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Maria Himmelfahrt.
ihre Vollendung, ihre Aufnahme in den Himmel, ihr
höchstes Fest feiern wir in diesen Tagen (1k. August).
Die Kirche bietet alles dL4> um ihre Herrlichkeit zu
schildern. Sie streut m den Gebeten und besungen des
Festes Rosen und Lilien vor uns hin, sie vergleicht sie
mit der ganzen Pracht der orientalischen Gärten u d
Auen, ihren Blumen und Gewürzen. Sie läßt uns
emporschauen zur Zeder Libanons und zur Zypresse aus
dem Berge Sion. Und noch höher führt sie uns hin.
auf. Sie bringt Maria in Vergleich mit der aufstei-
genden Morgenröte, wie schön und zart ist deren
Farbe l — mit den Gestirnen der Nacht, mit dem Mond,
pulokra ut lana — du bist schön wie der Mond! - mit
der Sonne, dem königlichen Gestirn des TageS mit sei¬
nem Glanze, electa ut sol, du bist auserlesen wie die
Sonne! Noch höher läßt sie uns emporsteigen. Sie weist
mit den Fingern gen Himmel aufwärts über die Chore
der Engel, exaltata est super ciioros aug loritm ad coe-
astia reg--", sie ist crböht über die Chöre der Engel zu
den himmlischen Reichen. Dort ist ihr Sitz. Dort
schauen wir sie, strahlend in himmlischer Anmut, Schön¬
heit, Glorie, Macht und Ehre als die Königin aller Hei¬
ligen, als die Königin des Himmels. Ein brausender
Jubelchor steigt an diesem ihrem Ehrentag auf für die
Jungfrau, Himmel uird Erda vereinigen sich zu einem
Jubelruf: „Sairo Ragina!“ Geprustet irrst dü, Königin,
du einzige, du große, du unsterbliche Königin!
Auch wir wollen in diesen Jubelruf einstimmen und
un Ehrentag unserer himmlischen Königin uns ihr
aufs neue weihen, wir gehören ja alle zur große.» Fa¬
milie, die sie Mutter nennt. Auch ihr, meine lieben
Soldaten, sollt euch heute wieder daran erinnern, daß
sie auch eure Mutter und Königin ist, eine rechte
Soldatenkönigin.
Im goldenen Mittelalter, mit seinen hohen Zielen
uw Gedanken, gab es unter der Ritterschaft einen
ncrkwürdigen Brauch. Jeder Ritter wählte sich eine
Frau, und um ihr zu gefallen, ging er auf Helden-
tateit aus. Er tötete die Ungeheuer der Sümpfe, er
macht« Jagd auf die wilden Tiere, er kämpfte mit den
Sarazenen und Ungläubigen, er unternahm die schwie¬
rigsten Kriegszüge und stritt für das heilige Land. Als
Zeichen, dost er oll die Beschwerden und Mühen nird
harten Künrpse nur um Gunst und im Dienste der
«Mahlten Frau auf sich nahm, trug er an seinem
Helm immerfort den Handschuh der Frau oder eine
Blume oder ein Seidenband von ihr.
Ihr lieben wackeren Krieger, ihr Ritter der Neu¬
zeit, ihr habt euch wohl alle, schon als ihr auSzogt
in den Kampf, der lieben Gottesmutter geweiht, ihr
Bild, ihre Medaille, ihr Skapulier, tragt ihr mit An¬
dacht auf eurer Brust und ihr Andenken in eurem
Herzen, ihr toollt Nlaria dienen, ihr wollt all die gro¬
ßen Heldentaren des Krieges und die noch größeren
Heldentaten des Leidens — der Himmelskönigin zu
Lieb und Ehren vollbringen.
So ist'« recht, Maria ist es ivert, daß ihr ihr dient,
sie ist die höchste und herrlichste Frau. Ein Kirchenlied
ingt:
.Wunderschön prächtige, große und mächtige,
- Liebreich holdselige, himmlische Frau,
Welcher ich ewiglich, kindlich verbinde mich,
I« mich mit Leib und mit Seele vertrau!
Gut, Blut und Leben will ich dir geben,
Alles, ja alles, was immer ich bin
Geb' ich mit Freuden, Maria, dir hin".
