Full text: Bonifatiusbote (1916)

61 
*& 
«.icksk-mzler Bethmcum Hollloeg aus dem 
da^^zartiere zurückkehrte, die Erkrankung 
«SSfreiärS des Reichsmarineamtes v. Tirpitz 
will Miau auf DLernrmgsVerschieden- 
iMiehen mit dem Reichsanzler wegen der 
'T^sitik für die der Kanzler allein verant- 
:<r* x. 01,bcve sehen den Grund des Rücktritts 
"tfy !! ^Verschiedenheiten der Fachmänner über 
Ä« der Flotte zu Vorkriegszeiten 
^«besser war, mehr Kamtzsschisfc zu bauen, 
»JL y-Boote und Kleinkriegszeuge — wieder 
"Riechen von Meinungsverschiedenheiten über 
dS des U-Bootkrieaes. Einen praküschen 
Kn alle diese Betrachtungen nicht und schon 
auf das aufhorchendee Ausland sollte 
»Miterlassen. Ein Grund zu Befürchtungen, 
s der Rücktritt des Herrn von Tirpitz eine 
1 - j unserer Wehrkraft zur See bedeute, liegt 
Aenßerst beruhigend wirkt es in dieser 
I jedenfalls, daß der zurückgctretene Großad- 
,a«rn Nachfolger erhalten hat in Herrn von 
der stets seine rechte Hand gewesen ist, der 
Bürgschaft dafür leistet, daß derselbe Faden 
' nnen wird — in derselben Nummer und 
Flotte, die jetzt mit „Capelle" vorwärts 
Wlhweiterhin der Schrecken Englands bleiben 
«i jftrm Teil dazu beitragen wird, den „Herrn 
Kote" nirderzuzwingen. 
Im Reichstag, 
hu 15. März ivieder zusammengetreten ist, hat 
'"'der Reichssäckelmeister, Staatssekretär Dr. 
eine große Rede gehalten, in der er seine 
■- auseinandersetzte und gleichzeitig die 
Mitteilung machte, daß die Kricgsaus- 
„ d«z Bundes der Mittelmächte nur halb so 
s«d, wie die unserer Gegner und daß die mo- 
iihen Ariegscutsgaben im Drrrchschititt geringer 
sind, als sie in den letzten Monaten des 
1915 waren, woraus hervorgehl, daß die 
-*n unserer Gegner auf einen Erschopfuugs- 
Mßchs Aussichten auf Gelingen verloren haben; 
Lrjchäpsungstaktrk unserer Feinde ist eine 
die vorne stumpf und hinten scharf ist. Die 
werderi sich selber schneiden und eher blut- 
wie wir, dafür wird ohne Zweifel auch 
reue Kriessauleihe den Beweis liefern. Was 
Etvmpline der Regierung betrifft, so hat noch 
Hustle begeisterte Steuerzahler zu erzen- 
m: „Verschon' mein Haus, zünd' andere 
MsivG der Kchrveim aller Interessenten, an die 
«sch wendet, und so konnte denn auch Tr. Helf- 
pchcharn Beifallsjubel erwarten, auch wenn er 
rot sein«, Geheimräten statt der raschen Gelegenheits- 
®t*tt dez neuen Steu.rbuketts ein noch so abgrund- 
Dchtes, wurzelstark aufgebautes Steuerwerk 
»hätte. Vielfach hat man gemeint, nran solle 
: mit Ausnahme etwa dev Kriegsg» swinn- 
pt keine neue Steuern machen und 
sichte bis 'nach beni Kriege verschieben, 
) den Fehlbetrag von 500 Millionen, der vor 
durch die Verzinsung der Kriegsanleihen ent- 
^jüt, mit neuen Anleihen decken. Staatssekre- 
m Mench hält das nicht für richtig, er ist über- 
d«h das deutsche Volk trotz des Krieges diese 
^ i*** 600 Millionen tragen kann. Dieser Satz 
jt ?«istmiKrs«higkeit des Rutschen Volkes läßt 
mcht bestreiten, wenn mau ihn wertet 
■fr w der Opferwilligkeit, an die wir alle 
dieser schweren Kriegszeit gewöhnt haben. 
H^^kmsland nimnrt das Volk trotz der Rieder- 
MM Mißerfolge neue Lasten auf sich und wol- 
t,? uns von England mcht b.'jchämen lassen. 
