gramm aufwies. 
DHanar». Da» Hanauer Stadttheater, das' 
im Dezember d. I- auf ein 150jährige» Bestehen! 
zurückolicken kann, hat die dieswinterliche Spielzeit 
am SamStag mit der Aufführung von ShakejtzeareO 
Tragödie „Hamlet, Prinz von Dänemark", eröffnest 
Die neuangeschaffte Stilbühne kam in diesem Stück- 
zur besonderen Geltung. j 
ft. Frankfurt a. M. Aus einem hiesigen Futter¬ 
stoffgeschäft wurden kürzlich gestohlen 180 Meter 
Serge, 300 Meter Eisengarnfuttrr, 110 Meter Hosen- 
taschrnfntter, 30 Meter Eroise, 10 Meter blauem 
Filz, 85 Meter Aermelfutter, 161,85 Meter Buckskin, 
zwei Anzüge und rin Mantel. Der Verbleib der 
wertvollen Waren konnte bisher nicht ermittelt 
werden. 
* Kassel. Der 46 Jahre alte Fabrikarbeiter 
Adolf Tb. hat durch Erhängen seinem Leben ein 
Ende gemacht. Er soll die Tal begangen haben, 
weil er durch einen Schicksalsschlag sein nicht unbe¬ 
trächtliches Vermögen verloren hatte. 
(:) Lorsbach. Einbrecher stahlen aus der Leder«; 
fabrik von Ruhl und Reichleser drei wenvolleTreib¬ 
riemen. 
<p Oberursel. 29. Sept. Die Stadtverordnetem 
Versammlung beschloß die Einrichtung einer städtischen 
Milchwirtschaft. Als Grundstock hierzu schenkt« 
Stadtverordneter Ludwig von Sans der Stadt 10 
Kühe, die sich der betreffende Ausschuß selbst auS- 
suchen kann. 
)( Friedberg. Die in Aussicht genommene und 
in den Bezirken Wiesbaden^ und Kassel bereits 
durchgeführte Milchpreiserhöhung wird, wie aus 
fachmännischen Kreisen mitgeteilt wird keine 
Steigerung der Milcherzeugung hervorbriingenj 
namentlich auch in Hessen, da hier. die Landwirt» 
die Milch zu einem billigeren Preise als in den 
Nachbarbezirken liefern müssen. Diese Tatsache 
hat bereits bewirkt, daß im Monat September di» 
Milcherzeugung schon sehr bedenklich zurückgegaw- 
^"si ^Wiesbaden. Zur Bekämpfung der hier über- 
band nehmenden nächtlichen Ladeneinbrüche stellt di« 
Militärverwaltung auf Ersuchen und gegen billiges 
Entgelt den Geschäften Nachtpoften zur Der-! 
fügunq. . 
i. Würzburg, Der 24jährige Bierbrauer Wrlh? 
Schmitt von Binsbach hatte dem Bürgermeister«, 
seines Orte? Fleischwaren gestohlen, die bei «inert 
Haussuchung bei ihm gesunden wurden. Aus Wurs 
hierüber zündete er in der Nacht vom 6. zum 7^ 
Mai die große DopPekschennedeS Bürgermeister« 
an und legte sich bei Müblbansen auf das^ Bahn-s 
gleise, wurde aber von der Lokomotive auf die Seite, 
geschleudert. Er erlitt schwer^ Verletzungen und kam 
inS Spital nach Arnstein. Nach seiner Heiluna wurde, 
er verhaftet. Bei dem Brande wurde die Scheun« 
mit allen Vorräten eingeäschert, auch 5 Schweinej 
verbrannten. Da» Schwurger'chr verurteilte Schmitt, 
zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis. . 
-- -f— f 
Aus Geisa und Umgebung. _ 
n AuS dem Geisaer Amte. Eine für die Krieg»-« 
Chronik und Kriegs-Statistik intereflante und. 
praktische Einrichtung hat der Stadtsekretär von, 
Geisa, Herr R. Winter, getroffen. Er sammelt, 
seit dem 1-. August 1914 sämtliche Nummern der, 
,Fuldaer Zeitung" und der ,Weimarischen Staats-! 
zeitung" als Erinnerung cm den Weltkrieg für die, 
kommenden Geschlechter. Die seit Kriegsbeginn bls. 
