Full text: Bonifatiusbote (1917)

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Maria Himmelfahrt. 
ihre Vollendung, ihre Aufnahme in den Himmel, ihr 
höchstes Fest feiern wir in diesen Tagen (1k. August). 
Die Kirche bietet alles dL4> um ihre Herrlichkeit zu 
schildern. Sie streut m den Gebeten und besungen des 
Festes Rosen und Lilien vor uns hin, sie vergleicht sie 
mit der ganzen Pracht der orientalischen Gärten u d 
Auen, ihren Blumen und Gewürzen. Sie läßt uns 
emporschauen zur Zeder Libanons und zur Zypresse aus 
dem Berge Sion. Und noch höher führt sie uns hin. 
auf. Sie bringt Maria in Vergleich mit der aufstei- 
genden Morgenröte, wie schön und zart ist deren 
Farbe l — mit den Gestirnen der Nacht, mit dem Mond, 
pulokra ut lana — du bist schön wie der Mond! - mit 
der Sonne, dem königlichen Gestirn des TageS mit sei¬ 
nem Glanze, electa ut sol, du bist auserlesen wie die 
Sonne! Noch höher läßt sie uns emporsteigen. Sie weist 
mit den Fingern gen Himmel aufwärts über die Chore 
der Engel, exaltata est super ciioros aug loritm ad coe- 
astia reg--", sie ist crböht über die Chöre der Engel zu 
den himmlischen Reichen. Dort ist ihr Sitz. Dort 
schauen wir sie, strahlend in himmlischer Anmut, Schön¬ 
heit, Glorie, Macht und Ehre als die Königin aller Hei¬ 
ligen, als die Königin des Himmels. Ein brausender 
Jubelchor steigt an diesem ihrem Ehrentag auf für die 
Jungfrau, Himmel uird Erda vereinigen sich zu einem 
Jubelruf: „Sairo Ragina!“ Geprustet irrst dü, Königin, 
du einzige, du große, du unsterbliche Königin! 
Auch wir wollen in diesen Jubelruf einstimmen und 
un Ehrentag unserer himmlischen Königin uns ihr 
aufs neue weihen, wir gehören ja alle zur große.» Fa¬ 
milie, die sie Mutter nennt. Auch ihr, meine lieben 
Soldaten, sollt euch heute wieder daran erinnern, daß 
sie auch eure Mutter und Königin ist, eine rechte 
Soldatenkönigin. 
Im goldenen Mittelalter, mit seinen hohen Zielen 
uw Gedanken, gab es unter der Ritterschaft einen 
ncrkwürdigen Brauch. Jeder Ritter wählte sich eine 
Frau, und um ihr zu gefallen, ging er auf Helden- 
tateit aus. Er tötete die Ungeheuer der Sümpfe, er 
macht« Jagd auf die wilden Tiere, er kämpfte mit den 
Sarazenen und Ungläubigen, er unternahm die schwie¬ 
rigsten Kriegszüge und stritt für das heilige Land. Als 
Zeichen, dost er oll die Beschwerden und Mühen nird 
harten Künrpse nur um Gunst und im Dienste der 
«Mahlten Frau auf sich nahm, trug er an seinem 
Helm immerfort den Handschuh der Frau oder eine 
Blume oder ein Seidenband von ihr. 
Ihr lieben wackeren Krieger, ihr Ritter der Neu¬ 
zeit, ihr habt euch wohl alle, schon als ihr auSzogt 
in den Kampf, der lieben Gottesmutter geweiht, ihr 
Bild, ihre Medaille, ihr Skapulier, tragt ihr mit An¬ 
dacht auf eurer Brust und ihr Andenken in eurem 
Herzen, ihr toollt Nlaria dienen, ihr wollt all die gro¬ 
ßen Heldentaren des Krieges und die noch größeren 
Heldentaten des Leidens — der Himmelskönigin zu 
Lieb und Ehren vollbringen. 
So ist'« recht, Maria ist es ivert, daß ihr ihr dient, 
sie ist die höchste und herrlichste Frau. Ein Kirchenlied 
ingt: 
.Wunderschön prächtige, große und mächtige, 
- Liebreich holdselige, himmlische Frau, 
Welcher ich ewiglich, kindlich verbinde mich, 
I« mich mit Leib und mit Seele vertrau! 
Gut, Blut und Leben will ich dir geben, 
Alles, ja alles, was immer ich bin 
Geb' ich mit Freuden, Maria, dir hin". 