In diesem Lied ist schön und bezeichnend die Ritter-
weihe eines Soldaten auSgedrückt. Seht, ihr l. Vater-
landSdcrteidiger, zu beten Ijoöt ihr oft wenig Zeit,
aber ein guter Gedanke ist schnell gemacht und ein
frommer Gedanke gilt oft mehr alz das längste Gebet.
Weiht euren Kampf, eure Mühen und Strapazen, eu¬
ren Hunger und Durst, eure Verlassenheit und euer
Heimweh, eure Wunden und Leiden und Krankheiten,
eure Todesgefahren, und wenn es sein soll, das Ster¬
ben selbst der Himmelskönigin, ertragt all das Schwere
ihr zu Lieb' und Gunst dadurch übt ihr einen herr¬
lichen, eine» großartigen, einen heldenhaften Marien¬
dienst. Und Maria belohnt jeden, auch den kleiWen
, Dienst, sie belohnt ihn oft ganz tvunderbar, wenn er
mit Liebe und Hingabe ausgeführt wird. — Da er¬
zähl: eine fromme Lcgcnde: Cs wac einstens ein rau¬
her, wilder KriegSmann, der nichts anders verstand
und an nichts anderes dachte, als an sein Waffenhand¬
werk. Cr kugelte von cin-'m Schlachtfeld auf das an¬
dere, diente bald diesem bald jenem Herrn; wo es galt
zu fechun ui d o:einzuschlagen, stellte er seinen Mann,
er wälzte sich förmlich in Kricgölärm und Erdeiilust»
für etwas Höheres hatte er keine Zeit und kein Ber-
zkanbn's. Aus ^ . sixx trat er einüerrS in eine Kirche
und kam just bei einer Predigt zurecht, die von den
letzten Dingen handelte. Die Worte des Predigers
fielen wie Hammerschläge auf sein Herz uni> evschüt-
terteu ihn bis zutiefst in die Seele, so daß er anfing zu
zittern wie eine Rute und im Hinblick auf sein Leben
schier verzweifeln wollte. Am Ende der Predigt wies
aber der Geistliche auf Maria hin, die Mutter der
Barniherzigkeit, bei der auch der größte Sünder noch
Hilfe und Rettung finden könne. Schöpfte der kriege..
rische Goliath wieder Hoffnung und faßte gleich einen
kräftigen Entschluß. Und ging auch schnell an die
Ausführung. Kaum hatte er die Kirche verlassen, warf
der grimme Haudegen Schwert und Spieß, Helm und
Harnisch von sich und meldete sich als Bruder in einem
Kloster. Fand auch bereitwillige Aufnahme. Aber die
Klosterleute hatten viel Beschwer mit dem groben
Knollen. Alles griff er verkehrt an und waS er in
die Hand nahm, zeobrach unter dem starken Griffe.
Auch störte er daS fromme klösterliche Stillschtveigen
durch feinen schweren, polternden Gang. Warm er
von der Klausur zur Kapelle schritt, zitterten alle
Räume, als ob das ganze Kloster von einem Erdbeben
erschüttert würde. Sein Geist war so vernagelt und
verrostet, daß er nichts, rein gar nichts erlernen und
^rmerkcn konnte — kein Gebot Gottes und kein Sakra¬
ment, keine Grundwahrheit, kein Vaterunser. Einzig
zwei Wörtlein blieben in seinem Hirnkästlein hängen,
die zwei kurzen Wörtlein „Ave Maria". — Allein so
täppiz und finster der Kopf deL neuen Klosterbruders
war, so golden war sein Herz. Der starke, unbehol¬
fene Mann wurde beim Kirchenbau des Klosters und
mit anderen schweren Arbeiten- beschäftigt. Und wäh¬
rend er zentnerschwere Lasten trug und ofengrvtze
Steine hob, wandte er sein Gesicht oft und oft kindes-
zärtüch auf ein Mnttergottesbild und sagte tiefsinnig:
„Ave Maria! — Ave Maria!" und immer wieder
„Ave Maria!" und nichts anderes qls: „Ave Maria!"
wohl hundertmal, ja tausendmal des TageS, Starb
nun über lange Zeit dieser rauhe Klostevmonn und
vormalig- Kriegsgoliath und wurde neben den Brü¬
dern begraben. Doch Wunder, was geschah? Nach
Jahr und Tag wuchsen aus feinem Grabe drei herr¬
liche Lilien, und auf all den schneeweißen Blättern der
Lilien standen — in goldener Schrift die Wörtlein:
„Ave Maria!" — Gab die Hünmelsfvau auf die Weise
zu erkennen, wie wohlgefällig ihr der einfältige Dienst
dieses täppigen Klosterbruders gewesen. Und wurde
derselbe nachher im Kloster wie ein Heiliger verehrt.