Uchrchenhast dickes Steuerbündel, das noch 
, Zchoner mcd ungefüger ist als das Helsterich- 
*"•*&«« hat, so dürfen wir die Pille nicht 
Munde herrumdrchen, sondern müssen sie 
schlucken. Jetzt, wo Hicndcrttausendc 
«s Letzte für die Heimat hingeben, ist keine 
^sgen theoretischen Auseinandersetzilngen 
Ve und ungerechte, soziale und unsoziale 
„ sl^ute entscheidet wie beim Angriff im 
Schnelligkeit der Bewegung. Immerhin 
recket,ur Reichstag dankbar sein, wenn er 
^viele Schönheitsfehler an den vorgeschla- 
dch O^lteuern beseitigen wird. Die Hauplsachc 
rasch zn Hand bekommen, das 
""hsstcucrn herrührt und nicht die Le- 
~ „ Massen beeinträchtigt. Am wenig- 
8 findet wohl die 
Tabaksteuer. 
^^Aahr für Jahr eine Milliarde Mark 
lassen, so tut cs nicht sonderlich 
l"**8 statt 185 Millionen Abgaben 840 
Millionen jährlich anfgepackt werden. Denn auch 
damr briirgen wir noch nicht die Hälfte des Rauch- 
opfers, das schon lange vor dem Kriege den Fran¬ 
zosen, den Italienern und Spanier« zugcmutet wor¬ 
den ist, qualmen wir noch nmner vorteilhafter als 
Oesterreicher und Engländer. 
Das preußische Abgeordnetenhaus 
beschäftigte sich in der verflossenen Woche mit dem 
Kultusetat. Früher gab es dabei fast immer heftige 
Kämpfe und Szene», wie sie scharzer und hitziger 
fast im ganzen Jahre kaum ausgjjfochten wurden.. 
Es kam damit die alte Erfahrung zum Ausdruck, daß 
Fragen der Schule und der Kirche, der Erziehung 
und der Religion die Gemüter immer noch am tief¬ 
sten bewegen mid die Gegensätze am nieisten schärfen. 
Im Krieg ist es anders geworden. Wohl har man 
in der Kommission in sachlicher Strenge und im 
Geist«' gegenseitigen Derstelenwollens über die 
gegenseitigen Beschwerden gesprochen, der Kommis¬ 
sionsbericht enthält aber nichts von diesen Auseinan¬ 
dersetzungen. Das läßt die Hoffnung wach werden, 
die von verschiedenen Rednern ausgesprochen wor¬ 
den ist, daß wir diese gute neue Art, das Trennende 
zu überbrücken, aus dem Krieg mit hinüber in die 
Fni tenszeit retten werden. „Den Zwiespalt der 
religiösen Anschauungen in Deutschland können wir, 
wie das der Zentrumsabg. Stistspropst Kaufmann 
mit Recht hervorhob, nicht aus der Welt schaffen. 
Wer davon überzeugt ist, die Wrhrheit zu besitzen, 
wird seine religiösen Anschauungen als das kostba sie 
Gut für Zeit und Ewigkeit festhalten, jed,' Flau¬ 
macherei und Verwasch-icheit ist da ein großes Hebel. 
Mer bei dem treuen Festhalten an den religiösen 
Wahrheiten des eigenen Bekenntnisses müssen wir in 
Deutschland gemeinsam arbeiten an der Größe und 
weiteren Entwicklung des Geistes! Heus uns« e aS- 
liebten Vaterlandes und untereinander Duldung 
üben ober, um ein Wort zu gebruuben, das einmal 
ein katholischer Pfarrer vor Friedrich Wilhelm IV. 
bei einem Besuch d r Rheinlande anssprach: „Nicht 
dulden, lieben wollen wir uns!"" 
Wohl noch niemals hat ein Zentrirmsredner beim 
Kultusetat so allgemeinen Beifcül auch bei den Kon¬ 
servativen und Liberalen gefunden, wie Dr. Heß, als 
er am Schluß seiner Rede an Bismarck erinnerte, der 
in diesen Tagen als das Symbol deutscher Kraft und 
Einheit vor uns stehe und „uns längst nicht niehr 
das ist, was uns trennt, sondern das was uns 
eint." Leider müssen wir bei der Beschränktheit 
des Raumes es uns versagen, aus den großen pro¬ 
grammatischen Reden Einzelheiten hervor-uheben, 
erwähnt sei nur, daß die letzt viel grnainnte sagen. 
