Full text: Bonifatiusbote (1917)

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sein oder den Krieg ganz verschlafen |u haben, oder 
sie sind überhaupt unbelehrbar un unbelehrbar, so 
unvernünftig haben sie geredt und so wenig den For¬ 
derungen und dem Ernst der Zeit Rechnung getra¬ 
gen. 
Schließlich entwickelten sich die Verhältnisse so 
weit, daß die Polen die notwendigen Aus¬ 
gaben für den Staatshaushalt nur unter der 
Bedingung bewilligen wollten, daß das Mini¬ 
sterium zurücktrete und ein neues gebildet werde, 
dem alle Parteien, auch die Tschechen, vertreten 
seien. Graf Clam-Martinic machte den Versuch 
einer solchen Umbildung des seitherigen Ministe- 
riums, fand aber keine Unterstützung und sah sich 
deshalb zum Rücktritt genötigt, zumal immer deut¬ 
licher wurde, daß gerade seine Person ein Hinder¬ 
nis für die Entwirrung der Verhältnisse sei. Er 
wollte der Ordnung durch eine geeignetere Hand 
nicht den Platz verstellen. Ob ein Personenwechsel 
eine ErleiHerung für die rasche Ordnung der Dinge 
bedeutet, wird die Zukunft bald zeigen. Zunächst ist 
unter dem den Christlich-Sozialen (unserem Zerr¬ 
trum zu vergleichen) nahestehenden seitherigen Acker¬ 
bauminister Dr. v. Seidler ein 
Ueöergaugs«inisterim» 
gebildet worden zur vorläufigen Fortsetzung der not¬ 
wendigen Geschäft«; es wird die Aufgabe haben, eine 
dauernde Arbeitsmehrheit und eine definitive Regie¬ 
rung vorzubereiten. Die neue» Minister sind lauter 
Fachleute, Praktiker der staatlichen Verwaltung, 
jedes Reffort hat selbst seinen Mann gestellt, womit 
schon die oben erwähnte Aufgabe des Ministeriums 
ßkennzeichnet ist. Es sollen vor allem die rmauf- 
nebbaren Geschäfte erledigt werden. Vor alle« 
Arbeit für Staat und Volk, dann erst das müßige 
Vergnügen des Meinungsstreites Aber die Grund- 
Knien der großen Politik. Zuerst die gemeinsame» 
Bedürfnisse der Gesamtheit, dann erst die Sonder¬ 
wünsche der Völker und Parteien. Zuerst der Staat 
und sein Bestand, dann erst dir Teile. „Primnm 
vivere, deinde philosophari," vor dem GedankenarB- 
tausch das Leben. Auch in Oesterreich darf es nicht 
geschehe», daß daö parlamentarische Hinterland ver-, 
dirbt, was durch Ströme Blutes der Besten der • 
Haimat in dreijährigem Ringen erworben ward. 
Hoffentlich ze^t sich im Abgeordnetenhaus doch 
noch der gute Dille und di» Fähigkeit, das Wort des 
edlen Kaiser Karl vom 
neuen, starken «nd glückliche« Oesterreich 
in die Tat umzufetzeu. 
lieber die Zustände und Vorgänge t* 
Killtti 
bringt der Telegraph stündlich neue Nachrichten, deren 
Nichtigkeit nicht im einzelnen nachzuprüicn trt «o-uet 
ist aber sicher, daß die Lage inuncr noch recht unge¬ 
klärt ist und von einer Wiederherstellung geordneter 
Zustände kein« Rede sein kann, obwohl die Regierung 
ernstlich bestrebt zu sein scheint, der Anarchie im Lande 
?u steuern. Wieweit sie damit Erfolg habe« wird, 
leibt abzuwarten. Auch die Nachrichten über die Zu¬ 
stände in der Armee lauten recht widerspruchsvoll und 
müssen «it Vorsicht nufgenommen werden. Daß ein¬ 
flußreich« Kräfte für die Reorganisation der Armee 
und die Fortsetzung de« Krieges tätig sind, beweist 
di« Tagung der Kosak«»vertcet«r, die in nicht «ng»- 
fchickter Weise zu einer kriegerischen Kuiwgebuug b«. 
nutzt worden ist. Wag von den Zeitungsnachrichten, 
das; es bis jetzt fchnn 87 .RepuMken" in Rußland 
gibt, zu h«lten ist, wlfsen wir ni-.rt Silber wir) ötet 
geschwindelt und nicht alles was ein .Reifender au« 
Haparauda" (Grenzstation) berichtet, ist wahr, di« 
Reiseonkels haben schon von jeher gern .«lsgebunden". 