1917 einschließlich erschienenen Nummern betbet, 
Zeitungen stehen bereits zu stattlichen Bänden ver¬ 
einigt im städtischen Archiv. Neben diesen haben 
26 Bände der deutschen Verlustliste Aufnahme ge¬ 
funden. Die Namen aller auS dem Fuldaer Lande,, 
dem Amte Geisa, dem 4. Verwaltungs-Bezirk Derm¬ 
bach überhaupt,, den Aemtern Hünfeld, Eiterfeld, 
Hilders :c. verwu)»deten, gefallenen und vermißten? 
Soldaten werden rot unterstrichen und, ,was^ dre 
Geisaer Kriegsteilnehmer betrifft, in ein seit Kriegs¬ 
ausbruch besonders geführtes statistisches VerzerchnlS 
unter Angabe der Seitenzahl der Verlustlisten ein¬ 
getragen. Von den aus Geisa bis jetzt eingezogene» 
465 Kriegern sind 62 gefallen. Neben der Liste der 
eingezo-enen Krieger führt Herr Stadtsekretär Wrn- 
ler nc anderes Verzeichnis über die Gefallenen. 
- -- 
Lokale». ! 
Fulda, 1. Oktober 1918!. 
4t- Beförderung. Der Oberleutnant KarlWegner/ 
Sohn des Rentners Gottfried Wegner, Inhaber de» 
Eisernen Kreuzes 1. u. 2. Kl., Führer einer Ffteger- 
staffel im West-'N, wurde zum Haup mann beförderte 
—* Web-, Trikot-, Wirk- und Strickgarne an» 
Knnstwolle. Am 1. Oktober tritt eine Bekanntmachung 
in Kraft, durch die Web., Trikot.. Wirk- und Strickgarns 
aus Kunstwolle beschlagnahmt werden Ausge- 
nommen sind die Strickgarne, die sich m .vanShaltnngen 
oder hansgewerblichen Betrieben znm Zwecke der Ber^ 
arbeitung und diejenigen, die sich bei Fzikrasttrcten die. 
ser Bekannimachung bereits in handclsfertiger Auf¬ 
machung für den Kleinverkanf m Warenhäusern oder 
sonnigen offenen Ladengeschäften befinden. Tie Ver. 
Äußerung und Lieferung an die KricgZwollLedcrf.Ak. 
tiengescllschaft, Berlin SW. 48, Verl. Hedemannftr. 1/6. 
ist gestattet. Lebnt diese einen Ankmü ab, so konn die 
Freigabe der Garne bei der Sektion W. 1. der p-iegs. 
Robftoff.Abteilung des Kriegsministeriums in Berlin 
SW. 43, Verl. Hedcmannstr. 10, beantragt 
Außerdem ist die Verarbeltuyg der in Frage kommen, 
den Garne zur Herstellung solcher Halb, und Fertig.Er, 
zeugnisie gestattet, deren Anfertigung von der Kriegs» 
Rohitofl-Wtellung nachweislich gegen Delegschein ge. 
nehmigt worden ist. Der Wortlaut der Bekanntmachung 
ist auf dem Landratsamt einzujehen 
—* Tierische und Pflanzliche Spinnstoffe. 8«; 
1. Oktober tritt eine Nachlrogsbekanntmachung z^ 
per Bekanntmachung, betreffend Bestandserhebung 
von tierischen und pflanzlichen Spinnstoffen usw. 
vom 31. Mai 1916 in Kraft. Danach sind nunmehtz 
'auch sämtliche au» Kunstwollen hergestellte Garne 
und Seidenfäden, sowie Abschnitte, Abgänge und 
Abfälle von den Fellen und Pelzen meldepflichiig, 
die in der Bekanntmachung im einzelnen aufgeiührr 
sind. Ferner enthält die Nachtraglbckanntmachung 
neue Bestimmungen über die Meldescheine. Di» 
ersten Meldungen über die am 1. Oktober vor^ 
handenen Vorräte haben bis zum 10. Oktober z« 
erfolgen. Ter Wortlaut der Nachtragsbekanntmachung 
ist auf dem Landratsamie ein^usehen. 
(*) Schwurgericht. Für die am Montag den 21. 
Okt. in Hanau unter dem Vorsitz des Herrn Land¬ 
gerichtsrat Grau beginnende Schwurgerichtsperiode 
wurden u. a. folgende Herren als Geschworene au§« 
gelost: Karl Zwenger, Kaufmantc Fulda; Fer¬ 
dinand Neitzert, Fabrikbesitzer Kommerzienrat, 
Fulda; PiuS Kramer, Bierbrauereiüesitzer, Fulda;
	        
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