Einheitsschule, deren Einführung nach dem Kriege 
angestvebt wird, die gleich sein soll der 
Simultanschule die unsere Volksschule verweltlichen 
und verstaatlichen will, die das ganze Schulwesen 
dem Reiche ansliefern und den Elte-u noch tnrfr als 
bisher Einfluß und Entscheidung über die Art der 
Erziehung und des Unterrichts abnhmen will, beim 
Zentrum auf einhelligen Widerspruch stöit. — Ein¬ 
mütig war man im Abgeordnetenhause auch in der 
Verurteilung der Art, wie die sozialdemokratischen 
Redner Hoffmann und Liebknecht jetzt mitten im 
Kriege bei diesem Kultnsetat alles in den Kot ge¬ 
zogen haben, was ein! m Cbristen heilig ist. Gott 
und Religion, Beten und Glauben, Gotteswer Druna 
und Gottvertrauen, Kirche und Kultus, alles über¬ 
gießen diese Leute mit gleichem Zynismus, mit ge¬ 
schmacklosen Witzen, mit verächtlichem Hohn. Was 
Hosfmann grob und tattlos, mit einer gewissen natür¬ 
lichen Ungeschlachtheit sagt, dos weiß K'aA Lieb¬ 
knecht mit ausgesuchter Bosheit und advokatischer 
Dialekttk, spitz, fanatisch und liwußt verletzend vor- 
zutvagen. Man konnte es verstööen, wenn bei der 
Hossmannschen Rede beim Zentrum, bei den Kon¬ 
servativen und auch bei den Liberalen, LeuSl denen 
Religion und Kirche, Kultus und Gottesvcrehrnng 
etwas Heiliges, Unantastbares sind, vor innerer Em¬ 
pörung auftprangen, die Fäustjl ballten und bebend 
vor Unwillen und Entrüstung den Saal verließen. 
Liebknecht, der init seinem Spott und seinen Gem'in¬ 
beiten besonders auch die Schule und die deutsche 
Lehr rschast bedachte, verflieg sich sogar zu der Be¬ 
hauptung, „gewisse Kreise hätten den Mord von 
Serajewo geradezu als ein Gottesgeschenk begrüßt." 
Kein Wunder, wenn ein Sturm der Entrüstung 
minutenlang durch das Haus tobte und immer wie¬ 
der stürmische Ruf erscholl: „R«uS mit dem Lumpen!" 
Der unerauicklichc Vorfall wurde endlich dadurch 
abg kürzt, daß der Präsident auf Beschluß des Hau¬ 
ses Liebknecht das Wort entzog. Wir sind auch da- 
fiir, daß das Volk seine Meinung ftei äußern kann, 
ober was die Sozialdemokraten ini Abgeordneten¬ 
haus sich leisten, geht weit dwrübrr hinaus; solch»' 
Menschen gehren nicht auf die Tribüne eines Pari» 
ments, wo sie unter dm Schutz« der Redefreiheit! 
die gefährlichste Volksverhetzung treiben können. 
In Frankreich 
ist dir Kriegsmimster Gallieni wegen „Kmncheit" 
zurückgetreten. Er war einst begrüßt worden als 
der Rettungsengel, der Ordnung schaffen und den 
gedeihlichen Einklang zwischen dem Kommando, der 
Verwaltung und dem Parlament herbeifühern sollte, 
Er hat nicht die Reibereien beseitigt, sondern ist 
selbst aufgerieben worden, er paßte auch in seiner Ehr> 
lichkcit und Ossenheit nicht recht in die Logenkreise 
und Advokatenzirkel, die in Frankreich das Ruder 
fül)ien. Sein Nachfolger würbe General Noques, 
der zu den Offizieren gehört, die aus dem bürger¬ 
lichen Republikanismus hervorg gangen, zu einem 
hehren Rang aufsteigen konnten. Im übrigen ist 
er ein unbeschriebenes Blatt. Daß auch die Ereig¬ 
nisse bei Verdun mit dem Wechsel zusammenhängen, 
ist wohl anzunehmen. Die fortdauernden Nieder¬ 
lagen der Franzosen scheinen ganz neue Männer in 
den Vordergrund zu sichren, von denen man die Ret¬ 
tung erwartet; bekanntlich wurde auch dev Kom¬ 
mandant von Verdun, General Humb.rt, durch 
General Petain ersetzt und zwar mitten in dev 
Schlacht. Im übrigen hat der Wechsel keine große 
Bedeutung. Wenn auch in Frankreich der Abgang 
eines Minist,rs, zumal des Kriegsministers, größeres 
Aufsehen macht, wie bei uns, weil die Minister dort 
aus den regierenden Parteien herausgeholt werden, 
o ist doch der Abgang des. KcaeqsMinisters für die 
Becndi.gung des Kriges ohne Belang. Man darf 
ebensoivenig Hoffnungen daran knüpfen, wie unsere 
Gegner an das Ausscheiden des Macinestaatssekre- 
tärs Tirpitz. 