— Ich weiß nicht, ob diese Geschichte sich haargenau
so zugetragen hat, denn sie ist eine Legende; aber
jedenfalls liegt eine tiefe, kernige Wahrheit in ihr,
nämlich die, daß Maria an jedem, auch dem kleinsten
Dienst eine große Freude empfindet, wenn er aus in¬
niger L>ebe hervorgeht. Die Liebe ist alles, die Liebe
vergoldet auch das kleinste Werk. Aus der Liebe ihrer
Kinder schöpft Maria Rühm ünd Ehre.
Auch euer Kampf- und Ritterdienst soll auf die
Liebe zur Himmelskönigin gegründet, er soll ganz und
gar mit all seinen Beschwernissen von der Liebe zur
Hinuneisfrau vergoldet und verklärt sein; das bringt
euch immer näher zu Maria, das sichert euch bestimmt
die Gegenliebe und die Gunst der mächtigen Königin,
aber auch ihren besonderen Schutz. Ein Soldat, der
Maria innig liebt, geht in den argen Versuchungen
nicht zu Grunde, er bleibt frei von sittlichen Verirrun¬
gen, er wird beschützt von mancherlei Gefahren. — Der
hl. Hyazinth (17. August), der Apostel Polens und
Litauens mußte vor einbrechenden Feinden fliehen.
Als er das Gotteshaus verlosten wollte, war es ihm
als hörte er eine Stimme, die ihm nachrief: „Nimm
mich mit!" Er schauie um und sein Blick fiel auf die
Mullergottesstatue mit dem Jesukinde auf dem Arm.
Eilends holte Hyaziirth das> Muttergottesbild von dem
(bestell herunter, und unter dem Schutz Mariens ge¬
lang es ihm, mit seinem Heiligtum glücklich zu ent-
konnucn.
„Nimm mich mit"! Meine Soldaten, so ruft eure
himmlische Mutter auch euch zu. Nehmt Maria im
Herzen mit, wo immer ihr geht und steht. „In Ge¬
fahren» in Aengsten, in Zioeifeln denkt an Mariä und
ruft sie an; wenn ihr sie ruft, verzweifelt ihr nicht;
wenn sie euch schützt, so habt ihr nichts zu fürchten;
wenn sie euch geleitet, so gelangt ihr sicher zur Selig-
keil."
Sei bereit!
Am 15. Juli feierten wir das Fest deS hl. Heinrich,
der von 1002—1024 auf dem deutschen Kaiserthrvne
saß. A-S Heinrich noch Herzog von Bayern war, kniete
er in der Nacht vom 2. zum 3. September des Jahres
003 betend am Grübe des hl. Emmeran in Rcgensburg.
Er glaubte auf einnlal, eine Stimme zu hören, die zu
ihm Ri-“ - - Wort-! ^>e über Grabe 'u
der Wand stehen." Heinrich cchob die Augen u,ü> I<u
die Worte: „Nach sechs."
Der fromme Beter meinte, die Wogte könnten wohp-
keine andere Bedeutung haben, als dies«, daß er nach
sechs Tagen sterben mäste. §r bereitete sich deshultz
mit allem Ernste auf den Tod vor; er ovdnete feig,,
zeitlichen Angelegenheiten, empfing mwächtig di« hh
Sak-amente und widmete die noch übrige Zeit dem ay.
düchtigen Gebete und -er Verrichtung guter Werke.
Aber die sechs Tage vergingen, der siebente bvaH
an und — Heinrich lebte noch. »Dann habe ich mich
wohl getäuscht," sprach Heinrich zu sich; „ich werde wohl,
erst nach sechs Wochen sterben müssen." Und er machte
die ki mmenden sechs Wochen zu einer beständigen Vor«
bere'iung auf den Tod.
Als die sechs Wochen ihrem <£:tb« naheten, sehnst
sich der junge Herzog fast nach dem Augenblicke de» T«
de», weil er so gut vorbereitet war. Aber die sechs
Wochen verstrichen, di« siebent« brach an und Heinrij
lebte noch.
„So werde ich wohl nach sechs Moua en sterben,"
dachte er. Und er verlebte die kommenden Monast
fromm und gottesfürchtig, stets zum Tode bereit. Aber
auch die sechs Monate vergüten ohne Kvankheit untz
Unwohlsein.