In diesem Lied ist schön und bezeichnend die Ritter- 
weihe eines Soldaten auSgedrückt. Seht, ihr l. Vater- 
landSdcrteidiger, zu beten Ijoöt ihr oft wenig Zeit, 
aber ein guter Gedanke ist schnell gemacht und ein 
frommer Gedanke gilt oft mehr alz das längste Gebet. 
Weiht euren Kampf, eure Mühen und Strapazen, eu¬ 
ren Hunger und Durst, eure Verlassenheit und euer 
Heimweh, eure Wunden und Leiden und Krankheiten, 
eure Todesgefahren, und wenn es sein soll, das Ster¬ 
ben selbst der Himmelskönigin, ertragt all das Schwere 
ihr zu Lieb' und Gunst dadurch übt ihr einen herr¬ 
lichen, eine» großartigen, einen heldenhaften Marien¬ 
dienst. Und Maria belohnt jeden, auch den kleiWen 
, Dienst, sie belohnt ihn oft ganz tvunderbar, wenn er 
mit Liebe und Hingabe ausgeführt wird. — Da er¬ 
zähl: eine fromme Lcgcnde: Cs wac einstens ein rau¬ 
her, wilder KriegSmann, der nichts anders verstand 
und an nichts anderes dachte, als an sein Waffenhand¬ 
werk. Cr kugelte von cin-'m Schlachtfeld auf das an¬ 
dere, diente bald diesem bald jenem Herrn; wo es galt 
zu fechun ui d o:einzuschlagen, stellte er seinen Mann, 
er wälzte sich förmlich in Kricgölärm und Erdeiilust» 
für etwas Höheres hatte er keine Zeit und kein Ber- 
zkanbn's. Aus ^ . sixx trat er einüerrS in eine Kirche 
und kam just bei einer Predigt zurecht, die von den 
letzten Dingen handelte. Die Worte des Predigers 
fielen wie Hammerschläge auf sein Herz uni> evschüt- 
terteu ihn bis zutiefst in die Seele, so daß er anfing zu 
zittern wie eine Rute und im Hinblick auf sein Leben 
schier verzweifeln wollte. Am Ende der Predigt wies 
aber der Geistliche auf Maria hin, die Mutter der 
Barniherzigkeit, bei der auch der größte Sünder noch 
Hilfe und Rettung finden könne. Schöpfte der kriege.. 
rische Goliath wieder Hoffnung und faßte gleich einen 
kräftigen Entschluß. Und ging auch schnell an die 
Ausführung. Kaum hatte er die Kirche verlassen, warf 
der grimme Haudegen Schwert und Spieß, Helm und 
Harnisch von sich und meldete sich als Bruder in einem 
Kloster. Fand auch bereitwillige Aufnahme. Aber die 
Klosterleute hatten viel Beschwer mit dem groben 
Knollen. Alles griff er verkehrt an und waS er in 
die Hand nahm, zeobrach unter dem starken Griffe. 
Auch störte er daS fromme klösterliche Stillschtveigen 
durch feinen schweren, polternden Gang. Warm er 
von der Klausur zur Kapelle schritt, zitterten alle 
Räume, als ob das ganze Kloster von einem Erdbeben 
erschüttert würde. Sein Geist war so vernagelt und 
verrostet, daß er nichts, rein gar nichts erlernen und 
^rmerkcn konnte — kein Gebot Gottes und kein Sakra¬ 
ment, keine Grundwahrheit, kein Vaterunser. Einzig 
zwei Wörtlein blieben in seinem Hirnkästlein hängen, 
die zwei kurzen Wörtlein „Ave Maria". — Allein so 
täppiz und finster der Kopf deL neuen Klosterbruders 
war, so golden war sein Herz. Der starke, unbehol¬ 
fene Mann wurde beim Kirchenbau des Klosters und 
mit anderen schweren Arbeiten- beschäftigt. Und wäh¬ 
rend er zentnerschwere Lasten trug und ofengrvtze 
Steine hob, wandte er sein Gesicht oft und oft kindes- 
zärtüch auf ein Mnttergottesbild und sagte tiefsinnig: 
„Ave Maria! — Ave Maria!" und immer wieder 
„Ave Maria!" und nichts anderes qls: „Ave Maria!" 
wohl hundertmal, ja tausendmal des TageS, Starb 
nun über lange Zeit dieser rauhe Klostevmonn und 
vormalig- Kriegsgoliath und wurde neben den Brü¬ 
dern begraben. Doch Wunder, was geschah? Nach 
Jahr und Tag wuchsen aus feinem Grabe drei herr¬ 
liche Lilien, und auf all den schneeweißen Blättern der 
Lilien standen — in goldener Schrift die Wörtlein: 
„Ave Maria!" — Gab die Hünmelsfvau auf die Weise 
zu erkennen, wie wohlgefällig ihr der einfältige Dienst 
dieses täppigen Klosterbruders gewesen. Und wurde 
derselbe nachher im Kloster wie ein Heiliger verehrt. 