A»S Griechenland 
sind wir nur auf feindliche Nachrichten ange¬ 
wiesen; bausch ist das Land ganz in der Hand der 
Entente. Der junge Koni, mnß 1«n, was die „Schntz- 
mächte" ihm vorschreiien, und BeniseloS ist der 
kommende Mann. 
Diözese Kri-a. 
Au, heutigen Sonntag (1. Juli) findet in den 
hiesigen Pfarrkirchen, sowie in der Kloster- 
i >che am Frauenberg die Kollekte für den 
irchenban-Verein statt, worauf in Anbetracht der 
Dichtigkeit und Dringlichkeit der Sache besonders 
aufmerksam gemacht wird. Zur Empfangnahme von 
"laben für den genannten Verein sind die Herren 
mfarrer der Stadt und Herr Weinhändler Joseph 
Schmitt gern bereit. 
Ein Jubiläum uneigennütziger, segensreicher 
und erfolggekrönter Arbeit konnte am 26. d. M. Herr 
Landtagsabgeordneter Rechnungsrat Drinnen berg 
feiern. 26 Jahre waren an diesem Tage verflossen, 
-it er in Neuhof seine Tätiakeit im Dienste der 
Raiffeisensache begonnen hak. Eine ganze Reihe von 
läindlichen Darlehnskasfenihereinen war im Jahre 
1892 auf Anregung und unter Mitwirkung des sek-, 
um das Fuldaer Land so hochverdienten Professors 
Schick gegründet worden. Unter anderen auch am 
26. Juni auf Veranlassung des sei. Dechanten Endres 
zu N e u h o f, wobei der damalige AmtZgerichtssekve- 
tär Urinnenberg zum stellverlr. Vorsitzenden des 
Aufsichtsrats gewählt wurde. Dieses Amt bekleidete 
er bis zu seinem Weggang von Neuhof am 1. April 
1900. Als gegen Ende des Jahves 1892 auf einer 
Versaminlung zu Fulda am 23. November die 11 bis 
dahin im Kreise Fulda bestehenden Vereine zu Flie¬ 
den, Rückers, Böckels, Oberbimbach, Großenlüder, 
Dselershausen, Hofbieber, Neuhof, Melkers, Rothe- 
ntaBa und Mittelkalbach sich zu einem Unter¬ 
verb a u d zusammenschlossen und man sich nach 
einem geeigneten Leiter umsah, fiel die Mahl auf 
Herr« Genchtssiekretär Drinnenberg. Seitdem steht 
er, von Jahr Ar Jahr einsümmig wiedergewählt, als 
Unterverbandsdirektor an der Spitze lies Fuldaer 
Unterverbander. Aus den 11 Vereinen sind im Laufe 
der Jahre 27 geworden, und der Wunsch, den der 
sei. Professor Schick bei Gründung des Unterverban¬ 
des aussprach, er möge bald keine einzige Pfarrei im 
Kreise mehr gehen, die nicht ihre Darlehnskasse be¬ 
sitze, ist längst erfüllt, dank vor allem der rastlosen, 
eifrigen und zrelbewußten Tätigkeit des Unterver- 
bandstzirektorS. Mst vorbildlicher Treue und Gewis- 
senhaft^keit verwaltet "er sein Amt, jeder einzelne 
Verein erfreut sich seiner besonderen Pflege und auch 
de« einzelne« Mitglied steht er mit verständnisvol¬ 
lem Rat und tatkräftiger Unterstützung zur Seite, die 
Förderung des GesawtverbandeS liegt ihm jederzeit 
»m Herzen. Alljährlich gibt er auf den Unterver- 
bandstagen ein« mit Bienenfleiß bis in alle Einzel¬ 
heiten ausgearbeitcke Uebersicht über die gesamt« 
Tätigkeit der Vereine mit mancherlei neuen An¬ 
regungen und Winken für weitere ersprießliche Ar¬ 
beit. Nach Möglichkeit besucht er die einzelnen ver¬ 
eine ans ihren Generalversammlungen. Die Zahl 
dieser Versammlungen, an denen er als Redner teil¬ 
genommen hat, geht wohl in die Hunderte. Dabei 
beschränkte er sich nicht auf den Kreis Fulda, son¬ 
dern auch in de« Nachbarkreisen wird kaum ein Ver¬ 
ein sein, den er nicht schon mit einem Dortrag aus 
dem reichen Schatz seiner praktischen Erfahrungen 
erfreut hat. Auch auf de» Berbandstagen ist-er ein 
«ern aebörter Referent und inr Berbandsausichuß 
und in den viele« im Laufe der Jahre zur Vorbe- 
vatung von Bnzelfragen berufenen Kommissionen 
erfreut sich seinige sachkundige Mitarbeit größter Wert¬ 
schätzung. 
