Full text: Bonifatiusbote (1917)

wirkliches „nein" meine, oder Mieur sagen, weil es 
gerade Mode ist, mit die.in WoMHein Staunen aus. 
drücken. Noch toller wird der Unsinn mit tun Wört- 
chen „nicht" oder richtiger gesagt „nich" getrieben. Also 
ich war gestern im Theater — nich? Ich will heute 
das Buch holen — nich? es kostet eine Mark — nich? 
Mutter war derrcist diese Woche — nich? Was die 
Kinder reizend sind — nich? Immer und überall dies 
blöde nich? — Unding am denkbar verkehrtesten Ortei 
Fort mit dieser Abgeschmacktheit! . 
Alte Schwänke. 
Der studierte Herr Sohn. Ein Bauer hatte einen 
Sohn, der studierte und machte ihm auch ein tüch¬ 
tiges Loch in den Geldbeutel. Trotzdem lernte er 
nichts, weil es der Bater nicht verstand. Nun kam 
der Sohn wieder einmal heim und wollte Geld 
holen. Den guten Vater aber verdroß die große 
Verschwendung, die seinem Geldbeutel allmählich 
zu viel ward. 
Wie er nun eines Tages Mist lud, stand der 
Sohn gerade vor der Tür und sah ihm zu. Da 
fragte dev Vater: „Sohn, was heißt eine Gabel?" 
„Gäbelinum." w-~v. 
„Was heißt Mist?" «j 
„Mistelinum?" ' '' 
„Was heißt ein Wagen?" 
„Wagelinum." . . .-* • 
„Ei!" sagte der Vater, „so nimm in tausend 
Teufels Namen das Gäbelinum und wirf das Miste¬ 
linum auf das Wiigelinum!" Gab dem Sohn die 
Mistgabel in die Hand und sagte: „Das sei fürder¬ 
hin deine Schreibfeder und nun laß das Studieren 
Studieren fern." , 
Politischer Teil, 
vom rkriegsschau-lstz 
(Vom 9. bis 14. August.) 
«Die Sage ist für die Mittelmächte vom militärischen 
Gesichtspunkt betrachtet, nach nicht so günstig gewesen, 
wie jetzt, und man versteht es, daß unter den jetzigen 
Umständen die Entente nicht verhandeln will, denn es ist 
selbstverständlich, daß die Mittelmächte bei eventuellen 
Unterhandlungen nicht viel für die „Wiederherstellung" 
Lloyd Georges übrig haben;" so urteilt der Militär¬ 
kritiker der großen holländischen Zeitung „Lid" über uns, 
während er über die Entente fokgelldes schreibt: „Die 
Alliierten machen immer nur große Worte. Von Offen¬ 
sive zu Offensive werden die Erwartungen angespannt: 
„Die Frühjahrsoffensive wird die Befreiung bringen!" 
«Die Sommeroffensive bringt die Vernichtung des deut¬ 
schen Militarismus!" „Die Herbstoffensive wird alle 
Erwartungen übertreffen l" „Munition ist in gewalti¬ 
gen Mengen vorhandenI" So klingen die Reden, abex 
die Taten bleiben aus." Sehr trüb klingen auch die 
Urteile aus Frankreich. Oberst Rousset sagt, „die Lage 
im Osten verschlimmere sich zusehends, mit einem Schlage 
seien die Resultate, die die Offensive Bruffilow erreicht 
hatte, vernichtet worden und der rührige Feind bemäch¬ 
tige sich der letzten Pfänder, die sein Gegner auf öster¬ 
reichischem Gebiete noch besessen habe. Im „Temps" 
schrieb General Maleterre: „An der Front sowie hinter 
der Front herrsche Enttäuschung, vor 15 Monaten habe 
man geglaubt, daß Deutschland nahezu erschöpft sei. Wie 
steht es heute damit? Die deutsche Armee machte die 
furchtbaren Angriffe auf Verdun, mußte die heftigen 
Hainmerschläge an der Somme und vor der Hindenburg- 
linie erdulden, sie schlug die Schlachten in Wolhynien, 
Galizien und Rumänien und erneuert heute ihre Riesen- 
angriffe gegen das Plateau des Dames und nimmt 
den Kampf gegen die Russen auf. Sind das Anstren¬ 
gungen der Verzweiflung?" ' Das klingt alles freilich 
ganz anders als die Spruchbcuteleien der Entente-Mini¬ 
ster. Wenn man d i e liest — und sonst nichts wüßte — 
konnte man zur Ueberzeugung kommen, daß es in aller 
Kürze mit uns zu Ende gehe und die Entente als glor¬ 
reicher Sieger in den nächsten Wochen den Rhein im 
Westen, die Elbe und die Karpathen im Osten und den 
Alpenlvall im Süden überschreiten werde. Wenn wir die 
Lage im Einzelnen betrachten, so scheint auf dem 
östlichen Kriegsschauplatz 
unsere Offensive in Ostgalizien und der Bukowina zu 