Zwischen Amerika und Mexiko 
ist es zu einem kleinen Grenzkrieg gekoiniMn. Der 
mexikanische „General" — besser gesagt —^ Räuber¬ 
hauptmann Billa ist in die amerikanische Stadt Co- 
lumbus eingefallen und hat dort fürchterlich gehaust. 
Infolgedessen ist eine amerikanische Strafexpediti»« 
von 8000 Mann in Mexiko eingerückt, um Villa zu 
fangen, was nicht so einfach sein dürfte. 
gllerlei vom Urleg. 
Allerlei aus Polen. 
Tie älteste Kirche in dem bekcmnten Wallfahrt 
ort Czenstochau, die St. Jakobskirche, die in den er¬ 
sten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts in ein« 
orthodoxe (russische) Kirche umgewandi ft worden war, 
ist jetzt der kcrcholischcn Bevölkerung zurückerstattet 
und feierlich eingeweiht worden. 
In Warschau wurde eine russische Kirche als kach. 
Garnisonkirche vom Armeebischof Joppen vingewecht. 
Seit 40 Jahren hat auch in Warschau wieder dev 
erste griechisch-kat^)lische (unierte) Gottesdienst statt¬ 
gesunden (die linierten sind mit Rom verbunden — 
in Rußland wurden sie immer untirdrückt). Die 
von der deutschen Verwaltung gegründete polnische 
Warsihauer Universität zählt über 2000 Studenten. 
In der Stadt Kowno ist die vierte deutsche Volks¬ 
schule eröffnet worden. In dem von Oesteri' ich be¬ 
setzten Teil Polens wurden jetzt 300 Kilometer 
Schmalspurbahn gebaut. 
Das Verhalten des Kardinals Mereier 
von Mecheln hat, wie wir kürzlich in einem länge¬ 
ren Artikel dargelegt haben, wiederholt schon Anlaß 
zu schweren Bedenken gegeben. Ter Herr Kardinal 
und Princas von Belgien ist ein glühender Patriot, 
und das ist ihm nicht zu verargen. In seinem Eifer 
hat er aber hier und da die Schranken weit über¬ 
schritten, die ihm die höheren Pflichten und dis 
Klugheit ziehen mußten. Maß und Form wurden 
nicht gebührend gewahrt. Bei feiner Romrcist 
trat sowohl in Rom wie in verschiedenen andsven 
Orten, wo er sich feiern ließ, die polittsche Betäti¬ 
gung in deutschfeindlichem Sinne stark hervor und 
die Zusammenkünfte, die er mit ausgesprochen kir- 
chenftindlichen Persönlichkeiten hatte, mußten cineiv 
auf den Gedanken bringen: „Es tut mir von Herzen 
loch, daß ich dich in der Gesellschast seh'"; diese 
Leute jubelten nicht dem Bisckps und Seelsorger zu. 
sondern dem Politiker. Jctz: hat er einen Hirten- 
brief erlassen, der mehr noch als der frühere nur 
der Aufreizung des Volkes gegen die völkerechtlich 
zu Recht bestehende denlsche Verwaltung dienen 
inuß. Wenn der Generalgouverneur, der die Ord¬ 
nung im besetzten Lande zu wahren hat. wegen der 
Wirkung solcher Dinae auf die Stimmung und toah
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.