Der Unterverband Fnkda hat bereits am Sonntag 
durch eine Abordnung unter Führung dos Herrn 
Pfarrers Ney von Dipperz seinen Tan! und seine 
(3!in-wünsche unter Ueberreichung einer Erinne¬ 
rungsgabe in Form eines Schreibtisches und eines 
künstlerisch ausgeführten Diploms übermittelt. Am 
Taee selbst wurde dem Jubilar gelegentlich eines 
Verbandsausschußsitzung zu Kassel durch den Ver¬ 
bandsanwalt Herrn Landesökonomierat Rexerodr 
eine Adresse überreicht . die auch den Dank 
des gesamte« hessische« Verbandes für die großen 
Verdienst« des Herrn Rechnungsrates Drinnenberg 
zum Ausdruck bringt. Möge es dem Jubilar ver- 
«nnt sein, noch recht viele Jahre unernrüdlich wie 
seither im Dienste des läßlichen Genossenschafts¬ 
wesens zu kämpfe« und zn arbeiten zum wahren 
Wöhle der ländliche« Bevölkerung. 
Soldatenheime sind durch die lange Dauer des 
Krieges zur Notwendigkeit geworden, unsere Sol¬ 
daten sind heimlos geworden; darum muß die Hei¬ 
mat zu ihnen ins Feld kommen. Deshalb betrachtet 
das ganze deutsche Volk eS als seine Pflicht, zum 
Bau von Soldatenheimen an der Front nach Kräften 
beizntragen. Man beachte die heutige Beilage. 
Die LandwirtschaftSkammer für Len Regierungs¬ 
bezirk Kassel hält im Laufe des Juli wieder in sämt- 
lichen Kreisstädten Ziegrnlämmermärkte in Verbindung 
mit einer Prämiierung der besten Lämmer ab. Nä¬ 
heres siehe Anzeigenteil. 
Mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurden: 
Schreinermeister Vizeseldwebel Karl Richter ans 
dem westlichen Kriegsschauplatz, der Waffenmeister- 
Sergeanten Uhrmacher Joseph R ü b s a m für hervor¬ 
ragende Tapferkeit vor dem Feinde, der Kanonier An¬ 
dreas Hasen Pflug, Sohn des Bäckermeisters 
Joseph Hasenpslug, in Frankreich für tapferes Ver¬ 
halten vor dem Feinde, der Vizefeidtvebel Hans Kind, 
Sohn des Saitlermeisters Joseph Kind, für gute 
Leistungen bei einer Militäreisenbahn-Bauabteilung 
im Osten, der Wehrmann Christian Kiepe für tap¬ 
feres Verbalten vor dem Feinde, der Gastwirt Unter¬ 
offizier Jos. Rehberg bei einem Fußartillerte-Negi« 
ment im Westen. 
Das Verdiensikreuz für 'KriegIhilfe wurd« 
dem Werkstätlenvorsteher Wilhelm Edel in Saar« 
brücken, geboren in Fulda, verliehen. 
Neuetiberg. Dem Vize-Wachtmeister in einer» 
Artillerie-Meßtrupp im Osten Joseph Mahr, Sohrl 
des Schreiners Franz Mahr, wurde für besonder« 
Leistungen vor dem Feinde das Eiserne Kreuz vev 
liehen. 
Rrnenberg. Für hervorragende Tapferket 
wurde an der Westfront der Kanonier Albert Seil 
fert mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. 
Großenlüder. Der Infanterist Stuckateur An. 
dreas Brähler, Sohn deS Georg Brähler, wurd, 
für ganz besondere Leistungen auf dem Schlachtfeld« 
mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse ausgezeichnet 
Großenlüder. Unter Führung des Herr» 
Kaplans machten unsere 25 kleinen Kasseler „K uv 
gäste" am Sonntag nachmittag einen Ausflus 
nach Kleinheiligkreuz. Sie sollten eine Belohnung 
dafür erhalten, daß sie in den heißen Tagen bei 
Heuernte ausnahmslos freudig mitgearbeitet hatten 
Auf dem Heimweg wurde zur Erinnerung an de» 
herrlichen Wallfahrtsgang in Uffhausen eine Photo 
graphische Aufnahme der fröhlichen Kinderschar gs 
mcÄt, aus der die Eltern in Kassel ersehen können 
daß ihre Lieblinge später mit straffen Muskeln, ge> 
bräunter Stirne und gerundeten Backen zu ihnen 
zurückkehren werden. 