— Ich weiß nicht, ob diese Geschichte sich haargenau 
so zugetragen hat, denn sie ist eine Legende; aber 
jedenfalls liegt eine tiefe, kernige Wahrheit in ihr, 
nämlich die, daß Maria an jedem, auch dem kleinsten 
Dienst eine große Freude empfindet, wenn er aus in¬ 
niger L>ebe hervorgeht. Die Liebe ist alles, die Liebe 
vergoldet auch das kleinste Werk. Aus der Liebe ihrer 
Kinder schöpft Maria Rühm ünd Ehre. 
Auch euer Kampf- und Ritterdienst soll auf die 
Liebe zur Himmelskönigin gegründet, er soll ganz und 
gar mit all seinen Beschwernissen von der Liebe zur 
Hinuneisfrau vergoldet und verklärt sein; das bringt 
euch immer näher zu Maria, das sichert euch bestimmt 
die Gegenliebe und die Gunst der mächtigen Königin, 
aber auch ihren besonderen Schutz. Ein Soldat, der 
Maria innig liebt, geht in den argen Versuchungen 
nicht zu Grunde, er bleibt frei von sittlichen Verirrun¬ 
gen, er wird beschützt von mancherlei Gefahren. — Der 
hl. Hyazinth (17. August), der Apostel Polens und 
Litauens mußte vor einbrechenden Feinden fliehen. 
Als er das Gotteshaus verlosten wollte, war es ihm 
als hörte er eine Stimme, die ihm nachrief: „Nimm 
mich mit!" Er schauie um und sein Blick fiel auf die 
Mullergottesstatue mit dem Jesukinde auf dem Arm. 
Eilends holte Hyaziirth das> Muttergottesbild von dem 
(bestell herunter, und unter dem Schutz Mariens ge¬ 
lang es ihm, mit seinem Heiligtum glücklich zu ent- 
konnucn. 
„Nimm mich mit"! Meine Soldaten, so ruft eure 
himmlische Mutter auch euch zu. Nehmt Maria im 
Herzen mit, wo immer ihr geht und steht. „In Ge¬ 
fahren» in Aengsten, in Zioeifeln denkt an Mariä und 
ruft sie an; wenn ihr sie ruft, verzweifelt ihr nicht; 
wenn sie euch schützt, so habt ihr nichts zu fürchten; 
wenn sie euch geleitet, so gelangt ihr sicher zur Selig- 
keil." 
Sei bereit! 
Am 15. Juli feierten wir das Fest deS hl. Heinrich, 
der von 1002—1024 auf dem deutschen Kaiserthrvne 
saß. A-S Heinrich noch Herzog von Bayern war, kniete 
er in der Nacht vom 2. zum 3. September des Jahres 
003 betend am Grübe des hl. Emmeran in Rcgensburg. 
Er glaubte auf einnlal, eine Stimme zu hören, die zu 
ihm Ri-“ - - Wort-! ^>e über Grabe 'u 
der Wand stehen." Heinrich cchob die Augen u,ü> I<u 
die Worte: „Nach sechs." 
Der fromme Beter meinte, die Wogte könnten wohp- 
keine andere Bedeutung haben, als dies«, daß er nach 
sechs Tagen sterben mäste. §r bereitete sich deshultz 
mit allem Ernste auf den Tod vor; er ovdnete feig,, 
zeitlichen Angelegenheiten, empfing mwächtig di« hh 
Sak-amente und widmete die noch übrige Zeit dem ay. 
düchtigen Gebete und -er Verrichtung guter Werke. 
Aber die sechs Tage vergingen, der siebente bvaH 
an und — Heinrich lebte noch. »Dann habe ich mich 
wohl getäuscht," sprach Heinrich zu sich; „ich werde wohl, 
erst nach sechs Wochen sterben müssen." Und er machte 
die ki mmenden sechs Wochen zu einer beständigen Vor« 
bere'iung auf den Tod. 
Als die sechs Wochen ihrem <£:tb« naheten, sehnst 
sich der junge Herzog fast nach dem Augenblicke de» T« 
de», weil er so gut vorbereitet war. Aber die sechs 
Wochen verstrichen, di« siebent« brach an und Heinrij 
lebte noch. 