einem gewissen Abschluß gelangt zu sein, nachdem sie ja 
auch mit der Befreiung Galiziens.und fast der ganzen 
Bukowina das ursprünglich gesteckte Ziel eigentlich er¬ 
reicht hat. Seitdem die Russen hier im eigenen Lande 
kämpfen, hat sich ihr Widerstand verstärkt. Allem An¬ 
schein nach .ist cS der russischen Heeresleitung gelun¬ 
gen, bis zu einem gewissen Grade Ordnung in die 
fliehenden Verbände zu bringen, unter Umständen mit 
Hilfe der Kosaken. Aus dem öftere. Heeresbericht er¬ 
fährt mau nämlich, daß die russischen Infanteriewaffen 
von Kosaken ins Feuer getrieben werden. Was man 
dann in der Sprache der Entente „Demokratie" (Herr¬ 
schaft des Volkes) nennt. Dazu kommt, daß die Russen 
bei.ihrem Rückzüge, den sie wieder meisterlich vollzogen 
haben, systematisch Eisenbahnverbindungen und Fluß- 
übergänge zerstört und so unseren Nachschub erschwert 
haben. Ans diesen Gründen ist schon seit einigen Tagen 
in der mit erstaunlicher Geschwindgkeit vorgetragenen 
Offensive ein langsameres Tempo eingetreten. Das darf 
uns nicht weiter überraschen .auch im Gange der kriege¬ 
rischen Ereignisse folgen den Wellenbergen Wellentäler, 
den Augenblicken höchster Anspannung solche der Erho¬ 
lung, der Sammlung und der Vorbereitung. Unsere 
Truppen stehen jetzt östlich des Grenzflusses Zbrucz und 
östlich von Czernowitz auf russischem Boden, südlich Kim¬ 
polung auf rumänischem Gebiet, südöstlich Czernowitz 
haben wir auch die rumänische Moldaugrenze erreicht. 
Hier müssen sich unsere Truppen langsam durch die 
wenigen unwirtlichen Gebirgspässe hindurchzwingcn, ha¬ 
bin aber gleichwohl in einigen Abschnitlen ihre Linien 
trjch starken Gegenangriffes des Feindes vorschieben kön¬ 
nen, und die Gegner Weichen im Trotus,- Oftoz» und 
Putna-Tal zurück, wodurch die Front der Russen und 
Rumänen in der westl. Moldau ins Schwanken kommt. 
So'wurden an der Oitozstraße bei Herestreu 1400 Ge¬ 
fangene gemacht und 30 Maschinengewehre erbeutet. 
Tie russisch-rumänische EntlastungSoffcnssve im oberen 
Putnatal und im Gebiet des Kasinulni konnte trotz eines 
Anfangserfolges keinen Einfluß auf die Operationen in 
der Bukowina ausüben, ssonndren erschöpfte sich in durch¬ 
aus erfolglosen Einzelvorstößen. Die ersten Erfolge des 
Feindes fanden ihren vollen Ausgleich durch die 
erfolgreiche Arbeit Mackensens, 
von der wir noch in der vor. Nr. kurz berichten konnten. 
Sein linker Flügel war am 6. August bei Focsani zwi¬ 
schen dem Sereth und der Bahn Bocsani-Bakau auf ca. 
zehn Kilometer Breite um einige Kilometer in die rus¬ 
sische Stellung eingedrungen, hat dann diesen Gelände¬ 
gewinn noch bedeutend erweitert, die Putna überschritten 
und bereits am 9. August den Uebergang über die Susita 
bewerkstelligt, die parallel zur Putna fließt und ca. 20 
Kilamcter nordöstlich von Focsani in den Sereth mündet. 
Dieser hochwichtige Flußübergang wurde erzwungen, 
trotzdem die Russen nnd Rumänen in erbitterten Gegen¬ 
stößen unter (Einsatz starker Massen unser Vorgehen 
zu heuimen suchten, stellenweise haften sie ihre Massen 
20 Wellen tief gestaffelt. Tie blutigen Verluste, die sie 
bei ihren verzweifelten Angriffen erlitten, waren dieser 
menschenmörderischen Massentaktik entsprechend. An Ge¬ 
fangenen büßten die Russo-Rumäncn hier seit 6. August 
über 130 Offiziere und mehr als 6650 Mann, an Ge¬ 
schützen 18 und Maschinengewehre 61 ein. Ohne Zwei¬ 
fel ist dieser 
Einbruch in die russo-rumänische Serethstellung 
von den kriegerischen Ereignissen der letzten Tage das 
Bemerkenswerteste. Unsere -Heeresleitung sprach bei 
Beginn dieses Unternehmens im Heeresbericht bescheiden 
von „örtlichen Angriffen" und „örtlichen" Erfolgen, da¬ 
nach würde eS sich also nur um Einbeziehung wichtiger 
Teile der gegnerischen Stellung in die unsere handeln, 
deren Besitz es uns ermöglicht, Verluste zu vermeiden, 
oder uns artilleristische Üeberlegenhcit zu verschaffen. 