Großenlüder. In der Pfarrei Großenlüdei 
haben bereits die zwei alten Filialglocken vo» 
Eichenau am 20. Juni zum letzten Male geläutet 
Am 21. Juni zogen sie mit der Bahn nach Fulda. Dst 
eine ist 1502 gegoffen, die andere 1609 von Sig, 
mund Arnold aus Fulda. Sie wiegen 168*/, bezt» 
98 Kilo. Ein Photograph hat vor ihrer Abreisj 
vier gute Aufnahmen für dar Pfarrarchiv gemacht 
— Die herrlichen fünf Glocken der Pfarrkirche 
läuten Sonntag den 24. Juni, abends von 8—j 
Uhr ihren Abschiedsgruß, «m dann in best 
Krieg zu ziehen. Nur drei Jahre und vier Woche» 
haben sie Friedensarbeit geleistet. 
Eichenau. Die beiden Glocken unserer Baken« 
tinus - Kapelle, die 308 bezw. 415 Jahre hier zuni 
Gottesdienste gerufen, sind verstummt und fortge. 
zogen in den Krieg, wie so viele ihrer Schwester« 
glocken. Die größte mit 168'/- Kilogr. trägt die Um« 
schrift: ,4.»no üomini milssimo -st 5 hondert -st 3 
Jar. Valentin»; heis ich, Gen. (?)Eichenau." Darunter 
befindet sich das Brustbild eines Bischofs in einem 
Kreise und 2 noch nicht entzifferte Worte daneben. 
Die Glocke ist 51 Zenlim. hoch und hat 66 Zentim. 
Durchmesser. Die gotischen Minuskeln sind 2,5 Zen¬ 
tim. hoch. Das Bischofssiegel hat 3,2 Zentim. Durch¬ 
messer. Die zweite (98 Kilogr.) trägt in 0,7 Zentim. 
hohen lateinischen Buchstaben (Kapitale quadrata) 
zwischen 2 schnnrartigen Bändern die Umschrift: 
„Sigmund Arnold aus Fulda goß mich, der Kirche 
dien' ich, zu Gottes Wort ruf' ich Mei Christus 
1609." Zwei Reliefbilder (12 Zentim. hoch), den 
hl. Johannes den Täufer mit Buch, darauf daö Lamm 
Gottes in der rechten Hand, und das Bild des Ge- 
kremiaten darstellend, bilden der Glocke Schmuck. 
Die «lock« ist 38 Zentim. hoch und hat einen unteren 
Durch meffer von 55 Zentim. Die guten photographi¬ 
schen Bilder, welche jede Familie zu Eichenau als 
hehres Andenken erhält, sollen den Gläubigen ein 
wenig Trost spenden, bis 3 neue Glöckchen (yofsent- 
lich in einer neuen Kapelle) ihre Stimmen wieder 
in der Andacht fromme Lieder mischen. 
Pilgerzell. Der Ersatz - Reservist Robert Meh- 
le r, Sohn der Witwe Anna Mehler, starb bei den 
letzten heißen Kämpfen den Heldentot für das Vater¬ 
land. Der älteste Sohn der Witwe Mehler ist seit 
März 1916 vermißt.— Unteroffizier Schaffrath, 
jetzt wieder Lehrer in Pilgerzell, wurde mit dem 
Eisernen Kreuze ausgezeichnet. 
Hattenhof. Das Eiserne Kreuz erhielt für 
besondere Tapferkeit bei Arras der Musketier Dami¬ 
an Kreß Sohn des Wagners Ferdinand Kreß. 
Dorfborn. Der Musketier Ludwig Burkard 
erhielt bei Arras das Eiserne Kreuz. 
Rommerz. An der Westfront erhielt Unter¬ 
offizier Anton Schleicher das Eiserne Kreuz erster 
Klasse. 
Mittelkalbach. Ter Gefreite Wilhelm Heil, 
Sohn des Landwirtes Vincenz Heil, Inhaber der 
Hessischen Tapferkeits-Medaille, hat ans dem westl. 
Kriegsschauplatz für hervorragende Tapferkeit das 
Eiserne Kreuz erhalten. 
Niederkalbach. Der Pionier Joseph Füller, 
Sohn des Hüttners Ferdinand Schmitt, wurde am 
11. Juni in den Kämvken bei St. Quentin für her»
	        
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