„So werde ich desto sicherer irach sechs Jahren ster¬
ben," st rach er bei sich und nahn: sich vor, die sech»
Jahre gut zu benutzen. Jede Sünde mied er sorgfäliig,
jede Versuchung schlug er aus mit dem Gedanken: Balh
muß ich Rechenschaft geben. Jede Gelegenheit, die sich
ihm zu guten Werken bot, benutzte er eifrig; seilst
Pflichten erfüllte er auf das gewissenhafteste. —
Als am sechsten Jahrestage jener Erscheinung di«
Sonne aufging, war Heinrich nicht tot, er fühlte sich
kräftiger als je zuvor. Als aber an diesem Tage di«
Sanne lmterging, war Heinrich nicht mehr Herzog von
Bayern, sondern deutscher Kaiser. Gerade an dieseml
Tage am 3. Sept. 1002, hatten die deutschen Fürstest
ihn zum Kaiser gewählt.
Nun erkannte Heinrich, daß jene Worte nicht hattest
bedeuten sollen: „Nach sechs Jahren wirst du sterben,"
sondern: „Nach sechs Jahren soll dein eigentliches
LebenSiverk beginnen." Auf sein Lebenswerk ober
hätte er sich nicht besser borbereiten können, als er e»
tat. Und kein Herrscher hat sich wohl besser auf seiil
schwieriges Amt vorbereitet als Heinrich. Kein Her«
scher hat aber wohl auch mit mehr Recht die Krone ge¬
tragen und mehr zu Gottes Ehre und zum Heile de»
Volkes getan, als Kaiser Heinrich II., der Heilige.
Als er nach 22jähriger segensvoller Regierung starb,
wurde er im Dom des von ihm gegründeten Bistum»
Bamberg beigesetzt. An seiner Seite ruht seine heil.
Gemahlin Kunigunde.
Hit es dem hl. Heinrich geschadet, daß er von feia
»er frühesten Jugend an stets an seinen Tod dachte?
Im Gegenteil I Der öfteren Erinnevung an den Tod
verdankte er ein zufriedenes, glückliches Leben, ein«
selige S:erbestunde, die Glückseligkeit de» Himmel».
DeSy-Ab befolge di« Mahnung der hl. Schrift: „In
allen Deinen Werken denke an die letzten Dinge und
du wirst m Ewigkeit nicht smrdigen." Wie der heil.
Heinrich fei allezeit zum Sterben bereit. „Glückselig
der Mensch", sagt der gottselige Thomas von Kempen,
„der die Stunde feines Todes immer vor Auge» hat
und der so lebt, daß er den Tcch keinen Augenblick -st
sijrchten hat."
Die Mutter Gottes von Sebrinja
Iwan KoSloff war der unumschränkte Herr seiner
Sotuie Kosaken. Ihre Zügellosigkeit kannte kein«
Grenzen, weil die seine jedes Maß überschritt. Sie
sausten wie der Wirbelwind auf ihren kleinen strup¬
pigen Pferden daher, schwangen ihre Säbel und mäh¬
ten crbarmmrgslos nieder, tvas sich in den Weg
stellte. Zum zweiten Male war die unglückliche Bu¬
kowina dre Stätte ihrer Taten. Die kleinen Ortschas-
tei: wurden geplündert und niedergebrannt. Zer-
K Felder, verkohlte Wälder bezeichneten den
r Horde. Ucber das vorher rm Erntesegen
prangende Land breiteten sich Oede und Einsamkeit.
Eines Tages kamen sie nach Sebrinja. Dkm hatte -
sie noch sehr fern geglaubt, so blieb keine Zeit zu
flüchten, die Leute verkrochen sich in ihre Häuser, rn
Scheunen und Kellern. In friedlicher Schönheit lag
das kleine Dörfchen da, in: Schein der untergehen- !
den Sonne, die helle Lichter auf die kleinen Häuser
warf und das einfache Kreuz des Kirchturmes in s
lauterem Golde erstrahlen ließ.
Iwan Koslosf drang als erster in -die .Kirche ein. s
Selbst in diesen kleinen Torfgotteshäusern gab cs int- st
mer Dinge die des Mitnehmens wert waren. Ir¬
gend ein Kelch, ein Meßgewand, vielleicht ein Gna- j