Der Verlauf des Unternehmens zeigt aber, daß es sehr 
wohl zu einer größeren Operation sich auswachsen kann; 
welche Bedeutung die Gegner selbst unserm Erfolg bei¬ 
legen, geht schon aus den starken Massenangriffen her¬ 
vor, die er andauernd zur Wiedergewinnung des verlore¬ 
nen Geländes bzw. zur Stillegung unseres Vordringens, 
allerdings völlig umsonst — einsetzt. Jedenfalls ist dieses 
Unternehmen ein untrügliches Zeichen, daß unsere 
Heeresleitung durch keinerlei Gegenaktionen des Feindes, 
wie z. B. gegen den Mgr. Casinului gehindert wird, an 
einer Stelle vorzustoßen, an der sie es für notwendig er¬ 
achtet. Was Focsani selbst anlangt, so ist, wie erinner¬ 
lich, dieser westliche Pfeiler der großen russischen Stel¬ 
lung Focsani-Braila am 8. Januar genommen worden. 
Damals hatte der Gegner die Stadt durch nördlich da¬ 
von angebrachte Erdwerke in einen guten Verteidigungs¬ 
zustand gebracht und ließ sich diesen Stützpunkt erst nach 
schweren Kämpfen entreißen. 
Im Westen 
haben die Engländer am 10. August früh morgens die 
Schlacht in Flandern 
erneuert, ohne sich eben so viel Zeit zur artilleristischen 
Vorbereitung zu lassen, wie vor ihrem ersten Angriff. 
Allerdings griffen sie nur auf der etwa 16 Kilometer 
breiten Front östlich und südöstlich von Ipern bis zur 
Lhs an. Westlich von Ipern störte der aufgeweichte 
Boden des vom Regen durchnäßten Flachlandes ihr 
Vorgehen. Die tiefgegliederten Angriffe wurden alle 
— zum Teil im erbitterten Nahkampf — von unfern 
tapferen Truppen zurückgeschlagen. 
Schon am Abend vorher haben die Britien auch 
südlich von Arras einen starken Vorstoß in einer Breite, 
von etwa vier Kilometer gegen unsere Stellung ge¬ 
macht. Er war wohl dazu bestimmt, unsere Aufmerk¬ 
samkeit zu fesseln, deutsche Reserven hinter dieser Front 
festzuhalten; aber es ist ihnen vollkommen 
nnd unter schwersten Verlusten mißglückt. 
Daß es sich bei den Kämpfen im Artois um mehr als 
ein Ablenkungsmanöver handelt, etwa inBerbindung mit 
der Offensive in Flandern um Kampfhandlungen mit 
größeren operativen Zielen, ist wohl nicht anzunehmen, 
immerhin bleibt das Gebiet zu beiden Seiten der 
Scarpe und besonders nördlich bis gegen' den L 
Bassee-Kanal nach wie vor vulkanischer Boden. An 
alle Fälle kann mit Genugluung festgestsllt werden 
daß in Flandern wie im ■ Artois schon der erste 
Kampftag der zweiten Phase der Riesenschlacht mit 
einem offenbaren Mißerfolg des Gegners geendet hat. 
— In den anschließenden Frontabschnitten bis zur 
Maas kam es neben stellenweise sehr lebhafter Artillerie, 
tätigkeit zu beiderseitigen gewaltsamen Erkundungs. 
Vorstößen und sonstigen kleineren Unternehmungen, so 
haben wir von St. Quentin aus den Gegner in einer 
Breite von 1200 Meter zurückgeworfen. Da bei solchen 
Vorstößen unsere Sturmtrupps meistens wieder in un. 
ere eigenen Gräben zurückkehren müssen, melden die 
ranzösischen Berichte in solchen Fällen abgewiesene 
>eutsche Angriffe. Diese Vorstöße werden nicht zweck, 
los nur um des Schneids willen unternommen, sondern 
sie verfolgen ihren bestimmten, von der höheren Füh. 
rung ihnen gesteckten Ziele. Was die lebhafte Feuer, 
tätigkeit an der Aisne, in der Westchampagne und zu 
beiden Seiten der Maas bedeutet, wird man bald se¬ 
hen. Es ist möglich, daß die Franzosen hier zur Ent¬ 
lastung der Engländcr mit einem Angriff nur drohen 
wollen. Was wir auch aus Briefen und Gefangenenaus. 
sagen über die inneren Zustände des französischen 
Heeres vernehmen, wir müffen uns immer 
vor allzu weitgehenden Verallgemeinerungen hüten. 