„So werde ich wohl nach sechs Moua en sterben," 
dachte er. Und er verlebte die kommenden Monast 
fromm und gottesfürchtig, stets zum Tode bereit. Aber 
auch die sechs Monate vergüten ohne Kvankheit untz 
Unwohlsein. 
„So werde ich desto sicherer irach sechs Jahren ster¬ 
ben," st rach er bei sich und nahn: sich vor, die sech» 
Jahre gut zu benutzen. Jede Sünde mied er sorgfäliig, 
jede Versuchung schlug er aus mit dem Gedanken: Balh 
muß ich Rechenschaft geben. Jede Gelegenheit, die sich 
ihm zu guten Werken bot, benutzte er eifrig; seilst 
Pflichten erfüllte er auf das gewissenhafteste. — 
Als am sechsten Jahrestage jener Erscheinung di« 
Sonne aufging, war Heinrich nicht tot, er fühlte sich 
kräftiger als je zuvor. Als aber an diesem Tage di« 
Sanne lmterging, war Heinrich nicht mehr Herzog von 
Bayern, sondern deutscher Kaiser. Gerade an dieseml 
Tage am 3. Sept. 1002, hatten die deutschen Fürstest 
ihn zum Kaiser gewählt. 
Nun erkannte Heinrich, daß jene Worte nicht hattest 
bedeuten sollen: „Nach sechs Jahren wirst du sterben," 
sondern: „Nach sechs Jahren soll dein eigentliches 
LebenSiverk beginnen." Auf sein Lebenswerk ober 
hätte er sich nicht besser borbereiten können, als er e» 
tat. Und kein Herrscher hat sich wohl besser auf seiil 
schwieriges Amt vorbereitet als Heinrich. Kein Her« 
scher hat aber wohl auch mit mehr Recht die Krone ge¬ 
tragen und mehr zu Gottes Ehre und zum Heile de» 
Volkes getan, als Kaiser Heinrich II., der Heilige. 
Als er nach 22jähriger segensvoller Regierung starb, 
wurde er im Dom des von ihm gegründeten Bistum» 
Bamberg beigesetzt. An seiner Seite ruht seine heil. 
Gemahlin Kunigunde. 
Hit es dem hl. Heinrich geschadet, daß er von feia 
»er frühesten Jugend an stets an seinen Tod dachte? 
Im Gegenteil I Der öfteren Erinnevung an den Tod 
verdankte er ein zufriedenes, glückliches Leben, ein« 
selige S:erbestunde, die Glückseligkeit de» Himmel». 
DeSy-Ab befolge di« Mahnung der hl. Schrift: „In 
allen Deinen Werken denke an die letzten Dinge und 
du wirst m Ewigkeit nicht smrdigen." Wie der heil. 
Heinrich fei allezeit zum Sterben bereit. „Glückselig 
der Mensch", sagt der gottselige Thomas von Kempen, 
„der die Stunde feines Todes immer vor Auge» hat 
und der so lebt, daß er den Tcch keinen Augenblick -st 
sijrchten hat." 
Die Mutter Gottes von Sebrinja 
Iwan KoSloff war der unumschränkte Herr seiner 
Sotuie Kosaken. Ihre Zügellosigkeit kannte kein« 
Grenzen, weil die seine jedes Maß überschritt. Sie 
sausten wie der Wirbelwind auf ihren kleinen strup¬ 
pigen Pferden daher, schwangen ihre Säbel und mäh¬ 
ten crbarmmrgslos nieder, tvas sich in den Weg 
stellte. Zum zweiten Male war die unglückliche Bu¬ 
kowina dre Stätte ihrer Taten. Die kleinen Ortschas- 
tei: wurden geplündert und niedergebrannt. Zer- 
K Felder, verkohlte Wälder bezeichneten den 
r Horde. Ucber das vorher rm Erntesegen 
prangende Land breiteten sich Oede und Einsamkeit. 
Eines Tages kamen sie nach Sebrinja. Dkm hatte - 
sie noch sehr fern geglaubt, so blieb keine Zeit zu 
flüchten, die Leute verkrochen sich in ihre Häuser, rn 
Scheunen und Kellern. In friedlicher Schönheit lag 
das kleine Dörfchen da, in: Schein der untergehen- ! 
den Sonne, die helle Lichter auf die kleinen Häuser 
warf und das einfache Kreuz des Kirchturmes in s 
lauterem Golde erstrahlen ließ. 
Iwan Koslosf drang als erster in -die .Kirche ein. s 
Selbst in diesen kleinen Torfgotteshäusern gab cs int- st 
mer Dinge die des Mitnehmens wert waren. Ir¬ 
gend ein Kelch, ein Meßgewand, vielleicht ein Gna- j
	        
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