Ein stolzes und tapferes Heer wie das französische, 
klappt nicht auf einmal so vollständig zusammen, daß 
entschlossene Führer es nicht nach mehrstündigen Vor¬ 
bereitungen und mit vortrefflichen Maßregeln sollten 
zu neuen Angriffen fortreitzen können. 
.. Im Luftkrieg 
betrug im Monat Juli der Verlust unserer Gegner 
34 Fesselballons und mindestens 213 Flugzeuge, von 
denen 98 hinter unseren, 115 jenseits der feindlichen 
Linien durch Luftangriff und Abwehrfeuer brennend 
zum Absturz gebracht wurden. Wir haben 60 Flugzeuge 
und 1 Fesselballon verloren. Von einem erfolgreichen 
Lufiangriff ans England in der vorigen Woche ist eines 
unserer Flugzeuge nicht zurückgekehrt. 
Von den anderen Fronte» 
liegen Nachrichten von Belang nicht vor; mit der 
„Offensive an allen Fronten", von der die Entente 
immer redet, ist es vorläufig also noch nichts. Der ein¬ 
gangs erwähnte Oberst Rousset fordert allerdings „ein 
Aufwachen der anderen Fronten". Er scheint sich aller¬ 
dings nicht allzuviel davon zu versprechen, denn ■ 
er ruft zugleich nach neuer Hilfe, di 
über üas Meer zur Rettung der Lage kommen soll. Er 
ist ungeduldig, daß die Amerikaner so lange ausble:- 
ben und appelliert an Japan als Bertragsmacht der 
Entente. Ob sein Appell gehört und verstanden wird? 
Während des ganzen Kriegs bettelte die Entente um 
Hilfe. Und je mehr sie Klein- und Großmächte und 
Fremdvölker aller Kulturstufen und aller Erdteile als 
Hilfstruppen vor ihren Kriegswagen spannte, destomehr 
grub sich dieser Wagen in bodenloses Gelände und 
kann sich nicht mehr losmachen. Und immer wieder 
ein neues Hilferufen, Hilferufe ohne Ende. DaS läßt 
jedenfalls „tief blicken" und man versteht es, wenn 
Bonar Law dieser Tage im englischen Unterhause er» 
klärte: „Wir befinden uns heute in einer gefährlichen 
Krisis. Die russischen Ereignisse brachten eine große 
Veränderung der Lage. Alle am Kampf beteiligten 
Nationen taumeln unter dem Schlage." Vertrauen 
wir weiter auf unseren Herrgott im Himmel, auf 
Hindenburg und unsere Nerven, dann kann es nicht 
schief gehen. 
vom ttrieg. 
Friedliebend ist unser Kaiser 
immer gewesen, er wollte ein Friedenskaiser sein 
und bleiben; wiederholt ist er bei internationalen 
Konflikten bis an die äußerste Grenze der Nachgie¬ 
bigkeit gegangen, um seinem Volk und der Welt den 
Frieden zu erhalten. Neichstagsabgeordneter Kuck- 
hoff schrieb dieser Tage erst in der „Allg. Rundschau": 
„Kaiser Wilhelm ist nicht der Kriegs- und Solda- 
tenkaifer, als der er int Auslande angesehen w:rd. 
Er ist Friedenskaiser aus innerstem Bedürfnis und 
weich von Charakter. Der Adlerhelm und der auf¬ 
gedrehte Schnurrbart sind ihm eine unechte Maske 
wie für Deutschland der Militarismus". Das be¬ 
weist .auch ein durch den früheren amerikanischen 
Botschafter Gerard mitgeteilter Telcgrammwechseh 
mit Wilson ails den letzten Tagen vor dem Aus¬ 
bruch dcs 
Weltkriegs, 
der die Bemühungen des Kaisers um die Erhaltung 
des Friedens aller Welt zeigt. Danach war der 
Bruder des Kaisers, Prinz Heinrich, selbst in London 
und hat mit dem König verhandelt, schon hofft der 
Kaiser auf Erfolg. Ergreifend sind seine Worte: 
„Ich fühlte, daß ich imstande war, die serbische Frage 
ordnen zu können und ich war beglückt über hie Fr je-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.